Bandenspektrum
Bandenspektrum
Bandenspektrum
Inhaltsverzeichnis
1. Theorie 1
1.1. Abschätzung der Anregungsenergien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
1.1.1. Abschätzung der Elektronenanregung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
1.1.2. Abschätzung der Schwingungsenergie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
1.1.3. Abschätzung der Rotationsenergie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2
1.2. Termsymbolik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
1.3. Linienintensitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
1.3.1. Born-Oppenheimer-Näherung und Franck-Condon-Prinzip . . . . . . . . . . . . . 3
1.3.2. Temperaturabhängigkeit des Bandenspektrums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
1.4. Optische Dissoziation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
2. Experimentelle Aufgaben 7
3. Versuchsaufbau 7
4. Auswertung 8
4.1. Diskussion der Temperaturabhängigkeit des Bandenspektrums . . . . . . . . . . . . . . 8
4.2. Zuordnung der Schwingungsquantenzahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
4.3. Bestimmung der Dissoziationsenergie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
4.3.1. Berechnung der Dissoziationsenergie für eine beheizte Messung . . . . . . . . . . 11
4.3.2. Berechnung der Dissoziationsenergie für eine ungeheizte Messung . . . . . . . . . 11
A. Anhang i
A.1. Quantenmechanisch qualitative Beschreibung des Bandenspektrums . . . . . . . . . . . i
A.1.1. Born-Oppenheimer-Näherung und Berechnen der elektronischen Anregungsenergie i
A.1.2. Die adiabatische Näherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . i
A.1.3. Untersuchung der Kernbewegung und Berechnen der Rotationsenergie . . . . . . ii
A.1.4. Berechnen der Schwingungsenergie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ii
A.2. Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . iv
A.3. Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . v
A.4. Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . v
1. Theorie
In diesem Versuch soll das Bandenspektrum von molekularen Jod mithilfe einer photoelektrischen
Absorption untersucht werden. Im Anschluss lassen sich mit den erhaltenen Ergebnissen Aussagen
über das untersuchte Jod machen, so soll u.a. die Dissoziationsenergie des Grundzustandes berechnet
werden. Hierfür ist es jedoch notwendig, sich mit der Theorie des Versuches vertraut zu machen und
zu klären, warum man genau die beobachtete Bandenspektrumsstruktur zu erwarten hat.
1. Theorie
Da es sich bei dem zu untersuchenden Material um molekularen Joddampf handelt, ist eine Absorp-
tion oder Emission elektromagnetischer Strahlung nicht nur mit einer Zustandsänderung der Elek-
tronen, sondern auch mit einer Änderung des Schwingungs- oder Rotationszustandes, den weiteren
Freiheitsgraden des Moleküls, verknüpft. Dies führt zu einem komplexeren Spektrum als man es in
der Atomphysik zu erwarten hätte, dieses Spektrum teilt man in so genannte Bandensysteme, Banden
und Bandenlinien ein und spricht auch von einem Bandenspektrum. Die häug deutlich voneinan-
der getrennten Bandensysteme entsprechen den Elektronenanregungen, die energetisch - wie man es
von Atomen kennt - im Bereich einiger eV liegen. Die Lage der einzelnen Banden innerhalb eines
Bandensystems hängt wiederum von der Schwingungsanregung ab, die im Bereich einiger zehntel eV
1
und damit ein bis zwei Gröÿenordnungen unterhalb der Elektronenanregung liegt . Die Rotationsan-
regung, die ihrerseits in Abhängigkeit des Anregungszustandes um einige Gröÿenordnungen unterhalb
der Schwingungsanregung liegt, bestimmt wiederum die Lage der einzelnen Bandenlinien innerhalb der
Banden.
Bereits (semi-)klassische Modelle ermöglichen es nun, die oben angeführten Abschätzungen für die
energetischen Beiträge der einzelnen Anregungen zumindest von der Gröÿenordnung her durchzufüh-
ren. Dies ermöglicht bereits ein grobes Verständnis der Struktur eines Bandenspektrums und liefert
damit eine Grundlage für eine experimentelle Untersuchung desselben.
Die zu erwartenden Energien für die Elektronenanrgegung liegen wie bei einem (Wassersto-)Atom
im Bereich einiger eV. Es ist jedoch zu beachten, dass der Überlapp der beiden Jodatome zu einer
Erhöhung der Bindungsenergie und zu einer Ausbildung eines bindenden Zustandes führt.
Diese gelingt für den Fall eines Jodmoleküls besonders einfach, da es sich bei diesem um ein zweiato-
miges Molekül mit gleichen Massen handelt. Die gegenseitige Schwingung dieser beiden Kerne kann
man sich nun klassisch mit dem Modell zweier durch eine Feder mit der Kraftkonstanten k gekoppelter
Massen erklären.
1
1. Theorie
Diese Feder ist im Gleichgewichtsabstand 𝑅𝑒 entspannt. Bei dieser Feder handelt es sich nähe-
rungsweise um die Coulombkraft zwischen zwei einfach geladenen Ionen, da diese für die Bindung im
Molekül sorgt. Mit 𝑘 = − d𝐹d(𝑅)
𝑅 und der Coulombkraft 𝐹 (𝑅) = 1 𝑒2
4𝜋𝜖0 𝑅2 erhält man als Abschätzung
1 𝑒2
für die Kraftkonstante 𝑘 =
2𝜋𝜖0 𝑅3 .
Für die Bewegungsgleichungen der Atome mit den Ortskoordinaten 𝑅1 und 𝑅2 ndet man mit dem
hookeschen Gesetz und den Bewegungsgleichungen nach Newton:
𝑀 𝑅¨1 = 𝑘((𝑅2 − 𝑅1 ) − 𝑅𝑒 )
𝑀 𝑅¨2 = −𝑘((𝑅2 − 𝑅1 ) − 𝑅𝑒 )
Um die Gleichungen zu entkoppeln, kann man diese addieren und subtrahieren:
𝑀 (𝑅¨1 + 𝑅¨2 ) = 0
𝑀 ¨
𝑀 (𝑅¨2 − 𝑅¨1 ) = −2𝑘((𝑅2 − 𝑅1 ) − 𝑅𝑒 ) ⇔ 𝑅𝑟 + 𝑅𝑟 = 𝑅𝑒
| {z } | {z } 2𝑘
:=𝑅¨rel =:rel
Diese beiden Gleichungen sind die Bewegungsgleichungen für die Schwerpunktskoordinate 𝑅𝑆 bzw. den
Relativabstand der beiden Kerne 𝑅rel . Die erste Gleichung liefert hierbei die (triviale) Information,
dass auf den Schwerpunkt keine Kraft wirkt. Die zweite Gleichung beschreibt bekanntermaÿen eine
Schwingung des Relativabstandes 𝑅rel um den Gleichgewichtsabstand 𝑅𝑒 :
dann: √
√
2𝑘 ℏ2 𝑒2
𝐸=ℏ =
𝑀 𝜋𝜀0 𝑅3 𝑀
∘
Die Gröÿen, die hier eingehen, sind insbesondere der Abstand der Atome 𝑅, der im 𝐴-Bereich liegt,
und die Masse der Atome, die im Bereich der atomaren Masseneinheit 𝑢 liegt. Mit diesen Werten erhält
man die Abschätzung, dass die Schwingungsenergie im Bereich einiger zehntel eV liegt.
Eine genauere quantenmechanische Rechnung liefert für die Energien jedoch den folgenden Ausdruck:
𝐸 = ℏ𝜔(𝜈 + 12 ). Es handelt sich hierbei um die Energieeigenwerte des harmonischen Oszillators, wobei
ℏ𝜔
diese - wie quantenmechanisch zu erwarten - quantisiert sind. Hinzu kommt die Nullpunktsenergie
2 .
Diese Rechnung geht allerdings wie die klassische Rechung von einem Potential eines harmonischen
Oszillators aus. Dies wird der Realität jedoch nur bedingt gerecht, da das Potential nicht beliebig
ansteigen kann, für groÿe Schwingungsamplituden und dementsprechend groÿe Energien (genauer: ab
Energien, die gröÿer als die Dissoziationsenergie 𝐸𝐷 sind) wird vielmehr die Bindung der Atome aufge-
brochen. Dies wird durch die Einführung des Morsepotentials behoben. Für die zugehörigen Energien
erhält man dann mittels quantenmechanischer Rechnung:
( )
1 1
𝐸 = ℎ𝑐𝜔𝑒 (𝜈 + ) − 𝑥𝑒 (𝜈 + )2
2 2
Es gilt zudem:
1 1 ℎ𝑐𝜔𝑒
𝜈≤ − und 𝑥𝑒 =
2𝑥𝑒 2 4𝐸𝐷
Die zugehörigen Rechnungen und die Einführung des Morsepotentials werden im Anhang kurz skizziert.
2
1. Theorie
𝑀
Θ = 𝜇𝑅2 . In dem hier betrachteten Fall des Jodmoleküls gilt für die reduzierte Masse 𝜇 = 2 und
somit
ℏ2 2
𝐸= 𝑛
𝑀 𝑅2
Dies erlaubt eine Verizierung der oben angeführten Abschätzung für die Rotationsenergie. Diese soll
im Folgenden vernachlässigt werden, da diese energetisch so gering ist, dass die unterschiedlichen Ro-
tationsanregungen mit der im Experiment gegebenen Ausrüstung nicht aufgelöst werden können.
Die quantenmechanische Rechnung, die sich im Anhang bendet, liefert die folgende - jedoch im Ex-
ℏ2
periment zu vernachlässigende - Korrektur: 𝐸= 𝑀 𝑅2 𝐽(𝐽 + 1).
1.2. Termsymbolik
Es sei hier erwähnt, dass die in der Atomphysik eingeführten Quantenzahlen für Einelektronenzustän-
de - wie die Hauptquantenzahl 𝑛 (mit𝑛 ∈ ℤ), die Drehimpulsquantenzahl 𝑙 (mit 𝑙 ∈ [0, 𝑛 − 1]), die
magnetische Quantenzahl 𝑚𝑙 (mit 𝑚𝑙 ∈ [−𝑙, +𝑙]) und die Spinquantenzahl 𝑚𝑠 (mit 𝑚𝑠 = ± 21 ) - in
der Molekülphysik nur noch bedingt aussagekräftig sind. Gleiches folgt dann für die Quantenzahlen
2𝑆+1
für den Gesamtzustand eines Systems und die aus der Atomphysik bekannte Nomenklatur 𝐿𝐽 .
Ein entscheidender Unterschied zwischen Atom und Molekül besteht nämlich darin, dass das von den
Atomkernen erzeugte Feld im Molekül nicht mehr zentralsymmetrisch ist. Dies hat zur Folge, dass die
Drehimpulsquantenzahl 𝑙 keine gute Quantenzahl mehr ist. Vielmehr arbeitet man mit der Projektion
des Drehimpulses auf die Kernverbindungsachse 𝑙𝑧 = 𝑚 𝑙 ℏ oder genauer gesagt mit der neuen Quan-
tenzahl 𝜆 = ∣𝑚𝑙 ∣, da aufgrund der zwei Kerne in einem zweiatomigen Molekül Zustände mit 𝑚𝑙 und
−𝑚𝑙 energetisch ununterscheidbar sind.
Diese Überlegungen übertragen sich auf die Beschreibung des Gesamtzustandes: Man führt die Quan-
∑
tenzahl Λ = ∣𝑚𝐿 ∣ ein, wobei zu beachten ist, dass im Moelkül 𝑚𝐿 = 𝑚𝑙 gilt, da das axiale Kernfeld
stärker als die Kopplung der Elektronen untereinander ist. In Analogie zur Atomphysik bezeichnet
man Zustände mit Λ = 0 mit Σ, Λ = 1 mit Π,... Statt der Quantenzahl 𝐽 verwendet man nun die
Quantenzahl Ω = ∣Λ + Σ∣, so dass für die Gesamtbezeichnung
2𝑆+1
ΛΩ
folgt.
Da Moleküle mehr Symmetrieeigenschaften als Atome besitzen, ist es darüber hinaus üblich, diese
Eigenschaften auch in die Termsymbolik einieÿen zu lassen. Hierauf soll hier aber nicht mehr einge-
gangen werden.
1.3. Linienintensitäten
Neben der Lage möglicher Linien, die durch die an dem Übergang beteiligten, oben diskutierten Ener-
gien bestimmt wird, spielt auch die Intensität der Übergänge eine entscheidende Rolle. Wenn es zwar
Energien gäbe, die zu einer bestimmten Linie / einem Übergang führen würden, ein Übergang zwi-
schen diesen Energien aber stark unterdrückt wäre, so könnte man diesen experimentell nicht oder nur
sehr schwer beobachten. Übergangswahrscheinlichkeiten und Besetzungsverhältnisse müssen also in die
Betrachtung einbezogen werden. So gelten für elektrische Dipolstrahlung die folgenden Auswahlregeln:
Δ𝐽 = 0, ±1, ΔΛ = ±1, ΔΣ = 0 und bei dem hier betrachteten Fall von gleichen Ladungen der Kerne
𝑔 ↔ 𝑢 (dies bezieht sich darauf, ob die zugehörige Wellenfunktion ungerade oder gerade ist, und be-
schreibt die Paritätserhaltung). Hierbei ist zu erwähnen, dass die Auswahlregeln für Λ und Σ v.a. bei
starker Spin-Bahn-Kopplung nicht streng erfüllt sein müssen.
Mit den oben durchgeführten Abschätzungen und den Prinzipien von Born und Oppenheimer bzw.
Franck und Condon lässt sich das Bandenspektrum des Jods also besonders anschaulich (klassisch)
erklären und die noch ausstehende Auswahlregel für den Schwingungsbeitrag herleiten.
Bei dieser Erklärung spielt die Born-Oppenheimer-Näherung eine zentrale Rolle. Diese besagt, dass
man die Elektronenenergie ohne Berücksichtigung der Kernbewegung betrachten kann, da zwar auf
die Kerne dieselben (Coulomb-)Kräfte wie auf die Elektronen wirken, diese sich jedoch aufgrund ihrer
3
1. Theorie
Wenn diese unendlich weit voneinander getrennt sind, so hat man im Prinzip zwei voneinander ge-
trennte Jodatome vorliegen und die Grundzustandsenergie entspricht der Grundzustandsenergie eines
Jodatoms (in Abblidung 2 als Nulllinie eingezeichnet). Wenn man nun den Abstand der Kerne verrin-
gert, die Jodatome also eine immmer engere Bindung eingehen, so wird die Energie des Grundzustandes
aufgrund der gegenseitigen Anziehung verringert, es entsteht ein Überlapp der Wellenfunktionen, bis
man den charakteristischen Gleichgewichtsabstand 𝑟0 erreicht hat. Die beiden Jodatome werden eine
Bindung mit genau diesem Bindungsabstand eingehen, da hier ein Energieminimum der Grundzu-
standsenergie errreicht wird, die Bindungsenergie also maximal wird. Der Grund dafür, dass bei 𝑟0
ein Minimum liegt und der Abstand nicht noch weiter verringert werden kann, ist das Pauliprinzip,
was bei einem maximalen Überlapp der Wellenfunktionen der fermionischen Elektronen zum Tragen
kommt.
In dem (nun gebundenen) Jodmolekül kann es jedoch, da es natürlich mehr Zustände als nur den
Grundzustand gibt, bei Absorption eines Photons zu einer Anregung des Jodmoleküls kommen. Die
Energie des Photons wird also dafür genutzt, ein Elektron in einen angeregten Zustand zu heben. Diese
Anregung ist in Abbildung 3 schematisch aufgetragen.
4
1. Theorie
Der untere Potentialverlauf entspricht hierbei dem Grundzustand, der obere dem Anregungszustand.
Beide sind erneut in Abhängigkeit des Abstandes der beiden Kerne aufgetragen. Hierbei ist anzumer-
ken, dass im Allgemeinen beide Potentialverläufe - wie in der Skizze ersichtlich - leicht gegeneinander
verschoben sind, da ein angeregter Zustand andere Wellenfunktionen als der Grundzustand zur Fol-
ge hat und somit der Gleichgewichtsabstand der beiden Jodatome in beiden Kongurationen nicht
zwangsläug derselbe sein muss. Wenn nun ein absorbiertes Photon zu einer Anregung führt, so muss
man die oben erwähnte Born-Oppenheimer-Näherung beachten: Die schweren Kerne können während
des schnellen Elektronenüberganges weder ihre Lage noch ihre Geschwindigkeit ändern. Das bedeutet,
dass der wahrscheinlichste Übergang aus dem Grundzustand in einen angeregten Zustand bei einem
gleichbleibenden Kernabstand erfolgt. Bildlich bedeutet dies, dass man den Übergang aus Abbildung
3 erhält, indem man vom Grundzustand ausgehend eine senkrechte Linie nach oben zeichnet, die dort
endet, wo sie die Potentialkurve des angeregten Zustandes schneidet. Dies entspricht der mittleren,
durchgezogenen Linie in der Abbildung. Man erkennt nun, dass - obwohl sich der Anfang der Li-
nie im Minimum der Potentialkurve des Grundzustandes, also dort, wo der Abstand der Kerne dem
Gleichgewichtsabstand entspricht, bendet - der Abstand der Kerne im Allgemeinen nicht mehr dem
Gleichgewichtsabstand entspricht.
Wenn man nun die Länge dieser Linie mit der Länge der Linie vergleicht, die vom Minimum der obe-
ren Potentialkurve zur unteren Potentialkurve führt (rechte, gestrichelte Linie in Abbildung 3), was
der Energie des absorbierten im Vergleich zur Energie des aufgrund der Entvölkerung des angeregten
Zustandes später emittierten Photons entspricht, erkennt man, dass diese Energie im Gegensatz zu
einem Atom nicht gleich sind. Dies liegt physikalisch darin begründet, dass das Photon seine Energie
nicht nur an die Elektronen abgibt, die mit dieser Energie in höhere Zustände angehoben werden kön-
nen, sondern auch an das Jodmolekül selbst, was mit dieser Energie zu Schwingungen angeregt wird.
Dem entspricht, dass dem angeregten Zustand im Potentialkurvenschema ein anderer Atomabstand
entspricht, der nicht mehr dem Gleichgewichtsabstand entspricht, es kommt somit zu einer Schwin-
gung. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von einem Franck-Condon-Shift, da die Enerige des
emittierten gegenüber der Energie des absorbierten Photons verschoben ist.
Diese Interpretation des Potentialkurvenschemas entspricht auch den in den einzelnen Kurven ein-
gezeichneten Energieniveaus. Es sind die Schwingungsniveaus des Moleküls (die näherungsweise den
Schwingungsniveaus des harmonischen Oszillators entsprechen), die zu den einzelnen Elektronenzu-
ständen gehören. Dem entspricht den im Experiment beobachteten Banden in den einzelnen Banden-
systemen. Man erkennt auch, dass die Elektronenanregungen gegenüber den Schwingungsanregungen
dominant sind, was sich bereits in der Abschätzung der Energien gezeigt hat. Die Richtigkeit dieses
Vorgehens zeigt sich auch streng quantenmechanisch, die Begründung hierfür stammt von Condon.
Hierauf soll hier allerdings nicht eingegangen werden. Wenn man die so erhaltenen wahrscheinlichsten
Übergänge von einem Schwingungszustand 𝜈 ′′ in einen Schwingungszustand 𝜈′ gegeneinander aufträgt,
so erhält man eine Franck-Condon-Parabel, auf der die intensivsten Übergänge liegen (vgl.Abbildung
4). Insbesondere erkennt man, dass der oben diskutierte Übergang von 𝜈 ′′ = 0 zu 𝜈′ = 2 auf der
Parabel liegt.
Abbildung 4: Kantenschema für 𝑅𝑒′′ ∕= 𝑅𝑒′ (links) und für 𝑅𝑒′′ = 𝑅𝑒′ (rechts)
Neben den oben diskutierten Energien und Übergangswahrscheinlichkeiten spielen jedoch auch Be-
setzungszahlen eine entscheidende Rolle für das genaue Aussehen des Bandenspektrums. So kann ein
5
1. Theorie
Übergang natürlich nur dann stattnden, wenn der Anfangszustand besetzt ist. Im thermischen Gleich-
gewicht mit der Umgebung sind die Zustände des Vielteilchensystems nach folgender Verteilung besetzt:
𝑧𝑛 − 𝐸𝑛
𝜚𝑛 = e 𝑘𝑇
𝑍
Bei den Faktoren 𝑧𝑛 bzw. 𝑍 handelt es sich um den Entartungsgrad bzw. um die Zustandssumme,
die für die Normierung der Verteilung sorgt. Es zeigt sich, dass man bei unterschiedlichen Tempe-
raturen unterschiedliche Besetzungsverhältnisse und damit ein unterschiedliches Bandenspektrum zu
erwarten hat. Abbildung 5 enthält eine Darstellung der Verteilung der Schwingungszustände im elek-
tronischen Grundzustand bei verschiedenen Temperaturen, hierfür wurde also die Verteilungsfunktion
in Abhängigkeit der einzelnen Schwingungsquantenzahlen aufgetragen. Hierfür wurden die korrekten
quantenmechanischen Energieeigenwerte für den elektronischen Grundzustand verwendet.
Eine optische Dissoziation, also ein Aufbrechen der Molekülbindung unter Einuss von Photonen,
ist nach dem Franck-Condon-Prinzip dann möglich, wenn die Potentialkurven günstig gegeneinander
verschoben sind. Dieser Prozess geht einher mit der Anregung eines der beteiligten Atome. Es gilt in
′′ ′
diesem Fall die folgende Energiebilanz: 𝐸𝐾 = 𝐸𝐷 + 𝐸At = 𝐸𝐷 + 𝐸Mol (vgl. Abbildung 6).
6
2. Experimentelle Aufgaben
In diesem Experiment wird 𝐸At , also die atomare Anregungsenergie des (Jod-)Atoms B als bekannt
vorausgesetzt. Wenn man die Konvergenzstelle des ersten Bandensystems und damit die Energiedif-
ferenz zwischen dem Zustand mit 𝜈 ′′ = 0 und der Dissoziationsenergie des angeregten Zustandes
(𝐸𝐾 ) bestimmt, kann man daraus die Dissoziationsenergie des unteren, also in dem vorliegenden Fall
′′
des Grundzustandes (𝐸𝐷 ), bestimmen. Anzumerken ist hierbei, dass diese Dissoziationsenergie vom
Schwingungszustand 𝜈 = 0 ausgehend gerechnet wurde und somit nicht exakt mit der Dissoziati-
onsenergie aus dem Morsepotential übereinstimmt (vom Minimum des Potential aus gerechnet). Die
beiden Energien unterscheiden sich um die Nullpunktsenergie 𝐸(𝜈 = 0) = 12 ℏ𝜔𝑒 − 14 ℏ𝜔𝑒 𝑥𝑒 .
2. Experimentelle Aufgaben
3. Versuchsaufbau
7
4. Auswertung
Für das Experiment steht ein PC zur Verfügung, der die Messdaten aufnimmt und die Bauelemente
steuert. Dieser übernimmt also sowohl die Heizung als auch den Motor, der den Gittermonochroma-
tor dreht, weshalb diese Bauelemente direkt mit dem PC verbunden werden müssen. Am Beispiel der
Messdatenaufnahme durch den PC erkennt man jedoch, dass einige Zusatzelemente in die Schaltung
eingearbeitet werden müssen, um mit dem PC arbeiten zu können. So kann der PC das durch die Beu-
gung erhaltene optische Signal nicht direkt verarbeiten. Dieses muss in ein elektrisches umgewandelt
werden. Hierzu dient der im Versuchsaufbau gezeigte PSEV. Dieses elektrische Signal in der Gröÿen-
ordnung einiger 𝜇A kann jedoch nicht direkt vom A/D-Wandler des PCs ausgewertet werden, es muss
vorher noch in ein Spannungssignal umgewandelt werden. Des Weiteren muss das Signal verstärkt und
der groÿe Gleichstromanteil (der so genannte Oset) muss abgezogen werden. Diese Voraussetzungen
erfordern die angedeutete zusätzliche Schaltung, deren Komponenten insbesondere ein Bandpass und
ein Verstärker sind.
Das Arbeiten mit dem PC macht also einen zusätzlichen Schaltungsaufwand erforderlich, ermöglicht
aber ein einfacheres und genaueres Experimentieren, da das eigentliche Experiment in allen Bestandtei-
len (Steuerung, Messdatenaufnahme und Messdatenverarbeitung) (nahezu) vollständig am PC ablaufen
kann.
4. Auswertung
Im Anhang wurde in Abschnitt A.1.3. die folgende Formel für die Schwingungsenergie hergeleitet:
𝐸Schwingung = hc𝜔𝑒 (𝜈 + 12 ) − 𝑥𝑒 (𝜈 + 12 )2 . Mit dieser Formel folgt für den Abstand zwischen zwei be-
( )
2 Zu beachten ist hierbei, dass in diesem Experiment die sehr kleinen Energiebeiträge der Rotation nicht aufgelöst
werden können.
8
4. Auswertung
Aufgrund der willkürlichen Zuordnung der Schwingungsquantenzahlen 𝜈′ erhält man einen willkürli-
′
chen Achsenabschnitt für 𝜈 = −1. Wenn man sich jedoch die obigen Gleichungen anschaut, sieht man,
1 1
dass man für die richtige Schwingungsquantenzahl 𝜈 = −1 einen Wert für Δ( ) von 𝜔𝑒 = 128
𝜆 𝑐𝑚
erwarten müsste. Alles, was also nun zu machen ist, um die richtigen Schwingungsquatenzahlen zu er-
halten, ist es, die Regressionsgerade so zu verschieben, dass diese für 𝜈 = −1 den Wert Δ( 𝜆1 ) = 128
1
𝑐𝑚
annimmt. Dies wird für die einzelnen Bandensysteme und die beiden Messungen jeweils seperat durch-
geführt. Die zugehörigen Graken benden sich im Anhang, wobei die einzelnen Schritte der Übersicht
halber in seperaten Abbildungen aufgeführt werden. Hieraus ergibt sich für die geheizte Messung:
1 1
𝜆 [nm]
𝜆 [ 𝑐𝑚 ]
1
Δ( 𝜆1 ) [ 𝑐𝑚 ] 𝜈 willkürlich 𝜈
510,6 19584,80219 38,28147419 28 39
511,6 19546,52072 45,74068811 27 38
512,8 19500,78003 37,95402887 26 37
513,8 19462,826 45,35027418 25 36
515 19417,47573 52,64226572 24 35
516,4 19364,83346 67,26495606 23 34
518,2 19297,56851 51,99498828 22 33
519,6 19245,57352 66,44041491 21 32
521,4 19179,1331 51,35957602 20 31
522,8 19127,77353 51,08524025 19 30
524,2 19076,68829 65,28144281 18 29
526 19011,40684 64,8361734 17 28
527,8 18946,57067 78,64614241 16 27
530 18867,92453 70,9320471 15 26
532 18796,99248 63,38438828 14 25
533,8 18733,60809 62,95835431 13 24
535,6 18670,64974 83,28914382 12 23
538 18587,36059 89,39537097 11 22
540,6 18497,96522 74,97332994 10 21
542,8 18422,99189 74,36804067 9 20
545 18348,62385 67,08820422 8 19
547 18281,53565 119,5305636 7 18
550,6 18162,00509 78,82244522 6 17
553 18083,18264 5 16
9
4. Auswertung
1 1
𝜆 [nm]
𝜆 [ 𝑐𝑚 ] Δ( 𝜆1 ) [ 𝑐𝑚
1
] 𝜈 willkürlich 𝜈
510,6 19584,80219 38,28147419 26 37
511,6 19546,52072 45,74068811 25 36
512,8 19500,78003 37,95402887 24 35
513,8 19462,826 52,88811414 23 34
515,2 19409,93789 67,57812031 22 33
517 19342,35977 52,2363111 21 32
518,4 19290,12346 66,74783203 20 31
520,2 19223,37562 58,94480835 19 30
521,8 19164,43082 51,28096931 18 29
523,2 19113,14985 58,27179831 17 28
524,8 19054,87805 65,13251137 16 27
526,6 18989,74554 79,00423635 15 26
528,8 18910,7413 64,15253363 14 25
530,6 18846,58877 70,7720194 13 24
532,6 18775,81675 70,2424869 12 23
534,6 18705,57426 76,66218959 11 22
536,8 18628,91207 96,66596331 10 21
539,6 18532,24611 68,43517765 9 20
541,6 18463,81093 74,69728585 8 19
543,8 18389,11364 100,8912599 7 18
546,8 18288,22238 86,54783073 6 17
549,4 18201,67455 85,73252507 5 16
552 18115,94203 4 15
Es ist allerdings zu beachten, dass das hier benutzte Verfahren fehleranfällig ist. So ist allein der Fehler
aus der Bestimmung für die Regressionsgerade mit Δ𝜈 = 1 anzugeben. Hinzu kommen experimentelle
Fehler, die bei der Bestimmung der Dissoziatoinsenergie genauer diskutiert werden.
In Abschnitt 1.4. wurde gezeigt, dass für die Dissoziationsenergie der folgende Zusammenhang gilt:
𝐸𝐷 = 𝐸𝐾 − 𝐸At . 𝐸At ist hierbei als 0,940 eV vorgegeben. Es muss also aus den Messdaten nur noch
ℎ𝑐
𝐸𝐾 bestimmt werden, um die Dissoziationsenergie bestimmen zu können. Hierbei ist
𝜆𝑘 .𝐸𝐾 = ℎ𝜈𝑘 =
Aus den Messwerten muss also die Konvergenzstelle des ersten Bandensystems bestimmt werden.
Dies geschieht nach der so genannten Levenberg-Marquardt-Methode, die folgenden Zusammenhang
aufzeigt:
( )𝑐
𝜆 − 𝜆𝑘
Δ𝜆 =
𝑏
10
4. Auswertung
Hierbei sind b und c freie Parameter. Mit Hilfe dieses Ansatzes kann man 𝜆𝑘 bestimmen, denn man
kennt aus den Messdaten die Wellenlängen, bei denen Intensitätsminima auftreten und kann hieraus
den Unterschied Δ𝜆 zwischen zwei Intensitätsminima bestimmen. b,c und 𝜆𝑘 sind nun Fitparame-
ter, die so gewählt werden müssen, dass der Unterschied zwischen der theoretischen Vorhersage aus
dem Gesetz von Levenberg und Marquardt und den experimentell aufgenommenen Werten möglichst
minimal wird. Dies kann mittels geeigneter Programme sowohl graphisch als auch rechnerisch über
eine Minimierung des Fehlers geschehen, wobei beide Verfahren zueinander völlig äquivalent sind.
Hier wurde ein direktes rechnerisches Verfahren mittels des Programms Excel gewählt, die jeweiligen
Rechnungen benden sich im Anhang. Hierzu wurden zunächst die experimentellen Werte für einen
späteren Vergleich angegeben. Jetzt wurden die drei freien Parameter beliebig, aber möglichst nahe der
Erwartung gewählt. Mit diesen Werten kann man die theoretischen Werte bestimmen. Der Unter-
schied zwischen diesen und den experimentellen wird also zunächst, da die Parameter beleibig gewählt
wurden, recht groÿ sein. Aus diesem Grund wird der relative Fehler zwischen diesen beiden Werten aus-
gerechnet und hiermit der Gesamtfehler bestimmt (die einzelnen Fehler müssen alle positiv eingehen!).
Nun muss dieser Gesamtfehler minimiert werden, indem die freien Parameter variiert werden. Dieses
Prinzip ist dasselbe wie bei einer graphischen Auswertung und kann vom PC durchgeführt werden.
Für den kleinsten Fehler erhält man die richtigen Werte für die drei Parameter. Die Messwerte des
zweiten Bandensystems sind hierbei angeführt. Dies wurde für zwei Messungen durchgeführt, eine bei
einer höheren Temperatur (geheizte Messung) und eine bei einer niedrigeren Temperatur (ungeheizte
Messung). Graphisch führt dieses Verfahren zu der folgenden Abbildung:
Abbildung 9: Bestimmung der Konvergenzgrenze nach Levenberg und Marquardt: geheizt (links) bzw.
ungeheizt (rechts)
Für die Konvergenzstelle ergibt sich 𝜆𝑘 = (500 ± 7, 8) nm. Der Fehler ergibt sich hierbei aus dem
relativen Fehler, der in diesem Verfahren ja minimiert wurde. Mit diesem Wert ergibt sich rechnerisch
eine Dissoziationsenergie von 1,53968 eV. Für den Fehler, den man nur aus dem Anpassen der Kurve
erhält, gilt:
Δ𝐸𝐷 Δ𝜆
= = 0, 0156 → Δ𝐸 = 0, 024 eV
𝐸𝐷 𝜆
Hinzu kommt ein Fehler beim Bestimmen der Wellenlänge durch den Gittermonochromator, der hier
als 1 nm angenommen werden soll, und ein Fehler, der durch eine Verfälschung durch die Phasenver-
schiebung des Bandpasses entsteht (≈ 0,2 nm). Mit der obigen Formel für den relativen Fehler für die
Dissoziationsenergie folgt, dass diese Fehler ein weiteres 𝐷𝑒𝑙𝑡𝑎𝐸𝐷 3
von 0,004 nm ergeben . Insgesamt
ergibt sich also: 𝐸𝐷 = (1, 54 ± 0, 028) eV.
Für die Konvergenzstelle ergibt sich 𝜆𝑘 = (501 ± 6, 4) nm. Dies führt zu einer Dissoziationsener-
gie von 1,534734246 eV. Für den Fehler aus dem Anpassen der Kurve an die Messwerte erhält man
3 Dies wird auch bei der zweiten Messung berücksichtigt werden müssen.
11
4. Auswertung
Δ𝐸 = 0, 020 eV. Mit dem oben diskutierten zusätzlichen Fehler von Δ𝐸 = 0, 004 eV folgt insgesamt:
𝐸𝐷 = (1, 53 ± 0, 024) eV.
Der Literaturwert für die Dissoziationsenergie lautet 1,5417 eV. Die experimentell ermittelten Werte
liegen hier glücklicherweise sehr nah an diesem Literaturwert, der für beide Messungen im angegebenen
Fehlerbereich liegt, aber auch schon von den ermittelten Werten gut getroen wurde. Ebenfalls positiv
ist die geringe Abweichung beider experimentell bestimmter Werte.
12
A. Anhang
A. Anhang
Abschlieÿend sei jedoch noch die exaktere, quantenmechanische Berechnung der Energieeigenwerte
des Moleküls erwähnt. Hierfür muss die Schrödingergleichung
ℏ2 ∑ ∑ ℏ2 1 ∑ 1 𝑒2 ∑ 1 𝑍𝑗 𝑒2 1 ∑ 1 𝑍𝑗 𝑍𝑙 𝑒2
𝐻=− Δ 𝑟𝑖 − Δ𝑅 𝑗 + − +
2𝑚𝑒 𝑖 2𝑀𝑗 2 4𝜋𝜖0 ∣⃗
𝑟𝑖 − 𝑟⃗𝑘 ∣ 4𝜋𝜖0 𝑟⃗ − 𝑅⃗ 2 4𝜋𝜖0 𝑅⃗ − 𝑅 ⃗𝑙
𝑗 𝑖,𝑘 mit 𝑖∕=𝑘 𝑖,𝑗 𝑖 𝑗 𝑗,𝑙 mit 𝑗∕=𝑙 𝑗
| {z } | {z }
𝑉el 𝑉𝑘
Die ersten beiden Terme beschreiben hierbei die Operatoren für die kinetische Energie der Elektro-
nen (mit den Koordinaten 𝑟⃗𝑖 ) und der Kerne (mit den Koordinaten 𝑅⃗𝑗 )4 . Die anschlieÿenden Terme
beschrieben das Gesamtpotential: die Coulombwechselwirkung zwischen den Elektronen , die Cou-
5
lombwechselwirkung zwischen den Kernen
6 und die Coulombwechselwirkung zwischen den Elektronen
und den Kernen.
Für die Lösung dieses recht komplexen Eigenwertproblems benutzt man wie im klassischen Fall auch
die Born-Oppenheimer-Näherung, dass also der Einuss der Kern- auf die Elektronenbewegung wegen
der weitaus gröÿeren Masse des Kerns eine untergeordnete Rolle spielt. Dies erlaubt eine schrittwei-
se Lösung der Schrödingergleichung. Zu lösen ist also zunächst das wesentlich einfachere, bekannte
Problem
ℏ2 ∑ 1 ∑ 1 𝑒2 ∑ 1 𝑍𝑗 𝑒2 ⃗ = 𝐸el (𝑅)Ψ
⃗ el (⃗𝑟, 𝑅)
⃗
− Δ𝑟 𝑖 + − Ψel (⃗𝑟, 𝑅)
2𝑚𝑒 𝑖 2 4𝜋𝜖0 ∣⃗
𝑟𝑖 − 𝑟⃗𝑘 ∣ 4𝜋𝜖 − ⃗
𝑖,𝑘 mit 𝑖∕=𝑘 𝑖,𝑗 0 𝑟
⃗𝑖 𝑅 𝑗
Aus dieser Eigenwertgleichung kann man nun sowohl ⃗ als auch Ψel (⃗𝑟, 𝑅)
𝐸el (𝑅) ⃗ bestimmen. Für die
Gesamtwellenfunktion gilt der Produktansatz Ψges (⃗ ⃗ ⃗ ⃗
𝑟, 𝑅) = Ψel (⃗𝑟, 𝑅)Ψ𝑘 (𝑅). Man erkennt also, dass
auch in der Born-Oppenheimer-Näherung die Gesamtheit der Kernkoordinaten 𝑅 ⃗ als Parameter eine
entscheidende Rolle für die Energie 𝐸el und die Wellenfunktion Ψel spielt.
Mit der nun erhaltenen Lösung für die Wellenfunktion Ψel und der Energie 𝐸el kann man zur kompletten
Schrödingergleichung zurückkehren. Mit dem Produktansatz ⃗ = Ψel (⃗𝑟, 𝑅)Ψ
Ψges (⃗𝑟, 𝑅) ⃗ 𝑘 (𝑅)
⃗ und dem
Wissen, dass Ψel nach Konstruktion bereits die elektronische Schrödingergleichung löst, kann man
die Schrödingergleichung weiter vereinfachen. Hierzu muss man sich noch darüber Gedanken machen,
welche Terme der Schrödingergleichung auf welchen Teil der Wellenfunktion wirken . Man erhält:
7
∑ ℏ2 ∑ ℏ2
Ψ𝑘 𝐸el Ψel − (Ψ𝑘 Δ𝑅𝑗 Ψel + 2∇𝑅𝑗 Ψel ∇𝑅𝑗 Ψ𝑘 ) − Ψel Δ𝑅𝑗 Ψ𝑘 + 𝑉𝑘 Ψel Ψ𝑘 = 𝐸ges Ψel Ψ𝑘
𝑗
2𝑀𝑗 𝑗
2𝑀𝑗
| {z }
≈0
Der zweite Term in der Schrödingergleichung wird im Rahmen der adiabatischen Näherung - wie
oben angedeutet - vernachlässigt, da die Änderung der elektronischen Wellengleichung bei Variati-
on der Kernkoordianten (∇𝑅𝑗 Ψel bzw. Δ𝑅𝑗 Ψel ) als gering angesehen werden kann. Dies liefert eine
Entkopplung der Elektronen- von der Kernbewegung und ermöglicht ein weiteres Untersuchen der
Schrödingergleichung.
i
A. Anhang
Hierbei ist anzumerken, dass nicht nur das Coulombpotential der Kerne, sondern ein eektives Poten-
tial, was zusätzlich die elektronische Energie enthält, in die Schrödingergleichung eingeht. Aufgrund
der Summation über alle Kerne kann dieses Problem im Allgemeinen relativ kompliziert werden, für
den Spezialfall des zweiatomigen (Jod-)Moleküls vereinfacht sich diese jedoch. Dieser Spezialfall, bei
dem zusätzlich 𝑀1 =𝑀2 gilt, soll nun betrachtet werden.
Wie bei der Abschätzung der Schwingungsenergie empehlt es sich auch hier anstatt der Kernkoordi-
naten 𝑅⃗1 und 𝑅⃗2 𝑅⃗𝑆 = 𝑅⃗1 + 𝑅⃗2 und die Relativkoordinate 𝑅⃗𝑟 = 𝑅⃗2 − 𝑅⃗1
die Schwerpunktskoordinate
zu
8
nutzen . Mit der Faktorisierung der Kernwellenfunktion Ψ𝑘 (𝑅⃗1 , 𝑅⃗2 ) in eine Schwerpunktsbewegung
Φ(𝑅⃗𝑆 ) und ⃗
eine innere Bewegung 𝜙(𝑅𝑅 ) erhält man nach einiger Rechnung:
ℏ2
− Δ𝑅𝑆 Φ(𝑅⃗𝑆 ) = 𝜖Φ(𝑅⃗𝑆 )
2𝑀
( 2 )
ℏ
− Δ𝑅𝑅 + 𝑉e 𝜙(𝑅⃗𝑅 ) = (𝐸ges − 𝜖) 𝜙(𝑅⃗𝑅 )
2𝜇 | {z }
=:𝐸
Von diesen Gleichungen ist die zweite interessanter, da ja ein Ausdruck für die Schwingungs- und Ro-
tationsenergie gesucht wird und diese innere Zustände des Moleküls sind. Die Schwerpunktsbewegung
und die damit verbundene Energie 𝜖 sind bereits vom freien Elektron bekannt (ebene Wellen als Lösung
2 2
𝑘
und 𝜖 = ℏ2𝑀 ).
Da 𝑉e nur vom Kernabstand 𝑅 abhängt, empehlt sich als nächster Schritt die Einführung von Ku-
gelkoordinaten (𝑅, 𝜃, 𝜑). Wenn man dies macht, muss man auch den in der Schrödingergleichung ent-
haltenen Laplaceoperator in Kugelkoordinaten ausdrücken, wobei der winkelabhängige Anteil dasselbe
wie 𝐿2 , das Quadrat des Drehimpulsoperators ist. Seine Eigenwerte lauten bekanntermaÿen ℏ2 𝐽(𝐽 + 1)
und seine Eigenfunktionen sind die Kugelächenfunktionen 𝑌𝑙𝑚 (𝜃, 𝜑). Dies bedeutet, dass eine Fakto-
𝑓 (𝑅)
risierung erneut sinnvoll ist: 𝜙(𝑟, 𝜃, 𝜑) =
𝑅 𝑌𝑙𝑚 (𝜃, 𝜑). Mit diesen Vorüberlegungen kann man obige
Gleichung umschreiben in:
⎛ ⎞
⎜ 2 2
ℏ2 𝐽(𝐽 + 1)
⎟
⎜ ℏ d ⎟
⎜− +𝑉e ⎟
⎜ 2𝜇 d𝑅2 + 2𝜇𝑅 2 ⎟ 𝑓 (𝑅) = 𝐸𝑓 (𝑅)
⎝ | {z } ⎠
ℏ2 𝐽(𝐽+1)
2Θ
ℏ2 𝐽(𝐽+1) 2
Aus dieser Gleichung kann man jetzt die Rotationsenergie als
2Θ = 𝑀ℏ𝑅2 𝐽(𝐽 + 1) ablesen. Ein
Vergleich mit der klassichen Überlegung bei der Abschätzung der Rotationsenergie zeigt, dass diese
2
für groÿe 𝑛 bzw. 𝐽 richtig ist, für kleine jedoch zwischen 𝑛 und 𝐽(𝐽 + 1) ein Unterschied besteht. Es
bestätigt sich allerdings, dass die Rotationsenergie zu klein ist, um in diesem Experiment aufgenommen
zu werden.
Wenn man davon ausgeht, dass der Einuss der Rotation auf die Schwingung vernachlässigbar klein
ist, bleibt also
( 2 2 ) ( 2 2 )
ℏ d ℏ d
− + 𝑉e 𝑓 (𝑅) = 𝐸𝑓 (𝑅) ⇔ − + (𝑉e − 𝐸) 𝑓 (𝑅) = 0
2𝜇 d𝑅2 2𝜇 d𝑅2
zu lösen. Die Schwingungsenergie ist dann gegeben als 𝐸Schwingung = 𝐸 − 𝑉e . Die Lösung dieser
Gleichung wird allerdings ganz entscheidend von dem eektiven Potential 𝑉e abhängen, welches nicht
leicht zu bestimmen ist. Um dieses Problem zu lösen, haben sich zwei Ansätze bewährt.
ii
A. Anhang
Taylorentwicklung des Potentials: Eine Möglichkeit ist es, das Potential mittels einer Taylorentwick-
lung um den Gleichgewichtsabstand 𝑅0 zu bestimmen. Dann erhält man die folgende Abschätzung
für die betrachteten kleinen Auslenkungen um die Gleichgewichtslage (also 𝑉 ′ (𝑅0 ) = 0): 𝑉e (𝑅) =
1 2 3
𝑉 (𝑅0 ) + 2 𝑘(𝑅 − 𝑅0 ) + 𝑂((𝑅 − 𝑅0 ) ). Für dieses Parabelpotential einer harmonischen Schwingung
1
sind sowohl die Eigenfunktionen als auch die Energieeigenwerte bekannt. Man ndet 𝐸(𝜈) = ℏ𝜔(𝜈 + ).
2
Dieser Ansatz liefert zwar eine mathematisch schöne Lösung, jedoch ist zu bedenken, dass die Näherung
des eektiven Potentials als Parabelpotential der Realität nur bedingt nahe kommt, da die Taylorreihe
nur für kleine Abstände um den Gleichgewichtsabstand nach dem quadratischen Term abgebrochen
werden kann, was sich physikalisch z.B. in einem Auseinanderbrechen der Bindung bei der Dissoziati-
onsenergie 𝐸𝐷 äuÿert.
Das Morsepotential: Ein der Realität besser angepasstes Potential wurde von Morse angegeben, das
so genannte Morsepotential: 𝑉𝑀 (𝑅) = 𝐸𝐷 (1 − e−𝛽(𝑅−𝑅0 ) )2 .
Dieses erfüllt die Bedingung, dass für das Potential und somit die Energieeigenwerte eine obere
Schranke, die Dissoziationsenergie, existiert. Wenn man mit diesem Potential die Schrödingergleichung
löst, erhält man für die Energieeigenwerte:
√
𝛽 2 ℏ2
( )
2𝐸𝐷 1 1 2 1 1 2
𝐸Schwingung = 𝛽ℏ(𝜈 + ) − (𝜈 + ) = hc𝜔𝑒 (𝜈 + ) − 𝑥𝑒 (𝜈 + )
𝜇 2 2𝜇 2 2 2
In dieser Gleichung ist 𝜔𝑒 die Schwingungskonstante und 𝑥𝑒 die Anharmonizitätskonstante. Der Pa-
rameter 𝛽 aus dem Morsepotential ist ein charakteristischer Wert für die einzelnen elektronischen
√
𝑘
Zustände und ist gegeben als 𝛽= 2𝐸𝐷 .
An der Form der erhaltenen Energieeigenwerte kann man auch erkennen, dass diese durch die Dissozia-
tion des Moleküls begrenzt werden. Da diese nämlich mit einer wachsenden Schwingungsquantenzahl
∂𝐸Schwingung 1
𝜈 steigen sollen, was bedeutet, dass
∂𝜈 ≥ 0 gelten muss, ergibt sich die Bedingung 𝜈 ≤ 2𝑥𝑒 − 12
ℎ𝑐𝜔𝑒
und mit 𝐸𝐷 = 𝐸Schwingung (𝜈max ) der Zusammenhang 𝑥𝑒 =
4𝐸𝐷 .
iii
A. Anhang
A.2. Abbildungen
Abbildung 11: Berechnung der Konvergenzstelle nach Levenberg und Marquardt: geheizt
iv
A. Anhang
Abbildung 12: Berechnung der Konvergenzstelle nach Levenberg und Marquardt: ungeheizt
A.3. Literaturverzeichnis
∙ Versuchsanleitung
A.4. Abbildungsverzeichnis
∙ Die Abbildungen 1,3,4,5,6,7 und 10 stammen aus B.Weiÿ' Schwingungsspektrum von 𝐽2 -Molekülen
- Ein Praktikumsexperiment