Karte Der Natürlichen Vegetation Europas
Karte Der Natürlichen Vegetation Europas
Karte Der Natürlichen Vegetation Europas
Europas
Map of the Natural Vegetation of Europe
Bohn, U., Neuhäusl, R., unter Mitarbeit von / with contributions by Gollub, G., Hettwer, C., Neuhäuslová, Z.,
Raus, Th., Schlüter, H. & Weber, H. (2000/2003): Karte der natürlichen Vegetation Europas / Map of the Natural
Vegetation of Europe. Maßstab / Scale 1 : 2 500 000. Münster (Landwirtschaftsverlag)
Das Werk ist einschließlich aller seiner Teile urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen
Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Herausgebers unzulässig und strafbar. Dies gilt
insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und
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Nachdruck, auch in Auszügen, nur mit Genehmigung des BfN.
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Das mit dem vorliegenden Textband nun abgeschlossene Gesamtwerk „Karte der natürlichen
Vegetation Europas im Maßstab 1 : 2,5 Mio. mit Erläuterungen“ ist das Ergebnis einer gut zwanzig-
jährigen intensiven Zusammenarbeit von Fachleuten aus ganz Europa. Beteiligt waren in der
Vegetationskunde und -kartographie führende Wissenschaftler und Institutionen aus 31 europäi-
schen Ländern mit Rußland bis zum Ural und den Kaukasusstaaten.
Die Vegetationskarte Europas stellt weltweit die erste von einem internationalen Expertenteam
erarbeitete Karte dieser Art dar. Sie wurde nach gemeinsam entwickelten Prinzipien geschaffen und
gibt den aktuellen Wissensstand in Europa wieder. Für etliche Länder Europas ist aus diesem Anlaß
erstmalig eine genauere Karte der potentiellen natürlichen Vegetation entwickelt worden, so für
Dänemark, Großbritannien, Irland, Frankreich, Portugal, Albanien, Griechenland und Rumänien.
Besonders hervorzuheben an diesem Kartenprojekt ist, daß sich Vertreter der methodisch sehr
verschiedenen geobotanischen Schulen Europas in langjähriger intensiver und kollegialer Zu-
sammenarbeit auf ein einheitliches hierarchisches Gliederungssystem mit entsprechender Bezeich-
nung, Kodierung und Farbgebung der Vegetationseinheiten geeinigt haben.
Flächendeckend dargestellt wird das heutige natürliche Standortspotential durch die heutige
natürliche Vegetation, die den jeweiligen Klimaverhältnissen, Bodeneigenschaften (Nährstoff- und
Wasserhaushalt sowie Gründigkeit) und der heimischen Flora in den verschiedenen Landschaften
entspricht. Die Karte gibt somit die Vielfalt und räumliche Anordnung der natürlichen terrestrischen
Ökosysteme in Europa wieder.
Auf dieser Grundlage läßt sich für die aktuelle Bodenbedeckung (z. B. Wald, Grünland, Acker,
Bebauung) der Grad der Abweichung vom natürlichen Potential sowie der Natürlichkeitsgrad der
vorhandenen aktuellen Vegetation ermitteln, eine Naturraumgliederung ableiten, die Repräsentanz
der natürlichen Ökosysteme in Schutzgebieten bestimmen und deren systematische Vervollständi-
gung erreichen; ferner können auf dieser Basis Zielstellungen für den Naturschutz und für eine
naturnahe Waldwirtschaft definiert werden. Insofern stellt die Karte der natürlichen Vegetation
Europas eine entscheidende Informations-, Beurteilungs- und Planungsgrundlage für den Natur-
schutz auf europäischer Ebene dar. Außerdem spielt sie eine wichtige Rolle für eine länderüber-
greifende Forschung, Lehre und Umweltbildung.
Wegen der großen Bedeutung der Karte für die Naturschutzarbeit und für Umweltberichte auf
europäischer Ebene zeigten die Europäische Umweltagentur (EEA) und ihr zuarbeitende Ein-
richtungen wie das Europäische Zentrum für Naturschutz und Biodiversität (ETC/NPB) sowie
andere international tätige Organisationen (z. B. WWF, WCMC, FAO) großes Interesse an den
Ergebnissen des Projektes. Die digitalen Daten der Karten 1 : 10 und 1 : 2,5 Mio. wurden deshalb
bereits für ökologische und biogeographische Gliederungen Europas verwendet.
Auch bei Fachwissenschaftlern und Universitätsprofessoren für Geobotanik, Geographie, Natur-
schutz und Forstwirtschaft gibt es eine starke Nachfrage nach den Ergebnissen des internationalen
Projektes, namentlich nach den digital verfügbaren Vegetationskarten sowie den zugehörigen
Datenbanken, Erläuterungen und Auswertungen.
13
Zum Thema „Anwendung und Auswertung der Vegetationskarte Europas“ fand im Mai 2001 in der
Außenstelle des BfN „Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm“ ein internationaler Work-
shop statt, bei dem vielseitige Möglichkeiten und Beispiele zur Anwendung vor allem in Natur-
schutz und Landschaftspflege vorgestellt wurden. Die Beiträge und Ergebnisse sind in einem
eigenen Tagungsband zusammengefaßt, der in Kürze erscheint. In der auf der Tagung verabschiede-
ten „Resolution“ wurde auf die Wichtigkeit dieses Kartenwerkes für die internationale wissen-
schaftliche Zusammenarbeit und als Basis weiterer Auswertungen für einen systematischen Natur-
schutz, die Erhaltung der biologischen Vielfalt, eine nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressour-
cen und eine umweltgerechte Planung auf europäischer Ebene hingewiesen. Als dringendste
Aufgabe für die nächste Zukunft wurde die Bereitstellung der Daten auf CD-ROM und im Internet
sowie die Information der Fachwelt und Öffentlichkeit über Inhalt, wissenschaftliche und praktische
Bedeutung sowie die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten auf regionaler, nationaler und europäi-
scher Ebene herausgestellt. Mit der jetzt vorliegenden zweisprachigen interaktiven CD-ROM ist ein
entscheidender Schritt in dieser Richtung getan.
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Danksagung
Ohne die koordinierende und fachlich wie persönlich integrierende Rolle von Dr. sc. Robert Neuhäusl
sowie seiner Frau Dr. Zdenka Neuhäuslová und die langjährige personelle und materielle Unterstüt-
zung durch das Botanische Institut der Tschechoslowakischen Akademie der Wissenschaften in
Prçhonice bei Prag wäre ein Zustandekommen und der Erfolg dieses anspruchsvollen internationalen
Projektes – zumal unter den erschwerten Bedingungen der in den 1980er Jahren noch herrschenden
politischen Ost-West-Spannungen des „Kalten Krieges“ – nicht denkbar gewesen. Leider hat Robert
Neuhäusl die Früchte seines hohen persönlichen Einsatzes nicht mehr ernten können. In Anerkennung
seiner großen Verdienste haben wir ihm – auch stellvertretend für die übrigen inzwischen verstorbenen
Wegbereiter – dieses Werk gewidmet.
Eine ganz entscheidende Rolle bei der Durchführung des Projektes spielten auch die in der Vegeta-
tionskartierung sehr erfahrenen WissenschaftlerInnen und Kartographinnen des Komarov-Instituts für
Botanik der Russischen Akademie der Wissenschaften in St. Petersburg, namentlich Dr. S.A. Gribova,
Dr. Z.V. Karamyševa, Dr. T.I. Isa
enko, Dr. T.K. Jurkovskaja und Dr. I.N. Safronova, zu denen sich
im Laufe der Jahre ein erfolgreich arbeitsteiliges und freundschaftliches Verhältnis entwickelt hat.
Sehr enge und fruchtbare Beziehungen ergaben sich auch zu Prof. Dr. G. Nachucrišvili und seinen
Mitarbeitern im Botanischen Institut der Georgischen Akademie der Wissenschaften in Tbilisi.
Erhebliche Verdienste an der Durchführung und Vollendung dieses gesamteuropäischen Projektes
haben nicht zuletzt alle jene Mitarbeiter vieler Länder, die für das Gesamtwerk fachwissenschaftliche,
kartographische, sonstige technische oder Textbeiträge geliefert haben (s. Angaben in Kapitel 1.1 und
in der Mitarbeiterliste Kapitel 5.3). Ihnen allen sei für die langjährige kollegiale Zusammenarbeit auch
an dieser Stelle herzlichst gedankt.
Etliche Initiatoren und Mitarbeiter der „ersten Stunde“, darunter W. Trautmann, E. M. Lavrenko,
J. Michalko, I. Bondev und A. Scamoni, haben leider das Endprodukt und den Abschluß des Vorha-
bens nicht mehr erlebt oder sind vorzeitig aus dem Mitarbeiterteam ausgeschieden (so S. A. Gribova,
P. Ozenda). Auch ihre Beiträge waren entscheidend für das Gelingen des Werkes und seien hier
besonders gewürdigt.
Die Europäische Kommission in Brüssel und das European Topic Centre for Nature Conservation in
Paris haben die Reinzeichnung der Vegetationskarten und deren Digitalisierung sowie die Vervoll-
ständigung der Erläuterungen zu den Kartierungseinheiten maßgeblich finanziell unterstützt, wofür
ihnen besonderer Dank gebührt.
Nicht zuletzt sei den vielen Kolleginnen und Kollegen sowie der Leitung des Bundesamtes für
Naturschutz (BfN) in Bonn für die langjährige Unterstützung dieses überaus umfangreichen und
langwierigen internationalen Vorhabens gedankt. Ohne die im BfN gegebenen fachwissenschaftlichen,
kartographischen, EDV-technischen, finanziellen, personellen und administrativen Voraussetzungen
und Möglichkeiten für ein effektives Koordinationszentrum hätte das Kartenwerk kaum einen erfolg-
reichen Abschluß in der jetzigen Form erreichen können. Besonders herauszustellen sind die kartogra-
phischen Arbeiten von Frau E. Peppinghaus sowie die besonderen Leistungen und der uneigennützige
Einsatz von Herrn H. Weber bei der Bearbeitung der digitalen Kartendaten bis hin zum Kartendruck
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sowie bei der Auswertung und Bereitstellung der Daten für externe Nutzer.
Dr. Th. Raus, Botanischer Garten und Botanisches Museum Berlin-Dahlem, hat sich besondere
Verdienste bei der taxonomischen und nomenklatorischen Abgleichung und Vereinheitlichung aller
von den Mitarbeitern verwendeten Pflanzennamen erworben.
Den nicht direkt am Projekt beteiligten Herren Prof. Dr. J. Kondracki, Prof. Dr. E. J. Jäger und Prof.
Dr. G. Lang sind wir für wesentliche einführende Beiträge zu Dank verpflichtet.
Unser Dank richtet sich ferner an alle jene, die uneigennützig Fotos für die Bebilderung des Erläute-
rungstextes zur Verfügung gestellt haben.
Dem in der Buchredaktion sehr erfahrenen und versierten Ehepaar Dr. Johanna und Dr. Heinz
Schlüter, Jena, sei herzlich gedankt für die persönliche Unterstützung bei der kontinuierlichen Fortfüh-
rung und Vollendung des Werkes und insbesondere für die eingehende redaktionelle Enddurchsicht
des Erläuterungstextes.
Die Übersetzung des deutschen Erläuterungstextes und der Datenbögen ins Englische wurde im
Auftrag des BfN zum überwiegenden Teil von der Firma „Academic Services“ (Inhaber: Dr. Julian P.
Keogh), Lübeck, durchgeführt.
Anschließend erfolgten sprachliche (vor allem der Fachbegriffe) und z. T. auch inhaltliche Korrekturen
seitens der Autoren der einzelnen Textkapitel sowie durch Mitarbeiter des BfN (U. Bohn, G. Gollub,
N. Hofbauer).
Die fachsprachliche und stilistische Endbearbeitung des Erläuterungstextes übernahmen dankens-
werterweise die Englisch-Muttersprachler John Cross, Dublin, John Rodwell, Lancaster, und Toby
Spribille, Göttingen. Toby Spribille übersetzte außerdem noch nicht ins Englische übertragene
deutsche Texte wie Vorwort, Danksagung, das Glossar und die Erläuterungen zu den Datenbögen.
Frau Kerstin Winter, Bonn, bewältigte mit großem Einsatz die umfangreiche und diffizile Arbeit der
Übersetzung deutscher Fachbegriffe und der restlichen Texte in den Datenbögen.
Frau Susanne Rosenfeld, Köln, leistete wertvolle Hilfe bei der Übersetzung der geographischen
Bezeichnungen in Kapitel 5.3 sowie der Tabellen-, Abbildungs- und Bildunterschriften.
Frau Natalie Hofbauer (BfN) erwarb sich besondere Verdienste durch unermüdlichen Einsatz bei der
Endkorrektur des deutschen und insbesondere des englischen Textes sowie bei der Herstellung des
Layouts und der PDF-Dateien.
Ihnen allen sei für die maßgebliche Mithilfe bei der Herstellung der englischen Fassung des Erläute-
rungstextes auch an dieser Stelle herzlich gedankt.
Herr Stephan Hennekens, Alterra, Wageningen, hat seine profunden EDV-Kenntnisse und langjäh-
rigen Erfahrungen bei der Entwicklung von vegetationskundlichen Tabellenprogrammen für die
Erarbeitung der Benutzeroberfläche der interaktiven CD-ROM mit großem persönlichem Engagement
zur Verfügung gestellt, wofür wir ihm ganz besonders danken.
16
Karte der natürlichen Vegetation Europas 1.1
Geschichtlicher Überblick
Die Karte der (potentiellen) natürlichen Vegetation Europas im Maßstab 1 : 2,5 Millionen geht auf
eine Initiative der Professoren Paul Ozenda (Frankreich) und Werner Trautmann (Bundesrepublik
Deutschland) vor nunmehr 27 Jahren zurück: Sie nutzten die einmalige Gelegenheit des 12. Interna-
tionalen Botanischen Kongresses 1975 in Leningrad (heute wieder St. Petersburg), an dem erstmals
nach dem zweiten Weltkrieg – unter den Erschwernissen der Ostwestkonfrontation im „Kalten
Krieg“ – auch zahlreiche Geobotaniker aus dem „Ostblock“ teilnehmen konnten, zu Gesprächen mit
Kollegen aus vielen europäischen Ländern über die Möglichkeit, gemeinsam eine kleinmaßstäbige
Vegetationskarte Europas zu erarbeiten. Diese Anregung stieß auf allgemeine Zustimmung und eine
große Bereitschaft zur Mitarbeit, und auch Akademiemitglied E.M. Lavrenko als damaliger Leiter
des Laboratoriums für Pflanzengeographie und -kartographie im Leningrader Komarov-Institut für
Botanik schloß sich sofort der Initiative an, zumal er schon früher die Notwendigkeit einer detail-
lierten Vegetationskarte Europas mehrfach betont hatte. Daraufhin wurde 1977 eine schriftliche
Einladung zur Mitarbeit an viele einschlägige Institutionen und an Fachkollegen fast aller europäi-
schen Staaten verschickt.
Hier sei daran erinnert, daß der Gedanke an eine Vegetationskarte Europas schon sehr frühzeitig aufkam. Bereits 1923 war
in Zürich vom „Geobotanischen Forschungsinstitut Rübel“ eine „Permanente Kommission“ gegründet worden, zu deren
Zielen auch die Förderung einer Vegetationskarte Europas gehörte. Erste Überlegungen dazu gab es dann auf dem Bota-
nischen Kongreß 1930 in Cambridge; sie wurden von I. Horvat und R. Tüxen 1959 beim Symposium über Vegetations-
kartierung in Stolzenau wieder aufgegriffen. Dort wurde erneut eine „Permanente Kommission für die Vegetationskarte
Europas“ ins Leben gerufen; sie bestand aus den international renommierten Pflanzensoziologen J. Braun-Blanquet
(Montpellier), L. Emberger (Montpellier), I. Horvat (Zagreb), A. Noirfalise (Brüssel), B. Paw»owski (Krakau) und sollte von
R. Tüxen und der Bundesanstalt für Vegetationskartierung in Stolzenau geleitet werden. Anfang der sechziger Jahre wurde
ferner unter der Schirmherrschaft der UNESCO ein „Ständiges Komitee für die Klassifizierung und Kartierung der
Vegetation“ berufen, das die Vorbereitung einer Weltvegetationskarte in internationaler Zusammenarbeit koordinieren sollte
(GAUSSEN 1966, SOAVA 1966). Diese Absicht wurde jedoch nicht verwirklicht, zum einen und vor allem deshalb, weil sich
die Botaniker der verschiedenen Länder und Schulen nicht auf einheitliche theoretische Grundlagen und Prinzipien bei der
Aufstellung der Legende einigen konnten, zum anderen aufgrund des unterschiedlichen Standes der Vegetationskartierung
in den einzelnen Territorien.
17
1.1 Karte der natürlichen Vegetation Europas
1980a, 1980b, NEUHÄUSL 1979, 1980, TRAUTMANN & BOHN 1980) ist – nach einer Anlaufphase von
vier Jahren – als die eigentliche Geburtsstunde des internationalen Kartenprojekts anzusehen.
Abb. 1: Die drei Initiatoren des Projektes: E.M. Lavrenko, W. Trautmann und P. Ozenda (von links) auf dem
12. Internationalen Botanischen Kongreß 1975 in Leningrad.
Als Ende der siebziger Jahre die Vorbereitungsarbeiten an der Karte Europas aufgenommen wurden,
war die natürliche Vegetation in Europa auch unter vegetationskartographischen Aspekten bereits
größtenteils erforscht (s. Kapitel 1.2). Die vegetationskartographischen Unterlagen wiesen jedoch
für einige Regionen (z. B. Teile West- und Südosteuropas sowie Skandinaviens) Lücken auf oder
waren weniger ausgearbeitet als in anderen Teilen des europäischen Kontinents (s. GRIBOVA &
ISAENKO 1980a, 1980b, NEUHÄUSL 1980). In einigen Ländern wie Schweden, Großbritannien,
Irland, Dänemark, Frankreich, Portugal, Jugoslawien und Griechenland führte das Projekt einer
Vegetationskarte Europas zu erhöhter Aktivität auf dem Gebiet der Vegetationskartierung oder es
wurden erstmals Karten der potentiellen natürlichen Vegetation für das betreffende Land entworfen.
Lücken in den regionalen kartographischen Unterlagen konnten schrittweise in den nachfolgenden
Arbeitsetappen beseitigt werden. Das Hauptproblem für eine gemeinsame und einheitliche Vegeta-
tionskarte Europas waren jedoch die verschiedenen phytozönologischen Schulen und Richtungen
mit unterschiedlichen Prinzipien der Vegetationsklassifizierung. In Mittel-, West- und Südeuropa
überwiegt die floristisch-phytozönologische Richtung, die auf der Analyse der gesamten Arten-
zusammensetzung der Gesellschaften und auf der Anwesenheit spezifischer Charakter- und Diffe-
rentialarten aufbaut (BRAUN-BLANQUET 1928, 1951, 1964). Die nordeuropäische (skandinavische)
Klassifizierung stützt sich auf den Etagenaufbau (Schichtung) der Gesellschaften und ihre Physi-
18
Karte der natürlichen Vegetation Europas 1.1
ognomie sowie auf dominante und stete Arten in den einzelnen Schichten. Die traditionelle
ökologisch-phytozönologische Arbeitsweise in Rußland basiert vor allem auf der Kennzeichnung
und Ausscheidung von Vegetationseinheiten durch dominante Arten und ihre Kombination. Die
nach den genannten Prinzipien für die einzelnen Länder und Regionen erarbeiteten Karten waren
deshalb nicht direkt miteinander vergleichbar und darum auch nicht unmittelbar zu einem einheitli-
chen Ganzen zusammenzufügen.
Für den Karteninhalt mußte ebenfalls ein Kompromiß gefunden werden, da das von den west- und
mitteleuropäischen Kollegen geforderte Prinzip der heutigen „Potentiellen natürlichen Vegetation“
(TÜXEN 1956) aus methodischen und sachlichen Gründen für den russischen und andere Kartenteile
nicht generell übernommen und angewandt werden konnte. Am Ende einigte man sich darauf, diese
theoretische, konstruierte natürliche Vegetation als gemeinsames Ziel anzustreben, jedoch auf
„potentiell“ im Kartennamen zu verzichten.
Als Ziele und Aufgaben des internationalen Projekts einer Vegetationskarte Europas sind zu
nennen:
– Das reiche Wissen und die vielfältigen Erfahrungen der Vegetationsforscher möglichst aller
europäischen Länder, die umfangreichen Unterlagen über Struktur, Variabilität und Verbreitung
der Vegetation Europas, vor allem aber die schon vorliegenden zahlreichen nationalen und
regionalen Vegetationskarten insbesondere mittlerer Maßstäbe durch eine gut organisierte
internationale Zusammenarbeit auszuwerten und zusammenzuführen;
– durch diese Initiative in den noch weniger intensiv bearbeiteten Ländern oder Regionen zu
verstärkter Vegetationsforschung und -kartierung anzuregen, um als Basis für die Gesamtkarte
einen möglichst einheitlich hohen Standard in ganz Europa zu erreichen;
– gemeinsam einen Kompromiß zwischen den sehr divergierenden Schulen für die Erarbeitung
einer Vegetationskarte Europas mit einer nach einheitlichen Prinzipien aufgestellten, möglichst
detaillierten Legende zu suchen und damit auch zu einer methodischen Vereinheitlichung
beizutragen;
– in Anbetracht der zunehmenden Bedeutung von Ökologie und Umweltproblemen mit der Karte
naturwissenschaftlich fundierte Grundlagen für den internationalen Naturschutz, eine natur-
räumliche Landschaftsgliederung, eine nachhaltige, schonende Landnutzung und für Ent-
wicklungsprognosen zu schaffen;
– Anregung und ein Beispiel für andere Kontinente zu geben, da ein solches Großprojekt einer in
internationaler Kooperation erarbeiteten Vegetationskarte weltweit erstmalig in Angriff genom-
men wurde und Europa eine beispielhaft klare, aber auch überaus vielfältige Vegetationsglie-
derung und -struktur aufweist.
Vom Beginn der Arbeiten an dem Projekt 1979 bis zum Jahre 2001 wurden elf internationale
Arbeitstagungen in verschiedenen Ländern Europas sowie viele bi- und multilaterale Beratungen
durchgeführt. Bei diesen Treffen konnten alle theoretischen, methodischen und wissenschaftlich-
organisatorischen Fragen, die sich bei der Erarbeitung der nationalen Karten sowie bei der verein-
19
1.1 Karte der natürlichen Vegetation Europas
heitlichten Europakarte bis hin zum Druck und Erläuterungstext ergaben, diskutiert und in enger
Kooperation geklärt werden. So führten diese wissenschaftlichen Zusammenkünfte schrittweise zu
einem tragfähigen, einheitlichen Konzept und zur Verwirklichung des Projektes einer gesamt-
europäischen Vegetationskarte. In den ersten 10 Jahren (1979 bis Ende 1989) konnten gemeinsame
Treffen aller Mitarbeiter aus bekannten Gründen nur in einem der Ostblockländer stattfinden.
Nach dem ersten, bereits erwähnten internationalen Kolloquium im April 1979 in Liblice wurden in
der damaligen Tschechoslowakei weitere Sitzungen im Juni 1980 in Alšovice (GRIBOVA 1981,
NEUHÄUSL 1982b) sowie im Oktober 1980 in TÍeboÁ (NEUHÄUSL & NEUHÄUSLOVÁ 1982) durch-
geführt. Beratungen der Redaktionsgruppe fanden im Oktober 1981 im slowakischen Východná
(GRIBOVA & JURKOVSKAJA 1983, NEUHÄUSL & MICHALKO 1984) und im Juni 1987 in Prag (GRIBO-
VA & JURKOVSKAJA 1989) statt. Zwei internationale Tagungen wurden im Oktober 1983 und
September 1985 in Vácrátót bei Budapest (Ungarn) veranstaltet (BOHN & OZENDA 1987, GRIBOVA
& KARAMYŠEVA 1987, NEUHÄUSL 1987a, 1987b, 1987c). Die zweite Tagung fand im Rahmen der
22. Generalversammlung der Internationalen Union der Biologischen Wissenschaften (IUBS) statt,
in deren wissenschaftliches Programm das Projekt „Vegetationskarte Europas“ bereits 1982 aufge-
nommen worden war (GRIBOVA, KARAMYŠEVA & NEUHÄUSL 1985).
Zweimal trafen sich Wissenschaftler aus den RGW(Comecon)-Ländern: im Juni 1983 in Kiew (GRI-
BOVA 1984, SUMERINA & LIPATOVA 1985) und im September 1984 in Burgas (KARAMYŠEVA 1986).
Diese beiden Sitzungen waren der Abstimmung der Vegetationskarte für die mittel- und osteuropäi-
sche Region gewidmet. Dieser Teil der Karte wurde im Rahmen der RGW-Aufgabe „Ökologische
Grundlagen der optimalen Nutzung und des Schutzes der Biogeozönosen“ als Thema III. 1.4.1
„Kartierung der Biogeozönosen und ihrer Hauptkomponenten“ bearbeitet (GRIBOVA & NEUHÄUSL
1989).
Die Problematik der Vegetationskartierung der europäischen Hochgebirge wurde auf dem interna-
tionalen Symposium „Ökologie der Hochgebirge“ 1984 in Tbilisi und Kasbegi in Georgien behan-
delt (GRIBOVA & LADYGINA 1985, GRIBOVA, NACHUCRIŠVILI, DOLUCHANOV & NEUHÄUSL 1988).
Im April 1990 fanden Beratungen in Warschau, im Mai 1992 in Bonn-Bad Godesberg (BOHN 1992)
und im Dezember 1995 auf der Insel Vilm bei Rügen statt. Bei diesen Zusammenkünften wurden
neuere Karten und Kartierungseinheiten aus den verschiedenen europäischen Ländern vorgestellt
und diskutiert. In der Regel wurden diese Treffen durch Exkursionen zum Kennenlernen der
regionalen Vegetation ergänzt. Die letzte internationale Tagung fand im Mai 2001 – nach Druckle-
gung der Vegetationskarte und Gesamtlegende – auf der Insel Vilm statt. Sie diente der Darstellung
und Diskussion von Anwendungs- und Auswertungsmöglichkeiten der Vegetationskarte Europas für
Raumgliederungen, Naturschutz, Landschaftspflege und verschiedene Nutzungsbereiche (z. B.
Forstwirtschaft, Waldbau).
Die meisten internationalen Arbeitstagungen wurden vom Botanischen Institut der Tschechoslo-
wakischen Akademie der Wissenschaften in Prçhonice bei Prag organisiert, dem Koordinierungs-
zentrum für das Projekt einer Vegetationskarte Europas von 1979 bis April 1991. Der Haupt-
koordinator war in diesen 12 Jahren Robert Neuhäusl, Mitglied der Tschechoslowakischen Akade-
20
Karte der natürlichen Vegetation Europas 1.1
mie der Wissenschaften und nach der politischen Wende Direktor des Botanischen Instituts der
Akademie der Wissenschaften der Tschechischen Republik bis zu seinem plötzlichen Tod 1991.
Seiner ungewöhnlichen Ausdauer, seinen vielseitigen Sprachkenntnissen, seinem Können und
Geschick war es zu verdanken, daß ein Weg zur Annäherung der verschiedenen phytozönologischen
Schulen bei der Erarbeitung einer einheitlichen gesamteuropäischen Karte gefunden und damit die
erfolgreiche Bearbeitung der Karte erst ermöglicht wurde. Ab 1992 übernahm die Bundesfor-
schungsanstalt für Naturschutz und Landschaftsökologie (jetzt Bundesamt für Naturschutz) in Bonn-
Bad Godesberg die Aufgabe des Koordinierungszentrums mit Udo Bohn als Hauptkoordinator.
Zdenka Neuhäuslová übernahm weiterhin Koordinierungsaufgaben für den osteuropäischen Raum,
namentlich bei der Abfassung des Erläuterungstextes, der Ausfüllung und Bearbeitung der Daten-
blätter für die Kartierungseinheiten und bei der Übersetzung russischer Texte. Die Mitarbeiter des
Komarov-Instituts für Botanik in St. Petersburg unter Leitung von T. K. Jurkovskaja waren für die
Kartenbearbeitung des osteuropäischen Teils sowie für die farbliche Gestaltung der Gesamtlegende
und die Differenzierung der Kartierungseinheiten durch Aufsignaturen zuständig.
1
Die 2., neubearbeitete Auflage dieser Karte der EU- und Europarat-Staaten wurde 1987 veröffentlicht (NOIRFA-
LISE 1987).
21
1.1 Karte der natürlichen Vegetation Europas
TRAUTMANN & BOHN (1980) schlugen vor, bei der Gliederung und Benennung der Vegetationseinheiten hauptsächlich
floristisch-vegetationskundliche Kriterien und Merkmale zu verwenden und ökologische und geographische Zusätze lediglich
als Hilfsmittel zur genaueren Charakterisierung und Lokalisierung zu gebrauchen. Sie plädierten für eine Hauptgliederung
in Pflanzenformationen und deren weitere Untergliederung in Vegetationstypen, die nach Pflanzenarten oder Artenkom-
binationen benannt werden. In von Natur aus bewaldeten Gebieten kommt dabei Baumarten eine herausragende Bedeutung
zu. Der vorgelegte Entwurf einer Vegetationsgliederung Europas nach Formationen umfaßte 12 zonale und 5 azonale
Haupteinheiten, von denen die „Sommergrünen mesophytischen Laubwälder, teils mit Nadelbäumen“ beispielhaft weiter
aufgegliedert wurden.
Abb. 2: Die Teilnehmer des 1. Internationalen Kolloquiums in Liblice im April 1979 (alphabetisch): D. Blañko-
vá, I. A. Bondev, N. DoniÛ|, J. B. Fali½ski, G. Fekete, F. Fukarek, P. Fukarek, J. Fukarek, S. A. Gribova,
P. L. Gor
akovskij, O. Hejná, S. Hejný, G. Hofmann, M. Husová, T. I. Isa
enko, R. Javanovi-Dunji,
R. Lakuši, D. Magic, Š. Maglocký, A. Matuszkiewicz, W. Matuszkiewicz, J. Michalko, V. Miši,
J. Moravec, R. Neuhäusl, Z. Neuhäuslová, P. Ozenda, D. Pavlovi, K. Rybní
ek, A. Scamoni, H. Schlü-
ter, W. Trautmann, T. Wojterski.
Möglichst viel Information zum Verständnis der Vegetationskarte und ihres Inhalts sollte bereits die
Legende liefern: durch die Grundfarbe sollte in erster Linie der Grad der Ähnlichkeit der Vegeta-
tionstypen betont werden, während ökologische und pflanzengeographische Zusammenhänge und
Unterschiede erst an zweiter Stelle rangieren und durch Aufsignaturen zum Ausdruck gebracht
werden sollten.
Die einzelnen Kartierungseinheiten, die bei kleinmaßstäblichen Karten immer komplexer Natur
sind, sollten möglichst nur nach der Haupteinheit benannt werden; ihre Ausweisung und Abgren-
zung in jedem Fall floristisch-soziologisch begründet sein und in der Legende zum Ausdruck
kommen.
22
Karte der natürlichen Vegetation Europas 1.1
2
Dieser Beratung gingen bilaterale Besprechungen zwischen W. Trautmann, U. Bohn und R. Neuhäusl im März
1980 in Bonn voraus, bei denen die Prinzipien der Formationsgliederung für die Vegetationskarte Europas und
die Fassung und Benennung der Kartierungseinheiten präzisiert wurden. Im Arbeitszentrum in Prçhonice wurde
dann ein Katalog der wichtigen Merkmale für die Charakterisierung der Grundeinheiten erarbeitet und den
Mitarbeitern zugesandt.
23
1.1 Karte der natürlichen Vegetation Europas
An theoretischen und methodischen Fragen wurden ferner besprochen: pflanzengeographische Gliederung Europas und
seiner großen Regionen als Grundlage für die regionale Gliederung der Legende; Verwendung homogener und heterogener
Kartierungseinheiten in Abhängigkeit von der Vegetationsstruktur; Minimalgröße von Kartierungseinheiten auf der Karte und
Möglichkeiten der Verwendung von Symbolen zur kartographischen Darstellung von sehr kleinflächigen, jedoch phyto-
geographisch oder -historisch wichtigen Vegetationseinheiten.
Legendenentwürfe wurden für die Tschechoslowakei von R. Neuhäusl, für Polen von W. Matuszkiewicz und für Ostdeutsch-
land (DDR) von A. Scamoni vorgestellt. L. Hämet-Ahti erläuterte den Stand der Kartierung in Skandinavien, P. Fukarek den
der Balkanstaaten und die Vorbereitung einer einheitlichen Legende für diesen Raum, W. Trautmann berichtete über den
Kartierungsstand in den westeuropäischen Ländern. Den Entwurf einer Legende für den europäischen Teil der UdSSR stellte
S.A. Gribova vor.
R. Neuhäusl legte in seinem zusammenfassenden Referat einen Vorschlag zur Abstimmung und
Angleichung der einzelnen Legenden vor. Er wies insbesondere auf den Vorzug des hierarchischen
Aufbaus der Legende hin, der es ermöglicht, die zonale, subzonale, etagale und regionale Vegeta-
tionsgliederung darzustellen. Diesem Vorgehen wurde von den meisten Beratungsteilnehmern zuge-
stimmt, wodurch eine beachtliche methodische Annäherung zwischen den west-mitteleuropäischen
und russischen Geobotanikern erreicht und damit die weiteren Arbeiten an einer einheitlichen
Legende erleichtert wurden.3
In der Resolution der Beratung wurden diejenigen Punkte hervorgehoben, in denen Einigung erzielt
wurde: Anzahl und Inhalt der höheren Einheiten (Vegetationstypen oder Formationsklassen nach der
russischen und Formationen im Sinne der westeuropäischen Schule); Unterscheidungsprinzipien und
Inhalt der Hauptkartierungseinheiten (Assoziationen nach der Zürich-Montpellier-Schule, Gruppen
von Assoziationen nach der russischen Schule) und Bezeichnung der Kartierungseinheit (nach der
vorherrschenden Gesellschaft).
Das 2. Internationale Kolloquium (TÍeboÁ, 27.-30. Oktober 1980) war für die Vorbereitung einer
einheitlichen Legende zur Karte von größter Bedeutung. Zur Debatte standen die Vorschläge zur
Gliederung der Hauptformationen – den übergeordneten Einheiten der Legende. Auf der Grund-
lage einer Analyse der Legenden zu den nationalen Karten für die Gebiete der arktischen und
borealen Vegetation Skandinaviens und Osteuropas (E. Dahl, I. Hämet-Ahti, S.A. Gribova, T.I.Isa-
enko), der nemoralen Vegetation Mittel- und Osteuropas (W. Matuszkiewicz, U. Bohn, N. DoniÛ|),
der Vegetation des Balkans (A. Borhidi, N. DoniÛ|, I. Bondev), der Zonen der osteuropäischen
Waldsteppen, Steppen und Wüsten (E.M. Lavrenko, Z.V. Karamyševa, I.N. Safronova, N. DoniÛ|)
sowie der Moorvegetation (T.K. Jurkovskaja, K. Rybní
ek) wurde eine erste Übersicht von
19 Hauptformationen als übergeordnete Grundeinheiten der Legende erarbeitet (NEUHÄUSL
1982b). Auch wenn dieses Verzeichnis im Verlauf der weiteren Arbeiten an der Karte erheblich
verändert und ergänzt wurde, bedeutete es damals eine wichtige Etappe bei der Integration der
nationalen Karten und bei der Vereinheitlichung der Kartierungseinheiten, insbesondere auch in den
Grenzgebieten. Wichtige weitere Beratungspunkte waren eine für die einzelnen nationalen Karten-
3
Die meisten Legenden zu den in Rußland erarbeiteten Karten, namentlich diejenige der Übersichtskarte
1 : 2,5 Mio. für den europäischen Teil der UdSSR von 1979, hatten bereits einen entsprechenden hierarchischen
Aufbau.
24
Karte der natürlichen Vegetation Europas 1.1
beiträge verbindliche vorläufige Farbskala sowie die Wahl geeigneter kartographischer Unterla-
gen für die Erstellung der Europakarte.
Bei der Beratung des Redaktionskollegiums in der Slowakei (Východná, 14.-17. September
1981) kam es zu erheblichen Änderungen im Verzeichnis der Hauptformationen (siehe NEUHÄUSL
1982b: 215). Es wurden 17 Haupteinheiten festgelegt. Deren weitere Untergliederung wurde an
verschiedene Institutionen delegiert. Als Vorbild sollte die in Bonn erarbeitete Gesamtlegende der
Formation „Sommergrüne mesophytische Laubwälder und Nadel-Laubwälder“ dienen.
Dabei wurde in einigen Grundfragen (z. B. Stellung der alpinen und subalpinen Hochgebirgsvegetation in der Übersicht der
höheren Einheiten im Verhältnis zur arktischen und subarktischen Vegetation und deren pflanzengeographische Differen-
zierung) noch keine Einigung zwischen den Ansichten der west- und osteuropäischen (russischen) Beratungsteilnehmer
erzielt. Dieses Problem wurde während der Erarbeitung der Karte noch mehrfach diskutiert (GRIBOVA & JURKOVSKAJA 1983,
GRIBOVA & LADYGINA 1985, KARAMYŠEVA & JURKOVSKAJA 1994). Unterschiedliche Auffassungen bestanden auch
bezüglich der Gliederung der Moorvegetation sowie bei der Unterteilung der borealen Vegetation.
Die Beiträge der Anwesenden über nationale Kartenprojekte lieferten wertvolles Material für die
Aufstellung der Gesamtlegende. Ein Entwurf der Grundfarben für die Formationen unter zusätzli-
cher Verwendung farbiger Schraffuren für Höhen- und Trophiestufen wurde gebilligt. Für die
weiteren kartographischen Arbeiten wurde die Benutzung einer einheitlichen gesamteuropäischen
topographischen Unterlage im Maßstab 1 : 2,5 Mio. festgelegt, die vom Geodätischen Dienst der
SSR zur Verfügung gestellt wurde. Es wurde beschlossen, die Karte in diesem Maßstab auf
15 Einzelblättern herzustellen. Auch die nationalen Kartenentwürfe sollten auf dieser Grundlage
angefertigt werden.
In der ersten Etappe zur Erarbeitung der europäischen Gesamtkarte liefen die Arbeiten an der
2. Auflage der Karte Westeuropas und an der Karte Mittel- und Osteuropas der ehemaligen
Comecon-Länder in ständiger Abstimmung parallel.
Auf den beiden von mittel- und osteuropäischen Spezialisten organisierten Beratungen (Kiew 1983, Burgas 1984) konzen-
trierte sich die Arbeit hauptsächlich auf Ergänzungen und Änderungen der Gesamtlegende. Entscheidende Eingriffe wurden
vor allem in den Formationen „Tundren“, „Mesophytische und hygromesophytische Nadel- und Laub-Nadelwälder“ und
„Moore“ vorgenommen. Als selbständige Formationen wurden die „Waldsteppen“, „Dornpolster-Gebirgssteppen“ sowie
„Alpine und subalpine Vegetation der nemoralen Zone“ ausgegliedert.
Auf der Grundlage der redigierten Länderkarten wurde ein Verzeichnis der Hauptkartierungseinheiten angefertigt, ihre
Diagnostik präzisiert und die geographischen Namen der Kartierungseinheiten vereinheitlicht. Die redigierte Legende zur
Karte der europäischen Comecon-Länder wurde publiziert (BONDEV et al. 1985), und später wurde auch die Vegetationskarte
der europäischen „Ostblockländer“ – mit englischer Legende – gedruckt (GRIBOVA & NEUHÄUSL 1989, Druck 1996).
Bei der Beratung des Redaktionskollegiums in Vácrátót, Ungarn, (10.-15. Oktober 1983) auf
Einladung des Forschungsinstituts der Ungarischen Akademie der Wissenschaften wurden weitere
Fortschritte erzielt: Es wurde Übereinstimmung über die Vorgehensweise bei der Benennung der
Kartierungseinheiten erreicht und beschlossen, im folgenden Jahr eine überarbeitete Fassung der
Gesamtlegende herzustellen. Die vorgeschlagenen Farben und Signaturen für die Kartierungs-
einheiten wurden in zahlreichen nationalen Kartenentwürfen getestet. Aufgrund der gesammelten
Erfahrungen wurden sie nun verbindlich festgelegt: Für das Auftreten der Nadelholz-Gattungen
(Fichte, Tanne, Kiefer, Lärche) als Beimischung in der Baumschicht wurden Symbole vereinbart;
25
1.1 Karte der natürlichen Vegetation Europas
Das Programmkomitee der IUBS entschied aufgrund der vorgestellten Ergebnisse, das Kartenprojekt
im Rahmen ihres wissenschaftlichen Programmes weiter zu unterstützen.
Bei der Beratung des Redaktionskollegiums in Vácrátót wurde die endgültige Gliederung der
Gesamtlegende vorgelegt, diskutiert und gebilligt (s. NEUHÄUSL 1987c); sie entspricht weitgehend
der Endfassung und umfaßt insgesamt 19 Hauptformationen, die durch Großbuchstaben von A bis
U gekennzeichnet sind. Für die weitere Untergliederung waren jeweils verschiedene Redakteure
zuständig. Es wurde beschlossen, die Gesamtlegende in englischer Fassung zusammen mit dem
Musterblatt X vorab zu veröffentlichen (was dann aber doch unterblieb). Ferner wurden Konzept
4
Die Eingliederung des Projektes in die Aufgaben der IUBS im Jahre 1982 erhöhte das Interesse an der Vegeta-
tionskarte Europas in den übrigen europäischen Ländern, vor allem in Südeuropa und Skandinavien, und führte
zur Erweiterung des Mitarbeiterstabs.
26
Karte der natürlichen Vegetation Europas 1.1
und Möglichkeiten zur Herstellung eines Erläuterungstextes diskutiert. Für die einzelnen Formatio-
nen wurden Koordinatoren benannt, deren Aufgabe es sein sollte, Autorenteams zusammenzustel-
len. Bis zur nächsten Sitzung in der SSR sollten von den Formationsredakteuren Mustertexte für
einzelne Kartierungseinheiten nach vorgegebenem Gliederungsschema angefertigt werden.
Bis Ende 1986 sollten von den nationalen Verantwortlichen die Merkmalskataloge für die inhaltli-
che Kennzeichnung der Kartierungseinheiten im Bearbeitungsgebiet zusammengestellt und an die
Formationsredakteure übergeben werden.
Als Ergebnis der Tagung des Redaktionskollegiums in Prag (8.-12. Juni 1987) wurden in der
Resolution über den Fortgang der Arbeiten folgende Ergebnisse hervorgehoben: Vorlage einer
neuen, aktualisierten Version der Gesamtlegende (Stand Februar 1987), wesentliche Überarbeitung
des Modellblattes X, Vorbereitung von farbigen Manuskriptkarten für die Blätter III (östlicher Teil),
IV, VII (östlicher Teil), VIII, XI und XII sowie Bearbeitung der Nationalkarten von Dänemark (P.
Vestergaard), Italien (F. Pedrotti) und Schweden (L. Påhlsson). Außerdem wurde die Manuskript-
karte der Comecon-Länder vorgestellt (GRIBOVA & JURKOVSKAJA 1989) und ihre Veröffentlichung
empfohlen. Vorgelegt wurde ferner die 1. Version der Liste der in Legende und Text verwendeten
Pflanzensippen (V.V. Lipatova, Z. Neuhäuslová).5 Bereits vorliegende vorbildliche Beschreibungen
einiger Formationen (F Mesophytische sommergrüne Laubwälder und Nadel-Laubwälder –
W. Matuszkiewicz; S Moore – K. Rybní
ek; U Vegetation der Auen, Flußniederungen, Ästuarien
und eingedeichten Marschen sowie sonstiger Feuchtstandorte – Z. Neuhäuslová) wurden als Muster
für die Ausarbeitung der Erläuterungstexte zur Vegetationskarte allen Mitarbeitern zugestellt.
Ferner wurden die Ausführung der topographischen Grundlage der Vegetationskarte (Gewässer,
große Städte, Staatsgrenzen) und die kartographische Darstellung kleinflächiger Kartierungsein-
heiten (z. B. als Symbole) diskutiert.
Die Liste der für die Bearbeitung der einzelnen Formationen zuständigen Redakteure wurde
aktualisiert. Sie wurden gebeten, sich selbständig um Zuarbeit und Textabfassung zu kümmern. Die
Textentwürfe sollten bis Ende 1988 vorliegen.
Die Veröffentlichung des Erläuterungstextes in deutscher Sprache sollte im Gustav Fischer Verlag
Jena unter dem Titel „Die natürliche Vegetation Europas“ erfolgen. Inhalt und Umfang des Werkes
wurden grob festgelegt. Die Fertigstellung des Manuskripts war für 1989 geplant. Die bis dahin
erzielten Ergebnisse (Musterblätter, Gesamt- und Teillegenden) und Erläuterungen zum europä-
ischen Kartenprojekt wurden auf dem 14. Internationalen Botanischen Kongreß in Berlin, Juli 1987,
vorgestellt.
Die Tagung des Redaktionskollegiums in Warschau (5.-8. April 1990) – in Verbindung mit dem
Symposium der Internationalen Vereinigung für Vegetationskunde –, die nach dreijähriger Unter-
brechung an die Prager Beratung anknüpfte und auf Einladung von Prof. W. Matuszkiewicz und des
Instituts für Geographie und Raumordnung der Polnischen Akademie der Wissenschaften erfolgte,
5
Diese Liste wurde laufend vervollständigt; eine weitere, nomenklatorisch noch nicht korrigierte Version wurde
während der Tagung in Bonn (1992) vorgelegt.
27
1.1 Karte der natürlichen Vegetation Europas
Die Beratung wurde ferner intensiv für bi- und multilaterale Abstimmungen genutzt.
Als Ergebnis der Beratung von Warschau wurden für die Fortführung des Projektes folgende
Beschlüsse gefaßt:
– Die Gesamtlegende sollte von Neuhäusl und Bohn aktualisiert und anschließend auszugsweise
an die Formationsbearbeiter geschickt werden (Ende Mai 1990).
– Die Teilnehmer bestätigten die vorliegenden Konzepte aller 15 Kartenblätter als einheitlich er-
arbeitete Beiträge zur Vegetationskarte Europas. Aktuelle Kartenbearbeitungen fehlten damals
noch für Großbritannien, Irland, Island und den europäischen Teil der Türkei, weshalb zur
Vervollständigung einheimische Spezialisten hinzugezogen werden sollten. Zur Lösung der
Diskrepanzen im Grenzgebiet zwischen Finnland und Rußland wurden Vorschläge unterbreitet,
die bilateral weiter verhandelt werden sollten.
– Im Hinblick auf den Kartendruck wurde beschlossen, für die Gesamtkarte die vom Komarov-
Institut entwickelte Aquarellfarbentechnik anzuwenden. Das Komarov-Institut in St. Petersburg
wurde deshalb mit der Ausarbeitung eines Vorschlags zur Farbabstufung und Anwendung der
Signaturen beauftragt. Die vorgeschlagene Farbgebung sollte dann auf einer Übersichtskarte
Europas im Maßstab 1 : 10 Mio. getestet werden. Mit der Erstellung dieser Karte, die dem Text-
teil als Anlage beigegeben werden sollte, wurden U. Bohn, T. K. Jurkovskaja und R. Neuhäusl
betraut (als Termin war September 1990 vorgesehen).
– Für den Erläuterungstext zur Vegetationskarte wurden die Gliederung besprochen und die
Bearbeiter für die einzelnen Kapitel und Formationen festgelegt. Die noch fehlenden Daten-
bögen zu den Kartierungseinheiten sollten von den national Verantwortlichen bis Ende Mai
1990 an die Zentrale in Prçhonice geliefert werden. Als Bearbeiter für zusätzliche Kapitel über
die physisch-geographischen Gegebenheiten und die bioklimatische Gliederung Europas wur-
den J. Kondracki und S. Rivas-Martínez gewonnen.
– Die Formationsbearbeiter wurden gebeten, ihre Beiträge bis Ende März 1991 an die Zentrale zu
schicken. Für die Endredaktion der Texte wurden U. Bohn, R. Neuhäusl und H. Schlüter auto-
6
Die Legende wurde seit Beginn laufend ergänzt. Nach Herstellung der 1. vollständigen Version im Jahre 1985
folgten weitere mit Stand Februar 1987, März 1988, September 1989 und Juli 1990. Eine weitere ergänzte und
geänderte Version der Legende wurde computergestützt im April 1992 in Bonn vorgelegt.
28
Karte der natürlichen Vegetation Europas 1.1
risiert. H. Wagner stellte sich für sprachliche Korrekturen und Übersetzungen aus dem Französi-
schen und Englischen zur Verfügung. Als Abgabetermin für das druckfertige Manuskript wurde
das 3. Quartal 1992 anvisiert.
– H. Schlüter übernahm die Aufgabe, sich intensiv um die Drucklegung des Gesamtwerkes zu
kümmern. Der Gustav Fischer Verlag Jena hatte sich bereit erklärt, das Gesamtwerk mit finan-
zieller Unterstützung Dritter zu veröffentlichen. Als mögliche Sponsoren wurden die BRD, die
Europäische Gemeinschaft, internationale Gremien sowie private Geldgeber ins Auge gefaßt.
– Die nächste Beratung wurde für 1992 erstmals in Westdeutschland – auf Einladung der Bun-
desforschungsanstalt für Naturschutz und Landschaftsökologie (BFANL) in Bonn-Bad Go-
desberg – geplant.
R. Neuhäusl stellte das gemeinsam entwickelte Klassifikationssystem für die Vegetationskarte
Europas auf dem Symposium der Internationalen Vereinigung für Vegetationskunde in Uppsala
1989 vor und veröffentlichte es anschließend in Vegetatio (NEUHÄUSL 1990). Ferner gab er im
Journal of Vegetation Science (NEUHÄUSL 1991) einen kurzen Abriß der Entwicklungsgeschichte,
erste Ergebnisse und den aktuellen Stand des gesamteuropäischen Kartenprojektes.
29
1.1 Karte der natürlichen Vegetation Europas
Beurteilt wurde außerdem der erste Entwurf der Übersichtskarte im Maßstab 1 : 10 Mio. und der In-
halt der aktualisierten Legende, wobei einige Einheiten umgruppiert oder zusammengefaßt wurden.
Im Rückblick war festzustellen, daß die anfänglichen großen Schwierigkeiten und Hemmnisse, die
aus den unterschiedlichen Theorien und Methoden der einzelnen europäischen Schulen bei der
Vegetationsklassifikation resultierten, erfolgreich überwunden werden konnten. Die ständig weiter-
entwickelte und ergänzte Kartenlegende ermöglichte die Zuordnung aller Syntaxa der europäischen
Schulen trotz ihrer unterschiedlichen Definition und Rangstufen (vgl. GRIBOVA, KARAMYŠEVA,
NEUHÄUSL & JURKOVSKAJA 1988, NEUHÄUSL 1989).
Besondere Aufmerksamkeit wurde dem Erläuterungstext zur Karte gewidmet, über dessen Stand
Z. Neuhäuslová informierte. Bis Ende April 1992 lag mehr als die Hälfte der Autorenmanuskripte
für die Kartierungseinheiten und ihre übergeordneten Einheiten überwiegend aus Mittel- und
Osteuropa in deutscher Sprache vor. H. Schlüter gab eine Einschätzung vorliegender Textentwürfe
und einen Ausblick auf die weiter erforderlichen Arbeitsschritte zur Fertigstellung des Textbandes.
30
Karte der natürlichen Vegetation Europas 1.1
Anschließend äußerten sich die Bearbeiter und Redakteure der einzelnen Kapitel und Formationen
zum erreichten Stand und zu noch zu schließenden Lücken bzw. zu lösenden Problemen. Demnach
wiesen die Erläuterungen zu den Kartierungseinheiten noch erhebliche Defizite auf.
Z. Neuhäuslová berichtete über die computerisierten Listen der zitierten Literatur mit Bezug zur
Vegetationskarte Europas sowie der in Legende und Text bisher enthaltenen Taxa und Syntaxa, die
von ihr im Botanischen Institut in Prçhonice angelegt und ständig aktualisiert wurden. Weitere
wichtige Beiträge befaßten sich mit Beispielen zur Anwendung und Auswertung der Vegetations-
karte.
Am Schluß der Tagung wurden wiederum Termine für die Fertigstellung der Manuskriptkarten, der
Gesamtlegende und des Erläuterungstextes festgelegt, nämlich Mitte bzw. Ende 1993. Ein noch un-
gelöstes Problem war 1992 die notwendige finanzielle Unterstützung zur Fertigstellung der Vegeta-
tionskarte Europas und Vorbereitung ihres Druckes. U. Bohn wies auf den bei der EU-Kommission
in Brüssel zu stellenden Antrag auf finanzielle Unterstützung zur Reinzeichnung der Kartenblätter
und zur Vervollständigung der Erläuterungen zu den Kartierungseinheiten hin. Der endgültige
Antrag wurde in Abstimmung und mit Unterstützung von D. Wascher im November 1992 bei der
Europäischen Kommission (DG XI) eingereicht. Er enthielt eine detaillierte Aufstellung der bis
Ende 1993 vorzulegenden Arbeitsergebnisse: für die Digitalisierung geeignete Reinzeichnungen
aller Kartenblätter 1 : 2,5 Mio. sowie der Übersichtskarten 1 : 10 Mio. und 1 : 15 Mio. auf Astralon-
folien, farbige Manuskriptkarten, die endgültige Gesamtlegende mit Farben und Signaturen,
ausgefüllte Datenblätter für alle Kartierungseinheiten, ferner die dafür erforderlichen Arbeitsschritte
und die für die Ausführung vorgesehenen Institutionen und Bearbeiter (z. B. BFANL, Komarov-
Institut in St. Petersburg, Institut für Geodäsie in Zdiby, Botanisches Institut in Prçhonice, beide
SR) sowie die jeweiligen Kosten.
Nach der Beratung in Bonn fanden weitere Besprechungen in kleineren Gruppen statt, so z. B. im September 1992 in Pécs
(Ungarn) zur Formation G, im November 1992 in Gembloux (Belgien) im Hinblick auf Überarbeitung und Erläuterung der
Vegetationskarte von Frankreich durch A. Noirfalise, im Februar 1993 in Salzburg (Österreich) mit dem Ziel der Aus-
arbeitung der fehlenden Texte für die Formationen A-D, G und K durch H. Wagner.
In Anbetracht der guten Eignung der Vegetationskarte Europas als Referenzkarte zum CORINE-
Projekt der Europäischen Union zur Erfassung schutzwürdiger Biotope von europäischer Bedeutung
wurden ab 1993 der BFANL (entsprechend dem Antrag vom November 1992) von der Europäischen
Kommission Fördermittel zur Fertigstellung, Reinzeichnung und Druckvorbereitung der Vegeta-
tionskarte Europas sowie für die Komplettierung der Erläuterungen zu den Kartierungseinheiten
bereitgestellt, da diese Karte der natürlichen Vegetation eine wichtige Informations- und Bezugs-
basis für den europäischen Naturschutz darstellt (derzeit insbesondere für die Umsetzung der FFH-
Richtlinie).
Im Juli 1994 lagen alle 15 Kartenblätter im Maßstab 1 : 2,5 Mio. als Astralonfolien (getrennt nach
Topographie, Vegetationsgrenzen, Buchstaben-Nummernkodes der Kartierungseinheiten und Sym-
bolen für kleinflächige Einheiten) sowie als handkolorierte Zusammenkopien mit Topographie vor.
Nur die Übersichtskarte 1 : 10 Mio. befand sich noch in Arbeit (Fertigstellung Herbst 1994).
31
1.1 Karte der natürlichen Vegetation Europas
Die Fertigstellung der Gesamtkarte 1 : 2,5 Mio. und der Übersichtskarte 1 : 10 Mio. sowie die
Defizite und offenen Fragen bei der Bearbeitung der Erläuterungstexte waren die Hauptgründe für
eine letzte Arbeitstagung des engeren Redaktionskollegiums vom 4.-7. Dezember 1995 auf der
Insel Vilm bei Rügen. Sie fand auf Einladung des Bundesamtes für Naturschutz in der Außenstelle
„Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm“ statt. An dieser Besprechung nahmen 20 Wissen-
schaftler aus 14 Staaten teil, darunter neue Mitarbeiter wie P. Heiselmayer, Salzburg (als Nachfolger
für H. Wagner), B. Kantarc2, Istanbul und R. Lakuši, Sarajewo.
Erstmals konnte hier die Gesamtkarte durch Zusammenfügen aller 15 Kartenblätter als einheitlich
handkolorierte Reinzeichnung demonstriert werden. Diese wandfüllende Karte 1 : 2,5 Mio. zeigte
auf einen Blick die klare Vegetationsgliederung des Kontinents, aber auch die beachtliche Differen-
zierung im Detail. Zwei der Blätter (Nr. 6 und 10) waren bereits digitalisiert, ebenso die handliche
Übersichtskarte 1 : 10 Mio., von der ein erster, farblich noch nicht ganz befriedigender Plot an alle
Teilnehmer verteilt wurde. Die Fertigstellung sämtlicher 15 Kartenblätter sowie der sehr gelungenen
Übersichtskarte wurde als enormer Fortschritt und wichtigstes Ergebnis der langjährigen gemeinsa-
men Arbeit überaus freudig begrüßt und gefeiert.
32
Karte der natürlichen Vegetation Europas 1.1
U. Bohn stellte das weitere Vorgehen bis zum Kartendruck vor: Digitalisierung der übrigen Karten-
blätter aus Mitteln der Europäischen Umweltagentur; weitere EDV-Bearbeitung der digitalen Kar-
tendaten (Kodes, Grundfarben, Signaturen) bis zu farbigen Plots; endgültige Numerierung der
Kartierungseinheiten; Gestaltung einer Legendenübersicht auf dem freien Blatt; Legendenband mit
allen Kartierungseinheiten in hierarchischer Gliederung; Versuch eines rationelleren Blattschnitts
ohne die Randbereiche des Atlantiks, Asiens und Afrikas. Als Titel wurde „Karte der natürlichen
Vegetation Europas“ endgültig festgelegt.
Ferner wurde über die Herausgeber von Karte und Textband, Finanzierungsmöglichkeiten des Kartendrucks, die Verwendung
von Signaturen, Formationsübersichten als Schwarzweißkarten im Satzspiegelformat, Vereinheitlichung der Begriffe,
Nomenklatur und Literaturzitate sowie die Standardliste der verwendeten Taxa und ein Glossar der Fachbegriffe gesprochen
und Festlegungen dazu getroffen. Vorgesehen wurden außerdem Übersichtskarten mit geographischen und arealgeo-
graphischen Bezeichnungen.
In bilateraler Abstimmung wurden Korrekturen oder Verbesserungen an einzelnen Kartenblättern vorgenommen; so konnte
M.D. Kantarc2 zusammen mit Th. Raus den europäischen Teil der Türkei überarbeiten. Weiterer Korrekturbedarf in anderen
Teilgebieten wurde angesprochen.
Textgliederung und redaktionelle Textbearbeitung wurden intensiv diskutiert und Wege für einen
möglichst zügigen Abschluß des Erläuterungsbandes gesucht. Dabei standen neben den einführen-
den Kapiteln vor allem die Formationsbeschreibungen (Inhalt, Struktur, Bearbeitungsstand, weitere
Schritte) im Mittelpunkt. Diese sollten nur noch bis zur Gliederung in Kartierungseinheiten gehen,
aber nicht deren detaillierte Beschreibung enthalten. Vorgesehen war nun, sie in einem Anhangs-
band mit „Datenbögen der Kartierungseinheiten“ möglichst ausführlich und nach einheitlichem
Schema zu beschreiben, da sie die wichtigsten Informationen zu den Einheiten der Vegetationskarte
enthalten (inzwischen ist dies auf beiliegender CD-ROM verwirklicht).
Für die problematischen Formationen A, B und C des Nordens mit Anteilen aus West-, Ost- und Südeuropa konnte
P. Heiselmayer für die Gesamtredaktion neu gewonnen werden, und die Verantwortlichkeiten für alle weiteren Formationen
wurden bestätigt bzw. ergänzt und detailliert neu festgelegt. Außerdem wurde die Vorgehensweise besprochen und genau
beschrieben. Als Termin für den Abschluß des Textmanuskripts wurde Ende 1996 festgelegt. Zur Veröffentlichung des
Kartenwerkes wurden Titel, Herausgeber, Zitiervorschlag und Schritte zur Sicherung der Autorenrechte bestimmt. Die
vorzeitige Versendung und Auswertung der Kartendaten durch die EEA und von ihr beauftragte Einrichtungen (z. B.
ETC/NC) wurde in Aussicht gestellt. Auch gegen die separate Veröffentlichung der nationalen Beiträge gab es keine
Einwendungen.
33
1.1 Karte der natürlichen Vegetation Europas
darzustellenden Inhalte, das weitere Vorgehen bei der Bearbeitung der einzelnen Kapitel und die
jeweiligen Zuständigkeiten (Gesamtredaktion und Teilbearbeitungen) ausführlich dargelegt. Insbe-
sondere wurde darauf hingewiesen, daß für die Synthese und endgültige Fassung der Inhalte der
Datenblätter für die Kartierungseinheiten die jeweiligen Formationsredakteure zuständig sein sollten
(dies wurde aber später leider nur in wenigen Fällen konsequent umgesetzt, obwohl dies die Basis
für die Beschreibung der gesamten Formation und ihre Untergliederung abgeben sollte und für die
Charakterisierung und Abgrenzung der Kartierungseinheiten gegeneinander maßgebend ist).
Für den Erläuterungstext war auch ein Kapitel „Beispiele zur Auswertung und Anwendung der Vegetationskarte“ mit
mehreren Einzelbeiträgen vorgesehen. Im Laufe der Zeit hat sich jedoch herausgestellt, daß diese Thematik eingehender
behandelt werden sollte und der Umfang den Rahmen des Textbandes sprengen würde, weshalb hierfür 2001 ein eigenes
Symposium auf Vilm abgehalten wurde und die Beiträge und Ergebnisse in einem zusätzlichen Band veröffentlicht werden.
Etliche Projektmitarbeiter haben sich nach der Vilm-Tagung mit neuem Schwung an die Arbeit
gemacht, andere sind ihren Aufgaben leider nur sehr verzögert oder – trotz mehrfacher Anmahnung
– nur teilweise oder gar nicht nachgekommen, so daß die sehr knapp gesetzten Termine wiederum
nicht eingehalten werden konnten. In einigen Fällen mußte hinsichtlich der Gesamtredaktion ein-
zelner Kapitel und Formationen personell umdisponiert werden: Entweder übernahm dankenswer-
terweise ein anderer aus dem Mitarbeiterstab die Textbearbeitung, oder es mußte ein Außen-
stehender neu gewonnen werden. Im Endeffekt mußte jedoch der größte Teil der Arbeit von
Z. Neuhäuslová und dem Koordinationszentrum in Bonn bewältigt werden.
In den Folgejahren waren bis zur Drucklegung des Erläuterungstextes noch folgende Arbeiten zu
erledigen:
! Digitalisierung, Neuzuschnitt, Druckvorbereitung und Druck der Kartenblätter. (Abschluß:
Mitte 2000)
! Aktualisierung, Vervollständigung, Endbearbeitung und Umkodierung der Kartenlegende mit
ca. 700 Kartierungseinheiten (in deutscher und englischer Sprache) sowie Druck des Legen-
denbandes mit Erläuterungen zum Kartenprojekt. (Abschluß: Ende 2000)
! Vervollständigung der nationalen Datenblätter zu den ca. 700 Kartierungseinheiten, Bear-
beitung der Synthesebögen, deren Kontrolle und Endredaktion; Abspeicherung aller Daten-
blätter auf CD-ROM. (Abschluß: Ende 2002)
! Bearbeitung der Erläuterungstexte zu den einzelnen Kapiteln und Formationen des Text-
bandes. Hierfür mußten Beiträge angefordert, vorhandene Beiträge redaktionell überarbeitet,
vielfach ergänzt und in eine einheitliche Form gebracht werden. (Abschluß: Januar 2003)
! Eingabe, Überprüfung und Zusammenstellung der Zitate der verwendeten und grundlegenden
Literatur und Karten (auf Gesamtwerk und Textteil bezogenes Verzeichnis). (Abschluß:
Februar 2003)
! Vereinheitlichung der Nomenklatur und Zusammenstellung einer Standardliste der in Legende,
Datenblättern und Textteil genannten Pflanzensippen (Gefäßpflanzen, Moose, Flechten) unter
Klärung der Synonymik. (Abschluß: für den Legendenband 2000, insgesamt: Ende 2002)
34
Karte der natürlichen Vegetation Europas 1.1
35
1.1 Karte der natürlichen Vegetation Europas
Neubearbeitungen erfolgten u. a. für Island (1997/98), Teile von Svalbard (1996), Ostdeutschland (aufgrund neuer Kartierun-
gen auf Länderebene bis Ende 1999), ganz Polen (aufgrund der 1995 veröffentlichten Karte 1 : 300 000), Tschechien
(anhand der neuen Karte 1 : 500 000 von 1997), Korrekturen und Ergänzungen an den Mooren in Fennoskandien und
Mitteleuropa (nach Angaben von K. Rybní
ek 1996), Teile von Österreich (nach Angaben von K. Zukrigl 1997), Teile von
Frankreich (aufgrund der Abstimmung mit J.-C. Rameau 1997), Teile von Portugal und Spanien (bis Ende 1999), Teile von
Italien (nach Abstimmung mit Pedrotti, Spada und Cerabolini 1997 bis Anfang 2000), Albanien (aufgrund der Neu-
bearbeitung 1 : 500 000 von Vangjeli und Bohn 1996), Europäische Türkei (nach Vorlage von B. Kantarc2 1996/97), Estland
(nach Angaben von J. Sultson 1999), Teile von Georgien (1997/98 aufgrund neuerer Erhebungen, eigener Anschauung und
in Abstimmung mit den Experten in Tbilisi), Kaspische Senke und untere Wolga (aufgrund neuerer Geländeerhebungen von
I. Safronova et al. und Überprüfung vor Ort 1998).
Endfassung und Druck der Kartenlegende (mit kurzen Erläuterungen zum Kartenprojekt)
Die digitalisierte Gesamtlegende in deutscher und englischer Textfassung wurde laufend aktuali-
siert, wobei die ursprüngliche Numerierung bis zum Schluß (unmittelbar vor dem Kartendruck)
beibehalten und neue Einheiten durch Zusatzbuchstaben gekennzeichnet wurden.
In der Endphase wurden die Titel der Kartierungseinheiten und in der Überschrift genannte Arten
mit dem Inhalt des Datenblattes (diagnostisch wichtige Arten) und dem Erläuterungstext abgegli-
chen, ferner geographische und Höhenstufenbezeichnungen überprüft und soweit notwendig
harmonisiert. Zum Teil wurde die Reihenfolge oder die Zuordnung zu Untergruppen in der Legende
36
Karte der natürlichen Vegetation Europas 1.1
geändert (besonders weitreichend in Formation G), gelegentlich konnten nahe verwandte Einheiten
zusammengelegt oder geographisch differenzierte mußten unterteilt werden. In wenigen Fällen
wurden auch die Legendenstruktur oder/und die Zwischenüberschriften etwas verändert (z. B. bei
den Formationen B [Tundren], G, F, S, T und U).
Die Nomenklatur der aufgeführten Pflanzenarten (Gefäßpflanzen, Moose, Flechten) wurde verein-
heitlicht (s. weiter unten). Als letzter Schritt war die Nummern-Kodierung in die endgültige Reihen-
folge der Kartierungseinheiten umzustellen (wichtig war dabei die Erhaltung des Überführungs-
schlüssels zur Kontrolle und Rückverfolgung).
37
1.1 Karte der natürlichen Vegetation Europas
Zuständigkeiten oder Wegfall von Kapiteln (u. a. Beispiele zur Auswertung und Anwendung der
Vegetationskarte, Liste der erwähnten Pflanzengesellschaften).
Einige Kapitel lagen bereits zu Beginn der 90er Jahre in einer Entwurfsfassung vor, viele waren
noch fragmentarisch oder unvollständig und mußten ergänzt werden, etliche, namentlich Forma-
tionsbeschreibungen, fehlten gänzlich. Die meisten Formationsbeschreibungen entsprachen noch
nicht der neuen, standardisierten Gliederung und mußten dementsprechend umstrukturiert und
ergänzt werden. Die Überarbeitung und redaktionelle Endbearbeitung erfolgte nach Möglichkeit in
enger Abstimmung zwischen den verantwortlichen Autoren und der Koordinationszentrale in Bonn
(z. T. in einem sehr langen und intensiven Abstimmungsprozeß). Wo die vorgesehenen Autoren
bzw. Gesamtredakteure nicht mehr zur Verfügung standen oder ihrer Aufgabe nicht nachkommen
konnten, mußten andere Mitarbeiter diese Aufgabe übernehmen oder neue gewonnen werden. Dies
gilt z. B. für folgende Formationen:
Bei den Formationen A und B übernahm dankenswerterweise A. Elvebakk, Tromsø, die Bearbeitung der Polarwüsten und
arktischen Tundren unter Einbeziehung der russischen Erläuterungen und Texte; für die Formation F1 – Azidophile
Eichenmischwälder – konnte J. Pallas, Münster, als Mitarbeiter gewonnen werden; für F4 – Winterlinden-Stieleichenwälder
– Frau G.N. Ogureeva, Moskau; für die Formation G – Thermophile sommergrüne Laubmischwälder – stellte A. Loidi,
Bilbao, einen Text für die südwesteuropäischen Waldgesellschaften zur Verfügung; E. Bergmeier, Freiburg, beteiligte sich
maßgeblich an der Abfassung des Erläuterungstextes für Formation J – Mediterrane Hartlaubwälder und -gebüsche – und
übernahm die Gesamtredaktion für Formation K – Xerophytische Nadelwälder –, außerdem lieferte er einen Beitrag zur
Formation F.5 – Buchenwälder (für Südosteuropa); für die Textbearbeitung der Formation R – Röhrichte und Riedsümpfe,
Wasservegetation – konnten R. Pott und D. Remy, Hannover, gewonnen werden.
Ein Ersatz für J.-M. Géhu, Bailleul, der den Erläuterungstext für Formation P – Küstenvegetation – anfertigen sollte, konnte
leider nicht gefunden werden, insofern mußte die Bearbeitung dieses Erläuterungstextes (mit dem Beitrag von O.-D. Ivan),
im BfN von C. Hettwer übernommen werden.
In vielen Fällen mußte U. Bohn die vorliegenden Texte redaktionell überarbeiten und anhand von
Literatur, Erläuterungen zu den Kartierungseinheiten und eigener Anschauung vervollständigen, was
für insgesamt 19 Formationen und 7 sonstige Kapitel erheblichen Zeitaufwand bedeutete. Die End-
durchsicht der Textkapitel im Erläuterungsband hinsichtlich sprachlicher Verbesserung und Recht-
schreibkorrektur übernahmen dankenswerterweise H. und J. Schlüter, Jena.
38
Karte der natürlichen Vegetation Europas 1.1
39
1.1 Karte der natürlichen Vegetation Europas
Veröffentlichungen und Präsentation des Kartenprojektes und der erzielten Ergebnisse sowie
von Anwendungs- und Auswertungsbeispielen
Von Anbeginn bis zum Abschluß der Arbeiten wurde die Fachwelt laufend über die Arbeiten und
Fortschritte am Projekt der Vegetationskarte Europas informiert, u. a. ausführlich über das 1. Inter-
nationale Kolloquium 1979 in Liblice (NEUHÄUSL [Red.] 1980) sowie über die nachfolgenden
Arbeitstagungen und Zwischenergebnisse:
NEUHÄUSL 1982b; BONDEV et al. 1985; NEUHÄUSL 1987; NEUHÄUSL, BOHN et al. 1987; GRIBOVA
et al. 1988; NEUHÄUSL, BOHN et al. 1990; NEUHÄUSL 1990, 1991; NEUHÄUSLOVÁ & BOHN 1993;
BOHN 1992, 1995a, 1995b; KARAMYŠEVA et al. 1996; BOHN et al. 2000.
Als erste Ergebnisse wurden Musterblätter der Vegetationskarte Europas (Nr. X und XI) und das
Konzept auf internationalen botanischen Tagungen vorgestellt: bei der 22. Generalversammlung der
IUBS im September 1985 in Budapest; im Juli 1987 auf dem 14. Internationalen Botanischen
Kongreß in Westberlin als Poster von R. NEUHÄUSL, U. BOHN, P. OZENDA & W. MATUSZKIEWICZ;
1989 auf dem Symposium der Internationalen Vereinigung für Vegetationskunde in Uppsala
(Schweden): Poster von R. Neuhäusl & U. Bohn; auf dem 5. Internationalen Ökologischen Kongreß
in Japan von R. Neuhäusl; auf der internationalen Fachtagung über die „Anwendung der Phytoso-
ziologie“ 1991 in Lancaster (Großbritannien): Vortrag von U. Bohn.
Die Gesamtkarte 1 : 2,5 Mio. mit der Übersichtskarte 1 : 10 Mio., Legendenstruktur und Auswer-
tungsbeispielen wurde ab 1994 auf verschiedenen internationalen Arbeitstagungen und Symposien
im jeweiligen Entwicklungsstand präsentiert. Bei diesen Gelegenheiten konnten weitere Mitarbeiter
für bestimmte Regionen, Formationen und Kartierungseinheiten gewonnen werden: (u. a. A. Elve-
bakk (Norwegen), E. Einarsson (Island), C. J. Pinto Gomes (Portugal), J.-C. Rameau (Frankreich),
F. Spada, B. Cerabolini (Italien).
40
Karte der natürlichen Vegetation Europas 1.1
41
1.1 Karte der natürlichen Vegetation Europas
42
Karte der natürlichen Vegetation Europas 1.1
Finanzierung des Kartendrucks und Veröffentlichung von Karten-, Legenden- und Textband
Die Veröffentlichung des Kartenwerkes war ursprünglich beim Gustav Fischer Verlag Jena geplant.
Durch den Zusammenschluß mit dem Fischer Verlag in Stuttgart und die nachfolgende Umstellung
des Verlagsprogramms mußte diese Option aufgegeben werden.
Die Anfrage bei der Europäischen Umweltagentur (EEA) nach finanzieller Beteiligung an den
Kosten für den Kartendruck blieb zunächst – aus formalen Haushaltsgründen – ohne Erfolg.
Die EEA äußerte jedoch großes Interesse an den digitalen Kartendaten und den Erläuterungen zu
den Kartierungseinheiten (in englischer Version) und bot an, die digitalen Daten auf einer CD-ROM
auf eigene Kosten herauszubringen sowie die Übersetzung der Texte ins Englische zu übernehmen.
Im Endeffekt beteiligte sie sich indirekt an den Kosten für den Druck des Karten- und Legendenban-
des durch Kauf von 1000 Exemplaren, die von dort aus an verschiedene europäische und nationale
Behörden und Institutionen verteilt wurden.
Als preisgünstigste und unkomplizierteste Lösung für den Druck und die Herausgabe des Gesamt-
werkes erwies sich schließlich die Veröffentlichung als dreiteiliges Werk – zunächst mit deutscher
Version des Erläuterungstextes – in einer Schriftenreihe (Gelbe Reihe) des Bundesamtes für Natur-
schutz (BfN) in Bonn. Druck und Vertrieb der Publikation erfolgen durch den Landwirtschaftsverlag
in Münster, die Gesamtfinanzierung übernahm das BfN. Die Gesamtauflage des zweisprachigen
Karten- und Legendenbandes beträgt 6000.
Die Erläuterungen zu den Kartierungseinheiten, das Gesamtliteraturverzeichnis, Artenliste und
Glossar werden aus Kostengründen, wegen des großen Umfangs und der besseren Nutz- und Hand-
habbarkeit auf CD-ROM zur Verfügung gestellt.
Literatur
BOHN 1992, 1995a, 1995b, 1996; BOHN & HETTWER 2003 (im Druck); BOHN et al. 2000; BOHN &
OZENDA 1987; BONDEV et al. 1985; BRAUN-BLANQUET 1928, 1964; BUNDESAMT FÜR NATUR-
SCHUTZ (BFN) 1999, 2002; CROSS 1998; ELLENBERG 1996; EUROPEAN TOPIC CENTRE ON NATURE
CONSERVATION (ETC/NC) 1997; FAO 2000, 2001; GAUSSEN 1966; GORAKOVSKIJ 1979; GRIBOVA
1981, 1984; GRIBOVA & ISAENKO 1980a, 1980b; GRIBOVA & JURKOVSKAJA 1983, 1989; GRIBOVA
& KARAMYŠEVA 1987; GRIBOVA, KARAMYŠEVA & NEUHÄUSL 1985; GRIBOVA, KARAMYŠEVA,
NEUHÄUSL & JURKOVSKAJA 1988; GRIBOVA & LADYGINA 1985; GRIBOVA, NACHUCRIŠVILI,
DOLUCHANOV & NEUHÄUSL 1988; GRIBOVA & NEUHÄUSL 1989, (1996 Karte); HÄRDTLE et al.
2003; ISAENKO & LAVRENKO 1979; KARAMYŠEVA 1986; KARAMYŠEVA & JURKOVSKAJA 1994;
KARAMYŠEVA et al. 1996; LARSSON (Koord.) 2001; LAVRENKO, ISAENKO & GRIBOVA 1980a;
LAVRENKO, ISAENKO, GRIBOVA & NEUHÄUSL 1980b; LIEDTKE & MARCINEK (Hrsg.) 2002;
NEUHÄUSL 1979, 1980, 1982, 1987a, 1987b, 1987c, 1989, 1990, 1991; NEUHÄUSL (Red.) 1980;
NEUHÄUSL et al. 1987; NEUHÄUSL, BOHN, GRIBOVA, MATUSZKIEWICZ & OZENDA 1990; NEUHÄUSL
& MICHALKO 1984; NEUHÄUSL & NEUHÄUSLOVÁ 1982; NEUHÄUSLOVÁ & BOHN 1993; NOIRFALISE
1987; OLSON et al. 2001; OZENDA 1980; OZENDA, NOIRFALISE, TOMASELLI & TRAUTMANN 1979;
PAINHO 2003 (im Druck); PAINHO & AUGUSTO 2000; SOAVA 1966; SMITH & GILLETT (Ed.) 2000;
43
1.1 Karte der natürlichen Vegetation Europas
SUMERINA & LIPATOVA 1985; TRAUTMANN & BOHN 1980; TÜXEN 1956; ZAZANAŠVILI 2003 (im
Druck).
Abb. 3: Teilnehmer der Exkursion durch Mittel- und Süditalien im Juni 2002 unter der Leitung von Franco
Pedrotti: U. Bohn, A. Borhidi, S. Cholod, J. Cross, J. Diduch, N. DoniÛ|, G. Gollub, C. Hettwer,
T. Jurkovskaja, D.-O. Ivan, H.D. Knapp, N. Kirillovskaja, A. Matuszkiewicz, W. Matuszkiewicz,
G. Nachucrišvili, Z. Neuhäuslová, G. Ogureeva, L. Påhlsson, Th. Raus, K. Rybní
ek, I. Safronova,
H. Schlüter, J. Schlüter, A. Seliškar, V. Vasilevi
, K. Zukrigl, M. Zupan
i
u. a.
44
Karte der natürlichen Vegetation Europas 1.2
Die vorliegende Karte der natürlichen Vegetation Europas basiert auf Kartengrundlagen für die
einzelnen Länder und größere Teilgebiete Europas. Einerseits wurden bereits vorhandene (nationale)
Vegetationskarten verwendet, angepaßt und aktualisiert sowie der gemeinsamen Konzeption
entsprechend umgesetzt, andererseits wurden vorhandene Teilkarten zu einer nationalen Gesamtkar-
te zusammengeführt und – wo Lücken bestanden – ergänzt, in einigen Fällen für die betreffenden
Länder auch ganz neue Vegetationskarten geschaffen. Dabei wurde in der Regel auf bereits vorhan-
denes Kartenmaterial zurückgegriffen, seien es Karten der potentiellen natürlichen oder realen
Vegetation, Standorts- oder sonstige geeignete thematische Karten wie geologische, bodenkundliche
oder klimatische Karten. Spezielle Geländeerhebungen erfolgten allenfalls punktuell und regional,
um Kenntnislücken zu schließen, Korrekturen oder Ergänzungen vorzunehmen, so z. B. beim bi-
lateralen Grenzabgleich oder auf gemeinsamen Exkursionen. Für einzelne Länder erschienen
während der Projektlaufzeit – oft angeregt durch das internationale Vorhaben – neue Nationalkarten
der potentiellen natürlichen Vegetation, die bei größeren Abweichungen von der ursprünglichen
Fassung nach Möglichkeit eingearbeitet wurden (so für Teilgebiete Deutschlands, für Tschechien,
Polen, Bulgarien und Albanien). Ganz neu oder erstmalig angefertigt wurden im Rahmen dieses
Europa-Projektes nationale Vegetationskarten für Island, Irland, Großbritannien, Dänemark,
Portugal, Jugoslawien, Griechenland und den europäischen Teil der Türkei. Für andere Länder lagen
zunächst nur grobe Übersichtskarten vor, die im Laufe des Projektes verfeinert und stärker differen-
ziert wurden, um eine größere Einheitlichkeit herzustellen und sich dem allgemeinen Standard
anzupassen. Dies gilt z. B. für Frankreich, Norwegen, Schweden und Finnland. Trotz dieser Anglei-
chung lassen sich zwischen einzelnen Ländern noch immer Brüche und Verwerfungen erkennen, die
auf unterschiedlichem Kenntnisstand und/oder verschiedenen Kartierungsmethoden beruhen. Am
deutlichsten tritt dies zwischen Finnland und Rußland (Karelien) in Erscheinung.
Aufgrund der unterschiedlichen Datengrundlage gibt es in manchen Regionen noch Ungenau-
igkeiten und Unsicherheiten, die durch nachfolgende Geländekartierung und Überprüfung vor Ort
ausgeräumt werden müßten. In einigen Ländern laufen zudem Kartierungsprojekte, die nach Ab-
schluß genauere, aktuellere und differenziertere Ergebnisse liefern dürften (so z. B. in Deutschland,
Slowenien, Kroatien). Für die einzelnen, alphabetisch geordneten Länder wird nachfolgend in Kurz-
form über die wichtigsten Kartengrundlagen und – wo nötig – das Vorgehen bei der Erarbeitung des
nationalen Beitrags berichtet. Ein ausführliches Verzeichnis der bedeutenden nationalen, über-
regionalen und „kontinentalen“ Vegetationskarten findet sich in Kapitel 5.5. Umfassendere Ver-
zeichnisse und Bibliographien sind enthalten in „Excerpta Botanica“, Section B (Sociologica),
KÜCHLER (1966) sowie KÜCHLER & ZONNEVELD (1988).
45
1.2 Karte der natürlichen Vegetation Europas
Albanien: Angaben über die bis 1960 publizierten Vegetationskarten sind in der Bibliographie von
E. SCHMID in KÜCHLER (1966: 24-26) verzeichnet. Als Grundlage für die neue Vegetationskarte
Albaniens dienten neben der Karte der Waldstufen Albaniens im Maßstab 1 : 1 Mio. (MARKGRAF
1949) die Karten von GLAVA (1968), NIKLFELD (1973) und des angrenzenden Jugoslawien
(FUKAREK et al. 1989). In Zusammenarbeit von U. Bohn und J. Vangjeli wurde der erste Entwurf
auf der Basis einer groben Karte der aktuellen Vegetation Albaniens 1996 überarbeitet (VANGJELI
& BOHN 1996: Manuskript-Karte 1 : 500 000). Diese enthält allerdings immer noch zahlreiche
Unsicherheiten.
Belgien: Die Manuskriptkarte stammt von A. Noirfalise. Sie wurde auf der Grundlage großmaßstä-
biger Karten und guter Gebietskenntnisse entworfen. Vom Kartierungszentrum in Gembloux
(Centre de cartographie phytosociologique, früher Institut pour l' encouragement de la recherche
scientifique dans l' industrie et l' agriculture) wurden im Maßstab 1 : 20 000 große Teile Belgiens
kartiert (Veröffentlichung der Karten 1954-1969). Ferner existiert eine Karte der Hauptwaldgesell-
schaften Belgiens 1 : 2,8 Mio. (NOIRFALISE et al. 1953). A. Noirfalise war überdies maßgeblich an
der 1. Auflage der Vegetationskarte der Europarat-Staaten 1 : 3 Mio. (OZENDA et al. 1979) beteiligt
und Hauptkoordinator der 2. Auflage dieser Karte (NOIRFALISE 1987).
Bulgarien: Eine Übersicht über die Entwicklung der Vegetationskartierung in Bulgarien findet sich
bei BONDEV (1991), eine erste Bibliographie der Vegetationskarten bei KÜCHLER (1966: 149-151).
Die ersten großräumigen Vegetationskarten hatten einen vegetationsgeographischen Inhalt (ADAMO-
VI 1909a, 1909b, STOJANOV 1950). Eine wichtige Etappe war die Fertigstellung einer Karte der
bulgarischen Wälder im Jahre 1939 im Maßstab 1 : 200 000 mit 12 Kartierungseinheiten (KE).
Die systematische Vegetationskartierung und geobotanische Erforschung des Landes begann 1961.
Anlaß dafür waren die Herausgabe der Bodenkarte 1 : 200 000 und der geologischen Karte
1 : 500 000 sowie die Vorbereitung einer neuen Waldkarte im Maßstab 1 : 200 000. Wichtige
Grundlage für das Europa-Kartenprojekt war die Vegetationskarte 1 : 1 Mio. im Atlas von Bulgarien
(BONDEV 1973) sowie die Karte der Waldbestände 1 : 1,5 Mio. (ebendort) mit 40 KE (BONDEV &
JORDANOV 1973). Die Vegetationskarte 1 : 1 Mio. setzt die aktuelle Vegetation in Beziehung zur
natürlichen Vegetation und enthält 73 KE, darunter 41 KE der natürlichen Vegetation. 1980 wurde
im Militäratlas N.R. Bulgarien eine Vegetationskarte mit 33 KE publiziert (BONDEV 1980). Es
handelt sich dabei um eine Karte der potentiellen natürlichen Vegetation mit Ergänzung der am
weitesten verbreiteten Typen der Sekundärvegetation. Eine detailliertere Vegetationskarte Bulga-
riens im Maßstab 1 : 600 000 veröffentlichte BONDEV 1991. Sie umfaßt 150 KE der potentiellen
natürlichen und der realen Vegetation (mit Hinweisen auf die natürliche Vegetation). Die Manu-
skriptkarte für die Europakarte von Bondev wurde auf dieser Grundlage 1993 von U. Bohn in
Zusammenarbeit mit Th. Raus aktualisiert und wiederum mit I. Bondev abgestimmt.
Dänemark: Informationen über publizierte Karten in großen und mittleren Maßstäben bringt die
Bibliographie von HANSEN in KÜCHLER (1966: 173-175). Den Entwurf einer Karte der natürlichen
Vegetation Dänemarks für die Europakarte entwickelte P. Vestergaard zusammen mit K. Hansen.
46
Karte der natürlichen Vegetation Europas 1.2
Deutschland: Die Kartenunterlagen für das Gebiet Deutschlands sind sehr zahlreich und vielfältig
und zeugen von der langen und großen Tradition der Vegetationskartierung in diesem Land.
Pioniere der Vegetationskartierung in Deutschland waren K. Hueck, R. Tüxen und A. Scamoni.
K. Hueck entwickelte in den 30er Jahren die Kartierungsmethoden (HUECK 1930, 1932, 1933) und
fertigte die ersten Übersichtskarten der natürlichen (bzw. ursprünglichen) Vegetation Deutschlands
und Mitteleuropas an (HUECK 1935, 1937a, 1937b, 1943). Tüxen entwarf 1956 das Konzept zur
Kartierung der potentiellen natürlichen Vegetation und organisierte 1959 in Stolzenau ein interna-
tionales Symposium über Vegetationskartierung (TÜXEN 1956, 1963). Unter seiner Leitung wurde
mit der systematischen Kartierung der potentiellen natürlichen Vegetation (pnV) Deutschlands im
Maßstab 1 : 25 000 begonnen, die in den 60er und 70er Jahren Hauptgegenstand der Tätigkeit der
Abteilung Vegetationskunde der neu gegründeten Bundesanstalt für Vegetationskunde, Naturschutz
und Landschaftspflege (später BFANL, jetzt BfN) in Bonn-Bad Godesberg war.
Die Ergebnisse wurden in Kartenblättern 1 : 200 000 veröffentlicht, und zwar Blatt Minden (TRAUT-
MANN 1966), Blatt Köln (TRAUTMANN 1973), Blatt Hamburg-West (KRAUSE & SCHRÖDER 1979)
und Blatt Fulda (BOHN 1981, 1996).
Neben den Feldblättern im Maßstab 1 : 25 000 und 1 : 50 000 entstanden in den 60er und vor allem
70er Jahren Regional- und Landeskarten der pnV in Deutschland in den Maßstäben 1 : 200 000 bis
1 : 500 000 und 1 : 900 000: Bayern (SEIBERT 1968), Nordrhein-Westfalen (TRAUTMANN 1972),
Baden-Württemberg (MÜLLER & OBERDORFER 1974), Niedersachsen (PREISING 1978), Schleswig-
Holstein (MEISEL 1979), Mittelfranken (HOHENESTER 1978), Rheinland-Pfalz (WAHL 1990). Aus
diesen Teilkarten wurden die Übersichtskarten 1 : 3 Mio. und 1 : 2,5 Mio. für Westdeutschland von
W. Trautmann, U. Bohn und L. Schröder zusammengestellt.
Vor Aufnahme der Arbeiten an der Vegetationskarte Europas gab es für Ostdeutschland folgende
kleinmaßstäbige Vegetationskarten meist in Atlanten der DDR: Karte der Pflanzengesellschaften
1 : 1 Mio. (HUECK 1953), Karte der natürlichen Vegetation der DDR 1 : 1 Mio. (SCAMONI et al.
1958), Vegetationskarte der DDR 1 : 500 000 mit Erläuterungen (SCAMONI 1964). Eigentliche
Grundlage und darstellerisch-methodisches Vorbild für die Europakarte (Höhenstufen, geographi-
sche Ausbildungen) war die jüngste Übersichtskarte im Maßstab 1 : 750 000 (SCAMONI et al. 1977).
Die Teilkarten der potentiellen natürlichen Vegetation für die Vegetationskarte Europas stellten
A. Scamoni und H. Schlüter für Ostdeutschland und U. Bohn und W. Trautmann für Westdeutsch-
land zusammen. Später wurden – aufgrund neuerer Erkenntnisse und Kartierungen – gebietsweise
in beiden noch Korrekturen vorgenommen.
Finnland: Angaben über die Vegetationskartierung in Finnland enthalten die Arbeiten von LINKOLA
(1941), AHTI et al. (1968) und die Bibliographie von A. KALELA in KÜCHLER (1966: 176-214). Die
meisten Zitate betreffen großmaßstäbige Karten. In kleinmaßstäbigen Karten sind die Waldvegeta-
tionszonen (KALELA 1958, 1961), die häufigsten Waldtypen (ILVESSALO 1930, 1960), die polaren
Wald- und Baumgrenzen (HEIKINHEIMO 1921, Reprint 1948) sowie Torfmoore (AARIO 1933, AUER
1936, RUUHIJÄRVI 1960) dargestellt. L. Hämet-Ahti und K. Toivonen haben die Manuskriptkarte für
die Vegetationskarte Europas entworfen und mit der russischen Karte harmonisiert. Später wurden
47
1.2 Karte der natürlichen Vegetation Europas
48
Karte der natürlichen Vegetation Europas 1.2
dem Peloponnes im Maßstab 1 : 2,25 Mio. (ROTHMALER 1943), Waldkarte Griechenlands (MINI-
STRY OF AGRICULTURE 1947), Karte der Wachstumszonen von Kephallinia 1 : 350 000 (KNAPP
1964) und vor allem die Vegetationskarte Griechenlands 1 : 1 Mio. (MAVROMMATIS 1978). Weitere
Hinweise lieferten die Karte der Vegetationszonen Südosteuropas 1 : 3 Mio. (GLAVA 1968 in
HORVAT et al. 1974), die Karte der Donauländer 1 : 2 Mio. von NIKLFELD (1973) und die Karte der
potentiellen Vegetation des östlichen Mittelmeerraums 1 : 2,5 Mio. von QUÉZEL & BARBÉRO
(1985). Die Manuskriptkarte für die Vegetationskarte Europas entwarfen Th. Raus und E. Bergmeier
anhand dieser Unterlagen und eigener Gebietskenntnisse. Sie stellt eine deutliche Verbesserung und
Präzisierung gegenüber der Karte 1 : 3 Mio. der EU- und Europarat-Staaten (NOIRFALISE 1987) dar.
Großbritannien: Die Bibliographie der Vegetationskarten in KÜCHLER (1966: 89-148) stammt von
F.A. Barnes. Die Mehrheit der britischen Vegetationskarten ist großmaßstäbig. Unter den klein-
oder mittelmaßstäbigen Karten sind die Karte der Grasländer von Wales 1940 (BOWEN 1957), die
von England und Wales (STAPLEDON & DAVIES 1945) sowie die Karte der Moorvegetation Schott-
lands (STAMP & GEDDES 1948) erwähnenswert. STRAKA (1949) stellte eine Karte der rekon-
struierten natürlichen Vegetation der Britischen Inseln im Maßstab 1 : 6,3 Mio. mit 8 KE vor.
Für den Beitrag zur Vegetationskarte Europas waren die Karten der aktuellen und rekonstruierten
Waldvegetation Schottlands 1 : 640 000 (MCVEAN & RATCLIFFE 1962a, 1962b) sowie der Entwurf
für die Europarat-Karte 1 : 3 Mio. des Vereinigten Königreichs von D.A. Goode eine wichtige
Grundlage. Mit Hilfe aktueller Raster-Verbreitungskarten der Pflanzengesellschaften der Britischen
Inseln (RODWELL 1991a, 1991b) und ihrer Verschneidung mit standörtlichen Daten (Topographie,
Geologie, Böden, Klima) erarbeitete J. Rodwell 1992 eine neue und stärker differenzierte Karte der
potentiellen natürlichen Vegetation für Großbritannien.
Irland: J.J. Moore ist Autor des nationalen Kartenbeitrags für die Vegetationskarte der EU- und
Europarat-Staaten von 1979 und 1987. Für die vorliegende Vegetationskarte Europas fertigte
J. Cross während seines Aufenthaltes in Bonn (1992-93) – in Abstimmung mit U. Bohn – einen ganz
neuen Entwurf aufgrund standörtlicher Basiskarten (Topographie, Geologie, Böden, Moore, Klima)
und von Expertenkenntnissen sowie Veröffentlichungen zur Verbreitung natürlicher Pflanzengesell-
schaften und ihren Standortbeziehungen. Die digitalisierte Teilkarte für Irland wurde bereits
veröffentlicht (CROSS 1998).
Island: Die Bibliographie der Vegetationskarten Islands in KÜCHLER (1966: 397-399) stammt von
I. Thorsteinsson. Die Vegetationskartierung erfuhr hier einen deutlichen Aufschwung in den 60er
Jahren, als eine Serie von Blättern der Vegetationskarte Islands 1 : 40 000 publiziert wurde (AGRI-
CULT. RESEARCH INSTITUTE 1966). Autor des sehr groben Entwurfs der natürlichen Vegetation für
die Karte der Europarat-Staaten war E. Einarsson.
Da Einarsson sich zunächst nicht am gesamteuropäischen Kartenprojekt beteiligte, wurde von
U. Bohn eine neue, detailliertere Version anhand der veröffentlichten Karten der natürlichen und
realen Vegetation Islands von GLAWION (1985) angefertigt. Diese wurde Einarsson 1996 (nach dem
Treffen auf dem Workshop in Arendal, Norwegen) zur Überprüfung und ggf. Korrektur zugesandt.
Einarsson und Mitarbeiter fertigten aufgrund ihrer Kartenunterlagen eine digitalisierte und sehr
49
1.2 Karte der natürlichen Vegetation Europas
differenzierte neue Version, die Mitte 1997 im BfN eintraf (EINARSSON et al. 1997). Wegen der
Kleinteiligkeit mußte sie für die Europakarte wiederum generalisiert und in die Topographie ein-
gepaßt werden. Die digitalisierte Version war Mitte 1998 fertiggestellt und konnte anstelle der
GLAWION-Karte in die Europakarte integriert werden.
Italien: Die Vegetationskartierung ist in Italien sehr hoch entwickelt und reicht bis in die Mitte des
19. Jahrhunderts zurück. Die Bibliographie der Vegetationskarten in KÜCHLER (1966: 400-420)
stellte V. Giacomini zusammen.
Die ersten kleinmaßstäbigen Übersichtskarten 1 : 5 Mio. für ganz Italien stammen von FIORI (1908)
und BÉGUINOT (1933), die Karte der Vegetationsformationen 1 : 2,5 Mio. von FIORI (1939), eine
Karte der realen Vegetation Italiens 1 : 1 Mio. von FENAROLI (1970), eine Karte der Waldvegetation
1 : 2 Mio. von TOMASELLI (1973). Neuere Übersichten der Vegetationskarten Italiens hat PEDROTTI
(1988, 1993) zusammengestellt. Der Kartenbeitrag für die Karte der EU- und Europarat-Staaten
basiert auf den Karten 1 : 1 Mio. und 1 : 2,5 Mio. von TOMASELLI (1970, 1974). Für die Europakarte
entwarf F. Pedrotti eine neue und differenziertere Karte 1 : 1,5 Mio. der potentiellen natürlichen
Vegetation (PEDROTTI 1993). Diese wurde später regional anhand von Literatur (insbesondere Karte
der realen Vegetation 1 : 1 Mio. von 1991), mit Hilfe von Gebietskennern (z. B. F. Spada, B. Cera-
bolini) sowie auf Exkursionen von U. Bohn mit F. Pedrotti in Mittelitalien ergänzt und verbessert.
Jugoslawien: Über die Vegetationskartierung auf dem Territorium des ehemaligen Jugoslawien gibt
es zahlreiche Quellen (u. a. BERTOVI in KÜCHLER 1966: 546-584, MARINEK et al. 1980). Die
wichtigste Informationsbasis stellt jedoch das Buch von HORVAT, GLAVA & ELLENBERG (1974)
mit der von GLAVA (1968) erstellten Karte 1 : 3 Mio. der Vegetationszonen Südosteuropas dar.
Horvat wies als erster auf die Notwendigkeit einer einheitlichen Vegetationskarte Jugoslawiens hin
und war Autor der ersten jugoslawischen Vegetationskarte im Maßstab 1 : 25 000 für Westkroatien
(HORVAT 1962). 1963 gab Horvat den Anstoß zur Erarbeitung einer Vegetationskarte für ganz
Jugoslawien im Maßstab 1 : 200 000. Als Unterlagen dienten Geländekarten der realen Vegetation
1 : 50 000. Ende der 70er Jahre entstand die erste Übersichtskarte für Jugoslawien im Maßstab
1 : 1 Mio. Dann folgte die Vorbereitung der Karte der potentiellen natürlichen Vegetation 1 : 1 Mio.
unter der Leitung von P. Fukarek. Das Redaktionskomitee bestand aus M. Zupan
i
und I. Puncer
(Slowenien), I. Trinajsti und I. Šugar (Kroatien), P. Fukarek und R. Lakuši (Bosnien-Herzegowi-
na), V. Ble
i (Montenegro), F. Rexhepi und N. Randjelovic (Kosovo), B. und R. Jovanovi und
V. Miši (Serbien), S. Parabucki (Vojvodina) sowie H. Em und D. Dñekov (Mazedonien). Ende der
80er Jahre lag die gedruckte Karte vor (FUKAREK et al. 1989), die als Grundlage für die Europakarte
diente und dafür noch etwas generalisiert werden mußte. Inzwischen gibt es neuere Vegetations-
karten der Waldgesellschaften ca. 1 : 1,1 Mio. für Kroatien (TRINAJSTI et al. 1992) und der
natürlichen Vegetation für Slowenien, 1 : 400 000 (ARNI et al. 2002), die nicht mehr berücksichtigt
werden konnten.
Luxemburg: J. SCHMITHÜSEN (1940) war Autor der 1. Vegetationskarte Luxemburgs, die die
Vegetationsgebiete des Landes im Maßstab 1 : 675 000 darstellt. Den Beitrag für die Vegetations-
karte Europas lieferte A. Noirfalise, der auch die Bibliographie der Vegetationskarten in KÜCHLER
50
Karte der natürlichen Vegetation Europas 1.2
51
1.2 Karte der natürlichen Vegetation Europas
Akademie der Wissenschaften) unter Leitung von W. Matuszkiewicz. Damals gab es bereits eine
Übersichtskarte für Mitteleuropa von HUECK (1937b) im Maßstab 1 : 3 Mio., die den größten Teil
des heutigen Polen abdeckte. Ein erster Versuch zur Kartierung ganz Polens ist die Karte der
Vegetationsgebiete – eine schematische Darstellung der potentiellen natürlichen Vegetation von
Polen 1 : 8 Mio. – im Geographischen Atlas Polens (MOTYKA 1952), der später die Karte der
natürlichen Vegetationslandschaften 1 : 5 Mio. von MEDWECKA-KORNAÐ (1966) im Geographischen
Atlas von Polen folgte.
Ab 1970 lief das Forschungsprojekt „Übersichtskarte der potentiellen natürlichen Vegetation von
Polen, Maßstab 1 : 300 000“ unter der Leitung von W. Matuszkiewicz. Die Karte wurde 1995 in
12 Blättern veröffentlicht (MATUSZKIEWICZ et al. 1995). Als Modell- und Erprobungskarten sind die
Karten der potentiellen natürlichen Vegetation der Masurischen Seenplatte in den Maßstäben
1 : 200 000, 1 : 300 000 und 1 : 500 000 zu betrachten (FALI¼SKI 1971). Über die Durchführung der
Kartierung referierte W. MATUSZKIEWICZ (1979, 1980, 1982). Hauptmitarbeiter waren W. und
J. Matuszkiewicz, T. Wojterski, J. und A. KornaÑ sowie J. B. Fali½ski.
1984 publizierte W. Matuszkiewicz eine Übersichtskarte im Maßstab 1 : 2 Mio. durch Verkleine-
rung und Generalisierung der Originalblätter. Die Übersichtskarte 1 : 2 Mio. bzw. deren vereinfachte
Version wurde zunächst in die Vegetationskarte Europas eingearbeitet. Nach Erscheinen der Karte
1 : 300 000 wurde die gesamte Karte Polens nochmals auf dieser neuen Grundlage von U. Bohn
überarbeitet und von H. Weber in die bereits digitalisierte Gesamtkarte eingefügt. Die publizierten
Vegetationskarten Polens sind in Spezialbibliographien von A. MATUSZKIEWICZ (1961, 1974 - 1975,
1986) aufgelistet.
Portugal: Angaben über Vegetationskarten Portugals macht A.N. TELES in KÜCHLER (1966:
458-466). Unter den älteren phytogeographischen Karten sei an die Waldkarte 1 : 3,6 Mio. von
GAUSSEN (1940), die kleinmaßstäbigen Karten (1 : 1,5 Mio. und 1 : 2,5 Mio.) von GIRÃO DE
ARMORIN (1941, 1950), die ökologische Karte Portugals 1 : 500 000 (ALBUQUERQUE & DE PINA
MANIQUE 1952) sowie die Karte der Klimaxvegetation Portugals 1 : 3,5 Mio. (BRAUN-BLANQUET
et al. 1956) erinnert. Den nationalen Beitrag für die Karte der EU- und Europarat-Staaten lieferte
J. Malato-Beliz. Für die Vegetationskarte Europas stellten S. Rivas-Martínez und C. J. Pinto Gomes
eine neue und stärker differenzierte Fassung her.
Rumänien: Die Vegetationskartierung hat in Rumänien eine lange Tradition. Über ihre Geschichte
informieren IVAN et al. (1993) ausführlich. Die erste Vegetationskarte Rumäniens von A. Procopia-
nu-Procopovici im Maßstab 1 : 3,3 Mio. erschien bereits im Jahre 1902 in einem Buch von Murgoci.
Diese für ihre Zeit sehr fortschrittliche Karte enthielt die Grundeinheiten der zonalen Vegetation.
Die 2. Auflage gab RUSESCU (1906/1907) heraus. 1910 legte P. Enculescu eine neue Vegetations-
karte Rumäniens vor, die zusammen mit dem Begleittext erst 1924 publiziert wurde. Diese Karte im
Maßstab 1 : 1,5 Mio. enthielt Vegetationsstufen und Subzonen; ihr folgte im Jahre 1938 vom selben
Autor eine neue gesamtrumänische Karte im Maßstab 1 : 1,5 Mio. 1940 publizierte T. Savulescu
eine Karte der Klimaxkomplexe und Klimax-Regionen Rumäniens. Eine Karte der Vegetations-
zonen und -stufen Rumäniens wurde von PETCUÚ (1955) veröffentlicht.
52
Karte der natürlichen Vegetation Europas 1.2
Die Vegetationskarten von DONIÚ{, LEANDRU & PUÔCARU-SOROCEANU (1960, 1961) im Maßstab
1 : 1,5 Mio. und 1 : 500 000 sind sehr detailliert und enthalten Einheiten der ursprünglichen und
sekundären Vegetation. 1970-1980 erschienen zwei weitere Vegetationskarten: Die Karte von
ÔERB{NESCU, BABACA & DRAGU (1975) ist das Ergebnis einer mehr als zwanzigjährigen Arbeit. In
der im Atlas der RSR publizierten Karte von DONIÚ{ & ROMAN (1976) sind die Kartierungsein-
heiten durch Basisassoziationen charakterisiert. Für die Vegetationskarte Europas wurde eine neue
Vegetationskarte im Maßstab 1 : 2,5 Mio. mit 50 KE erstellt und publiziert (DONIÚ{ et al. 1985).
Der Erläuterungstext zu dieser Karte erschien zunächst in rumänischer Sprache (DONIÚ{ et al.
1992); dessen französische Synthese wurde zusammen mit der Karte in „Braun-Blanquetia“ ver-
öffentlicht (IVAN et al. 1993).
Rußland und ehemalige UdSSR: siehe am Ende des Kapitels
Schweden: Eine Bibliographie der Vegetationskarten findet sich bei KÜCHLER (1966: 504-513).
Danach wurde am häufigsten die Moorvegetation großmaßstäbig dargestellt. Die Karten der
Waldregionen Schwedens 1 : 10 Mio. (BOLIN in RUBNER & REINHOLD 1953) und 1 : 19,6 Mio.
(TATEWAKI 1958) mit jeweils 5 KE liefern nur grobe Grundinformationen. Am detailliertesten und
informativsten sind die Fjäll-Karten im Maßstab 1 : 100 000, die für den ganzen Gebirgszug
vorliegen (NATURGEOGRAFISKA INSTITUTIONEN, STOCKHOLMS UNIVERSITET 1976-1985). Der
Beitrag Schwedens für die Vegetationskarte Europas stammt von L. Påhlsson. Sie ist zwar immer
noch ziemlich grob strukturiert, aber gegenüber der Vegetationskarte der EU- und Europarat-Staaten
1 : 3 Mio. bereits wesentlich feiner differenziert.
Schweiz: Eine Bibliographie der Vegetationskarten stellten ELLENBERG & STUDER in KÜCHLER
(1966: 514-545) zusammen; es überwiegen die großmaßstäbigen Karten. Als Grundlage für den
Beitrag zur Vegetationskarte Europas dienten die klein- und mittelmaßstäbigen Vegetationskarten
von SCHMID (1939), ETTER (1949) und LÜDI (1948). Noch heute wird die Vegetationskarte der
Schweiz von E. SCHMID (1940, 1944-1950) sehr geschätzt. Sie besteht aus 4 Blättern im Maßstab
1 : 200 000. Die obersten Kartierungseinheiten sind Vegetationsgürtel, in denen jeweils die natürli-
chen Pflanzengesellschaften bzw. Formationen und ihre Ersatzgesellschaften in einheitlicher
Grundfarbe aber mit unterschiedlichen Signaturen dargestellt sind. Diese Karte diente als Grundlage
für die Vegetationskarte der Europarat-Staaten. Die nationale Manuskriptkarte für die Vegetations-
karte Europas entwarf O. Hegg; sie wurde später aufgrund neuerer Unterlagen (z. B. HEGG et al.
1993) etwas modifiziert.
Slowakei: Die Bibliographie der Vegetationskarten der Slowakei ist im Verzeichnis der Vegeta-
tionskarten der Tschechoslowakei enthalten (KRIPPELLOVÁ & NEUHÄUSL 1963, NEUHÄUSL in
KÜCHLER 1966, NEUHÄUSL & NEUHÄUSLOVÁ-NOVOTNÁ 1972a, NEUHÄUSLOVÁ-NOVOTNÁ &
NEUHÄUSL 1982). Eine kontinuierliche Vegetationskartierung der Slowakei, an der sich im Gelände
slowakische und tschechische Geobotaniker beteiligten, begann Anfang der 60er Jahre. Das Kartie-
rungskonzept für die Ermittlung der rekonstruierten natürlichen Vegetation wurde 1961 auf einer
gemeinsamen Arbeitstagung festgelegt (RUðIKA 1961). Für die Geländeerhebung wurden Karten
im Maßstab 1 : 25 000 und 1 : 50 000 benutzt. Die Legende der Karte der Slowakei enthält 41 KE.
53
1.2 Karte der natürlichen Vegetation Europas
Die Ergebnisse dieser Gemeinschaftsarbeit wurden 1986 mit slowakischer und 1987 mit englischer
Beschriftung im Maßstab 1 : 200 000 publiziert (MICHALKO et al. 1986, 1987; 12 Kartenblätter,
Erläuterungstext). Kleinmaßstäbige Übersichtskarten der Slowakei sind im Nationalatlas der SSR
(MAZÚR 1980) enthalten. Es handelt sich um die Karte der potentiellen natürlichen Vegetation
1 : 500 000 (MICHALKO et al. 1979), die Verbreitungskarte der Gebüschgesellschaften 1 : 1 Mio.
(JURKO 1980), die Karte der potentiellen natürlichen Vegetation der Niederung Záhorská níñina
1 : 100 000 (MICHALKO & PLESNÍK 1980) und die Karte der potentiellen natürlichen Vegetation des
Tur
ianer Beckens (MAGIC 1980). Außerdem sei hier die Karte der rekonstruierten Vegetation der
Ostslowakischen Tiefebene und ihrer Umgebung 1 : 250 000 erwähnt (BERTA 1972). Der nationale
Beitrag der Slowakei zur Vegetationskate Europas wurde von J. Michalko und Š. Maglocký auf der
Grundlage der Übersichtskarte 1 : 500 000 entwickelt.
Slowenien: Hinsichtlich der Kartierung der Waldvegetation ist Slowenien eines der führenden
Länder in Mitteleuropa. Das gesamte Territorium wurde im Maßstab 1 : 50 000 und große Teile der
bewaldeten Gebiete – in Verbindung mit forstwirtschaftlichen Fragen – in 1 : 10 000 kartiert. Die
Waldkartierung wurde überwiegend vom Biologischen Institut des Forschungszentrums der Slowe-
nischen Akademie der Wissenschaften und Künste in Ljubliana im Rahmen des Projektes zur
Erstellung einer Vegetationskarte Jugoslawiens durchgeführt. A. Seliškar schuf auf der Basis der
Kartenblätter 1 : 50 000 eine Karte 1 : 250 000, aus der wiederum die neue Übersichtskarte
1 : 400 000 der Waldgesellschaften Sloweniens (MARINEK & ARNI 2002) entwickelt wurde. Diese
Karte liegt digitalisiert vor, fand jedoch noch keinen Eingang in die Vegetationskarte Europas.
Spanien: Eine Übersicht über die älteren publizierten Vegetationskarten Spaniens gibt die Biblio-
graphie von E. GALIANO in KÜCHLER (1966: 490-503). Hier überwiegen mittel- und kleinmaßstäbi-
ge Karten. Seit den 50er Jahren erschien eine Reihe von wichtigen Basiskarten für eine Übersichts-
karte Spaniens. Dazu gehören die Karten der Vegetationszonen Katalaniens 1 : 1,5 Mio. und
1 : 1,4 Mio. (BOLÓS 1957, 1960), ferner die Vegetationskarten der Provinzen Barcelona, Jaen,
Badajoz, Sevilla, Soria u. a. (KÜCHLER 1966). 1965 wurde der Waldatlas Spaniens (CEBALLOS et al.
1965), 1968 eine Karte der Vegetationsserien der Sierra Nevada publiziert (VALLE TENDERO 1985).
1987 veröffentlichte S. Rivas-Martínez eine flächendeckende Vegetationskartenserie Spaniens im
Maßstab 1 : 400 000 mit einem umfangreichen Erläuterungstext. Diese Publikation repräsentiert den
neuesten Kenntnisstand über die natürliche Vegetation Spaniens, ihre Beziehung zum Standort,
insbesondere zu Klima und Böden, und über ihre anthropogene Veränderung (RIVAS-MARTÍNEZ
1987).
Auf der Grundlage dieser mittelmaßstäbigen Kartenserie wurde von der BFANL (heute BfN) durch
Verkleinerung, Generalisierung und Einpassung in die Topographie 1 : 2,5 Mio. ein Entwurf für die
Integration in die Vegetationskarte Europas angefertigt. Dieser wurde anschließend hinsichtlich
Abgrenzung und Benennung der KE bilateral zwischen U. Bohn und S. Rivas-Martínez abgestimmt,
korrigiert, ergänzt und in die Gesamtkarte eingefügt.
54
Karte der natürlichen Vegetation Europas 1.2
Tschechische Republik: Vorarbeiten für eine Vegetationskarte der Böhmischen Länder wurden
1947 aufgenommen (HEJNÝ 1963), die kontinuierliche Vegetationskartierung unter der Leitung von
R. Mikyška begann jedoch erst 1954 mit der Einrichtung des Geobotanischen Labors der Tschecho-
slowakischen Akademie der Wissenschaften (SAV) in Prçhonice und seiner Zweigstelle in Brno.
Ergebnis der Gemeinschaftsarbeit dieser beiden Institutionen und von Mitarbeitern aus dem Bereich
Waldforschung war die flächendeckende Kartierung des Territoriums der Tschechischen Republik
auf topographischen Karten 1 : 25 000 und 1 : 50 000 sowie deren Synthese auf Karten 1 : 75 000.
Anschließend erfolgte ihre Generalisierung auf 21 Kartenblättern im Maßstab 1 : 200 000 mit
19 KE, die meist Verbänden oder Unterverbänden der Braun-Blanquet-Schule entsprachen (MI-
KYŠKA et al. 1968-1972). Daraus wurde eine Karte der rekonstruierten natürlichen Vegetation der
SR 1 : 1 Mio. abgeleitet (MORAVEC & NEUHÄUSL 1976). Auf dieser Basis fertigte R. Neuhäusl den
nationalen Beitrag zur Vegetationskarte Europas, wobei die Grenzbereiche zu Deutschland noch
angeglichen werden mußten. Die jetzige Fassung beruht auf der neuen Karte der potentiellen
natürlichen Vegetation der Tschechischen Republik von 1997 (NEUHÄUSLOVÁ & MORAVEC 1997)
mit 50 KE, die 1998 vom BfN in die bereits digitalisierte Europa-Karte eingearbeitet wurde.
Türkei: Als Orientierungsgrundlage für eine Karte der potentiellen natürlichen Vegetation des
europäischen Teils der Türkei dienten die Übersichtskarten von GLAVA (1968), NIKLFELD (1973)
und QUÉZEL & BARBÉRO (1985) sowie die Schwarzweiß-Karte zur Waldgliederung in Thrakien
(nach KANTARCI 1976 und DÖNMEZ 1969) in MAYER & AKSOY (1986: Abb. 53, S. 146).
1995 konnte M.D. Kantarc2, Istanbul, als Mitarbeiter für das Europakartenprojekt gewonnen
werden. Er stellte die Karte der Waldstandortsgliederung für Ost-Thrakien zur Verfügung, die
Beziehungen zwischen den regionalen Standortverhältnissen (Klima, Boden) und der natürlichen
Verbreitung von Baum- und Straucharten herstellt. KANTARCI (1976) gliedert Ost-Thrakien in
geographisch definierte Waldgebiete und in nach dominierenden Baumarten benannte Regional- und
Vertikal-Zonalgesellschaften. Diese wurden Ende 1995 in Zusammenarbeit mit Th. Raus in passen-
de und mit den Nachbarländern abgestimmte Kartierungseinheiten umgesetzt.
Ungarn: Angaben über die Vegetationskartierung in Ungarn finden sich in Bibliographien und
Veröffentlichungen von SOÓ (1954, 1960, 1962), HORVÁT (in KÜCHLER 1966: 372-396) und FEKE-
TE (1980). Eine kontinuierliche Vegetationskartierung begann erst in den 50er Jahren mit groß-
maßstäbigen Karten, die meist nur als Manuskript-Karten vorliegen. Ab 1957 wurden viele Karten
in Verbindung mit Buchmonographien unter dem Titel „Die Vegetation ungarischer Landschaften“
publiziert (z. B. SIMON 1957, PÓCS et al. 1958).
Neuere Übersichtskarten gibt es aus den 1960er und 70er Jahren (SOÓ 1962, ZÓLYOMI 1973).
BORHIDI (1961) schuf eine klimazonale Vegetationskarte aufgrund von Klimadiagrammen von
WALTER & LIETH (1967). Bis Ende der 70er Jahre arbeitete Jakucs an einer Vegetationskarte für den
Ostteil Ungarns (bis zur Donau) im Maßstab 1 : 200 000 mit 40 KE. Die wichtigste Grundlage für
den nationalen Beitrag zur Vegetationskarte Europas bildet die Karte der natürlichen Pflanzendecke
von Ungarn 1 : 1,5 Mio. mit 23 KE (ZÓLYOMI 1967, 1981), die in den Nationalatlas Ungarns
aufgenommen wurde. Die Manuskriptkarte für die Vegetationskarte Europas lieferte A. Borhidi.
55
1.2 Karte der natürlichen Vegetation Europas
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die „Vegetationskarte des europäischen Teils der UdSSR“ im
Maßstab 1 : 2,5 Mio. unter der Redaktion von LAVRENKO & SOAVA (1948) mit 71 KE und einem
Erläuterungstext (LAVRENKO & SOAVA 1950) veröffentlicht. 1956 erschien die „Geobotanische
Karte der UdSSR“ im Maßstab 1 : 4 Mio. (LAVRENKO & SOAVA 1954) mit einem zweibändigen
Erläuterungstext (LAVRENKO & SOAVA 1956). Diese Karten basierten auf neuen, durch große
Expeditionsreisen gewonnenen Originaldaten und auf Literaturquellen.
Grundlage der Vegetationskarten im „Physikalisch-geographischen Weltatlas“ von 1964 ist die von SOAVA (1957)
7
Es wurden 18 Blätter dieser Karte hergestellt, zuerst im Maßstab 1 : 1,05 Mio. und später im Maßstab 1 : 1 Mio.,
publiziert wurden jedoch nur 8 Blätter.
56
Karte der natürlichen Vegetation Europas 1.2
vorgelegte neue Klassifikation der Vegetationsdecke der Erde. Diese mehrdimensionale und mehrstufige Klassifikation geht
nicht nur von floristischen und ökologisch-geographischen Kriterien, sondern auch von genetischen Beziehungen aus. Der
europäische Teil der ehemaligen UdSSR ist in diesem Atlas auf zwei geobotanischen Karten dargestellt: auf der Vegetations-
karte Europas im Maßstab 1 : 10 Mio. (LUKIEVA 1964a) und der Vegetationskarte der UdSSR im Maßstab 1 : 15 Mio.
(LUKIEVA 1964b).
Bis in die 70er Jahre wurde eine große Zahl detaillierter und informativer Karten herausgegeben: für einzelne Regionen des
europäischen Teils der ehemaligen UdSSR (IGOŠINA 1963 u. a.), für die Gebiete der ehemaligen Unionsrepubliken (GROSS-
GEIM 1930, KECCHOVELI 1964, ISAENKO, SOAVA & GERBICH 1959, PRILIPKO 1965, JURKEVI 1969 u. a.) und einzelne
Verwaltungsbezirke (ZINSERLING 1935a, PROZOROVSKIJ 1949, SEMENOVA-TJAN-ŠANSKAJA et al. 1956, GORBAEV 1973
u.v.a.). Die meisten dieser Karten wurden auf der Grundlage neuer, auf wissenschaftlichen Expeditionen gewonnener Daten,
in jüngster Zeit auch unter Verwendung von Luft- und Satellitenbildern geschaffen.
Die wichtigste Quelle für den Beitrag der UdSSR zur vorliegenden Vegetationskarte Europas war
die Vegetationskarte des europäischen Teils der UdSSR im Maßstab 1 : 2,5 Mio., die 1974 abge-
schlossen und 1979 publiziert wurde (ISAENKO & LAVRENKO 1979). Sie war das Ergebnis der
Zusammenarbeit eines großen Autorenkollektivs aus Vertretern der verschiedenen Unionsrepubli-
ken und Verwaltungsbezirke. Ihre wissenschaftliche Konzeption und die Struktur der Legende, die
im Laboratorium für Vegetationsgeographie und -kartographie des Komarov-Instituts für Botanik
der Akademie der Wissenschaften der UdSSR in Leningrad entwickelt wurde (GERBICH et al. 1970,
GRIBOVA et al. 1975), bedeuteten eine weitere Vertiefung des für die russische kartographische
Schule charakteristischen regionaltypologischen Prinzips.
Die Unterscheidung der Kartierungseinheiten und ihre Anordnung erfolgen dabei nach floristischen, phytozönologischen,
ökologischen und geographischen Kriterien. Die Legende umfaßt 248 flächig ausgebildete Kartierungseinheiten, die z. T. mit
Buchstaben weiter untergliedert sind, und 65 Symbol-Einheiten für kleinflächige Vorkommen von Gesellschaften oder
besonderen Arten. Legende und Karte haben dadurch einen bedeutend größeren Informationsgehalt als die Vorgängerkarte
von 1948 (LAVRENKO & SOAVA 1948).
Die Erarbeitung dieser Karte ist durch die Herausgabe einer Reihe regionaler Karten stimuliert worden (ISAENKO &
LAVRENKO 1975, GRIBOVA & LAVRENKO 1975, KARPENKO & LAVRENKO 1975, ISAENKO et al. 1976, JURKEVI & GOLOD
1977, JURKEVI et al. 1980, BILYK et al. 1984 u. a.). Auf der Basis dieser Karte erfolgte die Bearbeitung einer für Hoch-
schulen bestimmten Vegetationskarte des europäischen Teils der UdSSR und des Kaukasus im Maßstab 1 : 2 Mio. (GRIBOVA
et al. 1987).
Zur Karte 1 : 2,5 Mio. gehören ein Legendenheft und ein ausführlicher Erläuterungstext (GRIBOVA,
ISAENKO & LAVRENKO 1980), der einen pflanzengeographischen Überblick über den europäischen
Teil der UdSSR und Transkaukasien sowie eine kurze Charakteristik aller kartierten Einheiten
enthält. Erwähnenswert sind auch die als Anlage beigefügten neun analytischen Karten im Maßstab
1 : 7,5 Mio., die die Verbreitung der einzelnen Formationen und ihrer Vegetationstypen wiederge-
ben.
Die Karte der realen Vegetation mit Bezug zur potentiellen natürlichen Vegetation wurde vom Ko-
marov-Institut durch Zusammenfassung von Einheiten direkt in die Karte der natürlichen Vegetation
gleichen Maßstabs für Osteuropa umgesetzt. In einigen Gebieten wurden später noch Korrekturen
vorgenommen: u. a. in Karelien bei der Abstimmung mit der Karte Finnlands, in Estland aufgrund
der Angaben von J. Sultson, Tallinn, an der unteren Wolga und in der Kaspischen Senke aufgrund
neuer Befunde durch I. Safronova (vgl. LADYGINA et al. 1995), St. Petersburg, in Georgien aufgrund
neuer Kartierungen und Geländeerkundung.
57
1.3 Karte der natürlichen Vegetation Europas
58
Karte der natürlichen Vegetation Europas 1.3
Bei kleinmaßstäbigen Übersichtskarten der Vegetation für größere Gebiete wie Europa gibt es unter
diesen Prämissen grundsätzlich zwei verschiedene Methoden der hierarchischen Vegetationsglie-
derung:
Hauptgliederung
1. nach pflanzengeographischen Zonen und Regionen (z. B. atlantische, zentraleuropäische,
boreale, mediterrane) und
2. nach klima- und standortabhängigen Pflanzenformationen, also nach physiognomisch gefaßten
Vegetationstypen.
Bei der ersten Variante wird das geographische Element – die räumliche Zusammengehörigkeit von
Vegetationstypen – in den Vordergrund gestellt, wobei z. B. ein atlantischer Buchenwald zusammen
mit einem atlantischen Eichenwald und anderen atlantischen Einheiten dargestellt und behandelt
wird (vgl. Vegetationskarte der Europarat-Staaten, 1. Aufl., OZENDA et al. 1979). Bei der zweiten
Variante werden die physiognomische und floristische Verwandtschaft oder Ähnlichkeit der Vege-
tationstypen betont, indem z. B. die Buchenwälder zunächst insgesamt und unabhängig von ihrer
Verbreitung zusammengefaßt werden und erst in zweiter Linie oder noch stärker nachgeordnet die
regionale Differenzierung zur Gliederung herangezogen wird (TRAUTMANN & BOHN 1980).
In der vorliegenden Vegetationskarte Europas wurde nach dem zweiten Ansatz verfahren, da die
Vegetation im Vordergrund stehen sollte und die Verbreitung von ähnlichen Vegetationstypen dabei
klarer zum Ausdruck kommt. Das angewandte Gliederungssystem entspricht auf den obersten Hie-
rarchiestufen einer physiognomisch-ökologischen Klassifikation ähnlich dem System von ELLEN-
BERG & MUELLER-DOMBOIS (1967). An oberster Stelle stehen klimatisch bzw. edaphisch begründete
zonale und etagale sowie azonale Hauptformationen. Auf der nächsten Ebene folgt eine Unterteilung
in (sub)zonale bzw. geographisch getrennte Unterformationen oder in übergeordnete (grob gefaßte)
Vegetationstypen mit dominierenden Arten oder bestimmten Artenkombinationen in der Haupt-
schicht (meistens Baumschicht). In der Regel werden diese Formationen und Vegetationstypen
durch pflanzengeographische (wie arktisch, alpin, boreal, hemiboreal, nemoral) und ökologische
Zusätze näher charakterisiert. In den nächsten Stufen erfolgt eine weitere Differenzierung nach
Unterzonen (z. B. nord-, mittel-, südboreal), Höhenstufen (z. B. planar, kollin, montan) sowie Tro-
phiestufen und sonstigen bodenbedingten Abwandlungen (azidophil, oligotraphent, hygrophil etc.).
Schließlich werden die Kartierungseinheiten noch geographischen Räumen zugeordnet und pflan-
zengeographisch weiter differenziert.
Derartige oder sehr ähnliche hierarchische Gliederungsstrukturen waren bereits in älteren Vegeta-
tions-Übersichtskarten für Europa im Maßstab 1 : 25 Mio. (SCHMITHÜSEN & HEGNER 1976) sowie
in Teilkarten für Europa angelegt, so insbesondere in der Karte der realen Vegetation des europäi-
schen Teils der UdSSR im Maßstab 1 : 2,5 Mio. (ISAENKO & LAVRENKO 1979), die als Bezugs-
grundlage die potentielle bzw. rekonstruierte natürliche Vegetation verwendet, ferner in der Karte
der natürlichen Vegetation der Donauländer 1 : 2 Mio. (NIKLFELD 1973) und in der Vegetationskarte
der DDR 1 : 750 000 (SCAMONI et al. 1977). Insofern mußte bei der Erstellung der Gesamtlegende
nicht vollständiges Neuland betreten werden, und man konnte auf langjährigen Erfahrungen und
59
1.3 Karte der natürlichen Vegetation Europas
konkreten Vorbildern aufbauen, wodurch der Abstimmungsprozeß erleichtert und verkürzt wurde.
Die einzelnen Schritte und Ergebnisse dieses Abstimmungsprozesses sind in Kapitel 1.1 dargelegt.
60
Karte der natürlichen Vegetation Europas 1.3
Bei der Erarbeitung der nationalen Kartenbeiträge und ihrer Harmonisierung zu einer gesamt-
europäischen Karte ergaben sich zahlreiche Probleme, die auf unterschiedlichem Kenntnisstand,
verschiedener Herangehensweise (z. B. regional stärkere Berücksichtigung anthropogener Ein-
flüsse), unterschiedlicher Interpretation der Kartierungseinheiten und ungenügender Abstimmung
untereinander beruhten.
Für die Benennung des Karteninhalts mußte insofern ein Kompromiß gefunden werden, als das von
den west- und mitteleuropäischen Kollegen geforderte und angewandte Prinzip der heutigen „poten-
tiellen natürlichen Vegetation“ (vgl. TÜXEN 1956) aus methodischen und sachlichen Gründen für
den osteuropäischen Kartenteil nicht überall direkt übernommen werden konnte. Am Ende einigte
man sich darauf, die Anwendung dieses Konzeptes der theoretischen, konstruierten heutigen
natürlichen Vegetation zumindest anzustreben, jedoch auf „potentiell“ im Kartennamen zu verzich-
ten, da man nicht immer sicher sein konnte, ob das, was man als (frühere) natürliche Vegetation im
Auge hatte, sich unter den heutigen Gegebenheiten potentiell einstellen könnte. Das Problem zeigte
sich vor allem bei anthropogen stark degradierten Vegetationstypen und Ökosystemen wie Steppen
(heute vorwiegend als Ackerland genutzt), entwässerten und kultivierten Mooren sowie eingedeich-
ten Auen und aufgestauten Flüssen. Wo die heutigen Standortbedingungen gravierend von den
früheren abweichen und die damals dort natürliche Vegetation kartiert wurde, müßte man deshalb
eigentlich von der „rekonstruierten“ früheren natürlichen Vegetation sprechen.
Das Ergebnis der Abstimmungsgespräche war eine allgemein anwendbare Klassifikation, die die
verschiedenen Prinzipien der Vegetationstypisierung in einem hierarchisch gegliederten System
berücksichtigt, nämlich:
– Physiognomie und Struktur der Pflanzendecke in Gestalt von zonalen und azonalen Formationen
und Formationskomplexen als Hauptgliederungselement,
– vorherrschende Arten in der Hauptvegetationsschicht (z. B. dominierende Baumarten) und ihre
Kombination in der mittleren Ebene sowie
– charakteristische Artenkombinationen und feinere floristische Differenzierungen aufgrund
geographischer und standörtlicher Unterschiede auf der unteren Ebene.
61
1.3 Karte der natürlichen Vegetation Europas
werden erst in zweiter Linie vom Großklima modifiziert. Die einzelnen Hauptformationen werden
in der Kurzform (als Kode für die Vegetationskarte) mit Großbuchstaben in alphabetischer Reihen-
folge bezeichnet. Auf diese Weise läßt sich jede Kartierungseinheit in der Karte schnell und
eindeutig der jeweiligen Hauptformation zuordnen.
62
Karte der natürlichen Vegetation Europas 1.3
Die Grundelemente der Vegetationskarte bilden die rund 700 Kartierungseinheiten. Diese bestehen
in der Regel aus größerflächig verbreiteten zonalen und azonalen (potentiell) natürlichen Pflanzen-
gesellschaften eines Gebietes, in Sonderfällen auch aus Kombinationen etwa gleichstark vertretener
Einheiten.
Der Name einer Kartierungseinheit gibt im allgemeinen die (bio-)geographische Verbreitung,
Physiognomie (z. B. Tundren, Rasen, Heiden, Wälder, Moore) und die kennzeichnenden bzw. domi-
nierenden Pflanzenarten der Hauptvegetationstypen wieder. Letztere werden in abgestufter Schicht-
zugehörigkeit und in der Reihenfolge ihrer Anteile (soweit bekannt) sowie nach ökologisch-soziolo-
gischen oder pflanzengeographischen Artengruppen aufgelistet. Die Nennung von Zusatzarten im
Titel steht im allgemeinen für eine geographische, Höhenstufen- oder standörtliche Differenzierung.
Angaben zum Standort (Wasser-, Nährstoffhaushalt, Boden, Ausgangsgestein) und zur Höhenstufe
ergänzen die Bezeichnung. Für die Gesamtcharakteristik einer Kartierungseinheit und ihre Stellung
im hierarchischen System ist es zudem unerläßlich, die übergeordneten Gruppenüberschriften
einzubeziehen, da nicht alle Kennzeichen einer Kartierungseinheit aus ihrem Titel hervorgehen.
Wegen des kleinen Maßstabs handelt es sich immer um charakteristische, gebiets- oder naturraum-
spezifische Komplexe verschiedener (potentiell) natürlicher Pflanzengesellschaften. Von diesen ist
meist eine bestimmte Gesellschaft dominant, nach der dann die Einheit benannt wird. Wo mehrere
natürliche Pflanzengesellschaften etwa gleichrangig auftreten (in räumlichem Wechsel oder in einer
bestimmten räumlichen Abfolge/Zonierung), wird auch dies im Namen der Einheit zum Ausdruck
gebracht.
Im Normalfall sind die Kartierungseinheiten durch bestimmte dominierende und einen Schwarm sie
regelmäßig begleitende natürliche Pflanzengesellschaften charakterisiert. Detaillierte Informationen
über den jeweiligen Vegetationskomplex einer Einheit sind dem Erläuterungstext zur Vegetations-
karte für die einzelnen Formationen und ihre Untergruppen zu entnehmen, in erster Linie aber den
Datenbögen zu den Kartierungseinheiten (auf beigefügter CD-ROM).
Kartographische Darstellung
Die Gesamtlegende umfaßt rund 700 Kartierungseinheiten, was erhebliche Schwierigkeiten für die
kartographische Darstellung mit sich brachte, da die Übersichtlichkeit der Karte ja gewahrt bleiben
mußte.
Alle Einheiten einer Formationsgruppe (z. B. die Buchen- und Buchenmischwälder, F.5) sind durch
dieselbe Grundfarbe gekennzeichnet, damit ihre Gesamtverbreitung in der Karte auf einen Blick
erkennbar ist. Im Falle einer Vielzahl an Einheiten und bei weiterer Nord-Süd- oder Höhendifferen-
zierung innerhalb der Formationsgruppe wird diese Grundfarbe zusätzlich in der Intensität variiert:
Dunklere Töne stehen in der Regel für südlichere oder höhere Lagen, letzteres, um das Relief
hervorzuheben (vgl. Gliederung der Formationen B, C, D, F.5, M, O auf der Übersichtskarte
1 : 10 Mio.).
Die Farbgebung für die Formationen soll vegetationskundliche und klimatische bzw. edaphische
Gegebenheiten sowie deren räumliche Abfolge zum Ausdruck bringen: z. B. von Nord nach Süd,
63
1.3 Karte der natürlichen Vegetation Europas
von Kalt nach Warm, von Frisch nach Trocken; sie stellt eine Kombination aus mitteleuropäischer
und russischer Tradition dar. Die Druckfarben der einzelnen Kartenblätter sind so aufeinander
abgestimmt, daß sich beim Aneinanderfügen aller Blätter ein einheitliches und harmonisches
Gesamtbild für Europa ergibt.
Die weitere optische Unterscheidung der Kartierungseinheiten geschieht mittels Schraffuren und
anderer Signaturen. Ausbildungen tieferer Lagen fehlt die Schraffur, oder sie sind durch Kreise
gekennzeichnet. Höhere (kollin-submontane und montane) Lagen werden durch unterbrochene bzw.
durchgezogene Diagnonalschraffuren charakterisiert, während die senkrechten Schraffuren den
höchsten (montan-hochmontanen) Lagen vorbehalten sind. Für besondere edaphische Gegebenhei-
ten wie oligotrophe, eutrophe, xerotherme, feuchte, sandige oder felsige Standorte werden je Stand-
orttyp durchgehend die gleichen Signaturen verwendet, um der Karte möglichst viele Informationen
direkt entnehmen zu können (z. B. rote, grüne oder blaue Punkte, s. Legendenblatt im Kartenteil).
Zusätzlich zu den Farben und Signaturen wurden die Kartierungseinheiten mit einer kombinierten
Kennung aus Formationsbuchstabe und laufender Nummer der Einheit versehen, um eine schnelle
und eindeutige Zuordnung zu gewährleisten und bei einer Reihe von Kartierungseinheiten auf wei-
tere Signaturen verzichten zu können, so insbesondere bei geographischen Vikarianten und kom-
plexen Einheiten (letztere sind entweder durch eine Kombination aus verschiedenen Symbolen oder
durch verschiedenfarbige „v“ gekennzeichnet). Einzelnen Kartierungseinheiten ist ein zusätzlicher
Kleinbuchstabe zur weiteren Untergliederung angefügt, wodurch besondere Ausbildungen innerhalb
einer Einheit gekennzeichnet werden (z. B. t = mit Tanne).
Kleinflächige Vorkommen von besonderen Pflanzenarten, Vegetationstypen und Kartierungsein-
heiten werden (namentlich im Osten) durch spezifische Symbole dargestellt (rechte Spalte des
Legendenblattes): Rote/blaue Symbole = zusätzliche, nicht in der Legende enthaltene Arten und
Kartierungseinheiten; schwarze Symbole = kleinflächige Vorkommen von Kartierungseinheiten der
Gesamtlegende.
Zur besseren Orientierung wurden in die topographische Karte neben den Küstenlinien geographi-
sche Informationen wie Gewässernetz, größere Städte, ausgewählte Höhenpunkte sowie Staatsgren-
zen (weiß gestrichelt) aufgenommen. Diese entstammen der tschechischen Weltkarte 1 : 2,5 Mio.,
wobei deren Inhalt stark vereinfacht wurde. Die Grenzen der Kartierungseinheiten in den Basiskar-
ten der einzelnen Länder Europas wurden jedoch aus Genauigkeitsgründen und wegen der besseren
Orientierung in die detaillierten topographischen Originalkarten eingezeichnet. Der Original-Blatt-
schnitt wurde später mit Hilfe der digitalen Daten verändert und von ursprünglich 16 auf 9 Blätter
optimiert.
Auf dem Legendenblatt im Kartenteil sind die in der Karte vorkommenden Farben und Signaturen
den Kartierungseinheiten entsprechend ihrer Reihenfolge in der Gesamtlegende zugeordnet. Die
Spalte mit den Buchstaben und Ziffern gibt die Gliederung der Legende wieder. Die anschließenden
Bezeichnungen entsprechen denen des Legendenbandes. Hinter den Namen sind in Klammern die
Nummern der dazugehörigen Kartierungseinheiten aufgelistet. Da nicht alle Kartierungseinheiten
mit eigenen Signaturen dargestellt werden konnten, sind bestimmte Ausbildungen und Komplexe
64
Karte der natürlichen Vegetation Europas 1.3
Literatur
BOHN 1992, 1995a, 1995b; BRAUN-BLANQUET 1964; DIERSCHKE 1994; DU RIETZ 1930; ELLEN-
BERG & MUELLER-DOMBOIS 1967; ISAENKO & LAVRENKO (Ed.) 1979; KARAMYŠEVA, NEUHÄUS-
LOVÁ & JURKOVSKAJA 1995; NEUHÄUSL (Red.) 1980, 1987, 1990; NEUHÄUSL et al. 1990; NIKLFELD
1973; OLSON et al. 2001; OZENDA et al. 1979; SCAMONI et al. 1977; SCHMITHÜSEN & HEGNER
1976; SIMONS 2003 (im Druck); TRAUTMANN & BOHN 1980; TÜXEN 1956.
65
2.1 Karte der natürlichen Vegetation Europas
66
Karte der natürlichen Vegetation Europas 2.1
67
2.1 Karte der natürlichen Vegetation Europas
Die Orographie Europas ist recht vielgestaltig: Es überwiegt das Tiefland, das die breite Osthälfte
des Kontinents völlig beherrscht, so daß Europas mittlere Höhe über dem Meeresspiegel nur 340 m
beträgt (Asien 960 m!). Andererseits wird die Südhälfte vom Bergland bestimmt, und es treten sehr
markante Gebirgsketten hervor: die Alpen (Mont Blanc 4807 m), die Pyrenäen (Pico de Aneto
3404 m), der Apennin (Corno Grande 2914 m), das Balkangebirge (Botev 2376 m), der Karpaten-
bogen (Hohe Tatra 2655 m) und der Große Kaukasus mit sieben Gipfeln höher als 5000 m (Elbrus
5642 m). Westlich und nördlich der Alpen erstrecken sich – meist von Hügelland begleitete –
Mittelgebirge: im Westen das Französische Zentralmassiv (1886 m) mit den Cevennen (1699 m),
der Jura (1718 m), nordöstlich folgen Vogesen (1424 m) und Schwarzwald (1493 m), Bayerischer
und Böhmerwald (1457 m) sowie die herzynischen Mittelgebirge, von denen der Harz (1142 m) sich
am weitesten in das Norddeutsche Tiefland vorschiebt, während der Kamm des Erzgebirges
(1244 m) zu den östlich anschließenden Sudeten (1603 m) überleitet. Dem südmitteleuropäischen
Bergland steht in Skandinavien das Hochland von Norwegen (2470 m) sowie als Nordostgrenze des
europäischen Festlands der Ural (1894 m) gegenüber.
Die Differenzierung des Klimas und die Entwicklung der Pflanzendecke bei mannigfaltigem Unter-
grund und orographischer Vielfalt haben zu zonalen Bodentypen geführt, die ein Abbild der Zonali-
tät der Naturerscheinungen, der Erdgeschichte und der früheren geomorphologischen Prozesse
darstellen. Für die arktische Zone sind arktische Frostschutt- und Tundra(gley)böden (Gelic Rego-
sols, Gelic Histosols), für die boreale Zone sind Podsolböden (Podzols, Podzoluvisols), Gleypodsole
und Moorböden (Histosols) kennzeichnend; in der temperaten Zone dominieren Braunerden
(Cambisols) und Parabraunerden (Luvisols), auf basenarmen Substraten von Podsolböden begleitet,
in den östlichen Waldsteppen- und Steppengebieten Graue Waldböden (Luvisols) und Schwarzerden
(Chernozems), und der warmhumide Süden der Kolchis wird durch Gelb- und Roterden (Acrisols)
charakterisiert; Zimtfarbene, rotbraune und rote Böden (Calcic Cambisols, Chromic Luvisols) kenn-
zeichnen mediterrane Hartlaubwälder und -gebüsche. So wie bei Klima und Vegetation sind im
Gebirge auch bei den Böden Höhenstufen ausgeprägt.
Während das Klima für die zonale Differenzierung der Vegetation und der Bodenbildung ent-
scheidend ist, sind die Bodentypen in ihrer unterschiedlichen Qualität vor allem im Hinblick auf
ihren Wasserhaushalt, ihre Trophie und Textur von besonderer Bedeutung für die regionale Vegeta-
tionsgliederung und -mosaikbildung und damit auch für die landschaftsökologische Naturraumkenn-
zeichnung.
Physisch-geographische Gliederung
Naturlandschaften werden von einem Komplex natürlicher Faktoren geprägt, auf die der Mensch in
unterschiedlichem Maße verändernd eingewirkt hat. Am stabilsten ist die Orographie mit ihren
lithologischen Gegebenheiten, am labilsten und am stärksten durch Landnutzung verändert die
Vegetation, so daß ihre natürliche Zusammensetzung, Struktur und räumliche Gliederung nur als
potentielle natürliche Vegetation dargestellt werden kann. Sie korrespondiert – als integrales
landschaftsökologisches Hauptmerkmal – mit der naturräumlichen Gliederung, der die natürlichen
68
Karte der natürlichen Vegetation Europas 2.1
69
2.1 Karte der natürlichen Vegetation Europas
eingeschnittenen Fjorden an der Westseite der Skandinavischen Halbinsel. Der südliche Gebirgszug
weist Höhen bis über 2000 m Meereshöhe (Galdhøpiggen 2469 m) und ausgedehnte Gletscher
(Jostedalsbreen, ca. 1 000 km²) auf.
Der warme atlantische Golfstrom hat einen ausgleichenden Einfluß auf das Klima Nordeuropas:
Maritime Luft bewirkt feuchte, weniger strenge Winter, kühle Sommer und über das ganze Jahr
verteilte Niederschläge. Dieser ozeanische Einfluß ist jedoch wegen des Skandinavischen Gebirgs-
zuges, der sich fast 2 000 km von Südwest nach Nordost erstreckt, auf den West- und Südteil der
Halbinsel beschränkt, während der Nordostteil mit Finnland und Karelien ein mehr kontinentales
Klima mit sehr kalten Wintern aufweist (mittlere Januartemperaturen -8 bis -16 °C).
Nordeuropa gliedert sich – von Nord nach Süd – in folgende vier phytogeographische Zonen:
arktische Polarwüste und Tundra, borealer Birken- und Nadelwald (Taiga), hemiborealer Laub-
Nadelmischwald und ganz im Süden und Südwesten nemoraler Laubwald.
Nordeuropa ist folgendermaßen gegliedert:
1 FENNOSKANDIEN, ISLAND, ARKTISCHE INSELN 1
11 Island
12 Insel Jan Mayen
13 Färöer Inseln
14 Skandinavische Halbinsel mit Küsteninseln
15 Finnisch-Karelische Masse
16 Halbinsel Kola
17 Svalbard (Spitzbergen) und Bäreninsel
18 Franz-Josef-Land
19 Nowaja Semlja
West- und Mitteleuropa (ca. 2,25 Mio km²) umfaßt den schmaleren Westteil des eurasischen
Festlands mit den Britischen Inseln und weist einen komplizierten geologischen Bau auf – vor allem
durch die Gebirgsbildungen der kaledonischen, varistischen und alpidischen Faltung; diese Strukturen
sind durch Verwerfungen, Hebungen und Absenkungen zerstückelt. In einer Einsenkung zwischen
Nord- und Westeuropa entstanden Nord- und Ostsee sowie die von tertiären und quartären Ablagerun-
gen bedeckte Mitteleuropäische Tiefebene.
Aus den Faltungen gingen Mittelgebirge hervor: auf den Britischen Inseln das Schottische Bergland
(1343 m) sowie das Bergland in Cornwall und Wales (1085 m), das seine westliche Fortsetzung in
Irland findet. Auf dem Festland zieht sich eine Mittelgebirgsschwelle von Frankreich über Deutschland
bis nach Polen: Ein Bogen erstreckt sich in Frankreich von der Bretagne bis zum Zentralmassiv (Puy
de Sancy 1886 m), ein zweiter von dort nach Nordosten. Die Fortsetzung in nordöstlicher Richtung
bilden die Ardennen (694 m) und das Rheinische Schiefergebirge (841 m), ferner die Horstgebirge
Vogesen (1424 m), Schwarzwald (1493 m) und Harz (1142 m). Eine besondere Einheit stellt die
Böhmische Masse mit ihren markanten Kammgebirgen dar: Bayerischer und Böhmerwald (1457 m),
Thüringer Wald (982 m), Erzgebirge (1244 m) und die Sudeten mit dem Riesengebirge (1603 m).
1
Die weitere physisch-geographische Untergliederung Nordeuropas findet sich in der Gesamtübersicht in Ka-
pitel 5.2 sowie in Karte 1.
70
Karte der natürlichen Vegetation Europas 2.1
Die Gebirgsauffaltungen waren vielfach mit der Bildung von intramontanen Becken verbunden, die
wie die Bördelandschaften als kontinental getönte Trockengebiete eine klimatische sowie eine
pflanzen- und vegetationsgeographische Sonderstellung einnehmen, z. B. das Thüringer Trias-
Becken (Jahresniederschlag <500 mm; Artern: 444 mm!) mit der sich nach Osten anschließenden
Magdeburger Börde (Schwarzerde!) oder das Prager Becken.
Das dritte orographische Element Mitteleuropas bilden – von äußeren und inneren Senken begleitet
– die Hochgebirgsketten: Alpen und Karpaten. Die Alpen werden in zwei Abschnitte geteilt: Die
West- und Zentralalpen sind höher und kompakter mit mehreren Gipfeln über 4000 m (Mont Blanc
4807 m), während die Ostalpen keine Viertausender aufweisen (Großglockner 3797 m). Das alpine
Relief ist stark durch die pleistozäne Vergletscherung geprägt; Gletschervorstöße weit ins Alpenvor-
land haben zur Entstehung mächtiger Moränenwälle und großer Seen (Bodensee, Genfer und
Gardasee, Lago Maggiore u. a.) geführt. Die Alpen setzen sich nach Nordosten in den Karpaten fort,
die nur im West- und Südostteil 2500 m geringfügig überschreiten (Hohe Tatra 2655 m, Fagarascher
Gebirge 2543 m). Vom Karpatenbogen mehr als halb umschlossen ist das Pannonische Becken. Die
Flüsse Save und Untere Donau begrenzen Mitteleuropa im Südosten, indem sie den pannonischen
und karpatischen Raum von der Balkanhalbinsel trennen.
Das Mitteleuropäische Tiefland ist hauptsächlich aus pleistozänen Sedimenten aufgebaut: glazigene
End- und Grundmoränen sowie glazifluviatile und fluviatile Ablagerungen, die nur an wenigen
Stellen 200 und nur ausnahmsweise 300 m übersteigen. Da sich das pleistozäne Tiefland weiter nach
Osten fortsetzt, ist die von Nordwest nach Südost durch Ostpolen, die westliche Ukraine und das
östliche Rumänien verlaufende Ostgrenze Mitteleuropas vor allem klimatisch und biogeographisch
begründet.
Mitteleuropa liegt zwischen dem 43. und 58. Breitengrad und gehört zu der relativ warmen ge-
mäßigten Zone mit sommergrünen Laubwäldern. Wegen der stark differenzierten Orographie und
der Schmalheit des Rumpfes zwischen zwei Meeren ist jedoch eine klimageographische Zonierung
nicht durchgehend ausgeprägt, doch gibt es beachtliche klimatische Differenzierungen. So sind das
Pannonische Becken, das rumänische Donau-Tiefland und das östliche Vorland der Karpaten durch
relative Trockenheit und z. T. Waldsteppen als zonale Vegetation charakterisiert. Dagegen herrscht
nördlich der Alpen und Karpaten ein mäßig warmes und feuchtes subozeanisches Klima, jedoch
nimmt nach Osten neben dem Rückgang der Niederschläge mit steigenden Jahresamplituden der
Temperatur die Kontinentalität stetig zu. In allen Gebirgen sind die Höhenstufen sowohl klimatisch
durch die gravierende Zunahme der Niederschläge und die Abnahme der Temperaturen im Jahres-
mittel sowie durch die Vegetationsabfolge deutlich ausgeprägt.
Der Großraum West- und Mitteleuropa wird in folgende physisch-geographische Regionen und
Provinzen gegliedert:
2 BRITISCHE INSELN UND FRANKREICH
21 Irland
22 Großbritannien und benachbarte Inseln
23a Atlantisches Frankreich
23b Zentrales und Südliches Frankreich
71
2.1 Karte der natürlichen Vegetation Europas
3 NÖRDLICHES MITTELEUROPA
31 Mitteleuropäisches Tiefland
32 Herzynisches Mitteleuropa (Mittelgebirge und Stufenländer)
33 Böhmisches Massiv und umgebende Gebirge
34 Polnische Platten
4 ALPENLÄNDER
41 Jura-Gebirge
42 Nördliches Alpenvorland
43 Alpen
44 Oberitalienisches Tiefland
5 KARPATENLÄNDER
51 Westkarpaten und äußere Vorländer
52 Ostkarpaten und äußere Vorländer
53 Südkarpaten und äußere Vorländer
54 Transsilvanische Becken und Gebirge
55 Pannonisches Becken
56 Untere Donauebene
Südeuropa (ca. 1,25 Mio. km²) umfaßt die drei großen mittelmeerischen Halbinseln mit den
benachbarten Inseln, stellt also kein zusammenhängendes Festlandgebiet dar. Die Gestalt der Halb-
inseln ist eng mit dem Verlauf der jungen, in der alpidischen Orogenese geformten Gebirgsketten
verbunden. Die kompakte Iberische Halbinsel ist im Norden durch die Pyrenäen (Pico de Aneto
3404 m) und das Kantabrische Gebirge begrenzt, im Südosten durch die Bätische Kordillere mit der
Sierra Nevada (Mulhacén 3478 m), die sich auf den Balearen fortsetzt. Die Inseln Korsika und
Sardinien sind dagegen Überreste des versunkenen tyrrhenischen Massivs. Die Hochgebirgskette des
Apennin (Corno Grande 2914 m) bildet die orographische Längsachse der gleichnamigen Halbinsel
und setzt sich auf Sizilien fort. Das Dinarische Gebirge (Prokletije 2693 m) und der Balkan (Botev
2376 m) umrahmen ältere thrakisch-mazedonische Massive, die den Kern der Balkanhalbinsel bil-
den (Musala im Rilagebirge 2925 m, Olymp 2911 m, Pindos mit Smolikas 2637 m, Nkiona 2510 m).
Ihr Südteil ist tektonisch stark in Halbinseln wie Peloponnes und Chalkidike sowie die Ägäischen
Inseln zerstückelt.
Eine Besonderheit Südeuropas innerhalb des Kontinents ist seine seismische Labilität mit noch
heute aktiven Vulkanen: dem Ätna (3340 m) auf Sizilien, der Äolischen Insel Stromboli (926 m)
und dem Vesuv (1277 m) auf der Apenninhalbinsel als einzigem noch tätigen Vulkan auf dem
europäischen Festland.
Die Lage Südeuropas im meridionalen Klimagürtel und sein mediterraner Klimatyp sorgen für
warme und trockene Sommer sowie feuchte und fast frostfreie Winter in den Tieflagen. Diesem
Klimatyp gehören große Teile aller drei Halbinseln und die angrenzenden Meere mit ihren Inseln an,
auf den Halbinseln herrscht er wegen der dominierenden Gebirge jedoch nur an den Küsten; im
Inneren nimmt die Kontinentalität vor allem auf der Iberischen und Balkan-Halbinsel zu.
Da das Abflußregime, die Bodentypen und die Vegetation eng mit dem Klima zusammenhängen,
weicht das Mittelmeergebiet insgesamt stark von West- und Mitteleuropa ab. Das Mittelmeerische
72
Karte der natürlichen Vegetation Europas 2.1
Osteuropa (ca. 5 Mio. km²) ist durch seine orographische Monotonie und Großräumigkeit sehr
markant vom übrigen Europa unterschieden. Die Ursache liegt in der ziemlich ebenen Lagerung der
Sedimentgesteine auf dem präkambrischen Fundament, das in Fennoskandien und in der Ukrai-
nischen Masse oberflächlich ansteht; östlich davon bis zum Ural erstrecken sich Becken mit paläo-
und mesozoischen Schichten. Besonderheiten in der geologischen Struktur Osteuropas stellen der
devonische Timanrücken im Nordosten, die Kursk-Anhöhen mit kristallinem Untergrund am Oberen
Don und die varistische Faltungszone im Dnjepr-Donez-Gebiet dar. Die östliche Umrahmung des
Osteuropäischen Tieflandes bildet die Uralkette, seine Südgrenze die nördliche Schwarzmeerküste,
das Krimgebirge und der Große Kaukasus.
Das Krimgebirge (Roman-Kosch 1545 m) ist asymmetrisch gebaut mit einem Steilabfall nach Süden
zum Schwarzen Meer, an dessen Küste – durch den Schutz vor Kaltluft im Winter – auf der Krim
eine „Riviera“ mit beinahe mediterranem Klima entstanden ist. Weiter östlich zieht sich die gewal-
tige Kette des Großen Kaukasus mit mehreren erloschenen Vulkanen höher als 5000 m (Elbrus
5642 m) bis zum Kaspischen Meer hin. Im Osten erstreckt sich in Nord-Süd-Richtung der Ural in
einer Länge von ca. 2500 km. Im Nordteil erreicht er die größte Höhe (Narodnaja 1894 m), im mitt-
leren Teil ist er wesentlich niedriger, um dann im Südteil wieder auf Höhen bis 1640 m anzusteigen.
Im Süden sind in das Osteuropäische Tiefland einige Höhenrücken und Plateaus eingelagert: woly-
nisch-podolische Platte (Kamula 474 m), Dnjepr-, Donez-, Mittelrussische und Wolga-Platte sowie
die Jergeni-Hügel im Süden. Zwischen ihnen und weiter südlich erstrecken sich Tiefebenen: Trans-
dnjepr-, Oka-, Don- und Schwarzmeer-Niederung sowie Kaspische Senke. Jedoch auch weiter nörd-
lich gibt es ausgedehnte Niederungen, z. B. Polesje, sowie flache Erhebungen wie den Westrussi-
schen Landrücken, die Waldaihöhe, die Mittelrussische Platte und den Nordrussischen Landrücken.
Das Relief des nördlichen Teils von Osteuropa ist – wie das Mitteleuropäische Tiefland – glazigenen
Ursprungs. Die weiteste Ausdehnung nach Süden hatte die sogenannte Dnjepr-Vergletscherung,
welche die Polesje und die Dnjepr-Niederung bis zum heutigen Jekaterinoslaw und die Oka-Don-
Niederung bis Kalatsch am Don bedeckte. Das letzte sogenannte Waldai-Glazial hat die kuppige
Seenlandschaft etwa bis zur Linie Vilnius, Witebsk und den Waldaihöhen (343 m) und weiter
nordöstlich bis Archangelsk am Weißen Meer geschaffen.
Im Südteil Osteuropas liegen auf den Anhöhen periglaziale Lößdecken, in der Nordkaspischen
Senke dagegen salzhaltige Sand- und Tonablagerungen der pleistozänen Transgressionen des Kaspi-
schen Meeres.
Die ziemlich ebene, sich über ca. 25/ geographischer Breite erstreckende riesige Landoberfläche
Osteuropas ist durch eine deutlich ausgeprägte geographische Zonalität ausgezeichnet. Die in
73
2.1 Karte der natürlichen Vegetation Europas
östlicher Richtung zunehmende Kontinentalität bedingt trockene Gebiete im Süden und kalte im
Norden. Aus dem Südwest-Nordost-Verlauf der Zonengrenzen resultiert die Verengung der Laub-
mischwaldzone nach Osten und ihr Ausklingen östlich des Ural.
Bei der physisch-geographischen Gliederung Osteuropas waren sowohl klimatische, edaphische und
vegetationskundliche als auch geomorphologische Kriterien zu berücksichtigen. In der Dezimal-
klassifikation stellt sich diese Einteilung wie folgt dar:
7 KAUKASUS UND KRIM
71 Halbinsel Krim
72 Vorkaukasus-Ebenen
73 Großer Kaukasus
74 Kolchis (Rioni)-Tiefebene (gehört zu Vorderasien)
75 Kura-Tiefebene (gehört zu Vorderasien)
76 Kleiner Kaukasus (gehört zu Vorderasien)
8 OSTEUROPÄISCHES TIEFLAND
81-82 Nordrussisches Tiefland
83 Mittelrussisches Tiefland
84 Ostbaltisches und Belarussisches Tiefland
85-86 Südrussisches Tiefland
9 URALGEBIET
91 Paj-Choj und Vaiga
92 Polar Ural
93 Nördlicher Ural
94 Mittlerer Ural
95 Südlicher Ural
74
Karte der natürlichen Vegetation Europas 2.2
Aus der geographischen Lage, der Verteilung der Landmassen und dem Relief resultiert die Klima-
gliederung Europas (vgl. Karte 2). Von Nord nach Süd sind fünf thermische Hauptzonen zu unter-
scheiden: arktisch, boreal, temperat, submeridional und meridional (vgl. Karte 3, beigelegt). Sie
korrespondieren mit der Hauptabfolge der zonalen Vegetation: arktische Tundra, boreale Nadelwäl-
der (Taiga), temperate mesophytische und thermophile sommergrüne Laubwälder bzw. Steppen und
Wüsten in Osteuropa, mediterrane immergrüne Hartlaubwälder und Gebüsche.
Geographische Breite und regionale Differenzierung der Oberflächengestalt wirken vor allem über
die Strahlungsbilanz auf das Klima ein, jedoch wird dessen Charakter auch – in den Klimazonen
recht unterschiedlich – von der atmosphärischen Zirkulation beeinflußt: Der Norden Europas ist
durch die westliche Strömung und den Golfstrom wärmer als es den Breitengraden entspräche; es
können aber auch sehr kalte arktische Luftmassen eindringen. Im gemäßigten Gürtel bewirkt diese
westliche Zirkulation einen gewissen Temperaturausgleich mit relativ milden Wintern und ver-
gleichsweise kühlen Sommern. Zuweilen werden aber auch trockene kontinentale oder kalte
arktische Luftmassen wirksam, so daß eine große Unbeständigkeit des Wetters charakteristisch ist
und die Jahresabläufe recht unterschiedlich ausfallen. Auch wird die atmosphärische Zirkulation
ständig durch die in mehrphasigem Rhythmus wechselnde Energiezufuhr von der Sonne (11-jährige,
35-jährige und längere Schwankungen zwischen kalt-feucht und warm-trocken) beeinflußt. Das
mediterrane Gebiet erfährt im Sommer durch den Antizyklon eine Stabilisierung als Hochdruckge-
biet mit warmer und trockener Witterung, während im Winter die vom Westen eindringenden
Zyklone reichlich Niederschläge bringen; gelegentlich kann sich diese Zirkulation auch umkehren.
Die ozeanischen Luftmassen werden vom Golfstrom erwärmt, der sich als warme subtropisch-
nordatlantische Meeresströmung auf West- und Nordeuropa – trotz allmählicher Abschwächung –
bis hin zur Kola-Halbinsel günstig auswirkt: Er bestimmt einen wesentlichen Charakterzug des
europäischen Klimas und mildert selbst noch im Hohen Norden die langen arktischen Winter, so daß
sogar der Hafen von Murmansk nördlich des Polarkreises auch in strengen Wintern eisfrei bleibt.
Im östlichen Europa bewirkt die asiatische Antizyklone im Winter den Zustrom kalter und trockener
Luftmassen, und so verstärken sich die kontinentalen Klimamerkmale zunehmend von West- nach
Osteuropa:
1. Zunahme der Jahresamplitude zwischen den mittleren Monatstemperaturen;
2. Verstärkung des Sommermaximums der Niederschläge.
Dagegen sind im ozeanischen Klima am Westrand Europas die Niederschläge in allen Monaten fast
gleich, und die Jahresamplitude der monatlichen Temperaturmittelwerte ist gering, so daß die
Winter recht mild und frostfrei, die Sommer jedoch ziemlich kühl sind.
Die atmosphärischen Niederschläge sind im Westteil des gemäßigten Klimagürtels am höchsten,
vermindern sich jedoch von West nach Ost mit zunehmender Kontinentalität: So beträgt die mittlere
75
2.2 Karte der natürlichen Vegetation Europas
76
Karte der natürlichen Vegetation Europas 2.2
VII (rIII) Wüstenklima mit kaltem Winter – Ganzjährige Dürre, kalte Winter wie bei VII
winterkalte Wüste
VIII Kaltgemäßigte oder boreale Klimazone – Kühle, feuchte Sommer; sehr kalte Winter mit über halbjähriger
Boreale Nadelwälder, im ozeanischen Bereich Dauer
Birkenwälder
IX Arktische Klimazone – Geringe, gleichmäßig über das Jahr verteilte Niederschläge; kur-
Tundren, Polarwüsten ze, feuchte und kühle Sommer; lange, sehr kalte Winternacht
X Gebirgsklimate Sie weisen meist Besonderheiten auf, die für die Klimazonen, aus
(in Klammern Klimazone, die am Gebirgsfuß denen sich die Gebirge erheben, bezeichnend sind
herrscht) –
Jeweils regionaltypische Höhenstufengliede-
rung der Vegetation
Die Typen sind durch gleitende Übergänge miteinander verbunden, die durch entsprechende
Kombination der römischen Zahlen gekennzeichnet werden, z.B. V-VI, V(IV). Die erste Zahl gibt
den jeweils vorherrschenden Typ an.
77
2.2 Karte der natürlichen Vegetation Europas
Die Übergangszonen sind weiß (ohne Signatur) und nur mit römischen Zahlen dargestellt. Bedeutung der Zusatz-Symbole:
a = arid; oc = ozeanisch; co = kontinental; fr = Fröste häufig.
78
Karte der natürlichen Vegetation Europas 2.3
79
2.3 Karte der natürlichen Vegetation Europas
derung, bei der der Florenbestand jedes Rasterquadrates mit dem jedes anderen verglichen wird, nur
mit den Karten des ostdeutschen Florenatlas (BENKERT et al. 1996) mit Erfolg durchgeführt worden
(KORSCH 1999). Auch dabei gibt es noch viele offene Probleme (optimale Zahl der auszugliedern-
den Gebiete; Behandlung unterschiedlicher Artenzahlen in den Teilgebieten; mosaikartige Durch-
dringung ähnlicher Rasterquadrate, die eine klare Grenzziehung verhindert).
Der in Karte 3 dargestellten Gliederung nach MEUSEL & JÄGER (1992b) liegen hauptsächlich häufig
wiederkehrende A r e a l g r e n z e n zugrunde. Außer dem Vergleich von Hunderten von Arealkarten
wurden auch alle Gliederungsvorschläge früherer Autoren (z. B. auch solche in Florenwerken)
berücksichtigt. Die Grenzen wurden immer wieder geprüft und z. T. (auch in der vorliegenden,
etwas vereinfachten Fassung) geringfügig korrigiert.
Für die Iberische Halbinsel hatten beispielsweise RIVAS-MARTÍNEZ (1987), RIVAS-MARTÍNEZ et al. (1977) und BOLÓS (1985)
neue Gliederungen vorgelegt, für das temperate Rußland ALEKSANDROVA & JURKOVSKAJA (1989), für Skandinavien AHTI
et al. (1968, Zonen und Sektoren), für den Kaukasus MENICKIJ (1991), für die Arktis ALEKSANDROVA (1980), für die an
Europa anschließenden Gebiete in Afrika, dem Orient und Mittelasien LÉONARD (1988), WHITE (1993) und WHITE &
LÉONARD (1991), für das ganze boreal-temperate Eurasien CHOCHRJAKOV (1989) und VOLKOVA (1997).
Neuere florengeographische Gliederungen kleinerer Gebiete gibt es z. B. für Nordost-Italien (POLDINI 1991), Südostrußland
(BUCHALO 1989), Südspanien (SANCHEZ-GOMEZ et al. 1994), die Krim und Gebiete östlich der Straße von Kertsch (DIDUCH
et al. 1990) sowie für Belgien-Nordostfrankreich und die Niederlande in den Floren von LAMBINON et al. (1992) bzw.
MEIJDEN (1990). Dabei wurde in unterschiedlichem Maße auch die Vegetationsdecke zur Gliederung herangezogen.
80
Karte der natürlichen Vegetation Europas 2.3
81
2.3 Karte der natürlichen Vegetation Europas
des Permafrostes beeinflussen die Arealgrenzen und die natürliche Vegetationsverteilung wesent-
lich.
Im Zusammenhang mit der Karte der natürlichen Vegetation Europas ist die pflanzengeographische
Gliederung eine wichtige Grundlage für die geographische Differenzierung der natürlichen Vegetati-
on aller Formationen und für die Kennzeichnung von Verbreitung und Schwerpunktvorkommen der
einzelnen Kartierungseinheiten (vgl. Glossar der arealgeographischen Begriffe). Eine direkte
Übereinstimmung der Floren- mit den Vegetationsgrenzen ist allerdings meist nicht gegeben, u. a.
weil die pflanzengeographische Gliederung auf dem Gesamtspektrum der vorkommenden Pflanzen-
arten (natürliche und anthropogene Flora) beruht.
82
Karte der natürlichen Vegetation Europas 2.3
Florenregionen Europas
Europa hat Anteil an 5 Florenregionen (in Karte 3 nicht eingetragen, vgl. MEUSEL & JÄGER 1992b).
Die Zirkumarktische und die Zirkumboreale Florenregion sind wegen der jungen Ausbreitungs-
möglichkeiten zirkumpolar, d. h. auch auf Nordamerika ausgedehnt. Ihre Grenzen entsprechen den
gleichnamigen Florenzonen-Grenzen.
Ganz auf den europäischen Kontinent beschränkt ist die Mitteleuropäische Region mit der Atlanti-
schen, Subatlantischen, Zentraleuropäischen und Sarmatischen Florenprovinz. Sie umfaßt zu-
sammen mit den West-, Zentral- und Ostsubmediterranen Provinzen das europäische Sommerlaub-
waldgebiet. Für die Mitteleuropäische Region ist die Durchmischung einer relativ artenarmen
Laubwaldflora mit zahlreichen Elementen mediterraner Herkunft charakteristisch. In der Atlanti-
schen Provinz könnten wahrscheinlich laurophylle Gehölze und ozeanische Nadelbäume dominie-
ren, wenn diese Sippen nicht infolge der spättertiär-quartären Abkühlung und Aridisierung erloschen
wären (JÄGER 1969: 406 f.). Ein Zeichen dafür ist das gute Gedeihen und die Verwilderung fremd-
ländischer laurophyller Gehölze in diesem Gebiet (z. B. Rhododendron ponticum).
Im Südosten hat Europa Anteil an der Südsibirisch-pontisch-pannonischen Region mit vielen
relativ jungen, für die Westseite Eurasiens charakteristischen Steppenpflanzen-Sippen, deren
Herkunft in den Küstengebieten des alten Mittelmeeres (Tethys) zu suchen ist (Arten von Stipa,
Festuca, Koeleria, Agropyron s. str., Astragalus, Onosma, Salvia, Artemisia usw.).
Im äußersten Südosten ist in der Karte die größtenteils (außerhalb Europas) in der meridionalen
Zone liegende Orientalisch-turanische Region angeschnitten (Zentralanatolische, Armenische,
83
2.3 Karte der natürlichen Vegetation Europas
Syrische, Araxische, Hyrkanische, Iranische und Südturanische Provinz, submeridional die Aralo-
kaspische Provinz). Sie ist reich an geophytischen Verwandtschaftskreisen (Muscari, Tulipa), Dorn-
polster-Sippen (Acantholimon), Distelverwandten (Centaurea, Cousinia) und hapaxanthen Xerophy-
ten (Verbascum).
Die Makaronesisch-mediterrane Region reicht außerhalb Europas noch in die nordwestafrika-
nischen Gebirge und an der Südküste des Mittelmeeres bis Ägypten, weiter in die westlichen
Randgebiete Kleinasiens und Vorderasiens (Israel, Libanon, Westsyrien, mediterrane Randbereiche
der Türkei). Sie ist durch Elemente der immergrünen Hartlaubwald- und Relikte der Lorbeerwald-
vegetation charakterisiert (Quercus ilex, Q. coccifera, Q. suber, Olea europaea, Ceratonia siliqua,
Laurus nobilis, Prunus laurocerasus, P. lusitanica, Laurus azorica u. a.). Viele dieser Elemente
reichen noch in die Submediterrane Unterregion (z. B. Pistacia, Punica, Arbutus, Cistus, Rhamnus
alaternus, Buxus, Laurus, Prunus laurocerasus, Rhododendron ponticum), die gleichzeitig in ihren
zentralen und östlichen Provinzen (besonders im Bergland) die reichsten Refugialgebiete des som-
mergrünen Breitlaubwaldes enthält (Kaukasus, Nordanatolien, Balkan, Illyrien und Südostalpen).
Großflächig herrschen hier thermophile Wälder aus Quercus pubescens, Q. pyrenaica, Q. faginea,
Q. cerris, Q. frainetto und Q. polycarpa, Carpinus orientalis sowie Ostrya carpinifolia-Fraxinus
ornus- und Pinus nigra-Wälder. Von manchen Autoren wurde diese Unterregion deshalb mit der
Mitteleuropäischen Region verbunden (ausführliche Diskussion: MEUSEL et al. 1965a: 48-49). Sie
enthält aber in den wintermilden Küstengebieten auch noch immergrüne Vegetation, und die
meisten Gattungen haben mediterrane Wurzeln. Auch die atlantischen Inseln (Kanaren, Madeira und
Azoren), die nie mit dem Festland verbunden waren, sind vorwiegend von Gattungen aus dem
Mediterrangebiet besiedelt worden. Sie werden deshalb als eigene, durch viele Lorbeerwaldrelikte
gekennzeichnete Makaronesische Unterregion an die Mediterranregion angeschlossen.
84
Karte der natürlichen Vegetation Europas 2.3
289 ff.). An derselben Grenze machen nach Westen anspruchsvollere, oft an Sommerregen und
Winterkälte angepaßte Wald- und Xerothermrasen-Elemente halt (Carex montana, Campanula
cervicaria, Melica nutans, Calamagrostis arundinacea, Tanacetum corymbosum, Aster amellus
usw.). Keine einzige von all diesen Arealgrenzen entspricht aber der Provinzgrenze völlig. Das gilt
auch für die im folgenden genannten Grenzen. So ist es kein Wunder, daß die Grenzen der Atlanti-
schen Provinz, einer der am frühesten ausgegliederten Florenprovinzen, schon mehrmals hin- und
hergeschoben worden sind.
Die Ostgrenze der Subatlantischen Provinz ist sowohl durch das Ausklingen ozeanischer Areale,
z. B. Hypericum pulchrum, Helleborus foetidus, Ilex aquifolium, Digitalis purpurea, Potentilla
sterilis, Dryopteris affinis, als auch durch das Einsetzen kontinentaler verbreiteter Arten gekenn-
zeichnet (Carex pilosa, Hepatica nobilis, Fragaria viridis, Scabiosa canescens, Hieracium cymosum
u. a.). Charakteristisch für die Provinz ist also vor allem die Kombination atlantisch-subatlantischer
und östlicher, in der Atlantischen Provinz fehlender Elemente, während als Endemiten nur wenige
Vertreter apomiktischer Gattungen oder Taxa fraglichen Artranges genannt werden können (Rubus
fasciculatus, R. vestitus, R. rudis, R. langei, Oenanthe conioides).
Die Ostgrenze der Zentraleuropäischen Provinz, die etwa der -4 °C Januar-Isotherme entspricht,
ist durch die östliche Verbreitungsgrenze mehrerer Gehölze und ihrer Begleiter charakterisiert
(Fagus sylvatica, Taxus baccata, Quercus petraea, Acer pseudoplatanus, Tilia platyphyllos, Melica
uniflora), während östliche Arten der Laubwaldflora hier ihre Westgrenze erreichen (Carex pedifor-
mis, Euonymus verrucosa, Ranunculus cassubicus, Geum aleppicum). Diese Grenze entspricht auch
der Grenze vikariierender Sippenpaare, die hier bei der postglazialen Wiederbesiedelung von Süden
und Osten aufeinander trafen (Carlina vulgaris/C. biebersteinii, Helictotrichon pratense/H. schellia-
num, Seseli libanotis/S. intermedium, Heracleum sphondylium subsp. sphondylium/H. s. subsp.
sibiricum). Weitgehend auf die Zentraleuropäische Provinz beschränkt sind z. B. Corydalis pumila,
Gagea pratensis, Carex brizoides, C. umbrosa und Hierochloë australis.
Die östlich davon noch vorkommenden Bäume des sommergrünen Breitlaubwaldes Quercus robur,
Alnus glutinosa, Ulmus glabra, Acer platanoides, Tilia cordata und Sträucher wie Corylus avellana
reichen durch die Sarmatische Provinz gemeinsam bis zum Ural, der eine scharfe Grenze gegen
Sibirien bildet. Nur die Winterlinde hat jenseits des Gebirges noch einige Vorposten und kehrt im
Altaigebiet zusammen mit einigen Kräutern (Asarum europaeum, Carex sylvatica, Gagea lutea,
Dryopteris filix-mas, Circaea lutetiana) in „subnemoralen“, in der Baumschicht von Nadelbäumen
dominierten Wäldern wieder. Schon im Nordosten der Sarmatischen Provinz gelangen sibirische
Nadelbäume (Abies sibirica, Pinus sibirica, Larix sibirica) und ihre asiatischen Begleiter (z. B.
Cacalia hastata), im Südosten Steppenelemente (Phlomis tuberosa, Serratula gmelinii) in den
Wäldern zur Vorherrschaft. Eine große Zahl europäischer Arten spricht aber für einen Zusammen-
halt der Sarmatischen Provinz auch im Nordosten (Calluna vulgaris, Deschampsia flexuosa, Daphne
mezereum, Nardus stricta, Carex nigra, Anthoxanthum odoratum, Milium effusum u. a.).
Die Untergliederung der ausgedehnten Sarmatischen Provinz in 4 Unterprovinzen entspricht dem
(allerdings sehr gleichmäßigen) floristischen West-Ost- und Nord-Süd-Gefälle. Bis in die Westsar-
85
2.3 Karte der natürlichen Vegetation Europas
matischen Unterprovinzen reichen von Westen her z. B. Fraxinus excelsior, Hepatica nobilis,
Galium schultesii, Carex remota, C. panicea, Danthonia decumbens, Briza media, Cynosurus
cristatus und Arrhenatherum elatius, bis in die Südwestsarmatische Carpinus betulus und An-
thericum ramosum. In die Nordsarmatischen Unterprovinzen dringen von Norden Moor- und Taiga-
Elemente ein (Carex loliacea, C. chordorrhiza, C. rhynchophysa, Corallorhiza trifida, Conioseli-
num tataricum, Betula humilis, Alnus incana u. a.), während die Südsarmatischen mit Gratiola
officinalis, Salvia nemorosa, Scorzonera hispanica, S. purpurea, Tragopogon dubius, Ulmus minor,
Salix fragilis, Carex pilosa und Juncus atratus Arten beherbergen, die auch in Zentraleuropa die
südlichen Unterprovinzen kennzeichnen.
Die Grenze zwischen den nord- und südtemperaten Gebieten setzt sich nach Westen am Nordrand
der Mittelgebirge und Hügelländer (am Südrand der Baltischen, Flämischen und Britischen Unter-
provinzen) durch Zentraleuropa und die Subatlantische Provinz fort und verläuft über Belgien und
Nordfrankreich zum Atlantik. Bis hierher reichen von Süden viele Pflanzen aus dem Mediterran-
gebiet, z. B. Cornus mas, Thesium bavarum, Ophrys sphegodes, von Norden z. B. Empetrum nigrum
und Thymus serpyllum. Mit dieser Linie werden in Zentraleuropa die südlichen Unterprovinzen
(Herzynische und Polonische Unterprovinz) gegen die Baltische Unterprovinz abgegrenzt.
Die Herzynische Unterprovinz kann weiter in 4 Bezirksgruppen gegliedert werden: die Franko-
bajuwarische, die Bohemo-morawische, die Sudetische und die Saxo-thuringische. Innerhalb der
letzteren sei der Saale-Unstrut-Bezirk als Beispiel eines Florenbezirks genannt, den schon DRUDE
(1902) durch viele wärmeliebende Elemente (Helianthemum apenninum, H. oelandicum subsp.
incanum, Globularia punctata) charakterisiert hat. Ein weiteres Beispiel ist der Südbritische Bezirk
innerhalb der Atlantischen Provinz, auf den innerhalb der Britischen Inseln Tilia cordata, Campanu-
la trachelium, Carpinus betulus, Aceras anthropophorum und Himantoglossum hircinum beschränkt
sind.
86
Karte der natürlichen Vegetation Europas 3
Einleitung
Für die Entwicklung der heutigen europäischen Pflanzendecke sind vor allem die Ereignisse seit
dem Ende des Tertiärs maßgebend: Mit dem Beginn des Quartärs machten sich zunehmend starke
klimatische Schwankungen in Form zahlreicher Kaltzeiten (Glaziale) und dazwischen einge-
schobener Warmzeiten (Interglaziale) bemerkbar, offenbar als Folge periodischer Änderungen der
Erdbahnelemente. Der vielfache Klimawechsel führte zu fortlaufenden Veränderungen der Pflan-
zenareale, wobei es insbesondere in der europäischen Gehölzflora zu einer allmählichen Artenver-
armung kam.
Von entscheidender Bedeutung für die heutige Vegetation ist ihre Entwicklung in den letzten
15 000 Jahren1, also in jenem Zeitraum, der das zu Ende gehende letzte Glazial (Spätglazial:
15 000–10 000 BP) und das anschließende Holozän (Postglazial: 10 000 BP–Gegenwart) umfaßt
(vgl. Tab. 2). In diesen Zeitabschnitten bildete sich allmählich, von einem weitgehend waldfreien
Europa während des letzten Hochglazials (Pleniglazial) ausgehend (Karte 4), die heutige, großen-
teils von Wäldern beherrschte „natürliche Vegetation“ heraus. Ihre Entwicklung wurde, wie schon
in den vorangegangenen Interglazialen, durch natürliche Änderungen des Klimas gesteuert, ins-
besondere solche der Temperatur, die in Verbindung mit der Bodenentwicklung zu mehr oder
weniger raschen Pflanzenwanderungen führten.
An der Ausdifferenzierung der heutigen „realen Vegetation“ ist aber im Verlauf des Holozäns in
hohem Maße ein zweiter Faktor beteiligt, der in der Vegetationsentwicklung der Interglaziale noch
keine Rolle spielte, nämlich der vom Beginn des Neolithikums an immer stärker werdende Einfluß
des siedelnden Menschen. Die seßhafte Lebensweise des Menschen, die sich im Großen gesehen
von etwa 10 000 bis 5 000 BP vom Nahen Osten über Südosteuropa nach Nordwest-, Nord- und
Nordosteuropa ausbreitete, hatte die teilweise beträchtliche Umgestaltung und Verdrängung der
Wälder und damit den Wechsel von der „Naturlandschaft“ zur „Kulturlandschaft“ zur Folge. Mit
diesen anthropogenen Eingriffen waren mesoklimatische Änderungen, die Umwandlung von
Waldböden in landwirtschaftliche Böden, Wechsel im Wasserhaushalt, Erosionserscheinungen und
anderes mehr verbunden. Sie führten zu sekundären Pflanzenwanderungen, zu Verschiebungen der
horizontalen und vertikalen Vegetationszonen, zur Bildung neuer landwirtschaftlicher und syn-
anthroper Ökosysteme, zur Steppen- und Wüstenbildung (Desertifikation) wie auch zu stärkerer
Vermoorung (Paludifikation) mancher Landschaften.
1
Alle mit BP gekennzeichneten Altersangaben beziehen sich auf konventionelle Radiokarbonjahre vor heute (BP
= Before Present), also auf unkalibrierte 14C-Daten. Gegenüber Kalenderjahren, die in Jahren n. Chr. oder AD
(AD = Anno Domini) und Jahren v. Chr. oder BC (BC = Before Christ) angegeben werden, sind die unkalibrier-
ten 14C-Daten im mittleren und frühen Holozän rund 500–1000 Jahre zu jung (vgl. Tab. 2).
87
3 Karte der natürlichen Vegetation Europas
Tab. 2: Übersicht über die chronologische Gliederung des Spätglazials und Holozäns. Altersangaben in Kalen-
derjahren bzw. kalibrierten Radiokarbonjahren (AD = n. Chr./BC = v. Chr.) und unkalibrierten (konven-
tionellen) Radiokarbonjahren (BP).
Die spätglaziale und holozäne Vegetationsgeschichte Europas ist im Einzelnen so vielfältig, daß der
Kontinent nicht als Ganzes behandelt, sondern in einzelne Regionen aufgeteilt werden muß. Dazu
bietet sich als Grundlage die großräumige heutige natürliche Vegetationsgliederung an (Karte 5):
Einerseits sind dies die von Nord nach Süd aufeinanderfolgenden Gürtel der arktisch-subarktischen
Tundrenzone (A), der borealen Nadelwaldzone (B), der temperaten (nemoralen) sommergrünen
Laubwaldzone (T), der mediterranen Hartlaubzone (M) und der pontisch-kaspischen Steppen- und
Halbwüstenzone (P), andererseits innerhalb der drei großen Waldzonen die Unterteilung von West
nach Ost entsprechend der abnehmenden Ozeanität bzw. zunehmenden Kontinentalität. Dazu
kommt im äußersten Südosten die Kolchis- und Kaukasus-Region (K). Natürlich sind auch die
meisten dieser Regionen in sich nicht einheitlich, sondern hinsichtlich Relief (Tieflagen und
Gebirge) und Ausgangsgestein (Kalk und Silikat) gegliedert, jeweils mit Auswirkungen auf die
vegetationsgeschichtliche Entwicklung. Darauf wird im Text, wo immer möglich, Bezug genom-
men. Dagegen kann, wegen des beschränkten Umfangs, auf die azonale Vegetation nicht eingegan-
gen werden. Bei der Reihenfolge der Regionen beginnen wir im Süden und Südosten, folgen also im
Grunde der spätglazial-holozänen Hauptausbreitung der Gehölze von Süd bzw. Südost nach Nord
bzw. Nordwest sowie dem mehr oder weniger ähnlich gerichteten Vordringen seßhafter Bauernkul-
turen nach Europa.
88
Karte der natürlichen Vegetation Europas 3
Karte 4: Vegetation Europas um 20 000 BP (letzteiszeitliche maximale Eisausdehnung). Die Position einzelner
isolierter Waldinseln ist z. T. noch hypothetisch. Nach ANDERSEN & BORNS (1994) und LANG (1994),
verändert.
89
3 Karte der natürlichen Vegetation Europas
A A A
Bb
Ba
Bc
Tb Ta
Td
Tc
P
Tg Th
Tf
K
P
Ma Te
Mb
Mc
1000 km
Karte 5: Vegetationsgeschichtliche Zonen und Regionen (Grenzen gegenüber LANG 1994 teilweise leicht abgeän-
dert).
90
Karte der natürlichen Vegetation Europas 3
Als wichtige Quellen für die nachfolgende Übersicht standen die Arbeiten von BERGLUND, BIRKS, RALSKA-JASIEWICZOWA
& WRIGHT (1996), GLIEMEROTH (1995), HUNTLEY (1988, 1990), HUNTLEY & BIRKS (1983) und LANG (1994) zur Verfü-
gung, für Osteuropa die bereits ältere Monographie von NEJSTADT (1957) und der neuere Überblick von KHOTINSKIJ (1984).
Einen umfassenden Überblick über die „Quartäre Vegetationsgeschichte Europas“ liefert LANG (1994), worin sich auch ein
kurzer Abriß der vegetationsgeschichtlichen Methoden und der Forschungsgeschichte findet. Aus Platzgründen kann deshalb
unter Hinweis auf dieses Werk eine kleine Auswahl an älteren Literaturhinweisen genügen. Für die einzelnen Regionen wird
jeweils eine Auswahl der wichtigsten Untersuchungen genannt. Die archäologischen Angaben stützen sich auf die zu-
sammenfassenden Darstellungen von LICHARDUS & LICHARDUS-ITTEN (1985), BREUNIG (1987) und HÖNEISEN (1990).
91
3 Karte der natürlichen Vegetation Europas
Einzelheiten können u. a. den Arbeiten von FLORSCHÜTZ & MENÉNDEZ AMOR (1962), MENÉNDEZ AMOR & FLORSCHÜTZ
(1964), FLORSCHÜTZ et al. (1971), JANSSEN & WOLDRINGH (1981), PONS (1980), PONS & REILLE (1988), VAN DER KNAAP
(1990), VAN DER KNAAP & VAN LEEUWEN (1991) entnommen werden.
92
Karte der natürlichen Vegetation Europas 3
durchsetzt waren. In der Region werden die Glazialrefugien vieler europäischer Gehölze vermutet,
u. a. von Abies, Acer, Carpinus betulus, Ostrya, Fagus, Fraxinus, Ulmus, Tilia, Corylus, Olea,
Quercus (sommer- und immergrüne Arten). Danach breiteten sich sommergrüne Laubwälder
(laubwerfende Quercus-Arten, Ulmus, Tilia, Ostrya) aus, lokal auch Nadelwälder mit Pinus. In
höheren Lagen entstanden vereinzelt Wälder mit Fagus und Abies. In der ersten Hälfte des Holozäns
bedeckten Laubmischwälder die Region bis in die Hochlagen, teils mit vorherrschender Quercus,
teils mit Fagus. Nach etwa 6 500 BP gesellte sich Ostrya/Carpinus orientalis hinzu.
Die tieferen Lagen der Region mit sommergrünen Eichenmischwäldern wurden vom Menschen
bereits sehr früh besiedelt: Erste Weide-Kulturen (Ziegen, Schafe) breiteten sich bereits zwischen
10 000 und 9 000 BP aus. Erster Getreidebau wurde von Archäologen für den Zeitraum zwischen
9 000 und 8 000 BP nachgewiesen. Nach palynologischen Daten kann der Beginn intensiven Acker-
baus und von Fruchtkulturen (Getreide, Olea, Vitis, Juglans, Castanea), verknüpft mit extensiven
Abholzungen, auf etwa 3 000 BP angesetzt werden, was ungefähr der Hellenischen Periode ent-
spricht. Rodungen, Beweidung und Feuer mit nachfolgender Bodenerosion begünstigten die sekun-
däre Ausbreitung immergrüner Gehölze (Quercus ilex, Pistacia etc.). In Kalkgebieten führte die
starke Bodenabtragung zu Karstbildungen. Im Gefolge sekundärer Wanderungen zahlreicher Pflan-
zen kam es zur Bildung natürlich wirkender xerischer Pflanzengesellschaften und zu Verschiebun-
gen in der vertikalen Vegetationsstufung. Nur einige wenige Gebirgsräume konnten ihren natürli-
chen Vegetationscharakter beibehalten.
Ein vegetationsgeschichtlicher Überblick über die Region stammt von VAN ZEIST & BOTTEMA (1982) und BOTTEMA (1982).
Über kleinere Teilgebiete informiert u. a. BOTTEMA (1974, 1979, 1980), ATHANASIADIS (1975), TURNER & GREIG (1975 .
93
3 Karte der natürlichen Vegetation Europas
Zusammen mit der ostmediterranen Region (Mc) gehört die Region zu den vegetationsgeschichtlich
besonders wichtigen Gebieten mit Glazialrefugien vieler europäischer Gehölze, u. a. von Abies alba,
Acer, Carpinus betulus, Fagus, Fraxinus excelsior, Ostrya, Tilia, Ulmus, sommergrünen Quercus-
Arten. Trotz der Bedeutung dieser Region liegen – mit Ausnahme von Bulgarien – erst wenige
vegetationsgeschichtliche Untersuchungen vor.
Im Spätglazial waren die Berglagen mit offener Steppenvegetation bedeckt, die von Pinus-Bestän-
den aus den Untergattungen Diploxylon (P. sylvestris, P. nigra, P. heldreichii u. a.) und Haploxylon
(P. peuce) durchsetzt waren. Bestände der als glaziale Überdauerer bereits oben erwähnten sommer-
grünen Laubgehölze gab es wahrscheinlich in tieferen Lagen. Im Holozän ist die Vegetations-
entwicklung vor allem durch die starke Ausbreitung von Quercus-Mischwäldern mit Carpinus,
Ostrya, Ulmus und Tilia gekennzeichnet. Im mittleren Holozän erreichten diese Wälder größere
Meereshöhen als heute. Die Massenausbreitung von Abies erfolgte zwischen 6 000 und 4 000 BP,
diejenige von Fagus offenbar erst später, nach 4 000 BP.
In der Region breiteten sich Ackerbau-Kulturen, ähnlich wie in der ostmediterranen Region, sehr
früh aus. Archäologische Funde neolithischer Besiedlung reichen bis etwa 7 500 BP zurück. Nach
3 500 BP wurden ausgedehnte Berggebiete durch die unter griechischem Einfluß sich ausbreitende
Schafhaltung entwaldet. Dies führte zu Bodenerosion, Verkarstung und sekundärer Ausbreitung
vieler Pflanzen.
Grundsätzliche Informationen können den Arbeiten von BOðILOVA & TONKOV (1990), FILIPOVITCH (1976, 1987) entnommen
werden.
94
Karte der natürlichen Vegetation Europas 3
von Corylus gekennzeichnet, anschließend im Atlantikum durch die Ausbreitung von Quercus,
Ulmus, Tilia und anderen sommergrünen Gehölzen. Von der zweiten Hälfte des Holozäns an
breitete sich von Südosten nach Nordwesten und Norden fortschreitend Fagus aus, im Südosten und
Osten auf Kosten von Picea, im Westen auf Kosten der Quercus-Mischwälder. Im Süden wurde
Fagus von Abies alba begleitet und zeitweise mengenmäßig übertroffen. Im Holozän drang auch
Picea abies allmählich von Ost nach West in die Mittelgebirge nördlich der Alpen vor, ohne daß es
dort jedoch zu so starker Ausbreitung wie in den Hochkarpaten, am Alpenrand und im Alpeninneren
kam. Die geschilderte Entwicklung wird seit FIRBAS (1949) als „mitteleuropäische Grundfolge“
bezeichnet. Entsprechend der beträchtlichen räumlichen Ausdehnung der Region ist diese Abfolge
von waldloser Vegetation ÷ Betula/Pinus ÷ Corylus/Quercetum mixtum ÷ Fagus bzw. Fagus/
Abies im Einzelnen je nach geographischer Lage und Höhenstufe etwas unterschiedlich.
Erste inselartig verteilte Waldrodungen in den Lößgebieten der Altsiedlungslandschaften kenn-
zeichnen den Beginn des Neolithikums in den Tieflagen, im Südosten und im Zentrum um 7 000 BP,
im Norden um 5 000 BP. Über die Bronzezeit und Eisenzeit hinweg bis zum Mittelalter verstärkten
sich diese Eingriffe dort nachhaltig. In den jungbesiedelten Mittelgebirgen reichen die Anfänge der
Landwirtschaft dagegen oft nur bis ins Mittelalter zurück. Großflächige Rodungen, Weidewirtschaft
und Ackerbau lösten häufig sekundäre Pflanzenwanderungen aus, veränderten natürliche Grenzen
der Vegetationsstufen und führten im Flachland zur Bildung von Xerotherm-Gesellschaften, in
höheren Lagen zur Ausbreitung offener Feuchtvegetation. Die Entstehung von Wiesen, Weiden und
anderen Ersatzgesellschaften der Kulturlandschaft geht auf diese Vorgänge zurück.
Unter den vegetationsgeschichtlichen Übersichten bildet das Werk von FIRBAS (1949, 1952) über Mitteleuropa nördlich der
Alpen immer noch eine wichtige Quelle. Dänemark wird von IVERSEN (1973) behandelt. Von Einzelarbeiten mit wichtigen
Standard-Pollendiagrammen sei hier nur BERGLUND, BIRKS, RALSKA-JASIEWICZOWA & WRIGHT (1996) erwähnt.
95
3 Karte der natürlichen Vegetation Europas
erscheinungen und der Bildung von Deckenmooren (blanket bogs). Der Beginn stärkerer mensch-
licher Eingriffe in die Vegetation dürfte in den Zeitraum zwischen der ersten neolithischen Besied-
lung um 5 000 BP und der Intensivierung in der Bronzezeit, ab 3 500 BP, fallen. Insbesondere die
Beweidung durch Vieh und Schafe begünstigte die Bildung der Deckenmoore und löste die Ent-
stehung von Heiden und Grasflächen aus.
In den Tieflagen Englands, Irlands und des atlantischen Festlandsstreifens verlief die Vegetations-
entwicklung im Spätglazial und frühen Holozän zunächst sehr ähnlich. Im Boreal und Atlantikum
herrschten Quercus-Mischwälder vor, und auch Alnus breitete sich rasch aus. Eine charakteristische
Erscheinung der Vegetationsgeschichte dieser Region ist der sogenannte „Ulmus-Abfall“ um etwa
5 000 BP. Fagus erreichte die Region erst spät, zwischen 3 000 und 1 000 BP, konnte aber nicht zu
einer bedeutsameren Rolle in der Vegetation gelangen. In Irland, Nordengland und Schottland fehlt
Fagus von Natur aus ganz.
Anthropogene Veränderungen und Umwandlungen von Vegetation und Flora begannen in diesem
Teil Europas im Verlauf des Neolithikums von etwa 5 000 BP an. Die landwirtschaftliche Tätigkeit
der frühen Siedler bestand hauptsächlich aus Ackerbau und Beweidung. Für die früheste Besiedlung
war der sogenannte Landnam-Typ in Gestalt zerstreuter lokaler Rodungsflächen innerhalb der
Waldlandschaft charakteristisch. Von der Bronzezeit an begannen ausgedehntere Abholzungen, mit
einem Maximum in der Römerzeit und im Mittelalter.
Nähere Informationen können vor allem den zusammenfassenden Darstellungen von GODWIN (1975), PENNINGTON (1969)
und IVERSEN (1973) sowie der Arbeit von TURNER (1965) entnommen werden.
96
Karte der natürlichen Vegetation Europas 3
wurde die Kontinuität der Ackerbau-Kulturen immer wieder unterbrochen. Ähnlich wie in der
Pontischen Zone (P) ist deshalb Siedlungsdiskontinuität sehr charakteristisch.
Hinsichtlich ausführlicherer Information sei auf KHOTINSKIJ (1984), ARTJUŠENKO, PAŠKEVIC, PARIŠKURA & KAREVA (1973),
ARTJUŠENKO, ARAP & BEZUS‘KO (1982), BEZUS‘KO, ILVES & KAJUTKINA (1980), BEZUS‘KO, KAJUTKINA, KOVALJUCH &
ARTJUŠENKO (1985) verwiesen.
Karpaten-Region (Th)
Der größte Teil der Region blieb während der pleistozänen Kaltzeiten unvereist. Nur die höchsten
Berge (Hohe Tatra bis 2663 m, Südkarpaten bis 2544 m) waren während des letzten Glazials von
lokalen Gletschern bedeckt, die jedoch bereits im frühen Spätglazial abschmolzen. Dem stark
gegliederten Relief entsprechend sind auch die Klima-, Boden- und Vegetationsverhältnisse sehr
vielfältig. In den Tieflagen der Westkarpaten bestanden offenbar Glazialrefugien der Nadelhölzer
Larix, Pinus cembra und Picea. Ob auch Laubhölzer (wie Acer, Corylus, Fagus, Fraxinus, Tilia,
Ulmus) – etwa in den Südkarpaten – dort das letzte Glazial überdauerten, bedarf noch weiterer
Prüfung.
In der spätglazialen Vegetation war in der ganzen Region Pinus das dominierende Gehölz. Be-
sondere Verhältnisse herrschten in den innermontanen Becken der Westkarpaten. Hier gab es offene
97
3 Karte der natürlichen Vegetation Europas
Wälder mit Pinus cembra, P. sylvestris und vielleicht auch P. mugo, Larix decidua, Picea abies und
Juniperus. Nach etwa 4 000 BP ersetzten Fagus-Mischwälder mit Abies und Picea die Pinus-Picea-
Bestände der mittelmontanen Lagen. Nur in der hochmontanen Stufe, vor allem der Hohen Tatra
und ihren Ausläufern, blieb Picea bestimmend. In den Süd- und Ostkarpaten entwickelten sich in
den tieferen Lagen schon im Präboreal und Boreal Quercus-Mischwälder mit Ulmus, Tilia und
Corylus, in den Westkarpaten dagegen erst etwas später, im Atlantikum. Carpinus drang im Verlauf
des frühen und mittleren Holozäns vom Südosten der Karpaten aus nach Nordwesten vor.
Die Tieflagen der Karpaten und ihrer Ausläufer wurden schon um 7 000 BP von neolithischen
Siedlern bewohnt. Die landwirtschaftliche Nutzung reicht über die Bronzezeit bis in die historischen
Perioden; ein stärkerer Rückgang der Bewaldung im Gefolge umfangreicherer Rodungen erfolgte
aber vor allem im Mittelalter und in der Wallachischen Kolonisierungsphase im 16. und 17. Jahr-
hundert. Die Wallachische Haustierwirtschaft, mit Sommerweiden in den Bergen, prägte in hohem
Maße die heutige Landschaft und Vegetation und führte vielerorts zu einer anthropogenen Absen-
kung der alpinen Waldgrenze.
Nähere Informationen finden sich u. a. in KOPEROWA (1962, 1970), KRIPPEL (1963, 1986).
Alpen-Region (Tg)
Die Alpen waren im letzten Glazial, ebenso wie in den vorhergehenden Kaltzeiten, von einer
mächtigen Eisschicht bedeckt. Nicht vergletschert waren nur der Südwesten und der äußerste Osten
des Gebirges sowie einige Nunatak-Gebiete (eisfreie Flächen innerhalb vergletscherter Bereiche) am
Nord- und Südrand. Im Verlauf des Spätglazials schmolzen die Gletschermassen bis weit ins
Alpeninnere ab. Heute sind nur noch wenige Gletscher zurückgeblieben. Beträchtliche Höhenunter-
schiede und stark wechselnde geologische Verhältnisse bedingen die große ökologische Vielfalt der
Region.
Im nordöstlichen, östlichen und südöstlichen Umfeld des Alpenrandes konnte Picea abies mögli-
cherweise an lokalklimatisch günstigen Stellen die letzte Eiszeit überdauern. Im jüngeren Spät-
glazial herrschten in den tieferen Lagen Pinus sylvestris, P. cembra, Larix und Juniperus vor, in den
höheren Lagen offene Pionier- und Rasenvegetation. In der anschließenden holozänen Vegetations-
entwicklung gab es Unterschiede zwischen den Randalpen und den Zentralalpen. Picea abies
wanderte in die Zentralalpen von Osten bzw. Südosten her ein, im wesentlichen zwischen 11 000
und 5 000 BP, ohne jedoch die französischen Südwestalpen zu erreichen. Die Waldgrenze, die von
Pinus cembra-Larix-Juniperus-Wäldern gebildet wurde, dürfte im Atlantikum maximal 200 m höher
als heute gelegen haben. An der Waldgrenze spielte ab etwa 5 000 BP auch Alnus alnobetula viel-
fach eine bedeutende Rolle. In den Randalpen und deren unmittelbarem Vorland kam es in den
tieferen Lagen im Boreal und Atlantikum zu einer Massenausbreitung von Corylus. Anschließend
entwickelten sich sommergrüne Quercus-Mischwälder, in die von Südosten her, etwa von 6 000 BP
an, Carpinus einwanderte. Zwischen 7 000 und 5 000 BP entwickelten sich Mischwälder mit Fagus,
Abies und teilweise auch Picea.
98
Karte der natürlichen Vegetation Europas 3
Die tieferen Lagen der Alpen und ihres Vorlandes wurden vom neolithischen Menschen von etwa
7 000 BP an besiedelt. Größere Beweidungseinflüsse im Gebirge lassen sich bis zur Römerzeit
zurückverfolgen. In dieser Periode nahm in den breiten Alpentälern und Becken die zuvor nur lokale
Entwaldung größeres Ausmaß an und erreichte im Mittelalter den gegenwärtigen Stand. Der
anthropogene Bewaldungsrückgang und die Weidewirtschaft ermöglichten der alpinen Flora se-
kundäre Ausbreitung und führten zu einer generellen Absenkung der Waldgrenze.
Ein Überblick über die Vegetationsgeschichte der Alpen liegt von KRAL (1979) vor. Zahlreiche Informationen sind u. a.
enthalten in BORTENSCHLAGER (1970), BURGA & PERRET 1998, WEGMÜLLER (1977), WELTEN (1982) und in den von
FRENZEL (1972) und LANG (1985) herausgegebenen Symposiumsbänden.
Pyrenäen-Region (Tf)
Das im Südwesten Europas gelegene Hochgebirge weist Gipfel bis über 3400 m auf. Ähnlich wie in
den Alpen und Karpaten bedingen die großen Höhenunterschiede vielfältige Klima- und Vegetations-
verhältnisse, die sich auch in der Vegetationsgeschichte widerspiegeln. Die letztglaziale Verglet-
scherung schmolz bereits im frühen Spätglazial rasch ab.
Schon im älteren Spätglazial wurde in tieferen (300–1100 m) und mittleren Lagen (1100–1800 m)
die zunächst vorherrschende Steppe von Pinus-Betula-Wäldern abgelöst. Sommergrüne Quercus-
Mischwälder mit Corylus und Ulmus, jedoch erst später auch mit Tilia, breiteten sich schon zu
Beginn des Holozäns aus. Zwischen 8 000 und 5 000 BP drang Abies von Ost nach West vor, gefolgt
von Fagus zwischen 4 500 und 4 000 BP. Es entstanden Fagus-Abies-Mischwälder. Die für die
Karpaten und Alpen charakteristische Picea erreichte die Pyrenäen nicht. In Hochlagen (über
1800–2000 m) blieb deshalb Pinus das ganze Holozän über vorherrschend, wobei es vermutlich zu
nicht unbeträchtlichen Schwankungen der alpinen Waldgrenze kam. Quercus-Mischwälder dürften
wohl nur im mittleren Holozän in größere Höhen als heute vorgedrungen sein.
Weidewirtschaft ist im Gebirge seit etwa 4 000 BP nachgewiesen, ohne daß sich jedoch vor dem
Mittelalter ein größerer Bewaldungsrückgang abzeichnet. In Tieflagen und im Vorland konnten die
ältesten Spuren von Ackerbau auf etwa 5 000 BP datiert werden; in mittleren Gebirgslagen stammen
sie dagegen erst aus dem Mittelalter.
Nähere Informationen finden sich u. a. in MONTSERRAT MARTI (1992).
99
3 Karte der natürlichen Vegetation Europas
Pflanzensippen von und nach anderen Regionen Europas konnte im Quartär wegen verschiedener
Barrieren und mangelnder geeigneter Wanderwege stets nur in beschränktem Umfang stattfinden,
zum Beispiel über die Krim, aber auch über das nördliche Anatolien. Die gegenwärtige Flora und
Vegetation zeichnet sich deshalb stark durch eigenständige pflanzengeographische Züge aus. Der
Kaukasus bildet insgesamt ein wichtiges Rückzugs- und Entwicklungszentrum und besitzt innerhalb
Europas den höchsten Anteil an endemischen Pflanzensippen.
Der Große Kaukasus hatte während des ganzen Holozäns den Charakter eines Waldgebirges. Nach
dem Rückgang der Gebirgsvergletscherung entwickelten sich zunächst subalpine und alpine Tundra-
Gesellschaften, die in mittleren Höhenlagen schon im frühen Holozän von Pinus (kochiana)-Betula-
Salix-Gehölzen abgelöst wurden. Die heute ausgedehnten Fagus (sylvatica subsp. orientalis)-, Abies
(nordmanniana)- und Picea (orientalis)-Wälder entstanden im mittleren Holozän.
Im Gegensatz zum Großen Kaukasus war der Kleine Kaukasus während des Holozäns offenbar
weitgehend waldlos und von krautreichen xerophytischen Steppen und Waldsteppen besetzt. Nur
kleine Bereiche waren bewaldet und durchliefen eine Entwicklung ähnlich derjenigen des Großen
Kaukasus.
In den periglazialen Gebieten zwischen den beiden Hauptgebirgszügen, einschließlich des Flußtales
der Kura, konnten für das letzte Glazial Wälder und Waldsteppen nachgewiesen werden. Offenbar
gab es dort zerstreute Reliktvorkommen von sommergrünen Breitlaubgehölzen, die sich dann vom
frühen Holozän an ausbreiteten und im mittleren Holozän u. a. mit Quercus, Castanea, Ulmus,
Carpinus, Acer, Fagus, Pterocarya, Juglans zur Vorherrschaft gelangten, auch unter Beteiligung
von Picea. In dieser Zeit entstanden im Überschwemmungsbereich der Täler ausgedehnte Auenwäl-
der.
In der Kolchis sind eigenständige Züge der Vegetationsentwicklung erkennbar. Im Spätglazial waren
Pinus (kochiana) und Alnus (barbata) vorherrschend, und auch thermophile Bäume waren vorhan-
den. Vom frühen Holozän an entstanden am Fuße der Gebirge Wälder mit Fagus, Castanea,
Quercus, Pterocarya, Picea und weiteren kaukasischen Gehölzen, an Naß-Standorten und in den
Überschwemmungsauen des Tieflandes Bestände mit Alnus (barbata). Für die Vegetationsent-
wicklung der Kolchis ist die stete starke Beteiligung von Farnen recht bezeichnend.
In der Kolchis, in den östlichen Kaukasus-Tiefländern und in Armenien ist sehr früher, wahr-
scheinlich von Mesopotamien her sich ausbreitender Ackerbau nachgewiesen. Mehrfach drangen
Nachbarvölker ein oder durchquerten die kaukasischen Länder. Die großen Gebirgszüge wurden von
Jägern und Hirten bewohnt. Besondere Bedeutung erlangte der Kaukasus als metallurgisches
Zentrum. Die heutigen stark entwaldeten, von Landwirtschaft und Gartenkultur gekennzeichneten
Landschaften entstanden hauptsächlich während der frühen feudalistischen Perioden der trans-
kaukasischen Geschichte, zwischen dem 3. und 9. Jahrhundert n.Chr.
Die vorliegende Übersicht gründet sich vor allem auf die Arbeiten von GOGIAJŠVILI (1973), KVAVADZE & RUCHADZE
(1989), MARGALIADZE (1973), NEJSTADT (1957), SEREBRJANNYJ & MALJASOVA (1981) und SLUKA (1973).
100
Karte der natürlichen Vegetation Europas 3
101
3 Karte der natürlichen Vegetation Europas
Während des ganzen Holozäns sind mit Ausnahme des hochozeanischen Bereiches im Westen
Betula und Pinus sylvestris die vorherrschenden Gehölze, ferner als weitere wichtige Holzart
borealer Nadelwälder (Taiga) Picea abies, jedoch mit starker zeitlicher Verzögerung von Ost nach
West. Gegenüber der temperaten Zone ist das Ausmaß menschlicher Eingriffe in die Vegetation
wesentlich geringer. So ist, vom Süden abgesehen, Ackerbau verhältnismäßig unbedeutend.
Boreorussische Region (Bc)
Die Region besteht aus dem größten Teil Nordrußlands östlich des Ladoga-Sees und südlich der
Kola-Halbinsel. Der Westen war im letzten Glazial vom Inlandeis bedeckt, wurde aber schon im
Spätglazial eisfrei. Der Osten der Region blieb unvergletschert.
Im Spätglazial und Holozän waren die vorherrschenden Gehölze Betula, Pinus sylvestris und
– zunächst aber nur im Osten – auch Picea abies (z. T. wahrscheinlich P. obovata). Picea besaß
vermutlich in den unvereisten Gebieten im westlichen Vorland des Ural wichtige Glazialrefugien,
von denen aus der Nadelbaum sich im Verlauf des Holozäns über nahezu ganz Fennoskandien
hinweg ausbreitete. Sommergrüne Breitlaubgehölze (Corylus, Tilia, Ulmus, teilweise auch Quercus)
traten, wenn überhaupt, nur während des Atlantikums vereinzelt in den südlichen Gebieten der
Region in Erscheinung. Im Bereich der heutigen Waldtundra, im nördlichen Grenzbereich, war die
polare Waldgrenze während des mittleren Holozäns offenbar vorübergehend nach Norden ver-
schoben. Nach 5 000 BP wurde dann dort aber, als Folge der allmählichen Südverlagerung der
Waldgrenze, die Beteiligung von Betula sect. Nanae (Zwergbirken) und Alnus sect. Alnobetula
(A. fruticosa, Grünerle) wieder größer.
Menschliche Eingriffe in die Vegetation sind bis in die jüngste Zeit kaum nachweisbar, dürften also
nur geringes Ausmaß erreicht haben. Pollenanalytische Hinweise auf lokale Rodungen sind frü-
hestens vom Mittelalter an zu erkennen, solche auf Ackerbau fehlen ganz. Mindestens seit der
Bronzezeit bildeten Jagd, Fischfang und Weidewirtschaft die Lebensgrundlage der lokalen Bevölke-
rung.
Die Übersicht stützt sich vor allem auf die Arbeiten von JELINA (1981) und KHOTINSKIJ (1984).
102
Karte der natürlichen Vegetation Europas 3
1 000 BP. Sommergrüne Breitlaubgehölze (Corylus, Ulmus) drangen nur während des Atlantikums
vorübergehend in die südlichsten Teile der Region vor. Alnus-Arten wanderten zwischen 8 000 und
7 000 BP ein. In den höheren Lagen des skandinavischen Gebirges wurde die zunächst vorhandene
Gebirgstundra von Betula pubescens (s. l.)-Gehölzen abgelöst. Ähnlich wie die polare war auch die
alpine Waldgrenze Schwankungen unterworfen: Am Ende des Boreals und im Atlantikum dürfte sie
etwa 150–200 m höher als heute gelegen haben.
Menschliche Besiedlung und Landwirtschaft waren nach archäologischen Funden in den südlichen
Gebieten von ungefähr 3 500 BP, also von der Bronzezeit an, vorhanden. Rodungen, Beweidung und
Heuwiesen blieben von lokal begrenztem Umfang und veränderten den Waldcharakter der Land-
schaft nicht grundsätzlich. Zerstreute Hinweise auf Ackerbau finden sich erst vom Mittelalter an und
danach.
An wichtigen Arbeiten seien u. a. erwähnt: HAFSTEN (1985), HICKS (1985), HYVÄRINEN (1985), JELINA (1981), MOE (1970),
SEGERSTRÖM (1990), VASARI (1962), VUORELA (1970, 1975).
103
3 Karte der natürlichen Vegetation Europas
Schlußfolgerungen
Die heutige Verbreitung der natürlichen Pflanzengesellschaften und ihre Zonierung, wie sie die
Vegetationskarte Europas zeigt, muß als Ergebnis einer langen, äußerst wechselvoll abgelaufenen
Entwicklung gesehen werden. Auslösende und steuernde Faktoren waren im Verlauf des Holozäns
nicht nur ständige Veränderungen in den Umweltverhältnissen, sondern in immer stärker werden-
dem Ausmaß auch menschliche Eingriffe. In Europa dürfte es heute kaum noch Gebiete geben, die
von menschlicher Aktivität ganz verschont geblieben sind. Selbst die höchsten Berggipfel und die
arktische Tundra sind davon nicht ausgenommen, und sei es auch nur indirekt durch Luftverschmut-
zung oder andere Emissionen.
Selbstverständlich stellt die heutige Vegetation kein stationäres Endstadium der geschilderten
Entwicklung dar, vielmehr läuft dieser dynamische, sowohl durch natürliche als auch durch mensch-
liche Eingriffe ausgelöste Prozeß auch in der Zukunft weiter. Die Vegetationskarte Europas kann
deshalb als Ausgangspunkt für die Verfolgung kommender Veränderungen dienen.
Dank
Die Autoren sind für Informationen, die das Gebiet der ehemaligen UdSSR betreffen, besonders
Dr. G.A. Jelina (Petrozavodsk) und Dr. N. Khotinskij (Moskau) zu Dank verpflichtet.
104
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation A
105
Formation A Karte der natürlichen Vegetation Europas
mäßig auf, Spaliersträucher können innerhalb dieser Formation dagegen nur in den Schneetälchen
der Hochgebirge (insbesondere in den Alpen) Fuß fassen. Die Bodenschicht ist in den Polarwüsten
vor allem durch das zahlreiche Auftreten von Krustenflechten und Lebermoosen charakterisiert,
während in den südlichen Hochgebirgen auch Strauchflechten und Laubmoose hinzukommen.
106
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation A
Tab. 3: Syntaxa der Formation A in den einzelnen Zonen und Gebirgen nach ELVEBAKK 1994 (Polarwüsten),
DIERSSEN 1996 (Skandinavisches Gebirge) und ELLENBERG 1996 (Alpen).
Polarwüste Skandinavisches Gebirge Alpen Kaukasus
Schneeböden Kalk Drepanoclado-Poion alpi- Saxifrago-Ranunculion Arabidion caeruleae ?
nae, Luzulion nivalis nivalis, Luzulion nivalis
Silikat Polytrichion norvegici Salicion herbaceae Salicion herbaceae Salicetea
herbaceae
Schuttfluren Kalk Papaverion dahliani Arenarion norvegicae Thlaspion rotundifolii ?
Im Kaukasus treten in der nivalen Stufe Kleinstgesellschaften („Nanozönosen“) auf, deren genauer
Gesellschaftsanschluß noch nicht geklärt ist. Sie setzen sich aus schneeliebenden Gesellschaften
(wahrscheinlich bei den Salicetea herbaceae Br.-Bl. 1948 einzustufen) und einer für den Kaukasus
eigenständigen Schuttvegetation mit mehreren endemischen Arten in unterschiedlicher Kombination
zusammen (vgl. NACHUCRIŠVILI 1999).
107
Formation A Karte der natürlichen Vegetation Europas
wesentlich stärker und die Jahresmitteltemperatur liegt höher. Die geringe winterliche Schneebe-
deckung in den Polarregionen begünstigt die Ausbildung von Permafrost, der im Sommer höchstens
bis in 40 cm Tiefe auftaut (ALEKSANDROVA 1988), sowie von Polygonböden und weiteren Perigla-
zialerscheinungen. In den Hochgebirgen der temperaten Zone sind Permafrostbereiche dagegen
selten (FURRER 1970). Die Böden sind meist skelettreiche Rohböden mit je nach Gestein unter-
schiedlichem pH-Wert.
Abb. 4: Klimadiagramme von Bukhta Tikhaya auf Franz-Josef-Land (A1), Finse in der Hardangervidda (A4),
Zugspitze im Wettersteingebirge, Sonnblick in den Hohen Tauern (A6) (nach WALTER & LIETH 1967).
Rolle im Landschaftsgefüge
Die Polarwüsten sind in den meisten Gebieten zwischen Meeresküsten und Gletschern, die z. T. bis
ans Meer reichen, eingebettet und generell durch sehr spärliche Vegetationsbedeckung gekenn-
zeichnet. In den Hochgebirgen dominieren meist steile Gipfel- und Gratlagen im Verbund mit
Gletschern. Unterhalb der Felswände sind häufig ausgedehnte Schutthalden ausgebildet.
108
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation A
Spitzbergen existieren Nationalparke. Darüber hinaus wurden für Nowaja Semlja Schutzgebiete vor-
geschlagen (CAFF 1994, 1996). Wegen ihrer Besonderheit und Empfindlichkeit sollten die Polar-
wüsten von weiterer Erschließung ausgenommen werden. Gleiches gilt für das Hochgebirge, wo
gerade der Wintersport in den Alpen zunehmend bis in die Nivalstufe vordringt.
Gliederung in Untereinheiten
Die Lage in verschiedenen Klimazonen sowie die unterschiedlichen ökologischen und floristischen
Gegebenheiten begründen die Gliederung in 2 typologische Haupteinheiten:
A.1 Arktische Polarwüsten
A.2 Subnival-nivale Vegetation der Hochgebirge in der borealen und nemoralen Zone.
Ihre Charakteristika und weitere Untergliederung werden nachfolgend dargestellt.
109
Formation A Karte der natürlichen Vegetation Europas
(Spaliersträucher) fehlen in den Gebieten der Polarwüsten weitgehend. Nur die am und im Boden
kriechende Salix polaris tritt vereinzelt auf, außerhalb von Svalbard auch Salix arctica. An Polster-
pflanzen ist nur Silene acaulis sporadisch anzutreffen.
Die Anzahl der Gefäßpflanzenarten ist gering, normalerweise weniger als 50 (oft nur 15 bis 20). Die
bedeutendsten Vertreter gehören zu den weitverbreiteten arktischen Arten der Gattungen Saxifraga,
Cerastium, Draba, Papaver, Poa, Phippsia und Luzula. Charakteristische Arten sind Saxifraga
oppositifolia, S. cespitosa, S. hyperborea, Cerastium nigrescens subsp. arcticum, C. regelii, Draba
pauciflora, D. corymbosa, Papaver dahlianum (in Rußland als P. polare bezeichnet), Poa arctica,
Phippsia algida und Luzula confusa. Unter den Kryptogamen sind weit verbreitete Bryophyten wie
Tomentypnum nitens, Aulacomnium palustre, Orthothecium chryseon, Sanionia uncinata, Drepan-
ocladus cossonii, Bryum- und Pohlia-Arten häufig, neben Flechten wie Ochrolechia frigida, Lecidea
ementiens, Flavocetraria nivalis und Cetrariella delisei. Es gibt keine Art, die völlig auf das Gebiet
der arktischen Polarwüsten beschränkt ist; einzig Ranunculus sabinii ist in Europa nur vom Franz-
Josef-Land bekannt (SAFRONOVA 1987), im benachbarten Grönland ebenfalls in Polarwüsten
verbreitet (BAY 1992), dringt aber auch in den nördlichen Teil der Tundra auf der Halbinsel Taimyr
ein (TOLMACHEV 1971).
Typisch für die russische Arktis ist eine stärkere Dominanz von Flechten und Moosen im Vergleich
zu anderen Polargebieten. Decken aus Krustenflechten (Pertusaria octomela, P. glomerata, Ochro-
lechia frigida, Collema ceraniscum) und Lebermoosen (Cephaloziella arctica, Tritomaria scitula,
Lophozia spp., Scapania spp.) werden als wichtige Charakteristika vom Franz-Josef-Land be-
schrieben (ALEKSANDROVA 1988), dort bedingt durch das schwach saure und stärker verfestigte
Substrat mit einer stabileren Oberfläche. Dagegen treten in anderen arktischen Bereichen Kalk-
gesteine und leicht verwitterbare Sedimente mit einer nicht so dichten Vegetation auf.
Arktische Polarwüsten entwickeln sich im allgemeinen in Gebieten mit einer durchschnittlichen
Juli-Temperatur von weniger als 2 °C, weswegen die Lebensbedingungen durch extremen Wärme-
mangel gekennzeichnet sind (meteorologische Daten aus europäischen Polarwüsten sind spärlich).
Die jährliche Niederschlagsmenge wird im allgemeinen auf weniger als 200 mm geschätzt (vgl.
Abb. 4). Der Sommer ist rauh, mit außerordentlich veränderlichem Wetter, oft mit Nebel, ziemlich
starker Bewölkung und häufigen Niederschlägen, die meistens in Form von Schnee fallen. Das fla-
che bis leicht hügelige Relief begünstigt die Ausbildung einer nur dünnen Schneedecke mit kleine-
ren Schneeverwehungen. Schneegefegte Gebiete sind bei grobkörnigem Bodensubstrat nahezu vege-
tationsfrei, bei mittleren Korngrößen durch Arten wie Phippsia algida oder Cerastium regelii
charakterisiert und bei schluffigem Boden (relativ gute Bodenbildung) von Bryophyten besiedelt.
Skelettreiche Böden haben sehr geringe Stickstoff-Vorräte, obgleich N-fixierende Cyanobakterien
zuweilen auf den Felsen schwarze Krusten bilden. Basische Böden verfügen über einen sehr
geringen Anteil an pflanzenverfügbarem Phosphor. Arktische Polarwüsten weisen meist neutrale bis
basische Böden auf, nur in einigen Gebieten ist saures Substrat vorhanden. Obwohl in Europa bisher
wenig erforscht, scheinen grundsätzliche Unterschiede zwischen der Vegetation der beiden Sub-
strate zu bestehen. Abgesehen von der Gattung Luzula wachsen alle oben erwähnten Arten in
110
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation A
Gebieten mit Karbonatgestein. Für saure Standorte sind Arten wie Cardamine nymanii, Raco-
mitrium lanuginosum, Andreaea spp. und Solorina crocea typisch. In der Arktis haben karbonathal-
tige Substrate in der Regel eine geringere Vegetationsbedeckung als saure und erscheinen deshalb
bei großflächigem Vorkommen nahezu vegetationslos.
In Ostsvalbard kommen in einigen Gebieten Vegetationsbestände mit abweichender Physiognomie
vor (A2). Dieses gilt in besonderem Maße für Edgeøya, wo in den östlichen Inselteilen, und hier vor
allem im hügeligen Inland sowie auf den Plateauflächen in 100 bis 300 m Höhe, eine ausgeprägte
Bryophytenschicht entwickelt ist. Dieses abweichende Erscheinungsbild kann einerseits durch das
Relief und die feintexturierten, karbonatreichen Böden, andererseits durch Nährstoffeinträge seitens
der hier schon seit langem weidenden Rentierherden erklärt werden. Obwohl diese Gebiete im
wärmeren Teil der arktischen Polarwüstenzone liegen, steigen die mittleren Juli-Temperaturen hier
nicht über 3 °C, jedoch dürfte die Niederschlagsmenge mit 600-1000 mm wesentlich höher als in
anderen Polargebieten sein (HAGEN et al. 1993). Charakterarten der benachbarten arktischen Tundra
wie Dryas octopetala und Carex spp. fehlen. Moos-Tundren entstehen in Hanglagen und in Gebie-
ten ohne Stauwasser. Ähnliche Vegetationstypen sind auf Vogelfelsen zu finden.
Auf Gebirgsplateaus bei Sassendalen in Spitzbergen kommen vergleichbare Vegetationstypen in
größeren Höhen vor. Sie tragen eine üppigere Vegetation als entsprechende Standorte in vergleich-
baren Höhenlagen auf Spitzbergen. Wahrscheinlich sind die Standortverhältnisse ähnlich denen auf
Edgeøya: eine hügelige Landschaft mit feinstrukturiertem, karbonathaltigem Triasgestein und mit
einer großen Rentierpopulation. Die Langzeiteffekte solcher relativ großen stationären Rentierher-
den sind nur wenig untersucht, könnten jedoch von größerer Bedeutung sein als bisher angenom-
men. Diese Gebiete sind sehr wenig erforscht, es kann ihnen jedoch eine Zwischenstellung zwischen
den arktischen Polarwüsten und der nordarktischen Tundra zugeschrieben werden. Ausgedehnte
Moosteppiche mit den weitverbreiteten Bryophyten Sanionia uncinata und Orthothecium chryseon
können auch auf verfestigten, wenig entwässerten und nicht ganzjährig von Schnee bedeckten Flä-
chen auftreten, ohne daß es zu Torfbildung kommt. Auf Felsoberflächen bilden sich saxicole
Pflanzengemeinschaften mit zahlreichen Arten der Gattungen Rhizocarpon, Porpidia, Lecidea s. l.,
Umbilicaria und anderen. Usnea sphacelata ist ebenfalls typisch und von pflanzengeographischem
Interesse, da die Art der einzige Vertreter einer Gattung mit subantarktischer Verbreitung ist.
Die floristischen und ökologischen Unterschiede zwischen den Polarwüsten der Tieflagen (A1, A2)
und denen der Gebirge (A3) sind kaum bekannt. Auch in der einschlägigen botanischen Literatur
werden sie nicht deutlich herausgearbeitet. Trotzdem ist es sinnvoll, die Einheiten in der Karte
getrennt darzustellen. Die erste Einheit (A1) beschreibt den zonalen Vegetationstyp, die dritte (A3)
hingegen den vereinzelt auftretenden Gebirgstyp innerhalb der Zone der arktischen Tundra mit
Niederschlägen bis 800 mm. Auf Svalbard und Nowaja Semlja ist die Polarwüste der Gebirge
gewöhnlich in Höhen zwischen 400-600 m oder höher angesiedelt. Großen Anteil haben sediment-
bedeckte Gebirgsplateaus. Besonders auf Svalbard findet sich eine typische Abfolge von der
Tieflandtundra über Hänge mit Schutthalden zum oben anschließenden Plateau mit Polarwüsten-
vegetation. Das ebene Relief der Gebirgsplateaus ähnelt in vieler Hinsicht dem Erscheinungsbild der
111
Formation A Karte der natürlichen Vegetation Europas
weiter nördlich vorkommenden Polarwüsten der Tieflagen. Die Polarwüsten der Gebirge treten
jedoch nur in Gebieten mit signifikant höheren Niederschlägen und höheren Schneedecken auf.
Wegen der höheren Feuchtigkeit mit stärkerer Nebelbildung findet man hier einen größeren Anteil
von Schneetälchen als weiter nördlich.
Die Grenze zwischen Polarwüste und Tundra ist oft nicht klar auszumachen. An exponierten Stellen
wirkt die Landschaft der benachbarten nordarktischen Tundra oftmals ebenso öd wie die der
Polarwüste. Bei genauerer Betrachtung treten aber in diesen Gebieten typische Tundra-Indikatoren
wie Dryas octopetala, Salix-Arten, Carex-Arten und Silene acaulis auf.
A.2 Subnival-nivale Vegetation der Hochgebirge in der borealen und nemoralen Zone
Die subnivale und nivale Vegetation beschränkt sich in den skandinavischen Gebirgen (A4) auf zwei
größere Gebiete: eines zwischen Mo i Rana und dem Lyngen Fjord und ein zweites in Südnorwegen
zwischen Hardangervidda und Sunndal. Eine Lücke besteht in Mittelnorwegen und Mittelschweden.
Die Hauptverbreitung in der temperaten Zone liegt in den Alpen (A5): in den Westalpen reichen die
Gipfel meistens weit über 4000 m, insbesondere im Berner Oberland, in den Gebirgen zwischen
Wallis und Aostatal, im Mont-Blanc-Gebiet (4807 m), Vanoise und Gran Paradiso, Mt. Pelvoux und
den Alpi Cozi; in den Ostalpen ist die nivale Stufe hauptsächlich entlang des Alpenhauptkammes
(Hohe Tauern, Zillertaler Alpen, Ötztaler Alpen, Bernina, Silvretta) und in den Südalpen (Dolo-
miten, Adamello, Ortlergebiet) ausgebildet. Weitere größere Gebiete mit subnival-nivaler Vegeta-
tion sind im Großen Kaukasus (A6) zu finden.
Innerhalb der Höhenstufen der Gebirge nimmt dieser Vegetationstyp die höchsten Lagen ein. Unter-
halb der klimatischen Schneegrenze (2800-3000 m in den Alpen) ist die subnivale Stufe durch noch
anzutreffende Rasenfragmente mit Polsterpflanzen gekennzeichnet (Domäne des Luzuletum alpino-
pilosae Br.-Bl. in Br.-Bl. et Jenny 1926 = Luzuletum spadiceae Rübel 1911). Nach oben hin reicht
die Vegetation über die eigentliche nivale Stufe (Polsterpflanzenstufe mit Kryptogamen: Sieversio-
Oxyrietum Friedel 1956, Androsacetum alpinae in ca. 3400 m Höhe) bis zur oberen nivalen Stufe
(Kryptogamenstufe) und zur Höhengrenze der pflanzlichen Besiedelung.
Die ökologischen Bedingungen sind für das Wachstum der Pflanzen extrem ungünstig. In den borea-
len Gebirgen sind die sommerlichen Tagestemperaturen niedriger als in den Hochgebirgen der ne-
moralen Zone. Hier können sie auf über 10 °C ansteigen und so günstigere Wachstumsbedingungen
schaffen, denn die Erwärmung der Blätter fördert die Photosynthese. Am Hohen Nebelkogel in den
Ötztaler Alpen wurden von MOSER (1973) Julimittelwerte von knapp über 0 °C in 2 m Höhe
gemessen, während das Julimittel der Blattemperatur von Ranunculus glacialis hier sonnseitig über
10 °C betrug. Die Photosyntheseleistung kann durch Bildung von Ökotypen in den kalten Klimaten
effektiver sein als in südlichen Gebirgen (z. B. bei Oxyria digyna nach CRAWFORD 1989). Es tritt
dabei schon bei niedrigen Temperaturen und geringer Strahlungsintensität eine positive Photosyn-
thesebilanz auf.
Die Evolution der Hochgebirgspflanzen führte nicht nur zu physiologischen und biochemischen,
sondern auch zu morphologischen Anpassungen, so daß sie insbesondere das bescheidene Wärme-
112
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation A
potential besser nutzen und zu starke Wasserverluste und Strahlungsbelastungen vermeiden können.
Als typische Lebensformen sind dabei Polsterpflanzen (z. B. Saxifraga exarata, S. scleropoda, Sile-
ne acaulis, Androsace helvetica), Rosettenpflanzen (z. B. Veronica aphylla, V. minuta) und Aus-
läuferpflanzen (Geum reptans) begünstigt. Bei höherer Strahlungsintensität in südlicheren Hoch-
gebirgen kommt es zur Ausbildung von sukkulenten Arten und solchen mit dichtem Haarkleid (z. B.
Aetheopappus caucasicus, Tripleurospermum caucasicum, Berardia subacaulis).
In allen Gebieten können auch im Sommer Kälteeinbrüche mit Schneefall und Frost auftreten, die
besondere Anforderungen an die Überlebensstrategien der Pflanzen stellen. Ranunculus glacialis als
höchststeigende Blütenpflanze der Alpen (bis über 4100 m am Finsteraarhorn in der Schweiz)
verlegt nach MOSER (1973) bei längerer Schneebedeckung seine Biomasse in unterirdische Organe
und kann dabei junge Knospen wieder abbauen, während ältere Knospen verharren und auf eine
günstige Periode zum Austreiben warten. Dabei werden Blütenknospen schon ein bis zwei Jahre
vorher angelegt. In den borealen Gebirgen kann sich diese vegetative Phase auf mehrere Jahre
verlängern, und der Witterungsverlauf eines Jahres entscheidet über die Entwicklung im Folgejahr.
Die Kälteresistenz bei Ranunculus glacialis ist gering (-6 °C), daher ist ein geschützter Standort
(z. B. Mulden) von großer Bedeutung, wo selbst sommerliche Schneebedeckung als Schutz wirken
kann.
113
Formation A Karte der natürlichen Vegetation Europas
oligotypische Gattungen wie Colutoecarpus, Didymophysa, Eunomia). In allen Teilen des Kaukasus
sind endemische und asiatische Sippen vertreten (NACHUCRIŠVILI 1995):
Endemiten des Kaukasus: Pseudovesicaria digitata, Lamium tomentosum, Veronica minuta, Scrophularia minima,
Anthemis iberica, Tephroseris karjaginii, Senecio sosnoskyi, Tripleurospermum caucasicum, Cerastium polymor-
phum; nur im westlichen Zentralkaukasus: Cerastium undulatifolium, Minuartia colchica, Saxifraga scleropoda; nur
im östlichen Kaukasus: Cerastium kasbek, Minuartia ruprechtiana, Chaerophyllum humile; nur im östlichen Teil
des Ostkaukasus (Dagestan): Ranunculus arachnoideus, R. brachylobus, Trifolium raddaenum, Veronica bogosen-
sis.
Arktisch-alpine Arten: Trisetum spicatum, Saxifraga flagellaris, Gnaphalium supinum.
Arten eurasiatischer Hochgebirge: Oxyria digyna, Saxifraga exarata, S. moschata, Potentilla gelida, Erigeron
uniflorus.
Kaukasisch-vorderasiatische Arten des Großen Kaukasus: Colutoecarpus vesicaria, Alopecurus dasyanthus,
Ranunculus brachylobus, Murbeckiella huetii, Saxifraga cartilaginea, S. sibirica, Alchemilla sericea, Trifolium
polyphyllum, Jurinella subacaulis und andere.
Charakteristische Arten des subnivalen Gürtels im Kleinen Kaukasus: Cerastium pseudokasbek, Astragalus vavi-
lovii, Vavilovia formosa, Coluteocarpus vesicaria, Physoptychis caspica, Astragalus gezeldarensis, Campanula ar-
mena, Anchonium elichrisifolium.
Die offene Vegetation mit geringer Deckung beschränkt sich auf Geröll- und Felsstandorte, wobei
dort Flechten und Moose hohen Anteil haben. Arten der alpinen Matten und Wiesen können im
unteren Teil der subnivalen Stufe (2900-3300 m) an der Vegetation beteiligt sein und bilden hier
eigene Gesellschaften: Alpine Matten mit Campanula biebersteiniana, Taraxacum stevenii, Astra-
galus supinus, Potentilla gelida, Pedicularis armena, Poa alpina; niedrigwüchsige Rasen mit
Festuca airoides, Kobresia capilliformis, Carex tristis, Bistorta carnea und Bunt-Schwingelrasen
mit Festuca varia und weiteren Arten.
Die Vegetation setzt sich aus einem Mosaik von wenigartigen Kleinstgesellschaften (Nanozönosen)
zusammen, welches durch das Relief, das Substrat aber auch durch dominierende Lebensformen
(z. B. Horstpflanzen) mit entsprechendem Einfluß auf die Etablierung anderer Arten geprägt ist
(NACHUCRIŠVILI 1999).
Literatur 1
ALEKSANDROVA 1988; CONSERVATION OF ARTIC FLORA AND FAUNA (CAFF) 1994, 1996; DIERSSEN
1996; ELLENBERG 1996; ELVEBAKK 1994; NACHUCRIŠVILI 1995, 1999.
1
Die am Ende der Kapitel aufgeführte Literatur listet Übersichtswerke zur betreffenden Formation auf. Die
vollständigen Zitate sind ebenso wie die im Text angegebenen Werke im Literaturverzeichnis am Ende des
Erläuterungsbandes zusammengestellt.
114
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation B
115
Formation B Karte der natürlichen Vegetation Europas
116
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation B
Der Naturschutz hat in den Hochgebirgen die längste Tradition. Hier wurden die ersten National-
parke Europas (Schweiz, Skandinavien) eingerichtet. Heute stehen weite Teile der Landschaft
oberhalb der Waldgrenze unter Schutz (z. B. Nationalparke, Naturschutzgebiete), und die Almwirt-
schaft ist rückläufig.
Während in den arktischen Tundren der Wintersport allenfalls lokal eine Beeinträchtigung von
Landschaft und Vegetation mit sich bringt, sind in den mittel- und südeuropäischen Gebirgen hierfür
massive Erschließungen erfolgt (Lifte, Pisten) mit starker Beeinträchtigung der alpinen Vegetation
und ihrer Standorte (Bodenverdichtung, Erosion, Zerstörung).
Gliederung in Untereinheiten
Die beiden Hauptuntergruppen: Arktische Tundren und Alpine Vegetation unterscheiden sich
klimatisch, physiognomisch und in der floristischen Zusammensetzung.
B.1 Arktische Tundren
Hier werden Vegetationseinheiten mit vorwiegend Zwerg- und Spaliersträuchern (Betula nana,
Cassiope tetragona, Salix polaris, S. herbacea u. a.) sowie hohem Moos- und Flechtenanteil zusam-
mengefaßt. Endemiten sind kaum vertreten.
B.2 Alpine Vegetation
Hier dominieren Rasen und Matten verschiedener Ausbildung. Endemiten sind zahlreich und oft auf
einzelne Gebirge oder Bergmassive beschränkt.
Geographische Verbreitung
In Westeuropa ist die arktische Tundra in Teilen Islands, in einem schmalen Streifen des nördlich-
sten Teils des Festlandes Norwegens, auf der norwegischen Insel Jan Mayen und der Inselgruppe
Svalbard sowie auf der isolierten Bäreninsel (Bjørnøya) verbreitet. In Rußland nimmt sie einen
117
Formation B Karte der natürlichen Vegetation Europas
Streifen entlang der Nordküste der Halbinsel Kola ein und bildet einen deutlich breiteren Gürtel
weiter nach Osten. Sie umfaßt den mittleren und südlichen Teil von Nowaja Semlja, die Inseln
Kolguev und Vajga
sowie einige kleinere Inseln vor dem russischen Festland. Im Polar sowie
Nördlichen Ural reichen die Gebirgstundren relativ weit nach Süden.
Die Gebiete in Westeuropa, auf Nowaja Semlja und im Polar Ural zeichnen sich durch ein stark
bewegtes Relief aus, während im übrigen Rußland eine ebene oder hügelige Geländeoberfläche
vorherrscht.
118
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation B
ELVEBAKK (1994) schlägt vor, die erfaßten Einheiten in 17 Verbände zu gliedern; einige davon sind
nur als provisorisch zu betrachten. Dennoch ist Svalbard das am besten untersuchte Gebiet der
Arktis, und mehrere dieser Verbände sind auch in anderen arktischen Gebieten vertreten. Auf
neutralen und basischen Böden treten entlang eines Gradienten von windexponierten Rücken zu
Schneetälchen die Verbände Caricion nardinae Nordhagen 1935 (= Kobresio-Dryadion Nordhagen
1936), Luzulion nivalis Nordhagen 1936 und Drepanoclado-Poion alpinae Hada
1946 (= Saxifra-
go-Ranunculion nivalis (Nordhagen 1943) Dierßen 1984) auf. Auf saurem Substrat werden diese
Lebensräume vom Luzulion arcuatae Elvebakk 1985 all. prov. und möglicherweise auch vom Poly-
trichion norvegici Gjærevoll 1949 eingenommen. Tundra-Moore sind zum Eriophorion scheuchzeri
Hada
1939 (= Caricion fuscae Koch 1926) zu stellen, neutrale bis basische zum Ranunculo
hyperborei-Drepanocladion revolventis Philippi 1973 all. prov. und Quellfluren zum Cardamino
nymannii-Saxifragion foliolosae Hada
1989. Die Vegetation der Rasen auf „Vogelfelsen“ ist dem
Cerastio-Saxifragion cernuae Hartmann 1980 zuzuordnen.
Gesellschaften der arktischen Strauch-Tundra und der entsprechenden Gebirgstundra gehören zum
Phyllodoco-Vaccinion myrtilli Nordhagen 1936, Nardo-Caricion bigelowii Nordhagen 1943,
Cassiopo-Salicion herbaceae Nordhagen 1936 (oder auch Salicion herbaceae Braun-Blanquet in
Br.-Bl. & Jenny1926) und Loiseleurio-Diapension (Braun-Blanquet et al. 1939) Daniels 1982 (siehe
auch FREMSTAD 1997).
119
Formation B Karte der natürlichen Vegetation Europas
Abb. 5: Klimadiagramme der Tundrenzone (nach WALTER & LIETH 1967): Grimstadir (Island, Gebirgstundra,
B35), Gjesvär (Nordnorwegen, ozeanische Strauch-Tundra, B18), Kanin Nos (Halbinsel Kanin, Rußland,
kontinentale Strauch-Tundra, B21), Varneka Buchta (Insel Vaiga
, Rußland, mittelarktische Tundra, B2).
120
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation B
Gliederung in Untereinheiten
Die zonale Tundrenvegetation wird in vier Untergruppen gegliedert (vgl. Karte 6 und Übersichts-
karte 1 : 10 Mio.): nordarktische, mittelarktische und südarktische Tundren sowie Strauch-Tundren,
die an die nordborealen bzw. subarktischen Lichtwälder im Süden angrenzen. Diese Unterzonen
unterscheiden sich klimatisch und in der Wuchsform der verholzenden Pflanzen. Entlang dem
Temperaturgradienten werden die arktischen Tundren in 2 °C-Schritten in vier Unterformationen
gegliedert; sie decken die Spanne von 2(3) °C bis 10(11) °C Durchschnittstemperatur im wärmsten
Monat ab.
Die südlichen, zur alpinen Vegetation überleitenden Höhenformen werden als eigene Formations-
einheit „Gebirgstundren und lockere Gebirgsvegetation“ zusammengefaßt. Die arktischen Moore
sind als azonale Vegetation der Formation S zugeordnet.
121
Formation B Karte der natürlichen Vegetation Europas
dünnen Auftauschicht (20-30 cm). Die Torfbildung ist hier eine Folge des Permafrosts, da die Torf-
schichten sich ohne anaerobe Wassersättigung auflagern. Man spricht bei dieser Gesellschaft von
Moos-Tundra anstelle von Moor. Die bestentwickelten Moos-Tundren finden sich in den nordarkti-
schen Tundren von Svalbard und Nowaja Semlja. Vogelfelsen sind in Meereis-freien Gebieten der
Arktis (Einfluß des Golfstromes) weit verbreitet. In anderen Regionen der Arktis verhindert das
regelmäßige Auftreten von Meereis das Vorkommen von großen Seevogel-Populationen, daher sind
Vogelrastplätze hier sehr viel seltener.
Die durchschnittliche Juli-Temperatur in Gebieten mit nordarktischer Tundra beträgt 2 bis 4 °C und
Permafrostböden sind hier weit verbreitet. Im Süden der nordarktischen Tundra bewirkt das wärme-
re Klima eine tiefere Auftauschicht des Bodens. Hier gewinnen Gefäßpflanzen auf vergleichbaren
Standorten gegenüber den Moosen an Bedeutung. Einen ähnlichen Effekt hat das Auftreten von
Kleinnagern in diesen Gebieten.
122
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation B
Taraxacum arcticum. Auf kalkhaltigen Böden ist Salix reticulata häufig. In Mooren wachsen viele
Seggenarten (Carex saxatilis, C. parallela, C. marina subsp. pseudolagopina, C. arctisibirica) sowie
Ranunculus villarsii, R. pallasii und R. spitzbergensis. Auf Schutthängen kommen zahlreiche
Potentilla-Arten und Polemonium boreale vor.
Auf den westlich gelegenen ozeanischen Inseln Jan Mayen und Bjørnøya fehlen viele charakteristi-
sche Arten (z. B. Cassiope tetragona, Dryas octopetala, Carex rupestris). Andere Arten werden
teilweise oder ganz ersetzt (Salix polaris durch S. herbacea, Luzula confusa durch L. arcuata).
Hinzu kommen einige südliche Elemente wie Cerastium cerastoides, Ranunculus glacialis und
Rhodiola rosea. Dicke Moospolster mit Racomitrium lanuginosum, R. ericoides und Sanionia
uncinata sind besonders für die junge quartäre Vulkaninsel Jan Mayen mit ihren vielen Lavaströmen
und grobkörnigen Böden charakteristisch.
Diese Gebiete haben eine lange, aber kühle Wachstumsperiode. Mit mittleren Juli-Temperaturen
von ca. 4,5 °C und einer ähnlichen oder gar etwas höheren mittleren August-Temperatur weisen sie
eine bezeichnende Verwandtschaft zu stark ozeanisch geprägten Gebieten auf. Mit über 2 °C ist die
mittlere September-Temperatur für die Arktis verhältnismäßig hoch. Zahlreiche Nebeltage bewirken
eine humidere Situation, als es die durchschnittlichen Jahresniederschlagsmengen von 400-600 mm
erkennen lassen. Auf Jan Mayen wird diese Wirkung durch die starke Wasserdurchlässigkeit der
grobkörnigen Böden aufgehoben. Jahreszeitlich feuchte Schneetälchen sind hier durch das dunkle
Moos Arctoa anderssonii gekennzeichnet, das offensichtlich an diese wechselnden Verhältnisse
angepaßt ist.
Die drei Kartierungseinheiten (B2, B3, B4) spiegeln den durch die Lage bedingten unterschiedlichen
Grad der Ozeanität bzw. Kontinentalität und die entsprechenden pflanzengeographischen Unter-
schiede wider.
123
Formation B Karte der natürlichen Vegetation Europas
cher (Vaccinium uliginosum subsp. microphyllum, V. vitis-idaea subsp. minus, Empetrum herm-
aphroditum) und hypoarktische Sträucher (Betula nana, Salix phylicifolia, S. lanata, S. hastata,
S. glauca) in zwergstrauchartiger Wuchsform. Diese hier niedrigwüchsigen Sträucher wie Betula
nana bleiben auf kleine Geländeeintiefungen begrenzt, im Gegensatz zur südlicheren Strauch-
Tundra, wo sie auch auf Erhebungen wachsen.
Charakteristische krautige Pflanzen sind Astragalus alpinus, Carex arctisibirica, Petasites frigidus,
Rubus chamaemorus, Saussurea alpina und Valeriana capitata. Prostrate Zwergsträucher sind
weniger verbreitet als im Norden, während höherwüchsige Sträucher (> 40 cm) in der südlich
angrenzenden Zone besser entwickelt sind.
Die Lebensformentypen verteilen sich mosaikartig entsprechend dem „kleinhügeligen“ Nanorelief:
Auf Erhebungen wachsen die oben genannten ericoiden Zwergsträucher, an Moosen Hylocomium
splendens, Pleurozium schreberi, Dicranum elongatum, D. angustum und an Flechten Cladina ran-
giferina, C. mitis; in den Vertiefungen kommen vorwiegend hygrophile Moose wie Sphagnum gir-
gensohnii, Aulacomnium turgidum, A. palustre, Polytrichum alpinum vor. Zwischen den einzelnen
Erhebungen können Gräser, Seggen (z. B. Carex arctisibirica), Kräuter und auch Flechten (Flavoce-
traria nivalis, F. cucullata, Cladina mitis, C. rangiferina, Cladonia macroceras, C. amaurocraea
u. a.) gedeihen.
Der Anteil an arktischen und arktisch-alpinen Arten ist im Süden im Vergleich zu mittelarktischen
und vor allem nordarktischen Tundren deutlich niedriger. Unter den arktisch-alpinen Geoelementen
sind besonders hervorzuheben: die amphiatlantische Betula nana und die europäisch-westsibirische
Salix phylicifolia agg. In den voruralischen südarktischen Tundren spielen sibirische Arten wie
Calamagrostis holmii, Salix pulchra, Tephroseris atropurpurea und Oxytropis campestris subsp.
sordida eine gewisse Rolle.
Das Klima der südarktischen Tundren ist gegenüber dem der nördlicheren durch höhere Tempera-
tursummen, eine vergleichsweise längere frostfreie Periode, durch Temperaturmittel im wärmsten
Monat von 6(7) bis 8(9) °C und relativ höhere Jahresniederschläge (350-600 mm), die mehrheitlich
im Winter fallen, gekennzeichnet. Die mittlere Höhe der Schneedecke beträgt 60-70 cm, maximal
1-1,5 m bei mehr oder weniger gleichmäßiger Verteilung.
Südarktische Tundren kommen in der Zone der annähernd geschlossenen Verbreitung von Perma-
frostböden vor. Die saisonale Auftautiefe beträgt je nach Textur auf sandig-lehmigen Böden 60 bis
100 cm und auf lehmig-sandigen bis sandigen Böden 90-150 cm. Auf schwach bis mittellehmigen
Substraten treten schwach podsolige gleyartige Böden, auf sandigen Substraten podsolige „Pod-
bury“-Böden auf (IGNATENKO 1979).
Auf Jan Mayen gehören südexponierte moosreiche Zwergstrauch-Tundren (B5) zu den südarkti-
schen Ausbildungen. Im Süd- und Westteil Islands treten ozeanisch getönte, eher azonale Moos-
„Tundren“ (B6) großflächig auf. In Rußland (Pe
ora-Gebiet und Insel Kolguev) sind Kraut-Moos-
Tundren (B7) ausgebildet, wobei der Komplex mit Mooren und Weidensträuchern die feuchteren
Bereiche (B8) charakterisiert. Im Pe
ora-Gebiet treten solche Abfolgen auch bei der Spalierstrauch-
Flechten-Tundra auf (B9, B10). Eine besondere Stellung nimmt die Halbinsel Jugor ein. Neben
124
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation B
Die arktischen Strauch-Tundren werden durch Gesellschaften mit gut entwickelter Strauchschicht
von Betula nana (Deckung 60-70 %, Höhe 50-100 cm) repräsentiert. Bedeutend ist die Beimischung
einer oder mehrerer Salix-Arten (Salix phylicifolia, S. lanata, S. lapponum, S. hastata, S. glauca).
Meistens sind zwei Schichten ausgebildet: die höhere (70-100 cm) mit Betula nana, Salix phylicifo-
lia, S. lanata und S. lapponum und die untere (50-70 cm) vorwiegend mit Salix glauca. Die Tempe-
ratursummen reichen jedoch noch nicht für das Wachstum von Bäumen aus.
Die Krautschicht ist gut entwickelt (durchschnittliche Deckung 30-35 %, Höhe 10-15 cm) und
besteht vorwiegend aus Zwergsträuchern (Vaccinium vitis-idaea, V. uliginosum subsp. microphyl-
lum, Empetrum hermaphroditum, Ledum palustre). Kennzeichnend ist die regelmäßige Beimischung
borealer Arten: Carex globularis, Geranium sylvaticum, Vaccinium myrtillus, Solidago virgaurea.
In der Moosschicht spielt Pleurozium schreberi die wichtigste Rolle.
Auch in der arktischen Strauch-Tundra kommt regelmäßig und mosaikartig eingestreut Schneetäl-
chenvegetation vor. Schneetälchen oligotropher Standorte werden durch Salix herbacea, Gnaphali-
um supinum, Cassiope hypnoides und Veronica alpina gekennzeichnet. Auf mesotrophen Schneetäl-
chenstandorten stellen sich Hochstauden und Stauden wie Epilobium angustifolium, Angelica
125
Formation B Karte der natürlichen Vegetation Europas
archangelica, Geranium sylvaticum und Alchemilla spp. ein. Windexponierte Rücken tragen eine
arktisch-alpine Gesellschaft (Loiseleurio-Diapension (Br.-Bl. et al. 1939) Daniëls 1982) mit den
kennzeichnenden Arten Diapensia lapponica, Loiseleuria procumbens, Juncus trifidus und Arcto-
staphylos alpinus. Diese natürliche Begleitvegetation fehlt in den südlich angrenzenden borealen
Wäldern. Ombrotrophe Moore mit vorherrschenden Sphagnum-Arten gehören ebenfalls zum Vege-
tationsinventar.
Strauch-Tundren entwickeln sich in Gebieten mit inselartiger Verbreitung von Permafrostböden, die
30-40 % des Areals dieses Tundrentyps einnehmen. In diesem Gürtel geht das saisonale Auftauen
sandig-lehmiger Böden 2-3 m und von sandigen Böden 3-5 m in die Tiefe. Hierbei entwickelt sich
ein bultiges Nano- und Mikrorelief. Es überwiegen schwach podsolige Gleyböden („Podbury“)
sowie podsolartige und podsolige Al-Fe-Humusböden (IGNATENKO 1979).
Die Gliederung der Strauch-Tundren beruht auf dem klimatischen Gradienten ozeanisch-kontinental
und dem edaphischen von frischen zu nassen Standorten bzw. entsprechenden Komplexen. Die Viel-
zahl der Kartierungseinheiten in Rußland ist durch unterschiedliche Artenverbindungen und Kom-
plexbildungen (namentlich mit Mooren) bedingt. Ozeanisch geprägte Tundren sind auf Island zu
finden (B16). In Finnmark und auf der Halbinsel Kola treten entweder flechtenreiche Tundren mit
Calluna vulgaris (B17) oder zwergstrauchreiche Tundren (B18) auf. In küstenferneren Lagen der
Kola-Halbinsel sind Zwergbirken-Tundren mit Cornus suecica ausgebildet (B19), während der Ty-
pus mit Strauchweiden und Trientalis europaea bis zur Halbinsel Jugor reicht (B20). Unterschiedli-
che Strauch-Tundren-Komplexe mit Weiden-Tundren und Palsamooren (B23) bzw. mit Seggen- und
Braunmooren (B24) treten zwischen Kanin und der Pe
ora-Bucht auf. Bis in den Polar Ural reichen
die Zwergbirken-Tundren mit Strauchweiden (B25, B26, B27) bzw. im Komplex mit Palsamooren
(B28). Die voruralischen Zwergbirken- und Weiden-Tundren unterscheiden sich von den oben
beschriebenen Einheiten insbesondere durch Arten mit östlicher Verbreitung wie Tephroseris
atropurpurea und Eritrichium villosum. So entsprechen die Zwergbirken-Tundren im Komplex mit
Palsamooren (B29, B32, B33) in Aufbau und Struktur den westlicheren Einheiten B21, B27 und
B28. Ein ähnliches Paar von Kartierungseinheiten mit unterschiedlicher West-Ost-Verbreitung bil-
den die Weiden-Zwergbirken-Tundren von B22 und die voruralische Einheit B30. Im Gegensatz zu
B33 zeichnen sich B31 und B32 durch das Vorkommen von zahlreichen arktisch-alpinen Arten aus.
126
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation B
Ablagerungen geprägt. Weite Teile von Zentralisland haben jedoch nur eine sehr fragmentarische
Vegetationsbedeckung, insbesondere bei Verwitterung zu grusig-sandigen Böden, die rasch durch
Regen und Wind erodiert werden (B35). Die gute Mineralversorgung der Böden mit einer schwach
sauren bis neutralen Reaktion erklärt das Zusammentreffen „neutrophiler“ bzw. „basiphiler“ Arten
(z. B. Silene acaulis, Dryas octopetala und Saxifraga oppositifolia) mit Säurezeigern wie Luzula
spicata, Salix herbacea und Alchemilla alpina. Etwas ungewöhnlich, aber für Island außerordentlich
charakteristisch, ist das häufige Vorkommen von Armeria maritima, Thymus praecox subsp. arcti-
cus, Cardaminopsis petraea und die starke Beteiligung der Racomitrium-Arten (vgl. B34). Im West-
teil der Halbinsel Kola ist die Gebirgstundra (B36) oberhalb der nordborealen Birken-Lichtwälder
(C2) sowie lichten Fichten- und Kiefernwälder (D2, D42, D44) ausgebildet.
Gebirgstundren der Halbinsel Kola sind durch eine hohe Diversität der Pflanzendecke und eine
relativ reiche Artengarnitur gekennzeichnet. Es herrschen Zwergstrauch-Flechten-Tundren vor.
Innerhalb der Gebirgstundren kann man 2 Höhenstufen unterscheiden. Die untere Höhenstufe reicht
bis 700 m und ist vorwiegend durch Arten hypoarktischer Verbreitung repräsentiert. Es handelt sich
um Zwergstrauch-, Zwergstrauch-Flechten- und Strauch-Tundren (Betula nana, Salix glauca,
S. lanata). In den höherliegenden Gebirgstundren (700-900 m) findet man neben Zwergsträuchern
und Flechten, die für die niedrigere Stufe typisch sind, zusätzlich arktisch-alpine Arten (Salix
herbacea, Carex bigelowii, Cassiope hypnoides). Noch höher (über 900 m) ist der Anteil an Blü-
tenpflanzen sehr gering. Sporenpflanzen (Moose und Flechten) spielen hier die Hauptrolle. Nicht
selten haben sich in flachen Gipfellagen Kraut-Moos- und Zwergstrauch-Moosgesellschaften (vor-
herrschend mit Dicranum fuscescens) entwickelt, die einen Deckungsgrad von 60-70 % erreichen.
Auf Hangterrassen und Sätteln haben sich in Vertiefungen kleinflächige Moore gebildet: Laubmoos-
reiche Typen mit Calliergon sarmentosum, Hypnum sp., Warnstorfia fluitans und oft mit bei-
gemischten Zwergsträuchern und Kräutern.
Die Gebirgstundren des Paj-Choj, Polar und Nördlichen Ural werden durch drei Kartierungsein-
heiten repräsentiert: Flechten-Hochgebirgsvegetation (B37), Zwergstrauch-Moos-Flechten-Gebirg-
stundren (B38) und Kraut-Moos-Gebirgstundren (B39). Die Flechten-Tundren auf Gesteinsschutt in
der obersten Höhenstufe (B37) sind ihrer Typologie nach den arktischen Polarwüsten der Gebirge
nahe verwandt. In ihrer Zusammensetzung spielen Krustenflechten eine wichtige Rolle. An Stellen
mit überwiegend flachgründigen Böden herrschen Strauchflechten vor. An Moosen finden sich
häufig Racomitrium lanuginosum, R. microcarpon, Andreaea rupestris und Tetralophozia setifor-
mis, an Blütenpflanzen Ranunculus pygmaeus, Oxygraphis glacialis, Geum glaciale, Cardamine
bellidifolia. Die Deckung der Flechten und Moose schwankt zwischen 30 und 60 %, die der Ge-
fäßpflanzen übersteigt 5 % nicht. Alle Gesellschaften weisen auf extreme Klimabedingungen mit
sehr kurzer Vegetationsperiode und ungünstigem Feuchtigkeitsregime hin.
Es fehlen gut entwickelte Böden, nur zwischen Steinblöcken und in Felsspalten findet sich etwas
Feinboden. Flechten-Tundren nehmen die höchsten Lagen im Nordteil des Ural ein: im Polar Ural
Höhen zwischen 700 und 1895 m; im Nordural sind sie nur inselartig in Gipfellagen zwischen 1100
und 1200 m vorhanden.
127
Formation B Karte der natürlichen Vegetation Europas
B.2 Alpine Vegetation (Alpine Rasen, Spalier-, Zwergstrauch- und Strauchvegetation, Fels-
und Schuttfluren) in der borealen, nemoralen und mediterranen Zone
Paul Heiselmayer, mit Beiträgen von Heinrich Wagner & Dato Bedošvili
128
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation B
alpinen Schutt- und Felsgesellschaften sowie die Pflanzengesellschaften der Schneetälchen, Wind-
kanten, Quellfluren und Niedermoore enthalten. Alle diese Lebensräume liegen oberhalb der
Waldgrenze. Nicht einbezogen ist dagegen die alpische zonale Zwergstrauchformation mit Rhodo-
dendron ferrugineum und R. hirsutum. Diese ist infolge der anthropozoogenen Depression der
klimatischen Waldgrenze (Almengebiet) größtenteils in der subalpinen Stufe angesiedelt und besitzt
dementsprechend sehr viele floristische Beziehungen zu den Wäldern und Gebüschen dieser Stufe.
Die entsprechenden Vegetationstypen werden bei der Formation C behandelt.
Nach unten grenzt die Formation B einerseits an die subalpinen Wälder (hauptsächlich Nadelwälder
oder sommergrüne Breitlaubwälder), andererseits an die mit diesen meist gemeinsam auftretenden
Strauch-, Zwergstrauch- und Hochstaudengesellschaften (Formation C). Als obere Grenze wird der
Bereich der Auflösung der geschlossenen Rasendecke mit Ausbildung einer offenen Vegetation bei
gleichzeitigem Eindringen von Polsterpflanzen definiert (Grenze zur subnivalen und nivalen Stufe
– Formation A).
Bei der Gliederung und Abgrenzung der zonalen Vegetation in der alpinen Stufe gibt es unter-
schiedliche Auffassungen. Wie eingangs erwähnt, werden die Zwergsträucher (Rhododendron
ferrugineum und R. hirsutum) in den Alpen unterschiedlichen Höhenstufen zugeordnet. Während
einige Autoren (OZENDA 1988, WAGNER 1970) die Artengarnitur dieses „Zwergstrauchgürtels“ in
Beziehung zu den an der Waldgrenze stockenden Wäldern setzen und daher in den Alpen zur
subalpinen Stufe rechnen, betrachten andere Autoren (z. B. SCHRÖTER 1926) die eigentliche
Waldgrenze als Trennlinie zwischen subalpiner und alpiner Stufe. Bei dieser Definition wird die
Zwergstrauchformation als untere alpine Stufe ausgewiesen. In den Skandinavischen Gebirgen zählt
die Zwergstrauchvegetation mit Betula nana ebenfalls zur unteren alpinen Stufe.
Die Höhenlage der alpinen Stufe schwankt je nach geographischer Breite und nach Lage am Rande
oder im Inneren eines Hochgebirges. Sie ist in Skandinavien etwa zwischen (800)1200 und 1700 m,
in den Nordalpen und Karpaten zwischen (1900)2000 und 2500(2700) m, in den Inner- und Südal-
pen zwischen (2200)2300 und 2800(3000) m, in den Pyrenäen zwischen 2400 und 3200 m und im
Kaukasus zwischen (2400)2500 und 3000(3100) m anzusetzen. Eine grobe Übersicht der einzelnen
Höhenstufen mit ihrer zonalen Vegetation vermittelt Tab. 4.
Geographische Verbreitung
Das Hauptverbreitungsgebiet der Formation B.2 liegt in den Hochgebirgen Europas oberhalb der
Waldgrenze. Von den Gebirgen Schottlands und den Skandinavischen Gebirgen erstreckt sich das
Vorkommen bis zu den südeuropäischen Hochgebirgen und dem Kaukasus, soweit diese nicht durch
Winterregenklimate geprägt sind (wie die Gebirge im südlichen Griechenland, in Süditalien und
Sizilien, z. T. in Südspanien). Die Vorkommen der Formation sind ziemlich weit über Europa
gestreut; größere geschlossene Einheiten finden sich vor allem in den Skanden, den Alpen, den
Pyrenäen und dem Kaukasus.
129
Formation B Karte der natürlichen Vegetation Europas
Tab. 4: Höhenverbreitung der alpinen Vegetation in den Hochgebirgen Europas (Formation B.2).
Apennin,
Alpen, Karpaten,
Skanden Dinariden, Balkan, Kaukasus
Pyrenäen
Spanien
Obergrenze 1700 m 2500–3200 m 2500–3400 3000–3100 m
hochalpin Rasenfragmente Rasenfragmente Rasenfragmente Alpine Matten
Kalk Rasen Rasen Rasen Rasen
(Kobresio-Dryadion) (Seslerion albicantis, (Seslerietalia albicantis, (Carici rupestris-Kobresietea
Caricion ferrugineae; Seslerietalia tenuifoliae, bellardii, Kobresietalia
Carici rupestris- Onobrychido-Seslerietalia, capilliformis)
Kobresietea bellardii) Daphno-Festucetalia) Rasen mit Geum speciosum
(bis niederalpin)
mittelalpin
130
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation B
schon den Spätsommer anzeigt. In der Regel beginnen die krautigen Pflanzen nach den ersten
stärkeren Frösten (in den Alpen Ende August - Anfang September) einzuziehen. In der alpinen Stufe
(insbesondere in der oberen alpinen Stufe) kann es infolge der ungünstigen klimatischen Bedingun-
gen (Kürze der Vegetationszeit) auch zu einer Dehnung der phänologischen Phasen kommen, so daß
die Blüte erst im 2. Jahr erfolgt (z. B. Ranunculus glacialis).
131
Formation B Karte der natürlichen Vegetation Europas
hinzukommen. Die Schuttgesellschaften der Klasse Thlaspietea rotundifolii Br.-Bl. 1948 und die
Felsspaltengesellschaften der Klasse Asplenietea trichomanis (Br.-Bl. in Meier et Br.-Bl. 1934)
Oberdorfer 1977 zeigen in Europa eine meist bis zu den Ordnungen einheitliche Gliederung. Von
Norden nach Süden (insbesondere nach Südosten) ist eine zunehmende Zahl von Verbänden
festzustellen (vgl. Tab. 4 und 6-8).
Die alpinen Rasen in den Alpen sind nach der klassischen Gliederung einerseits als Kalkrasen der
Klasse Seslerietea albicantis Oberdorfer 1978 corr. Oberdorfer 1990 und andererseits als azidophile
Rasen der Klasse Juncetea trifidi Hada
in Klika et Hada
1944 (= Caricetea curvulae Br.-Bl. 1948)
vertreten. Die Zahl der Verbände und Assoziationen dieser Rasen erreicht in Südosteuropa (ins-
besondere im Balkan) einen Höhepunkt, wo allein schon durch die Vielfalt der Sesleria-Arten eine
hohe Diversität besteht. Die Kalkrasen werden hier der Klasse Elyno-Seslerietea Br.-Bl. 1948
zugeordnet, die azidophilen Rasen der Klasse Juncetea trifidi. Im Apennin (Abruzzen) gehören die
hier typischen Sesleria-Rasen zur Ordnung der Seslerietalia tenuifoliae Horvat 1930.
In den Skanden und den Alpen kommt insbesondere auf Kalk-Silikat-Mischgestein noch die Klasse
Carici rupestris-Kobresietea bellardii Ohba 1974 hinzu. Dieser Klasse lassen sich im Kaukasus die
Kobresia spp.- und Carex tristis-Rasen zuordnen, die mit Festuca woronowii gehören dagegen zu
den Juncetea trifidi (vgl. Tab. 4). Innerhalb dieser Rasen gibt es eine West-Ost-Differenzierung.
Arten der subalpinen sommergrünen Rasen dringen im westlichen Kaukasus in die alpinen Rasen
ein, während im östlichen vor allem Steppenelemente auftreten.
Makroklimatische Gegebenheiten
Die einzelnen Gebirge liegen in unterschiedlichen Klimazonen. Als grundlegende Gliederung kann
hier die Einteilung in Zonobiome (ZB) nach WALTER & BRECKLE (1999) herangezogen werden (vgl.
Karte 2):
Die höchsten Teile dieser Gebirge erstrecken sich über die Waldgrenze hinaus und besitzen eine
alpine Höhenstufe.
132
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation B
Innerhalb der nemoralen Zone ist ein Gradient von ozeanisch im Westen bis subkontinental im
Osten gegeben. Die meisten Gebirge weisen auf engem Raum zusätzlich Kontinentalitätsgefälle auf,
die einerseits auf dem Luv-Lee-Effekt beruhen (z. B. Kantabrisches Gebirge mit Staulagen auf der
Nordseite, Pyrenäen), andererseits auf der Abschirmung der zentralen intramontanen Landschaften
durch die umgebenden Gebirgszüge (z. B. inneralpine Trockentäler der Alpen mit den umgebenden
Gebirgsstöcken oder innere Teilgebiete der Skanden wie die Umgebung des Gudbrandsdalen oder
des Rondanegebirges). Ähnliche Verhältnisse sind im Inneren des Kaukasus zu finden, wobei hier
die extreme Differenzierung zwischen West- und Ostseite (Kolchische und Kaspische Region)
verstärkend wirkt. Die alpine Vegetation der Gebirgszüge im Zonobiom IV zeigt oft schon enge
Beziehungen zur Formation N (Oroxerophytische Vegetation). Dies trifft besonders für die Sierra
Nevada und die Mittelgriechischen Gebirge zu (B49, B54, B55).
Standortbedingungen
Besonders prägend für die alpine Höhenstufe der Gebirge der borealen und temperaten Zone sind
kurze Vegetationszeiten und lange Schneebedeckung. Ein Höhenanstieg um 100 m führt zu einer
Verkürzung der Vegetationszeit um 6-7 Tage. So wird von SCHRÖTER (1926) für die Schweizer Alpen
für 2000 m eine theoretische Vegetationszeit von ca. 5 Monaten, für 3000 m von 2 Monaten an einem
südexponierten Hang angegeben; Nordhänge haben eine um 6-8 Wochen kürzere Vegetationszeit. Da
in den meisten Gebirgen je nach Höhenlage erst Ende Mai bzw. Anfang Juni der Schnee wegschmilzt
und schon Ende August bis Anfang September mit den ersten stärkeren Frösten (auch während des
Tages) und Schneefällen zu rechnen ist, wird dann die Phytomasseproduktion stark eingeschränkt, und
der Großteil der Pflanzen zieht im September die oberirdischen Organe ein. So bleiben als produktive
Vegetationszeit maximal 4 Monate. Im Sommer bewirkt die starke Einstrahlung während des Tages
eine sehr rasche Erwärmung des Bodens, wodurch ein günstiges Mikroklima entsteht, was aber bei
geneigten und südexponierten Hängen und südlicheren Breitengraden zu Überhitzungen und Aus-
trocknungen führen kann. In der Nacht hingegen kann die starke Ausstrahlung auch im Sommer zu
Morgenfrösten führen. Ökologisch wirksam ist überdies der erhöhte UV-Anteil an der Globalstrahlung
mit steigender Meereshöhe.
Die Schneedecke ist sowohl in der Mächtigkeit als auch in ihrer Dauer sehr unterschiedlich. Theore-
tisch steigt die Dauer der Schneebedeckung mit der Meereshöhe, doch wirkt sich hier besonders stark
die modifizierende Wirkung des Geländes aus, die sich neben der Differenzierung in wärmere
Südhänge und kühlere Nordhänge vor allem auch in windexponierten Kuppen und Rücken (Grate) und
windgeschützten Mulden und Rinnen manifestiert: jene sind äußerst windexponiert und auch im
Winter häufig schneefrei, diese windgeschützt und im Winter meist hoch mit Schnee bedeckt und
dadurch auch im Sommer feuchter. Dies führt zur Ausbildung von windexponierten „Windkanten“ mit
einer winterlichen Schneebedeckung von oft nur einem Monat (Frosttrocknis!) und geschützten, lange
mit Schnee bedeckten Schneetälchen, die oft weniger als 8 Wochen schneefrei sind. Ferner wirken
auch Luv-Lee-Effekte (einschließlich Schneewächten und Lawinen) auf die
Vegetationsdifferenzierung. Niederschläge sind im Gebirge kaum ein begrenzender Faktor, allein im
Winterregengebiet kann es zu sommerlichen Wasserstreßerscheinungen kommen.
133
Formation B Karte der natürlichen Vegetation Europas
Abb. 6: Klimadiagramme von Gebirgsstationen im Bereich der alpinen Vegetation (nach WALTER & LIETH
1967): Norwegen (Sikkilsdalsseter, B42), Schweiz (St. Bernhard, B43, Säntis, B44), Polen (Schnee-
koppe, C17), Bulgarien (Sitniakowo, B54/C39).
Neben der Ausbildung des Reliefs ist auch die Windwirkung von entscheidender Bedeutung und
muß oft in Kombination mit anderen Faktoren betrachtet werden (z. B. „Windkanten“). Mit zuneh-
mender Höhe geht oft eine Steigerung der Windgeschwindigkeit einher, die besonders in Gratlagen
zu extremen Werten führen kann. Winterliche Schneeverfrachtungen, aber auch Bodenanrisse
können die Folge sein. Daneben führen in vergletscherten Gebieten örtlich auftretende Gletscher-
winde zu ungünstigen Produktionsbedingungen und einer Differenzierung der Vegetation in deren
Einflußbereich. Im Winter kann neben verstärktem Auftreten von Frosttrocknis ein mit Schneefracht
beladener Wind zur Erscheinung des Schneeschliffes führen. In der oberen alpinen und der nivalen
Stufe prägen häufige Wechselfröste den Standort, so daß Solifluktionserscheinungen dort verstärkt
auftreten und eine geschlossene Rasendecke verhindern.
Eine deutliche Gliederung der Vegetation bedingt das Grundgestein. Hieraus ergibt sich eine
Differenzierung in azidophile Serien auf silikatischem und in calciphile auf karbonatischem bzw.
dolomitischem Grundgestein. Ausbildungen auf Mischgesteinen (z. B. Kalkphyllite) werden wegen
günstigerer Nährstoffversorgung und trotz bestimmter floristischer Eigenständigkeiten zur calciphi-
len bzw. basiphilen Vegetation gestellt.
Infolge der ungünstigen klimatischen Verhältnisse verläuft der Prozeß der Bodenbildung meist sehr
langsam, so daß flachgründige Böden überwiegen. Als Hauptbodentypen treten auf saurem, silikati-
schem Gestein alpine Ranker und auf basischem (Kalk, Dolomit) alpine Rendzinen mit starkem
134
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation B
Trend zur Protorendzina auf. Auf stark dolomitisiertem Grundgestein kommt es häufig zur Entkal-
kung der obersten Bodenschichten mit der Folge einer oberflächlichen Versauerung. In den Schnee-
tälchen sind alpine Pseudogleye die vorherrschenden Bodentypen.
Gliederung in Untereinheiten
Die alpine Vegetation ist schon aufgrund ihrer disjunkten Verbreitung und ihrer Vorkommen in
verschiedenen Klimaten sehr mannigfaltig. Zusätzlich besteht jede Kartierungseinheit aus einem
bunten Mosaik verschiedenster Pflanzengesellschaften. Eine Typisierung läßt sich daher nur an
Hand der geographischen Verbreitung und des Arteninventares bzw. der Gesteinsunterlage durch-
führen.
Folgende geographisch-typologischen Gruppen werden in der Europakarte unterschieden:
– Schottische und skandinavische, ozeanisch bis kontinental geprägte Rasen- und Zwerg-
strauchvegetation überwiegend auf Silikatgestein;
– Alpische, karpatische und pyrenäische Vegetation auf Karbonat- und Silkatgestein;
– Iberische, apenninische, illyrisch-dinarische und balkanische Vegetation auf Karbonat- und
Silikatgestein;
– Kaukasische Vegetation auf Karbonat- und Silikatgestein.
135
Formation B Karte der natürlichen Vegetation Europas
Jede dieser geographisch-typologischen Gruppen ist nicht nur durch unterschiedliche Pflanzenge-
sellschaften geprägt, sondern auch durch eine größere Zahl endemischer Arten, so daß sich hier auch
die pflanzengeographische Diversität widerspiegelt.
Die Untergliederung der Einheiten innerhalb einer Gruppe erfolgt entweder nach der Gesteins-
unterlage (Karbonat- bzw. Silikatgestein) oder nach der Humidität bzw. Kontinentalität.
Schottische und skandinavische, ozeanisch bis kontinental geprägte Rasen- und Zwergstrauch-
vegetation überwiegend auf Silikatgestein (B40-B42)
Tab. 6: Gliederung und Verteilung der alpinen Gesellschaften in Schottland und Skandinavien.
Schottland Skandinavien
Zwergstrauch- Silikat Phyllodoco-Vaccinion myrtilli Phyllodoco-Vaccinion myrtilli
gesellschaften
Rasen Kalk Festuca ovina-Gesellschaften Kobresio-Dryadion (Caricion nardinae)
Silikat Nardus stricta-Carex bigelowii-Gesell- Caricetalia curvulae
schaften Nardo-Caricion bigelowii
Carex bigelowii-Polytrichum alpinum-
Gesellschaften
Windheiden Kalk Caricion nardinae, Elynion bellardii
Silikat Juncus trifidus-Racomitrium lanuginosum- Loiseleurio-Arctostaphylion (Loiseleurio-
Gesellschaften Diapension)
Schneeböden Kalk Saxifrago-Ranunculion nivalis
Silikat Salicetalia herbaceae Cassiopo-Salicion herbaceae
Felsfluren Kalk Cystopteridion fragilis
Silikat Androsacion vandellii
Schuttfluren Kalk Thlaspietalia rotundifolii, Arenarion norvegicae
Silikat Androsacetalia alpinae, Saxifrago stellaris-
Oxyrion digynae
136
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation B
ausreichendem Schneeschutz Podsole, bei Windexposition Braunerden und Ranker auf. Basiphile
Gesellschaften sind seltener und durch Dryas-Heiden gekennzeichnet. In den höheren Lagen des
Skandischen Hauptkammes dominieren Gesellschaften mit Carex rupestris und Kobresia myosuroi-
des.
Die skandinavischen Rasengesellschaften zeigen ebenfalls eine Reliefdifferenzierung: Geschützte
Mulden werden von Nardus-Rasen (oft mit Cassiope hypnoides) eingenommen, auf windexponier-
ten Kuppen dominiert Festuca ovina. Da die ozeanischen Gebiete westlich des Hauptkammes
wesentlich schneereicher sind, überwiegen hier (vor allem in Küstennähe) Rasen mit Nardus stricta
und Carex bigelowii, während Festuca ovina-Rasen im kontinentaleren Bereich dominieren.
Alpische, karpatische und pyrenäische alpine Vegetation auf Karbonat- und Silikatgestein
(B43-B48)
Diese Einheiten kommen hauptsächlich in den mitteleuropäischen Gebirgen vor mit Hauptver-
breitung in den Alpen (B43, B44) und Pyrenäen (B48). Im Karpatenbogen beschränken sie sich auf
die höchsten Gipfellagen wie Hohe Tatra (B45), Rodna-Gebirge (B46), Ostkarpaten, und auf die
Südkarpaten (B46, B47) mit F|g|raÕului-, Bucegi-, Lotrului- und Retezatului-Gebirge. Kleinflächig
treten solche alpinen Gesellschaften, in die subalpine Stufe hineinreichend, auch in Gipfellagen
niedrigerer Gebirge auf (Riesengebirge, Babia Gora, Fatra u. a. – in der Karte nicht darstellbar).
Tab. 7: Gliederung und Verteilung der alpinen Gesellschaften in den Pyrenäen, Alpen, Sudeten und Karpaten.
Die weite geographische Streuung und die Isolation der einzelnen Gebirgsstöcke im Karpatenbogen
führte zu floristischer Differenzierung und zur Entstehung von Endemiten. In allen Gebirgen treten
unterschiedliche Gesteine (Kalk- und Silikatgestein) differenzierend hinzu. In den Pyrenäen stehen
überwiegend Silikatgesteine an (B48) und auch in den Westkarpaten wurden Karbonat- und Silikat-
standorte in einer Kartierungseinheit zusammengefaßt (B45). Aufgrund großflächiger Vorkommen
beider Substrate ließen sie sich in den Alpen (B43, B44) sowie in den Ost- und Südkarpaten (B46,
137
Formation B Karte der natürlichen Vegetation Europas
B47) kartierungsmäßig trennen. Gemeinsam ist allen drei Gebirgen das Auftreten des Caricetum
curvulae auf Silikat- und des Seslerio-Caricetum sempervirentis auf Kalkstandorten in der zonalen
Vegetation (vgl. Tab. 7). Die Artenkombinationen variieren jedoch in den einzelnen Gebirgen.
Gegenüber den skandinavischen Gebirgen ist die Sommertemperatur wesentlich höher, so daß die
Produktivität auch für Carex curvula ausreichend ist. Die Böden der zonalen Vegetation sind
entweder Ranker, Braunerden oder Rendzinen.
Tab. 8: Gliederung und Verteilung der alpinen Gesellschaften in Spanien, im Apennin, den Dinariden und auf
dem Balkan.
Im Apennin hat die alpine Vegetation auf Silikatgesteinen enge Beziehungen zu jener der Alpen
(B51), während die zentral- und südapenninische Karbonatvegetation (B52) Arten wie Sesleria
tenuifolia (= S. apennina) enthält, die auch im nordwestlichen Dinarischen Gebirge (B53) vertreten
sind, wo sie kleinräumig zahlreiche Gipfel besiedeln. Etwas andere Vegetationstypen beherbergen
die zentral- und südbalkanischen Gebirge. Auf silikatischem Untergrund (B54) weisen Carex
curvula und Juncus trifidus noch auf Beziehungen zu den Alpen hin, bilden aber mit den Arten des
138
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation B
zentralen und südlichen Balkan (Sesleria comosa, Festuca riloensis, F. valida u. a.) eigene Gemein-
schaften. Ihr Vorkommen ist auf Gipfellagen der Gebirge von Bosnien-Herzegowina, Jugoslawien,
Albanien, Mazedonien, Bulgarien und Griechenland beschränkt. Die Vegetation auf Karbonat-
gestein (B55) ist vor allem durch Rasen mit endemischen Festuca-Arten, Kobresia myosuroides und
endemischen Sesleria-Arten ausgezeichnet. Größere Vorkommen liegen in Jugoslawien (Prokletije-
Gebirge), Albanien, Mazedonien (Šar Planina), Bulgarien (Pirin-Gebirge), Griechenland (Grammos,
Pindos, Olymp).
In der oberen Stufe des alpinen Gürtels dominieren horstbildende Gräser und Seggen (Festuca
ovina, Carex tristis, C. huetiana etc.), in der unteren Zone sind Gräser und Kräuter subalpiner
Gesellschaften beigemischt (Stachys macrantha, Geranium platypetalum, Calamagrostis arundina-
139
Formation B Karte der natürlichen Vegetation Europas
Nordexposition Südexposition
Alpine Matten haben ihren Schwerpunkt auf schneereichen Standorten. Diese feuchtigkeitslieben-
den Gesellschaften treten bevorzugt in Hohlformen wie Sättel von Höhenzügen und Gletschermul-
den auf. Im Kleinen Kaukasus, wo keine Spuren von Vereisung vorliegen, entwickelten sie sich in
Geländeeintiefungen. Alpine Matten kommen vor allem in der oberen alpinen Stufe vor und sind
zwischen 2800-3100 m optimal entwickelt. Anders als die alpinen Rasen bestehen die Matten aus
ausdauernden Dikotyledonen, unter denen Halbrosetten- und Rosettenpflanzen überwiegen. Typi-
140
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation B
sche Matten kommen auf gutentwickelten Böden vor, die fast vollständig (zu 70-80 %) mit Vegeta-
tion bedeckt sind. Die restliche Bodenoberfläche ist meist mit Moosen bewachsen.
Wiesensteppen, die für den alpinen Gürtel des südlichen Kaukasus charakteristisch sind, reichen nur
bis in die untere alpine Stufe.
Rhododendron caucasicum-Gebüsche sind im Großen Kaukasus sowie im Norden und teilweise
auch Nordwesten des Kleinen Kaukasus weit verbreitet. Sie überziehen die steilen Nordhänge, wo
die hohe winterliche Schneedecke auch einzeln stehende Büsche vor dem Erfrieren schützt.
Rhododendron caucasicum- und Vaccinium-Gesellschaften sind sowohl für die alpine als auch für
die subalpine Stufe charakteristisch. Im südlichen Teil ihrer Verbreitung (im nördlichen Armenien)
kommen sie jedoch hauptsächlich auf entwaldeten Flächen der subalpinen Stufe und in der unteren
alpinen Stufe bis 2720 m vor (MAGAK’JAN 1953).
Böden
Die Böden des alpinen Gürtels sind dunkelbraun bis schwarz und durch einen hohen Humusanteil
(über 10-12 %) gekennzeichnet, sie haben mittlere oder geringe Mächtigkeit (im Durchschnitt
20-40 cm), und sind schwach sauer (pH 6-6,5), haben gute Stickstoffversorgung, einen durchschnitt-
lichen Kaliumwert und wenig Phosphor. In der Regel sind sie skelettreich und von einer dichten
Grasnarbe bewachsen. Unter den Rhododendron caucasicum-Gebüschen entwickeln sich eher saure
Böden (pH 5-5,5) mit Rohhumusauflage.
141
Formation B Karte der natürlichen Vegetation Europas
Ein anderes Bild ergibt sich bei den Steinschuttfluren, deren floristische Zusammensetzung einzig-
artig ist, so daß keine gemeinsamen diagnostisch wichtigen Arten aus der Klasse Thlaspietea
rotundifolii Br.-Bl. 1948 gefunden werden können.
Gliederung in Kartierungseinheiten
Die höchsten jährlichen Niederschläge (2000-2500 mm) fallen im westlichen Großen Kaukasus. Für
diesen Teil des Kaukasus sind niedrige krautreiche Rasen mit dominierendem Geranium gymnocau-
lon typisch (B56). Als weiterer mesophiler Rasentyp treten hier Festuca djimilensis-Gesellschaften
auf, die in den anderen Teilen des Kaukasus durch xerophile Festuca woronowii-Rasen ersetzt
werden.
Im Westkaukasus spielen außerdem kalkhaltige Böden eine wichtige Rolle. Auf diesen kommen
endemische Gesellschaften mit Geum speciosum und Carex pontica vor. Während in der subalpinen
Stufe kolchische Reliktarten hervortreten, überwiegen in der alpinen kaukasische und kleinasiati-
sche Arten (u. a. Trifolium polyphyllum, Ranunculus brachylobus, R. helenae, Paracolpodium
colchicum).
In der alpinen Stufe des östlichen Großen Kaukasus (B57) sind Kobresia-Gesellschaften (Kobresia
capilliformis, teilweise K. schoenoides, K. persica) weit verbreitet, die zur zentralasiatischen
Kobresia-Vegetation (GROSSGEJM 1948) überleiten. Daneben sind Carex tristis-Rasen mit hoher
Stetigkeit vertreten, die stellenweise – speziell im nördlichen Teil des Kleinen Kaukasus – die
Gattung Kobresia vollkommen ersetzen und eine monodominante Zönose bilden.
Weit verbreitet sind Kobresia- und Carex tristis-Rasen auch im Kleinen Kaukasus (B58). Typische
Standorte sind flache Bergrücken, Plateaus und Bergkuppen mit feuchteren Böden, die aber im
Sommer austrocknenden Winden und im Winter dem Frost unterliegen. Weiterhin spielen Matten
mit Carum caucasicum, Campanula tridentata und Gentiana pontica im Wechsel mit Rhododen-
dron caucasicum-Gebüschen eine wichtige Rolle.
Der ausgeprägt kontinentale Klimaeinfluß des iranisch-kleinasiatischen Hochlandes macht sich im
südöstlichen Kleinen Kaukasus (B59) bemerkbar. Hier betragen die durchschnittlichen jährlichen
Niederschläge weniger als 1000 mm. In dieser Region fehlen Matten mit Nardus stricta und
Rhododendron caucasicum-Gebüsche, die in den anderen Teilen des Kaukasus weit verbreitet sind.
Dafür beherrschen Wiesensteppen mit Festuca valesiaca, Sesleria phleoides, Thymus kotschyanus
u. a. die südexponierten Hänge bis zu den höchsten Erhebungen.
Literatur
CONSERVATION OF ARCTIC FLORA AND FAUNA (CAFF) 1994, 1996; DOLUCHANOV, SACHOKIA &
CHARADZE 1946; ELVEBAKK 1994; ELVEBAKK & PRESTRUD (Ed.) 1996; FREMSTAD 1997; GORA-
KOVSKIJ 1975; HADA 1989; HOFMANN 1968; IGNATENKO 1979; KATENIN 1972; KOLAKOVSKIJ
1935; LID 1964; MAGAK’JAN 1953; MÖLLER 2000; MUCINA 1997; NACHUCRIŠVILI 1999; OZENDA
1988; PHILIPPI 1973; REBRISTAJA 1977; SCHRÖTER 1926; WAGNER 1970; WALTER & BRECKLE
1999; WALTER & LIETH 1967; YURTSEV 1994.
142
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation C
143
Formation C Karte der natürlichen Vegetation Europas
größert, die Bestände auf. In der Krautschicht kommen neben Zwergsträuchern – insbesondere bei
ausreichender Feuchtigkeit – oft auch Schaftpflanzen vor. Lichtwälder sind wie der Name sagt meist
lockerwüchsig, weshalb ausreichend Licht zu den Sträuchern und Zwergsträuchern im Unterwuchs
gelangt, so daß auch hier die Mehrzahl der Arten als heliophil gelten kann. Allerdings können in der
Formation auch ziemlich dichte und schattige Wälder vertreten sein wie z. B. geschlossene Zirben-
wälder in den Alpen.
Makroklimatische Gegebenheiten
Ein Teil der Formation gehört zur borealen Klimazone und nimmt dort die nördlichsten bzw.
höchsten Bereiche nahe der Waldgrenze ein. Die Jahresmitteltemperatur liegt dort zwischen -1 und
2 °C, die mittleren jährlichen Niederschläge betragen zwischen 400 mm und 2000 mm und die
Vegetationszeit ist relativ kurz. In der südlichen temperaten Zone sind in der subalpinen Stufe der
Gebirge ähnliche klimatische Bedingungen zu finden. In den meridionalen Gebirgen steigt die
Jahresmitteltemperatur an (Spanien bis 9 °C, Apennin bis 5 °C); hier kommt jedoch neben den
winterlichen kalten Temperaturen die sommerliche kurze Niederschlagsdepression als klimatische
Besonderheit hinzu. Als wesentlicher klimatisch differenzierender Faktor innerhalb der Formation
ist jedoch die sich von Westen nach Osten verstärkende Kontinentalität zu sehen. Neben der
hygrischen Kontinentalität (innerhalb der Gebirge mit Sommerregenmaxima als „Trockentäler“
ausgeprägt) wirkt sich auch die thermische Kontinentalität mit großen Temperaturschwankungen
auf die Zusammensetzung der Vegetation aus. So liegt das mittlere Januarminimum in den ozea-
nischen Gebieten (Island, Westnorwegen) bei -5 °C bis 2 °C, im kontinentalen Bereich (norwegi-
scher und finnischer Teil von Lappland, Rußland) meist unter -10 °C. Die vorherrschenden Baum-
144
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation C
arten müssen deshalb vor allem in kontinentaleren Gebieten eine ausgeprägte Frostresistenz auf-
weisen.
Standortbedingungen
Für die gesamte Formation gibt es nur wenige gleichbleibende edaphische Standortbedingungen. Als
Böden treten – besonders unter Nadelwäldern – Podsole auf. Das Geländerelief bewirkt starke
Differenzierungen zwischen felsigen Kuppen und feuchten, oft vermoorten Mulden.
Rolle im Landschaftsgefüge
Lichtwälder formen in allen Regionen die klimabedingte Waldgrenze, einerseits zur Tundra hin,
andrerseits zur alpinen Vegetation. Im subarktischen Tiefland bilden sie die zonale Vegetation, in
den Gebirgen den Höhengürtel im Übergang von den Nadelwäldern zu den offenen Matten und
Rasen.
Gliederung in Untereinheiten
Die Formation C wird in drei Unterformationen unterteilt:
C.1 Ostboreale Lichtwälder (Betula pubescens subsp. czerepanovii, Picea obovata, Pinus sylve-
stris)
Verbreitung von der Halbinsel Kola bis zum Ural. Nach Osten, in Richtung Ural, erhöht sich der
Anteil von Picea obovata, Larix sibirica und Abies sibirica. Im Unterwuchs sind neben Vaccinium-
Arten meist Betula nana und Ledum palustre vorhanden.
C.2 Westboreale und nemoral-montane Birkenwälder (Betula pubescens s. l.), z. T. mit Kiefern-
wäldern (Pinus sylvestris)
Es handelt sich um fast reine Birkenwälder mit Hauptverbreitung im ozeanisch beeinflußten
Bereich. In Skandinavien dringt auch die Kiefer ein. In den kontinentaleren Gebieten sind die
Wälder flechtenreich, im ozeanischen Westen hingegen farn- und hochstaudenreich. Im südlichen
Skandinavien treten im Komplex der Birken- und Birken-Kiefernwäldern auch nemorale sommer-
grüne Baumarten auf.
C.3 Subalpine und oromediterrane Vegetation (Wälder, Krummholzgebüsche und Zwergstrauch-
Gesellschaften im Komplex mit Rasen und Hochstaudenfluren)
Diese Wälder und Gebüsche sind in den Hochgebirgen Mittel-, Süd- und Südosteuropas (insbesondere
Pyrenäen, Alpen und Kaukasus) verbreitet und bilden dort den obersten Wald- bzw. Gehölzgürtel. Die
wichtigsten Nadelbäume und -sträucher sind Larix decidua, Pinus cembra, P. mugo, P. uncinata, P.
sylvestris und Juniperus communis, außerdem spielen sommergrüne Laubgehölze (Betula spp., Salix
spp., Sorbus spp., Acer spp., Rhododendron spp.) und Zwergsträucher eine wichtige Rolle.
145
Formation C Karte der natürlichen Vegetation Europas
C.1 Ostboreale Lichtwälder (Betula pubescens subsp. czerepanovii, Picea obovata, Pinus
sylvestris) (C1-C6)
Paul Heiselmayer, Heinrich Wagner nach Unterlagen von Sara A. Gribova
Geographische Verbreitung
Das Areal der ostborealen Lichtwälder reicht von der Halbinsel Kola und Nordkarelien entlang des
nördlichen Polarkreises bis zum Polar Ural. Das zusammenhängende Verbreitungsgebiet wird durch
die vermoorte Tiefebene im Südteil der Halbinsel Kanin unterbrochen. Im Bergland bilden Licht-
wälder den oberen Waldgürtel, so auf dem Timanrücken und im Nördlichen und Polar Ural. Die
Höhenverbreitung der ostborealen Lichtwälder reicht vom Meeresspiegel bis 500 m, im Nördlichen
Ural auch höher (bis 900 m).
146
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation C
Syntaxonomische Übersicht der ostborealen Lichtwälder (C.1) (mit Zuordnung der Kartierungseinheiten)
Vaccinio-Piceetea Br.-Bl. 1939
Cladonio-Vaccinietalia Kielland-Lund 1967
Phyllodoco-Vaccinion Nordhagen 1936
Empetro-Betuletum pubescentis Nordhagen 1943 – (C1, C2, C3)
Vaccinio-Piceetalia Br.-Bl. 1939
Piceion obovatae all. prov.
Picea obovata-Betula nana-Ledum palustre-Gesellschaft – (C4)
Picea obovata-Betula nana-Carex globularis-Gesellschaft – (C5)
Picea obovata-Abies sibirica-Vaccinium myrtillis-Gesellschaft – (C6)
Makroklimatische Gegebenheiten
Subarktische Lichtwälder sind an mäßig kaltes und ausreichend feuchtes Klima gebunden, das durch
den Wechsel von atlantischen Zyklonen und arktischen Antizyklonen geprägt ist. Im Winter
beeinflussen oft relativ warme und feuchte Luftmassen das Klima, im Sommer dringen häufig
arktische kühle und trockene Luftmassen ein. Die mittleren Jahresniederschläge variieren zwischen
700 mm auf der Halbinsel Kola und 500-550 mm östlich der Pe
ora. Die Jahresmitteltemperatur
beträgt auf der Halbinsel Kola -1 bis -2 °C, im Norden der russischen Tiefebene -2 bis -4 °C, das
Januarmittel liegt zwischen -10 bis -12 °C und -14 bis -17 °C, das Julimittel zwischen 9-12 °C und
11-12,5 °C (vgl. Abb. 7). Permafrost fehlt entweder (Kolahalbinsel) oder kommt nur inselartig vor
(Lichtwälder sind an Gebiete ohne Permafrost oder mit einer saisonalen Auftautiefe von einigen
Metern gebunden).
147
Formation C Karte der natürlichen Vegetation Europas
Kola (7m) - 0,7° 356 Oksino - 4,4° 366 Ust-Sylma (27m) -2,6° 401
35-24 (Pustosersk) (13m) 38-15
30-17
61 43 69
222 239
Abb. 7: Klimadiagramme (nach WALTER & LIETH 1967) der Orte Kola (Halbinsel Kola – D44/C1), Oksino
(Pe
ora-Unterlauf – C4/C5/B25) und Ust-Sylma (Pe
ora-Niederung – D3/C5).
Standortbedingungen
Geomorphologisch ist das Verbreitungsgebiet der ostborealen Lichtwälder heterogen. Auf der
Halbinsel Kola überwiegt die plateauartige Rumpffläche des nordischen Schildes (150-300 m) mit
steinigen, flachgründigen Böden; im Norden der russischen Tiefebene herrschen hügelige oder
erhöhte glaziale (ehemalige) Meeresebenen mit sandig-lehmigen oder lehmig-sandigen Quartär-
ablagerungen über dem Silikatgrundgebirge vor. Hier entwickelten sich Eisen-Humus-Podsole,
podsolige Gleyböden (IGNATENKO 1979) und stellenweise Moorböden. Kryogene Bodenprozesse
haben ein ausgeprägtes Mikrorelief geformt. Die Böden sind stark (pH 4,3) bis mäßig sauer, örtlich
auch neutral. Ihr Humusgehalt erreicht bis zu 95 %.
Rolle im Landschaftsgefüge
Die ostborealen Lichtwälder gehören zur Zone der Waldtundra und stehen im Kontakt mit nordbo-
realen Birken-Fichtenwäldern. Im Südteil des Verbreitungsgebietes besiedeln sie Hänge, Rücken
und Plateaus; im Bereich der arktischen Strauch-Tundren (Untergruppe B.1.4 der Formation B)
bilden die Lichtwälder an begünstigten Standorten (Flußterrassen, Südhänge) isolierte Bestände
meist auf sandigen Böden. Durch das wellige Relief der Landschaft sind sie häufig mit subarkti-
schen Palsamooren verzahnt, welche dort die nassen Niederungen einnehmen, während die Licht-
wälder die trockeneren Randbereiche besiedeln. Das nördlichste Vorkommen von Fichten-Licht-
wäldern in Europa liegt im Massiv More Yu (67° 50' nördl. Breite). Nach Süden zu bleiben die
ostborealen Lichtwälder auf extremere Standorte bzw. höhere Lagen beschränkt, wo sie den
Übergang von den Nadelmischwäldern zu den Gebirgstundren bilden.
148
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation C
Gliederung in Untereinheiten
Die nordosteuropäischen Lichtwälder lassen sich in 3 typologische Untereinheiten gliedern:
– Die Birkenwälder der Halbinsel Kola (C1, C2) sind durch das Auftreten von Zwergsträuchern
(Empetrum hermaphroditum, Vaccinium spp., Calluna vulgaris, Cornus suecica) gekennzeichnet
und stocken auf sandigen Böden. Die Bestände der Kartierungseinheit C2 besiedeln mehr die
zentralen, höher gelegenen Flächen. In ihnen kommt Picea obovata regelmäßig vor, und Carex
globularis ist für sie kennzeichnend. In der Einheit C1 ist Picea obovata nur stellenweise
beigemischt und in der Krautschicht kommt Loiseleuria procumbens hinzu.
– In den östlich gelegenen Lichtwäldern (C3, C4, C5) ist neben der Birke regelmäßig Picea
obovata mit wechselndem Anteil vorhanden; sie dominiert in den Einheiten C4 und C5. C5 stellt
einen Waldtundrenkomplex mit Palsamooren dar. Auch der Standort des Waldes ist hier wesent-
lich feuchter als in den anderen Einheiten.
– In den am und im Ural gelegenen Lichtwäldern (C6) treten in der Baumschicht verstärkt westsi-
birische Florenelemente (Abies sibirica, Larix sibirica) auf, und Hochstaudenfluren gehören zum
Vegetationskomplex.
Geographische Verbreitung
Das Areal der westborealen und nemoral-montanen Birkenwälder erstreckt sich vom nordwestlichen
Fennoskandien bis nach Südnorwegen, und von Island bis zu den Britischen Inseln und Südwest-
149
Formation C Karte der natürlichen Vegetation Europas
irland mit Verbreitungsschwerpunkt in den Gebirgen Skandinaviens sowie in Island. Die Höhen-
amplitude reicht von 0 bis 1000 m, wobei die obere Grenze von Norden nach Süden ansteigt:
Finnmark, Nordnorwegen etwa 250-300 m, Island 400 m, Südnorwegen, Schweden bis 1000 m. An
der stark ozeanisch beeinflußten Westküste Norwegens und in Island erstrecken sich die Birkenwäl-
der bis die Tieflagen an der Küste.
150
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation C
Syntaxonomische Übersicht der Vegetationseinheiten von C.2 (mit Zuordnung der Kartierungseinheiten)
Vaccinio-Piceetea Br.-Bl. 1939
Cladonio-Vaccinietalia Kielland-Lund 1967
Phyllodoco-Vaccinion Nordhagen 1936 (einschl. Cladonio-Pinion Kielland-Lund 1986)
Cladonio-Betuletum (Nordh. 1943) K.-Lund 1973 – (C10, C11)
Empetro-Betuletum Nordh. 1943 – (C 8, C9, C10, C11)
Bazzanio-Pinetum K.-Lund 1981 – (C12, C13, C14)
Vaccinio-Piceetalia Br.-Bl. 1939 (Piceetalia excelsae Paw»owski in Paw»owski et al. 1928)
Vaccinio-Piceion Br.-Bl. 1939 (Piceion excelsae Paw»owski in Paw»owski et al. 1928)
Corno-Betuletum Aune 1973 – (C9, C12, C13, C14)
Geranio-Betuletum Nordh. (1928) 1943 korr. Dierßen 1982 (Syn.: Melico-Betuletum Aune 1973) –
(C7) Island, (C9, C12, C13, C15) Skandinavien
Zum Quercion roboris s. l. vermittelt:
Quercus petraea-Betula pubescens-Oxalis acetosella com. Rodwell 1991 – (C16)
Makroklimatische Gegebenheiten
Die Einheiten auf Island und in Skandinavien sind überwiegend der borealen Klima- und Florenzone
zuzuordnen, die der Britischen Inseln und Irlands der nördlichen temperaten Zone. Alle sind stark
ozeanisch beeinflußt. Eine makroklimatische Differenzierung ist durch thermische- und hygrische
Gradienten von Nord nach Süd und von hyper- nach subozeanisch/subkontinental gegeben. Die
ausgeprägt ozeanischen Gebiete (Island, Westteil Irlands und der Britischen Inseln, Westküste
Norwegens) sind durch hohe Niederschläge mit Wintermaximum, milde Winter und kühle Sommer
151
Formation C Karte der natürlichen Vegetation Europas
Abb. 8: Klimadiagramme (nach WALTER & LIETH 1967) der Orte Reykjavik (Island, C7), Tromsø (Nordnorwe-
gen, C9), Dalwhinnie (Schottland, B42/E4), Josendal (Südwestnorwegen, C13).
Standortbedingungen
Neben den klimatischen Faktoren wirkt das Grundgestein (meistens Silikate mit mehr oder weniger
hohem Calcium-Gehalt) differenzierend auf die Ausbildung dieser Lichtwälder. Das Relief mit der
Abfolge Kuppe – Hang – Mulde bewirkt durch unterschiedliche Bodengründigkeit und -feuchtigkeit
die Ausbildung verschiedener Trophiestufen der Birkenwaldgesellschaften (z. B. Cladonio-Betule-
tum > Empetro-Betuletum > Vaccinio myrtilli-Betuletum > Geranio-Betuletum). Zunehmende
Bodentiefe und Feuchtigkeit sind dabei mit ansteigendem Nährstoffgehalt korreliert. Die vorherr-
152
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation C
Rolle im Landschaftsgefüge
Birkenwälder bilden die oberste Waldhöhenstufe im Gebirge, bekleiden dort Hänge und Kuppen
und treten mit Zwergstrauchtundren bzw. mit alpinen Zwergstrauchheiden und Rasen in Kontakt. Im
Nordosten Skandinaviens sind waldfreie Palsa- und Aapamoore in die Birkenwaldgebiete einge-
streut. In den tieferen Lagen treten inselartig Kiefern- und Fichtenwälder auf. In Nordwestnorwegen
und auf Island kommen Braunseggenmoore im Komplex mit Birkenwäldern vor. Im Bereich der
Fjorde Westnorwegens treten nemorale Laubwälder und boreale Kiefernwälder als Komplex-
einheiten auf. In Küstennähe stehen die Birkenwälder, wie auch teilweise in England und Irland, mit
atlantischen Zwergstrauch-Heiden und/oder mit Hoch- und Deckenmooren im Kontakt. In Skandi-
navien grenzen nach Osten boreale Kiefern- und Fichtenwälder an.
Gliederung in Untereinheiten
Die floristisch-soziologische Differenzierung der Kartierungseinheiten beruht auf Unterschieden in
den Standortbedingungen und im Klima. Einige Kartierungseinheiten sind durch spezielle Physio-
gnomie und pflanzengeographische Besonderheiten gekennzeichnet. Wegen des kleinen Maßstabes
wurden die Einheiten der norwegischen Fjordlandschaften mit hoher Reliefenergie als Komplexe
ausgeschieden. Nach der Standortbeschaffenheit und Artenzusammensetzung lassen sich die
Kartierungseinheiten in drei Gruppen gliedern:
1) Niedrigwüchsige Birken-Buschwälder auf flachgründigen Böden (C8, C11)
Diese Buschwälder stocken auf unreifen, flachgründigen und teils trockenen Böden. Der Unter-
wuchs ist zwergstrauch- und teils flechtenreich (C11).
2) Höherwüchsige, mehr oder weniger kräuter-, gras- oder hochstaudenreiche Birkenwälder (C7,
C9, C10)
153
Formation C Karte der natürlichen Vegetation Europas
Diese Birkenwälder auf frischen, relativ basenreichen Böden sind entweder reich an Kräutern und
Gräsern (C7, Island) oder örtlich hochstauden- und farnreich (C9, C10).
3) Vegetationskomplexe aus Birken- und Kiefernwäldern und z. T. nemoralen Laubmischwäldern
(C12-C16)
Dazu zählen in erster Linie die Wälder ozeanischer Prägung entlang der westnorwegischen Küste.
Die west- und südwestnorwegischen Vegetationskomplexe enthalten auch Arten der nemoralen
Laubwälder (C13, C15), wogegen in den nordwestnorwegischen Birkenwäldern kaum nemorale
Arten vorkommen (C12, C14). Die anglo-irischen Birkenwälder (C16) heben sich durch atlantisch-
subatlantische Gehölze wie Ilex aquifolium, Taxus baccata, Salix atrocinerea und Lonicera pericly-
menum sowie Erica cinerea und E. tetralix von den übrigen Einheiten ab.
154
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation C
an und erreicht in den Gebirgen des südlichen Balkans und des Kaukasus bis zu 2400 m ü. NN.
Neben klimatischen und florengeschichtlichen Faktoren wirken sich insbesondere Gesteinsunter-
schiede (z. B. zwischen Kalk- und Silikatgestein) differenzierend auf die Gestalt der Vegetations-
decke und die Gliederung der Kartierungseinheiten aus.
Geographische Verbreitung
Eine subalpine bzw. oromediterrane Vegetation ist in allen Gebirgen verbreitet, die über die
Waldgrenze aufragen: Herzynische Gebirge, Karpaten, Zentralmassiv, Alpen, Dinarisches Gebirge,
Balkan, Rhodopen, Kantabrisches Gebirge, Pyrenäen, zentral- und südspanische Gebirge (ein-
schließlich Sierra da Estrêla), Korsika, Apennin, griechische Gebirge, Kaukasus. In den südlichen,
submediterran-mediterranen Regionen reichen nur einzelne Gebirge bis in diese Höhenstufe, daher
ist das Areal dieser Formationen dort stark aufgelöst und verinselt.
155
Formation C Karte der natürlichen Vegetation Europas
nicht so groß ist wie in der alpinen Stufe, so hat die subalpine und oromediterrane Vegetation doch
ihren eigenen Charakter. Als spezifische, mehreren Gebirgen gemeinsame Gattungen sind zu
nennen: Pinus mit P. cembra (Alpen, Tatra, Karpaten), P. uncinata (Pyrenäen, West- und Zen-
tralalpen), P. mugo (herzynische Gebirge, Zentral- und Ostalpen, Karpaten, balkanische Gebirge,
Apennin), P. sylvestris (Spanien, Balkan), Pinus peuce (Zentralbalkan bei Formation D) und
P. kochiana (Kaukasus). Die Gattung Sorbus ist ebenfalls häufig vertreten: S. aucuparia, ins-
besondere subsp. glabrata, S. aria, S. mougeotii, S. chamaemespilus. Letztere kommt u. a. in den
Pyrenäen, Alpen, Nordapennin und in den Dinariden vor. In der gesamten Formation spielen
Ericaceen eine wichtige Rolle: Als typische boreal-temperate eurasiatische Arten sind Vaccinium
myrtillus und V. vitis-idaea zu nennen, ferner die zirkumboreale V. uliginosum. Rhododendron-
Arten haben ein kleineres Areal: R. ferrugineum in den Pyrenäen, den Alpen, im nördlichsten
Apennin und einer Exklave im Dinarischen Gebirge; R. hirsutum in den Zentral- und Ostalpen unter
Ausschluß der silikatischen Inneralpen sowie in den NW-Dinariden; R. myrtifolium in den Karpaten
und den zentralbalkanischen Gebirgen; R. caucasium im Kaukasus, als kolchisches Element
R. ungernii. Bruckenthalia spiculifolia kommt nur in den Südkarpaten und den balkanischen
Gebirgen vor. Eine weitere markante Gattung ist Daphne: in den südeuropäischen Gebirgen
(Spanien, südlicher Apennin, balkanische und griechische Gebirge) tritt der xeromorph gebaute
Zwergstrauch Daphne oleoides auf. Eigenständig sind die subalpinen Krummholz- und Lichtwälder
des Kaukasus mit endemischen Baumarten wie Acer trautvetteri, Betula litwinowii, B. megrelica,
B. medwediewii, Quercus pontica und Q. macranthera.
156
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation C
(Chamaecytisus spinescens im Apennin, C. eriocarpus und C. polytrichus auf dem Balkan). In den
griechischen Gebirgen kann Juniperus foetidissima in diese Bestände eindringen. Aus dem Apennin
ist ein Daphno oleoides-Juniperetum bekannt. Die in der Formation C.3 auftretenden Hochstauden-
und Hochgrasfluren sind der Klasse Betulo-Adenostyletea mit ihren verschiedenen Ordnungen
zuzurechnen.
Etwas andere Formen der Krummholz- und Lichtwälder sind an den Waldgrenzen im Kaukasus
ausgebildet. Hier sind zahlreiche laubabwerfende Baumarten vergesellschaftet. Diese Wälder
dürften vorwiegend der Klasse Betulo-Adenostyletea zuzuordnen sein. Während Fagus sylvatica
subsp. orientalis im Westkaukasus in Beständen mit Acer trautvetteri und Betula litwinowii zu
finden ist, fehlt sie im Ost- und Südkaukasus. Im Unterwuchs sind auch Immergrüne wie Rhododen-
dron caucasicum vorhanden.
Makroklimatische Gegebenheiten
Die Einheiten mit subalpiner und oromediterraner Vegetation (Unterformation C.3) liegen im
Bereich der Gebirgsklimate X; sie erstrecken sich wie die der alpinen Stufe (Unterformation B.2)
über mehrere Klimazonen und können den entsprechenden Klimatypen IV, V, VI, VII zugeordnet
werden (vgl. Karte 2). Die Vegetationseinheiten bilden die Waldgrenze, die in der Regel makrokli-
157
Formation C Karte der natürlichen Vegetation Europas
matisch bedingt ist: für Baumwachstum zu kurze Vegetationszeit und/oder zu tiefe Temperaturen
während der Vegetationsperiode. Die Kontinentalität nimmt in den Gebirgen vom Rand zur Mitte
hin zu. Dies führt in den Alpen zur Ausbildung von „Inneralpischen Trockentälern“. In den stärker
ozeanisch getönten Randbereichen liegt die Waldgrenze niedriger als in den kontinentaleren
Zentralbereichen, was mit der Höhe der durchschnittlichen Massenerhebung korreliert ist. Nach
REHDER (1965) ist die Waldgrenze in den kontinentalen Gebieten der Alpen bei einer Jahresmittel-
temperatur zwischen -1 und 0 °C anzusetzen, in den ozeanischen Randgebieten zwischen 0 und
1 °C. Das Klima der temperaten Zone zeitigt in den Gebirgen Mitteleuropas meist ausreichende
Niederschläge (800-3000 mm). In den Gebirgen der submeridionalen und meridionalen Zone
(Zentral- und Südspanien, Süditalien, südlicher Balkan und Griechenland) ist die Niederschlags-
menge dagegen insgesamt geringer (500-1500 mm) und ihre saisonale Verteilung wegen der
sommertrockenen Klimate ungünstig (Abb. 9). Die Jahresmitteltemperatur liegt in der subalpinen
Stufe der Alpen und Karpaten zwischen 0 und 4 °C, in den südlichen Gebirgen dagegen zwischen
4 und 10 °C. Für diese ist auch eine höhere Sommerwärme (Mitteltemperatur des wärmsten Monats
bis 15 °C) typisch.
Abb. 9: Klimadiagramme (nach WALTER & LIETH 1967) der Orte Prinz-Heinrich-Baude (Riesengebirge, C17),
Vent (Ötztaler Alpen, C19), Sitniakowo (Piringebirge, Bulgarien, C39), Serra da Estrêla (Portugal, C29),
Prados de Cuenca (Serrania de Cuenca, Ostspanien, C29).
158
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation C
Standortbedingungen
Wie in der alpinen Stufe prägen kurze Vegetationszeit und lange Schneebedeckung den Standort.
Alle Gewächse, die aus der winterlichen Schneedecke ragen, sind den tiefen Wintertemperaturen
ausgesetzt, was eine große Frosthärte voraussetzt. Wie Untersuchungen an Pinus cembra aus den
inneren Ostalpen zeigen (SCHWARZ 1968, 1970), werden dort im Winter Temperaturminima bis
unter -40 °C erreicht. Zu Erfrierungen bei juvenilen Bäumen kann es nur dann kommen, wenn diese
nach einigen Jahren mit ausreichender Schneebedeckung plötzlich einem schneearmen Winter
ausgesetzt sind, da sie noch nicht ausreichend an den ungeschützten winterlichen Luftraum adaptiert
sind.
Außer dem Großklima wirkt das Relief sehr standortprägend. Muldenlagen haben einerseits längere
Schneebedeckung und andererseits höhere Bodenfeuchtigkeit, was die Ausbildung von Hoch-
staudenfluren und Weidengebüschen (Salix waldsteiniana) begünstigt. Windexponiertere Oberhang-
und Kuppenlagen bleiben den frost- und windharten Arten vorbehalten.
In den Lichtwäldern und Strauchformationen der subalpinen Stufe ist außerdem das Grundgestein
standortbestimmend und differenziert in Kalk- und Silikattypen. Verbreitete Böden der Strauch- und
Zwergstrauchformationen sind Ranker bzw. Rendzinen und Protorendzinen, bisweilen auch Brau-
nerden; unter Nadelwäldern treten auf Silikatgesteinen in der Regel Podsole auf. Die sommergrünen
Lichtwälder im Kaukasus stocken meist auf Braunerden, seltener auf Rendzinen oder Rankern.
Rolle im Landschaftsgefüge
In der subalpinen Höhenstufe der mittel- und südeuropäischen Gebirge überwiegen als zonale
Vegetation Wald-, Strauch- und Zwergstrauchgesellschaften. Sie bilden den Übergang von den
montanen Laub- und Nadelwäldern zur alpinen Stufe und repräsentieren die obere Waldgrenze.
Durch das bewegte Relief und die unterschiedliche Exposition kommt es zur Ausbildung von
schneearmen und schneereichen Standorten. Große Schneeanhäufungen auf den Leeseiten der Berge
können inselartige waldfreie Lebensräume inmitten der subalpinen Wälder verursachen (z. B. im
Riesengebirge). Des weiteren sind Quell- und Niedermoore wesentliche Bestandteile der subalpinen
und alpinen Höhenstufe. Hochstaudenfluren und Grünerlengebüsche sind wegen der größeren
Bodenfeuchte häufiger auf silikatischem Untergrund als auf Kalk oder Dolomit anzutreffen.
159
Formation C Karte der natürlichen Vegetation Europas
Ziegen statt. Brennholzgewinnung durch die Bevölkerung spielte in den mitteleuropäischen Gebir-
gen keine so große Rolle, hat aber in den südeuropäischen Gebirgen, insbesondere im Kaukasus,
eine lange Tradition.
In den letzten Jahrzehnten führte der Bau von Liften und Skipisten in den Wintersportzentren zu
weiterer Veränderung der subalpinen Landschaft, vielfach unter Beeinträchtigung der Lichtwälder,
die dann ihre Schutzfunktion gegen Lawinen nicht mehr erfüllen können. Die auch in der Naturland-
schaft immer wieder auftretenden Lawinen dringen in der Regel tief in das Waldgebiet ein und
schaffen bis in die Montanstufe waldfreie Rinnen, sogenannte Lawinenbahnen, in denen Hoch-
staudenfluren und Gebüsche die natürliche Vegetation bilden. Nicht gering ist auch der Einfluß des
Sommertourismus. Trittschäden an Vegetation und Boden heilen hier nur äußerst langsam aus.
Repräsentative naturnahe Vegetationskomplexe und -abfolgen der subalpinen Stufe sind in zahlrei-
chen Nationalparks und Naturschutzgebieten in den Gebirgen Europas vertreten und unter ± stren-
gen Schutz gestellt.
Gliederung in Untereinheiten
In der Legende wurde keine weitere Gruppierung der Kartierungseinheiten vorgenommen. Wie in
der alpinen wirkt auch in der subalpinen Stufe die Disjunktion der Gebirge, die unterschiedliche
Vegetationsgeschichte und der Einfluß verschiedener Klimate differenzierend auf die Vegetation.
Aufgrund ihrer Artengarnitur und der gebietsspezifischen Kombination von Pflanzengesellschaften
wurden die KE nachfolgend zu geographischen Gruppen zusammengefaßt:
160
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation C
werden auf nährstoffreichen Standorten in der Regel von Hochstaudenfluren eingenommen. Eine
weitere Gliederung dieser Einheit ist durch das Grundgestein (Silikat – Kalk) gegeben. In den
stärker ozeanisch getönten Randalpen spielen Alpenrosen-Latschengebüsche vorwiegend auf
Karbonatgesteinen (C20) und – in den Westalpen – Pinus uncinata-Wälder auf Silikat- und Karbo-
natgesteinen (C21, C22) die Hauptrolle. Sie charakterisieren die subalpine Stufe oberhalb des meist
nur schmal ausgebildeten oder ganz fehlenden Fichtenwaldgürtels. In den Ostalpen stocken Pinus
mugo-Bestände besonders auf edaphisch trockenen Standorten (auf Kalken, Dolomiten, Quarziten,
Gneisen). In den Westalpen wird die Latsche auf entsprechenden Standorten von der aufrechten
Hakenkiefer (Pinus uncinata) abgelöst.
Die Pyrenäen haben Ähnlichkeit mit den Westalpen: Pinus uncinata ist hier die bestandesbildende
Baumart. Im Unterwuchs sind auf Silikatgestein u. a. Rhododendron ferrugineum und Juniperus
communis subsp. alpina zu finden (C23), auf Karbonatgestein Juniperus communis subsp. hemi-
sphaerica, Arctostaphylos uva-ursi und Pulsatilla alpina subsp. font-queri (C24).
In der subalpinen Stufe der Sudeten und Nordwest-Karpaten (C17) ist Pinus mugo mit Vaccinium
myrtillus vergesellschaftet. Diese Latschengebüsche bilden je nach Substrat und Geländesituation
entweder mit Hochstaudengesellschaften (Adenostylion), Hochgrasfluren (Calamagrostion) oder
Magerrasen (Nardion strictae), oft mit borealen Elementen, einen Komplex. In den West-Karpaten
gibt es auch Ausbildungen auf Kalkstein, in der Hohen Tatra Wälder mit Pinus cembra und Larix
decidua.
161
Formation C Karte der natürlichen Vegetation Europas
Sierra Nevada im Süden der Halbinsel enthält z. B. zahlreiche Endemiten. Die oromediterranen
Einheiten der Iberischen Halbinsel lassen sich in solche mit Kiefernwäldern (Pinus sylvestris var.
iberica und var. nevadensis) auf Silikat- und Karbonatgesteinen (C27-C30) und in solche mit
Ginster-Wacholder-Gebüschen auf Silikatgesteinen (C31-C34) gliedern. Die weitere Unterteilung
in Kartierungseinheiten erfolgt mit Hilfe geographischer Differentialarten.
162
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation C
rung der subalpinen Pflanzengesellschaften1. Auf solchen Standorten ist ein hoher Anteil an ende-
mischen Arten zu beobachten. In den Felsschutt-Biotopen der Kalkgebirge des Südwest-Kaukasus
(C42) erreicht der Endemismus 84 % des Artenbestandes (SOCHADZE 1982). Hier sind tschernosem-
artige Böden und lokal-endemische Gesellschaften wie Corylus colchica-Gebüsche, Rasen mit
Woronowia speciosa und Carex pontica sowie Hochstaudenfluren mit Heracleum aconitifolium,
Ligusticum arafoe etc. entwickelt (KOLAKOVSKIJ 1961).
Die historische Entwicklung der kaukasischen Flora und Vegetation war entscheidend für die
Ausbildung der rezenten Pflanzengesellschaften in der subalpinen Stufe. Dieser Einfluß macht sich
besonders im westlichen Teil des Großen und Kleinen Kaukasus bemerkbar, wo eine Reihe von
gesellschaftsaufbauenden Arten zur kolchischen Relikt-Flora zählen: z. B. Quercus pontica (C42,
C45), Betula megrelica (C42), B. medwediewii, Rhododendron ungernii (C45). Im zentralen und
südlichen Teil des Kleinen Kaukasus nimmt dagegen die Zahl der Arten asiatischen bzw. iranischen
Ursprungs zu. Dies wird durch die anthropogene Zerstörung der Klimax-Wälder mit Quercus
macranthera (TACHTADðJAN 1941b) noch begünstigt.
Die Höhenzonierung der subalpinen Formationen weist regionale Unterschiede auf, die durch
Unterschiede in der Bodenfeuchtigkeit bedingt sind. In Gebieten mit hohen Niederschlägen (Großer
Kaukasus, westlicher Kleiner Kaukasus) ist die oberste Stufe (über 2000 m) durch Birken-Krumm-
holzwälder, Rhododendron caucasicum-Gebüsche und alpine Rasen gekennzeichnet, die untere
Stufe durch Fagus sylvatica subsp. orientalis, Acer trautvetteri-Krummholzwälder, Hochstauden-
fluren und gebietsweise durch Kiefernwälder. In trockenen Gebieten (zentraler und südlicher
Kleiner Kaukasus) fehlen aufgrund der geringen Schneedecke die oben genannten Wälder, Gebüsch-
gesellschaften und Hochstaudenfluren und die oberste Stufe besteht ausschließlich aus alpinen
Rasen, die untere Stufe (unter 2200 m) aus Gebirgssteppen und Wäldern mit xerophilen Baumarten
(Acer hyrcanum, Pyrus zangezura etc.). Wiesensteppen, montane Xerophytenvegetation und
Eichenwälder können hier in beiden Höhenstufen auftreten.
Birken-Krummholzwälder (Betula litwinowii) und Eichenwälder (Quercus macranthera) sind die
am weitesten verbreiteten subalpinen Waldgesellschaften; ihre Verbreitungsgebiete überlappen sich
jedoch nur im Ost-Kaukasus. Die Eichenwälder fehlen nämlich in den niederschlagsreichen westli-
chen Regionen und die Birkenwälder in den trockenen südlichen Gebieten (C47). Für Birken-
Krummholzwälder, die meist auf steilen, nordexponierten Hängen vorkommen, ist eine Baumarten-
zusammensetzung aus Betula litwinowii, Sorbus aucuparia, Acer trautvetteri, Populus tremula und
Salix caprea typisch. Ihre Regeneration erfolgt meist vegetativ. Mesophile Varianten der Quercus
macranthera-Wälder kommen im Kleinen Kaukasus bevorzugt auf nordexponierten Hängen vor und
nehmen in der Ausdehnung von Nordwesten nach Südosten ab bis sie ganz ausfallen (MACHATADZE
1957). Xerophile Eichenwälder im Wechsel mit Wiesensteppen, Steppen und Wacholdergebüschen
sind für dieses Gebiet typischer. Ihnen fehlt gewöhnlich eine Strauchschicht und natürliche Regene-
1
Karbonatgesteine sind im Großen Kaukasus nicht sehr verbreitet, es dominieren Schiefer und Sandsteine des
Jura; im Kleinen Kaukasus herrschen quartäre Vulkanite vor.
163
Formation C Karte der natürlichen Vegetation Europas
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Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation C
Alpine mesophile Rasen auf kalkfreien Böden Junceta trifidi Hadac et Klika 1944
Festucetalia woronowii Tzepkova 1987
Alpine Rasen mit Geum speciosum und Carex pontica Elyno-Seslerietea Br.-Bl. 1948
Die subalpine Vegetation unterliegt überall starken anthropogenen Eingriffen wie Beweidung, Mahd,
Holznutzung und Tourismus. Borstgrasrasen (Nardus stricta), die sich im Bereich ehemaliger
Birkenwälder entwickelt haben, sind die am weitesten verbreiteten Sekundärgesellschaften. Kurzra-
siges Grünland mit Elementen alpiner Matten (z. B. Sibbaldia parviflora, Chamaesciadium acaule,
Carum caucasicum, Alchemilla caucasica) stellt in ebenen Lagen das letzte Stadium der Degradati-
on durch Beweidung dar. In den trockeneren Gebieten, die ursprünglich mit Kiefern- und Eichen-
wäldern bewachsen waren, sind sekundäre Wiesensteppen und Steppen weit verbreitet.
Waldweide und Brennholznutzung durch die Bevölkerung sind die Ursachen für den enormen
Rückgang der subalpinen Wälder. Gleichzeitig wurde die Baumgrenze um etwa 200 m (lokal
300-400 m) gegenüber der natürlichen (potentiellen) Obergrenze der Krummholzwälder erniedrigt.
Einschränkung der Beweidung und Wiederherstellung subalpiner Wälder sind daher dringend
erforderlich. Andererseits müssen die Restbestände der subalpinen Wälder rasch und möglichst
vollständig unter Schutz gestellt werden.
Literatur
DIERSSEN 1996; ELLENBERG 1996, GAGNIDZE 1974; GRABHERR & MUCINA (Hrsg.)1993; GRIBOVA
1980; HORVAT, GLAVA & ELLENBERG 1974, IGNATENKO 1979; KIELLAND-LUND 1994; KOLA-
KOVSKIJ 1961; KRAL 1971; MACHATADZE 1957; NACHUCRIŠVILI 1999; NORDHAGEN 1936; OZENDA
1988; REHDER 1965; ROUSSAKOVA 2000; SCHMIDT 2003; SCHWARZ 1968, 1970; SOCHADZE 1982;
TACHTADðJAN 1941b; TRETER 1984; WALTER 1974; WALTER & BRECKLE 1999.
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Formation D Karte der natürlichen Vegetation Europas
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Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation D
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Formation D Karte der natürlichen Vegetation Europas
Übergangsformen dieser beiden Arten nehmen ein ausgedehntes Gebiet zwischen dem Nordwesten
der russischen Tiefebene und dem voruralischen Gebiet ein.
Auf sandigen, sehr trockenen oder auch oligotrophen nassen Böden (z. B. am Rande von Mooren)
herrschen Kiefern, besonders Pinus sylvestris. Im Ural- und Voruralgebiet sind in den Fichtenwäl-
dern zusätzlich sibirische Nadelbaumarten (Abies sibirica, Pinus sibirica und Larix sibirica)
vertreten, aber im europäischen Rußland dominieren diese Arten in der Baumschicht nur selten
(Karte 7: D4-D7, D8b). Von den russischen Autoren werden die von Fichten (Picea abies, P. obo-
vata), Sibirischer Tanne (Abies sibirica) und Sibirischer Zirbe (Pinus sibirica) beherrschten Nadel-
wälder als „dunkle Taiga“, die von Waldkiefer (Pinus sylvestris) und Lärchen (Larix sibirica) domi-
nierten wegen des lichteren Aufbaus als „helle Taiga“ bezeichnet. Im südlichen Teil der borealen
und in der hemiborealen Zone mischen sich die Nadelbäume zunehmend mit Laubbaumarten wie
Quercus robur, Tilia cordata, Ulmus glabra und Acer platanoides, in den mitteleuropäischen
Gebirgen mit Fagus sylvatica, Acer pseudoplatanus und Ulmus glabra. Im westlichen Teil des
Großen und Kleinen Kaukasus werden die montanen Tannen- und Fichtenwälder von Abies nord-
manniana und Picea orientalis gebildet, in den Alpen, Karpaten und in den herzynischen Gebirgen
von Picea abies und Abies alba. Auf dem Balkan ist in den Gebirgsnadelwäldern ebenfalls Picea
abies – z. T. in Verbindung mit Abies alba – tonangebend. Bei den Gebirgs-Kiefernwäldern herr-
schen auf dem Balkan Pinus peuce und P. sylvestris, im Kaukasus P. kochiana vor.
Im ganzen Verbreitungsgebiet können Pionier-Baumarten wie Sorbus aucuparia, Betula pubescens
s. l., Betula pendula, Populus tremula, Alnus incana ebenso wie Larix- und Pinus-Arten in bestimm-
ten Entwicklungsstadien der Nadelwälder stärker hervortreten, insbesondere nach Brand, Windwurf
und Kahlschlag.
Die Baumschicht neigt meist zu eher gleichförmigem Aufbau ohne ausgeprägte Schichtung, sofern
diese sich nicht aus einem unterschiedlichen Standortsmosaik ergibt. In der borealen Zone erreichen
die Bäume einen Kronenschluß von 70-80 % und 20-25 m Höhe; in den mitteleuropäischen Gebir-
gen können sie noch bedeutend wüchsiger sein. Gegen die arktische und alpine Waldgrenze hin
kommt es oft zur Auflockerung der Bestände und zur Bildung ausgeprägter Gehölzgruppen (Rotten),
die bei Fichten auch vegetativ durch Bewurzelung am Boden aufliegender Äste entstehen können.
Eine Strauchschicht ist in der Regel nur schwach ausgebildet (meist weniger als 10 % deckend)
und artenarm. Neben der Verjüngung der Baumarten sind im borealen Tiefland Juniperus commu-
nis, Betula nana, Rosa majalis, R. acicularis, Lonicera pallasii (beide im Ostteil), Rubus idaeus und
Frangula alnus, in den Gebirgen vor allem Lonicera nigra, L. caerulea, Rosa pendulina, Juniperus
communis, für feuchtere Standorte Frangula alnus und Salix aurita beispielhaft zu nennen.
Besonders vielgestaltig ist die Feld- bzw. Krautschicht in den einzelnen Nadelwaldtypen; hier
können kaum Gemeinsamkeiten für alle Kartierungseinheiten gefunden werden. Allgemein herr-
schen holarktische und eurasiatische Arten vor. Im borealen Bereich wie in den Gebirgen differen-
zieren sich artenreichere, krautreiche Ausbildungen auf nährstoff- und basenreichen Standorten,
etwa mit Melica nutans, Convallaria majalis, Hepatica nobilis, Paris quadrifolia, Geranium sylvati-
cum u. a., von den von Azidophyten, besonders Zwergsträuchern, dominierten der basenarmen,
168
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation D
sauren Standorte, die auch in den Gebirgen häufig vorkommen. Vaccinium myrtillus, V. vitis-idaea,
Deschampsia flexuosa, Luzula pilosa, Melampyrum pratense, Maianthemum bifolium, Solidago
virgaurea, Rubus saxatilis und Oxalis acetosella gehören zu den verbreitetsten, Empetrum herm-
aphroditum, E. nigrum, Cornus suecica, Listera cordata, Melampyrum sylvaticum, Linnaea borea-
lis, Trientalis europaea, Pyrola rotundifolia, P. minor, Goodyera repens, Lycopodium annotinum,
Huperzia selago zu den besonders typischen Arten der Formation. Auch Farne (Athyrium filix-
femina, Gymnocarpium dryopteris, Dryopteris expansa, D. carthusiana, D. dilatata, Phegopteris
connectilis), Schachtelhalme (Equisetum pratense, E. sylvaticum) sowie Hochstauden auf feucht-
reicheren Böden (etwa Adenostyles alliariae, Aconitum spp., Cicerbita alpina, Cirsium heterophyl-
lum u. a.) können gebietsweise eine größere Rolle spielen.
Auf anmoorigen und Moorstandorten wird die Feldschicht von Moorpflanzen – Zwergsträuchern,
Wollgräsern und Seggen – dominiert wie Vaccinium uliginosum, V. oxycoccus, Ledum palustre,
Chamaedaphne calyculata, Rubus chamaemorus, Eriophorum vaginatum, Carex globularis.
Für zentraleuropäische Gebirgsnadelwälder sind vor allem folgende Arten der Krautschicht kenn-
zeichnend: Homogyne alpina, Luzula sylvatica, Calamagrostis villosa, Athyrium distentifolium,
Luzula luzulina, Blechnum spicant, Oroepteris limbosperma, Melampyrum sylvaticum, teilweise (im
Südosten) Soldanella hungarica, neben den weit verbreiteten Säurezeigern und zahlreichen schon
oben genannten Arten wie Listera cordata, Lycopodium annotinum, Huperzia selago, Oxalis
acetosella, Athyrium filix-femina, Gymnocarpium dryopteris u. a.
Charakteristisch ist für die meisten Einheiten eine gut ausgebildete Moosschicht, besonders in den
sauren und ärmeren Ausbildungen wie Hylocomium splendens, Pleurozium schreberi, Polytrichum
formosum, Dicranum scoparium, D. polysetum, auf feucht-sauren Standorten mit Sphagnum
angustifolium, S. girgensohnii, Polytrichum commune, P. strictum u. a. Auf trockenen Böden treten
vielfach Flechten, besonders Cladina-, Cladonia- und Cetraria-Arten, stärker in Erscheinung oder
kommen zur Dominanz.
169
Formation D Karte der natürlichen Vegetation Europas
wiederum so viele Gebiets-Assoziationen, die sich nur schwer in ein gemeinsames System ein-
gliedern lassen. Aber selbst für die gut bearbeiteten Alpen gibt es kein abgestimmtes übergreifendes
System. (Am umfassendsten und konsequentesten ist das von MAYER 1984 vorgelegte, insbesondere
für die Alpen). Insofern läßt sich hier nur ein grober, unvollständiger Überblick mit Schwerpunkt
auf dem mitteleuropäisch-skandinavischen System und deren Haupteinheiten geben.
Ein Hauptproblem bei der systematischen Einordnung der Nadelwaldgesellschaften in das Braun-
Blanquet-System stellen allgemein die basiphilen und meso- bis eutraphenten Ausbildungen der
Nadelwälder – sowohl bei Tannen- und Fichtenwäldern als auch bei Kiefernwäldern – dar, da hier
die azidophilen Klassen- und Ordnungskennarten vielfach sehr stark zugunsten von Querco-
Fagetea- und Fagetalia-Arten zurücktreten. Allerdings gibt es hierfür auch brauchbare Lösungs-
ansätze, indem die dominierenden Baumarten zunächst das hauptgliedernde und verbindende
Element darstellen (entsprechend wie bei den Laubwäldern). Insofern plädieren auch wir dafür, die
krautreichen basiphilen Fichten-Tannenmischwälder, in denen von Natur aus die Nadelbäume
vorherrschen, synsystematisch den Nadelwäldern (Vaccinio-Piceetea) zuzuordnen.
In der nachfolgenden Übersicht haben wir uns im wesentlichen an OBERDORFER (2001) gehalten,
der versucht hat, auch die borealen Syntaxa zu integrieren. Ergänzt haben wir die Übersicht für den
borealen bis hemiborealen Bereich nach KIELLAND-LUND (1981), DIERSSEN (1996) und BJØRNDA-
LEN (1980a, 1980b), für das mittel- und südosteuropäische Gebiet nach EWALD (1997), ELLENBERG
& KLÖTZLI (1972), ZUKRIGL (1973) und BORHIDI (1971).
Die Liste umfaßt nur die wichtigsten Nadelwald-Assoziationen der Formation D, keine Zwerg-
strauch-, Gebüsch- oder Waldgesellschaften der Formationen B, C oder T, die ebenfalls in die
Klasse der Vaccinio-Piceetea gehören.
Das grundlegende und durchgehende Gliederungsprinzip für die Nadelwald-Gesellschaften – wie es
auch in der Vegetationskarte Europas zur Anwendung kam – ist zunächst
1) die Trennung nach den dominierenden Hauptbaumarten – Tanne, Fichte, Kiefer,
2) die Gliederung innerhalb jeder Gruppe nach Trophie- bzw. Aziditäts- und Feuchtestufen der
Standorte – von stark sauer nach basisch, von arm nach reich, von trocken bzw. frisch nach naß
– mit Hilfe entsprechender Zeigerarten,
3) sodann die Gliederung in Höhenstufen bzw. klimatische Unterzonen (z. B. nord-, mittel-, süd-
und hemiboreal) und
4) die Differenzierung in geographische Ausbildungen (Gebietsassoziationen, Rassen) in den
Richtungen Nord-Süd und West-Ost (nach zunehmender Wärme bzw. Kontinentalität des
Klimas) aufgrund geographischer Kenn- und Trennarten.
(Die beiden letzten Gesichtspunkte – 3 und 4 – kommen in der Übersicht allerdings kaum zum
Ausdruck).
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Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation D
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Formation D Karte der natürlichen Vegetation Europas
Hieracio rotundati-Piceetum (Zlatnik 1935) Paw». et Br.-Bl. 1939 em. Borhidi 1957
Frische Habichtskraut-Fichtenwälder der Ost- und Südkarpaten auf Silikatstandorten
Bazzanio-Piceetum (Schmid et Gaisberg 1936) Br.-Bl. et Sissingh in Br.-Bl. et al. 1939
Torfmoosreiche Peitschenmoos-Fichtenwälder
Sphagno acutifolii-Piceetum abietis (Tüxen 1937) Hartmann 1953
Torfmoos-Fichtenwälder
Adenostylo-Piceion Borhidi 1969 (= Athyrio-Piceetalia Hada
1962)
Athyrio distentifolii-Piceetum Hartmann 1959
Alpenfrauenfarn-Fichtenwälder
Adenostylo alliariae-Piceetum Zukrigl 1973
Alpendost-Fichtenwälder auf Silikatstandorten
Chrysanthemo rotundifolii-Piceetum Krajina 1933 em. Borhidi 1957
Farn- und hochstaudenreiche Fichtenwälder der Ost- und Südkarpaten
Adenostylo glabrae-Piceetum (Wraber 1960) Mayer 1969
Alpendost-Fichtenwälder auf Kalkstandorten
Galio rotundifolii-Abietenion Oberdorfer 1962
Krautreiche Fichten- und Tannenmischwälder basenreicher Standorte
Galio rotundifolii-Abietetum Wraber 1955 ex 1959
Labkraut-Tannenwälder
Pyrolo-Abietetum Oberdorfer ex Stoffl. 1955
Wintergrün-Tannenwälder
Adenostylo glabrae-Abietetum Mayer et Hofmann 1969
Alpendost-Fichten-Tannenwälder auf Karbonatstandorten
Pulsatillo-Pinetea (E. Schmid 1936) Oberdorfer in Oberdorfer et al. 1967
Pulsatillo-Pinetalia Oberdorfer apud Th. Müller 1966
Cytiso ruthenici-Pinion Krausch 1962
(Boreal-) subkontinentale Kiefern-Steppenwälder
Pyrolo-Pinetum E. Schmid 1936
Wintergrün-Waldkiefern-Steppenwälder
Peucedano-Pinetum Matuszkiewicz (1962) 1973
Subkontintale Haarstrang-Kiefernwälder
Melico nutantis-Pinetum Marker 1969
(einschl. Seslerio-Pinetum, Convallario-Pinetum Bjørndalen 1980)
Hemiboreale kraut- und grasreiche Kiefernwälder auf flachgründigen Kalkstandorten
Makroklimatische Gegebenheiten
Das Klima der Nadelwaldregionen ist durch eine kurze und kühle Vegetationsperiode, durch schnee-
reiche und langandauernde Winter und besonders durch das Überwiegen der Niederschläge über die
Verdunstung gekennzeichnet. Diese Humidität führte zur teilweisen Vernässung und Vermoorung
der Standorte.
Boreale Nadelwälder nehmen Gebiete ein, die durch Juli-Isothermen zwischen 14 und 18 °C be-
grenzt sind. Nördlich der Juli-Isotherme von 10 °C wachsen keine Bäume mehr (PARMUZIN 1985).
Für große Teile des Verbreitungsgebietes borealer Nadelwälder ist eine hohe Luftfeuchtigkeit
kennzeichnend. Die Strahlungsbilanz beträgt 20-35 kcal/cm²/Jahr, und die Summe der Jahres-
Sonneneinstrahlung entspricht 80-94 kcal/cm² (PROTOPOV 1975).
Mit der Zunahme der Kontinentalität und der Verkürzung der Vegetationsperiode erhöht sich die
Beteiligung der Nadelholzarten (ELLENBERG 1996), da beide Faktoren zur Verminderung der Kon-
kurrenzkraft der Laubholzarten beitragen.
In Gebieten mit kurzem und kühlem Sommer besitzen Nadelwälder eine bedeutend höhere Produkti-
vität als Laubwälder, da immergrüne Gehölze für die Photosynthese auch die kühle Vorfrühlings-
172
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation D
und Spätherbstperiode nutzen können und eine niedrigere Atmungsintensität haben (DYLIS et al.
1964).
In den mittel- und südeuropäischen Gebirgen besiedeln Fichtenwälder vorwiegend die hochmontane
(oft auch subalpin genannte) Stufe, die je nach geographischer Lage, Exposition und Substrat
zwischen (900)1100-1400 (herzynische Gebirge) und (1200)1500-1600(2300) m (Alpen, süd-
europäische Gebirge) liegt. In abflußlosen Mulden (Kälteseen) können sie aber auch wesentlich
tiefer auftreten, ebenso in den kontinentalen Innenalpen. OBERDORFER (1957) stellte eine Ver-
inselung und Verarmung der fichtenreichen Nadelwälder gegen den atlantischen Westen fest.
In den Zentralalpen ist eine ausgeprägte Zonierung erkennbar: In den kontinentalsten Tälern mit
Niederschlägen um 600 mm und relativ hohen Sommertemperaturen (z. B. Wallis, Engadin, Vinsch-
gau) bleibt selbst die Fichte zurück und macht Kiefern (Pinus sylvestris, P. uncinata, P. cembra)
Platz. Mit abnehmender Kontinentalität herrscht die Fichte unangefochten bis in die Täler, im
Übergangsgebiet zu den ozeanischen Randalpen (Zwischenalpen) vergesellschaftet sie sich mit der
Tanne und nach außen zunehmend auch mit der Buche (MAYER 1974).
Tannenmischwälder liegen in der Regel unterhalb der Fichtenwälder in der montanen Stufe und
können bei geeigneten Substrat- und Klimabedingungen bis in die kolline Stufe hinabreichen. In den
Westalpen, Pyrenäen und südosteuropäischen Gebirgen (Albanien) erreichen sie auch die hochmon-
tane Stufe.
Wegen der weiten Spanne der klimatischen Bedingungen für Nadelwälder in den Gebirgen können
keine allgemeingültigen Klimadaten angegeben werden.
173
Formation D Karte der natürlichen Vegetation Europas
Grundwassernahe Standorte mit beginnender Torfbildung haben eine Moosschicht mit Polytrichum
commune, Sphagnum girgensohnii und – in geringerem Maße – mit Sphagnum angustifolium und
S. fallax. Auf Sickerwasserböden findet man Wälder mit gut entwickelter Krautschicht, in der
Equisetum sylvaticum, Filipendula ulmaria, Caltha palustris, Calamagrostis canescens und Phrag-
mites australis häufig vertreten sind.
In den mittel- und südeuropäischen Gebirgen kommen Nadel- und Nadel-Laubwälder bei geeig-
netem Klima auf allen möglichen Substraten vor. Typische Podsole treten hier in den Nadelwäldern
nur auf armen Gesteinen auf. Ansonsten sind Semipodsole, Braunerden, Braunlehme, Ranker und
Rendzinen zu finden, die aber in der Regel einen sauren Auflagehumus unterschiedlicher Mächtig-
keit aufweisen. In klimatischen Grenzlagen der Nadelwaldverbreitung (Zwischenalpen) entscheiden
die Substrate über die Verteilung der Waldgesellschaften: Arme, saure, trockene wie auch feuchte,
kalte Böden tragen Nadelwälder, basenreiche, wärmere, besser durchlüftete Böden Nadel-Laubwäl-
der mit Buche (MAYER & ZUKRIGL 1975).
174
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation D
Wiederbewaldung oft von Grauerle (Alnus incana), in Hochlagen auch von Grünerle (Alnus alnobe-
tula = A. viridis) eingeleitet.
Die Kahlschlagwirtschaft hat im Verein mit erhöhtem Wildverbiß die Tanne in großem Ausmaß
dezimiert und zurückgedrängt, so daß ihr natürlicher Anteil am Waldaufbau heute oft nur noch
angenähert aus historischen Quellen und Pollenanalysen zu ermitteln ist.
In neuerer Zeit wurden durch Forststraßen sowie Skiabfahrten und Seilbahntrassen für den Touris-
mus erhebliche Schneisen in die Wälder geschlagen, die sich negativ auf den Wasserhaushalt und
die Hangstabilität auswirken.
Montane bis subalpine Wälder haben eine wichtige Funktion beim Schutz gegen Bodenerosion,
Lawinen und Steinschlag, sorgen für einen ausgeglichenen Wasserhaushalt und sind von existentiel-
ler Bedeutung für Siedlungen und Verkehr im Gebirge. Neben der alpinen und subalpinen Stufe
weist die Nadelwaldstufe hier – in Bannwäldern und an unzugänglichen Stellen – noch die meisten
Reste vom Menschen wenig beeinflußter Natur auf. Diese haben große Bedeutung für den Natur-
schutz, insbesondere als Lebensraum für seltene und bedrohte Tierarten (Rauhfußhühner, Braunbär,
Luchs, Wildkatze, Spechte) sowie für den Erhalt der regional bereits stark bedrohten Tanne.
Gliederung in Untereinheiten
Innerhalb der Nadel- und Laub-Nadelwälder erfolgt zunächst eine Aufteilung in die vorwiegend
zonal (und etageal) verbreiteten Fichten- und Tannenwälder, die sogenannte „Dunkle Taiga“ (D.1
bis D.4 in der Gesamtlegende bzw. D1 bis D9 in der Übersichtskarte), und in die auf den extremeren
Standorten (nährstoffarme Sand- und Moorböden sowie flachgründige Felsstandorte) weit ver-
breiteten, lichteren Kiefernwälder, die sogenannte „Helle Taiga“ der Russen (D.5 und D.6 in der
Gesamtlegende bzw. D10 bis D12 in der Übersichtskarte).
Die Fichten- und Tannenwälder werden von Norden nach Süden in mehrere parallel verlaufende
Zonen und Unterzonen gegliedert: nord-, mittel- und südboreale Nadelwälder, hemiboreale Laub-
Nadelwälder sowie nemorale Gebirgsnadelwälder.
Bei den borealen Nadelwäldern erfolgte eine weitere Unterteilung in Westboreale Fichtenwälder
(D.1) und Ostboreale Kiefern-Fichten- und Tannen-Fichtenwälder mit vorherrschend sibirischen
Baumarten (D.2). Die Kiefernwälder sind ebenfalls zonal untergliedert und von Nord nach Süd
angeordnet. Sie lassen sich aber wegen der Artenarmut und einheitlicheren Ausbildung weniger
deutlich zonal differenzieren und reichen auf nährstoffarmen und trockenen Standorten viel weiter
in die nemorale Zone nach Süden. Sie sind in drei zonale Untergruppen gegliedert: Die nordbo-
realen, die mittel- und süd- bis hemiborealen und die nemoralen Kiefernwälder, wobei die beiden
letzten Untergruppen nochmals in zwei Höhenstufen unterschieden werden.
D.1 Westboreale Fichtenwälder (Picea abies, P. obovata, Picea abies x P. obovata), z. T. mit
Pinus sylvestris, örtlich mit Birken- (Betula pubescens s. l., B. pendula), Erlen- (Alnus
incana) oder Mischwäldern
Die westborealen Nadelwälder nehmen einen breiten Gürtel im Norden der europäischen Waldzone
ein; weiter nach Norden gehen sie in die Tundrenzone (B) über. Im europäischen Teil Rußlands sind
sie durch einen schmalen Gürtel von Lichtwäldern (C.1, Waldtundra) von den Tundren getrennt, in
den Skandinavischen Gebirgen schließen nach oben und nach Norden Birkenwälder (C.2, Betula
175
Formation D Karte der natürlichen Vegetation Europas
pubescens subsp. czerepanovii) an. Im Süden grenzen sie an die hemiborealen Laub-Nadelwälder
(D.3) der nordtemperaten Zone.
Klimatisch wird das Gebiet der westborealen Nadelwälder durch die Juli-Isothermen zwischen 14
und 18 °C begrenzt; die mittlere Jahrestemperatur reicht von -3 bis 6 °C. Die Bodenentwicklung ist
durch mehr oder weniger starke Podsolierung gekennzeichnet, auf grundwassernahen Standorten
durch Torfbildung und Vergleyung. Bewaldete und waldfreie Moore haben in der borealen Zone
einen hohen Flächenanteil (vielfach 30-40 %).
In den Waldbeständen dominieren Picea abies im Westen und die vorwiegend sibirische P. obovata
sowie die Hybride der beiden Baumarten im Nordosten des Areals.
Die Gliederung in die drei Unterzonen nord-, mittel- und südboreal ist in erster Linie klimatisch
bedingt, doch ihre Abgrenzung beruht vor allem auf floristischen, vegetationskundlichen und ökolo-
gischen Merkmalen (unterschiedliche Pflanzengesellschaften und Gesellschaftskomplexe sowie
Bestandesstrukturen). Die Grenzen zwischen den Unterzonen sind jedoch unscharf und fließend;
auch gibt es zwischen den fennoskandischen und russischen Wissenschaftlern unterschiedliche
Auffassungen bei ihrer Charakterisierung und Abgrenzung, was vermutlich zu einer stärkeren
Südverschiebung der Unterzonen in Rußland führte und die Harmonisierung zwischen West und Ost
(Fennoskandien und Rußland) erschwerte.
AHTI et al. (1968) kommen in ihrer vergleichenden Betrachtung der fennoskandischen und der russischen zonalen Gliederung
der borealen Vegetation zu dem Schluß, daß in der Nordtaiga der Russen die nord- und mittelboreale Zone Fennoskandiens
zusammengefaßt sei, daß die Mitteltaiga der südborealen Zone und die Südtaiga in etwa der hemiborealen Zone der
Skandinavier entspräche. Wie weit dies tatsächlich zutrifft, konnte bisher nicht geklärt werden und bedarf der genaueren
Analyse der jeweils zugrundeliegenden Merkmale. Wir haben uns bei der zonalen Zuordnung der Kartierungseinheiten an die
Vorgaben der beiden Schulen gehalten.
Ein weiterer augenfälliger Unterschied zwischen den Kartierungseinheiten von Schweden und Finnland gegenüber jenen
Rußlands besteht darin, daß von den russischen Autoren mehr und kleinerflächige Komplexeinheiten kartiert wurden,
während in Finnland und Schweden – außer den Moor-Einheiten – großflächige Einheiten, entsprechend der regional
dominierenden Waldvegetation, vorherrschen. Es handelt sich bei den Einheiten jedoch stets um Vegetationskomplexe aus
Wäldern auf trockenen und feuchten Mineralböden, Anmoor- und Moorböden sowie kleinflächigen offenen Mooren und
Seen.
Die Ostgrenze der westborealen Nadelwälder wird durch die vollständige Ablösung der europäi-
schen Fichte (Picea abies) durch sibirische Baumarten (Picea obovata, Abies sibirica, Larix sibirica
und Pinus sibirica) gekennzeichnet. Ihre West-Ost-Differenzierung nach zunehmender Kontinentali-
tät des Klimas (vgl. Abb. 9 in AHTI et al. 1968) kommt nur teilweise in den Kartierungseinheiten
zum Ausdruck. Das lokale Auftreten sibirischer Baumarten (z. B. Larix sibirica) und Einheiten
innerhalb der westborealen Fichtenwälder ist in der Vegetationskarte 1 : 2,5 Mio. z. T. durch farbige
Aufsignaturen dargestellt.
176
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation D
insel Kola, in Nord-Karelien und im Nordrussischen Tiefland und reichen bis an den Südwestfuß
des Polar Ural. Als Übergang zu den südarktischen Tundren schließt sich im europäischen Rußland
ein schmaler Gürtel ostborealer Lichtwälder mit Picea obovata (C.1) an.
Klima, Standortbedingungen
Niedrige Sommertemperaturen und ein bedeutender Wasserüberschuß führten zur Vernässung und
zu großräumiger Entwicklung von Gley-Podsol- und Torfböden, die für die nordborealen Wälder
besonders typisch sind.
Permafrostbedingungen östlich des Flusses Mezen haben die Bodenvernässung dort verstärkt. Die
Wurzelsysteme der Bäume können unter diesen Bedingungen nur eine dünne Schicht des Oberbo-
dens ausnützen, was zur Bildung von lichten Beständen führte. Trockene Ausbildungen sind an gut
drainierte und besser durchwärmte Standorte gebunden: vor allem glaziale Ablagerungen wie Oser,
Drumlins und Endmoränen-Rücken, im Osten insbesondere Erhöhungen in den Zwischenstrom-
gebieten.
Kartierungseinheiten
Die nordboreale Fichtenwaldzone umfaßt drei Kartierungseinheiten (D1 bis D3). Am weitesten
verbreitet ist die Einheit D1: vom Ostabfall der Skandinavischen Gebirge bis ins Nordrussische
Tiefland mit Schwerpunkt in Fennoskandien. Ihre Baumschicht wird im Westen (Skandinavien) von
Picea abies und im Osten (ab Lappland und Finnland) von Picea obovata und P. abies x P. obovata
dominiert. Gekennzeichnet ist die Einheit durch hohen Zwergstrauchanteil, Moosreichtum und
regelmäßigen Wechsel mit feuchten bis anmoorigen Kiefern- und Fichtenwäldern sowie Aapamooren.
177
Formation D Karte der natürlichen Vegetation Europas
Die entsprechende Einheit vorwiegend trockener Standorte stellt D2 dar. Sie ist hauptsächlich in
Nordrußland (von der Kola-Halbinsel bis zum Ural) verbreitet, und ihre Baumschicht besteht aus
den ostborealen Fichten (Picea obovata, P. abies x P. obovata). Im Unterwuchs herrschen Zwerg-
sträucher (Vaccinium myrtillus, Empetrum hermaphroditum), Moose und Flechten (Cladina-Arten)
vor. Kennzeichnend sind oligotraphente Moorpflanzen (Ledum palustre, Vaccinium uliginosum), die
borealen Arten Rubus arcticus und Cornus suecica sowie örtlich Bodenfeuchtezeiger (Equisetum
sylvaticum, Carex globularis).
In der gut entwickelten Moosschicht herrschen Hylocomium splendens und Pleurozium schreberi,
ferner Dicranum scoparium, D. fuscescens und Polytrichum commune. Eine bedeutende Rolle
spielen Flechten, besonders Cladina rangiferina, C. stellaris und C. mitis sowie Nephroma arcti-
cum. Analoge Waldgesellschaften sind in Nordfinnland und Nordschweden weit verbreitet. Ausbil-
dungen mit Geranium sylvaticum und Gymnocarpium dryopteris sind selten und an nährstoffrei-
chere Böden gebunden. Sie finden sich in Nordfinnland, auf der Halbinsel Kola und in Nordkare-
lien. Im Nordteil kommen auf flachgründig-felsigen Standorten Flechten-Kiefernwälder mit vorherr-
schenden Strauchflechten (Cladina arbuscula, C. rangiferina, C. stellaris) vor.
Die Einheit D3 kennzeichnet überwiegend stark vernäßte und vermoorte Standorte mit Torfmoos-
Birken-Fichtenwäldern und starker Beteiligung von Polytrichum commune, Sphagnum girgensohnii,
S. angustifolium und S. russowii sowie Ledum palustre und Carex globularis. Solche Waldtypen
sind bis in die südliche Taiga verbreitet, weisen im Norden jedoch bestimmte Besonderheiten auf.
Die Einheit erstreckt sich von Karelien bis zum Ural mit deutlichem Schwerpunkt in Nordost-
Rußland. In der Baumschicht kommt neben Picea obovata mit hohem Anteil Betula pubescens –
meist in der Unterart B. pubescens subsp. czerepanovii – vor. Auf Sickerwasserböden mit besserer
Nährstoffversorgung findet man Schachtelhalm-Torfmoos-Fichtenwälder mit vorherrschendem
Equisetum sylvaticum. Gegenüber den südlicheren Ausbildungen enthalten sie viel Rubus chamae-
morus sowie Cornus suecica. Für die nordboreale Unterzone sind ferner Zwergbirken-Torfmoos-
Fichtenwälder mit dominierender Betula nana sowie Salix lapponum und S. phylicifolia in der
Strauchschicht kennzeichnend, wo sie bedeutende Flächen einnehmen.
Klima, Standortbedingungen
Für mittelboreale Wälder sind mäßig warme und feuchte Sommer sowie kalte, schneereiche Winter
charakteristisch. Die mittlere Taiga weist im Sommer zwar einen Feuchteüberschuß auf, der
Grundwasserspiegel sinkt jedoch tiefer ab als im Norden, und die Bodenvernässung ist wesentlich
geringer. Die mittelborealen Fichtenwälder sind vorwiegend an ebene, mit glazialen und fluviogla-
zialen Ablagerungen bedeckte Zwischenstrom-Platten gebunden. Auf diesen Substraten haben sich
178
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation D
Kartierungseinheiten
Die mittelborealen Fichtenwälder umfassen drei komplexe Kartierungseinheiten (D4 bis D6), bei
denen im Westen Picea abies und im Osten Picea obovata sowie die Hybriden der beiden Arten den
Waldbestand bilden.
D4 ist die am weitesten und großflächigsten verbreitete Einheit. Sie reicht von Süd- und West-
Skandinavien über Finnland bis zum westlichen Uralvorland und repräsentiert überwiegend trockene
Standorte unterschiedlicher Trophie.
Die Einheit D5 kommt vorwiegend auf feuchten bis nassen, z. T. moorigen Standorten vor und
wurde ausschließlich im Nordrussischen Tiefland – mit Schwerpunkt im Ostteil – kartiert. Ent-
sprechend bildet hier die östliche Fichtenart den Waldbestand.
D6 repräsentiert einen Vegetationskomplex aus Fichtenwäldern trockener und feuchter bis nasser
bzw. mooriger Standorte. Ihre Verbreitung ist ebenfalls auf Nordrußland – und zwar den westlichen
und mittleren Teil des Tieflandes – beschränkt. Entsprechend kommen hier je nach Lage sowohl
westliche und als auch östliche Fichtenarten zur Dominanz.
Auf den trockeneren Standorten – gut drainierte Hügel und Plateaus – sind Heidelbeer-Fichtenwäl-
der die vorherrschende und für die mittlere Taiga kennzeichnende Waldgesellschaft. Ihr Kronen-
schluß erreicht 70-80 %. In der Baumschicht dominiert die Fichte (im Westen Picea abies, im Osten
P. obovata), als Mischbaumarten treten Birke, Kiefer und Espe auf. Die Waldverjüngung erfolgt
vorwiegend über die Fichte. Im Unterwuchs ist Sorbus aucuparia regelmäßig vertreten, seltener
Juniperus communis und andere Sträucher.
In der zwergstrauchreichen Krautschicht (Deckung 30-40 %) dominiert die Heidelbeere (Vaccinium
myrtillus), beigesellt sind als weitere stete Arten: Vaccinium vitis-idaea, Deschampsia flexuosa,
Luzula pilosa, Linnaea borealis, Maianthemum bifolium, Trientalis europaea. Neben Vaccinium
myrtillus können auch Melampyrum pratense, Rubus saxatilis und Gymnocarpium dryopteris
gehäuft auftreten.
Die mittlere Deckung der Moosschicht beträgt etwa 50 %. Neben Pleurozium schreberi kommen
regelmäßig Hylocomium splendens, Dicranum scoparium und D. polysetum vor. Heidelbeer-
Fichtenwälder wachsen vorwiegend auf lehmig-sandigen, mehr oder weniger stark podsolierten
Böden (Eisen-Humus-Podsole). Auf trockeneren und ärmeren Böden kommen kleinflächig
179
Formation D Karte der natürlichen Vegetation Europas
Klima, Standortbedingungen
Die südboreale Unterzone hebt sich von der mittelborealen durch milderes Klima mit längerer
Vegetationsperiode ab, welche das Wachstum der Wälder begünstigt und nicht zu großräumiger
Vernässung führt. Die Böden sind hier im allgemeinen nur schwach podsolig. Fast das ganze Gebiet
war während der letzten Eiszeit vergletschert und weist daher ein bewegtes und gut gegliedertes
glaziales Akkumulationsrelief auf.
180
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation D
Auf nährstoffarmen, kühlen und vernäßten Böden fehlen jedoch die südlichen (nemoralen) Floren-
elemente; die Wälder weisen hier geringere Wuchsleistungen auf und unterscheiden sich nur wenig
von den mittelborealen moosreichen Nadelwäldern.
In der südborealen Zone sind die ökologischen und floristischen Unterschiede zwischen den west-
lichen und östlichen Gebieten deutlicher als in der mittleren und nördlichen Taiga, was vermutlich
mit dem stärker ausgeprägten Ozeanitätsgefälle des Klimas von West nach Ost zusammenhängt. Im
Osten fallen verschiedene nemorale Strauch- und Krautarten aus, und es kommen dafür uralisch-
sibirische Arten wie Actaea erythrocarpa, Crepis sibirica, Clematis alpina subsp. sibirica, Cacalia
hastata, Lactuca sibirica, Delphinium elatum und Diplazium sibiricum hinzu.
Erhaltungszustand, Ersatzgesellschaften
Naturnahe Bestände südborealer Fichtenwälder sind nur auf verhältnismäßig kleinen Flächen
erhalten; sie wurden vielfach durch Grünland, Äcker und Siedlungen verdrängt. Nach Kahlschlag
kommen als Pionierholzarten oft Birke und Espe auf, so daß im Mittelrussischen Tiefland Birken-
und Espenwälder größere Flächen einnehmen. In den westlichen Gebieten werden die Fichtenwälder
öfters durch Alnus incana-Bestände ersetzt.
Kartierungseinheiten
Die südborealen Fichtenwälder gliedern sich in zwei Kartierungseinheiten: die in Südnorwegen und
Südfinnland verbreitete Einheit D7 mit vorherrschend moos- und zwergstrauchreichen Fichtenwäl-
dern ohne anspruchsvolle nemorale Krautarten und die von Westnorwegen bis Mittelrußland
verbreitete Einheit D8 mit anspruchsvolleren Oxalis- und Melica nutans-Fichtenwäldern, öfters mit
nemoralen Baum-, Strauch- und Krautarten (z. B. Tilia cordata, Corylus avellana, Hepatica
nobilis). Der Oxalis-Fichtenwald bildet das ökophysiologische Optimum der Fichte. Der Kronen-
schluß erreicht hier 70-80 %, die Bonität I. Auch hier sind der Fichte regelmäßig Betula pendula,
seltener Populus tremula oder Pinus sylvestris beigesellt, auf reicheren Standorten Tilia cordata,
Acer platanoides und Ulmus glabra. Der Gehölzunterwuchs ist in den meisten Fällen relativ gut
entwickelt (Deckung nicht selten 10-20 %). In der Krautschicht herrscht Oxalis acetosella vor
(Deckung bis 90 %). Mit hoher Stetigkeit kommen ferner Vaccinium myrtillus, Calamagrostis
arundinacea, Dryopteris carthusiana, Rubus saxatilis, Solidago virgaurea, Maianthemum bifolium
und Trientalis europaea vor. Die Moosschicht ist meist lückig ausgebildet (Deckung meist unter
20 %). Häufige Moose sind Pleurozium schreberi und Hylocomium splendens, seltener Rhyti-
diadelphus triquetrus und Dicranum scoparium.
In der südborealen Zone finden sich häufig farnreiche Fichtenwälder. Auf mittleren Standorten
dominieren Dryopteris carthusiana und D. dilatata, an reicheren und feuchteren Stellen Athyrium
filix-femina, oft vergesellschaftet mit Crepis paludosa, Circaea alpina, Stellaria nemorum, Chrysos-
plenium alternifolium, Geranium sylvaticum, Rhytidiadelphus triquetrus und Plagiomnium medium.
In der Süd-Taiga gibt es auch regelmäßig Fichtenwälder mit anspruchsvollen nemoralen Sträuchern
und Kräutern: Corylus avellana, Lonicera xylosteum, Daphne mezereum, Stellaria holostea, Asarum
europaeum, Hepatica nobilis, Pulmonaria obscura, Viola mirabilis, Galium odoratum, Aegopodium
podagraria, Ranunculus cassubicus, Lathyrus vernus, Mercurialis perennis.
181
Formation D Karte der natürlichen Vegetation Europas
182
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation D
und Moosschicht entsprechen weitgehend jenen der nordeuropäischen mittelborealen Wälder. Die
feuchten Ausbildungen (D11) enthalten in der Kraut- und Moosschicht zahlreiche Feuchte- und
Nässezeiger: Calamagrostis langsdorffii, Equisetum palustre, E. sylvaticum, Filipendula ulmaria
und Moorpflanzen.
183
Formation D Karte der natürlichen Vegetation Europas
uliginosum sind regelmäßig vorhanden. In lichten Beständen kommen Arten der Gebirgs-Tundren
(Phyllodoce caerulea, Arctostaphylos alpinus) vor.
Die Fichten-Tannenwälder des Mittleren Ural (D14) treten ebenfalls vorwiegend auf der West-
Abdachung und in Kammlagen auf. Die Baumbestände haben meist Bonität III. In der Krautschicht
dominiert Oxalis acetosella, in der gut entwickelten Moosschicht Pleurozium schreberi und
Hylocomium splendens. Im Unterschied zu den nördlichen Wäldern tritt hier ferner Rhytidiadelphus
triquetrus auf. Die Krautschicht setzt sich aus weit verbreiteten Arten borealer Wälder (Mai-
anthemum bifolium, Trientalis europaea, Goodyera repens, Viola selkirkii) und nemoralen Krautar-
ten (Asarum europaeum, Stellaria holostea, Viola mirabilis, Aegopodium podagraria) zusammen.
Auf feuchten Böden sind Farne (Dryopteris dilatata, Athyrium filix-femina) und sibirische Hoch-
stauden (Aconitum lycoctonum subsp. lycoctonum, Cacalia hastata, Crepis sibirica) stärker ver-
treten. Am östlichen Abhang des Ural verringert sich der Anteil der Sibirischen Tanne in den
Wäldern, und die Sibirische Lärche (Larix sibirica) nimmt zu, die Strauchschicht wird hier arten-
ärmer, und der Anteil an nemoralen Krautarten geht zurück.
D.3 Hemiboreale Fichten- (Picea abies, P. abies x P. obovata, P. obovata) und Tannen-
Fichtenwälder (Picea obovata, P. abies x P. obovata, Abies sibirica) mit Laubbaumarten
(Quercus robur, Tilia cordata, Ulmus glabra, Acer platanoides u. a.)
Die hemiborealen Laub-Nadelmischwälder nehmen eine Übergangsstellung zwischen den südbo-
realen Nadelwäldern und den nemoralen Laubwäldern ein. In diesen Waldgesellschaften sind in der
Baumschicht boreale Nadel- und nemorale Laubbaumarten gemischt, oder es sind Vegetationskom-
plexe, die sich aus borealen Nadelwäldern und nemoralen Laubwäldern zusammensetzen. Im
Hügelland nehmen die Laubwälder gewöhnlich die flachen Rücken und oberen Hänge, die Nadel-
wälder die Unterhänge und Tallagen ein (PORFIR'EV 1950).
Die hemiborealen Laub-Nadelwälder bilden einen durchgehenden, aber unterschiedlich breiten
Gürtel von Südskandinavien über das Ostbaltische und Mittelrussische Tiefland bis zum Mittleren
und Südlichen Ural (s. Karte 7: D8a,b). An der breitesten Stelle in Westrußland erstreckt er sich
über 650 km in Nord-Süd-Richtung.
Das Klima der hemiborealen Zone wird charakterisiert durch relativ milde Winter, die die Existenz
nemoraler Laubbaumarten ermöglichen, und durch das Fehlen einer ausgeprägten Trockenperiode
im Sommer, was wiederum Grundbedingung für gutes Gedeihen der borealen Nadelbaumarten ist.
Hemiboreale Wälder wachsen sowohl auf schwach podsoligen Fahlerden und Braunerden wie auf
Kalkstein-Verwitterungsböden (Humuskarbonatböden bzw. Rendzinen).
Gekennzeichnet sind die hemiborealen Laub-Nadelwälder durch eine unterschiedlich starke Be-
teiligung von nemoralen Baum-, Strauch- und Krautarten in Kombination mit borealen Baum-,
Strauch-, Zwergstrauch- und Krautarten in den verschiedenen Schichten. Nadelbäume herrschen
jedoch im allgemeinen in der oberen Baumschicht vor, weshalb diese Wälder in der Europakarte der
Nadelwaldformation D zugeordnet wurden.
Im Hinblick auf die Zugehörigkeit zu Florenzonen werden die hemiborealen Laub-Nadelwälder
jedoch nicht zuletzt aufgrund ihrer floristischen Zusammensetzung und der starken Beteiligung
nemoraler Elemente zur temperaten Zone gerechnet (vgl. Karte 3).
Die hemiborealen Laub-Nadelwälder gliedern sich wie die borealen Nadelwälder in Höhenstufen,
184
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation D
wobei die planar-kollinen Ausbildungen entsprechend der allgemeinen Geländesituation bei weitem
überwiegen.
Montane Ausbildungen kommen nur im Mittleren und Südlichen Ural vor. Wie bei den borealen
Nadelwäldern werden auch in dieser Gruppe westliche Ausbildungen mit dominierender Picea abies
(D15-D19) und östliche, voruralisch-uralische Ausbildungen mit vorherrschend sibirischen Nadel-
baumarten (Picea obovata, Abies sibirica) sowie Beteiligung anderer uralisch-sibirischer Floren-
elemente (D20-D23) unterschieden.
Die Charakteristika und Besonderheiten bzw. Unterschiede der einzelnen Gruppen und Kartierungs-
einheiten werden nachfolgend kurz erläutert:
185
Formation D Karte der natürlichen Vegetation Europas
kleine Flächen an den Fjorden der Westküste. In Südschweden liegt ihre Nordgrenze (D16) etwas
nördlich von Stockholm, übereinstimmend mit der Nordgrenze von Eiche und Esche. Im südwestli-
chen Finnland nehmen sie einen schmalen Streifen längs der Südküste und die vorgelagerten Inseln
einschließlich Åland ein (D16).
In dieser Zone sind regelmäßig Edellaubbäume in den krautreichen Fichtenwäldern (Melico-
Piceetum) beigemischt, die vor allem auf basenreichen Standorten an südexponierten Hängen (extra-
zonale Standorte) wachsen. Die reinen Laubmischwälder haben eine breite Standortamplitude von
Eichentrockenwäldern über frische Edellaubholzwälder bis zu feuchten Erlen-Eschenwäldern. Die
Hauptbaumarten dieser Wälder sind Stieleiche (Quercus robur), Winterlinde (Tilia cordata), Spitz-
ahorn (Acer platanoides), Esche (Fraxinus excelsior), Bergulme (Ulmus glabra), Espe (Populus
tremula) sowie Grau- und Schwarzerle (Alnus incana, A. glutinosa).
Im Westen und Norden Estlands kommen als Sonderform Alvar-Fichtenmischwälder vor (D18).
Alvare sind waldfreie Kalksteinplateaus, die großenteils nur von einer dünnen Boden- oder Humus-
schicht bedeckt sind und bei denen vielerorts der bloße Fels zutage tritt. Extrem flachgründige
Böden, geringe Niederschläge und eine ausgeprägte Trockenperiode im Sommer sind limitierende
Faktoren für den Wald. Bei den Böden unter Wald handelt es sich um Rendzinen und Braunerden
mit hohem Humusgehalt und neutraler bis mäßig saurer Bodenreaktion.
In den nördlichen, hemiborealen Alvarwäldern herrschen Nadelbaumarten vor, meistens Fichte und
Kiefer; Eiche und Esche sind stellenweise beigemischt. Die Baumschicht ist aufgelichtet, die
Baumhöhe beträgt 15-20 m, und die Bonität liegt niedrig (IV oder V). In der Strauchschicht domi-
nieren Juniperus communis oder Corylus avellana; Ribes alpinum, Lonicera xylosteum, Cotoneaster
integerrimus, Sorbus aucuparia, Daphne mezereum und Rhamnus cathartica sind außerdem
ziemlich regelmäßig vertreten.
Die Krautschicht ist durch xerophytische Heidewaldarten (Arctostaphylos uva-ursi, Antennaria
dioica, Sedum acre, Thymus serpyllum) und eine Reihe von Trockenrasen- bzw. Wiesensteppen-
pflanzen (Filipendula vulgaris, Asperula tinctoria, Brachypodium pinnatum, Sesleria caerulea,
Carex flacca) gekennzeichnet. Waldarten (Hepatica nobilis, Anemone nemorosa, Mercurialis
perennis, Convallaria majalis, Calamagrostis arundinacea, Rubus saxatilis) sind dagegen selten.
Die heutigen Alvarwälder sind durch Holznutzung, Brände und Beweidung stark beeinträchtigt, so
daß es schwierig ist, ihre ursprüngliche Gestalt festzustellen. Der natürliche Vegetationskomplex
enthält auf extremeren Fels- und Karststandorten mit Sicherheit auch natürliche Trockenrasen,
thermophile Saumgesellschaften und xerophytische Gebüsche.
Die baltisch-nordwestsarmatischen Laub-Fichtenmischwälder (D19) erstrecken sich als breites Band
von der Ostsee bis zur Mittleren Wolga. In den Baltischen Staaten und in Westrußland hat es seine
größte Nord-Süd-Ausdehnung. Die Fichte beherrscht hier in der Regel die geschlossene Baum-
schicht; Stieleiche, Winterlinde, Spitzahorn und Esche sind regelmäßig in der zweiten Baumschicht
oder im Unterwuchs vertreten. Eine Strauchschicht ist bei aufgelichtetem Baumbestand gut ent-
wickelt. Sie enthält häufig Corylus avellana, im Westen zusätzlich Euonymus europaea, Ribes
alpinum und Cornus sanguinea, im Osten vor allem Euonymus verrucosa und Malus sylvestris. In
der Baum- und Strauchschicht können alle oben erwähnten Arten in unterschiedlicher Kombination
und Menge vorkommen.
186
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation D
In der meist gut entwickelten Krautschicht bestimmen entweder „boreale“ Arten (Vaccinium
myrtillus, Oxalis acetosella, Maianthemum bifolium, Trientalis europaea) oder nemorale Stauden
(Aegopodium podagraria, Lamium galeobdolon, Pulmonaria obscura, Carex pilosa, Asarum
europaeum, Hepatica nobilis, Galium odoratum, Lathyrus vernus, Mercurialis perennis, Stellaria
holostea, Ranunculus cassubicus, R. ficaria, Dryopteris filix-mas) den Aspekt.
Einige europäische Laubwaldarten (z. B. Circaea lutetiana, Allium ursinum) kommen nur in den
westlichen Ausbildungen vor. In den Nadel-Laubwäldern entlang der Ostsee sind überdies stärker
ozeanisch verbreitete Arten wie Hedera helix, Taxus baccata und Polystichum aculeatum vertreten.
Feuchte Ausbildungen enthalten Athyrium filix-femina, Equisetum sylvaticum und Urtica dioica.
Die Moosschicht ist gewöhnlich schwach entwickelt, bei einer Deckung von 10-20 %, selten bis
50 %. Häufige Moosarten sind: Pleurozium schreberi, Hylocomium splendens, Dicranum scopari-
um, D. polysetum, Rhytidiadelphus triquetrus, Brachythecium starkei, Plagiomnium affine, Rhizo-
mnium punctatum, Climacium dendroides.
Fichtenwälder mit Edellaubbäumen im Unterwuchs (Piceeta composita Sukatchev 1931) kommen
in der südborealen Zone vor allem auf steilen Hängen von Flußtälern und von Hügeln in ver-
schiedenen Expositionen vor, was auf bessere Dränage und nährstoffreichere Böden an diesen
Standorten zurückzuführen ist. In der hemiborealen Zone sind diese Wälder dagegen auch in ebenen
Lagen verbreitet. Die Edellaubbäume befinden sich hier an ihrer nördlichen Verbreitungsgrenze; sie
werden durch starke Winterfröste geschädigt und erreichen nur schwer die obere Baumschicht.
Im Norden der hemiborealen Zone hat die Abholzung der Laub-Nadelwälder einen Umbau in
Fichtenwälder zur Folge, im Süden dagegen kommen dann in der Baumschicht die Laubbäume
(Eiche, Linde) zur Vorherrschaft, da sich die Fichte hier schlecht verjüngt. Der Anteil der Linde
nimmt dabei nach Osten zu. Die hemiborealen Laub-Fichtenwälder besiedelten die fruchtbarsten
Böden und wurden deshalb größtenteils in landwirtschaftliche Nutzflächen umgewandelt.
Die voruralischen Edellaubholz-Tannen-Fichtenwälder (D20, D21) sind großflächig zwischen
Wolga, Kama und dem Mittleren Ural verbreitet. Sie sind an schwach podsolige Fahlerden (Podzo-
luvisols) gebunden.
Zusammensetzung und Struktur dieser Wälder unterscheiden sich deutlich von den westlichen Laub-
Nadel-Wäldern. Im Osten fällt beispielsweise Fraxinus excelsior aus, und die Eiche spielt eine
geringere Rolle. Picea obovata und Abies sibirica herrschen nahezu überall in der oberen Baum-
schicht. Die Edellaubbaumarten kommen fast nur in der zweiten Baumschicht und im Unterwuchs
vor. Zum Ural hin erhöht sich die Abundanz der Tanne, die Eiche fällt nahezu vollständig aus, und
der Spitzahorn wird seltener. Die Edellaubbaumarten haben zwar meist nur geringen Anteil an der
Baumschicht, sie bilden aber oft einen geschlossenen Unterwuchs. Tilia cordata spielt dabei die
Hauptrolle. Die Hasel (Corylus avellana) kann im südlichen Teil des Areals dieser Wälder ebenfalls
hohe Deckung erreichen. Die Winterlinde vermag sich nach Holzeinschlag üppig zu entfalten und
bildet dann oft sekundäre Lindenwälder.
In der Krautschicht ist Oxalis acetosella stark vertreten, während die borealen Zwergsträucher
nahezu vollständig fehlen. Nemorale Krautarten sind stark beteiligt und sehr charakteristisch:
Milium effusum, Paris quadrifolia, Lathyrus vernus, Asarum europaeum, Galium odoratum,
Aegopodium podagraria, Dryopteris filix-mas u. a. Nach Osten fallen jedoch einige europäische
nemorale Krautarten aus (z. B. Carex pilosa, Mercurialis perennis). Farne (Dryopteris austriaca,
187
Formation D Karte der natürlichen Vegetation Europas
188
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation D
Klima, Standortbedingungen
Die Höhenstufe der Gebirgsnadelwälder ist durch kühles, niederschlagsreiches Klima – je nach
Gebiet zwischen 700 und 2000 bis maximal 3200 mm Niederschlag – mit verhältnismäßig langen,
schneereichen Wintern gekennzeichnet. Die Jahresmitteltemperaturen haben eine breite Amplitude
und liegen je nach Gebiet und Höhenlage zwischen 1 und 12 °C, meist jedoch unter 5 °C. Die
mittleren Januartemperaturen liegen überwiegend zwischen -1 und -7 °C, in den Hochgebirgen
teilweise noch darunter (in den Zentralalpen bis -12 °C). Im wärmsten Monat (Juli) betragen die
Temperaturmittel 12-19 °C, örtlich gehen sie bis 22 °C.
Die Böden sind vorwiegend aus Silikatgesteinen hervorgegangen, in etlichen Gebieten jedoch auch
aus Karbonatgesteinen, so daß Basengehalt und pH-Wert ein breites Spektrum aufweisen. Die
Bodentrophie liegt überwiegend im Bereich oligo- bis mesotroph. Die Humusform ist in den
meisten Fällen – infolge des kühlen, niederschlagsreichen Klimas und der schwer zersetzlichen
Nadelstreu – Moder bis Rohhumus, auch über Kalkstein. Bei den Bodentypen handelt es sich je
nach Ausgangsgestein um Podsole, Gley-Podsole, podsolige bis basenreiche Braunerden, Para-
braunerden, Ranker und (Tangel-)Rendzinen.
Neben zahlreichen mit den borealen Nadelwäldern gemeinsamen Arten in der Strauch-, Zwerg-
strauch-, Kraut- und Moosschicht beherbergen die nemoralen Gebirgsnadelwälder eine ganze Reihe
eigener temperater und submeridionaler Gebirgspflanzen, die in den borealen Gebieten und im
osteuropäischen Tiefland fehlen. Dazu gehören unter den Bäumen und Sträuchern:
189
Formation D Karte der natürlichen Vegetation Europas
Fagus sylvatica s. l., Acer pseudoplatanus, A. heldreichii, A. trautvetteri (K), Lonicera nigra,
L. caerulea, Rosa pendulina; unter den Kräutern: Adenostyles alliariae, A. glabra, Aruncus dioicus
(+K), Astrantia major, A. maxima (K), Calamagrostis villosa, Galium rotundifolium (+K), Gentiana
asclepiadea (+K), Homogyne alpina, Luzula luzulina, L. luzuloides, L. nivea, L. sylvatica, Petasites
albus (+K), Prenanthes purpurea (+K), Saxifraga rotundifolia (+K), Soldanella alpina, S. hungari-
ca, Veronica urticifolia (K = nur Kaukasus, +K = einschließlich Kaukasus).
Gliederung in Kartierungseinheiten
Die Hauptuntergliederung erfolgte nach den dominierenden Baumarten in Untergruppen: D.4.1 mit
vorherrschender Tanne (Abies alba, A. borisii-regis, A. nordmanniana) (D24-D33) und D.4.2 mit
bestandsbildender Fichte (Picea abies, P. omorika, P. orientalis) (D34-D41). Die einzelnen Kartie-
rungseinheiten sind dann nochmals geographisch und standörtlich aufgrund spezifischer Arten-
kombinationen differenziert.
190
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation D
Die Waldbestände stocken auf verschiedensten basenarmen Grundgesteinen von Granit über meta-
morphe Schiefer bis zu Sandstein und Konglomeraten. Sie besiedeln je nach Gebiet die montane bis
hochmontane, nur selten die submontane bis kolline Höhenstufe.
Der mitteleuropäische azidophile Fichten-Tannenwald (D24) differenziert sich im Schwarzwald, wo
er die größte Flächenausdehnung hat, durch einige atlantisch-subatlantische Arten: Galium saxatile,
Ilex aquifolium, Digitalis purpurea, die in den östlichen herzynischen Mittelgebirgen – bis auf
Galium saxatile – fehlen; dafür tritt dort die montane Calamagrostis villosa hinzu. In Tschechien,
Polen, Slowenien und Bosnien-Herzegowina kommt die Einheit nur kleinflächig vor und ist in der
Karte meist nicht dargestellt; lediglich in Tschechien und Kroatien sind kleine Vorkommen kartiert.
Die illyrische Rasse zeichnet sich besonders durch Hieracium rotundatum aus. In Polen werden eine
sudetische (mit Galium saxatile) und eine karpatische Rasse (mit Luzula luzulina, Soldanella
hungarica, S. carpatica) unterschieden.
Eine ähnliche, aber besser nährstoffversorgte und artenreichere Gesellschaft wird für kolline bis sub-
montane Lagen des südpolnischen Hügellandes und Mittelgebirges (Lysa Gora bis 600 m ü. NN) an-
gegeben (D25). Als regionale Differentialarten werden Rubus hirtus, R. pedemontanus und Cruciata
glabra genannt; ferner sind Querco-Fagetea-Arten wie Carex digitata, Dryopteris filix-mas,
Lamium galeobdolon und Viola reichenbachiana stärker beteiligt. Die submontane Ausbildung
enthält überdies Luzula luzuloides und Gentiana asclepiadea.
Wesentlich vielfältiger gegliedert sind die artenreicheren Tannenmischwälder auf mesotrophen
Böden. Die südostmitteleuropäische Ausbildung der tieferen bis mittleren Lagen (D26) kommt in
einem Streifen am Nordrand der Alpen und zerstreut im Südosten der Alpen (Slowenien, Kroatien)
sowie in Tschechien vor. Sie besiedelt überwiegend schwerere, z. T. wechselfeuchte Böden über
Flysch, Molasse, Tonschiefern und Sandsteinen. Diese Böden sagen der wurzelaktiven Tanne beson-
ders zu, die daher in naturnahen Beständen oft vorherrscht mit unterschiedlichen Mischungsanteilen
von Fichte und Buche, wobei die Buche aber nicht ihre maximale Konkurrenzkraft entfalten kann.
Untergeordnet können auch Acer pseudoplatanus, Fraxinus excelsior und Ulmus glabra beteiligt
sein. In der Strauchschicht ist vor allem Lonicera nigra neben Rubus-Arten charakteristisch. In der
Krautschicht finden sich Säurezeiger, besonders bezeichnend die anspruchsvolleren Galium rotundi-
folium und Oxalis acetosella, neben weit verbreiteten Buchenwaldarten (z. B. Prenanthes purpurea,
Sanicula europaea), verschiedenen Farnen und Feuchte- bis Nässezeigern wie Equisetum syl-
vaticum, Crepis paludosa und Chaerophyllum hirsutum.
Die entsprechende, vorwiegend hochmontan verbreitete Kartierungseinheit D28 kommt flächig am
Nordrand der Alpen von Bayern bis in die Schweiz vor, ist aber von der vorigen nicht immer
eindeutig zu trennen. Auf Silikatbergen des Alpenostrandes bildet sie eine schmale Höhenstufe in
etwa 1200 bis 1400 m ü. NN zwischen dem Fichten-Tannen-Buchenwald und dem darüberliegenden
subalpinen Fichtenwald. Charakteristisch ist wiederum ein Miteinander von Elementen der Fageta-
lia und der Piceetalia, wobei letztere höhenstufenbedingt etwas stärker hervortreten. Homogyne
alpina, Huperzia selago, Luzula sylvatica u. a. differenzieren gegenüber den tieferen Lagen. Die
Einheit enthält auch hochstaudenreiche und feuchte Ausbildungen u. a. mit Adenostyles alliariae,
Equisetum sylvaticum, Stellaria nemorum. Geographische Ausbildungen werden u. a. durch Solda-
nella hungarica subsp. major am Ostrand der Zentralalpen und Veronica urticifolia im Westen der
Ostalpen gekennzeichnet.
191
Formation D Karte der natürlichen Vegetation Europas
Die Tanne hat in den Westalpen eine weitere ökologische Amplitude, da sie sich bei ihrer post-
glazialen Einwanderung dort schon vor der Fichte etablierte und daher nicht wie in den Ostalpen in
Fichtenwälder einwandern mußte, wodurch sie einseitig auf Schattenfestigkeit selektioniert wurde
(MAYER et al. 1977). In den südlichen Westalpen, wo die Fichte selten ist oder ganz fehlt, ist in den
Außenketten (Chartreuse, Vercors) eine eigene hochmontane Tannenstufe oberhalb der Buchenstufe
entwickelt, auf die ein schmaler Streifen aus „subalpinem“ Fichtenwald oder Pinus uncinata folgt
(Mt. Ventoux). Stellenweise – auch im Tessin und in den Ligurischen Alpen – bildet dort ein
hochmontaner („subalpiner“) Rhododendron-Tannenwald (mit Rhododendron ferrugineum) sogar
die obere Waldgrenze.
MAYER (1984) unterschied bei den montanen und hochmontanen Fichten-Tannenwäldern der Alpen
drei Gesellschaftsgruppen: Bodensaure Silikatgesellschaften mit Luzula luzuloides, intermediäre mit
Oxalis acetosella bzw. Galium rotundifolium und Karbonatgesellschaften mit Adenostyles glabra,
Valeriana tripteris, Mercurialis perennis, Carex alba, C. digitata und Cirsium erisithales.
Die zwischenalpinen Fichten-Tannenwälder (D29), die besonders im Osten und Süden die eigentli-
chen Zentralalpen in einem fast zusammenhängenden Gürtel umfassen, sind durch gemäßigt
kontinentales Klima bedingt. Ihr natürlicher Waldaufbau ist wegen der weitgehenden Zurückdrän-
gung der Tanne durch den Menschen jedoch kaum mehr erkennbar. Heute herrschen hier Fichten-
und Fichten-Lärchenforste bei weitem vor.
Auch in dieser Einheit sind nach Trophie und Feuchte differenziert recht unterschiedliche Waldge-
sellschaften enthalten: Luzulo-Abietetum, Galio- bzw. Asperulo-Abietetum und auch seltenere
karbonatische Ausbildungen wie das Adenostylo glabrae-Abietetum und das Carici albae-Abietetum
sind hier zusammengefaßt. In den Westalpen nimmt allgemein die Bedeutung der Tanne gegenüber
der Fichte zu. Die südalpische Ausbildung ist durch Luzula nivea, Calamintha grandiflora, Labur-
num alpinum und Melampyrum italicum charakterisiert.
In den montanen Tannenmischwäldern der Westkarpaten (D27) dominiert die Tanne unangefochten
und verjüngt sich auch gut, und die Fichte ist hier nicht überall beteiligt. In Polen ist jedoch die
Ursprünglichkeit dieser Gesellschaft umstritten. Möglicherweise handelt es sich zum größten Teil
um forstlich bedingte Ersatzgesellschaften, die durch andauernde Begünstigung der Tanne aus
Tannen-Buchenwäldern entstanden sind. Sie besiedeln eine breite Spanne von sauren bis zu kalkrei-
chen Böden, dementsprechend finden sich dort auch Vaccinium myrtillus und andere Azidophyten
neben anspruchsvolleren Querco-Fagetea-Arten. Geographische Differentialart für diese Einheit ist
Cardamine glanduligera (= Dentaria glandulosa).
Die hochmontanen Tannenwälder der inneren Täler der Pyrenäen (D30) unterscheiden sich von den
bisher beschriebenen vor allem durch das Fehlen der Fichte; lediglich Fagus sylvatica und Sorbus
aucuparia kommen als Begleitbaumarten vor. Geographische Trennarten sind Saxifraga umbrosa
sowie Ilex aquifolium und Teucrium scorodonia als atlantische Florenelemente. Goodyera repens
wird als namengebend für die Assoziation (Goodyero repentis-Abietetum albae) hervorgehoben. Die
Gesellschaft kommt vorwiegend auf podsoligen Braunerden über Graniten in Nordexposition vor.
In Südalbanien werden die Tannenwälder auf Kalkgestein in 1200-1600 m Höhe fast ausschließlich
von Abies borisii-regis (einer Zwischenform zwischen Abies alba und A. cephalonica) gebildet
(D31). Nur an einigen Stellen sind Fagus sylvatica (im Nordosten), Pinus nigra oder Fraxinus ornus
(im Süden) beigemengt. Mit Abies borisii-regis, dem albanisch endemischen Hypericum haplophyl-
192
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation D
loides, der basiphilen Strauch- und Krautschicht (Sorbus graeca, Daphne mezereum, Sesleria
coerulans, Brachypodium pinnatum, Galium lucidum agg.) und xerothermen Eichenwäldern als
Kontaktgesellschaften unterscheidet sich diese Einheit deutlich von den mitteleuropäischen.
Besonders stark weicht die Artengarnitur der kaukasischen Tannenwälder von den mitteleuropäi-
schen ab. Hier werden zwei vorwiegend hochmontane Einheiten unterschieden: Westkaukasische
Tannen-, Fichten-Tannen- und Buchen-Tannenwälder mit immergrünem Unterwuchs (Rhododen-
dron ponticum, Prunus laurocerasus, Ilex colchica) (D32) und eine weiter östlich verbreitete Einheit
ohne immergrünen Unterwuchs (D33). In beiden Fällen besteht die Baumschicht aus Abies
nordmanniana, Picea orientalis und Fagus sylvatica subsp. orientalis, und diese Nadelmischwälder
wechseln häufig mit Orientbuchenwäldern ab. Buchen-Tannen-, Fichten-Tannen- und reine Tannen-
wälder herrschen vor, reine Fichten- und Buchen-Fichtenwälder sind dagegen selten.
Die wenigen noch erhaltenen natürlichen Bestände sind ungleichaltrig und zeigen außerordentliche
Wuchsleistungen. Die obere Baumschicht ist vielfach 45-50 m hoch. Fichte und Tanne erreichen ein
maximales Alter von 450-500 Jahren und Höhen bis 67 m, die Buche 50-52 m, bei Stammdurch-
messern bis 2 m.
Die Tannenmischwälder mit immergrünem Unterwuchs (D32) sind nur im niederschlagsreichen
westlichen Kaukasus in Höhen zwischen 950-2100 m verbreitet, wo die mittleren Jahresnieder-
schläge 1300 mm übersteigen. Typisch für diese Wälder sind immergrüne hemiprostrate Sträucher
(Rhododendron ponticum, R. ungernii, Prunus laurocerasus, Ilex colchica). An sommergrünen
Sträuchern sind Rhododendron luteum, Vaccinium arctostaphylos und Viburnum orientale vertreten,
jedoch weniger häufig als in Buchenwäldern. Rubus-Arten (R. caucasicus, R. platyphyllos u. a.)
bilden stellenweise dichte Bestände.
Unter der immergrünen Strauchschicht ist die Krautschicht lückig und artenarm. Nadelwaldarten
sind hier nur wenig vertreten und es herrschen europäisch-kaukasische Arten vor. Typisch sind
Festuca drymeja (stellenweise dominierend), Galium odoratum, G. rotundifolium, Sanicula euro-
paea, Circaea lutetiana. Spezifisch kaukasische Pflanzen sind: Vicia crocea, Pachyphragma
macrophyllum, Trachystemon orientalis, Paris incompleta, Paeonia wittmanniana.
Die kaukasischen Tannenmischwälder ohne immergrünen Unterwuchs (D33) lösen den vorher-
gehenden Waldtyp in weniger humiden Gebieten ab, denn nach Osten gehen die Jahresniederschläge
zurück und die Kontinentalität nimmt zu (DOLUCHANOV 1989). Das Areal der Nadelwälder ohne
immergrünen Unterwuchs gliedert sich in isolierte Teilbereiche: Einer liegt auf der Nordseite des
Großen Kaukasus, der andere in Transkaukasien östlich der Wasserscheide zwischen Schwarzem
und Kaspischem Meer. Sie bilden die Fortsetzung der weiter westlich gelegenen Nadelwälder mit
immergrünem Unterwuchs. Wie diese nehmen sie die obere Hälfte des Waldgürtels zwischen 850
bzw. 1000 und 2000 m ein.
Reine Tannenwälder sind hier häufiger vertreten. Außer Fagus sylvatica subsp. orientalis kommen
kaum andere Laubbaumarten als Beimischung vor. Sommergrüne Sträucher (Rhododendron luteum,
Sambucus nigra, Corylus avellana, Lonicera caucasica) sind ebenfalls selten, Rubus-Arten dagegen
weit verbreitet, besonders in Buchen-Tannenwäldern.
In der Krautschicht herrscht auf relativ trockenen und sonnigen Hängen Festuca drymeja vor, und
Vicia crocea ist häufig. Auf frischen Böden sind krautige Pflanzen nemoraler Laubwälder (Galium
odoratum, Sanicula europaea, Viola reichenbachiana, Circaea lutetiana, Cardamine bulbifera,
193
Formation D Karte der natürlichen Vegetation Europas
Geranium robertianum) weit verbreitet. Auf feuchten Standorten spielen Rubus-Arten und Farne
(Athyrium filix-femina, Dryopteris filix-mas, D. affinis, Matteuccia struthiopteris, in höheren Lagen
auch Athyrium distentifolium und Oreopteris limbosperma) eine wichtige Rolle. In der oberen
Nadelwaldzone (1800-2100 m) ist die Krautschicht mit hochmontanen Pflanzen angereichert. Neben
weit verbreiteten Arten wie Calamagrostis arundinacea, Polygonatum verticillatum, Calamintha
grandiflora, Valeriana alliariifolia, Aruncus dioicus und Actaea spicata treten hier auch etliche kau-
kasische Arten (Gentiana schistocalyx, Gadellia lactiflora, Adenostyles platyphylloides, A. macro-
phylla, Senecio propinquus, Cicerbita deltoidea, C. prenanthoides) auf.
Die Krautschicht von reinen Fichtenwäldern (Picea orientalis) unterscheidet sich deutlich von der
in Tannen- und Buchen-Tannenwäldern. Es kommen hier häufiger Nadelwaldarten wie Gymnocar-
pium dryopteris, Dryopteris carthusiana, Huperzia selago, Lycopodium annotinum, Orthilia
secunda, Pyrola media, Moneses uniflora, Listera cordata und Goodyera repens vor. Letztere Art
ist für Fichtenwälder besonders kennzeichnend. Die Moosschicht setzt sich aus den weit verbreiteten
Arten Hylocomium splendens, Rhytidiadelphus triquetrus, Pleurozium schreberi, Dicranum scopari-
um, Eurhynchium striatum und Ptilium crista-castrensis zusammen.
194
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation D
chum formosum, Dicranum scoparium. Weitere kennzeichnende aber weniger stete Arten der
Gebirgsfichtenwälder sind Lonicera caerulea, Linnaea borealis, Listera cordata, Trientalis euro-
paea, Calamagrostis villosa, Homogyne alpina, Corallorhiza trifida, Moneses uniflora, Orthilia
secunda, Pyrola minor, P. rotundifolia und Huperzia selago. Aber die Verbreitung dieser Arten ist
nicht auf Fichtenwälder begrenzt. Unter Klimabedingungen, die mehr oder weniger nur die Fichte
zulassen (Höhenlage, Kontinentalität), finden sich natürliche Fichtenwälder auch auf karbonatischen
Substraten, die nur wenige der genannten Arten, dafür aber viele Fagetalia-Arten und Kalkzeiger
(z. B. Adenostyles glabra, Calamagrostis varia) enthalten.
Ähnlich wie die borealen Fichtenwälder besiedeln somit auch die nemoralen Gebirgs-Fichtenwälder
ein breites Spektrum an Gesteinen und Böden – von oligo- bis eutroph – und weisen entsprechend
vielfältige Ausbildungen bzw. Gesellschaften auf, die sich auch in den Kartierungseinheiten
widerspiegeln. Die von Fichte (Picea abies, in einem Fall P. omorika) dominierten Vegetationsein-
heiten (D34-D41) sind im wesentlichen nach (pflanzen-)geographischen Gesichtspunkten zu-
sammengefaßt und differenziert worden.
Die Höhenverbreitung liegt überwiegend zwischen 900 und 2000 m ü. NN. In der Baumschicht sind
neben der herrschenden Fichte des öfteren auch andere Nadelbäume vertreten (je nach Gebiet,
Höhenlage und Situation Abies alba, Larix decidua, Pinus sylvestris, Pinus cembra oder P. peuce),
in wenigen Fällen auch Buche (Fagus sylvatica). Als Strauchunterwuchs kommen unregelmäßig
und zerstreut Sorbus aucuparia (meist subsp. glabrata), Lonicera nigra, L. caerulea, L. xylosteum
und Rosa pendulina vor. Die Feldschicht ist, neben einigen durchgehenden Arten, stark nach
Bodentrophie, Feuchtigkeit, Exposition, Höhenlage und Regionalflora differenziert.
Calamagrostis villosa-Fichtenwälder (D34) stellen die hochmontane Leitgesellschaft in den herzyni-
schen Mittelgebirgen (Harz, Thüringer Wald – hier auf Blatt 5 nicht gesondert ausgewiesen, Erzge-
birge, Böhmerwald, Sudeten) dar, mit entsprechender geograpischer Differenzierung (SCHLÜTER
1969). Diese Fichtenwälder wachsen zwischen 900 m (in manchen Fällen bis 630 m nach unten) und
maximal 1500 m. Sie besiedeln durchweg saure bis stark saure und nährstoffarme Böden von
Podsolrankern über Eisen-Humus-Podsole bis zu Gley-Podsolen und Moorböden, vorwiegend über
Graniten und Gneisen. Mit den Fichtenwäldern der Alpen haben sie viele Arten gemeinsam (z. B.
Homogyne alpina, Calamagrostis villosa, Lycopodium annotinum, Blechnum spicant, Listera
cordata, Luzula sylvatica), unterscheiden sich aber von ihnen durch das Fehlen der Lärche und Arve
und weiterer alpischer Arten. Calamagrostis villosa ist stärker vertreten als in den Alpen und bildet
oft dicht verfilzte Bestände, ferner sind Trientalis europaea, Galium saxatile und Soldanella
montana als geographisch differenzierende Arten zu nennen. Fagus sylvatica und Abies alba
kommen nur untergeordnet und mit verminderter Vitalität vor, namentlich in den tiefer gelegenen
Ausbildungen. Diese Waldgesellschaft ist besonders von Luftschadstoffen und Bodenversauerung
betroffen und namentlich im Erzgebirge bereits großflächig abgestorben.
Typisch für die Einheit sind wechselfeuchte und ständig vernäßte Standorte sowie zahlreiche ein-
gestreute Hochmoore mit Spirken und Latschen sowie Fichten-Moorwäldern. Sie sind als Unterein-
heit D34a gekennzeichnet. In Verbindung mit offenen Blockhalden kommen öfters Karpatenbirken-
Fichten-Blockwälder vor (STÖCKER 1967).
Natürliche klimabedingte Fichtenwälder sind in den A l p e n in der hochmontanen (häufig auch
subalpin genannten) Waldstufe oberhalb der Fichten-Tannen-Buchen-Stufe und unterhalb des sub-
195
Formation D Karte der natürlichen Vegetation Europas
alpinen Lärchen-Zirben- bzw. Latschen (Pinus mugo)-Gürtels sowie in der ganzen montanen Stufe
der kontinentalen Innenalpen weit verbreitet (D35). Lediglich in den kontinentalsten Trockentälern
(z. B. Wallis, Vinschgau) treten sie zugunsten von Kieferntrockenwäldern zurück. Seltener sind sie
auch in den Südalpen und fehlen in den Südwestalpen völlig. Die Kartierungseinheit entspricht
weitgehend dem ehemaligen, weit gefaßten Piceetum subalpinum Braun-Blanquets. Als Klima-
Richtwerte für die hochmontanen Fichtenwälder können eine mittlere Jahrestemperatur unter 5 °C
und 5-7 Monate mit einer mittleren Temperatur unter 0 °C gelten.
Charakteristisch für die Fichtenwaldstufe der Alpen ist das häufige Auftreten der Lärche (Larix
decidua), die als Pionierbaumart zu werten ist und im Zuge der Bestandesentwicklung allmählich
verdrängt wird. Durch die Kahlschlagwirtschaft sind ihre Anteile um ein Vielfaches erhöht worden
(MAYER et al. 1977). Typisch für die alpischen Fichtenwälder sind auch Lonicera nigra, Rosa
pendulina und Clematis alpina. Am unteren Rand der Fichtenstufe kann – besonders auf basenrei-
chen Substraten – Acer pseudoplatanus eine gewisse Rolle als Mischbaumart spielen.
In dieser Kartierungseinheit sind drei standörtlich und dem Artenbestand nach recht verschiedene
Gesellschaften zusammengefaßt (typisiert aus den österreichischen Ostalpen):
a) die typischen bodensauren Fichtenwälder (Homogyno-Piceetum Zukrigl 1973 u. a.) auf Silikatbö-
den oder auch entkalkten Kalksteinbraunlehmen mit mehr oder weniger rein azidophiler Arten-
garnitur (Homogyne alpina, Vaccinium myrtillus, V. vitis-idaea, Calamagrostis villosa, De-
schampsia flexuosa, Lycopodium annotinum, Moneses uniflora, Luzula luzulina, L. sylvatica,
Melampyrum pratense, Gymnocarpium dryopteris, Dryopteris dilatata, D. expansa, Blechnum
spicant, Rhytidiadelphus triquetrus, Hylocomium splendens, Pleurozium schreberi, Barbilopho-
zia lycopodioides, Polytrichum formosum, Sphagnum girgensohnii u. a.).
b) Hochstauden-Fichtenwälder (Adenostylo alliariae-Piceetum Zukrigl 1973) auf feuchteren,
basenreicheren Silikat- oder Kalkböden. Es dominieren Hochstauden, besonders Adenostyles
alliariae, Chaerophyllum hirsutum, Rumex arifolius, in Verbindung mit Saxifraga rotundifolia,
Viola biflora, Stellaria nemorum, während Azidophyten eine untergeordnete Rolle spielen.
Häufig sind ferner Oxalis acetosella, Luzula sylvatica, L. luzulina, Dryopteris dilatata, D. expan-
sa und Barbilophozia lycopodioides.
c) Karbonat-Fichtenwälder (Adenostylo glabrae-Piceetum M. Wraber ex Zukrigl 1973) auf Kalk-
und Dolomitschuttböden, meist Rendzinen und Mischböden mit Braunlehmmaterial. Hier treten
Azidophyten stark zurück, lediglich Oxalis acetosella, Melampyrum sylvaticum, Luzula luzulina,
L. sylvatica, Vaccinium myrtillus, Homogyne alpina, Lycopodium annotinum, Huperzia selago
und wenige Moose kommen ziemlich regelmäßig vor. Kennzeichnend sind aber Kalkzeiger wie
Adenostyles glabra, Valeriana tripteris, Calamagrostis varia, Carex alba, Polystichum lonchitis,
Sesleria albicans, Cirsium erisithales, unter den Moosen Ctenidium molluscum und Tortella
tortuosa sowie etliche Fagetalia-Arten, z. B. Lonicera alpigena, L. nigra, Daphne mezereum,
Mercurialis perennis, Veronica urticifolia, Primula elatior, Cardamine enneaphyllos und
Helleborus niger (die beiden letzten ostalpisch-dinarisch), Lamium galeobdolon agg. Meist sind
auch alpine Rasenarten vorhanden wie Campanula scheuchzeri, Soldanella alpina, Aster belli-
diastrum u. a. Substratbedingt tritt diese Gesellschaft vor allem in den Randalpen auf.
In der Schweiz haben ELLENBERG & KLÖTZLI (1972) und in Savoyen BARTOLI (1966) und GENSAC
(1967) ebenfalls 3 bzw. 4 Assoziationen unterschieden, die hauptsächlich durch Wasserhaushalt
196
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation D
oder Trophie und Exposition differenziert sind, wobei in letzterem Gebiet bodentrockene Einheiten
mit Vaccinium vitis-idaea, Arctostaphylos uva-ursi und Carex humilis eine größere Rolle spielen.
Häufig kommen Verzahnungen der Fichtenwälder mit Pinus mugo-Gebüschen auf trockeneren und
flachgründigeren, z. T. blockschuttreichen Standorten über Kalk, und mit Alnus alnobetula auf
feuchteren und besonders silikatischen Standorten vor.
Die westkarpatischen Fichtenwälder (D36), die sich in Ausbildungen auf Silikat- (Plagiothecio-
Piceetum tatricum) und auf Kalkgesteinen (Polysticho-Piceetum) gliedern, sind den Alpen-Fichten-
wäldern sehr ähnlich. Die beiden durch das Substrat differenzierten Assoziationen sind klimabe-
dingte Dauergesellschaften in der hochmontanen Stufe der Westkarpaten, jedoch in der Karte nicht
getrennt darstellbar. In beiden Gesellschaften herrscht die Fichte in der Baumschicht mit geringer
Beimischung von Sorbus aucuparia und Pinus cembra (nur in den höheren Lagen der Hohen Tatra).
Die Krautschicht setzt sich vor allem aus Azidophyten zusammen: Vaccinium myrtillus, Dryopteris
dilatata, Luzula sylvatica, Homogyne alpina und Deschampsia flexuosa. Die Moosschicht ist jeweils
gut entwickelt. Differentialarten der Fichtenwälder auf Karbonatböden sind u. a. Polystichum
lonchitis, Valeriana tripteris, Carex digitata, Cardamine glanduligera, Clematis alpina, Gentiana
asclepiadea, Soldanella carpatica, S. hungarica.
Die ost- und südkarpatischen hochmontanen Fichtenwälder (D37) nehmen in der Ukraine und in
Rumänien Gebirgshochlagen zwischen 1200 und 1600 m ein. Sie bilden in den Ostkarpaten eine
nahezu geschlossene Höhenstufe auf sauren silikatischen Böden (z. T. Eisenhumuspodsole), kom-
men aber auch auf Kalksteinen und Tangelrendzinen vor. Neben der dominierenden Fichte ist in den
unteren Lagen zerstreut auch Abies alba und Fagus sylvatica enthalten. Hier können überdies Acer
pseudoplatanus, A. platanoides und Ulmus glabra beigemischt sein. An der Grenze zur subalpinen
Stufe ist die Fichte nur noch schwachwüchsig und bildet Mischbestände mit Pinus cembra, P. mugo,
Alnus alnobetula und Juniperus communis subsp. alpina. Neben den verbreiteten und meist vorherr-
schenden Azidophyten wie Vaccinium myrtillus, Lycopodium annotinum, Huperzia selago, Luzula
sylvatica, Oxalis acetosella, Homogyne alpina, Melampyrum sylvaticum, Calamagrostis villosa,
C. arundinacea, Dryopteris dilatata, Hylocomium splendens, Pleurozium schreberi, Dicranum
scoparium und einigen anspruchsvolleren Arten (Lonicera nigra, Prenanthes purpurea, Valeriana
tripteris, Doronicum austriacum u. a.) sind etliche karpatische Arten kennzeichnend und geogra-
phisch differenzierend wie Campanula abietina, Soldanella hungarica subsp. major, Hieracium
rotundatum, Euphorbia carniolica, Leucanthemum waldsteinii, Rumex alpestris, Adenostyles
alliariae subsp. alliariae, Telekia speciosa, Petasites kablikianus, Symphytum cordatum.
Die montanen Fichtenwälder der westlichen und zentralen Balkanhalbinsel (D38) unterscheiden sich
von den mitteleuropäischen durch südosteuropäisch-illyrische Arten im Westen und durch balka-
nische und südosteuropäische Differentialarten im Ostteil. Der Anteil „borealer“ Arten nimmt von
West nach Ost ab. Teils bilden diese Fichtenwälder eine klimatische Höhenstufe, oft aber besiedeln
sie klimatisch kühle extrazonale Standorte (z. B. Inversionslagen) in 1000-1500 m Meereshöhe. Die
Niederschläge nehmen von über 2000 mm im Westen auf rund 1000 mm im Osten ab. Die Böden
reichen von Rendzinen und Rankern über podsolige Braunerden bis zu Podsolen.
Gewöhnlich handelt es sich um reine Fichtenwälder, oft mit Beimischung von Abies alba, seltener
mit Acer pseudoplatanus und Fagus sylvatica. In der lockeren Strauchschicht sind für den Ostteil
Daphne blagayana und Salix silesiaca neben Rosa pendulina und Daphne mezereum bezeichnend.
197
Formation D Karte der natürlichen Vegetation Europas
Neben den vorherrschend azidophilen Arten (Galium rotundifolium, Blechnum spicant, Luzula
luzuloides, L. sylvatica, Homogyne sylvestris, Lycopodium annotinum, Moneses uniflora) kommen
auch relativ basiphile wie Cardamine trifolia, Carex alba, Primula veris subsp. columnae, Sanicula
europaea, Carex pilosa und Saxifraga rotundifolia vor, und in bestimmten Ausbildungen auch
hygrophile und Moorpflanzen. Diese Fichtenwälder zeigen eine deutliche geographische Variabilität
und lassen sich entsprechend – von West nach Ost – in mehrere geographische Rassen gliedern
(s. Datenblatt).
Die Einheit D39 umfaßt die im selben Gebiet nach oben anschließenden hochmontan/subalpinen
Fichtenwälder. Sie weisen eine ähnliche Artenzusammensetzung und geographische Gliederung auf,
enthalten aber mehr subalpine Arten. Von der vorigen Einheit unterscheiden sie sich u. a. durch eine
stärkere Beteiligung von Vaccinio-Piceetalia-Arten und das Zurücktreten von Laubwaldpflanzen.
Die dinarischen Picea omorika-Wälder (D40) stellen relikt-endemische Waldgesellschaften dar mit
einer sehr beschränkten Verbreitung im Grenzgebiet zwischen Bosnien und Serbien entlang der
Drina (Tara-Gebirge). In mitteleuropäischen Gärten, wo sie wegen ihres schlanken Wuchses sehr
beliebt ist, gibt es sicher schon mehr Exemplare dieser reliktischen Fichtenart als an den natürlichen
Fundorten. Picea omorika bildet in Verbindung mit anderen Baumarten (namentlich Pinus nigra,
P. sylvestris, Picea abies) eigenständige Waldgesellschaften verschiedener Ausformung an steilen
Kalkfelshängen, auf Schutthalden, in Schluchten und ähnlichen Extremstandorten, wo sie Kälte und
periodische Trockenheit gut erträgt. Sie kommt vorwiegend in Meereshöhen zwischen 1000 und
1300 m, bei Jahresniederschlägen von 1000-1300 mm vor. Die Böden sind mehrheitlich Rendzinen
bis flachgründige Karbonat-Braunerden, z. T. auch Ranker bis saure Braunerden (auf Serpentin).
Picea omorika ist gegenüber den anderen gebietsheimischen Baumarten auf Normalstandorten nicht
sehr konkurrenzkräftig, vermag sich aber auf Kalkschutthalden und offenen Waldschlag- oder
Brandflächen sehr gut zu vermehren.
In der meist gut entwickelten Strauch- und Krautschicht teilen sich die zahlenmäßig bescheidenen
Vaccinio-Piceetea- und sonstigen azidophilen Arten den Platz mit anspruchsvolleren Fagetalia-
Arten. Kennzeichnend ist die Anwesenheit zahlreicher illyrischer und südosteuropäischer Arten:
Daphne blagayana, Hieracium rotundatum, Aremonia agrimonoides, Festuca drymeja, Epimedium
alpinum, Cardamine trifolia sowie balkanischer Arten, u. a. Doronicum columnae, Dianthus
petraeus, Athamantha turbith subsp. haynaldii, Edraianthus graminifolius, Sesleria rigida.
Die rhodopischen Fichtenwälder (D41) haben ihren Verbreitungsschwerpunkt in Bulgarien mit
Ausläufern in Nordostgriechenland, wo Picea abies ihre südliche Arealgrenze in Europa errreicht.
Sie kommen in Höhen von 1300-2100 m vorwiegend auf sauren Granitböden vor. In der von Fichte
dominierten Baumschicht können zusätzlich – je nach Höhenlage – Pinus peuce, P. sylvestris, Acer
heldreichii, A. pseudoplatanus, Abies alba, Fagus sylvatica und Sorbus aucuparia subsp. fenenkiana
vertreten sein. An der oberen Verbreitungsgrenze finden sich Pinus mugo (Rila- und Pirin-Gebirge)
und Juniperus communis subsp. alpina (Vitosa, Stara Planina) in der Strauchschicht. Die Kraut-
schicht setzt sich hauptsächlich aus weit verbreiteten Zwergsträuchern (Vaccinium myrtillus) und
Gräsern/Simsen (Calamagrostis arundinacea, Deschampsia flexuosa, Luzula sylvatica) zusammen.
Geographische Trennarten für den Balkan sind u. a. Campanula abietina, Aremonia agrimonoides
und Geranium macrorrhizum.
198
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation D
D.5 Boreale und hemiboreale Kiefernwälder (Pinus sylvestris), z. T. mit Betula pubescens
s. l., Picea abies, P. obovata
In Europa nehmen Kiefernwälder ein weites Areal und teilweise große Flächen ein (vgl. Karte 7:
D10-D12). Vor allem in Fennoskandien und im osteuropäischen Tiefland spielen sie eine bedeuten-
de Rolle. Ihre Hauptverbreitung liegt in der borealen und nördlichen temperaten Zone. Sie reichen
mit inselartigen Vorposten bis nach Nordschottland, ins ostmitteleuropäische Tiefland und in die
südosteuropäische Waldsteppen- und Steppen-Zone.
Die Waldkiefer (Pinus sylvestris) hat eine weite ökologische Amplitude: Sie wächst auf sehr nähr-
stoffarmen und stark sauren bis hin zu kalkreichen Böden, auf sehr flachgründigen und trockenen
Standorten bis in den nassen und sauerstoffarmen Moorbereich, auf Sand, Fels und Torf, von den
Tieflagen bis in die montane Stufe. Die häufigsten Bodentypen sind Podsole, Ranker, Rendzinen,
Gley-Podsole und Anmoor-Gleye sowie Moorböden.
Die Kiefer ist zwar sehr streßtolerant (gegen Nährstoffarmut, Trockenheit, Nässe, Feuer), zugleich
aber sehr lichtbedürftig und deshalb auf mittleren Standorten konkurrenzschwach. Sie wird daher in
der borealen und hemiborealen Zone auf nährstoffreicheren und weniger extremen Standorten von
der Fichte verdrängt.
Kiefernsämlinge wachsen besonders gut und zahlreich auf Mineralböden, denen eine dichte Moos-
Flechten-Decke und eine mächtige Streuschicht fehlt. Solche Bedingungen sind am häufigsten nach
Waldbrand oder nach Wald-Rodung gegeben. Auch unter einer dichten Baumschicht verjüngt sich
die Kiefer praktisch nicht. Gelegentliche Waldbrände tragen somit zur Verbreitung und Erhaltung
der Kiefernwälder bei.
Natürliche Kiefernwälder mit vorherrschender Pinus sylvestris sind mehr oder weniger azonale
Waldgesellschaften, die sich allerdings aufgrund der Zusammensetzung der Bodenvegetation sowohl
edaphisch als auch zonal und regional gliedern lassen. Sie weisen – entsprechend den Fichtenwäl-
dern – eine Nord-Süd- und West-Ost-Differenzierung auf, die jedoch aufgrund der relativen Arten-
armut nicht so deutlich ausgeprägt ist. Am augenfälligsten ist die floristisch-strukturelle Gliederung
in standortbedingte Ausbildungsformen. Je nach Bodenbeschaffenheit und Regionalklima werden
in der borealen und hemiborealen sowie nordtemperaten Zone Flechten-Kiefernwälder (Cladonio-
Pinetum), Preiselbeer-Kiefernwälder (Vaccinio vitis-idaeo-Pinetum), Moos-Zwergstrauch-Kiefern-
wälder (Barbilophozio-Pinetum, Dicrano-Pinetum), Moor-Kiefernwälder (Oxycocco-Pinetum,
Vaccinio uliginosi-Pinetum) und Perlgras-Kiefernwälder (Melico nutantis-Pinetum, Seslerio-
Pinetum ) bzw. Steppen-Kiefernwälder (Serratulo-Pinetum, Peucedano-Pinetum) unterschieden.
Die Gliederung der borealen bis hemiborealen und nemoralen Kiefernwälder (D42-D60) in der
Legende und Vegetationskarte ist zunächst zonal von Nord nach Süd ausgerichtet: In die 3 Haupt-
gruppen nordboreal, mittel- und süd- bis hemiboreal sowie hemiboreal und nemoral, in zweiter Linie
nach Höhenstufen, wobei die planar-kollinen Ausbildungen überwiegen. Montane Ausbildungen
wurden nur in Schottland (D50) und im Mittel- bis Südural (D51, D58-D60) ausgewiesen. Innerhalb
der zonalen Gruppierungen sind die Kartierungseinheiten nochmals regional und standörtlich
differenziert und von West nach Ost angeordnet.
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vegica), Juniperus communis und Straucharten des Berberidion (u. a. Berberis vulgaris, Cotoneaster
integerrimus, C. niger, Rhamnus cathartica).
Typisch für diese Wälder ist ein Gemisch von Kiefernwaldarten (Arctostaphylos uva-ursi, Vaccini-
um myrtillus, V. vitis-idaea, Rubus saxatilis, Melampyrum pratense), Arten nemoraler, namentlich
thermophiler Laubwälder (Hepatica nobilis, Melica nutans, Carex digitata, Anemone nemorosa,
Epipactis atrorubens, Vincetoxicum hirundinaria, Polygonatum odoratum, Convallaria majalis,
Campanula persicifolia) sowie von xerophytischen Pflanzen lichter Wälder, Trockenrasen und
Wiesensteppen (Festuca ovina, Sesleria caerulea, Calamagrostis varia, Carex ericetorum, An-
thericum ramosum, Thymus serpyllum, Melica ciliata, Geranium sanguineum u. a.). In der Moos-
schicht sind neben Hylocomium splendens und Pleurozium schreberi basiphile Moose (Ctenidium
molluscum, Rhytidium rugosum) und Flechten vertreten. Bei den Böden handelt es sich meist um
flachgründige Rendzinen (pH 6,5-8,0) mit geringer Wasserkapazität.
Die in Gotland und Öland verbreitete Einheit D53 ist an extremere Boden- und kontinentalere
Klimabedingungen gebunden und weist von Natur aus waldfreie Standorte und dementsprechend
viel mehr xerophytische Trockenrasen- und Waldsteppenelemente auf (insbesondere Sesleria
caerulea, Calamagrostis varia, Anthericum ramosum, Melica ciliata, Thymus serpyllum, Viola
rupestris).
Die südskandinavisch-ostmitteleuropäischen zwergstrauch- und flechtenreichen Kiefernwälder
(D54) sind in Südschweden, Ostdeutschland und im westlichen und südlichen Teil Polens verbreitet.
In der geschlossenen Baumschicht (60-70 % Kronenschluß) dominiert die Kiefer absolut. Eine
Beimischung von Quercus robur in der Baumschicht und/oder im Unterwuchs ist charakteristisch
für diese Wälder. Andere Baumarten (Betula pendula, Picea abies) sind örtlich stammweise
eingestreut. Die Strauchschicht ist spärlich entwickelt und enthält Juniperus communis, Sorbus
aucuparia und Frangula alnus. In der Krautschicht herrschen azidophile Zwergsträucher und Gräser
(Vaccinium vitis-idaea, V. myrtillus, Calluna vulgaris, Deschampsia flexuosa). Auch Melampyrum
sylvaticum, M. pratense, Luzula pilosa, Chimaphila umbellata, Pyrola chlorantha, Festuca ovina
und Carex digitata sind häufig vertreten. Für die Hauptgesellschaft, das Leucobryo-Pinetum, sind
die Moose Leucobryum glaucum, Hypnum cupressiforme und Scleropodium purum diagnostisch
wichtig. Ferner kommen Pleurozium schreberi, Dicranum polysetum, D. scoparium und Hylocomi-
um splendens regelmäßig vor. Die Standorte sind arme Sandböden in Sander-Gebieten, auf perigla-
zialen Flächen und Hochterrassen der Flußtäler; typologisch gehören die Böden zu den Podsol-
Regosolen, Eisen-Humus-Podsolen und Gley-Podsolen.
Die osteuropäischen psammophytischen Kiefernwälder (D55) sind von Nordostpolen bis zur
Mittelwolga und östlich davon bis zur Kama verbreitet. In Polen und Weißrußland gehören sie
vorwiegend zur Assoziation Peucedano-Pinetum Matuszkiewicz (1962) 1973. In den osteuropäi-
schen Ausbildungen fehlen einige diagnostisch wichtige Arten, die in Polen eine hohe Stetigkeit
aufweisen, wie Peucedanum oreoselinum, Anthericum ramosum, Dianthus carthusianorum. In
Rußland spielen dagegen subkontinentale und kontinentale Waldsteppen-Arten wie Veronica
spicata, Koeleria glauca, Dianthus arenarius, D. borbasii, Centaurea marschalliana eine wichtige
Rolle. Die Kiefer ist Hauptbaumart, die Fichte tritt in den nördlichen und feuchteren Ausbildungen
hinzu, im Unterstand wachsen örtlich Tilia cordata und Quercus robur. In der Strauchschicht sind
Juniperus communis, Sorbus aucuparia, Frangula alnus und vereinzelt Chamaecytisus ruthenicus
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Formation D Karte der natürlichen Vegetation Europas
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Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation D
den Pinus peuce-Wäldern enthalten, an der oberen Grenze dementsprechend auch Latschen (Pinus
mugo) und andere subalpine Gehölze.
Kennzeichnend für diese endemische Waldgesellschaft ist ihre floristische Zusammensetzung aus
weitverbreiteten azidophilen Nadelwaldarten (u. a. Vaccinium myrtillus, V. uliginosum, Galium
rotundifolium, Deschampsia flexuosa), die aber nur geringen Anteil haben, aus Fagetalia- und
Querco-Fagetea-Arten (u. a. Anemone nemorosa, Viola reichenbachiana, Euphorbia amygdaloides,
Aremonia agrimonoides, Daphne mezereum, Dryopteris filix-mas, Poa nemoralis, Brachypodium
sylvaticum, Symphytum tuberosum, Lamium galeobdolon), Gebirgspflanzen (Gentiana asclepiadea,
G. lutea, G. punctata, Homogyne alpina, Polystichum lonchitis, Veronica urticifolia, Veratrum
album) und balkanischen Florenelementen bzw. Endemiten (z. B. Rhododendron myrtifolium,
Sorbus aucuparia subsp. fenenkiana (in Bulgarien), Wulfenia carinthiaca, Bruckenthalia spiculifo-
lia, Digitalis viridiflora, Potentilla aurea subsp. chrysocraspeda, P. montenegrina, Melampyrum
doerfleri, M. scardicum, Dianthus pancicii, Sesleria wettsteinii, Knautia macedonica, K. midzoren-
sis). Aufgrund der Isolierung der einzelnen balkanischen Hochgebirge gibt es verschiedene geogra-
phische Ausbildungen bzw. Gebietsassoziationen mit eigenen geographischen, vielfach regional-
endemischen Trennarten.
Ein besonderes floristisches Gepräge haben jene Molika-Kiefernwälder (D62), die kleinflächig sehr
steile, felsige, trockene Hänge im Grenzgebiet von Nordalbanien, Montenegro und Kosovo auf
Serpentin besiedeln. Ihre Höhenamplitude beträgt 1700-2200 m ü. NN. Es handelt sich um lichte
Bestände ü. NN aus Pinus peuce mit beigemischter P. heldreichii und einzelnen Fagus sylvatica mit
spärlicher Strauchschicht aus Genista hassertiana, Daphne oleoides, D. blagayana, Sorbus aria und
Rhamnus saxatilis. In der Krautschicht sind Basen- und Säurezeiger sowie Serpentin-Spezialisten
vergesellschaftet wie Erica carnea, Vaccinium myrtillus, Globularia cordifolia, Festucopsis
serpentini, Sesleria coerulans, Minuartia baldaccii, Thymus boissieri, Narthecium scardicum,
Lilium albanicum und Alyssum bertolonii subsp. scutarinum. Wegen ihrer Seltenheit und Einzig-
artigkeit aufgrund zahlreicher Lokalendemiten sollten die Bestände streng geschützt werden.
Die balkanischen Kiefernwälder (Pinus sylvestris) mit Bruckenthalia spiculifolia und Hypericum
cerastoides (D63) sind hauptsächlich in Bulgarien (Rhodopen) und Griechenland in Höhen zwi-
schen 1000 und 2000 m auf sauren Gebirgs-Braunerden und Rankern verbreitet. Sie gedeihen in
einem submediterranen Hochlagenklima mit schneereichen Wintern und kurzer Trockenperiode im
Sommer und besiedeln die Höhenstufe zwischen montanen Buchenwäldern und hochmontan-
subalpinen Fichtenwäldern (D41) bzw. subalpinem Krummholzgebüsch (C39). Es handelt sich um
geschlossene, wenig geschichtete Waldkiefernwälder, die möglicherweise z. T. auf Brände zu-
rückgehen (HORVAT, GLAVA & ELLENBERG 1974), daher vermutlich die ziemlich gleichaltrige
Baumschicht und geringe bis fehlende Strauchschicht. Der dominierenden Pinus sylvestris können
– je nach Situation und Höhenlage – Pinus peuce, Picea abies, Abies alba, Fagus sylvatica s. l.,
Pinus nigra oder Quercus dalechampii beigemischt sein. In den Rhodopen herrschen monodominan-
te Gesellschaften vor. Mischwälder mit Pinus nigra kommen in den Rhodopen und im Pirin vor,
Mischwälder mit Buche in Pirin, Rila und Rhodopen, seltener in Osogovo oder Stara Planina
(BONDEV 1991). Die diagnostisch wichtigsten Arten der Krautschicht – vorwiegend Azidophyten –
sind Vaccinium myrtillus, V. vitis-idaea, Bruckenthalia spiculifolia, Dechampsia flexuosa, Hyperi-
cum cerastoides, Digitalis viridiflora, Hieracium murorum und Pteridium aquilinum.
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Formation D Karte der natürlichen Vegetation Europas
In den entsprechenden Gebirgskiefernwäldern des Kaukasus (D64) bildet Pinus kochiana die
Baumschicht. Die Waldbestände reichen von Busch- und Lichtwäldern bis hin zu hochstämmigen
(20-40 m), geschlossenen Wäldern. Sie kommen in klimatisch und geologisch unterschiedlichen
Gebieten des Großen und Kleinen Kaukasus vor, von den Vorgebirgen (600 m) bis in die Hoch-
gebirgsregion (bis maximal 2500 m).
Die Pinus kochiana-Wälder bilden im Kaukasus keinen durchgehenden Höhengürtel, sondern sind
inselartig verteilt und nehmen jeweils extremere (trockenere, flachgründigere und steilere) Standorte
ein als die höhenzonalen Tannen-Fichten- und Buchenwälder. Ihre Hauptverbreitung liegt zwischen
der hochmontanen und subalpinen Stufe. Im kontinentaleren östlichen Großen Kaukasus schließen
nach unten Dornpolstervegetation (N5) und Gebirgssteppen (M11), nach oben Krummholz- und
Lichtwälder mit Betula litwinowii, B. raddeana und Acer trautvetteri (C43) an.
Die kaukasischen Kiefernwälder repräsentieren einerseits ursprüngliche Gesellschaften, andererseits
sekundäre Wälder an Stelle von zerstörten Fichtenwäldern (Picea orientalis) oder hochmontanen
Laubwäldern. Klimax-Kiefernwälder stocken auf Hängen mit mehr oder weniger tiefgründigen
Böden vorwiegend dort, wo Fichte, Tanne und Buche aus klimatischen oder historischen Gründen
fehlen. Im Übergangsbereich zu anderen Waldgesellschaften (nach unten und oben) sind in der
Regel andere Baumarten beigemischt, die eine niedrigere Unterschicht bilden: in den unteren Lagen
sind es vor allem Eichen (im Nordkaukasus Quercus petraea und stellenweise Tilia cordata, im
östlichen Transkaukasus Quercus iberica und Q. macranthera); in der oberen Waldstufe gesellt sich
zur Kiefer meistens Betula litwinowii, im Nordkaukasus, auch B. raddeana, und regelmäßig Sorbus
aucuparia, in Transkaukasien oberhalb 1600 m stellenweise Quercus macranthera.
Entsprechend der weiten Spanne lokalklimatischer und geologischer Bedingungen sowie der unter-
schiedlichen Kontaktvegetation ist auch die Zusammensetzung des Unterwuchses der kaukasischen
Kiefernwälder außerordentlich vielgestaltig. Neben typischen Arten der kaukasischen Flora (Rhodo-
dendron caucasicum, R. luteum, Daphne pontica, Ribes biebersteinii) spielen gebietsweise, be-
sonders im westlichen Nordkaukasus, auch „boreale“ Arten (Vaccinium myrtillus, V. vitis-idaea,
Linnaea borealis, Pyrola spp., Lycopodium spp.), unter den Moosen Hylocomium splendens, Dicra-
num scoparium, Pleurozium schreberi, Rhytidiadelphus triquetrus, eine wichtige Rolle. Auf Kalk-
standorten einzelner Gebirgsstöcke enthält der Unterwuchs zudem lokalendemische Arten.
Literatur
AHTI, HÄMET-AHTI & JALAS 1968; ALBERTSON 1950; BORHIDI 1971; BJØRENDALEN 1980a, 1980b;
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WAGNER 1989; WALLNÖFER 1993a; WALTER 1974; ZUKRIGL 1973.
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Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation E
E Atlantische Zwergstrauchheiden
John R. Cross
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Formation E Karte der natürlichen Vegetation Europas
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Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation E
kartographischen Darstellung Probleme. Dies gilt z. B. für die Kartierungseinheiten E11 und E12 in
Nordwestfrankreich. Die beiden Typen liegen eng beieinander, besiedeln aber unterschiedliche
Standorte in Bezug auf Bodentyp und Exposition.
Die atlantischen Zwergstrauchheiden gehören zur Klasse Calluno-Ulicetea Braun-Blanquet et
Tüxen ex Klika et Hada
1944. Neben den „eigentlichen“ Heiden werden die Borstgrasrasen
(Nardetalia strictae Oberdorfer ex Preising 1949) zu dieser Klasse gerechnet. Hier werden nur die
zwei anderen Ordnungen mit den wichtigsten Verbänden und Assoziationen aufgeführt:
a) Die Vaccinio-Genistetalia Schubert 1960 haben ihr Verbreitungszentrum an der Nordsee und
erstrecken sich von dort nordwärts entlang der boreoatlantischen Küsten und westwärts über
Schottland bis in das britische und irische Bergland. Es werden zwei Verbände unterschieden:
1) Das Calluno-Empetrion boreale MacVean 1964 schließt die borealen und die irisch-britischen
montanen Heiden (Kartierungseinheiten E1-E5) ein. Dieser Verband setzt sich aus den
folgenden Assoziationen bzw. Gesellschaften zusammen: Rhacomitrium lanuginosum-Empe-
trum hermaphroditum-Gesellschaft (PÅHLSSON 1994); Rhacomitrio-Callunetum MacVean et
Ratcliffe 1962; Vaccinio-Callunetum MacVean et Ratcliffe 1962; Arctostaphylo uvae-ursi-
Callunetum Tüxen et Preising 1949. Die Einheiten von RODWELL (1991b): H13 bis H15, H17
bis H22 gehören hierher. Auch die folgenden von PÅHLSSON (1994) beschriebenen Gesell-
schaften fallen unter diesen Verband: 5.1.1.1, 5.1.1.2, 5.1.1.5, 5.1.2.1.
2) Das Calluno-Genistion Tüxen 1937 umfaßt die Assoziationen der Küsten-Heiden von Irland,
Großbritannien, der Bretagne und der kontinentalen Nordseeküsten (E6-E10). Im einzelnen
sind z. B. das Calluno-Genistetum empetrosum Tüxen 1937 (E10) und Calluno-Scilletum
vernae Malloch 1971 (E6) zu nennen. Der Verband schließt die folgenden Einheiten von
RODWELL (1991b): H5 bis H8, H10 sowie die Gesellschaften 5.1.1.3. und 5.1.1.4 bei PÅHLS-
SON (1994) ein.
b) In der Ordnung Ulicetalia minoris Quantin 1935 werden die Zwergstrauchheiden von der Ibe-
rischen Halbinsel nordwärts bis in die Bretagne sowie zur Küste Westenglands und Irlands
zusammengefaßt (E11-E14). Im Norden überlappen sie sich mit den Vaccinio-Genistetalia
Schubert 1960. Es lassen sich zwei Verbände unterscheiden:
1) Der Verband Ulicion minoris Malcuit 1929 beinhaltet folgende Assoziationen: Ulici humilis-
Ericetum cinereae Vanden Berghen 1958, J.-M. et J. Géhu 1973 (E11, E12); Ulici maritimi-
Ericetum cinereae J.-M. et J. Géhu 1973 (E12); Ulici maritimi-Ericetum vagantis J.-M. et
J. Géhu 1973 (E13); Sileno maritimae-Ulicetum humilis Rivas-Martínez 1979 (E14).
2) Das Dactylo-Ulicion maritimi J.-M. Géhu 1973 mit der Assoziation Dactylo-Sarothamnetum
maritimi Géhu 1963 (E12).
Makroklimatische Gegebenheiten
Zwergstrauchheiden kommen von Südisland und Nordnorwegen (Loppa: Mittel des kältesten
Monats -2 °C, Mittel des wärmsten Monats 11 °C) bis zum Nordwesten der Iberischen Halbinsel
211
Formation E Karte der natürlichen Vegetation Europas
(Santiago: Mittel des kältesten Monats 7 °C, Mittel des wärmsten Monats 19 °C) vor. Sie erstrecken
sich somit über mehrere Klimazonen (V bis VIII) und über zwei Hauptwaldzonen (boreal und
temperat), nämlich die Zone der mesophytischen und hygromesophytischen Nadel- und Laub-
Nadelwälder (Formation D) und die Zone der mesophytischen sommergrünen Laubwälder und
Nadel-Laubwälder (Formation F). Die gemeinsamen Merkmale sind starke Ozeanität, Fehlen
strenger Fröste, regelmäßige Niederschläge von ca. 700 mm in Südschweden bis über 1400 mm an
den Atlantikküsten Großbritanniens, Irlands und Spaniens, keine oder nur begrenzte Wasserdefizite
im Sommer und – insbesondere in den nördlichen Gebieten – ständige starke Winde. Miteinander
kombiniert begünstigen diese Charakteristika das Wachstum von Ericaceen und Ginsterarten und
hemmen die Entwicklung von Bäumen und Sträuchern.
Im überwiegenden Teil ihres Verbreitungsgebietes sind die natürlichen atlantischen Zwergstrauch-
heiden an Küsten gebunden, doch kommen sie in Irland, Großbritannien und Skandinavien auch in
größeren Höhen oberhalb der Waldgrenze vor. Hier führt das feuchte, kühle (aber nicht übermäßig
kalte), wolkenreiche und häufig extrem windige Klima auf gut durchlässigen Böden an Hängen zur
Ausbildung von Heiden. Entsprechende Lagen werden unter trockeneren, kontinentaleren Bedingun-
gen von alpinen Rasen besiedelt. In den schottischen Gebirgen, wo die Heidevegetation in die
Tundren und alpine Vegetation übergeht (Formation B), wechseln bestimmte Heidegesellschaften
mit Schneetälchenvegetation ab. Auf den stark ozeanisch getönten Färöer Inseln, wo von Natur aus
keine Bäume und Sträucher vorkommen, haben Rasengesellschaften wegen der nährstoffreicheren
Böden einen hohen Anteil am Vegetationskomplex.
Standortbedingungen
Küsten-Heiden bleiben meist auf einen sehr schmalen Gürtel beschränkt, der selten 1 km Breite
überschreitet und häufig sehr viel schmaler ist. Hier hemmen Wind und bis zu einem gewissen Grad
auch Salzspray das Wachstum von Bäumen und großen Sträuchern. Unterschiedlich starke Expositi-
on gegen Wind, Gischt und Sonne bewirkt beträchtliche physiognomische Abwandlungen der
Gesellschaften. Montane Heiden treten meist über 300 m Meereshöhe auf und erstrecken sich in den
schottischen Gebirgen bis zu einer Höhe von 1400 m. Ausgangsgesteine für die Bodenbildung sind
normalerweise basenarme Sandsteine, Schiefer, Gneise oder Granite sowie festliegende äolische
Sande, die einen geringen Kalziumkarbonatgehalt aufweisen. Lokal kommen Heiden auch auf
basenreicheren Gesteinen vor, wie die Gesellschaften über Serpentingestein in der Bretagne und
Cornwall (E13), aber auch diese besitzen einen niedrigen Kalziumgehalt. Für die Küsten-Heiden ist
die Gischt ein wichtiger Mineralstofflieferant. In Abhängigkeit von der Ausrichtung und Entfernung
zum Meer beeinflussen unterschiedliche Konzentrationen von Natrium, Chlorid und anderen Ionen
die Artenzusammensetzung.
Bei den meist gut durchlässigen Böden handelt es sich um Podsole, Ranker, trockene Torfe oder
örtlich Braunerden mit Rohhumusdecken. Der pH-Wert liegt meist zwischen 4,5 und 5,5, kann
örtlich aber bis auf 7 ansteigen. Ist der Abfluß des Wassers erschwert, werden die Heiden in den
Bergen durch Deckenmoore (Unterformation S.1 Ombotrophe Moore) oder an den Küsten durch
212
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation E
Rolle im Landschaftsgefüge
Obwohl die Küsten-Heiden auf ein schmales Band beschränkt sind, stellen sie auffällige und kenn-
zeichnende Elemente der Küsten dar und erscheinen oft ausgedehnter, als sie in Wirklichkeit sind.
Sie sind besonders eindrucksvoll, wenn die Heidearten oder Ginsterbüsche blühen und die Land-
schaft eine violette oder gelbe Färbung annimmt, die einen beeindruckenden Kontrast zu den Felsen,
dem Meer und dem Himmel bildet.
Küsten-Felsheiden stehen seewärts meist im Kontakt zu Felssims- und Felsspaltengesellschaften der
Crithmo-Staticetea Br.-Bl. in Br.-Bl. et al. 1952 und des Crithmo-Armerion maritimae Géhu 1968.
An flacheren Küsten bildet eine Vielzahl von Gesellschaften der Sanddünen und Salzmarschen
(Formation P) die Kontaktvegetation. Landeinwärts schließen sich an die Zwergstrauchheiden
verschiedene Gebüsch- und Waldgesellschaften an, deren Ausprägung sich mit dem Breitengrad und
dem Bodentyp ändert. Im Norden treten z. B. Komplexe aus Birken- und Kiefernwäldern auf (z. B.
C2, D50), und die mittleren und südlichen atlantischen Heiden werden von verschiedenen Eichen-
oder Eichenmischwäldern (z. B. F2, F7, F8, F31, F32) begleitet. Im Norden und in den Hochlagen
gehen sie in Tundren- oder tundraartige Vegetation (Formation B) über, und an ihrer südlichen
Grenze treffen sie auf mediterrane Hartlaubwälder (Formation J).
Die montanen Heiden sind – besonders in Schottland – viel ausgedehnter als die Küsten-Heiden und
bilden weite offene Räume, in denen das Muster aus Vegetationseinheiten und deren Farben
zusammen mit dem Wechsel von Licht und Schatten zum einzigartigen Charakter des britischen und
irischen Berglandes beiträgt. Wie die Küsten-Heiden sind sie besonders auffällig, wenn Calluna
vulgaris und Erica cinerea blühen.
213
Formation E Karte der natürlichen Vegetation Europas
nimmt der Anteil der Gräser und Grasartigen in den Zwergstrauchheiden zu, bis hin zu deren Domi-
nanz. Einige Pflanzengesellschaften und Arten sind durch die vorgenannten Faktoren bedroht. Die
Gebirgs- und Küsten-Heiden abgelegener und unzugänglicher Gebiete sind dagegen relativ sicher.
Kleine Teile der Küsten-Heiden und größere Teile der montanen Heiden in Großbritannien und
Irland sind in Naturschutzgebieten und Nationalparks gesichert. In den skandinavischen Ländern
sind Schutzgebiete geplant, für andere Länder lagen keine entsprechenden Informationen vor.
Gliederung in Untereinheiten
Die atlantischen Zwergstrauchheiden wurden in 4 Gruppen unterteilt: (1) die boreoatlantischen
Küsten- und Gebirgs-Heiden, (2) die nordwesteuropäischen Küsten-Heiden, (3) die westeuropäi-
schen Küsten-Heiden und (4) die südwesteuropäischen Küsten-Heiden. Diese recht willkürlich
erscheinende Einteilung basiert im wesentlichen auf dem Temperaturgradienten, der sich auf das
Vorkommen oder Fehlen bestimmter Arten auswirkt. Es sind jedoch keine scharfen Grenzen
vorhanden, sondern eher eine allmähliche Änderung in der Abundanz der Arten (vgl. Tab. 11).
214
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation E
215
Formation E Karte der natürlichen Vegetation Europas
Untergruppen: Erläuterungen:
1-5: Boreoatlantische Küsten- und Gebirgsheiden d = kodominant
6-10: Nordwesteuropäische Küsten-Heiden x = regelmäßig vorkommend (in Datenblatt enthalten)
11-13: Westeuropäische Küsten-Heiden (x) = örtlich vorkommend (nur in bestimmten Ausbildungen)
14: Südwesteuropäische Küsten-Heiden [x] = vereinzelt vorkommend
Die boreoatlantischen Heiden umfassen Küsten-Heiden von Island, den Färöer Inseln und West-
norwegen (E1, E2, E3) sowie die montanen Heiden von Großbritannien und Irland (E4, E5).
Charakteristisch für sie sind neben Calluna vulgaris boreale Arten wie Empetrum hermaphroditum,
Arctostaphylos alpinus, Vaccinium uliginosum und der Moos- und Flechtenreichtum. Vaccinium
vitis-idea, V. myrtillus, Deschampsia flexuosa, Nardus stricta und das Laubmoos Racomitrium
lanuginosum bilden ebenfalls wichtige Elemente. Im stark ozeanischen Klima der Färöer Inseln
beherrscht Erica cinerea zusammen mit nordischen Elementen die Vegetation im Komplex mit
Magerrasen und Racomitrium-Heiden (E1). Die boreoatlantischen Heiden der nördlichsten Einheit
(E2) besitzen ein tundraähnliches Aussehen mit Zwergstrauchdecken aus Empetrum hermaphrodi-
tum und Loiseleuria procumbens und einer lückigen Schicht aus Flechten und Moosen. Ein Teil der
Bestände wird von vereinzelten Betula nana-, Salix lapponum- und S. glauca-Sträuchern sowie
einer Schicht aus Ericaceen-Zwergsträuchern und Flechten aufgebaut. Die atlantischen Zwerg-
strauchheiden oberhalb der Waldgrenze auf Silikatgesteinen (E4, E5) sind weitgehend auf Großbri-
tannien und Irland beschränkt. Sie zeigen einen ausgeprägten Gradienten vom regenreicheren und
milderen Westen mit reichlich Racomitrium lanuginosum und Hypnum cupressiforme, begleitet von
ozeanischen Arten wie Blechnum spicant, Hypericum pulchrum und Carex binervis, hin zum
trockeneren und kälteren Osten, wo Flechten häufig dominant sind.
216
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation E
217
Formation E Karte der natürlichen Vegetation Europas
Karte 8: Verbreitung der Formation E: Untergruppen und Kartierungseinheiten der atlantischen Zwergstrauch-
heiden (E1-E14).
Literatur
BARENDREGT 1982; BIRSE & ROBERTSON 1976; BRIDGEWATER 1970; GÉHU, J.-M. (Ed.) 1975;
GIMINGHAM 1969; MALLOCH 1971; PÅHLSSON (Ed.) 1994; RIVAS-MARTÍNEZ 1979; RODWELL (Ed.)
1991b; URQUHART & GIMINGHAM 1979; WHITE J. & DOYLE 1982.
218
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F
Geographische Verbreitung
Das Hauptverbreitungsgebiet der in der Formation F zusammengefaßten mesophytischen sommer-
grünen Laubwälder erstreckt sich in Westeuropa von Nordportugal, Nordspanien, Westfrankreich,
Irland und Großbritannien über Mitteleuropa bis Süd-Skandinavien, Litauen, das südliche Weißruß-
land, die Ukraine und Rußland als schmaler Streifen bis zum südlichen Ural. In diesem Raum sind
die sommergrünen Laubwälder, außer den höheren Lagen in den Gebirgen, als zonaler Vegetations-
typ zu betrachten (vgl. Karte 9). Gegen Nordosten vermittelt eine recht breite Mischwaldzone (D8a
der Übersichtskarte 1 : 10 Mio.) den Übergang zu den borealen Nadelwäldern; in diesem Raum sind
die Gesellschaften vom reinen Laubwaldtypus auf geeigneten Standorten noch vielfach vertreten.
Die Südgrenze der Formation F verläuft von Nordportugal über Nordspanien, Korsika, Sizilien,
Mittelgriechenland, die nördliche Türkei und das Kaukasusgebiet. Hier greifen Vertreter dieser
Formation, namentlich Buchenwälder und Eichen-Hainbuchenwälder, noch weit in das Areal der
thermophilen Eichenwälder der submediterranen Zone und der Waldsteppenzone ein, und zwar
entweder extrazonal in lokalklimatisch begünstigten Lagen, etwa an Nordhängen, oder auf grund-
wasserbeeinflußten, auenartigen Standorten der Talsohlen (so in Mittelitalien und auf dem Balkan),
219
Formation F Karte der natürlichen Vegetation Europas
oder aber als markanter montaner Vegetationsgürtel in nordspanischen, süditalienischen und südbal-
kanischen Gebirgen (auf dem Ätna z. B. stellenweise in Höhen von 1200-2100 m ü. NN).
220
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F
schicht gar nicht und in der Strauchschicht nur in wintermilden ozeanischen Gebieten vor. In der
Bodenflora sind dagegen zahlreiche wintergrüne oder halbwintergrüne Stauden und Gräser vertreten
und genießen den Schutz der rechtzeitig einsetzenden Schneedecke. Sie können im Winter unter
Umständen, so bei Tauwetter, bis zu einem gewissen Grad auch assimilieren.
221
Formation F Karte der natürlichen Vegetation Europas
verarmter Form – auch noch auf der Krim und im Istranca-Gebirge im bulgarisch-türkischen Grenz-
gebiet vor. Sie sind außerordentlich artenreich und durch einige z. T. immergrüne Arten, die als
Relikte der arktotertiären Flora gedeutet werden (Rhododendron ponticum, Prunus laurocerasus,
Daphne pontica, ferner Zelkova carpinifolia, Parrotia persica, Acer hyrcanum u. a.), ausgezeichnet.
Mit großblättrigen Wuchsformen, zahlreichen immergrünen Gewächsen im Unterwuchs und mehre-
ren Lianen vermitteln diese überaus üppigen Wälder zu den warmtemperierten oder gar subtropi-
schen Regenwäldern (vgl. Formation H).
Makroklimatische Gegebenheiten
Die mesophytischen sommergrünen Laubwälder sind großräumig an bestimmte standortsökologi-
sche, namentlich makroklimatische Bedingungen gebunden. Ihr Verbreitungsgebiet korrespondiert
mit dem der Klima-Typen V und VI nach WALTER et al. (1975). Es herrscht ein gemäßigtes Klima
mit ausgeprägtem, aber nicht zu langem Winter und anhaltend positiver Bilanz der Niederschläge,
die übrigens ziemlich gleichmäßig über das ganze Jahr, meist mit Maximum im Sommer, verteilt
sind. Im einzelnen wechseln die Klimaverhältnisse innerhalb der nemoralen Zone recht deutlich,
und zwar sowohl in bezug auf die Temperaturen wie auf die Niederschläge. Für die regionale
Gliederung der Laubwälder ist vor allem das Ozeanitäts-/Kontinentalitätsgefälle ausschlaggebend.
Von der atlantischen Küste landeinwärts wechseln dementsprechend im europäischen Tief- und
Hügelland, grob aufgefaßt, folgende Gesellschaftstypen:
a) Eschen-Stieleichenwälder,
b) Buchen- und Eichen-Buchenwälder,
c) Eichen-Hainbuchenwälder (beide Quercus-Arten, z. T. mit Buche),
d) buchenfreie Eichen-Hainbuchenwälder,
e) lindenreiche Stieleichen-Hainbuchenwälder,
f) spitzahornreiche Linden-Stieleichenwälder,
g) edellaubholzreiche Lindenmischwälder.
222
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F
Gegen Osten und Nordosten gesellen sich im Tiefland Kiefer und Fichte als Nebenholzart dazu.
Klimatisch bedingt dürften auch die Arealgrenzen der Laubwälder in Europa sein: Im Norden gegen
die Nadelwaldzone wohl infolge von Spätfrösten und zu kurzer Vegetationsperiode, im Südosten
gegen die Waldsteppen und Steppen durch ungünstige Wasserbilanz während des heißen Sommers.
Im ozeanisch beeinflußten Süden ist die Grenze gegen die wärmebedürftigen und zunehmend
wintergrünen Formationen in erster Linie durch den Temperaturfaktor und die Sommertrockenheit
bestimmt.
Klimatisch bedingt ist auch die vertikale Verbreitung der sommergrünen Laubwälder. In der eigent-
lichen nemoralen Zone, d. h. in West- und Mitteleuropa, reichen sie vom Tiefland bis in die monta-
ne Stufe und werden dort allmählich durch Nadelmisch- und Nadelwälder abgelöst. In Südeuropa
verschiebt sich der Gürtel der entsprechenden Laubwaldformation nach Süden zunehmend hinauf
ins Gebirge, zuletzt bis in die hochmontane Stufe. In mehreren südeuropäischen Gebirgen wird die
obere Waldgrenze folglich durch sommergrüne Laubwälder gebildet.
Standortbedingungen
In bezug auf Substrat- und Bodenverhältnisse haben die europäischen Laubwälder eine auffallend
breite ökologische Amplitude. Besonders im westlichen Arealteil nehmen sie im Tief- und Hügel-
land fast alle für den Wald geeigneten Standorte ein; gemieden werden lediglich die dauernd oder
doch periodisch nassen Böden, auf welchen sie durch hygrophile, gleichfalls sommergrüne Sumpf-,
Bruch- und Auenwälder abgelöst werden. Der mesophile Laubwald kommt somit auf flach- oder
tiefgründigen, grob- bis feinkörnigen, nährstoffarmen bis ausgesprochen reichen, stark sauren bis
schwach alkalischen, trockenen bis mäßig feuchten Böden vor. Je nach den Standortbedingungen
sind allerdings floristisch-soziologisch sehr unterschiedliche Gesellschaften ausgebildet, welche sich
auch in ihrer Produktionsleistung und in der wirtschaftlichen Eignung stark unterscheiden. Mit
zunehmender Kontinentalität des Klimas wird im östlichen Mitteleuropa und weiter gegen Osten die
ökologische Amplitude der Laubwälder wesentlich eingeengt, indem dieselben auf nährstoffärme-
ren, vorwiegend sandigen Standorten immer mehr durch anspruchslosere Nadelwälder verdrängt
werden. Der reine Laubwald ist in solchen Gebieten enger an leistungsstärkere Böden gebunden.
Für die mesophilen sommergrünen Laubwälder gilt in ihrem gesamten europäischen Areal die
Braunerde als der eigentliche charakteristische Bodentyp. Das stimmt für die mittleren, typischen
Ausbildungen insofern, als die entsprechenden Vegetations- und Bodentypen als zonale Erscheinun-
gen in ihrer Entwicklung letzten Endes durch den gleichen Klimafaktor gesteuert und geprägt wer-
den. Neben den eigentlichen Braunerden sind Parabraunerden und Pseudogleye ebenfalls sehr häu-
fig; für die vom Typus abweichenden ökologischen Randausbildungen sind auch andere Bodentypen
recht charakteristisch. So sind alle „feuchten“ Ausbildungen mit Gley- und Pseudogley-Böden eng
verbunden, und für die azidophilen oligo/mesotraphenten Wälder sind in verschiedenem Grade
podsolierte Böden typisch. Andererseits spielen auch Rendzinen und Terra fusca als Laubwaldstand-
orte gebietsweise eine größere Rolle.
223
Formation F Karte der natürlichen Vegetation Europas
Wie der Bodentyp, so variiert auch die Humusform in weiten Grenzen. Ist der Mull-Humus für alle
artenreichen Laubwälder charakteristisch, so gibt es bei den typologischen Randausbildungen oder
in degradierten Beständen öfters Moder- und selbst Rohhumus-Formen.
224
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F
225
Formation F.1 Karte der natürlichen Vegetation Europas
226
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.1
– In der temperaten Zone bevorzugen bodensaure Eichenmischwälder die planare bis kolline Höhenstufe. In der submeridio-
nalen Zone dagegen, an der Südgrenze des Areals, sind sie meist an die submontan-montane Höhenstufe gebunden. Ihre
charakteristische Artenverbindung verändert sich nach Süden schrittweise, und es gelangen schließlich thermophile
submediterrane Eichenwälder zur Vorherrschaft (Formation G).
227
Formation F.1 Karte der natürlichen Vegetation Europas
Weit verbreitete Baumarten sind neben den beiden mitteleuropäischen Eichenarten (Quercus robur
und Q. petraea) die häufig beigemischte Buche (Fagus sylvatica) sowie die eurasisch verbreiteten
Arten Betula pendula und Populus tremula. Zu den häufigsten Sträuchern zählen die eurasischen
Sippen Sorbus aucuparia, Frangula alnus (auf den Britischen Inseln kaum in bodensauren Eichen-
wäldern vorhanden) und Juniperus communis sowie – als Elemente der mitteleuropäischen Flora –
Corylus avellana und in geringer Menge Crataegus monogyna. Häufige und weit verbreitete Arten
der Krautschicht (s. Tab. 12) sind die Azidophyten Melampyrum pratense, Pteridium aquilinum,
Solidago virgaurea, Agrostis capillaris, Anthoxanthum odoratum, Calluna vulgaris, Deschampsia
flexuosa, Molinia caerulea, Holcus mollis, Veronica officinalis, Carex pilulifera, Viola riviniana,
Potentilla erecta, Lathyrus linifolius und Danthonia decumbens. Die meisten azidophytischen
Moose sind zirkumpolar verbreitet. Die häufigsten Arten sind Polytrichum formosum, Dicranum
scoparium, Hypnum cupressiforme, Leucobryum glaucum, Pleurozium schreberi und Scleropodium
purum (Fehlstellen in iberischen Kartierungseinheiten dürften durch unvollständige oder fehlende
Erfassung der Kryptogamen in den Vegetationsaufnahmen verursacht sein).
Vertreter der submeridionalen Zone (für Europa sind dies Arten der Submediterranen Unterregion,
und – mit weit geringerer Bedeutung – auch der Pontisch-Südsibirischen Florenregion) sind vorwie-
gend in südtemperaten, insbesondere aber in submediterranen Kartierungseinheiten anzutreffen. Zu
den kennzeichnenden Arten gehören Castanea sativa, Sorbus torminalis, Pyrus pyraster, Hieracium
sabaudum und Festuca heterophylla. In den nordtemperaten Territorien Europas fehlen im Westen
die submediterranen Arten den bodensauren Eichenwäldern fast vollständig, im Osten werden sie
dagegen zahlreicher, wohl aufgrund der ausgeprägteren Sommerwärme.
Die auffälligste floristische Trennlinie verläuft zwischen der Subatlantischen und der Zentraleuro-
päischen Provinz. In der Atlantischen Provinz sind a t l a n t i s c h e Arten wie Erica cinerea, Hya-
cinthoides non-scripta und Ceratocapnos claviculata sowie atlantisch-subatlantische Arten zahlreich
in den Wäldern vertreten. In der Subatlantischen Provinz sind noch viele a t l a n t i s c h - s u b -
a t l a n t i s c h e Arten anzutreffen, beispielsweise Teucrium scorodonia, Hypericum pulchrum,
Blechnum spicant, Luzula sylvatica, Galium saxatile, Lonicera periclymenum und Hedera helix.
Lianen scheinen – innerhalb der bodensauren Eichenwälder – in den atlantischen Territorien die
größte Vitalität zu entfalten (Lonicera periclymenum, Hedera helix). In den südatlantischen Eichen-
wäldern treten zusätzlich die mediterran-atlantischen Arten Tamus communis und Rubia peregrina
auf.
Der weitaus überwiegende Teil der a t l a n t i s c h e n Arten (AT 8.1., 8.1.S in Tab. 12) gehört zu den t h e r m i s c h
o z e a n i s c h e n Westseitenarten (vgl. JÄGER 1968). Es verwundert daher nicht, daß die Bedeutung dieser Arten in den
Kartierungseinheiten in Richtung ihres klimatischen Optimums im Südwesten Eurasiens ständig zunimmt.
Ulex europaeus, Leitart des Arealtyps 8.1. (lusit-atl), ist eine typische thermisch atlantische Art. Sie zeigt eine südatlantische
Verbreitungstendenz, die auch andere Arten mit ähnlichen Ansprüchen auszeichnet. Die Arten dieser Gruppe erreichen häufig
nicht das nordwesteuropäische Festland.
Auch einige a t l a n t i s c h - s u b a t l a n t i s c h e Arten (AT 8.2., 8.5., 8(1).6.) erscheinen in den nordtemperat-euozeanischen
Bezirken Europas in bodensauren Eichenwäldern nur auf den Britischen Inseln und fehlen auf dem Festland.
Einige a t l a n t i s c h e Arten besiedeln nur die Südatlantische Unterprovinz und teilweise mit Vorposten die Territorien der
Meridio-Atlantischen Provinzgruppe: Pyrus cordata, Pseudarrhenatherum longifolium, Daboecia cantabrica, Potentilla
montana u. a. Diese Arten werden unter dem hier neu etablierten Pseudarrhenatherum longifolium-Arealtyp (8.1a. nordlusit-
228
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.1
südatl, vgl. MEUSEL et al. 1965b, K 44d) in der Tabelle zusammengefaßt. Die iberischen bodensauren Eichenwälder innerhalb
des 8.1a.-Areals erfahren noch eine Steigerung ihres südatlantischen Charakters. Sie beherbergen neben weiteren süd-
atlantischen Arten zusätzlich eine Reihe von Endemiten (Omphalodes nitida, Crepis lampsanoides, Aquilegia vulgaris subsp.
dichroa), die ebenfalls dem AT 8.1a. zuzurechnen sind. Die größte Anzahl an atlantischen Arten weist schließlich die
nordwestiberische F14 auf.
Eine andere Gruppe von Arten bewohnt ebenso Teile der Südatlantischen Unterprovinz, aber in Iberien und südwärts davon
nicht nur atlantische Gebiete, sondern auch das weniger ozeanische Landesinnere und zeichnet sich zusätzlich durch eine
Präferenz der montanen Höhenstufe aus. Im Gegensatz zum AT 8.1a. liegt der größte Teil des Areals dieser Arten in der
s u b m e r i d i o n a l e n Zone. Als Leitarten dieses Verbreitungstyps können Quercus pyrenaica und Arenaria montana gelten
(JALAS & SUOMINEN (1976, 1983) Karte 305 und 688). Ihr Areal entspricht dem westlichen Ausschnitt des westsubmediterra-
nen Arealtyps 5.6. Ihr Arealtyp wird daher hier als Quercus pyrenaica-Arealtyp 5.6a. zusätzlich etabliert: (westmed)-
westsubmed//mo-(südatl). Bei ausschließlichen Gebirgspflanzen ist auch 6.1a. möglich. Wiederum bewohnen einige Arten nur
Segmente dieses 5.6a.-Areals, häufig handelt es sich auch hierbei um iberische Endemiten.
Weitere s u b m e d i t e r r a n - o z e a n i s c h e Arten wie Luzula forsteri, Euphorbia amygdaloides, E. dulcis und Polystichum
setiferum sind gleichfalls auf die südatlantischen Einheiten konzentriert, können aber in die Zentral- (F17, F21) und die
Ostsubmediterrane Provinzgruppe übergreifen. Ein häufiger Arealtyp ist 5.7.
M e d i t e r r a n e Arten (ATG 1.) sind innerhalb der hier betrachteten Kartierungseinheiten nur im Südwesten in den
südatlantischen Territorien vertreten, insbesondere in den planar-kollinen Einheiten. Hierzu gehören beispielsweise Quercus
suber, Pinus pinaster, Erica arborea, Arbutus unedo, Tamus communis, Rubia peregrina, Ruscus aculeatus, Asphodelus albus,
Hypericum androsaemum und Asplenium onopteris. Den größten relativen Anteil dieser Arten enthält wiederum F14, es
folgen F7 und F15. Häufig ist der mediterran-atlantische Arealtyp 1.10., das heißt es handelt sich auch hier um ausgesprochen
thermisch ozeanische Arten.
Dagegen finden sich in der Tabelle nur wenige Gefäßpflanzenarten, die im Norden der Atlantischen Provinz in bodensauren
Eichenwäldern ebenso gut oder noch besser gedeihen als im Süden und in der Meridio-Atlantischen Provinzgruppe. Hierzu
kann man Galium saxatile, Blechnum spicant, Luzula sylvatica, Oreopteris limbosperma, Dryopteris aemula, eventuell auch
Ilex aquifolium und Erica tetralix zählen. Viele dieser Arten sind im Osten der Subatlantischen Provinz Gebirgspflanzen.
Man kann daneben die meisten Vertreter der Mnium hornum-Moosgruppe als nordtemperat-atlantisch-subatlantisch betrach-
ten. Auf besonders armen Standorten sind ferner rohhumusbewohnende Moose wie Lophocolea heterophylla, Plagiothecium
laetum und Aulacomnium androgynum in den nordwestlichen Territorien der bodensauren Eichenwälder bezeichnend.
Die bodensauren Eichenwälder in Westirland und, in geringerem Ausmaß, in Westbritannien sind besonders erwähnenswert.
H y g r i s c h h y p e r o z e a n i s c h e , austrocknungsempfindliche Kryptogamen treten dort in einer Artenfülle auf, wie sie in
bodensauren Eichenwäldern sonst nicht wieder anzutreffen ist. Im Blechno-Quercetum petraeae bei KELLY (1981) beträgt die
mittlere Artenzahl (mAZ) 57,6. Phanerogamen haben etwa 34 % Anteil an der mAZ, Kryptogamen dagegen 66 %. Die Einheit
F1 repräsentiert, analog zur extrem thermisch hyperozeanischen Einheit F14 in Iberien, eine extrem hygrisch hyperozeanische
Einheit innerhalb der hier behandelten Eichenwälder. Charakteristisch sind Farne wie Hymenophyllum tunbrigense, H.
wilsonii und Dryopteris aemula, weiter verbreitete ozeanische Bryophyten wie Lepidozia reptans und viele extrem atlantische
Bryophyten wie Dicranum scottianum, aber insbesondere auch Lebermoose der Gruppe um Adelanthus decipiens. Diese Arten
kommen auch in Lorbeerwäldern der Macaronesischen Unterregion (azor-canar-mad) vor.
Alle für die atlantischen und subatlantischen Einheiten charakteristischen ozeanischen Artengruppen fehlen den bodensauren
Eichenwäldern in den beiden östlichen Provinzen der Mitteleuropäischen Florenregion. Die dortigen Kartierungseinheiten
zeichnen sich vielmehr durch eine Zunahme b o r e a l e r und e u r a s i s c h t e m p e r a t e r Sippen aus, die bereits in den
westlichen nordtemperaten Territorien einsetzt. Vertreter dieser Artengruppe sind Pinus sylvestris, Picea abies, Vaccinium
myrtillus, Luzula pilosa, Maianthemum bifolium, Vaccinium vitis-idaea, Trientalis europaea, Rubus saxatilis, Pyrola
rotundifolia, Calamagrostis arundinacea und Orthilia secunda. Vielfach sind dies Nadelwaldelemente k o n t i n e n t a l e r
Arealtypen (AT 10.3., 10.8., 11.3.). Der osteuropäische Charakter wird zusätzlich deutlich durch eine Reihe von Arten des
sommergrünen Breitlaubwaldes, die die Atlantische Provinz nicht erobert haben. Die Arten des s u b k o n t i n e n t a l e n
Asarum-Typs 8.11. mit Verbreitungsschwerpunkt im Osten der Mitteleuropäischen Region meiden das Ulex-Areal 8.1.; auch
die Arten mit den subkontinentalen 8.13.- und 8.14.-Arealtypen sind hier anzuschließen (vgl. Tab. 12, p. 5). Hierher gehören
Acer platanoides, Euonymus verrucosa, Campanula persicifolia, Carex montana, Peucedanum oreoselinum, Potentilla alba
229
Formation F.1 Karte der natürlichen Vegetation Europas
und zahlreiche weitere. Diese Artengruppen spielen auch in der im Osten der Zentralsubmediterranen Provinzgruppe
gelegenen illyrischen F21 eine bedeutende Rolle, und die ebenfalls zentralsubmediterrane insubrische F17 zeichnet sich durch
das Nebeneinander von ozeanischen und subkontinentalen Arten aus. Unter den Kryptogamen differenziert die Artengruppe
um Dicranum polysetum die osteuropäischen Einheiten.
Neben den bereits erwähnten allgemein verbreiteten submediterranen Arten zeichnen sich die zentraleuropäischen und
sarmatischen Kartierungseinheiten, insbesondere aber die südzentraleuropäische F20 und die illyrische F21 durch die
Beteiligung charakteristischer ostsubmediterraner Arten mit Arealerweiterungen ins östliche Mitteleuropa aus: Genista tinc-
toria, Cytisus nigricans, Genista germanica und weitere. Doch können einige Vertreter des kontinentalen AT 5.9. wie
Vincetoxicum hirundinaria oder Tanacetum corymbosum weit nach Westen übergreifen, insbesondere in xerotherme
Ausbildungen der F17 oder in die xerotherme subatlantische F18.
Die besondere pflanzengeographische Bedeutung der s u b m e r i d i o n a l e n Zone wird durch die Verbreitung der Eichen-
arten in den bodensauren Eichenwäldern unterstrichen. In den nordtemperaten Territorien des Areals sind Quercus robur und
Q. petraea die bestandsbildenden Arten. In den südtemperaten bis submediterranen Territorien treten weitere Eichenarten in
den bodensauren Eichenwäldern auf, beispielsweise Q. pyrenaica, Q. canariensis und Q. suber auf der Iberischen Halbinsel
oder Q. dalechampii, Q. polycarpa, Q. cerris und Q. frainetto in Südosteuropa.
Eine Sonderstellung nimmt die illyrische F21 am südöstlichen Arealrand der bodensauren Eichenmischwälder Europas ein.
Sie ist durch zahlreiche e u - s u b m e d i t e r r a n e Arten charakterisiert, die klimatisch begünstigte Gebiete mit besonderer
Eignung für anspruchsvolle sommergrüne Breitlaubwälder in der Zentral- und Ostsubmediterraneis bewohnen (häufig sind AT
5.4. und 5.5.): Quercus cerris, Q. frainetto, Q. dalechampii, Q. polycarpa, Tilia tomentosa, Acer tataricum, Fraxinus ornus,
Hieracium racemosum, Potentilla micrantha, Epimedium alpinum, Chamaecytisus hirsutus, Lathyrus venetus, Silene
viridiflora und weitere. Viele dieser Arten treten in nur geringer Menge oder Stetigkeit auf, doch im Überblick ist F21 durch
das Neben- und Miteinander der anspruchsvollen submediterran-nemoralen Elemente klar gegen die südtemperate F20
differenziert.
Kartierungseinheiten auf stark wechselfeuchten Standorten (F3, F9, F22) sind durch das gehäufte Auftreten von nässetoleran-
ten Arten gekennzeichnet, beispielsweise durch Molinia caerulea, Deschampsia cespitosa, Agrostis stolonifera, Carex nigra
und Lysimachia vulgaris. Für westliche Einheiten sind Myrica gale, Erica tetralix, Narthecium ossifragum und Sphagnum-
Arten bezeichnend, für zentraleuropäisch-sarmatische Molinia arundinacea und Carex brizoides.
Oreophyten differenzieren schließlich die montanen Kartierungseinheiten. Hierbei spielen westsubmediterrane Gebirgs-
pflanzen besonders in F25 eine Rolle, während die zentralsubmediterrane F17 durch alpine Elemente ausgezeichnet ist
(namentlich Luzula nivea und Phyteuma betonicifolium).
Die Quercetalia roboris Tüxen 1931 beinhalten pflanzengeographisch heterogene Verbände, die
gleichsam nur durch die Vorherrschaft von Säurezeigern und durch die Vorherrschaft azidotoleranter
Eichen gekennzeichnet sind. Die Kombination beider Merkmale ist das eigentliche Charakteristikum
der Ordnung.
Gegen die atlantischen Einheiten, die in den extrem ozeanischen Gebieten (Irland, Nordwestiberien)
mit zahlreichen charakteristischen Arten ausgestattet sind, nehmen sich bereits die subatlantischen
Einheiten wie Marginalsyntaxa aus und bleiben ohne eigene Kennarten. Die Grenze zwischen Sub-
230
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.1
atlantischer und Zentraleuropäischer Provinz tritt dagegen wiederum durch den Ausfall der atlan-
tisch-subatlantischen Arten recht deutlich in Erscheinung. Doch wirken die zentraleuropäischen
Einheiten gegen die sarmatischen mit ihrem markanten Anteil an eurasischen oder zirkumborealen
Nadelwaldarten, eurasisch temperaten und osteuropäischen Arten sowie ihren besseren Trophie-
verhältnissen wiederum nur wie Marginalsyntaxa.
Im Prinzip sind nur die Eichenwälder der beiden Mannigfaltigkeitszentren (atl + submed) durch Azi-
dophyten europäischer Verbreitung floristisch positiv charakterisiert. Unter gesamteuropäischem
Aspekt ergeben sich daher synsystematische Probleme aus dem klimabedingten Rückgang der
atlantischen und atlantisch-subatlantischen Arten nach Osten. Zusätzlich ist der größere Arten-
reichtum der submeridionalen Zone gegenüber der temperaten zu berücksichtigen (vgl. MEUSEL &
JÄGER 1989).
In Tabelle 12 wird der Versuch unternommen, möglichst viele Einheiten der geographisch weitver-
breiteten Ordnung Quercetalia roboris miteinander zu vergleichen. Die folgende Übersicht stellt
eine Revision und Erweiterung des vom Verfasser (PALLAS 1996, 2000) bereits publizierten Vor-
schlags dar. Die Einteilung basiert nunmehr ausschließlich auf chorologischen Kriterien. Standorts-
unterschiede (wechselfeuchte Einheiten) werden den geographischen Kriterien untergeordnet.
Die Sonderstellung der jeweils extrem ozeanischen Eichenwälder soll in eigenständigen Verbänden
deutlich werden. Diese Einheiten repräsentieren jeweils Mannigfaltigkeitszentren. Das Hymenophyl-
lo-Quercion umfaßt die hygrisch hyperozeanischen irischen und das Quercion robori-pyrenaicae die
thermisch hyperozeanischen Eichenwälder im Nordwesten Iberiens. Die verbleibenden südtempera-
ten bodensauren Eichenwälder der Atlantischen und Subatlantischen Provinz gehören zum Quercion
roboris, und die verbleibenden nordtemperaten Eichenwälder der Atlantischen und Subatlantischen
Provinz können im Molinio-Quercion zusammengefaßt werden. In gleicher Weise werden auch die
Eichenwälder der Zentraleuropäischen und der Sarmatischen Provinz in einen nordtemperaten
Verband Vaccinio-Quercion petraeae und einen südtemperaten Verband Agrostio-Quercion zusam-
mengefaßt. Die zentral- und ostsubmediterranen bodensauren Eichenwälder gehören zum Castaneo-
Quercion.
2. Quercion robori-pyrenaicae (Braun-Blanquet et al. in P. Silva et al. 1950 corr. Br.-Bl. et al.
1956) Rivas-Martínez 1975: (submeridional)-südtemperat, südatlantisch: nordlusit-galic-cant,
thermisch hyperozeanisch. (Enthält iberische Endemiten der AT 8.1a. und 5.6a., vgl. Tab. 12).
Urprüngliche Namensform: Quercion roboris broteroanae Braun-Blanquet, Pinto da Silva, Rozeira & Fontes in Pinto da
Silva, Rozeira & Fontes 1950, Agronomia Lusitana 12(3): 435. Quercion occidentale Br.-Bl. et al. 1956 = Quercion roboris
broteroanae (Braun-Blanquet et al. 1956, Agronomia Lusitana 18(3): 173).
F14 Rusco aculeati-Quercetum roboris Braun-Blanquet, P. Silva et Rozeira 1956; Blechno spicant-Quercetum roboris
Tüxen et Oberdorfer 1958
231
Formation F.1 Karte der natürlichen Vegetation Europas
F23 Myrtillo-Quercetum roboris Braun-Blanquet, P. Silva, Rozeira et Fontes in P. Silva, Rozeira et Fontes 1950 (Holoty-
pus!)
F24 Melampyro pratensis-Quercetum pyrenaicae Rivas-Martínez in Rivas-Martínez, T. E. Díaz, F. Prieto, Loidi et Penas
1984 (euskaldisch); Linario triornithophorae-Quercetum pyrenaicae Rivas-Martínez, T. E. Díaz, F. Prieto, Loidi et
Penas 1984 (orokantabrisch)
F25 Linario triornithophorae-Quercetum petraeae (Rivas-Martínez, Izco et Costa ex F. Navarro 1974) F. Prieto et
Vázquez 1987; Luzulo henriquesii-Quercetum pyrenaicae (F. Prieto et Vázquez 1987) F. Prieto et Vázquez 1994.
Der Verband Quercion pyrenaicae Rivas Goday ex Rivas-Martínez 1964 [1963] umfaßt die bodensauren Quercus pyrenaica-
Wälder mit Schwerpunkt in der Nordiberischen Provinz. Hierzu gehört in der Karte die Formationsuntergruppe G.4.1. mit den
Einheiten G64 bis G70. Die Quercus canariensis-Wälder auf Silikatgestein der Formationsuntergruppe G.4.4. stehen dieser
Einheit ebenfalls nahe. Als submeridionale Einheit ist dieser Verband mit dem Castaneo-Quercion Soó 1964 zu vergleichen
(siehe unten).
Wir haben uns für eine Trennung der ehemaligen Unterverbände auf Verbands-Rang entschieden. Die Unterschiede in der
zonalen und der Ozeanitätsbindung der beiden Verbände sollen deutlich werden: einerseits temperat-südatlantische, meist von
Quercus robur dominierte Wälder, andererseits submeridional-nordiberische, meist von Q. pyrenaica dominierte Wälder (vgl.
Karte). Dadurch wird vermieden, daß ein Verband zwei Vegetationszonen umfaßt. In der Zukunft bleibt abzuklären, ob das
westsubmediterrane Quercion pyrenaicae und das zentral- bis ostsubmediterrane Castaneo-Quercion nicht in einer Ordnung
submediterraner bodensaurer Eichenwälder vereinigt werden können.
232
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.1
forstliche Einfluß des Menschen ein. Das zunächst für die Einheit F12 vorgesehene Syntaxon Querco-Pinetum J. M.
Matuszkiewicz 1988 nom. inval. (Art. 5) et illegit. (Art. 31) ist jedoch in der Mehrzahl seiner Aufnahmen von
Nadelhölzern dominiert und wurde daher folgerichtig vom Autor zum Dicrano-Pinion gestellt. Für die Etablierung der
Syntaxa und die Wahl der nomenklatorischen Typen ist es jedoch von entscheidender Bedeutung, daß die Dominanz
der Laubhölzer gewährleistet ist, denn sonst kann F12 nicht in der Laubwaldformation F verbleiben. Das
Calamagrostio-Quercetum sollte als Leitgesellschaft der gesamten Zentraleuropäischen Florenprovinz betrachtet
werden. Die Einheit F12 endet im Prinzip, wie auch das Areal von Quercus petraea, in der Zentraleuropäischen
Provinz; sie erscheint daher in der Karte zu weit nach Osten ausgedehnt. Die sarmatische Einheit ist F13.
F13 Serratulo tinctoriae-Quercetum roboris Pallas 2003 ass nov. hoc loco. Sarmatische, nadelholzhaltige bodensaure
Stieleichenwälder. Holotypus, J. Pallas hoc loco: J. M. Matuszkiewicz 1988, Tab. 6, Aufn. 10 von T. Traczyk,
aufgeführt unter „Serratulo-Pinetum“ nom. superfl. (Art. 29c).
Bei der Einheit F13 stellt sich die gleiche Frage nach der Laubholzdominanz zum Verbleib der Einheit in der
Laubwaldformation. Die hier neu beschriebene Assoziation repräsentiert den eichendominierten Teil der fichtenhalti-
gen „subborealen“ Rasse des „Serratulo-Pinetum“.
233
Formation F.1 Karte der natürlichen Vegetation Europas
ist dort mit 6,5 bis 9 °C (und 5 °C in der kältesten Gegend in Nordostpolen) niedriger als im Westen.
Südschweden hat ein etwas kontinentaleres Klima als benachbarte Regionen in Norddeutschland.
Im ozeanischen Bereich der Formation steigen die Temperaturen nach Süden hin an. Die höchsten
Werte treten in Südwestfrankreich auf (Mittel des wärmsten Monats 20-22 °C, Mittel des kältesten
Monats 4-6 °C); auf der Iberischen Halbinsel sind die Sommertemperaturen etwas niedriger
(ca. 20 °C), aber die Wintertemperaturen liegen höher (6-10 °C). Die Niederschläge weisen in
Südwestfrankreich ein ausgesprochenes Sommerminimum auf (niedrigste Werte bei 500 mm). Nach
Westen nehmen die Niederschläge wieder zu und übersteigen in den Gebirgen Nordwestspaniens
örtlich 2000 mm. Das insubrische Verbreitungsgebiet hat bezüglich der hohen Jahresniederschläge
(1350-2000 mm) Ähnlichkeit mit dem Nordwesten der Iberischen Halbinsel, doch liegen die
Monatsmittel der Temperatur mit 25 °C im wärmsten Monat hier deutlich höher.
234
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.1
Zusätzlich zu den oben beschriebenen azonalen Wäldern sind folgende Vegetationstypen innerhalb
der Formation anzutreffen: auf basenreicheren Böden Eichen-Eschen-Mischwälder (z. B. F19), in
Flußniederungen Eichen-Erlen-Eschenwälder, auf Standorten mit wenig durchlässigen Böden
oligotrophe Niedermoore, Hochmoore und – im euatlantischen Bereich – Deckenmoore. Auf von
Natur aus felsigen und trockenen Standorten kommen Felsheiden, Felsgebüsche und Silikattrocken-
rasen als Kontaktgesellschaften vor.
235
Formation F.1 Karte der natürlichen Vegetation Europas
parks oder Naturparke ausgewiesen, die jedoch für die Erhaltung und Wiederherstellung ausreichend
großer und repräsentativer Waldbestände aller Ausbildungsformen bei weitem nicht ausreichen
dürften.
Innerhalb der Höhenstufen sind die Kartierungseinheiten in der Regel von Westen nach Osten
angeordnet, von ausgesprochen ozeanischen zu subkontinentalen Klimaten. Dies manifestiert sich in
entsprechenden floristischen Veränderungen. Zusätzlich sind ökologische Varianten, nämlich
hygrophile (F3, F9, F22), xerotherme (F17 p.p., F18, F20 p.p.) und thermophile Ausbildungen (F21)
ausgewiesen.
In Tabelle 12 und im nachfolgenden Text richtet sich die Gliederung dagegen nach synchorologi-
schen Kriterien, wobei die Höhenstufen regional zugeordnet werden. Die Abfolge beginnt mit den
südatlantischen Einheiten Nordiberiens (F14, F15, F23-F26), die den thermisch ozeanischen
Charakter dieses Gebietes am deutlichsten hervortreten lassen. Die ebenfalls südatlantischen Kartie-
rungseinheiten Frankreichs (F4-F7) schließen sich an, gefolgt von der subatlantisch-burgundischen
Einheit F16 und der subatlantisch-rhenanischen Einheit F18, der noch die submeridionale piemon-
tesisch-insubrische F17 an die Seite gestellt wurde. Die vorwiegend nordtemperaten Einheiten sind
von West nach Ost angeordnet, von der extrem hygrisch ozeanischen Einheit Irlands (F1) bis zu den
zentraleuropäisch-sarmatischen Einheiten (F12, F13), die bereits subkontinentale Züge tragen. Den
letzten Block der Tabelle bilden südtemperate zentraleuropäische und vorkarpatische (F20, F22)
sowie die submeridionale illyrische Einheit F21.
Primäres vertikales Ordnungskriterium der Tabelle 12 ist die Schichtung (Baum-, Strauchschicht,
Lianen, Kraut-, Moosschicht). Innerhalb der Schichten sind zunächst die jeweils gemeinsamen, all-
gemein charakterisierenden Arten aufgeführt. Dann folgen, entsprechend der Haupttrennlinie zwi-
schen ozeanischen und subkontinentalen Einheiten, die für die atlantischen und subatlantischen
Einheiten charakteristischen Arten sowie die für die zentraleuropäisch-sarmatischen Einheiten kenn-
zeichnenden Sippen. Innerhalb jeder dieser Gruppierungen sind die Arten gemäß ihrer zonalen
chorologischen Bindung angeordnet, das heißt nach ihrer Zugehörigkeit zu den großen Arealtypen-
gruppen. Ökologisch-standörtlich und Höhenstufen differenzierende Arten sind in jeweils eigenen
Gruppen zusammengefaßt. Die Literatur zu den einzelnen Kartierungseinheiten, die für Tab. 12
ausgewertet wurde, ist in den Datenbögen aufgeführt.
236
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.1
wälder innerhalb der hier betrachteten Kartierungseinheiten, denn sie beherbergen neben der auch
schon in Südwestfrankreich anzutreffenden Grundausstattung an südatlantischer Flora zusätzlich
iberisch-südatlantische, das heißt galicische und kantabrische Endemiten. Diagnostisch ebenso
wichtig sind die westsubmediterranen Arten des Typs 5.6a., die auch in den südlich anschließenden
submediterranen nordiberischen Quercus pyrenaica-Wäldern vorkommen. Unter ihnen finden sich
weitere iberisch-submediterrane Endemiten (5.6a.S). Häufige Arten sind Quercus pyrenaica, Betula
pubescens subsp. celtiberica und Erica arborea. Selten sind Convallaria majalis und Polygonatum
multiflorum.
Die Einheit F14 umfaßt südatlantische, hyperozeanische galicisch-nordlusitanische Stieleichenwälder (Quercus robur,
teilweise Q. pyrenaica und Q. suber), häufig mit mediterranen Begleitgehölzen. F14 ist die am stärksten thermisch ozeanische
Einheit der Tabelle mit mehr als 50 % Beteiligung von atlantischen, atlantisch-subatlantischen, westmediterranen und
mediterran-ozeanischen Arten.
Die Einheit F23 repräsentiert südatlantisch/montane, nordlusitanisch-galicische Eichenwälder (Quercus robur, Q. pyrenaica)
mit Betula pubescens subsp. celtiberica und baumförmigem Ilex aquifolium sowie Erica arborea, mit wenigen Arten vom
mediterran-atlantischen AT 1.10., aber mit Vaccinium myrtillus und den nordlusitanischen Sippen Eryngium duriaei und
Ajuga occidentalis.
Die Einheit F24 kennzeichnet südatlantisch/montane, orokantabrisch-euskaldische Eichenwälder (Quercus pyrenaica,
teilweise Q. robur) mit Pyrus cordata, Erica arborea u. a. Arten. Mediterrane Arten sind wegen der Höhenlage nicht so häufig
wie in F14. Berglandpflanzen treten dagegen etwas häufiger auf, teilweise handelt es sich hierbei um Oreophyten mit
charakteristischen westsubmediterranen Arealen (Luzula lactea AT 6.1a.).
Die Einheit F25 enthält südatlantisch/hochmontane, orokantabrisch-(nordwestiberische) Birken-Traubeneichenwälder (Betula
pubescens subsp. celtiberica, Quercus petraea) und Birkenwälder (Betula pubescens subsp. celtiberica) mit Erica arborea,
Saxifraga spathularis, Luzula sylvatica subsp. henriquesii, Crepis lampsanoides, Doronicum carpetanum, Genista florida und
Poa chaixii. Von den iberischen Einheiten ist diese Einheit ihrer Höhenlage entsprechend am schwächsten mit mediterranen
Arten, dafür aber am besten mit submediterranen Oreophyten ausgestattet (AT 6.1., 6.2.).
Die Einheit F26 repräsentiert ostpyrenäische Traubeneichenwälder (Quercus petraea) mit Erica arborea, Ruscus aculeatus,
Rubus ulmifolius, Luzula forsteri, Hypericum androsaemum, Luzula sylvatica und Galium rotundifolium. Diese Einheit enthält
aufgrund ihrer Lage außerhalb der atlantischen Territorien naturgemäß kaum noch atlantische Arten (AT 8.1. und 8.1a.), und
auch westsubmediterrane Arten (AT 5.6a.) sind selten.
Die Einheit F15 besteht aus südatlantischen, euskaldischen und südaquitanischen Eichenmischwäldern (Quercus petraea,
Q. robur) mit Castanea sativa, Sorbus torminalis, Ruscus aculeatus, Blechnum spicant, Ilex aquifolium, Pyrus cordata,
Pulmonaria longifolia (Bastard) und Hypericum androsaemum. Dieser Einheit, in der weiter verbreitete südatlantische Arten
(AT 8.1a.) zahlreich vertreten sind, fehlen die südatlantischen iberischen Endemiten und auch die 5.6a.-Arten.
Die s ü d a t l a n t i s c h e n Eichenwälder in Frankreich (F7, F5, F4, F6 und die subatlantische F16)
sind insgesamt gekennzeichnet durch Beimischung von Castanea sativa, Mespilus germanica, Sor-
bus torminalis und Carpinus betulus, das heißt durch submeridionale Sippen, von denen zumindest
Castanea und Mespilus eine künstliche Arealausweitung in die südtemperaten aquitanischen und
armorikanischen Territorien erfahren haben. Südatlantische Arten nehmen nach Norden ab.
Die Einheit F7 umfaßt aquitanische Stieleichenwälder (Quercus robur, teilweise mit Quercus pyrenaica, Q. suber, Pinus
pinaster) mit Castanea sativa, Sorbus torminalis, Ruscus aculeatus, Rubia peregrina, Rubus ulmifolius, Tamus communis,
Arenaria montana, Asphodelus albus, Pseudarrhenatherum longifolium, Pulmonaria longifolia, Luzula forsteri und Erica
scoparia. Die artenreiche sommerwarm-planare Einheit kommt der galicischen F14 in vielerlei Hinsicht nahe. Neben F14 ist
sie die einzige Einheit mit den mediterranen Baumarten Quercus suber und Pinus pinaster. Sie enthält viele submediterrane
und mediterrane Sträucher und im Vergleich zu anderen Einheiten Frankreichs noch viele südatlantische (8.1a.), einige
westmediterrane (5.6a.) und mediterran-atlantische Arten (1.10.). Wie auch der Einheit F5 fehlen ihr jedoch einige hygrisch
ozeanische Arten wie Blechnum spicant, Luzula sylvatica und Galium saxatile.
237
Formation F.1 Karte der natürlichen Vegetation Europas
Die Einheit F5 repräsentiert ostarmorikanische Eichenwälder (Quercus petraea, Q. robur, örtlich Q. pyrenaica) mit Peuce-
danum gallicum, Pulmonaria longifolia, Tamus communis, Festuca heterophylla, Luzula forsteri, Asphodelus albus und Erica
scoparia. Der südatlantische Charakter ist bereits abgeschwächt, und Peucedanum gallicum hat hier seinen Verbreitungs-
schwerpunkt. Submediterrane, westsubmediterrane und mediterrane Arten wie Tamus communis, Pulmonaria longifolia,
Simethis planifolia, Asphodelus albus, Erica scoparia, Euphorbia amygdaloides und Melittis melissophyllum sind noch gut
vertreten, fehlen jedoch weiter nördlich in den Kartierungseinheiten der Atlantischen Provinz.
Die Einheit F4 kennzeichnet die westarmorikanischen Eichenwälder (Quercus petraea und Q. robur) mit Castanea sativa,
Sorbus torminalis, Ilex aquifolium, Pyrus cordata, Mespilus germanica und Ruscus aculeatus. Der südatlantische Charakter
ist hier deutlich schwächer, denn die Einheit enthält kaum noch südatlantische (Pyrus cordata) und mediterrane Arten (Ruscus
aculeatus).
Die Einheit F6 umfaßt die nordostarmorikanischen Eichenwälder (Quercus petraea und Q. robur) mit Castanea sativa, Sorbus
torminalis, Ilex aquifolium, Mespilus germanica und Festuca heterophylla. Es handelt sich hier um Marginaleinheiten an der
Nordgrenze der südatlantischen bodensauren Eichenwälder.
Den südsubatlantischen Eichenwäldern (F16, F18) fehlen atlantische Arten (8.1.). Die Einheit F16 ist vorwiegend negativ
charakterisiert, denn ihr fehlen wegen der bereits kollin-submontanen Höhenstufe auch alle mediterranen und viele submedi-
terrane Sippen. Sie ist, wie auch F18 und F17, unter anderem positiv durch die submediterrane Sorbus aria (Oreophyten-ATG
6.) von den anderen Einheiten Frankreichs differenziert.
Die Einheit F18 repräsentiert rhenanische xerophytische Traubeneichenwälder (Quercus petraea) mit Sorbus aria, Amelan-
chier ovalis, Cotoneaster integerrimus, Luzula luzuloides, Hieracium glaucinum, H. umbellatum, H. lachenalii, H. laevigatum,
Cytisus scoparius, Teucrium scorodonia, Genista pilosa, teilweise in thermophilen Ausbildungen mit Anthericum liliago,
Campanula persicifolia, Silene viscaria, S. nutans, Polygonatum odoratum, Festuca heteropachys und F. pallens.
Im subatlantischen Klima kommen natürliche Eichenwälder nur auf besonders trockenen und flachgründigen Sonderstand-
orten zur Herrschaft. Die Einheit enthält neben xerophytischen Eichenwäldern natürliche Felsgebüsche, Felsrasen und
Felsspaltenfarne sowie thermophile Eichen-Hainbuchenwälder (thermophile Eichenwälder mit Acer monspessulanum) auf
Silikatgestein. Von den atlantisch-subatlantischen Arten sind lediglich Cytisus scoparius und Teucrium scorodonia noch
häufig. Vertreter temperat- und submeridional-kontinentaler Arealtypen (ATG 8., 5., seltener 4.) sind dagegen relativ
zahlreich. Arten des AT 5.9. wie Tanacetum corymbosum oder Vincetoxicum hirundinaria dringen hier weit nach Westen vor.
Vegetationskomplexe, wie sie mit F18 ausgegliedert sind, treten auch innnerhalb der zentralsubmediterranen und südzentral-
europäischen Einheiten F17, F20 und F21 auf, meist unter dem Namen „Genisto pilosae-Quercetum“. Sie werden dort aber
nicht gesondert behandelt.
Einheit F17 bezeichnet die südalpischen piemontesisch-insubrischen Eßkastanien-Eichenmischwälder (Quercus petraea,
Q. robur, Castanea sativa) mit Sorbus aria, Luzula pedemontana, L. nivea, Hieracium tenuiflorum, Molinia arundinacea,
Phyteuma betonicifolium und Saponaria ocymoides. Diese Kastanien-Eichenwälder weisen eine beachtliche standörtliche
Variationsbreite bis hin zu xerophytischen Felspflanzen-Eichenwäldern auf. Erwähnenswert ist die starke Beteiligung von
laurophyllen, vielfach gebietsfremden synanthropen Arten in den luftfeuchtesten Lagen im Umfeld der großen Seen (GIANONI
et al. 1988). Recht häufig ist unter den ozeanischen Arten der Ilex aquifolium-Arealtyp 8.5., der weite Teile der mediterranen
und submediterranen Territorien einschließt. Insgesamt betrachtet sind jedoch ozeanische und kontinentale Arealtypen etwa
gleichstark vertreten. Gegen alle anderen hier behandelten bodensauren Eichenwälder ist die Einheit durch alpische Oreo-
phyten (ATG 6., 9.) differenziert.
238
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.1
auftreten und den Aspekt der Krautschicht bestimmen. Dadurch unterscheiden sie sich deutlich von
den südatlantischen Arten.
Folgende weitere Arten sind in den nordtemperaten Territorien häufiger oder vitaler: Gehölze mit bis
in die boreale Zone reichenden Breitgürtelarealen wie Betula pendula, B. pubescens, Sorbus aucupa-
ria, Populus tremula, Arten des Calluna-Arealtyps 8.3., Farne wie Dryopteris dilatata, D. carthusi-
ana, Athyrium filix-femina, auf frische Standorte angewiesene Arten wie Oxalis acetosella, Milium
effusum oder Moose wie Hylocomium splendens.
Die nordtemperaten atlantischen und subatlantischen Eichenwälder (F2, F3, F9, F8, F10) stellen, F1
ausgenommen, insgesamt eine floristisch nur schwach charakterisierte Gruppe dar. Allgemein ver-
breitete atlantische und atlantisch-subatlantische Arten sind im Nordteil der Atlantischen Provinz
außerhalb der Britischen Inseln selten. Neben der Artengruppe um Galium saxatile, die bereits im
Kapitel „Floristische Zusammensetzung“ besprochen wurde, scheinen die Moose um Mnium hornum
die einzige positiv kennzeichnende Artengruppe dieser Einheit zu sein. Mit borealen Nadelwaldarten
und osteuropäischen Elementen sind die nordosttemperaten Einheiten erheblich besser ausgestattet.
Die Einheit F1 ist, verglichen mit den anderen Kartierungseinheiten, optimal hygrisch ozeanisch ausgestattet. Es handelt sich
um mittelatlantische, hyperozeanische westirisch/westbritische kryptogamendominierte Traubeneichenwälder (Quercus
petraea) mit Ilex aquifolium, dem eingeschleppten Rhododendron ponticum, lianenwüchsiger Hedera helix, Luzula sylvatica,
Blechnum spicant, Dryopteris aemula, Hymenophyllum tunbrigense, H. wilsonii und zahlreichen Kryptogamen, wie
Isothecium myosuroides, Thuidium tamariscinum, Hylocomium brevirostre, Saccogyna viticulosa, Scapania gracilis sowie
Plagiochila spinulosa und weiteren Lorbeerwaldmoosen.
Bei der Einheit F2 handelt es sich, verglichen mit F1 hinsichtlich der Ausstattung mit ozeanischen Arten, bereits um eine nur
negativ charakterisierte Marginaleinheit. Sie ist repräsentiert durch ostirisch-britische Trauben- (und Stiel-)Eichenwälder mit
Betula pubescens, Ilex aquifolium, Galium saxatile, Luzula sylvatica, Blechnum spicant, Primula acaulis, Hyacinthoides non-
scripta, Conopodium majus und vielen Moosen. Von der ähnlichen, zum Teil ebenfalls atlantischen Einheit F8 unterscheidet
sie sich durch sporadischen Rhododendron ponticum, lianenwüchsige Hedera helix, die oben genannten Farne und Kräuter
sowie die Moose Plagiomnium undulatum, Plagiochila asplenioides, Hylocomium brevirostre, Isothecium myosuroides und
Diplophyllum albicans.
F3 beinhaltet britische wechselfeuchte Pfeifengras-Eichenwälder (Quercus robur und Q. petraea) mit Molinia caerulea-
Dominanz im Wechsel mit Birkenbruchwäldern (Betula pubescens und B. pendula) mit Myrica gale (AT 11.1.), Erica tetralix
(8.2.), Narthecium ossifragum (8(11).1.), Sphagnum compactum und spec. sowie Talmooren. F3 unterscheidet sich von F9 im
Prinzip durch die gleichen Arten wie F2 von F8.
Die Einheit F9 entspricht standörtlich F3 auf dem europäischen Festland. Auch hier sind es atlantische und subatlantische
wechselfeuchte Pfeifengras-Birken-Stieleichenwälder (Quercus robur, Betula pubescens, B. pendula) mit Frangula alnus,
Lonicera periclymenum, Molinia caerulea-Dominanz, Carex nigra, Aulacomnium palustre, Sphagnum spec., auf reicheren
Böden mit Alnus glutinosa, Deschampsia cespitosa und Athyrium filix-femina.
Die Einheit F8 des europäischen Kontinents entspricht der britischen F2, ihre Ozeanitätsamplitude ist jedoch weiter. Es
handelt sich um mittelatlantische und (nord)subatlantische Birken-Eichenwälder (Quercus robur und Q. petraea, mit Betula
pendula, B. pubescens, Populus tremula) mit Frangula alnus, Dryopteris carthusiana, D. dilatata, Festuca filiformis, Galium
saxatile, Teucrium scorodonia (im Süden), Ceratocapnos claviculata, Rubus fruticosus agg. div. spec.; in den nordtemperaten
Territorien Europas mit Vaccinium myrtillus, V. vitis-idaea, Trientalis europaea, Maianthemum bifolium, Luzula pilosa, Pinus
sylvestris und Picea abies, weiter südlich mit Hieracium laevigatum und H. umbellatum. F8 unterscheidet sich von F2 vor
allem durch Beteiligung von Pinus sylvestris, Picea abies, Frangula alnus und Maianthemum bifolium.
Die Einheit F10 ist als trophisch anspruchsvollste nordtemperate Einheit mit mehr mesotraphenten Arten ausgestattet als F1,
F2, F3, F8 und F9. Sie setzt sich aus atlantischen bis zentraleuropäischen, südskandinavischen Stieleichenwäldern (Quercus
robur) reicherer Standorte zusammen. Die Beteiligung atlantischer und subatlantischer Arten ist hier, an der Nordgrenze der
temperaten Zone, nur noch schwach. In F10 treten bereits osteuropäische Arten auf.
239
Formation F.1 Karte der natürlichen Vegetation Europas
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Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.1
Eichenmischwäldern. Neben weiteren submediterranen Arten (ATG 5.) ist der hohe Anteil temperat-subkontinentaler Arten
(AT 8.11. und 8.13.) hervorzuheben.
Nicht gesondert und als eigene Kartierungseinheit dargestellt werden hier die von verschiedenen Autoren unter „Genisto
pilosae-Quercetum“ beschriebenen östlichen und südöstlichen xerothermen Felspflanzen-Eichenwälder. Sie kommen im Areal
von F20, F21 und F17 vor und vermitteln, insbesondere auf basenreicheren Felsstandorten, zur Formation G.
Einheit F22 beinhaltet zentraleuropäisch-pannonisch-danubische wechselfeuchte Pfeifengras-Stieleichenwälder (Quercus
robur, in den submeridionalen Territorien mit Fraxinus angustifolia subsp. danubialis), mit Euonymus verrucosa, Molinia
caerulea, M. arundinacea, Deschampsia caespitosa und Carex brizoides. Sie ist in mehreren Gebieten am Fuße der Karpaten
verbreitet.
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Formation F.2 Karte der natürlichen Vegetation Europas
Das regelmäßige und reichliche Vorkommen von Hedera helix – sowohl als Liane wie als Boden-
decker – zusammen mit Ilex aquifolium und örtlich auch Ruscus aculeatus sowie epiphytischen
Moosen verleiht den Eichen-Eschenwäldern ein halb-immergrünes Aussehen. Mit Hedera helix
umkleidete Baumstämme sind ein besonderes Merkmal des Winteraspektes.
252
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.2
Die Krautschicht ist im allgemeinen artenreich, mit vorherrschend krautigen Stauden. Im Frühjahr
spielen Geophyten mit ihren Blühaspekten eine wichtige Rolle: Ranunculus ficaria im zeitigen
Frühjahr, Anemone nemorosa und Hyacinthoides non-scripta im späteren Frühjahr. Charakte-
ristischste krautige Arten sind Primula acaulis, Circaea lutetiana, Mercurialis perennis, Brachypo-
dium sylvaticum, Sanicula europaea, Viola-Arten (V. riviniana, V. reichenbachiana), Conopodium
majus und Carex sylvatica. Im Sommer beherrschen vor allem in klimatisch feuchteren Gebieten
vielfach Farne das Bild wie Dryopteris filix-mas, D. affinis subsp. borreri, Polystichum setiferum,
Athyrium filix-femina und Asplenium scolopendrium.
Die Moosschicht ist um so artenreicher und üppiger entwickelt, je feuchter das Klima oder der
Standort ist. Weit verbreite Arten sind Eurhynchium striatum, E. praelongum, Thuidium tamarisci-
num, Brachythecium rutabulum, Plagiomnium undulatum und Atrichum undulatum.
Makroklimatische Gegebenheiten
Für diese Formation ist ein ausgeprägt ozeanisches Klima mit über das ganze Jahr verteilten Nieder-
schlägen charakteristisch. Der Jahresniederschlag variiert von 600 mm in Ostengland und Nord-
frankreich bis 1400 mm im Westen Großbritanniens und Irland sowie bis 1600 mm in Kantabrien
und bis 2000 mm an der norwegischen Westküste. Die Sommer sind relativ kühl bis warm. Die
Julitemperaturen reichen von 14-16 °C in Norwegen, Irland und Großbritannien bis 18-20 °C in
Nordspanien. Die mittleren Temperaturen im Winter liegen zwischen -3 °C in Norwegen und 6-7 °C
in Westirland, Westgroßbritannien und Kantabrien. Strenge Fröste und längere Schneebedeckung
sind selten. Örtlich haben starke Winde, versetzt mit Salzgischt, einen limitierenden Einfluß auf die
Höhe der Baumschicht.
Standortbedingungen
Eichen-Eschenmischwälder stocken überwiegend auf Braunerden, die basenreich, oft kalkhaltig,
meist lehmig, gelegentlich auch sandig oder kiesig sind. Die Böden haben sich aus Glazialgeschiebe,
253
Formation F.2 Karte der natürlichen Vegetation Europas
Kreidesedimenten, Kalkgestein oder Schiefern entwickelt. Örtlich kommen diese Wälder auch auf
Rendzinen oder sehr flachgründigen Kalksteinböden vor (F29, F30, F31). Der pH-Wert liegt meist
im schwach sauren bis neutralen Bereich (zwischen 6 und 7), in manchen Einheiten (F32) auch bei
4,5. Die Böden sind mesotroph bis eutroph, örtlich auch oligotroph, frisch bis feucht, z. T. auch
trocken, örtlich pseudovergleyt oder vergleyt, meist mit Mullhumus. Auf sehr flachgründigen oder
besonders durchlässigen Kalksteinböden kann es selbst in hyperozeanischen Gebieten wie West-
irland durch saisonale Trockenheit zu erheblichem Wasserstreß kommen.
Die meisten Einheiten kommen zwischen dem Meeresspiegel und 330 m vor. Kollin-submontane
Eichen-Eschenmischwälder in Nordspanien reichen bis 450 m Meeresspiegel, die dortige sub-
montan-montane Ausbildung sogar bis 1000 m.
Rolle im Landschaftsgefüge
Die ausgedehntesten Vorkommen der Tieflandeinheiten dieser Formation liegen in flachwelligen
Ebenen, auf niedrigen Plateaus und in Tälern. Die aktuellen Waldbestände sind hier jedoch nur
kleinflächige und stark abgewandelte Fragmente in einer Agrarlandschaft. In Großbritannien – und
in geringerem Ausmaß auch in Irland – sind diese Bestände im Frühsommer durch ausgesprochen
attraktive Aspekte von Hyacinthoides non-scripta gekennzeichnet. In manchen Gebieten werden
kleine Erhebungen aus härterem Gestein von Eichen-Eschenmischwäldern besiedelt und prägen so
das Landschaftsbild. Besondere Ausbildungsformen mit lückigen und mehr buschförmigen Wald-
beständen gibt es in Karstgebieten, wo die extrem flachgründigen, felsigen Standorte örtlich keinen
Wald sondern nur Gebüsche, Felsheiden und Trockenrasen aufkommen lassen.Weitere Standorte
dieser Formation sind sickerfeuchte und blockreiche Steilhänge in Tälern und Fjorden Norwegens.
Eine kollin-submontane bis montane Ausbildung (F33) kommt in den Vorbergen, Tälern und
Becken der westlichen Pyrenäen und des Kantabrischen Gebirges sowie als Reliktgesellschaft in
Schluchten und engen Tälern der Nordabdachung des Moncayomassivs in Nordspanien vor.
Entsprechend den oft kleinflächig wechselnden Bodenbedingungen bestehen die Kartierungsein-
heiten zu einem hohen Grad aus Gesellschaftskomplexen und weisen häufig Übergänge zu anderen
Einheiten auf. So kommen z. B. Flecken des Hasel-Eschenwaldes (F29) auf flachgründigem Kalk-
gestein innerhalb der Eichen-Eschenwälder (F28, F31) vor und umgekehrt. Das Gebiet der Hasen-
glöckchen-Eschen-Eichenwälder (F32) kann auch Bestände bodensaurer Eichenwälder (z. B. F1, F2,
F3, F8) enthalten. Auf den britischen Inseln werden die Eichen-Eschenwälder nach Norden und
Westen zunehmend durch bodensaure Eichenwälder abgelöst. Ähnliche Tendenzen kann man am
Nordfuß der Pyrenäen und im Westen des Kantabrischen Gebirges beobachten. Im Süden von
Großbritannien sowie bei den pyrenäischen und kantabrischen Vorkommen grenzen diese Wälder
an artenreiche oder bodensaure Buchen- und Buchenmischwälder und gehen in diese über. In
Schwemmlandebenen und Tälern gibt es Übergänge zu Auenwäldern und feuchten Erlen-Eichen-
Eschenwäldern. In Irland – und in geringer Ausdehnung auch in Großbritannien – kommen im
Vegetationskomplex der Karstgebiete (F29, F30) ferner Hochmoore, Niedermoore, Seen mit
aquatischen Pflanzengesellschaften sowie temporäre Seen (turloughs) vor. Die westnorwegische
254
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.2
Einheit enthält Kiefern- und Birkenwälder und grenzt z. T. an alpine Zwergstrauchvegetation sowie
Fichtenwälder.
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Formation F.2 Karte der natürlichen Vegetation Europas
256
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.2
Nr. der Kartierungseinheit F27 F28 F29 F30 F31 F32 F33
Lage in Europa N W W W W W SW
Baumschicht:
Fraxinus excelsior d d D D d x d
Quercus robur (x) d (x) (x) d D d
Ulmus glabra d x x . d x (x)
Tilia cordata x . (x) . x (x) (x)
Sorbus aucuparia [St] . x x (x) [x] x .
Fagus sylvatica [anthropogen] . [x] [x] . [x] x (x)
Betula pubescens . (x) x (x) . (d) .
Prunus avium . x x . (x) (x) (x)
Acer campestre . . (x) (x) d . x
Acer pseudoplatanus [anthropogen] . . [x] . [x] x (x)
Sorbus aria . x x . . . (x)
Tilia platyphyllos . . (x) . (x) . (x)
Quercus petraea . . (x) . . (d) (x)
Carpinus betulus . . . . x (x) (x)
Taxus baccata [St] [x] . (x) . . . .
Malus sylvestris . x x . . . .
Salix caprea . x (x) . . . .
Castanea sativa [anthropogen] . . . . . [x] [x]
Alnus glutinosa (x) . . . . . .
Alnus incana (x) . . . . . .
Prunus padus (x) . . . . . .
Ulmus procera . . . . (x) . .
Ulmus minor . . . . (x) . (x)
Sorbus torminalis [St] . . . . [x] . (x)
Acer opalus . . . . . . (x)
Quercus pyrenaica . . . . . . (x)
Quercus ilex . . . . . . (x)
Strauchschicht:
Corylus avellana x d d d d x d
Ilex aquifolium x x x x x d x
Rubus fruticosus agg. . x x x d d x
Crataegus monogyna . x x x x x x
Euonymus europaea . x x x . (x) x
Viburnum opulus . x x . x (x) (x)
Prunus spinosa . x x (x) . . x
Sambucus nigra . . (x) . x x (x)
Rhamnus cathartica . . (x) (x) . . (x)
Cornus sanguinea . . (x) . . (x) x
Crataegus laevigata . . . . x x (x)
Frangula alnus . . . (x) . . (x)
Ligustrum vulgare . . . (x) . . x
Ruscus aculeatus . . . . . (x) x
Ribes spicatum x . . . . . .
Rosa spinosissima . . . (x) . . .
Potentilla fruticosa . . . (x) . . .
Juniperus communis . . . (x) . . .
Salix atrocinerea . . . . . . (x)
Daphne laureola . . . . . . x
Rosa arvensis . . . . . . (x)
Rosa sempervirens . . . . . . (x)
Rubus ulmifolius . . . . . . x
Lonicera xylosteum . . . . . . (x)
Laurus nobilis . . . . . . (x)
Rhamnus alaternus . . . . . . (x)
Lianen:
Hedera helix x x x x x x x
Lonicera periclymenum x x (x) . x x x
Clematis vitalba . . . . (x) . (x)
Tamus communis . . . . (x) . x
Smilax aspera . . . . . . x
Rubia peregrina . . . . . . x
Krautschicht:
Hedera helix x d x x d x x
Anemone nemorosa x x x x x x .
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Formation F.2 Karte der natürlichen Vegetation Europas
Nr. der Kartierungseinheit F27 F28 F29 F30 F31 F32 F33
Lage in Europa N W W W W W SW
Primula acaulis x x x . x (x) x
Sanicula europaea x x x . x (x) x
Brachypodium sylvaticum x x x . x (x) x
Carex sylvatica x x x . x (x) x
Conopodium majus x x (x) . x x x
Polystichum setiferum . x x x x x x
Dryopteris filix-mas . x x x x x x
Dryopteris affinis subsp. borreri . x (x) x x x x
Viola riviniana . x x x x x .
Geranium robertianum . x x x x . x
Potentilla sterilis . x x x x . x
Asplenium scolopendrium . x x x x . x
Geum urbanum . x (x) x x . x
Veronica chamaedrys . x x x x . x
Viola reichenbachiana . x (x) x x . x
Fragaria vesca . x x x (x) . x
Hyacinthoides non-scripta . x (x) . d x (x)
Oxalis acetosella . x x . (x) x x
Athyrium filix-femina . x (x) . x (x) x
Circaea lutetiana . x (x) . x x x
Dryopteris dilatata . x . . x x x
Ranunculus ficaria x . . . x x x
Arum maculatum . x x . x . (x)
Filipendula ulmaria (x) (x) . . (x) . .
Allium ursinum x . (x) . x . .
Polystichum aculeatum x . (x) . (x) . .
Urtica dioica . . (x) x x . .
Galium aparine . . (x) x x . .
Glechoma hederacea . . (x) . x x .
Veronica montana . (x) . . (x) . (x)
Hypericum pulchrum . . (x) (x) . . (x)
Lamium galeobdolon . . (x) . x . x
Teucrium scorodonia . . (x) . (x) . (x)
Mercurialis perennis . . (x) . d . x
Melica uniflora . . (x) . x . x
Stellaria holostea . . . . (x) x x
Stachys sylvatica x . . . x . .
Lysimachia nemorum . (x) . . (x) . .
Asplenium trichomanes . . x x . . .
Sesleria albicans . . x x . . .
Solidago virgaurea . . (x) . . x .
Campanula trachelium . . (x) . . . (x)
Pteridium aquilinum . . . . . d x
Blechnum spicant . . . . . x (x)
Silene dioica . . . . . (x) (x)
Festuca altissima x . . . . . .
Orchis mascula x . . . . . .
Circaea intermedia x . . . . . .
Aegopodium podagraria x . . . . . .
Matteuccia struthiopteris x . . . . . .
Gagea lutea x . . . . . .
Ranunculus auricomus x . . . . . .
Stellaria nemorum (x) . . . . . .
Cardamine flexuosa (x) . . . . . .
Chrysosplenium oppositifolium (x) . . . . . .
Chrysosplenium alternifolium (x) . . . . . .
Carex remota (x) . . . . . .
Ranunculus repens (x) . . . . . .
Caltha palustris (x) . . . . . .
Glyceria fluitans (x) . . . . . .
Crepis paludosa (x) . . . . . .
Rubus saxatilis . . x . . . .
Convallaria majalis . . (x) . . . .
Calluna vulgaris . . (x) . . . .
Campanula latifolia . . (x) . . . .
Erica cineria . . (x) . . . .
Arctostaphylos uva-ursi . . (x) . . . .
Empetrum nigrum . . (x) . . . .
258
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.2
Nr. der Kartierungseinheit F27 F28 F29 F30 F31 F32 F33
Lage in Europa N W W W W W SW
Antennaria dioica . . (x) . . . .
Galium verum . . (x) . . . .
Asperula cynanchica . . (x) . . . .
Gentiana verna . . (x) . . . .
Helianthemum oelandicum subsp. incanum . . (x) . . . .
Geranium sanguineum . . (x) . . . .
Dryas octopetala . . . (x) . . .
Carex flacca . . . (x) . . .
Thymus praecox . . . (x) . . .
Deschampsia cespitosa . . . . (x) . .
Holcus mollis . . . . . x .
Luzula sylvatica . . . . . x .
Dryopteris affinis . . . . . . x
Helleborus viridis subsp. occidentalis . . . . . . x
Isopyrum thalictroides . . . . . . (x)
Ceratocapnos claviculata . . . . . . (x)
Pulmonaria affinis . . . . . . x
Euphorbia amygdaloides . . . . . . x
Euphorbia dulcis . . . . . . x
Euphorbia hyberna . . . . . . (x)
Hepatica nobilis . . . . . . x
Lathraea clandestina . . . . . . x
Carex umbrosa . . . . . . x
Pulmonaria longifolia . . . . . . x
Symphytum tuberosum . . . . . . (x)
Brachypodium pinnatum subsp. rupestre . . . . . . x
Arum italicum . . . . . . (x)
Iris foetidissima . . . . . . x
Hypericum androsaemum . . . . . . x
Saxifraga hirsuta . . . . . . (x)
Ranunculus nemorosus . . . . . . x
Lathyrus niger . . . . . . (x)
Senecio adonidifolius . . . . . . (x)
Moosschicht:
Thuidium tamariscinum x x x x . x x
Eurhynchium striatum x x x x . x x
Plagiomnium undulatum x x x x x . x
Brachythecium rutabulum x . x x x . .
Mnium hornum x . x . x x .
Atrichum undulatum . (x) x . x x .
Fissidens taxifolius x x . . x . x
Hylocomium brevirostre d . x x . . .
Ctenidium molluscum x . x x . . .
Eurhynchium praelongum x . . . x x x
Rhytidiadelphus triquetrus . x x x . . .
Thamnobryum alopecurum . x x . . . .
Neckera crispa . . x x . . .
Scapania aspera . . x x . . .
Tortella tortuosa . . x x . . .
Trichocolea tomentella x . . . . . .
Plagiomnium elatum x . . . . . .
Brachythecium rivulare x . . . . . .
Neckera complanata . . x . . . .
Fissidens dubius . . x . . . .
Marchesiana machaii . . x . . . .
Breutelia chrysocoma . . . x . . .
Dicranum scoparium . . . (x) . . .
Rhytidiadelphus loreus . . . . . x .
Erläuterungen:
D = dominant x = regelmäßig vorkommend (in Datenblatt enthalten)
d = kodominant (x) = örtlich vorkommend (nur in bestimmten Ausbildungen)
(d) = örtlich kodominant
259
Formation F.2 Karte der natürlichen Vegetation Europas
Im Westen Irlands, wo die Geschiebe nur eine dünne Decke über dem anstehenden Kalkstein bilden,
ist der Boden kalkreicher, besitzt einen höheren pH-Wert (ca. 6,9) und ist durchlässiger. Außer an
Standorten mit hohem Grundwasserstand ermöglichen die trotz der reichlichen Niederschläge relativ
trockenen und durchlässigen Böden nur einen niedrigen Baumwuchs, und Quercus robur tritt
zurück, während Fraxinus excelsior dominiert. Die hier wachsenden Hasel-Eschenwälder (F29) sind
wegen des flachgründigen Bodens niedrigwüchsig, vielfach buschförmig und teils lückig. In der
Strauchschicht herrscht Corylus avellana vor. Die Krautschicht ist zwar artenreich, ihr Deckungs-
grad jedoch meist spärlich. Die Einheit weist als bezeichnende Arten Sesleria albicans, Asplenium
trichomanes und Rubus saxatilis auf, daneben auch kalkmeidende Arten wie Hypericum pulchrum,
Teucrium scorodonia und Solidago virgaurea. Die Moosschicht ist dagegen häufig üppig entwickelt
mit wüchsigen Arten wie Eurhynchium striatum, Thamnobryum alopecurum, Thuidium tamarisci-
num, Rhytidiadelphus triquetrus und Neckera complanata sowie den charakteristischen Arten
Tortella tortuosa, Fissidens dubius und Neckera crispa. Verwandte Gesellschaften kommen in
etwas anderer Artenzusammensetzung kleinflächig auch in Großbritannien vor.
In der Burren-Region Westirlands und örtlich auch anderswo in Irland und Großbritannien steht das
Kalkgestein an der Oberfläche an, und die aufliegende Bodenschicht ist hier sehr dünn oder fehlt
ganz. Die Wuchshöhe der Bäume ist demgemäß noch niedriger und beträgt häufig weniger als 8 m.
Buschwälder bilden hier zusammen mit Kalkmagerrasen, Felsheiden, Dornstrauchgesellschaften
(mit Rosa pimpinellifolia, Prunus spinosa, Rhamnus cathartica) und nacktem Fels ein vielgestalti-
ges Mosaik (F30). Bezeichnend für diese Vegetation ist die enge Vergesellschaftung kalkholder und
kalkmeidender Arten sowie das räumliche Zusammentreffen unterschiedlicher Florenelemente.
Dazu gehören Zwergsträucher wie Dryas octopetala, Calluna vulgaris und – in höheren Lagen –
Empetrum nigrum und Arctostaphylos uva-ursi; Gräser wie Sesleria albicans, Carex flacca, Festuca
rubra und Briza media, Kräuter wie Lotus corniculatus, Succisa pratensis, Helianthemum oelan-
dicum subsp. incanum, Antennaria dioica, Geranium sanguineum, Gentiana verna sowie zahlreiche
Orchideen wie Orchis mascula, Anacamptis pyramidalis und Neotinea maculata.
Die Stieleichen-Eschenwälder mit Acer campestre und Mercurialis perennis (F31) sind das britische
Gegenstück zu F28 in Irland. Strukturell ist die Einheit ähnlich ausgebildet, doch weist sie deutliche
floristische Unterschiede auf mit zusätzlichen Arten, die in Irland von Natur aus fehlen. Es sind dies
Tilia cordata, Carpinus betulus, Acer campestre und Ulmus minor in der Baumschicht, Clematis
vitalba und Tamus communis als Kletterpflanzen und Mercurialis perennis in der Krautschicht.
Gegenüber der irischen Einheit treten jedoch Feuchtezeiger und atlantische Arten zurück. Die
Einheit F31 kommt in ganz Großbritannien vor, hat allerdings im Osten und Südosten ihren Ver-
breitungsschwerpunkt. Die Baumschicht wird ebenfalls von Esche und Eiche beherrscht mit
unterschiedlicher Beimischung der oben erwähnten Arten sowie Ulmus glabra. Der eingebürgerte
Acer pseudoplatanus ist besonders im feuchteren Nordwesten stärker vertreten. In der Strauch-
schicht herrscht Hasel vor, begleitet von Acer campestre und Crataegus-Arten; auf trockenen
Standorten gesellen sich Euonymus europaea, Ligustrum vulgare und Cornus sanguinea hinzu.
Rubus fruticosus agg. kann stellenweise zusammen mit Ribes-Arten, Rosa canina s. l. und Lonicera
260
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.2
periclymenum eine dichte untere Strauchschicht bilden. Wie in Einheit F28 ist die Krautschicht sehr
variabel und artenreich; die kennzeichnenden Arten sind hier Mercurialis perennis (oft dominie-
rend), Hyacinthoides non-scripta, Circaea lutetiana, Geum urbanum, Arum maculatum und Viola
reichenbachiana. Weniger häufig, aber ebenfalls charakteristisch sind Lamium galeobdolon, Carex
sylvatica, Sanicula europaea, Adoxa moschatellina, Conopodium majus und Brachypodium sylva-
ticum. Farne und Moose haben nur geringen Anteil, nehmen aber nach Norden und Westen mengen-
mäßig zu. Auf feuchten Böden kann Allium ursinum örtlich dominieren.
Im kühleren und regenreicheren Nordwesten Großbritanniens mit Jahresniederschlägen über
1200 mm wird die Einheit F31 von Fraxinus excelsior-Sorbus aucuparia-Mercurialis perennis-Wäl-
dern abgelöst. Diese besiedeln ständig frische, tonige Braunerden, die sich über Kalksteinen und
kalkreichen Geschieben entwickelt haben. Die Bestände variieren strukturell von Hochwäldern in
geschützten Lagen bis zu Buschwäldern in exponierten Lagen. Sie unterscheiden sich von der Ein-
heit F31 durch das Fehlen wärmebedürftiger Arten wie Tilia cordata, Acer campestre, Rhamnus
cathartica und Euonymus europaea, das seltenere Auftreten von Eichen (Quercus petraea ist hier
häufiger als Q. robur), das häufigere Vorkommen von Betula pubescens (subsp. carpatica im
Norden) und Sorbus aucuparia sowie die Beteiligung nordisch-montaner Elemente wie Trollius
europaeus, Geranium sylvaticum und Cirsium heterophyllum. Sowohl Mercurialis perennis als auch
Hyacinthoides non-scripta sind sehr häufig und vielfach bestandsbildend. Auch Frische- und Feuch-
tigkeitszeiger wie Circaea lutetiana, Brachypodium sylvaticum, Deschampsia cespitosa, Potentilla
sterilis, Conopodium majus, Veronica montana, Oxalis acetosella sowie die Farne Athyrium filix-
femina und Dryopteris filix-mas sind hier regelmäßig zu finden. Moose sind fleckig bis kontinuier-
lich vertreten, unter denen Thuidium tamariscinum, Plagiomnium undulatum, Eurhynchium stria-
tum, E. praelongum vorherrschen. Die Einheit kommt im nordwestenglischen und schottischen
Bergland vorwiegend an kühl-feuchten Talhängen und in Talmulden vor. Wegen der Kleinflächig-
keit ist sie in einer Karte unseres Maßstabs nicht darstellbar und wurde deshalb in die Einheit F32
integriert. Vermutlich kommen ähnliche Gesellschaften auf entsprechenden Standorten auch in
Irland vor.
Die irisch-britisch-normandischen Eschen-Eichenmischwälder (F32) bedecken die größte Fläche
und stellen eine Übergangseinheit zwischen den azidophilen Eichenwäldern und den Eichen-
Eschenmischwäldern dar. Sie kommen auf mäßig basenhaltigen sauren Braunerden mit einem
pH-Wert zwischen 4,5 und 5,5 vor. Es handelt sich um einen weit und großflächig verbreiteten
Waldtyp des Tief- und Hügellandes im südwestlichen, mittleren und nördlichen England, in Wales,
Süd- und Ostschottland, Süd- und Nordostirland sowie kleinflächig an den Küsten der Normandie
und Bretagne. Entsprechend der weiten geographischen Amplitude besitzt die Einheit eine beträcht-
liche Variationsbreite, behält aber ihren Grundcharakter bei. Die Baumschicht, im Schnitt etwa
20 m hoch, wird von Eichen – meist Quercus robur, örtlich und in Irland auch Q. petraea – be-
herrscht. Als Mischbaumarten spielen Birken (Betula pendula, in Irland mehr B. pubescens) und
Esche (Fraxinus excelsior) die Hauptrolle. Der Anteil der Esche hängt von Trophie und Gründigkeit
des Bodens ab, ihre Abundanz nimmt nach Nordwesten hin zu. Der eingebürgerte Bergahorn (Acer
261
Formation F.2 Karte der natürlichen Vegetation Europas
pseudoplatanus) zeigt eine ähnliche Verbreitung, ist aber weniger anspruchsvoll. Weitere Baumar-
ten von untergeordneter bzw. regionaler Bedeutung sind Ulmus glabra, Tilia cordata, Carpinus
betulus, Prunus avium sowie Castanea sativa (in Südostengland eingebürgert). Fagus sylvatica
kommt gelegentlich subspontan vor und kann innerhalb oder am Rande ihres natürlichen Ver-
breitungsgebietes mit Quercus robur in Konkurrenz treten. Ilex aquifolium und Sorbus aucuparia
sind zusammen mit Betula-Arten häufig am Aufbau der zweiten Baumschicht beteiligt, oder sie
kommen zusammen mit Corylus avellana in der Strauchschicht vor. Weitere seltenere Straucharten
sind Crataegus monogyna, C. laevigata, Viburnum opulus, V. lanata und Euonymus europaea.
Rubus fruticosus agg. und Lonicera periclymenum bilden vielfach eine dichte untere Strauchschicht.
Die Krautschicht ist artenreicher und enthält anspruchsvollere Arten als die der bodensauren Eichen-
wälder (F.1), ist jedoch im Vergleich zu anderen Einheiten der Eichen-Eschenmischwälder ärmer
und wird häufig von einer oder zwei Arten dominiert. In Großbritannien werden diese Wälder
aufgrund des Aspektes von Hyacinthoides non-scripta im späten Frühjahr oft als „Bluebell woods“
bezeichnet. Auf frischen Böden ist stattdessen Anemone nemorosa stärker verbreitet. Auf diese
Frühjahrsgeophyten folgt insbesondere im Nordwesten häufig ein Aspekt von Stellaria holostea und
Holcus mollis. Weitere örtlich dominierende Arten der Krautschicht sind Pteridium aquilinum und
Luzula sylvatica. Mit unterschiedlicher Häufigkeit treten Oxalis acetosella, Hedera helix (bodenbe-
deckend und/oder als Kletterpflanze), Farne (insbesondere im Westen: Dryopteris filix-mas, D. dila-
tata, D. affinis subsp. borreri, Athyrium filix-femina) und Gräser (Poa trivialis, Deschampsia cespi-
tosa, örtlich D. flexuosa) auf. Die Moosbedeckung ist normalerweise gering, nimmt aber nach
Westen zu.
262
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.2
sowie Rubia peregrina als Liane unterschieden. Die stärker kontinentale Variante wird durch das
Vorkommen von Acer opalus, Sorbus aria, Lonicera xylosteum und Rhamnus cathartica charakteri-
siert. Die artenreiche Krautschicht weist als diagnostisch wichtige Arten Polystichum setiferum,
Dryopteris affinis, Asplenium scolopendrium, Helleborus viridis subsp. occidentalis, Pulmonaria
affinis, Pulmonaria longifolia (Bastard) auf.
Literatur
AUNE 1973; BELLOT 1966; DÍAZ GONZÁLEZ & FERNÁNDEZ PRIETO 1994a; KELLY & KIRBY 1982;
LOIDI ARREGUI 1996; ØVSTEDAL 1985; PEINADO LORCA & RIVAS-MARTÍNEZ (Ed.) 1987; RAMEAU
1996b; RIVAS-MARTÍNEZ 1987; RODWELL (Ed.) 1991a; TANSLEY 1939.
263
Formation F.3 Karte der natürlichen Vegetation Europas
Geographische Verbreitung
Das Areal der Eichen-Hainbuchenwälder ist sehr ausgedehnt (vgl. Karte 9), sein Zentrum liegt aber
in den subkontinentalen Regionen Mitteleuropas – vorwiegend in Ostdeutschland, Polen, Böhmen/
Mähren und in der Slowakei – sowie in den westlichen Gebieten Weißrußlands und der Ukraine,
ferner in Rumänien und im Nordteil der Balkanhalbinsel. Hier kann dieser Waldtyp als Klimax
gelten; in den westlich gelegenen Gebieten nimmt er immer mehr den Charakter einer standortbe-
dingten Dauergesellschaft an, bis er schließlich in seinen feuchten Ausbildungen zu einem ausge-
sprochen azonalen Typ eines Niederungs- und Auenwaldes wird. Nach Norden reicht der Eichen-
Hainbuchenwald mit isolierten Vorkommen bis ins südlichste Schweden und die südbaltischen
Länder. Im Westen sind Eichen-Hainbuchenwälder noch in Zentral- und Nordwestfrankreich sowie
in den südöstlichen Landstrichen Englands zu finden; allerdings werden sie dort z. T. als anthropo-
gene Ersatzgesellschaften gedeutet.
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Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.3
verteilten Eichen (Quercus robur, Q. petraea) und z. T. Eschen (Fraxinus excelsior) folgen in der
Höhenabstufung Winterlinde (Tilia cordata), Spitzahorn (Acer platanoides), Hainbuche (Carpinus
betulus) und z. T. Feldahorn (Acer campestre). Bei solch gestuftem Aufbau ist das Kronendach des
Eichen-Hainbuchenwaldes meist lückiger als beim gleichmäßig hallenartigen Baumbestand eines
Buchenwaldes und läßt mehr Licht in das Innere des Waldes eindringen. Die Folge ist eine ver-
gleichsweise üppige Entwicklung der Strauchschicht, in der neben dem Jungwuchs der bestands-
bildenden Bäume Corylus avellana, Crataegus spp. und andere Sträucher vertreten sind. Die
Krautschicht ist meist gut entwickelt und setzt sich zu einem großen Teil aus mesophilen sowie
eutraphenten, großblättrigen Stauden und Gräsern zusammen. Besonders für die reicheren Ausbil-
dungen ist ein hoher Anteil an Frühlings-Geophyten bezeichnend. Die Moosschicht ist meist nur
schwach entwickelt und besteht aus wenigen schattenliebenden Laubmoosen.
Von den bestandsbildenden Baumarten kommen nur Quercus robur, Fraxinus excelsior, Carpinus
betulus und Tilia cordata im gesamten Verbreitungsgebiet der Formation vor. Quercus petraea und
Acer campestre haben ein nach Osten eingeschränktes Areal. Fagus sylvatica spielt im Westen und
im submontanen Bereich als Mischbaumart eine bedeutende Rolle. Laubbaumarten wie Acer plata-
noides und A. pseudoplatanus, Fraxinus excelsior und Ulmus spp. treten im gesamten Verbreitungs-
gebiet besonders auf nährstoffreichen Standorten in z. T. bedeutenden Beimengungen auf. Im Süden
und auf extremeren Standorten können sich noch andere Quercus- und Acer-Arten am Aufbau des
Baumbestandes beteiligen. Betula- und Populus-Arten sind nur in bestimmten Sukzessions-, Ent-
wicklungs- und Regenerationsstadien vertreten; allerdings gewinnt die Espe gegen Nordosten auch
in reifen Beständen zunehmend an Bedeutung. Von den Nadelhölzern spielen Fichte (Picea abies)
im Nordosten und Weißtanne (Abies alba) in der submontanen Stufe mancher mitteleuropäischen
Gebirge eine gewisse Rolle als Mischbaumarten. Pinus sylvestris kommt dagegen ausschließlich in
den ärmsten Ausbildungen, und zwar lediglich im Osten, von Natur aus spärlich vor; sonst ist sie nur
in forstwirtschaftlich stärker beeinflußten Beständen vertreten.
Charakteristische Straucharten und Lianen sind: Corylus avellana, Euonymus europaea, Daphne
mezereum, Viburnum opulus, Crataegus monogyna, C. laevigata, Lonicera xylosteum und Hedera
helix. Weitere Straucharten differenzieren geographische, thermophile und feuchte Ausbildungen,
so Lonicera periclymenum und Ilex aquifolium westliche, Euonymus verrucosa östliche und Sorbus
torminalis, Viburnum lantana, Ligustrum vulgare, Berberis vulgaris und Lonicera caprifolium
thermophile bzw. südliche Ausbildungen.
In der Krautschicht stehen neben dem Grundstock an weitverbreiteten meso- bis eutraphenten
Hemikryptophyten und Geophyten (siehe unten) zahlreiche Arten für die geographische (West-Ost-
und Nord-Süd-), etageale und standörtliche (feucht, trocken, thermophil) Differenzierung zur
Verfügung (s. Abschnitt „Gliederung in Untereinheiten“).
265
Formation F.3 Karte der natürlichen Vegetation Europas
besten erforschten Waldgesellschaften Europas; allerdings sind bei den typologischen Randerschei-
nungen und geographischen Ausbildungen noch manche Fragen zu klären. Den Grundstock des
Artenbestandes bilden mesophile und meso- bis eutraphente, meist schattenliebende oder wenig-
stens -ertragende Hemikryptophyten des europäisch- und eurasiatisch-temperaten Arealtypus mit
subozeanischem Verbreitungsschwerpunkt: Viola reichenbachiana, Polygonatum multiflorum, La-
mium galeobdolon, Milium effusum, Anemone nemorosa, Campanula trachelium, Carex sylvatica,
Pulmonaria obscura, P. officinalis, Scrophularia nodosa, Brachypodium sylvaticum, Vinca minor,
Galium odoratum, Poa nemoralis, Paris quadrifolia, Sanicula europaea, Ranunculus ficaria, Adoxa
moschatellina, Arum maculatum, an Feuchtigkeitszeigern: Stachys sylvatica, Circaea lutetiana,
Festuca gigantea, Impatiens noli-tangere, Athyrium filix-femina und Deschampsia cespitosa. In
syntaxonomischer Hinsicht sind es vorwiegend Kennarten der Ordnung Fagetalia und der Klasse
Querco-Fagetea. Als überregionale Kennarten des Verbandes gelten – außer Carpinus betulus –
Prunus avium und Tilia cordata sowie die Krautpflanzen Stellaria holostea, Ranunculus auricomus,
Potentilla sterilis, Dactylis polygama, Festuca heterophylla, Melampyrum nemorosum, Carex
umbrosa und alle Kleinarten der Galium sylvaticum-Gruppe sowie Rosa arvensis; regional können
weitere Sippen als Charakterarten fungieren (zur weiteren Untergliederung siehe Abschnitt „Glie-
derung in Untereinheiten“).
Standorte
Der Eichen-Hainbuchenwald ist für das ostmitteleuropäische Tief- und Hügelland – insbesondere
für deren subkontinental getönte Landschaften – genauso charakteristisch wie der Buchenwald für
die westlichen, ozeanisch-subozeanischen Gebiete Europas. Da die Standortansprüche beider Ge-
sellschaften weitgehend übereinstimmen, stehen sie dort, wo beide vorkommen, zueinander in ei-
nem ökologisch ausgewogenen dynamischen Gleichgewicht. Auf mittleren Standorten ist Fagus
sylvatica als Schattenpflanze den lichtbedürftigen Eichen – und wohl auch der Hainbuche – im Kon-
kurrenzkampf überlegen, so daß der Eichen-Hainbuchenwald dort auf Standorte verdrängt wird, auf
welchen die Rotbuche nicht mehr ihre volle Konkurrenzkraft zu entfalten vermag. Das sind vor
allem grund- oder stauwasserbeeinflußte Böden der Täler und Niederungen sowie Verebnungen als
bevorzugter Wuchsraum des Stieleichen-Hainbuchenwaldes oder von Eschenwäldern. Erst wenn
Fagus sylvatica durch ungünstige Klimaverhältnisse stark behindert oder ganz verdrängt wird, kann
der Eichen-Hainbuchenwald seine volle soziologisch-ökologische Spannweite entfalten, was in den
subkontinentalen, sommerwärmeren Gebieten des östlichen Mitteleuropa der Fall ist.
Die typologische Ausbildung der Eichen-Hainbuchenwälder sowie ihre Rolle im Landschaftsbild
sind also grundverschieden, je nachdem, ob sie als zonaler Vegetationstyp auftreten oder lediglich
eine standortbedingte Dauergesellschaft darstellen.
Makroklimatische Gegebenheiten
Die Klimaverhältnisse im Gebiet der optimalen Entwicklung der Eichen-Hainbuchenwälder sollen
durch einige Klimadiagramme illustriert werden (Abb. 10). Sie entsprechen durchweg dem Typ VI
nach WALTER & LIETH (1967) und lassen ein (kühl)temperates, niederschlagsreiches, im allge-
266
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.3
meinen recht mildes Klima erkennen. Im Vergleich zum Klima der ausgesprochenen Buchengebiete
sind bezeichnende Unterschiede festzustellen: Die Wintertemperaturen liegen etwas tiefer (im Janu-
ar ungefähr um 1,5-3,0 °C), die Sommertemperaturen dagegen höher (im Juli etwa um 1,0-2,5 °C);
die mittlere Jahresamplitude ist somit größer, wenn sie auch den konventionellen Grenzwert des
kontinentalen Klimatypus von 21 °C noch nicht erreicht. Die effektive Temperatursumme in der
Vegetationsperiode ist höher, die Gefährdung durch Spätfröste jedoch bedeutend größer. Die Nie-
derschläge sind gleichmäßig über das ganze Jahr verteilt, jedoch mit deutlichem Maximum im Som-
mer, und die Wasserbilanz ist im Durchschnitt positiv. In unregelmäßigen Abständen treten immer
wieder Jahre mit einer Trockenperiode von einigen Wochen im Frühjahr oder im Sommer auf, und
solche buchenfeindlichen Klimaeigenschaften begünstigen den Eichen-Hainbuchenwald.
Abb. 10: Klimadiagramme von Brüssel (F34), Halle (F57) und Nemirov (F41) (nach WALTER & LIETH 1967).
Edaphische Standortbedingungen
In seinem Optimalbereich umspannt der Eichen-Hainbuchenwald eine weite Amplitude in bezug auf
die Boden- und Wasserverhältnisse. Er kann sowohl auf sauren und schwach podsolierten Sandbö-
den als auch auf neutralen Lehm- und Auenböden sowie auf schwach alkalischen Rendzinen vor-
kommen. In bezug auf den Nährstoffvorrat sind die Standorte des Eichen-Hainbuchenwaldes als
meso- bis eutroph zu bezeichnen. Der Boden kann trocken bis feucht, tief- oder flachgründig, grund-
oder stauwasserbeeinflußt sein; Boden- und Humustyp variieren dementsprechend in weiten
Grenzen.
Die Vorstellung einer extrem weiten ökologischen Spannweite des Eichen-Hainbuchenwaldes ist
aber nur in überregionaler Sicht richtig. Durch die Konkurrenz mit anderen im entsprechenden
Gebiet vorkommenden Gesellschaften ist die reale Amplitude lokal stark eingeengt und von den all-
gemeinen Standortbedingungen des Gebietes abhängig. Der Eichen-Hainbuchenwald nimmt daher
insbesondere in den von Natur aus buchenfreien Gebieten die relativ besten frischen bis feuchten
Waldstandorte ein und steht dort zwischen den oligo-mesotraphenten, azidophilen Eichen- oder
Kiefern-Eichenwäldern und den eutraphenten, feuchten bis nassen Niederungs- und Auenwäldern.
Rolle im Landschaftsgefüge
In seinem Optimalbereich im östlichen Mitteleuropa tritt der Eichen-Hainbuchenwald – seiner
großen standortökologischen Toleranz zufolge – fast mit allen im Gebiet vorkommenden Typen von
Waldgesellschaften in räumlichen Kontakt. Das wird anschaulich in einem schematischen Öko-
267
Formation F.3 Karte der natürlichen Vegetation Europas
gramm für Polen gezeigt (vgl. MATUSZKIEWICZ 1984, Abb. 33, S. 45). Der Eichen-Hainbuchenwald
ist hier in zentraler Position dargestellt und von den im Gebiet zu erwartenden Vegetationseinheiten
umgeben. Zu allen diesen Gesellschaften gibt es gleitende Übergänge.
In seinem zonalen Verbreitungsgebiet zeichnet sich der Eichen-Hainbuchenwald durch hohe Kon-
kurrenzkraft aus und kann sich auch in standörtlich weiten Grenzen gegen andere Gesellschaften
behaupten. Es gibt dementsprechend mehrere Sukzessionsserien, die zu diesem Vegetationstyp als
Endstadium der Entwicklung führen. Auch ist die Zahl der möglichen Ersatzgesellschaften dort
auffallend groß.
Im westlichen Mitteleuropa und in Westeuropa sind die Eichen-Hainbuchenwälder auf feuchten
oder trockenen Sonderstandorten in Buchenwaldgebiete eingebettet, in Südost-Mitteleuropa und
Südosteuropa bilden sie in der Regel eine eigene kollin-submontane Höhenstufe unterhalb der mon-
tanen Buchenwälder, vielfach im Kontakt zu thermophilen Eichenwäldern.
268
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.3
Gliederung in Untereinheiten
Die Gruppe der Eichen-Hainbuchenwälder ist in ihrem floristischen Gefüge stark differenziert und
demzufolge syntaxonomisch in mehrere Untereinheiten gegliedert. Man hat bereits mehr als einhun-
dert einschlägige Gesellschaften beschrieben, ohne damit die Vielfalt der Ausbildungen voll erfaßt
zu haben. Die Eichen-Hainbuchenwälder sind nach den Buchenwäldern ein Musterbeispiel für die
mehrdimensionale Gliederung und Ordnung einer Gesellschaftsgruppe. Als Ordnungsvektoren wir-
ken auch hier regionale, etageale und standörtliche Abwandlungen.
Die durch Standortunterschiede hervorgerufene Differenzierung der Gesellschaften macht sich vor
allem kleinräumig bemerkbar: in bezug auf Nährstoff-, Wasser- und Licht-Wärme-Faktor. Die
beiden erstgenannten Faktoren sind miteinander in hohem Grade korreliert, da mit zunehmender
Feuchtigkeit des Standortes meist auch dessen Trophie steigt, was aber durchaus nicht immer der
Fall ist, denn es gibt sowohl nährstoffarme, bodensaure und zugleich feuchte, wie auch basenreiche
und dabei recht „trockene“ Ausbildungen. Die Typen „warmer“ Standorte bleiben im allgemeinen
auf den trockenen Bereich beschränkt, in bezug auf die Trophie (und den Artenreichtum) können sie
aber sowohl „arm“ als auch „reich“ ausgebildet sein.
Standörtlich lassen sich in der Regel folgende Ausbildungen (u. a. als Subassoziationen) unter-
scheiden:
a) Der mesotraphente, azidotolerante, meist artenarme Eichen-Hainbuchenwald mit floristisch-
ökologischen Beziehungen zu den azidophilen Eichenwäldern (im Westen) oder Kiefern-Eichen-
mischwäldern (im Osten). In seinem floristischen Gefüge spielen genügsame, meist kleinblättrige
Kräuter und Gräser und selbst Zwergsträucher (gelegentlich auch gewisse Bryochamaephyten)
eine nicht unbedeutende Rolle. Seinen Standort bilden nährstoffarme, saure, meist grobkörnige
podsolige Braunerden, Rosterden, Pseudogleye und Gleye in der planaren bis submontanen Stufe,
gelegentlich auch flachgründige Ranker und andere Verwitterungsböden basenarmer Silikat-
gesteine. Der Humus gehört meist zum Moder- oder gar Anmoor/Moder-Typ. Der Wasserhaus-
halt des Bodens reicht von trocken bis feucht bzw. wechselfeucht.
b) Der typische „frische“ eutraphente, krautreiche Eichen-Hainbuchenwald auf tiefgründigen und
grundwasserfernen, meist recht feinkörnigen und biologisch aktiven Braun- und Parabraunerden
mit mullartigem Humus. Als Bodensubstrat kommen meist sandig-lehmige bis lehmige diluviale
und periglaziale Sedimente, lößartige äolische Ablagerungen sowie reife tiefgründige Verwitte-
rungsböden basenreicher Gesteine vor. Dieser Waldtyp steht standortökologisch und z. T. auch
floristisch eutraphenten Tieflagen-Buchenwäldern nahe, so daß in Grenzgebieten oft schwer zu
deutende Übergangsformen vorkommen, welche die räumliche Abgrenzung beider Gesellschaf-
ten erschweren. In bestimmten Gebieten (z. B. im nordöstlichen Mitteleuropa), wo außerhalb des
Buchenareals einige als „Buchenbegleiter“ bekannte Arten (Cardamine bulbifera, Festuca
altissima, Hordelymus europaeus u. a.) vorkommen, gibt es Eichen-Hainbuchen-Phytozönosen,
die strukturell als ein „Buchenwald ohne Buche“ bezeichnet werden könnten.
c) Der „feuchte“ eutraphente und krautreiche Eichen-Hainbuchenwald auf vergleyten Braunerden
oder echten Gley-Böden, zuweilen auch Pseudogleyen, mit mullartigem Humustyp und einem
269
Formation F.3 Karte der natürlichen Vegetation Europas
sowohl durch Niederschlag als auch durch bewegtes Grundwasser bestimmten Wasserhaushalt.
Der Boden ist auch in den oberen Horizonten meist anhaltend frisch bis feucht, nur schwach sau-
er bis neutral und mit Nährstoffen reichlich versorgt. Im floristischen Gefüge überwiegen statt-
liche anspruchsvolle Stauden, darunter auch Farne und breitblättrige Gräser; manche Arten sind
ausgesprochen nitrophil. Zur kennzeichnenden Artenkombination dieser Gesellschaften gehören
u. a. mehrere aus Auenwäldern übergreifende hygrophile Waldpflanzen, welche die ökologisch-
syntaxonomische Verwandtschaft beider Gesellschaftsgruppen anzeigen. Besonders enge Bezie-
hungen zeigt der feuchte Eichen-Hainbuchenwald zu den nässer stehenden Schwarzerlen-Eschen-
wäldern, mit welchen er typologisch und auch räumlich durch gleitende Übergänge verbunden
ist.
d) Besonders markant ist die geophytenreiche Ausbildung des feuchten und frischen Eichen-Hain-
buchenwaldes. Sie ist im gesamten Areal der Gesellschaftsgruppe weit verbreitet und zeichnet
sich durch massenhaftes Auftreten von Frühlingsgeophyten aus, die im Frühjahr – vor der
vollständigen Blattentfaltung im Baumbestand – aspektbestimmende Synusien entwickeln. Zu
den bezeichnenden Arten gehören neben Ranunculus ficaria vor allem Allium ursinum, Gagea-
und Corydalis-Arten, regional auch Leucojum vernum. Im Hochsommer, nachdem die Geophyten
ihren oberirdischen Lebenszyklus bereits abgeschlossen haben, wird der Aspekt durch Hemikryp-
tophyten, meist großblättrige Stauden und Farne, geprägt. Diese Gesellschaft ist an besonders
nährstoffreiche und z. T. feuchte, niemals aber versumpfte Standorte gebunden. Es sind meistens
feinkörnige alluviale Auenböden älterer, höher gelegener Terrassen, welche vom Hochwasser
wohl nie oder nur ausnahmsweise – und dann nur kurzfristig – überflutet werden. Die Bodenre-
aktion ist in den oberen, mullhumusreichen Horizonten meist neutral, in den tieferen Boden-
schichten oft leicht alkalisch. Der Boden ist biologisch überaus aktiv und hochproduktiv. Der
geophytenreiche Eichen-Hainbuchenwald, der auch regional variiert, leitet standortökologisch
und floristisch zu den Alno-Ulmion-Niederungs- und Auenwäldern, namentlich zur Assoziations-
gruppe der Eschen-Ulmenwälder über. In ihm dominiert zuweilen die Esche.
Die geschilderte Gliederung der Eichen-Hainbuchenwälder in edaphisch bedingte Untereinheiten
wiederholt sich in den meisten regionalen Ausbildungen, so daß in verschiedenen Gebieten vikariie-
rende, standortanaloge und floristisch durch gleiche oder doch sehr ähnliche Artengruppen gekenn-
zeichnete Gesellschaften vorkommen.
In flachen, wechselfeuchten, abflußlosen Senken und Mulden findet sich – besonders im mesotro-
phen Bereich – eine artenarme Ausbildung, die sich durch oft massenhaftes Auftreten von Carex
brizoides auszeichnet (F38 p.p. und F56 p.p.). Der Boden ist durch das stauende Niederschlags-
wasser oberflächlich vergleyt und durch Anhäufung von moderartigem Humus meist mehr oder
weniger stark versauert. Die Gesellschaft gehört zur „feuchten“ Gruppe und ist über das gesamte
östliche Areal der Eichen-Hainbuchenwälder kleinflächig verstreut. Syntaxonomisch, und auch im
Landschaftsgefüge, leitet sie zu feuchten Ausbildungen der azidophilen Eichen- oder Kiefern-
Eichenwälder über.
270
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.3
Thermophile Ausbildungen mit licht- und wärmebedüftigen Arten sind dagegen kleinklimatisch
bedingt und kommen vorwiegend auf südexponierten, trockenen Hängen vor – bevorzugt in kollin-
submontanen Lagen. Der Boden ist meist flachgründig und skelettreich, nie ausgesprochen sauer,
braucht aber nicht unbedingt karbonathaltig zu sein. Im gewöhnlich etwas aufgelockerten Baum-
bestand herrscht in der Regel Quercus petraea, im Unterstand mit Acer campestre, Tilia cordata
und Sorbus torminalis; in der gut entwickelten Strauchschicht sind neben Corylus avellana meist
Rhamnus, Cornus, Crataegus spp. und z. T. Ligustrum vulgare vorhanden. Die je nach Gebiet
floristisch abweichend ausgebildeten Gesellschaften dieser Gruppe repräsentieren den allmählichen
Übergang der Eichen-Hainbuchenwälder zu den thermophilen Eichenwäldern der Quercetalia
pubescenti-petraeae-Ordnung (F52, F53, F59, F64).
Außer den hier erwähnten, in verschiedenen Ausbildungen im gesamten Areal wiederkehrenden
Standorttypen gibt es mehrere regional oder etageal verbreitete Einheiten.
Im Vergleich zur großen edaphisch bedingten Variabilität der Eichen-Hainbuchenwälder ist diese
bezüglich der Höhenformen relativ gering. Der vertikale Verbreitungsbereich dieser Gesellschaften
erstreckt sich nur vom Tiefland bis in die submontane Stufe, wo sie den Buchenwäldern dynamisch-
ökologisch noch die Waage halten können. Diese submontane Stufe fängt in Mitteleuropa etwa bei
300 m ü. NN an und reicht bis etwa 700 m ü. NN im Süden. Die entsprechende Höhenform leitet in
der Regel zu den nach oben anschließenden Buchenwäldern über. Sie ist durch Berglandpflanzen
wie Senecio ovatus, Sambucus racemosa, Prenanthes purpurea und Polygonatum verticillatum
differenziert sowie durch regelmäßige Beimischung von Fagus sylvatica, örtlich auch Abies alba
und Picea abies, gekennzeichnet (F42b, F56).
Nicht so eindeutig lassen sich die kollinen Formen von den planaren abtrennen. Zuweilen werden –
wie auch im Aufbau unserer Legende – die beiden Eichenarten zur Abgrenzung benutzt, indem die
vorwiegend kollin-submontanen Traubeneichen-Hainbuchenwälder den planaren mit herrschender
Stieleiche gegenübergestellt werden. Dies trifft so nur für bestimmte Gebiete, vor allem für die west-
mitteleuropäischen Landschaften zu, und ist dort auch eher standortökologisch als höhenklimatisch
zu erklären. Unter atlantisch-subatlantischen Klimaverhältnissen ist nämlich die Buche, und somit
auch der Buchenwald, schon in der planaren Stufe auf mittleren Standorten dem Eichen-Hainbu-
chenwald überlegen, so daß letzterer auf buchenfeindliche, grund- oder stauwasserbeeinflußte Täler
und Niederungen ausweicht; solche Standorte sind aber nur für die Stiel- und nicht für die Trau-
beneiche zugänglich. Im subkontinentalen zentralen und östlichen Mitteleuropa ist die Trennung
nicht mehr so eindeutig und die Traubeneiche in beiden Höhenformen vertreten, wenn auch nicht in
gleichem Maße. Noch weiter östlich (Nordostpolen, Weißrußland, Ukraine) ist die Stieleiche areal-
geographisch die einzige Eichenart und erscheint in allen Höhenformen des Eichen-Hainbuchen-
waldes als die gesellschaftsbestimmende Baumart. Daraus folgt allerdings nicht, daß die Abgren-
zung der planaren von den kollinen Höhenformen der Gesellschaft nicht möglich wäre, nur sind die
floristisch trennenden Merkmale für jedes Teilgebiet gesondert herauszuarbeiten.
271
Formation F.3 Karte der natürlichen Vegetation Europas
Wegen des sehr ausgedehnten Areals ist der Eichen-Hainbuchenwald auch geographisch sehr varia-
bel; es lassen sich demnach mehrere Gebietsassoziationen und geographische Rassen unterschei-
den. Das weitgefaßte „Querceto-Carpinetum medioeuropaeum“ von R. TÜXEN (1937) und manchen
älteren Autoren umfaßt alle Ausbildungen in der temperaten Zone von Frankreich bis zur Ostgrenze
der Eichen-Hainbuchenwälder bei Kiew bzw. im Kaukasus. OBERDORFER (1957) hat die Unhand-
lichkeit dieses Begriffes richtig erkannt und die Auffassung der mitteleuropäischen Eichen-Hain-
buchenwälder als einer Gruppe vikariierender Gebietsassoziationen (und deren Rassen) überzeugend
begründet. Die von OBERDORFER (1957) und NOIRFALISE (1968) vorgeschlagenen Einheiten sind
folgende:
– Endymio-Carpinetum: atlantisch, in Westeuropa (Südengland, Nordfrankreich, Belgien,
Niederlande) (F34);
– Stellario-Carpinetum: subatlantisch, in niederschlagsreichen und sommerkühlen Gebieten des
nordwest-mitteleuropäischen Tieflandes (F35-F39, z. T. auch F45);
– Galio sylvatici-Carpinetum: gemäßigt kontinental, in sommerwärmeren und sommertrocke-
nen Gebieten der südwestlichen und zentralen Teile Mitteleuropas (F50-F58);
– Tilio-Carpinetum: subkontinental im östlichen Teil Mitteleuropas und in Südosteuropa
(F40-F44, F61, F62).
Diesen Vorschlag haben dann vornehmlich die tschechischen und polnischen Autoren weiterent-
wickelt. Wir verweisen hier auf die voneinander unabhängigen, doch weitgehend analogen, syn-
thetischen Übersichten (NEUHÄUSL 1981; W. & A. MATUSZKIEWICZ 1985).
Die regionale Gliederung der Einheiten ist in diesem Fall vorwiegend klimatisch bedingt und folgt dem Ozeani-
täts/Kontinentalitäts-Gefälle von West nach Ost. Ein überzeugendes Beispiel bringt die von DEGÓRSKI (1985) publizierte
Karte des Kontinentalitäts-Indexes für das mitteleuropäische Tief- und Hügelland. Aufgrund von über 200 Gebietstabellen
der mittleren Ausbildungen von Carpineten von Nordfrankreich bis nach Ostpolen sind für die entsprechenden Lokalitäten
die Kontinentalitätswerte (K-Index) nach ELLENBERG et al. (1992) berechnet sowie kartographisch interpoliert und dargestellt
worden. Die stufenweise Zunahme der Kontinentalität in östlicher Richtung, ausgedrückt durch die Veränderung des
floristischen Gefüges der Eichen-Hainbuchenwälder, tritt hier klar zutage.
Eine von der mitteleuropäischen deutlich abweichende Gruppe stellen die Eichen-Hainbuchenwäl-
der des illyrisch-balkanischen, subpannonischen und westeuxinischen Raumes dar. Ihre Sonder-
stellung verdanken diese Gesellschaften z. T. dem bedeutend günstigeren, warmtemperierten Klima,
vorwiegend aber dem in dynamisch-genetischer Hinsicht besonderen Entwicklungsgang der Flora
und Vegetation dieser Regionen. Durch die pleistozäne Vereisung nicht wesentlich gestört, hat sich
nämlich die Pflanzenwelt dort – im Gegensatz zu Mitteleuropa – direkt aus der arkto-tertiären Flora
weiterentwickeln können und ist infolgedessen bedeutend arten- und formenreicher. Auch haben
sich die ökologisch-soziologischen Beziehungen der Pflanzenarten zueinander und zum Standort
vollkommener anpassen und abstimmen können. Die vegetationskundlichen Verhältnisse sind hier
folglich weit komplizierter als in Mitteleuropa.
In floristischer Hinsicht ist die „illyrische“ Assoziationsgruppe (Kartierungseinheiten F65, F66) von
der „mitteleuropäischen“ durch einen mächtigen Block geographischer Trennarten unterschieden.
HORVAT I. (1958) nennt die folgenden (nach abnehmendem Stetigkeitsgrad geordnet):
272
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.3
Inwieweit die als Querco-Carpinetum moesiacum („serbicum“) aus Ostserbien, Nordbulgarien und
anderen Donauländern angegebenen Gesellschaften (F67, F68, F69) gleichfalls zur Gruppe der illy-
rischen Eichen-Hainbuchenwälder zu rechnen sind oder eine eigene regionale Assoziationsgruppe
darstellen, läßt sich zur Zeit nicht mit Sicherheit entscheiden.
273
Formation F.3 Karte der natürlichen Vegetation Europas
Unklar ist noch immer die syntaxonomische Lage der Eichen-Hainbuchenwälder des podolisch-mol-
dauischen Raumes, und zwar mangels ausreichend zahlreicher und räumlich gleichmäßig verteilter
Vegetationsaufnahmen und methodisch einwandfrei erarbeiteter Lokal- und Regionaltabellen. Die
aus Westpodolien bekanntgewordenen und als Querco-Carpinetum podolicum von SZAFER (1935)
beschriebenen Gesellschaften lassen sich unschwer dem subkontinentalen Winterlinden-Eichen-
Hainbuchenwald (Tilio-Carpinetum) des östlichen Mitteleuropa zuordnen, und zwar seiner auch in
Südostpolen vorkommenden regionalen Wolynien-Rasse. Wie weit nach Osten und Südosten sich
das Areal dieser Rasse erstreckt, ist zur Zeit noch unbekannt. Es ist sehr wahrscheinlich, daß die aus
polnischer Sicht aufgestellte Diagnose einer Wolynien-Rasse lediglich einer Randausbildung der in
der Südukraine, Moldavien und angrenzenden rumänischen Landschaften vorkommenden Gesell-
schaft (F44) entspricht. Bezeichnend ist das Vorkommen mehrerer Eichenarten (neben den beiden
bekannten Arten noch besondere Kleinsippen wie Quercus dalechampii, Q. polycarpa u. a.); als
weitere Trennarten könnten Arten wie Tilia tomentosa, Viburnum lantana und einige balkanische
Krautpflanzen in Frage kommen. Es ist zu vermuten, daß diese Gesellschaft eine eigene Gebiets-
assoziation oder sogar eine regionale Assoziationsgruppe – typologisch zwischen den mitteleuropäi-
schen und illyrisch-balkanischen Eichen-Hainbuchenwäldern stehend – darstellen dürfte. Spezielle
Untersuchungen sind in diesem Fall ebenso notwendig wie erfolgversprechend (vgl. F63, F64).
Die oben skizzierte, strukturell-vegetationskundlich begründete Gliederung der Eichen-Hainbuchen-
wälder stimmt nur bedingt mit dem notwendigerweise etwas schematischen Aufbau unserer Karten-
legende überein. Insbesondere ist die Trennung in zwei Hauptgruppen nach den beiden Eichenarten
kaum streng etageal zu deuten. Es gibt sowohl planare Traubeneichen- wie kollin-submontane
Stieleichen-Hainbuchenwälder. Die Trennung ist vielmehr teils edaphisch teils klimatisch und nicht
zuletzt wohl auch historisch bedingt.
274
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.3
Literatur
DONIÚ{ et al. 1992; HORVAT I. 1958; HORVAT, GLAVA & ELLENBERG 1974; ELLENBERG 1996;
IVAN et al. 1993; MATUSZKIEWICZ 1984; MATUSZKIEWICZ W. & A. 1985; NEUHÄUSL 1981;
NEUHÄUSLOVÁ 2001b; NOIRFALISE 1968; OBERDORFER 1957.
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Formation F.4 Karte der natürlichen Vegetation Europas
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Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.4
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Formation F.4 Karte der natürlichen Vegetation Europas
Eine Moosschicht fehlt oder ist nur fleckenhaft ausgebildet. Moose wachsen bevorzugt auf nackter,
feuchter Bodenoberfläche, auf Baumstümpfen und an Baumfüßen. Epiphytische Moose sind dage-
gen recht häufig und zahlreich. Die wichtigsten Vertreter sind Plagiomnium cuspidatum, P. rostra-
tum, P. affine, Brachythecium velutinum, B. salebrosum, B. rutabulum, Atrichum undulatum sowie
Arten der Gattungen Eurhynchium und Thuidium.
Vegetationsgeschichte, Pflanzengeographie
Die aktuelle floristische Zusammensetzung und die Struktur der Linden-Eichenwälder entwickelten
sich überwiegend im mittleren Holozän (vor 8000 bis 2500 Jahren). Die Laubwälder der russischen
Tiefebene entstanden vornehmlich durch Einwanderung von Arten aus Südosteuropa, den östlichen
Karpaten und der Podolischen Platte. Infolge ansteigender klimatischer Kontinentalität nehmen die
europäischen nemoralen Arten nach Osten hin stetig ab, und nur ein Teil dieser Arten erreicht den
Westabfall des Uralgebirges.
Das pflanzengeographische Spektrum der Flora der osteuropäischen Laubwälder zwischen Karpaten
und Ural ist je nach Region unterschiedlich. Insgesamt überwiegen Arten der mitteleuropäischen
Florenregion (ca. 30 %), der Anteil submediterraner und borealer Arten ist deutlich geringer (11 %
bzw. 10 %) und eurasische sowie südsibirische Arten sind mit 7 % bzw. 6 % vertreten (SMIRNOVA
1994, WALTER 1974).
Die Beteiligung mitteleuropäischer Arten beschränkt sich weitgehend auf die westlichen Regionen.
Eine bedeutende pflanzengeographische Grenze stellt die Wolga dar, in deren Nähe viele mittel-
europäisch-nemorale Arten ausklingen. So ist die Esche eine wichtige Mischbaumart im Bereich der
Mittelrussischen Platte und reicht an West- und Nordhängen gerade bis zur Wolga. Auch viele ande-
re Gehölze und Kräuter haben ihre östliche Verbreitungsgrenze an der Wolga oder bereits westlich
davon: Acer campestre, Ulmus minor, Cornus sanguinea, Lamium galeobdolon, Vicia cassubica,
Pulmonaria angustifolia. Andererseits überqueren südsibirische Waldarten teilweise die Wolga nach
Westen und reichen sogar bis zur Mittelrussischen Platte (Pulmonaria dacica, Carex pediformis
subsp. rhizodes, Cimicifuga europaea, Bupleurum longifolium subsp. aureum, Crepis sibirica, Ara-
bis pendula). In den Laubwäldern des Südlichen Ural und seiner Vorberge kommen wiederum ne-
morale endemische Arten wie Lathyrus litvinovii, Knautia tatarica und Cicerbita uralensis bzw.
südsibirische Arten wie Pleurospermum uralense vor (GORAKOVSKIJ 1968). Typische sarmatische
Arten mit Hauptverbreitung im Gebiet der osteuropäischen Laubmischwälder sind Ranunculus
cassubicus, Pulmonaria angustifolia, Omphalodes scorpioides, Corydalis cava subsp. marschallia-
na und Viola tanaitica.
Die floristische Vielfalt der Linden-Eichenwälder nimmt von Norden nach Süden und von Osten nach Westen zu. Die
mittelrussischen Lindenwälder bei Tula (Tulskije Zasseki) enthalten z. B. 127 Gefäßpflanzenarten, die vorwolgischen
Lindenwälder zwischen Zigulevsk und Saratov 103 Arten, die voruralischen Linden-Eichenwälder 100 Arten und die
Lindenwälder im westlichen Vorgebirge des Südural 82 Arten (SMIRNOVA 1994).
278
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.4
Makroklimatische Gegebenheiten
Die Verbreitung der Winterlinden-Stieleichenwälder steht in enger Beziehung zu temperatem Klima
mit subkontinentaler Ausprägung (Klimatyp VI-VIII und VI-VII nach WALTER et al. 1975). Die
Ausbildung mesophiler Laubwälder ist von ausreichenden Niederschlägen in der Vegetationsperiode
abhängig. Innerhalb des Areals der osteuropäischen Laubwälder besteht zusätzlich ein Klimagefälle,
wobei der kontinentale Klimacharakter von Westen nach Osten und von Norden nach Süden deut-
lich zunimmt.
Im Norden wird die Verbreitungsgrenze der reinen Laubwälder durch niedrige Temperaturen im
Jahresmittel und Winter bestimmt, durch welche die Wettbewerbsfähigkeit mit Nadelbäumen beein-
trächtigt wird. Im Süden der russischen Tiefebene bilden die geringen Niederschläge während der
Vegetationsperiode den begrenzenden Faktor. An der Waldgrenze in den Gebirgen (Ural) werden
die Laubbäume auch durch starke und häufige Winde im Wachstum gehemmt.
Standortbedingungen
Die osteuropäischen Linden-Stieleichenwälder sind vorwiegend an frische und nährstoffreiche
Böden gebunden und bevorzugen humusreiche, gut durchlüftete Lehme. Sie kommen meist auf
Hellgrauen bis Dunkelgrauen oder Braunen Waldböden vor, meiden sandige Substrate und fehlen
auf oligotrophen Standorten. Am Rand ihres ökologischen Spektrums besiedeln sie auch lessivierte
Schwarzerden, podsolierte Gebirgsböden, Roterden und Gleye sowie flachgründige Kalksteinböden
und sogar schwach salzhaltige Böden. Das Bodenprofil unter Laubwäldern ist meist gut entwickelt
und tiefgründig.
Von Eichen dominierte Wälder sind meist auf trockenen, nährstoffärmeren Böden anzutreffen, wo-
hingegen Eschenmischwälder vornehmlich auf nährstoffreichen und feuchten Böden gedeihen. Die
Laubwälder im Transwolga-Hügelland kommen vielfach auf skelettreichen, flachgründigen Grauen
Waldböden und auf Rendzinen, im Gebirge auch auf Gesteinsschuttböden mit geringerem Feinerde-
anteil vor.
279
Formation F.4 Karte der natürlichen Vegetation Europas
Verschlammen und regulieren den Wasserhaushalt. Bei einer jährlichen Transpirationsrate von 300
bis 600 mm leisten sie einen erheblichen Beitrag zum Wasserkreislauf im Gebiet der russischen
Tiefebene. Sie schwächen die negativen Auswirkungen trockener Winde ab und mildern die Tempe-
raturextreme.
Im mittelrussischen und vorwolgischen Hügelland kommen als Kontaktgesellschaften reine Kiefern-
wälder und Linden-Eichen-Kiefernwälder auf fluvialen Sandablagerungen vor.
280
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.4
subsp. rhizodes von Osten her über die Wolga bis zum Mittelrussischen Hügelland verbreitet.
Die Laubwälder des Vorwolga-Hügellandes (unmittelbar westlich der Wolga) sind bereits stark
verarmt an mitteleuropäisch-nemoralen Arten, dafür sind jedoch noch Elemente der submediterra-
nen Florenregion vertreten (Laser trilobum, Melica picta). Die Flora der südlichen Eichenwälder
wird hier durch südsibirische Arten (Bupleurum longifolium subsp. aureum, Carex macroura,
Geranium pseudosibiricum) sowie durch Steppenpflanzen (Coronilla varia, Filipendula vulgaris)
ergänzt.
Den Laubwäldern des Transwolga-Gebietes (östlich der Wolga) fehlen noch mehr mitteleuropäisch-
nemorale Arten; sie sind dafür aber um weitere südsibirische Arten bereichert (Cornus alba, Cratae-
gus sanguinea, Lonicera tatarica), ferner durch südsibirische Steppensträucher (Prunus tenella,
Caragana frutex, Spiraea crenata). Die Laubwälder des Südlichen Ural und seiner westlichen
Vorberge haben wiederum eine eigene Artengarnitur. Uralische nemorale Endemiten (Lathyrus
litvinovii, Knautia tatarica, Cicerbita uralensis) und Arten mit isolierten Vorposten auf der Krim
und im Kaukasus (Scutellaria altissima) kommen hier neben eurasisch borealen Arten vor.
Bei den Laubwäldern werden nach den dominierenden Baumarten zwei Haupttypen unterschieden:
Eichen- und Eichenmischwälder sowie Lindenwälder. Von Stieleiche dominierte Wälder kommen
vor allem im Süden der Laubwaldzone innerhalb der Waldsteppen- und Steppenzone an Steilhängen
und in Schluchten vor, Lindenwälder eher in ebenen Lagen. Zumeist sind Laubwälder mit vorherr-
schender Linde im Transwolga-Hügelland und in den westlichen Vorbergen des Südural verbreitet.
Die Winterlinden-Stieleichenmischwälder wurden nach ökologisch-pflanzengeographischen Ge-
sichtspunkten von West nach Ost, von Nord nach Süd und nach Höhenstufen gegliedert.
281
Formation F.4 Karte der natürlichen Vegetation Europas
bleiben auf basenreiche Böden mit guter Wasserversorgung beschränkt. In der unteren Baum- und
Strauchschicht kommen hier Acer campestre, Corylus avellana und Lonicera xylosteum vor, in der
Krautschicht spielen Aegopodium podagraria, Lamium galeobdolon, Ranunculus cassubicus und
Frühlingsgeophyten eine wichtige Rolle.
282
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.4
Melica picta vor, auf Südhängen Dactylis glomerata und Poa angustifolia. Außerdem gibt es
lichte Eichenwälder mit vorherrschenden Steppenpflanzen wie Festuca valesiaca, Koeleria
macrantha, Stipa pennata und S. lessingiana im Unterwuchs.
d) Eichenmischwälder mit Kiefer (Pinus sylvestris) besiedeln nährstoffarme Sandböden auf alten
Flußterrassen und stehen oft im Kontakt zu Kiefernwäldern. Typisch für diese bodensauren
Eichenmischwälder ist die Beteiligung von Betula pendula und Sorbus aucuparia in der Baum-
schicht, Genista tinctoria und Chamaecytisus ruthenicus in der Strauchschicht sowie die Domi-
nanz von Pteridium aquilinum in der Krautschicht.
283
Formation F.4 Karte der natürlichen Vegetation Europas
Ihre Höhenverbreitung reicht von (250) 350 bis 850 (1040) m Meereshöhe. In der Baumschicht sind
Quercus robur, Tilia cordata und Acer platanoides am wichtigsten, während Ulmus glabra und
U. laevis mehr oder weniger regelmäßig beigemischt sind und normalerweise nicht zur Dominanz
gelangen. Mischbestände sind für den Bereich des edaphischen und klimatischen Optimums der
Laubbaumarten im Südural typisch, da hier keine Art in der Konkurrenz begünstigt ist. An den
Rändern der ökologischen Amplitude der Einheit können jedoch einzelne Baumarten – Stieleiche
oder Winterlinde, seltener Spitzahorn – zur Vorherrschaft gelangen. Eichen-Linden- und Lindenwäl-
der bleiben auf Hochlagen und Nordhänge von tief eingeschnittenen Tälern beschränkt, während
Südhänge meist von Eichenwäldern eingenommen werden. Im unteren Bereich der Vorberge sind
Ulmen-Linden- und Ulmen-Spitzahornwälder weit verbreitet; örtlich dominiert hier Ulmus glabra.
Auch in jungen Waldbeständen, die sich z. B. in Lichtungen oder auf Schlägen entwickeln, herrscht
manchmal Ulmus glabra. Auf Waldrodungen und Brandflächen treten Betula pendula und Populus
tremula als Pioniere auf, und in der unteren Baumschicht ist dann nicht selten auch Salix caprea
anzutreffen.
Die Strauchschicht wird im wesentlichen von nemoral-borealen und Waldsteppenarten gebildet:
Prunus padus, Sorbus aucuparia, Lonicera tatarica, L. altaica, Frangula alnus, Rosa majalis,
Caragana frutex, Prunus fruticosa, Cotoneaster niger; nemorale Sträucher wie Corylus avellana,
Lonicera xylosteum, Rhamnus cathartica, Viburnum opulus, Euonymus verrucosa sind seltener und
spielen keine größere Rolle.
An ihrer östlichen Arealgrenze beherbergen die sommergrünen Breitlaubwälder in der Kraut-
schicht nur eine verarmte Garnitur europäischer nemoraler Arten wie Dryopteris filix-mas, Galium
odoratum, Viola mirabilis, Pulmonaria obscura, Asarum europaeum, Stachys sylvatica, Carex pilo-
sa, Bromus benekenii, Festuca altissima, Actaea spicata, Poa nemoralis, Geranium robertianum,
Ajuga reptans, Urtica dioica. Diese nemoralen Arten spielen jedoch nur eine untergeordnete Rolle,
und es dominieren typische Pflanzen borealer Wälder: Calamagrostis arundinacea, Pteridium aqui-
linum, Bupleurum longifolium subsp. aureum, Aconitum lycoctonum subsp. lycoctonum, Crepis
sibirica u. a. In der Krautschicht kommen außerdem Frühlingsgeophyten vor: Anemone altaica,
A. ranunculoides, Corydalis solida, Gagea lutea und Ranunculus ficaria. Auf feuchteren Böden
finden sich Hochstauden wie Aconitum lycoctonum subsp. lycoctonum, Knautia tatarica, Cacalia
hastata und Cephalorrhynchus tuberosus.
Die Moosschicht ist in der Regel schwach entwickelt. Moose wie Brachythecium salebrosum,
Plagiomnium cuspidatum, Rhizomnium punctatum, Neckera pennata, Pylaisia polyantha, Hylocomi-
um pyrenaicum, Pseudoleskeella nervosa, Leucodon sciuroides, Paraleucobryum longifolium wach-
sen vorwiegend auf moderndem Holz und an Stammfüßen.
In den unteren Hanglagen und westlichen Vorbergen des Südural dominieren Lindenmischwälder
mit vorherrschender Tilia cordata und beigemischter Bergulme (Ulmus glabra) (F73). Sie sind dicht
geschlossen, relativ artenarm und haben nur eine spärliche Strauchschicht. An Südhängen kommen
thermophile Ausbildungen mit Calamagrostis arundinacea, Lathyrus vernus, Tanacetum corymbo-
sum, Phlomis tuberosa, Solidago virgaurea und Pleurospermum uralense vor (GORAKOVSKIJ
284
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.4
Literatur
GORAKOVSKIJ 1968, 1972; GRIBOVA, ISAENKO & LAVRENKO (Red.) 1980; IGOŠINA 1964;
KURNAEV 1973; LAVRENKO & SOAVA (Red.) 1956; OGUREEVA 1991; PAVLOV 1948b; SAFRONO-
VA, YURKOVSKAYA, MIKLYAEVA &, OGUREEVA 1999; SMIRNOVA (Ed.) 1994; TSEPLYAEV 1965;
WALTER 1974.
285
Formation F.5 Karte der natürlichen Vegetation Europas
Geographische Verbreitung
Rotbuchenwälder bilden die flächenmäßig vorherrschende zonale oder Klimax-Vegetation im ozea-
nisch beeinflußten West- und Mitteleuropa sowie in der montanen Stufe der südeuropäischen Gebir-
ge (vgl. Karte 10). Ihr natürliches Verbreitungsgebiet erstreckt sich von Südnorwegen (Oslo-Fjord,
286
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.5
ca. 59/ nördl. Breite)1 bis Sizilien (Ätna, Nebroden, Madonie, ca. 38/ nördl. Breite) und von Südeng-
land, der Bretagne und dem Kantabrischen Gebirge (ca. 7/ westl. Länge) im Westen bzw. Südwesten
bis nach Nordostpolen (Ermland), bis zur Moldau östlich der Karpaten, zur Halbinsel Krim (Jaila-
gebirge), zum Balkangebirge, den Rhodopen und dem Pindos (Mittelgriechenland, ca. 39/ nördl.
Breite) im Südosten Europas.
Im Nordteil des Areals reichen die Rotbuchenwälder nahezu flächendeckend in das Tiefland bis zur
Meeresküste und sparen hier nur wenige zu feuchte, sehr nährstoffarme oder flachgründige und
trockene Gebiete aus. Im Süden, namentlich im Mittelmeergebiet, bleiben sie dagegen auf die Hoch-
lagen der Gebirge beschränkt, wo der gemäßigten Zone entsprechende kühl-feuchte bzw. klimatisch
ausgeglichenere Bedingungen herrschen. Dort kommen sie vorwiegend in Höhenlagen zwischen 700
und 1900 m ü. NN vor. Im westlichen Mitteleuropa, ihrem Hauptverbreitungsgebiet, nehmen sie die
„Normalstandorte“ in allen Höhenlagen vom Tiefland bis in die montan-hochmontane Stufe ein (vgl.
Karte 10).
1
Die nördlichsten Vorkommen an der Westküste bei Bergen sind künstlich begründet.
287
Formation F.5 Karte der natürlichen Vegetation Europas
Lichtdurchlässigkeit zwar lückig, aber oft sehr artenreich. Die Krautschicht besteht in der Hauptsa-
che aus sommer- und wintergrünen Hemikryptophyten und Geophyten, die sich vor allem vegetativ
durch Ausläufer, Rhizome und Brutknollen oder -zwiebeln vermehren und ausbreiten.
Bodenmoose spielen wegen der dichten und schwer zersetzlichen Buchenstreu kaum eine Rolle, am
ehesten an Stammfüßen, wo das Laub durch das an den Buchenstämmen ablaufende Regenwasser
abgeschwemmt und der Boden versauert ist, oder an ausgehagerten Stellen, wo das Laub ständig
weggeweht wird.
Typisch für die winterkahlen und im Sommer dunkelschattigen Buchenwälder ist der jahreszeitliche
Entwicklungsrhythmus, der insbesondere auf basenreicheren Standorten in der Krautschicht stark
ausgeprägt und differenziert ist. DIERSCHKE (1982b, 1995, 2000a) unterscheidet z. B. in meso-
eutraphenten Buchenwäldern Mitteleuropas 9 Blühphasen und insgesamt 11 Phänophasen, die er
nach den jeweils kennzeichnenden Gehölz- und Krautarten benennt. Besonders charakteristisch und
allgemein bekannt sind die Vorfrühlings- und Frühlingsblühaspekte der Geophyten (Leucojum ver-
num, Corydalis spp., Anemone spp., Adoxa moschatellina, Gagea lutea, Ranunculus ficaria) und
Hemikryptophyten (Hepatica nobilis, Primula elatior, P. veris, Pulmonaria officinalis, P. obscura,
Viola reichenbachiana). Vor und während der Laubentfaltung der Buche gibt es ferner einen Gold-
nessel (Lamium galeobdolon)- und Waldmeister (Galium odoratum)-Aspekt sowie die Perlgras
(Melica uniflora)-Phase zum Frühlingsende bzw. zu Beginn des Frühsommers. Im Sommer kommen
dann die schattenertragenden Gräser (Dactylis polygama, Festuca altissima, Hordelymus europaeus,
Brachypodium sylvaticum, Bromus benekenii), Kräuter (Stachys sylvatica, Campanula trachelium,
Circaea lutetiana, Prenanthes purpurea, Salvia glutinosa) und Farne (Athyrium filix-femina, Dryop-
teris filix-mas, D. dilatata, Gymnocarpium dryopteris) voll zur Entfaltung. Den Jahresabschluß
bilden die Phasen des herbstlichen Laubfalls und der Winterruhe (vgl. auch LAUSI & PIGNATTI
1973).
Wuchsleistung und -formen der Buche variieren stark mit den Standortsgegebenheiten: Wuchshöhen
bis über 40 m und besonders gerade Schaftformen erreicht die Buche auf tiefgründigen und frischen
Böden in den Tief- und Mittellagen (planar-kolline bis submontane Höhenstufe), mit zunehmender
Meereshöhe geht die Wuchsleistung der Buche zurück und sie bildet an der oberen Buchenwald-
grenze vielfach nur mehr buschförmige Bestände. Geringe Wuchsleistung und schlechtere Wuchs-
formen mit Krummschäftigkeit und tiefer Beastung entwickelt die Buche vor allem auf Grenzstand-
orten im nährstoffarmen und stark staufeuchten sowie im trockenen, flachgründigen Bereich.
Im natürlichen Verbreitungsgebiet von Tanne (Abies alba) und Fichte (Picea abies) wird in monta-
nen Lagen der Mittel- und Hochgebirge die Buche im Mischbestand vielfach von den Nadelbäumen
überragt, die hier 40-50 m Höhe erreichen können.
288
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.5
– die artenarmen, oligo- bis mesotraphenten Buchen- und Buchenmischwälder (F.5.1) und
– die artenreichen, eu- und eu-mesotraphenten Buchen- und Buchenmischwälder (F.5.2).
Erstere kommen auf stark sauren, basenarmen Silikat-, Lehm- und Sandböden mit Moder- bis
Rohhumusauflage vor und beherbergen nur wenige azidophile bzw. säuretolerante Zwergstrauch-,
Kraut- und Moosarten. Ihr Artenspektrum variiert innerhalb des Gesamtareals relativ wenig, aber es
werden trotzdem 29 Kartierungseinheiten unterschieden.
Die zweite Gruppe ist durch basen- und nährstoffreichere Böden aus Silikat- und Karbonatgesteinen,
Lößlehm, Mergel oder Jungmoränen, meist mit Mullhumus, und dementsprechend anspruchsvollere
Baum-, Strauch- und Krautarten gekennzeichnet. Die insgesamt große Artenzahl, das breite Stand-
ortspektrum und die unterschiedliche Verbreitung haben eine große Vielfalt an Gesellschaften und
Ausbildungen zur Folge, weshalb hier auch die Zahl der Kartierungseinheiten mit insgesamt 57
bedeutend größer ist.
Die weitere Untergliederung dieser beiden Hauptgruppen erfolgt zunächst nach Höhenstufen:
planar(-kollin), kollin-submontan, montan-hochmontan, hochmontan, die dann weiter in geographi-
sche Ausbildungen (Regionalgesellschaften, Rassen) und diese wiederum in standörtliche (edaphi-
sche, lokalklimatische) Einheiten differenziert werden (vgl. auch Abschnitt „Gliederung in Unter-
einheiten“ sowie Karten 10-12).
Die kennzeichnende Artengarnitur der bodensauren artenarmen Buchenwälder besteht aus weit-
verbreiteten azidophilen bis säuretoleranten (und schattenertragenden) Waldarten, die in keiner
Weise für Buchenwälder spezifisch sind, sondern in allen möglichen Laub- und Nadelwaldgesell-
schaften vorkommen.
In der Baumschicht treten als Mischbaumarten in den tieferen bzw. wärmeren Lagen vor allem
Eichen auf: vorwiegend Quercus petraea, seltener Quercus robur, im Südwesten auch Quercus
pyrenaica, vereinzelt ferner die im westlichen und südlichen Arealteil eingebürgerte Eßkastanie
(Castanea sativa). Im mittleren und östlichen Balkan wird die Rotbuche vielerorts von der Mösi-
schen Buche (Fagus sylvatica subsp. moesiaca) abgelöst.
In montanen Lagen gesellt sich zur Buche des öfteren Acer pseudoplatanus, im Balkan auch Acer
heldreichii; in den südlichen und östlichen Mittel- und Hochgebirgen gehören Abies alba und z. T.
auch Picea abies zu den natürlichen Begleitern der Buche; nach oben werden diese Mischwälder
vielfach von hochmontanen bis subalpinen Fichtenwäldern abgelöst.
Die artenarmen bodensauren Buchenwälder beherbergen in Deutschland als dem Hauptverbrei-
tungsgebiet dieses Typs in allen Ausbildungsformen zusammen insgesamt etwa 80 Arten an häufige-
ren Gefäßpflanzen und Moosen. Am stetesten sind Säurezeiger bzw. Arten, die ihren Verbreitungs-
schwerpunkt in bodensauren Wäldern haben. Besonders kennzeichnend und nahezu im gesamten
Areal vertreten sind folgende Kräuter, Zwergsträucher und Moose: Deschampsia flexuosa, Carex
pilulifera, Agrostis capillaris, Dryopteris carthusiana, Oxalis acetosella, Maianthemum bifolium,
Vaccinium myrtillus, Luzula pilosa, L. luzuloides (vorwiegend im Bergland) und Veronica officina-
lis, unter den Moosen Polytrichum formosum, Dicranella heteromalla, Dicranum scoparinum, Mni-
um hornum, Atrichum undulatum und Hypnum cupressiforme.
289
Formation F.5 Karte der natürlichen Vegetation Europas
Differentialarten der Tieflagen und wärmeren Gebiete sind Melampyrum pratense, Lathyrus lini-
folius, im atlantisch-subatlantischen Bereich ferner Lonicera periclymenum, Ilex aquifolium, Teu-
crium scorodonia und Hypericum pulchrum, im zentraleuropäischen Gebiet Calamagrostis arundi-
nacea und Carex umbrosa, auf feuchten Standorten ferner Carex brizoides.
Ihren Schwerpunkt im Bergland haben säuretolerante Arten wie Dryopteris dilatata, Festuca altis-
sima, Prenanthes purpurea, Luzula luzuloides, L. sylvatica, Senecio ovatus und S. nemorensis agg.;
ausgesprochen montane Krautarten sind Polygonatum verticillatum, Calamagrostis villosa, Homogy-
ne alpina und Rumex arifolius sowie das Moos Paraleucobryum longifolium.
Für die geographische Differenzierung eignen sich neben den oben erwähnten folgende Pflanzen:
Ruscus aculeatus, Hyacinthoides non-scripta und epiphytische Moose für den atlantischen Bereich;
Euphorbia angulata, Saxifraga hirsuta, S. spathularis, Euphorbia hyberna und Luzula sylvatica
subsp. henriquesii für die ozeanisch geprägten Gebiete Südwesteuropas (Zentralmassiv, Vorpyrenä-
en und Kantabrisches Gebirge); Luzula nivea und L. pedemontana für Insubrien und Piemont;
Festuca drymeja für Illyrien (vgl. Karte 11).
Von den anspruchsvolleren Krautarten, die aus den artenreichen Buchenwäldern der zweiten
Gruppe übergreifen und jeweils die reicheren Ausbildungen der azidophilen Buchenwälder kenn-
zeichnen, sind am häufigsten Anemone nemorosa, Poa nemoralis, Milium effusum, Dryopteris filix-
mas, Scrophularia nodosa, Carex sylvatica und Lamium galeobdolon anzutreffen.
Staufeuchte Ausbildungen bodensaurer Buchenwälder werden durch Athyrium filix-femina, De-
schampsia cespitosa, Carex remota, Juncus effusus, Equisetum sylvaticum, Agrostis canina, Holcus
mollis und Stellaria nemorum, im Ostteil auch durch Carex brizoides differenziert.
Die artenreichen, eu- und eu-mesotraphenten Buchenwälder weisen in allen Schichten an-
spruchsvollere Pflanzenarten auf, am zahlreichsten jedoch in der Krautschicht. In der Baumschicht
kommen als anspruchsvollere Mischbaumarten in höheren Lagen und im Übergang zu Feucht- und
Blockwäldern Fraxinus excelsior, Acer pseudoplatanus, A. platanoides und Ulmus glabra vor, in
den tieferen und wärmeren Lagen ferner – vorwiegend im Unterstand – Carpinus betulus und Tilia
cordata. Abies alba und Picea abies sind in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet im montan-
hochmontanen Bereich gleichermaßen auf basenarmen wie -reichen Standorten vertreten. In thermo-
philen Ausbildungen, wo die Vitalität der Buche durch periodische Trockenheit reduziert ist, können
zusätzlich Sorbus torminalis, S. aria und Acer campestre (meist in der 2. Baumschicht) beigemischt
sein. In bestimmten Gebieten – vor allem auf Kalkstandorten im Westen des Areals – kommt Taxus
baccata im Unterstand vor. Im zentralen Gebiet der Balkanhalbinsel wird die Rotbuche auch auf
basenreichen Standorten vielfach von der Mösischen Buche (Fagus sylvatica subsp. moesiaca)
abgelöst oder bildet mit dieser Mischbestände. Im südlichen Teil der Balkanhalbinsel (Nordgriechen-
land, Mazedonien) wird Abies alba in den montanen Tannen-Buchenwäldern durch A. borisii-regis
ersetzt.
Die Strauchschicht, die auch bei den artenreichen Buchenwäldern in geschlossenen Beständen nur
spärlich entwickelt ist, weist ebenfalls anspruchsvollere Gehölzarten auf: am häufigsten Daphne
mezereum und Lonicera xylosteum, seltener Crataegus laevigata, Viburnum opulus, Corylus
avellana, in thermophilen Ausbildungen überdies Crataegus monogyna, Cornus sanguinea, Rosa
290
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.5
arvensis, R. canina agg., Viburnum lantana, Prunus spinosa und Ligustrum vulgare.
Für die geographische Differenzierung eignen sich Ilex aquifolium (im Westen und Süden), Daphne
laureola und Buxus sempervirens (im Südwesten und Süden in thermophilen und submediterranen
Ausbildungen) sowie Lonicera alpigena, L. nigra und Rosa pendulina für den Bereich der Alpen,
Dinariden und Karpaten.
Unter den Lianen ist Hedera helix in der Feldschicht weit verbreitet und für Tieflagengesellschaften
kennzeichnend. Die Krautschicht der artenreichen Buchenwälder setzt sich vor allem aus meso- bis
eutraphenten krautigen Waldpflanzen (Hemikryptophyten und Geophyten) zusammen, die in der
temperaten und submeridionalen Zone Europas weit verbreitet sind. Diese lassen sich hinsichtlich
ihrer Nährstoffansprüche nochmals in 2-3 Gruppen aufteilen.
Den Grundbestand bilden meso- bis eutraphente und hinsichtlich des Wasserhaushalts mesophile
sowie schattenertragende Waldarten (sog. Frischezeiger), die als Fagetalia- und Querco-Fagetea-
Arten gelten und relativ weit in den bodensauren Bereich übergreifen. Am stetesten sind Anemone
nemorosa, Dryopteris filix-mas, Poa nemoralis, Milium effusum, Carex sylvatica, Galium odoratum,
Lamium galeobdolon, Scrophularia nodosa und Viola reichenbachiana.
Die Gruppe der anspruchsvolleren, eutraphenten und steten Krautarten umfaßt Melica uniflora,
Hordelymus europaeus, Cardamine bulbifera, Mercurialis perennis, Polygonatum multiflorum,
Bromus benekenii, Brachypodium sylvaticum, Sanicula europaea, Actaea spicata, Pulmonaria
officinalis, P. obscura, Paris quadrifolia, Lathyrus vernus, Asarum europaeum und Lilium martagon
(letztere vorwiegend im Mittel- und Ostteil des Buchenwaldareals).
Zu den hinsichtlich Nährstoff- und Basenversorgung anspruchsvollsten Arten zählen vor allem
Geophyten wie Anemone ranunculoides, Arum maculatum, Allium ursinum, Adoxa moschatellina,
Corydalis cava, C. solida und Ranunculus ficaria, ferner z. T. nitrophile Hemikryptophyten wie
Aegopodium podagraria, Stachys sylvatica, Geum urbanum, Veronica montana, Euphorbia amygda-
loides, Hepatica nobilis, Ranunculus lanuginosus und Viola mirabilis.
Als Trennarten für die Tieflagen-Buchenwälder Mitteleuropas eignen sich Stellaria holostea,
Dactylis polygama, Campanula trachelium, Hedera helix, Neottia nidus-avis sowie Melica nutans,
Carex digitata, C. umbrosa, Galium sylvaticum und Vicia sepium.
Differentialarten für die montanen Ausbildungen (Höhenformen) sind vor allem Polygonatum
verticillatum, Senecio ovatus, Prenanthes purpurea und Stellaria nemorum.
Als Trennarten für den hochmontanen Bereich gelten in Mitteleuropa Ranunculus platanifolius,
Cicerbita alpina, Petasites albus, Athyrium distentifolium, Geranium sylvaticum und Senecio
nemorensis agg. Dazu kommen in den Alpen und angrenzenden Gebirgen Adenostyles alliariae,
Veratrum album, Saxifraga rotundifolia, Viola biflora, Luzula luzulina, Astrantia major und
Polystichum lonchitis.
Feuchte Ausbildungen werden je nach Trophiestufe durch Deschampsia cespitosa, Carex remota
und Athyrium filix-femina im ärmeren Bereich oder durch Stachys sylvatica, Circaea lutetiana,
Festuca gigantea, Impatiens noli-tangere und Aegopodium podagraria im reichen Flügel gekenn-
zeichnet. Trennarten ärmerer, bodensaurer Ausbildungen sind Luzula luzuloides, L. sylvatica,
291
Formation F.5 Karte der natürlichen Vegetation Europas
Deschampsia flexuosa, Poa chaixii, Calamagrostis arundinacea, Hieracium murorum und Solidago
virgaurea.
Thermophile Buchenwälder zählen zu den artenreichsten Buchenwaldgesellschaften und variieren
je nach Gebiet und Höhenlage stark in der Artenzusammensetzung. Allen gemeinsam ist das
Zurücktreten mesophiler Arten und die mehr oder weniger starke Beteiligung thermophiler bzw.
trockenheitsresistenter Arten. Die häufigsten und kennzeichnenden thermophilen bzw. xerophyti-
schen Arten sind Cephalanthera damasonium, C. rubra, Carex montana, C. flacca, C. alba (nur
gebietsweise), Campanula persicifolia, C. rapunculoides, Vincetoxicum hirundinaria, Tanacetum
corymbosum, Polygonatum odoratum, Sesleria albicans, Anthericum ramosum, Primula veris,
Brachypodium pinnatum, Epipactis atrorubens und E. microphylla, gebietsweise ferner Melittis
melissophyllum, Laserpitium latifolium, Calamagrostis varia, Polygala chamaebuxus und Carduus
defloratus.
Die artenreichen Buchenwälder sind zusätzlich zu den bereits genannten Arten auch geographisch
durch regionale Kenn- und Trennarten differenziert (vgl. Karte 12). Aufgrund dieser regional
verbreiteten Arten wurden von vielen Autoren regionale Unterverbände des Fagion sylvaticae
ausgeschieden. Nähere Ausführungen hierzu finden sich im folgenden und im letzten Abschnitt
„Gliederung in Untereinheiten“.
292
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.5
293
Formation F.5 Karte der natürlichen Vegetation Europas
Wegen der erheblichen floristischen Unterschiede werden die Buchenwaldeinheiten in der Legende
der Vegetationskarte Europas im ersten Schritt in artenarme bodensaure (azidophile) – entsprechend
dem Luzulo-Fagion bzw. Deschampsio flexuosae-Fagion – und in artenreiche, mehr oder weniger
basiphile Gesellschaften – entsprechend dem früheren Eu-Fagion (heute: Fagion sylvaticae) –
aufgeteilt. Die zweite Stufe der Untergliederung erfolgt nach Höhenstufen und erst die dritte in
pflanzengeographisch und standörtlich (Feuchte- und Wärmestufen) definierte Kartierungseinheiten.
Eine unabhängig von den Höhenstufen und sonstigen Standortsmerkmalen vorgenommene geogra-
phische Zusammenfassung der Kartierungseinheiten für die beiden Hauptgruppen wird in den Karten
11 und 12 wiedergegeben.
Die nachfolgende Gliederung hebt vor allem auf die standortsökologische (arm/reich;
mesophil/thermophil) und pflanzengeographische Unterteilung ab, während die Höhenstufenglie-
derung hier weniger zum tragen kommt. Von den Buchenwald-Assoziationen bzw. -Gesellschaften
werden nur die wichtigsten angegeben, da ihre Gesamtzahl erheblich ist. Detailliertere Angaben
hierzu finden sich in den Datenbögen zu den KE. Eine Zuordnung der KE zu den Syntaxa (Unter-
verbände, Assoziationen) wurde nur soweit vorgenommen wie machbar und sinnvoll. Die KE
enthalten nämlich vielfach mehrere Gesellschaften und manche sind nicht eindeutig bestimmten
Assoziationen zuzuordnen.
Da die syntaxonomische Gliederung und Zuordnung der Gesellschaften bei den einzelnen Autoren
regionaler und nationaler Übersichten z. T. deutlich voneinander abweichen (die beste Überein-
stimmung liegt noch bei der Benennung und Fassung der einzelnen Waldgesellschaften), erhebt auch
die hier vorgelegte Klassifizierung keinen Anspruch auf allgemeine Gültigkeit und Akzeptanz.
Besonders deutlich sind die Abweichungen bei der Einstufung der artenarmen bodensauren (Ei-
chen-)Buchenwälder des Tief- und Hügellandes. Von einigen Autoren werden sie insgesamt den
bodensauren Eichenwäldern (Quercetalia roboris), von anderen nur die des ärmsten Flügels, und
von wieder anderen werden sie insgesamt den Fagetalia zugeordnet. Dies ändert jedoch nichts an
ihrer generellen Zugehörigkeit zu den buchendominierten Wäldern und ist in erster Linie ein
floristisch-soziologisches (syntaxonomisches) Problem.
Während sich in Mitteleuropa inzwischen bezüglich der Verbände, Unterverbände und Assoziatio-
nen ein ziemlich grobes Gliederungsschema durchgesetzt hat (vgl. DIERSCHKE 2000b, BfN 2000),
geht die Aufteilung in Unterverbände und Assoziationen in anderen Regionen (z. B. SW- und vor
allem SO-Europa) wegen der dort gegebenen größeren floristischen Reichhaltigkeit und anderen
Sichtweise viel weiter.
Die zahlreichen für die Übersicht ausgewerteten Unterlagen und Veröffentlichungen sind am Schluß
des Kapitels F.5 zusammengestellt.
Der ärmste Flügel der bodensauren Tieflagen-Buchenwälder, das sogenannte „Fago-Quercetum“ bzw. die ärmsten Aus-
bildungen des Deschampsio flexuosae-Fagetum und des Luzulo-Fagetum werden wegen des Vorherrschens azidophiler Arten
in der Krautschicht, des Fehlens anspruchsvollerer und verbindender Fagetalia-Arten und der regelmäßigen Beteiligung
azidotoleranter Eichen (Quercus petraea, Q. robur, im Süden auch Q. pyrenaica, Q. cerris) von den meisten Autoren
inzwischen zu den bodensauren Eichenwäldern (Quercetalia roboris) gestellt.
Schwierigkeiten bereitet dies allerdings für das gesamte und besonders das „montane“ Luzulo-Fagion, das in allen Höhen-
stufen auch reichere Ausbildungen umfaßt und in den Hochlagen keine Eichen und Eichenwaldarten mehr enthält und dort
294
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.5
295
Formation F.5 Karte der natürlichen Vegetation Europas
296
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.5
Makroklimatische Gegebenheiten
Das natürliche Verbreitungsgebiet der Rotbuchenwälder deckt sich in groben Zügen mit dem des
Klimatyps VI „typisches gemäßigtes Klima“ nach WALTER et al. (1975) (vgl. Kapitel 2.2 und Karte
3). Dieser Klimatyp ist durch relativ kurze, nicht sehr kalte, z. T. schneereiche Winter, warme, nicht
sehr heiße Sommer und mehr oder weniger gleichmäßig über das Jahr verteilte Niederschläge (über
600 mm) gekennzeichnet. Im Norden und Nordosten grenzt der hemiboreale Klimatyp VIII - VI an,
im Südosten das kontinentale Waldsteppen- und Steppenklima (Typ VII). Nur im Südwesten, Süden
und Südosten des Gesamtareals gibt es Übergänge zum warmtemperierten (Klimatyp V) und sub-
mediterran-mediterranen Klima (Typ IV). Deshalb ist die Buchenwaldstufe dort auf die kühl-
humiden Gebirgslagen beschränkt. Von West nach Ost weist das gemäßigte Buchenwaldklima ein
deutliches Ozeanitätsgefälle mit zunehmender Temperaturamplitude auf, von Nord nach Süd
nehmen die Sommerwärme und -trockenheit zu. Das Spektrum der mittleren jährlichen Nieder-
schläge reicht von ca. 500 mm bis 2000 (3000) mm, das der mittleren Jahrestemperaturen von
(2) 3 °C (in den höchsten Gebirgslagen) bis 12 (13) °C im Südwesten und Süden. In Tabelle 14 sind
einige markante Klimawerte von Stationen nahe den Außen- und Höhengrenzen des Rotbuchenwald-
Areals zusammengestellt. Es handelt sich um die Vorposten in Südskandinavien, Nordost- und
Südostpolen, der Westukraine, Ostrumänien, im Ostbalkan, Süditalien und Sizilien, Zentral- und
Nordspanien, Süd- und Westfrankreich sowie Südengland; in Mitteleuropa wurden Grenzlagen zu
den Trockengebieten und Höhengrenzen erfaßt.
Die Klimadiagramme der ausgewählten Stationen (vgl. WALTER & LIETH 1967) zeigen im Norden,
Osten und Südosten in der Niederschlagsverteilung ausgesprochene Sommermaxima, wobei die
Niederschlagshöhen nach Osten und Südosten deutlich abnehmen (Minimum nahe 500 mm), aber im
Sommer noch keine ausgeprägte Trockenzeit auftritt. Im Westen und Süden dagegen liegen die
297
Formation F.5 Karte der natürlichen Vegetation Europas
Tab. 14: Klimatische Charakteristik der Außenränder und von Höhengrenzen des Buchenwaldareals
in Europa (nach WALTER & LIETH 1967).
Land/Gebiet Höhe mittl. jährl. mittl. tgl. absolutes mittl. jährl. Klimatyp
Nr./Station m ü. NN Temperatur Minimum Minimum Niederschlag
/C Januar /C /C mm
S-Skandinavien
224/Ramnes/ 223/Oslo (N) 26/94 6,0/5,4 /-6,3 /-26,4 900/736 VI (VIII)
118/Hals (DK) 3 7,2 -3,0 -25,3 556 VI 2
84/Kristianstad (S) 6 7,5 -3,6 -27,8 550 VI 2
NO-Polen
194/Heilsberg 87 6,6 -6,0 -33,6 634 VI (VIII)
75/Marienburg 14 7,3 -5,3 -33,7 535 VI 2
72/Neu Hammerstein 11 7,0 -5,2 -27,2 648 VI 2
SO-Polen
52/Radom 161 7,9 -25,4 522 VI 1
47/Lublin 197 7,5 521 VI 1
45/Cholm 188 7,4 -25,4 565 VI 1
W-Ukraine
31/Lvov 225 7,7 680 VI 1
32/Dublany 255 7,5 650 VI 1
67/Ozydov 239 7,9 591 VI (VII) 1
O-Rumänien
102/Dorohoi 178 8,2 577 VI 2a
194/Vaslui 120 9,2 535 VI (VII)
195/Jassy 100 9,6 526 VI (VII)
O-Balkan
107/Gabrovo 375 10,0 884 VI 2a
211/Petrohan 1400 4,4 -22,5 1133 X
212/Sitniakowo 1740 3,7 915 X
S-Italien, Sizilien
245/Potenza 826 11,6 0,4 -16,0 752 IV 5 (X)
378/Montevergine 1270 8,3 -2,5 2302 X
380/Floresta (Sizilien) 1250 10,8 1467 X
Ätna, Casa Cantoniera 1) 1880 7,5 978 X
N-/Zentral-Spanien
149/Viella (Pyren.) 970 9,2 -16,0 873 X
146/Manurga (Kantab.) 700 11,1 -12,5 1229 X
127/Cabañas (Kantab.) 850 9,1 -22,0 772 IV (VI)
150/Majalcarro 1330 9,0 -14,1 910 X
S-Frankreich
184/Bagnères de Bigorre (Pyren.) 567 11,3 0,2 -15,0 1383 V (VI)
391/Lacaune 800 9,0 1,3 -18,2 1374 X (IV)
395/Rodez 603 10,4 0,6 -17,9 780 X (VI)
SW-Alpenrand
421/Mont Ventoux 1912 2,1 -7,6 -24,3 1228 X (IV)
422/Thoronc 1250 8,5 -2,8 1078 X (IV)
W-Frankreich
102/Lezay (Charente) 125 11,6 0,9 966 V2
103/Limoges 253 11,3 0,1 -25,8 907 V2
156/Trappes (westl. Paris) 168 10,2 0,4 585 V (IV) 2
151/Angers 68 11,8 1,7 -12,5 621 V (IV) 2
146/Lorient (Bretagne) 24 12,0 3,5 -10,0 851 V (IV) 2
197/Quimper 40 11,4 2,7 -11,5 1004 VI (V) 2
198/Mur de Bretagne 85 10,9 2,0 875 VI (V) 2
139/Cherbourg 8 11,3 4,4 -10,0 955 V (IV) 2
298
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.5
Land/Gebiet Höhe mittl. jährl. mittl. tgl. absolutes mittl. jährl. Klimatyp
Nr./Station m ü. NN Temperatur Minimum Minimum Niederschlag
/C Januar /C /C mm
S-England
36/Cardiff 62 10,1 2,3 -16,7 1043 V (VI) 2
94/Oxford 63 10,1 1,1 -15,5 652 VI 1 (IV)
120/Ross-on-Wye 67 9,9 2,2 -19,5 708 VI 1b
111/Cambridge 14 9,8 0,6 -17,2 551 VI 1a
114/Lympne 114 9,6 1,7 -16,0 687 VI 1b
M-Europa-Trockengebiete
152/Alzey 204 8,9 537 VI 5b
56/Colmar 188 10,8 502 VI 1 (VII)
59/Halle 94 9,1 -2,6 -27,1 502 VI 2 (VII)
36/Praha 199 9,2 490 VI (VII) 2
29/Brno 246 8,4 528 VI (VII) 1
M-Europa-Mittelgebirge
519/Kahler Asten (Rothaar-G.) 848 4,8 (-5,3) (-23,6) 1438 VI (X) a
524/Wasserkuppe (Rhön) 925 4,4 (-6,0) (-25,5) 1076 VI (X) a
639/Brocken (Harz) 1150 2,4 -7,1 -26,0 1624 VI (X) a
640/Fichtelberg (Erzgeb.) 1220 2,9 -8,5 -29,5 1109 VI (X) b
645/Feldberg (Schw.) 1494 2,9 -7,0 -27,7 1929 VI X c
593/Todtnauberg (Schw.) 1030 5,8 -5,1 -22,2 1821 VI (X) c
601/Böttingen (Schw.Alb) 908 5,4 -7,1 -30,6 986 VI (X) d
644/Glatzer Schneeberg (Sudeten) 1215 2,4 -8,1 -24,6 1182 VI (X) b
1
) aus POLI (1965)
Die arealbegrenzenden Faktoren für die Buche und den Buchenwald sind einerseits thermischer,
andererseits hygrischer Natur: Das thermische Optimum für die Rotbuche und den Buchenwald in
Europa liegt bei einem Januarmittel von -1 °C und einem Julimittel von 18 °C (HUNTLEY et al.
1989). Begrenzende Faktoren sind die geringe Frosttoleranz und damit Kälteempfindlichkeit der
Buche, die bei einem Temperaturmittel des kältesten Monats (Januar) von ca. -4 °C und absoluten
Minima von -30 °C liegt. Diese Grenzwerte sind ausschlaggebend für die Verbreitungsgrenze nach
Norden, Osten und in die Höhe. Die Vegetationsperiode (mit Monatsmittel $ 10 °C) beträgt minde-
stens 5 Monate, wobei der wärmste Monat (Juli) ein Mittel zwischen 16 und 22 °C aufweist (Opti-
mum bei 18 °C). Die gesamte Spanne der Mitteltemperaturen des wärmsten Monats beträgt dagegen
10-15 °C in den Gebirgen und 20-25 °C in den südlichen Arealteilen (Korsika, Mittelitalien,
Griechenland, Bulgarien).
Vorteilhaft für die Buche sind ferner ganzjährig humide Verhältnisse. Das Niederschlagsoptimum
liegt in Europa bei 1200 mm/Jahr, während das Minimum etwa 500 mm beträgt. Besonders empfind-
lich ist die Buche gegen längere Trockenperioden während der Vegetationszeit, die ihr Areal nach
Süden und Südosten begrenzen (HUNTLEY et al. 1989, SCHROEDER 1998).
Entscheidende Klimaparameter für die Begrenzung des Areals der Rotbuchenwälder in Europa
dürften somit im Norden die Winterkälte (absolute Minima unter -30 °C) und die kürzere Vegeta-
tionsperiode (unter 5 Monate) sein, im Osten Winterkälte, Spätfröste und Sommertrockenheit (Jah-
resniederschläge unter 500 mm) und im Süden die ausgeprägte Sommertrockenheit (über 2 Monate).
Die Arealgrenze im Westen zu den hyperozeanischen Gebieten (z. B. Irland, Westkantabrien) ist
schwerer zu begründen. Sie könnte durch die dortigen ausgeglichenen Temperaturen (weithin
fehlende Fröste), niedrigen Sommertemperaturen und ständig hohe Luftfeuchtigkeit in Verbindung
mit stark sauren Böden bedingt sein. Da in Irland aber gepflanzte Buchen gut gedeihen und sich
spontan verjüngen, könnte es auch sein, daß die Buche hier ihre potentielle westliche Arealgrenze
wegen der natürlichen Wanderungsbarrieren und wegen der frühen Waldrodung durch den Men-
299
Formation F.5 Karte der natürlichen Vegetation Europas
schen nicht eigenständig erreicht hat (DIERSCHKE 1982a, MITCHELL 1995, 2000, SCHROEDER 1998).
Die Höhengrenze des Buchenwaldes in den Mittel- und Hochgebirgen, die von Norden nach Süden
kontinuierlich zunimmt (Harz: ca. 900 m; Schwarzwald/Vogesen: 1400 m; Alpen: 1400-1700 m;
Apennin: 1800 m; Sizilien: 1900 m; Griechenland: 1900 mm), dürfte wie die Nordgrenze ebenfalls
durch niedrige Wintertemperaturen (Januarmittel -2 bis -4 °C), niedrige Jahresmittel (2-4 °C) und
eine verkürzte Vegetationsperiode bedingt sein (DAHL 1980, MAYER 1984).
Standortbedingungen
Die Buchenwälder besiedeln im gesamten Verbreitungsgebiet vorwiegend die flächenmäßig vorherr-
schenden „Normalstandorte“, d. h. frische (bis mäßig trockene), gut dränierte und mehr oder weniger
tiefgründige Böden, während auf extremeren – feuchten bis nassen, trockenen, flachgründigen bis
felsigen oder blockreichen – Standorten in der Regel andere Baumarten zur Dominanz gelangen.
Das Trophiespektrum der Böden reicht von oligo- bis eutroph, die Bodenreaktion von stark sauer bis
schwach alkalisch, der Wasserhaushalt von mäßig feucht bzw. staufeucht bis mäßig trocken.
Trocken-warme Standorte – insbesondere auf Kalksteinböden – gehören somit auch zu den Rand-
bereichen und Sonderstandorten buchendominierter Waldgesellschaften. Im vorwiegend durch das
Klima bestimmten Rotbuchenareal gibt es kaum Böden, die für die Entwicklung von Buchenwäldern
zu nährstoffarm und/oder zu sauer wären.
Standörtlich extremere Wuchsplätze besiedeln Buchenwälder vor allem dort, wo sie sich im klimati-
schen Optimum befinden: im subatlantischen Bereich und in den niederschlagsreichen Gebirgslagen,
wo andere, sonst konkurrierende Baumarten zurücktreten oder ganz ausfallen.
Wie bereits in den Abschnitten „Floristische Zusammensetzung“ und „Syntaxa“ mitgeteilt, richtet
sich die Hauptgliederung der Buchenwälder nach der Bodentrophie: Aufteilung in artenarme,
bodensaure oligo- bis mesotraphente und in artenreiche, eu- und eu-mesotraphente Buchenwälder
einschließlich der thermophilen Kalkbuchenwälder.
Die Ausgangsmaterialien der Böden reichen von Lockersedimenten (Sand, Schluff, Lehm, Mergel)
über verschiedenste Silikatgesteine (Sandstein, Tonschiefer, Grauwacke, Granit, Gneis, Basalt und
andere Vulkanite) bis zu Karbonatgesteinen (Dolomit, Kalkstein).
Die Bodentypen sind vorwiegend Braunerden und Parabraunerden unterschiedlicher Sättigung,
ferner Rendzinen, Pararendzinen, Braunlehme (Terra fusca), verbraunte Rendzinen, Kolluvien,
örtlich auch Pseudogleye und Übergänge zu Rankern oder Podsolen (Cambisols, Luvisols, Lepto-
sols, Planosols, Podzols).
Nach den Böden, ihrer Humusform und den Ausgangsgesteinen werden Moder-Buchenwälder
(Luzulo-Fagion), Braunmull-Buchenwälder (z. B. Galio-Fagetum), Frische Kalkbuchenwälder (z. B.
Hordelymo-Fagetum) und thermophile Kalkbuchenwälder (z. B. Carici-Fagetum) unterschieden.
Unter den Silikat-Buchenwäldern gibt es „arme“ bodensaure (Deschampsio-Fagetum, Luzulo-
Fagetum) und „reiche“ bodensaure Buchenwald-Gesellschaften (Galio-Fagetum, Dentario-Fage-
tum).
Die einzelnen Buchenwald-Gesellschaften kommen in zahlreichen, vor allem edaphisch, z. T. auch
lokalklimatisch bedingten Ausbildungsformen vor, von denen aber nur die größerflächigen „feuch-
300
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.5
Rolle im Landschaftsgefüge
Rotbuchenwälder bilden im westlichen Mitteleuropa und in großen Teilen Westeuropas die klimazo-
nale Vegetation und nehmen hier alle Lagen von der planaren bis zur (hoch)montanen Höhenstufe
ein. Demgemäß treten sie hier von Natur aus mit fast allen azonalen und extrazonalen Gesellschaften
auf Sonderstandorten in Kontakt und bilden mit diesen landschafts- bzw. naturraumspezifische
Komplexe. Im feuchten bis nassen Standortsbereich sind dies – je nach Bodentrophie – unter-
schiedliche Feucht- und Naßwälder des Quercion robori-petraeae, Carpinon betuli, Alno-Ulmion
und Alnion glutinosae, im trockenen bis felsigen Bereich und auf Blockschutthalden handelt es sich
um xerophytische und thermophile Waldgesellschaften des Quercion robori-petraeae, Carpinion
betuli, Quercion pubescenti-petraeae sowie um Edellaubholzwälder des Tilio-Acerion. In den
Hochlagen der südlichen und östlichen Mittelgebirge (Schwarzwald, Harz, Thüringer Wald, Erz-
gebirge, Böhmerwald, Sudeten) sowie der Alpen, Karpaten und Dinariden schließen nach oben von
Natur aus Nadelwälder (vorwiegend aus Picea abies) an die Buchenwaldstufe an und formen die
obere Waldgrenze.
Zu den meisten Kontaktgesellschaften gibt es Übergangsformen, in denen die Rotbuche (Fagus
sylvatica) noch einen höheren Anteil am Bestandesaufbau hat. In den südostmitteleuropäischen,
südost- und südeuropäischen Ausläufern des Buchenwaldareals, die klimatisch trockener, kontinen-
taler und z. T. wärmer (submediterran) sind, ziehen sich die Buchenwälder auf klimatisch günstigere
(humidere) und niederschlagsreichere Höhenstufen und Expositionen zurück. Hier nehmen trocken-
heitsresistentere Waldgesellschaften die unteren Lagen und Südhänge ein: im Osten vor allem
Eichen-Hainbuchenwälder (Carpinion betuli), z. T. auch bodensaure Eichenwälder (Quercion
robori-petraeae), im Südosten, Süden und Südwesten sommergrüne thermophile Eichenmischwälder
(Quercion pubescenti-petraeae, Aceri tatarici-Quercion, Orno-Ostryon u. a.).
In der submediterranen und mediterranen Klimazone (Nordwestspanien, Südfrankreich, Korsika,
Apennin, Sizilien, Albanien, Nordgriechenland, Krim) bilden Buchenwälder in Form von Busch-
wäldern vielfach die obere Waldgrenze.
Die von Buchenwäldern dominierten Vegetationskomplexe der einzelnen Kartierungseinheiten un-
terscheiden sich im Gesellschafts- und Arteninventar je nach Gebiet und Landschaft z. T. erheblich.
In besonderem Maße gilt dies für die Arealausläufer und -vorposten im Südwesten, Süden und
Südosten im Vergleich zu Mitteleuropa (vgl. Karten 11, 12 und die Angaben in den Datenblättern
der einzelnen Kartierungseinheiten). Diese Unterschiede finden sich nicht nur bei den natürlichen
Begleit- und Kontaktgesellschaften der einzelnen Buchenwaldeinheiten, sondern auch und z. T. noch
stärker bei den jeweils gebietstypischen Ersatzgesellschaften und Sukzessionsstadien sowie beim
Erhaltungszustand der Buchenwälder.
301
Formation F.5 Karte der natürlichen Vegetation Europas
postglazialen Wiederausbreitung der Buche um 5 000 BP (Before Present; vgl. Kapitel 3: Spät-
glaziale und holozäne Vegetationsgeschichte Europas sowie LANG 1994).
Die neolithische Landnahme mit inselartiger Waldrodung durch den siedelnden Menschen begann
vorzugsweise in den produktiven Lößgebieten zwischen 7 500 und 5 000 BP und setzte sich zunächst
in den übrigen Tieflagen und später in den Mittelgebirgen bis ins Mittelalter fort.
Die potentiellen Buchenwaldstandorte eigneten sich wegen der Durchlässigkeit, Tiefgründigkeit und
teilweise großen Fruchtbarkeit der Böden vorzugsweise für den Ackerbau sowie die Anlage von
Siedlungen und Verkehrswegen. Waldauflichtung und Umwandlung der Baumarten-Zusammenset-
zung bzw. künstliche Erhaltung der vorhandenen Eichenmischwälder erfolgten im Zuge von
Waldweide (Hudewälder), Holznutzung und Anlage von Äckern (Feld-Gras-Wirtschaft, später
Dreifelderwirtschaft). Durch gezielte Förderung der Eichen (als Bauholz und für die Schweinemast)
und durch die Waldnutzung in Form von Mittel- und Niederwäldern entstanden aus den oder anstelle
von Buchenwäldern des Tief- und Hügellandes vielfach Eichen-Hainbuchenwälder (auf basenrei-
chen Standorten) und Eichen- oder Eichen-Birkenwälder (auf basenarmen Böden). Unter diesen
Bedingungen konnte die Buche in den Altsiedlungsgebieten vermutlich nie richtig Fuß fassen, und
die reale untere Buchenwaldgrenze hat sich im Bergland dadurch nach oben verschoben. Über die
Jahrhunderte entstand so eine vielfach anthropogene Höhenstufung in Mitteleuropa mit der Abfolge
Eichen- und Eichen-Birkenwälder bzw. Eichen-Hainbuchenwälder auf Normalstandorten der planar-
kollinen Höhenstufe und Buchen(misch)wälder ab der submontan-montanen Stufe.
Diese in weiten Teilen des Buchenwaldareals gegebene anthropogene Höhenverschiebung der unteren Buchenwaldgrenze
machte es in vielen Gebieten schwierig, die potentielle natürliche Buchenwaldverbreitung zu ermitteln. Von daher dürften
auch etliche Grenzen in der vorliegenden Europakarte noch nicht dem neuesten Erkenntnisstand entsprechen. Dies gilt sowohl
für Höhengrenzen als auch für die westliche und östliche Buchenwald-Arealgrenze. Danach dürfte das in Frankreich, in
Ostdeutschland, Tschechien und Westpolen ausgewiesene Buchenwaldareal noch nicht ganz dem heutigen Verbreitungs-
potential der Buchenwälder entsprechen.
Der Erhaltungszustand der Buchenwälder bzw. ihre Wiederherstellung durch Aufforstungen ist
entscheidend von den Standortbedingungen abhängig. Auf den nährstoffarmen sauren Sand- und
Silikatböden des Tieflandes und der kollinen bis submontanen Höhenstufe wurden die boden-
ständigen Buchenwälder – namentlich in der atlantischen und subatlantischen Region – durch
jahrhundertelange Streunutzung, Schafbeweidung, Brand und Plaggengewinnung in bodensaure
Zwergstrauchheiden umgewandelt und die Böden zu Podsolen degradiert. Diese Standorte wurden
später vorzugsweise mit Nadelhölzern, hauptsächlich Pinus sylvestris, z. T. auch Picea abies oder
exotischen Nadelbaumarten, aufgeforstet, so daß heute bodensaure Nadelholzforste vorherrschen.
Auch in den silikatischen Mittelgebirgen sind viele Buchenwaldbestände in Nadelholzforste (Picea
abies, Pinus sylvestris, Abies alba, Pseudotsuga menziesii) umgewandelt worden, weshalb naturnahe
Bestände bodensaurer Buchenwälder heute in vielen Gegenden selten geworden sind.
Bei den artenreichen Buchenwäldern ist der Erhaltungszustand bedeutend besser. Naturnahe Bestän-
de gibt es zwar auch in den vorwiegend landwirtschaftlich genutzten Tieflagen nur noch selten, aber
sie haben im Bergland – vor allem auf relativ flachgründigen und steilen Hängen – noch größere
Ausdehnung, was insbesondere für Kalk- und Basalt-Gebiete gilt (z. B. Weserbergland, Rhön,
Vogelsberg, Schwäbische Alb, Französischer und Schweizer Jura, Zentralmassiv, Randalpen,
302
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.5
Tab. 15: Reale Waldbestockung im Vergleich zur potentiellen Waldbedeckung für das natürliche Buchenwald-
areal in Deutschland, gegliedert nach Trophie- und Höhenstufen.
– planar 12,3 4 3 18 25
– kollin-submontan 21,2 8 11 19 38
– montan 5,0 5 12 39 56
– gesamt 38,5
Artenreiche Buchenwälder
– planar 9,7 7 2 3 12
– kollin-submontan 14,7 12 9 9 30
– montan 3,6 6 14 20 40
– gesamt 28,0
Die Werte in Tab. 15 zeigen, daß der reale Nadelwaldanteil im Buchenwaldgebiet Deutschlands
erheblich ist (z. T. über 50 % der realen Waldfläche), mit der Höhenlage allgemein zunimmt und in
der montanen Stufe am höchsten ist; ferner liegt der reale Waldanteil bei den bodensauren Buchen-
wäldern allgemein höher als bei den artenreichen, wobei jedoch auch der Nadelwaldanteil in allen
Höhenstufen deutlich höher ist.
Den höchsten realen Laubwaldanteil weist in beiden Trophiestufen der kollin-submontane Bereich
mit 8 bzw. 12 % der potentiellen Buchenwaldfläche auf. Davon sind jedoch wiederum die Bestände
mit anderen (anthropogen) dominierenden Laubbaumarten (Eiche, Hainbuche, Ahorn, Esche, Rot-
eiche, Pappel u. a.) abzuziehen, weshalb nur mit maximal 5 % naturnaher Buchenwaldbestockung zu
rechnen ist (vgl. BOHN et al. 2000, BfN 2002).
Die landwirtschaftliche Nutzung der Buchenwaldstandorte umfaßt im Tief-, Hügel- und unteren
3
Da es keine systematische und flächendeckende Erfassung naturnaher Waldbestände für die einzelnen natürli-
chen Waldtypen in ganz Deutschland gibt, mußte dieser Annäherungsweg über den Laubwaldanteil beschritten
werden.
303
Formation F.5 Karte der natürlichen Vegetation Europas
Bergland überwiegend Feldfrüchte (Getreide, Rüben, Raps, Kartoffeln). Entsprechend ihrer weiten
Standortsamplitude – von basenarmen Sanden über Lößlehm bis zu skelettreichen Kalksteinböden –
sind auch die zugehörigen Unkrautgesellschaften sehr vielgestaltig: Innerhalb der Klasse Stellarietea
mediae die Verbände Aperion spicae-venti, Polygono-Chenopodion, Fumario-Euphorbion, Caucali-
dion platycarpae u. a.
Dauergrünland (Arrhenatherion- und Cynosurion-Gesellschaften) kommt hier nur kleinflächig vor
oder ist auf flachgründige Silikat- und vor allem Kalkstandorte (Mesobromion-Gesellschaften)
beschränkt.
In den höheren Mittelgebirgslagen, insbesondere auf steileren und flachgründigen oder blocküber-
streuten Hängen sowie auf Plateaus und Bergkuppen dominiert dagegen Dauergrünland in der
landwirtschaftlichen Nutzung: auf Normalstandorten montane Glatthaferwiesen, Goldhaferwiesen
(Polygono-Trisetion) und Rotschwingelweiden (Cynosurion cristati). Bis vor wenigen Jahrzehnten
herrschten noch Magerwiesen und -weiden vor: auf Silikatstandorten Borstgrasrasen und andere
Silikat-Magerrasen (Violion caninae), auf Kalkstandorten gemähte oder beweidete Kalkmagerrasen
(montane Mesobromion- und magere Trisetion-Gesellschaften).
Die Magerrasen des Berglandes wurden seit den 1960er Jahren vielfach mit Nadelbäumen aufgefor-
stet: auf Trockenstandorten meist mit Kiefer (Pinus sylvestris, P. nigra), auf den frischeren Stand-
orten der Mittelgebirge meist mit Fichte (Picea abies). Auf brachgefallenen Magerrasen entwickelte
sich Gehölzsukzession mit Laubgehölzen (Sorbus aucuparia, Salix caprea, Corylus avellana etc.)
oder/und Nadelbäumen (Pinus sylvestris, Picea abies).
Charakteristische Gestaltelemente und Ersatzgesellschaften der Buchenwald-Kulturlandschaft sind
ferner Gebüsche, Hecken und Pioniergehölze unterschiedlicher Zusammensetzung: Crataegus spp.,
Rosa spp., Prunus spinosa, Corylus avellana, Salix caprea, Sambucus nigra, S. racemosa, Rubus
spp., Euonymus europaea, Cornus sanguinea, im Westen auch Cytisus scoparius und Ulex spp.; auf
Kalkstandorten vielfach mit Viburnum lantana, Ligustrum vulgare, Rhamnus cathartica und
Berberis vulgaris. Straßen und Wege säumen häufig Laubbaum-Alleen (Quercus robur, Q. petraea,
Tilia cordata, T. platyphyllos, Acer platanoides, A. pseudoplatanus, Fraxinus excelsior, Fagus
sylvatica).
Eine spontane Regeneration von Buchenwäldern auf aufgelassenen Acker- und Grünlandstandorten
erfolgt – anders als im Wald – meist nicht direkt über Buchenverjüngung, sondern über Sukzessions-
stadien mit Pioniergehölzen, deren Artenzusammensetzung von der Bodentrophie, Höhen- und
geographischen Lage abhängt. Im Tiefland sind es vor allem Betula pendula, Populus tremula,
Sorbus aucuparia sowie Quercus robur, Q. petraea und Carpinus betulus (auf reicheren Standorten),
im Bergland Salix caprea, Sorbus aucuparia, Betula pendula, B. pubescens subsp. carpatica,
Sambucus racemosa, Crataegus spp., Rosa spp., Corylus avellana und Prunus spinosa.
Naturschutz
Rotbuchenwälder stellen die zentralen natürlichen Ökosysteme in der temperaten Zone Europas dar
und sind west-/mitteleuropäisch endemisch. Sie nehmen von allen sommergrünen Laubwäldern in
Europa die größte Fläche ein und haben hinsichtlich Bodentrophie und Höhenverbreitung die
304
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.5
weiteste Amplitude (vgl. Karten 9 u. 10). Ihr Verbreitungsschwerpunkt und Diversitätszentrum liegt
im westlichen Mitteleuropa (Deutschland, Belgien, Ostfrankreich, Schweiz, Österreich, Tschechien).
In Deutschland würden sie von Natur aus etwa 66,5 % der Landesfläche bedecken (vgl. Tab. 15).
Was die Artenvielfalt betrifft, dürfte ihr Schwerpunkt allerdings in den Südostalpen und im Westbal-
kan liegen, da hier und in Mittelitalien vermutlich die wichtigsten Rückzugsgebiete während der
Eiszeiten lagen und hauptsächlich von dort die Wiederbesiedlung Mitteleuropas ausging (vgl. LANG
1994).
Die Erhaltung intakter Buchenwaldökosysteme im gesamten Verbreitungsgebiet und in der ganzen
Breite ihrer ökologischen und geographischen Ausbildungsformen ergibt sich als Aufgabe des euro-
päischen Naturschutzes u. a. aus der Internationalen Konvention über biologische Vielfalt (CBD).
Neben der Erhaltung der natürlichen Artenvielfalt und der typischen Buchenwald-Lebensgemein-
schaften in repräsentativen und ausreichend großen Beständen geht es dabei auch um die Bewahrung
der genetischen Vielfalt aller zugehörigen Lebewesen. Um im Hinblick auf mögliche Klimaänderun-
gen die Anpassungsfähigkeit der Rotbuche an neue Umweltbedingungen zu gewährleisten, ist – auch
aus wirtschaftlichen Erwägungen – die Erhaltung ihrer gesamten genetischen Bandbreite von beson-
derem Interesse.
Vom Menschen möglichst wenig beeinflußte, strenge Buchenwaldschutzgebiete (sog. Naturwaldre-
servate oder Wildnisgebiete) haben darüber hinaus die Aufgabe, als Studienobjekte für natürliche
Waldstrukturen und Entwicklungsdynamik (Prozeßschutz!) und als ökologische Vergleichsflächen
(sog. Nullflächen) zu bewirtschafteten bzw. geschädigten Waldbeständen zu dienen.
Daraus ergibt sich die Aufgabe, im gesamten Buchenwaldareal ein repräsentatives Netz von Schutz-
gebieten mit ausreichend großen naturnahen Buchenwaldbeständen im Komplex mit ihren ge-
bietstypischen natürlichen Begleitgesellschaften aufzubauen. Dieses soll möglichst alle Ausbildungs-
formen in den verschiedenen Arealteilen und Höhenstufen umfassen und flächenmäßig in einem
ausgewogenen Verhältnis zur potentiellen Verbreitung des jeweiligen Buchenwaldtyps stehen.
Wichtige Instrumente hierfür sind die Schutzgebietskategorien Nationalpark, Naturwaldreservat,
Naturschutzgebiet und Kernzonen von Biosphärenreservaten. Auf europäischer Ebene spielt für die
Umsetzung dieser Zielstellung die FFH-Richtlinie und der damit verbundene Aufbau eines kohären-
ten ökologischen Netzes „Natura 2000“ eine entscheidende Rolle.
Alle Länder, die maßgeblichen Anteil am Buchenwaldareal haben, sind aufgerufen, ihren Beitrag zu
diesem Schutzgebietssystem zu leisten. Besondere Verantwortung für den Schutz von Buchenwald-
ökosystemen haben hierbei Länder, die wie Deutschland im Zentrum des Verbreitungsgebiets liegen
und einen besonders hohen Flächenanteil haben.
Der systematische Ausbau und die Vervollständigung des Schutzgebietssystems erfordern eine
gründliche Erfassung vorhandener naturnaher Buchenwaldbestände und eine eingehende Analyse
der bestehenden Schutzgebiete hinsichtlich der vertretenen Waldtypen, des Erhaltungszustandes und
des Schutzstatus. Ansätze hierzu gibt es auf verschiedenen Ebenen: z. B. die Nationalparkstudie der
FÖNAD (1997) für Deutschland, die „Gap Analysis“ des WCMC/WWF (SMITH & GILLETT 2000)
oder den Beitrag von KNAPP (2003, im Druck).
305
Formation F.5 Karte der natürlichen Vegetation Europas
Für ganz Europa liegt noch keine genaue Analyse vor. Am eingehendsten dürfte sie im Rahmen der
Umsetzung der FFH-Richtlinie der EU erfolgen, wo z. Z. die Bewertung der gemeldeten Gebiete für
die einzelnen biogeographischen Regionen im Gange ist. Die Vegetationskarte Europas bietet dabei
eine ideale Grundlage für die Bestandsanalyse und systematische Vervollständigung des Buchen-
wald-Schutzgebietssystems.
Für Deutschland ergaben verschiedene Untersuchungen, daß außer den relativ kleinflächigen
Naturwaldreservaten und Naturschutzgebieten, die allerdings ein breites Spektrum an Buchen-
waldtypen beinhalten, großflächige Buchenwaldreservate ohne wirtschaftliche Nutzung und mit
echtem langfristigem Prozeßschutz weitgehend fehlten.
Der erste deutsche Buchenwald-Nationalpark (NP) des Tieflandes wurde deshalb 1990 mit dem NP
„Jasmund“ (3 000 ha) auf Rügen eingerichtet; ihm folgte 1997 der NP „Hainich“ (7 600 ha) in Thü-
ringen. In beiden Schutzgebieten sind vorwiegend artenreiche Buchenwälder des Tief- und Hügel-
landes vertreten. Eine Ergänzung um bodensaure Buchenwälder des Berglandes wird seit längerem
mit dem geplanten NP „Kellerwald“ in Nordhessen angestrebt und läuft z. Z. mit der Einrichtung des
9 350 ha großen NP „Eifel“ in Nordrhein-Westfalen. Weiterhin gibt es seit einigen Jahren Be-
strebungen des Bundes (BfN), im Rahmen der von ihm geförderten Naturschutzgroßprojekte
(Schutzgebiete gesamtstaatlich repräsentativer Bedeutung) auch Buchenwälder unter strengen Schutz
zu stellen und zumindest Teilgebiete ganz der natürlichen Entwicklung zu überlassen.
In anderen Ländern, wo sich die Buchenwälder auf höhere Mittelgebirge und Hochgebirge konzen-
trieren, bestehen dagegen schon seit längerem buchendominierte „Urwaldreservate“ und National-
parke, die z. T. auf ehemalige königliche Jagdgebiete zurückgehen. So ist im mittleren und südlichen
Apennin ein großer Teil der Buchenwaldbestände in Nationalparken gesichert (als herausragendes
Beispiel sei der Abruzzen-NP mit seinen großflächig naturbelassenen Buchenwäldern genannt).
Berühmte urwaldartige Buchenbestände – meist mit Beimischung von Tanne und z. T. Fichte –
finden sich ferner in Tschechien, der Slowakei, Österreich, Slowenien, Kroatien und den Karpaten
(vgl. MAYER 1984). Daraus ist ersichtlich, daß an der östlichen, südöstlichen und südlichen Periphe-
rie des Buchenwaldareals bisher mehr für den Schutz der Buchenwaldökosysteme getan worden ist
als im eigentlichen Zentrum. Weitere Informationen über repräsentative Bestände und Schutzgebiete
finden sich in den Datenblättern der einzelnen Kartierungseinheiten unter „Loci typici“.
Gliederung in Untereinheiten
Die Formation F.5 der Buchen- und Buchenmischwälder enthält mit 86 Kartierungseinheiten (KE)
die Hälfte der gesamten Formation F (mit 172 KE) und ist damit die am stärksten gegliederte
Formation Europas. Dies liegt einmal an der enormen ökologischen und pflanzengeographischen
Bandbreite der Rotbuchenwälder, zum anderen an der langjährigen und eingehenden Erforschung
ihrer Waldgesellschaften in fast allen Teilen des Areals. Dementsprechend gibt es zwar unzählige
Veröffentlichungen und Vegetationstabellen (von lokal bis überregional) sowie eine Vielzahl
syntaxonomischer Gliederungen und Assoziationen, jedoch noch keine überzeugende Gesamt-
bearbeitung für Europa. Insofern mußte für die Vegetationskarte Europas zunächst ein plausibles und
durchgehend anwendbares Gliederungsprinzip entwickelt werden. Das hier gewählte ist pragmatisch
auf die Kartendarstellung, Übersichtlichkeit und allgemeine Verständlichkeit sowie Nachvollzieh-
306
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.5
barkeit ausgerichtet. Es weicht deshalb in einigen Punkten der hierarchischen Gliederung von den
gebräuchlichen syntaxonomischen Systemen ab (vgl. Abschnitt „Syntaxa“).
Anders als bei den übrigen Formationen, aber im Einklang mit dem pflanzensoziologischen System,
erfolgt die Hauptuntergliederung zunächst nach der Bodentrophie in die beiden floristisch deutlich
unterschiedenen Gruppen der artenarmen, oligo- bis mesotraphenten und der artenreichen,
eu(-meso)traphenten Buchen- und Buchenmischwälder, die jeweils große Flächen einnehmen (vgl.
Karten 11 u. 12). Die für die verschiedenen Trophie- und Aziditätsstufen charakteristischen Arten-
gruppen wurden bereits im Abschnitt „Floristische Zusammensetzung“ genannt. Zwischen den
„armen“ und „reichen“ Buchenwäldern gibt es naturgemäß fließende Übergänge, die je nach
Ausprägung, Flächengröße und Kontaktgesellschaften der einen oder der anderen Gruppe zu-
gerechnet wurden. Außerdem beinhalten die KE immer Vegetationskomplexe, die jeweils auch
reichere oder ärmere Ausbildungen enthalten. In einigen Gebieten dürften allerdings bei der Karten-
bearbeitung die bodensauren Buchenwälder nicht klar von den basiphilen getrennt worden sein (z. B.
Korsika, Süditalien, Balkan).
Die weitere Untergliederung der beiden Hauptgruppen richtet sich nach den markanten Höhen-
stufen, die durch Höhendifferentialarten, sog. Tief- oder Hochlagenarten, gekennzeichnet sind. Die
entsprechenden Kenn- und Trennarten sind meist weit verbreitet und pflanzengeographisch über-
greifend. Die wichtigsten von ihnen sind in den Zwischenüberschriften der Legende aufgeführt und
wurden bereits im Abschnitt „Floristische Zusammensetzung“ erwähnt. Bei den „armen“ Buchen-
wäldern gibt es naturgemäß weniger, bei den „reichen“ mehr geeignete Höhendifferentialarten.
Unterschieden werden drei Höhenstufen: planar(-kollin), kollin-submontan und montan-hochmon-
tan, die in der Vegetationskarte 1 : 2,5 Mio. durch abgestufte Farbintensität des Buchenwald-Grüns
von hell nach dunkel wiedergegeben werden (vgl. Karte 10). In der Übersichtskarte 1 : 10 Mio. sind
dagegen nur zwei Höhenstufen (F5a und F5b) unterschieden worden. Die Trophieunterschiede
innerhalb einer Höhenstufe sind in der Karte durch rote Aufsignaturen (rote Kringel und Schraffuren
für den „armen“ Flügel, vgl. Legendenblatt) kenntlich gemacht.
Bei den artenarmen bodensauren Buchenwäldern sind die Tieflagenausbildungen (F75-F89) vor
allem durch das Vorkommen von Eichen (Quercus robur, Q. petraea) sowie – im atlantisch-sub-
atlantischen Bereich – durch Ilex aquifolium, Lonicera periclymenum, Teucrium scorodonia, z. T.
Luzula forsteri, in der zentraleuropäischen Provinz örtlich durch Carex umbrosa gekennzeichnet.
Die planaren Ausbildungen (F75-F80) sind dabei vor allem negativ durch das Fehlen von Luzula
luzuloides, Senecio ovatus und Sambucus racemosa differenziert.
Die montan-hochmontanen oder Hochlagen-Ausbildungen (F90-F103) sind demgegenüber durch
das Fehlen von Eichen sowie durch Mischbaumarten wie Acer pseudoplatanus, Abies alba und
Picea abies (regional) und krautige Pflanzen wie Polygonatum verticillatum, Prenanthes purpurea,
Luzula sylvatica, L. nivea (regional), Rumex arifolius (regional) und Calamagrostis villosa (in den
herzynischen Mittelgebirgen) differenziert.
Bei den artenreichen, eu(-meso)traphenten Buchenwäldern gibt es naturgemäß (s.o.) mehr
Pflanzenarten, die sich zur die Höhendifferenzierung eignen. Für die Tieflagen (F104-F127) sind es
neben den bereits erwähnten Baum-, Strauch- und Krautarten zusätzlich anspruchsvollere Pflanzen-
307
Formation F.5 Karte der natürlichen Vegetation Europas
arten mit weiter Verbreitung: unter den Gehölzen Carpinus betulus in der 2. Baumschicht, örtlich
Acer campestre, Tilia cordata, im Südosten auch T. tomentosa; in der Krautschicht Stellaria
holostea, Potentilla sterilis, Dactylis polygama, Galium sylvaticum, Campanula trachelium, Carex
montana, C. pilosa (regional), Hedera helix u. a. In thermophilen Ausbildungen kommen wärmelie-
bende und trockenheitsresistente Arten wie Sorbus torminalis, Cephalanthera damasonium,
C. rubra, Polygonatum odoratum, Anthericum ramosum, Vincetoxicum hirundinaria, Tanacetum
corymbosum, Campanula persicifolia, C. rapunculoides u. a. dazu, ferner Kenn- und Trennarten mit
regionaler Verbreitung (z. B. Buxus sempervirens, Daphne laureola, Melittis melissophyllum, Carex
alba, Calamagrostis varia, Cyclamen purpurascens, Helleborus niger).
Für die montan-hochmontanen Ausbildungen (F128-F160) stehen neben den bereits bei den
„armen“ Buchenwäldern genannten Arten zusätzlich anspruchsvollere Kräuter und Hochstauden für
die Differenzierung zur Verfügung: u. a. Ranunculus platanifolius, Petasites albus, Stellaria
nemorum, Senecio nemorensis agg., Cicerbita alpina, Athyrium distentifolium, Saxifraga rotundifo-
lia, Adenostyles alliariae, A. glabra. Ausgesprochen montane Arten sind in größerer Stückzahl vor
allem in hochmontanen Ausbildungen (F158-F160) vertreten.
Innerhalb der einzelnen Höhenstufen erfolgt dann eine weitere Differenzierung in geographische
Ausbildungen oder Rassen, die durch regionale Kenn- und Trennarten gekennzeichnet und unter-
schieden werden. Diese dienen vielen Autoren auch als Kennarten für Gebiets-Assoziationen (vgl.
Abschnitt „Syntaxa“).
Die geographische Gliederung der Kartierungseinheiten innerhalb der beiden Hauptgruppen der
„armen“ und „reichen“ Buchenwälder ist in den Karten 11 und 12 anschaulich durch Verwendung
verschiedener Farben dargestellt. Dabei wurden regional aufgrund gemeinsamer geographischer
Trennarten verwandte Einheiten zu Gruppen zusammengefaßt. Diese enthalten z. T. auch Einheiten
verschiedener Höhenstufen, die dann bei der Aufzählung der KE durch Semikolon getrennt sind. Die
geographischen Bezeichnungen der KE richten sich nach den Florenprovinzen und deren Unterein-
heiten (vgl. Karte 3), in denen ihr Verbreitungsgebiet liegt. In der Karte 1 : 2,5 Mio. wurden die
geographischen Ausbildungen aus Gründen der Übersichtlichkeit nicht durch Aufsignaturen unter-
schieden, sie sind aber durch den Buchstaben-Nummern-Kode der KE eindeutig zuzuordnen. Die
Reihenfolge der KE geht jeweils von West nach Ost und von Nord nach Süd.
Die für die Kennzeichnung und Abgrenzung gegen benachbarte Einheiten bedeutsamen Pflanzen-
arten sind zum einen in der Legende im Namen der KE aufgeführt, zum anderen in den Daten-
blättern enthalten.
Neben der geographischen Differenzierung der KE innerhalb einer Höhenstufe gibt es noch eine
weitere Untergliederung in standortbedingte Buchenwaldgesellschaften und Komplexe: zum einen
in „feuchte“ Ausbildungen – bei ausreichender Flächengröße – , ferner in „thermophile“ Aus-
bildungen, meist Orchideen- und Blaugras-Buchenwälder bzw. deren Vegetationskomplexe mit
mesophilen Buchenwäldern oder anderen Waldgesellschaften. Thermophile Ausbildungen sind in
der Vegetationskarte durch rotes Punktraster gekennzeichnet.
Da die Formation der Rotbuchenwälder sehr viele Kartierungseinheiten umfaßt, wird hier auf die
Charakterisierung der einzelnen Einheiten verzichtet und auf die ausführliche Beschreibung in den
308
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.5
Datenbögen verwiesen. Im folgenden soll jedoch beispielhaft die besonders vielfältige Gliederung
der Buchenwälder des Balkans – als dem eiszeitlichen Ausweich- und Überdauerungsraum der
Buche und ihrer reichen Begleitflora – dargestellt werden.
309
Formation F.5 Karte der natürlichen Vegetation Europas
310
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.5
311
Formation F.5 Karte der natürlichen Vegetation Europas
floristisch eigenständig, doch weniger durch nur ihnen eigene Arten als durch eine spezifische Kom-
bination von südosteuropäisch verbreiteten Buchenwaldarten und durch hohe Präsenz des balka-
nischen und submediterranen Florenelements (vgl. BERGMEIER & DIMOPOULOS 2001).
Die Einheit F155 umfaßt die westhellenischen Buchen- und Tannen-Buchenwälder und reicht von
Südostalbanien und Südmazedonien über Nordwestgriechenland (Pindos-Gebirge) bis zum zentral-
griechischen Oxia-Gebirge, das seinen Namen nach dem griechischen Wort für „Buche“ trägt. Es
handelt sich überwiegend um meso- bis eutrophe Standorte über Flysch. Durch mehrere beiderseits
der Adria vorkommende Arten (Acer obtusatum, Campanula trichocalycina, Geranium versicolor,
G. reflexum) heben sich die pindischen Buchenwälder von den übrigen hellenischen und den
mösischen ab und sind in ihrer Artenzusammensetzung den südapenninisch-sizilianischen (F148)
ähnlich. Sie unterscheiden sich von diesen aber durch das Vorkommen von Abies borisii-regis.
Die osthellenischen (pelagonischen) Buchenwälder (F156) treten wie die westhellenischen als
Buchen- oder Tannen-Buchenwälder mit Abies borisii-regis in Erscheinung, wobei die Beteiligung
der Tanne nach Süden zunimmt. Die meist kleinflächigen Vorkommen in montan-hochmontanen
Lagen sind entlang der Nordwest-Ägäis wie Inseln eines Archipels aufgereiht.
Literatur
BIONDI, BRACCO & NOLA 1997; BERGMEIER & DIMOPOULOS 1999, 2001; BOHN 1996; BORHIDI
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LOIDI, LOUSÃ & PENAS 2001; RODWELL, MUCINA, PIGNATTI, SCHAMINÉE & DRING [Ed.] 2001;
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312
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.6
1
Die in der russischen und georgischen Literatur genannte Carpinus caucasica ist synonym mit C. betulus.
313
Formation F.6 Karte der natürlichen Vegetation Europas
Abies nordmanniana, Picea orientalis (in höheren Lagen) und an der Grenze zur subalpinen Vegeta-
tion (C41-C46) Acer trautvetteri auf. Bis vor kurzem war auch Ulmus glabra stellenweise als
Mischbaumart (besonders in Schluchten und auf Schutthängen) beteiligt, ihre Populationen wurden
jedoch in den letzten Jahrzehnten durch Pilzbefall (Graphium ulmi Schw.) weitgehend vernichtet.
An vom Menschen oder durch Naturkatastrophen aufgelichteten Stellen findet man häufig Populus
tremula, Prunus avium und andere Pioniergehölze. Reliktarten wie Corylus colurna und Taxus
baccata sind insgesamt selten, treten jedoch stellenweise gehäuft auf.
Die Garnitur der die Orientbuche begleitenden Baumarten variiert in Abhängigkeit von der Mee-
reshöhe und der geographischen Lage. Auf dem Balkan und im Talysch weicht sie vom oben
aufgeführten Artenspektrum stärker ab. In den hyrkanischen Orientbuchenwäldern kommen als
endemische Mischbaumarten Acer velutinum und Quercus castaneifolia hinzu (vgl. F166). Im
Vergleich zu den Rotbuchenwäldern Mitteleuropas fehlen im südlichen Kaukasus die beiden
Eichenarten Quercus robur und Q. petraea. An deren Stelle tritt hier Quercus iberica, die aber die
schattigen Buchenwälder meidet.
An höheren Sträuchern nemoraler Wälder kommen nur Corylus avellana und Sambucus nigra
regelmäßig vor. Sie entwickeln sich jedoch, ebenso wie die endemischen Straucharten Philadelphus
caucasius, Staphylea colchica und Euonymus leiophloea, üppig nur an Stellen mit länger aufgelich-
teter Baumschicht. Unter den Bedingungen des humiden kolchischen Klimas besteht der Unterwuchs
vor allem aus immergrünen Sträuchern des reliktischen kolchischen Florenelementes wie Rhododen-
dron ponticum, Prunus laurocerasus und Ilex colchica. Einige sommergrüne endemische Strauch-
arten (Vaccinium arctostaphylos, Viburnum orientale) sind besonders eng an Orientbuchenwälder
gebunden. Die meisten Gehölze des kolchisch-euxinischen Unterwuchses bilden Polykormone, die
sich schon bei geringer Auflichtung des Waldes stark ausbreiten und dicht schließen und so die
natürliche Waldverjüngung hemmen. Sie haben jedoch an Hängen eine sehr wichtige Schutzfunktion
gegen Bodenerosion. Für die kaukasischen Buchenwälder des humiden und semihumiden Klimas
sind bis in Höhen von 1000 m ü. NN ferner endemische Efeuarten kennzeichnend (Hedera colchica,
im Osten H. pastuchowii), die oft bis in die Baumkronen klettern.
Im Hinblick auf die große Mannigfaltigkeit der Standortbedingungen im Areal der Orientbuchenwäl-
der ist die Artenausstattung der Krautschicht eher bescheiden. Dies ist nicht zuletzt auf den Einfluß
der dominierenden Baumart zurückzuführen, die die Standortunterschiede teilweise ausgleicht bzw.
überdeckt. Zusammen mit zahlreichen für mitteleuropäische Buchenwälder typischen Arten wie
Galium odoratum, Dryopteris filix-mas, Melica uniflora, Cardamine bulbifera, Impatiens noli-
tangere, Circaea lutetiana findet man auch einige für Orientbuchenwälder spezifische Arten, die
sich für die Differenzierung von Höhenstufen sowie von regionalen oder edaphischen Ausbildungen
eignen. Daneben gibt es Krautarten, die auf bestimmten Standorten und unter bestimmten Bedingun-
gen zur Massenentfaltung neigen: Festuca drymeja, Rubus hirtus, Pachyphragma macrophyllum,
Brachypodium sylvaticum, Athyrium filix-femina, Oreopteris limbosperma, Matteuccia struthiopteris
und Petasites albus. Weitere stete Arten, jedoch mit meist geringem Deckungsgrad, sind Poa
nemoralis, Luzula forsteri, Cephalanthera longifolia, C. rubra, Neottia nidus-avis, Polygonatum
orientale, Cardamine impatiens, C. quinquefolia, Euphorbia macroceras, Sanicula europaea, Salvia
glutinosa, Calamintha grandiflora und Paris incompleta.
314
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.6
Die Moosschicht ist meist schwach entwickelt und artenarm; bodendeckende Moose sind selten. Die
Garnitur der saprophytischen und epiphytischen sowie der auf Steinen wachsenden Moose ist nicht
vegetationsspezifisch. Die Flechtenflora an Baumstämmen und in den Baumkronen ist dagegen
ziemlich artenreich, besonders in den oberen Höhenlagen.
Die Flora der Orientbuchenwälder weist viele gemeinsame Arten mit mittel- und südosteuropäi-
schen Rotbuchenwäldern auf. Die Gefäßpflanzengarnitur der Orientbuchenwälder unterscheidet sich
jedoch auch deutlich durch zahlreiche geographische, teils regional-endemische Differentialarten:
Neben der dominierenden vikariierenden Fagus sylvatica subsp. orientalis durch Mischbaumarten
wie Quercus hartwissiana, Q. castaneifolia, Tilia begoniifolia, Acer cappadocicum, A. velutinum;
durch Sträucher wie Rhododendron ponticum, R. ungernii, R. luteum, Prunus laurocerasus, Ilex
colchica, I. stenocarpa, I. hyrcana, Buxus colchica, Vaccinium arctostaphylos, Viburnum orientale,
Daphne pontica, Philadelphus caucasicus, Staphylea colchica, Rhamnus imeretina, Lonicera
steveniana, Ruscus colchicus, Hedera colchica, H. pastuchowii, ferner durch krautige Pflanzen wie
Pachyphragma macrophyllum, Trachystemon orientalis, Cardamine quinquefolia, Symphytum
ibericum, Polystichum woronowii, Epimedium pubigerum, Aristolochia iberica, Brunnera macro-
phylla. Einige der geographischen Differentialarten (z. B. Ilex colchica, Ruscus colchicus, Cornus
sanguinea subsp. australis, Lonicera steveniana, Corylus colchica, Asarum ibericum, A. intermedi-
um, Paris incompleta, Primula woronowii, Campanula rapunculoides subsp. cordifolia) stehen den
analogen west- und mitteleuropäischen Arten sehr nahe. Sie bilden mit ihnen Paare geographisch
vikariierender Arten.
Makroklimatische Gegebenheiten
Die Jahresmitteltemperatur erreicht an der oberen Verbreitungsgrenze der Orientbuchenwälder (mit
Ausnahme der hyrkanischen und westeuxinischen Wälder) 4-6 °C, das Januarmittel schwankt
zwischen -5 und -8,5 °C, die Juli- und August-Mittel betragen 12,5-13,5 °C. An der unteren Grenze
315
Formation F.6 Karte der natürlichen Vegetation Europas
mit dem am stärksten humiden Klima liegen die entsprechenden Werte bei 13-14 °C (Jahr), 4-5 °C
(Januar) und 22-23 °C (Juli/August).
Im subkontinentalen Klimabereich beträgt das Jahresmittel 10-12 °C, das Januarmittel -1,5 bis 3 °C,
das Augustmittel 19-21 °C. Die Jahresamplitude der Monatsmitteltemperaturen schwankt an der
unteren Verbreitungsgrenze, je nach Kontinentalität des Klimas, zwischen 16 und 23,5 °C, an der
oberen Grenze zwischen 17,5 und 22 °C.
Standortbedingungen
Die Orientbuchenwälder wachsen auf unterschiedlichen geologischen Substraten und in verschie-
dener topographischer Situation. Am besten sind sie auf Schiefer- und Kalkgesteinen entwickelt. Die
meisten der bis heute erhaltenen Waldbestände sind an steile Hänge mit Neigungen von 20-38/
gebunden. An flachen Hängen (Neigung <15/) sind sie wegen des starken anthropogenen Einflusses
nur noch selten anzutreffen. Auf den mehr oder weniger ebenen Terrassen der Bachtäler, an Unter-
hängen und in Schluchten wird die Buche meistens von anderen Baumarten begleitet. Die Orient-
buchenwälder spielen überdies als Schutzwälder im Gebirge eine wichtige Rolle.
Die Böden sind meist skelettreiche, mäßig saure bis neutrale Braunerden (Cambisole), teilweise sind
die Böden lessiviert, teils etwas podsoliert oder pseudovergleyt.
Rolle im Landschaftsgefüge
Die Ausbildungsformen der Orientbuchenwälder sind trotz der relativen Armut an Gefäßpflanzen
sehr mannigfaltig. Für ihre Differenzierung sind drei Faktorenkomplexe verantwortlich:
a) die regionalen makroklimatischen Unterschiede,
b) die höhenklimatische Abfolge,
c) die Standorteigenschaften (Exposition, Mikroklima, Trophie, Wasserhaushalt und Gründigkeit
bzw. Skelettgehalt der Böden).
Im extrem humiden Klima der Kolchis weisen die Wälder mit Orientbuche eine Höhenspanne von
0 bis nahezu 2200 m auf; sie kommen vom Meeresniveau mit ausgesprochen warm-temperatem
Klima bis zur subalpinen klimatischen Waldgrenze vor. Die Kartierungseinheiten der Formation F.6
umfassen jedoch nur den Teil des Orientbuchenareals, wo Fagus sylvatica subsp. orientalis als
Waldbildner vorherrscht.
Die Hauptverbreitung der Orientbuchenwälder liegt zwischen (900) 1000 und 1500 (1600) m über
dem Meeresspiegel. Im humiden Klimagebiet reicht die Untergrenze bis etwa 600 m Meereshöhe, im
humidesten Teil mit Jahresniederschlägen von 1500-3000 (4500) mm sinkt sie stellenweise bis auf
400-300 m ab; im subkontinentalen Klima (Jahresniederschläge 650-700 mm) reicht die Untergrenze
dagegen nur bis in Höhen um 1200-1300 m ü. NN.
Die Obergrenze liegt in Gebieten, wo Nadelwälder anschließen, bei etwa 1500 (1600) m, in den
hyperhumiden Gebieten der Kolchis, wo Nadelwälder als oberste Waldstufe fehlen, bei etwa
2000 m. Hier sind die Buchenwälder infolge der hohen Schneelagen im Winter als Krummholz-
Buchenwälder ausgebildet; der immergrüne Unterwuchs ist hier durch die Schneebedeckung
frostgeschützt.
316
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.6
In den unteren Höhenlagen werden die Orientbuchenwälder – je nach Klimagebiet – von kauka-
sischen Hainbuchen-Eichenmischwäldern (F168-F171), Hainbuchen-Kastanien-Eichenwäldern
(F165) sowie von kolchischen oder hyrkanischen Eichenmischwäldern (H1-H3) abgelöst. In weniger
humidem Klima nehmen sie vor allem nordexponierte Hänge und schattige Schluchten ein, während
trockene und sonnige Hänge von thermophilen Hainbuchen-, Hainbuchen-Eichen- und Eichenwäl-
dern besiedelt werden.
Erhaltungszustand, Naturschutz
Bis in die vierziger Jahre existierten in Transkaukasien und teils auch im Nordkaukasus noch
ziemlich große Bestände vom Menschen wenig beeinträchtigter Orientbuchenwälder. Heute sind
davon nur noch wenige Reste erhalten geblieben: Die meisten gutwüchsigen Bestände wurden
geschlagen, so daß nur die weniger ertragreichen übriggeblieben sind. Wälder mit weitgehend
natürlicher Bestandesstruktur sind kleinflächig noch in einigen strengen Naturschutzgebieten und
Nationalparken in der Kaukasusregion (z. B. Kavkazsky, Ritsa, Gumista, Lagodekhi, Zakatala,
Borjomi), stellenweise auch noch in schwer zugänglichen Gebirgsteilen zu finden.
Gliederung in Untereinheiten
Die Formation F.6 der Orientbuchenwälder und Hainbuchen-Orientbuchenwälder umfaßt insgesamt
6 Kartierungseinheiten. Diese sind vor allem nach strukturellen Merkmalen – mit oder ohne immer-
grünen Unterwuchs, Komplexe verschiedener Waldgesellschaften – und nach ihrer spezifischen,
geographisch-ökologisch-vegetationsgeschichtlich bedingten Artenverbindung differenziert.
Zwei Einheiten (F161, F162) kommen im westeuxinischen Raum, in Ostbulgarien und der Nord-
westtürkei vor. Sie weisen in Strauch- und Krautschicht viele gemeinsame Arten mit den kolchi-
schen Orientbuchenwäldern auf und unterscheiden sich untereinander durch klimabedingtes Vor-
handensein bzw. Fehlen eines immergrünen Unterwuchses aus Prunus laurocerasus und Rhododen-
dron ponticum. Geographische Differentialart für diese Einheiten ist Tilia tomentosa.
Drei Einheiten (F163-F165) sind großflächig im Großen und Kleinen Kaukasus verbreitet. F163 ist
durch immergrünen Strauchunterwuchs und zahlreiche kolchische Endemiten bzw. Reliktpflanzen
ausgezeichnet und besiedelt den besonders humiden und niederschlagsreichen Westteil, namentlich
die dem Schwarzen Meer zugewandten Berghänge am Rande der Kolchis. Die Einheit nimmt die
Montanstufe zwischen den hygrophilen kolchischen Laubmischwäldern mit immergrünem Unter-
wuchs (H1, F169) und den hochmontanen Gebirgsnadelwäldern mit Abies nordmanniana und Picea
orientalis (D32, D33) bzw. der subalpinen Krummholzvegetation mit Quercus pontica, Betula
medwediewii, B. litwinowii und Rhododendron caucasicum (C41, C42, C45) ein.
F164 kennzeichnet als nahezu geschlossenes Band den montanen Laubwaldgürtel am Nordabfall und
am östlichen Südabfall des Großen Kaukasus sowie am Nordostabfall des Kleinen Kaukasus. Sie hat
von allen Einheiten der Orientbuchenwälder die größte Ausdehnung und deckt das weiteste Stand-
ortspektrum ab. Ihr fehlen wegen des insgesamt niederschlagsärmeren und weniger humiden Klimas
weitgehend (bis auf einige Sonderstandorte) der immergrüne Unterwuchs und die entsprechenden
kolchischen Arten. Dafür spielen hier weiter verbreitete mesophile Gehölze und Krautarten wie
Corylus avellana, Sambucus nigra, Rubus hirtus, R. caucasicus, Festuca drymeja, Galium odoratum,
317
Formation F.6 Karte der natürlichen Vegetation Europas
Circaea lutetiana, Cardamine bulbifera, C. quinquefolia, Melica uniflora eine wichtige Rolle. Die
Kontaktvegetation nach oben bilden überwiegend subalpine Birkenmischwälder (Betula litwinowii,
Acer trautvetteri, C41, C43, C44, C46), Kiefernwälder (Pinus kochiana, D64) und – im Kleinen
Kaukasus – Eichenbuschwälder (Quercus macranthera, F172). Nach unten schließen thermophile
Hainbuchen-Eichenwälder (F167, F168, F170) und Waldsteppen (L8) an.
Die Einheit F165 kommt nur im Einzugsgebiet des Alazani-Flusses am Südabfall des östlichen
Großen Kaukasus vor. Sie bildet hier den Übergang zwischen den montanen Orientbuchenwäldern
(F164) und den thermophilen transkaukasischen Eichenmischwäldern mit Quercus iberica, Carpinus
betulus und C. orientalis (F170). Diese Laubwälder weisen bereits Elemente der hyrkanischen
Mischwälder auf: Acer velutinum, Hedera pastuchowii u. a.
Die Einheit F166 ist auf die Montanstufe des Talysch-Gebirges beschränkt. Die Orientbuchenwälder
enthalten hier zahlreiche hyrkanische Endemiten (Acer velutinum, Hedera pastuchowii, Danae
racemosa u. a.) und stehen im Kontakt zu bzw. im Wechsel mit hyrkanischen Laubmischwäldern
(H2, H3) mit Quercus castaneifolia, Parrotia persica, Zelkova carpinifolia. Nach oben und zum
Gebirgsinneren schließen in diesem Gebiet Gebirgssteppen und Dornpolstergesellschaften (M11,
N8) an.
Literatur
DOLUCHANOV 1980, 1989; HORVAT, GLAVA & ELLENBERG 1974, KREVER, ZAZANASHVILI, JUNGI-
US, WILLIAMS & PETELIN (Ed.) 2001; NACHUCRIŠVILI 1999; PASSARGE 1981; SCHMIDT 2003;
WALTER 1974.
318
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.7
319
Formation F.7 Karte der natürlichen Vegetation Europas
Osttranskaukasien durch Q. macranthera ersetzt; diese von den übrigen Eichentaxa systematisch
isolierte Art steigt bis zur oberen Gebirgswaldgrenze bei 2300-2600 m hinauf (F172). Die Iberische
(oder Grusinische) Eiche (Quercus iberica) steht morphologisch der Traubeneiche (Q. petraea) sehr
nahe und wurde bisher meist als deren Unterart geführt. Sie unterscheidet sich allerdings öko-phy-
siologisch deutlich von ihr durch größere Trockenheitsresistenz und Wärmebedürftigkeit. Entspre-
chend löst sie Quercus petraea in den wärmeren und vor allem sommertrockeneren Gebieten auf der
Nordost- und Südabdachung des Großen Kaukasus als waldbildende Art ab und besiedelt hier die
trockensten Waldstandorte. Vermutlich war sie früher auch in den heute waldfreien Steppengebieten
Transkaukasiens weit verbreitet. Sie bildet sowohl Reinbestände als auch Mischwälder mit der
Gewöhnlichen Hainbuche (Carpinus betulus) auf frischeren Standorten und mit der Orienthainbuche
(C. orientalis) an trockenwarmen Hängen. Weitere häufige Mischbaumarten sind Acer cappa-
docicum, Sorbus torminalis und Fraxinus excelsior. Anders als die Traubeneiche in Mitteleuropa
kommt Quercus iberica niemals zusammen mit Fagus sylvatica subsp. orientalis in geschlossenen
Waldbeständen vor, da sie mit der Orientbuche auf für diese geeigneten Standorten nicht kon-
kurrieren kann. Der Strauch- und Krautunterwuchs der Quercus iberica-(Misch)wälder ist infolge
der Lichtdurchlässigkeit des Kronendaches und der Standortvielfalt sehr artenreich und vielgestaltig.
Insbesondere auf Kalkstein und auf steinig-felsigen Extremstandorten weist er zahlreiche gebiets-
spezifische Arten und Endemiten auf.
Die Flora der krimisch-kaukasischen Eichenmischwälder ist sehr artenreich. Dies liegt einmal an der
spezifischen Struktur der Eichenwälder, zum anderen an der Lage der Kaukasischen Landenge im
Kontaktbereich zu pflanzengeographisch sehr unterschiedlichen Gebieten: pontische, ost-sub-
mediterrane, orientalische und turanische Florenregion. Im Gebiet der Kaukasischen Landenge
liegen spezifische Artbildungszentren: kolchisch, hyrkanisch, großkaukasisch, dagestanisch, ara-
xisch. Weiteren Einfluß haben die Kontakte der Eichenmischwälder mit anderen Waldtypen, mit
Waldsteppen, mit xerophytischer Gebirgsvegetation, mit Fels-, Schutt- und subalpiner Vegetation.
Dies hat in der Vergangenheit zur Adaptation einiger Pflanzen aus ursprünglich offenen Lebens-
räumen an die Lebensbedingungen in Eichenwäldern beigetragen. Innerhalb des Areals der Formati-
on wurden über 3800 Gefäßpflanzenarten nachgewiesen, wovon mehr als die Hälfte in Eichenwäl-
dern wächst.
Die Flora der krimisch-kaukasischen Eichenmischwälder zeichnet sich zunächst durch einen Grund-
stock nemoraler Laubwaldarten aus: Corylus avellana, Cornus mas, C. sanguinea subsp. australis,
Crataegus pentagyna, C. rhipidophylla, Frangula alnus, Euonymus latifolia; Galium odoratum,
Sanicula europaea, Solidago virgaurea, Carex digitata. Zusätzlich spielen krimisch-kaukasische
Florenelemente eine bedeutende Rolle, z. B. Acer cappadocicum, Crataegus microphylla; Achillea
biserrata, Polygonatum glaberrimum, Clinopodium umbrosum, Lathyrus roseus, Campanula rapun-
culoides subsp. cordifolia, Dactylorhiza euxina. Stellenweise haben auch regionale Endemiten eine
große Bedeutung, so Acer hyrcanum, A. hyrcanum subsp. stevenii, Pyrus zangezura, P. syriaca, Car-
pinus schuschaensis; Lonicera iberica, Euonymus velutina, Dictamnus caucasicus, Lilium martagon
subsp. caucasicum, Dioscorea caucasica, Centaurea dealbata, verschiedene Epimedium-Arten u. a.
Sie konzentrieren sich in Kalkgebirgen der Kolchis und in Hyrkanien. Eine spezifische Flora findet
sich ferner in lichten, hemixerophilen Eichenwäldern an trockenen, sonnigen Hängen.
320
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.7
Makroklimatische Gegebenheiten
Die Klimadaten umfassen wegen der breiten Standortamplitude der Kartierungseinheiten eine weite
Spanne: Die mittlere Jahrestemperatur liegt je nach Höhenstufe und Lage zum Meer zwischen 6 und
14 °C, in der hochmontanen Stufe von F172 jedoch nur zwischen 2,5 und 6 °C. Entsprechend betra-
gen die Durchschnittstemperaturen des wärmsten Monats (August) 16-25 °C (bzw. 12-17 °C in den
Hochlagen), die des kältesten Monats -3 bis 6 °C; in den hochmontanen Lagen sinkt das Temperatur-
mittel für den kältesten Monat auf -4 bis -9 °C ab. Die jährlichen Niederschlagsmengen schwanken
meist zwischen 450 und 850 mm; in der Kolchis liegt das Maximum bei 2000 mm.
Standortbedingungen
Das Relief im Bereich der kaukasischen Hainbuchen-Eichenmischwälder ist recht vielgestaltig.
Mehrheitlich handelt es sich um Hänge unterschiedlicher Exposition und Neigung in kollin-submon-
taner bis hochmontaner Lage (300-1600 m), die hochmontane Einheit F172 liegt in der Höhenstufe
zwischen 1400 und 2600 m. Daneben werden von den kaukasischen Hainbuchen-Eichenmischwäl-
dern Ebenen, Vorgebirgsplateaus, Flußterrassen, Auen und Schuttfächer (F168, F171) besiedelt.
Die Böden sind in der Regel basenreiche Braunerden unterschiedlicher Gründigkeit, Parabraunerden
und Rendzinen, ferner degradierte Schwarzerden, Pseudogleye und Gleye.
321
Formation F.7 Karte der natürlichen Vegetation Europas
len Eichenmischwälder an solchen Stellen praktisch vollständig, und selbst die auf weniger produkti-
ven Standorten (arme und flachgründige Böden) erhalten gebliebenen Eichenmischwälder sind mei-
stens vom Menschen stark beeinträchtigt. Die heutigen Bestände und ihre Ersatzgesellschaften (z. B.
Niederwälder und Gebüsche) liefern folglich nur eine ungenaue und unvollständige Vorstellung über
Struktur und Artenzusammensetzung der natürlichen Eichenmischwälder und ihre Ausbildungs-
formen.
Als Ersatzgesellschaften der Hainbuchen-Eichenmischwälder treten je nach menschlichem Einfluß
Carpinus betulus- bzw. C. orientalis-Niederwälder sowie Eichen-Forste auf. Bei weitergehender
Zerstörung durch Holznutzung und Beweidung entstehen Schibljak-Gebüsche mit Carpinus orienta-
lis, Cotinus coggygria, Cornus mas, C. sanguinea subsp. australis, Crataegus pentagyna und ande-
ren Sträuchern. Weitere Degradierung führt zu Bothriochloa ischaemum-Rasen und steppenartiger
Vegetation. Auf tiefgründigen Standorten wurden die Wälder in landwirtschaftliche Nutzflächen mit
Weiden, Wiesen und Äckern (Getreide, Mais) sowie Wein- und Obstkulturen umgewandelt.
Die meisten heutigen Eichenwaldbestände wurden künstlich begründet. Eine Naturverjüngung fehlt
in manchen Fällen gänzlich. Die bisher in Naturschutzgebieten repräsentierten Eichenmischwälder
zeigen nur einen winzigen Ausschnitt aus der zönotischen Mannigfaltigkeit der krimisch-kaukasi-
schen Hainbuchen-Eichenmischwälder. Die Schutzgebiete zur Erhaltung und Regeneration natur-
naher Waldbestände bedürfen deshalb der Erweiterung und Ergänzung.
Gliederung in Untereinheiten
Die Gliederung in Kartierungseinheiten erfolgte nach dominierenden Baumarten, charakteristischen
Baumartenkombinationen und ökologischen Gesichtspunkten. Die Reihenfolge der Einheiten richtet
sich nach der geographischen Lage in der Abfolge von Nordwest nach Südost.
322
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation F.7
sische Differentialarten (z. B. Acer cappadocicum, Pyrus caucasica, Helleborus caucasicus, Arum
orientale, Convallaria transcaucasica) abgrenzen. Ihre Kontaktgesellschaften nach unten sind Wald-
steppen (L7, L8) und kräuterreiche Grassteppen (M1) sowie Auenwälder (U21), nach oben schließen
in der Regel Orientbuchenwälder (F164) an.
Die Einheit F169 stellt einen Komplex aus thermophilen bis xerophytischen Eichenmischwäldern
(Quercus iberica mit Carpinus betulus und/oder C. orientalis) und meso- bis hygrophilen Hain-
buchen-Kastanien-Orientbuchenmischwäldern (Fagus sylvatica subsp. orientalis, Castanea sativa,
Carpinus betulus) dar, der an den unteren bis mittleren Berghängen der Kolchis verbreitet ist. Sie
schiebt sich hier als schmales, teilweise unterbrochenes Band zwischen die hygrophilen kolchischen
Mischwälder der Tieflagen (H1) und die montanen kolchischen Orientbuchenwälder mit immer-
grünem Unterwuchs (F163). Die xerophytischen Eichenmischwälder sind in diesem Komplex auf
trockene und flachgründige, sonnseitige Hanglagen in vorwiegend meeresabgewandter Exposition
beschränkt. Die Hainbuchen-Kastanien-Orientbuchenmischwälder besiedeln dagegen die feuchteren
meeresseitigen und schattigen Hänge sowie luftfeuchte Taleinschnitte und Schluchten. Sie sind – im
Gegensatz zu den Eichenmischwäldern – vielfach durch immergrünen Unterwuchs gekennzeichnet.
Die Quercus iberica-Mischwälder der Kartierungseinheit F170 stellen die am weitesten verbreiteten
und am stärksten xerophilen Laubwaldtypen der Kaukasusregion dar. Sie sind typisch für die som-
merwarmen und niederschlagsarmen Berglandgebiete Transkaukasiens sowie am Nordostabfall des
Großen Kaukasus. Sie bilden hier einen nahezu geschlossenen Gürtel in der submontanen bis mon-
tanen Höhenstufe und vermitteln zwischen den von Natur aus bzw. anthropogen waldarmen bis
waldfreien Steppen- und Wüstengebieten der Tieflagen und den Orientbuchenwäldern, örtlich auch
Tannen-, Fichten-, und Kiefern-Bergwäldern bzw. Quercus macranthera-Wäldern (im östlichen
Kleinen Kaukasus) der Montanstufe. Je nach Höhenlage, Exposition, Inklination und Gründigkeit
der Hangstandorte wechselt die Baumartenkombination innerhalb der Kartierungseinheit von xero-
phytischen Carpinus orientalis-Quercus iberica-Buschwäldern über monodominante Quercus ibe-
rica-Wälder bis hin zu meso-thermophilen Carpinus betulus-Quercus iberica-Wäldern. Neben der
ökologischen gibt es auch eine geographische Differenzierung der Eichenmischwälder innerhalb der
Kartierungseinheit, unter anderem mit anatolischen und hyrkanischen Florenelementen im Süden
und Südosten des Areals.
Bei der Kartierungseinheit F171 handelt es sich um wüchsige Carpinus betulus-Quercus pedunculi-
flora-Mischwälder mit Ulmus minor auf tiefgründigen, frischen bis feuchten Standorten in Tal-
niederungen, auf Vorgebirgsebenen und Schwemmfächern der Gebirgsflüsse im Ostteil des Großen
Kaukasus. Sie enthalten teilweise hyrkanische Arten wie Acer velutinum und Hedera pastuchowii.
Quercus pedunculiflora ist eine nahe Verwandte zu Q. robur und ersetzt sie im wärmeren Ostkauka-
sus und im östlichen Transkaukasien. Sie hat ihren Verbreitungsschwerpunkt in den dortigen Hart-
holzauenwäldern (U22).
323
Formation F.7 Karte der natürlichen Vegetation Europas
kommen kleinflächig auch an den östlichen Ausläufern des Großen Kaukasus vor. Sie nehmen dort
die Höhenstufen zwischen montanen Orientbuchenwäldern und subalpinen Buschwäldern, oder –
ganz im Süden – zwischen Carpinus-Quercus iberica-Wäldern und subalpiner Krummholzvegetati-
on ein. Ferner kommen sie auf Nordhängen im Bereich kleinkaukasischer (nordostanatolischer)
Gebirgssteppen vor. Innerhalb des Areals weisen sie eine große Mannigfaltigkeit hinsichtlich Struk-
tur und Artenzusammensetzung auf. Je nach Höhenlage, Exposition und Bodengründigkeit sind sie
mono- oder oligodominant ausgebildet; im unteren Bereich mehr als Mischwälder mit Carpinus
betulus, Fraxinus excelsior, Acer cappadocicum, A. platanoides, A. campestre, Tilia cordata, T. be-
goniifolia und anderen Gehölzen. Subalpine Buschwald- und Krummholzausbildungen wurden der
Formation C (C46, C47) zugeordnet. Die Waldgesellschaften sind insgesamt sehr artenreich mit
einem Grundstock aus weitverbreiteten nemoralen Waldarten und zahlreichen kaukasischen Regio-
nal- und Lokalendemiten.
Literatur
DOLUCHANOV 1989, 1992 (Mskr.); GROSSGEJM 1948; LVOV 1964; MACHATADZE 1941b; NACHU-
CRIŠVILI 1999; PRILIPKO 1954; SACHOKIA 1980; SCHMIDT 2003; WALTER 1974.
324
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation G
325
Formation G Karte der natürlichen Vegetation Europas
Der größte Teil des Areals dieser Wälder liegt auf den drei großen Mittelmeerhalbinseln: der
iberischen (nördliche Hälfte), der italienischen und der balkanischen. Auf den Mittelmeerinseln
kommen der Formation zugehörige Wälder vor allem auf Korsika, Sardinien und Sizilien in den
höheren Lagen vor, fehlen aber auf den Balearen und auf den meisten ägäischen Inseln (mit Aus-
nahme von Euböa, Thasos, Samothrake und Imroz).
Am weitesten nach Norden dringen die thermophilen Fallaubmischwälder als zonale Vegetation in
Zentraleuropa vor: relativ großflächig in Österreich, der Slowakei, Ungarn und Rumänien, mehr
inselartig – als extrazonale Vegetation auf Sonderstandorten – in der Schweiz, in Deutschland,
Tschechien und vor allem in Polen (besonders im zentralen und östlichen Teil des mittelpolnischen
Tieflandes). Breitere Ausläufer nach Norden haben sie auch in Frankreich (bis zur Loire). Nach
Osten erstreckt sich das Areal dieser Wälder mit isolierten Vorkommen über die Krimhalbinsel, die
Südhänge des westlichen Kaukasus bis zu den nordöstlichen Ausläufern des Großen Kaukasus. Im
südlichen Kaukasus sind kleinflächige Vorkommen und verwandte Einheiten in die Formation F.7
integriert. Außerhalb Europas sind solche Wälder großflächig vor allem in Kleinasien verbreitet.
In diesem sich über 17 Breitengrade (zwischen 36/ und 53/ nördl. Breite) und 57 Längengrade
(zwischen 9/ westl. Länge und 48/ östl. Länge) erstreckenden Areal sind die pflanzengeographi-
schen und standörtlichen Gegebenheiten naturgemäß sehr unterschiedlich und die natürlichen
Vegetationseinheiten entsprechend vielgestaltig.
326
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation G
Die thermophilen Fallaubmischwälder sind gewöhnlich dreischichtig ausgebildet und mittel- bis
niedrigwüchsig (10-20 m), selten hochwüchsig. Bei dichtem Baumbestand können die Strauch-
schicht oder die Krautschicht recht spärlich sein, so daß die Bestände nur zwei deutlich ausgeprägte
Schichten aufweisen.
In der Regel bilden Quercus-Arten die obere und Mischbaumarten die untere Baumschicht. In den
heute anzutreffenden Waldbeständen ist der Anteil der Quercus-Arten oft anthropogen stark vermin-
dert, in manchen Beständen (z. B. Castanea sativa-Sekundärwäldern) können autochthone Baumar-
ten ganz fehlen. Viele reale Bestände haben zudem eine nutzungsbedingt aufgelichtete Baumschicht.
Die Strauchschicht ist meist gut entwickelt, weil durch die lockere Belaubung der Quercus-Arten
von Natur aus mehr Licht in das Bestandesinnere eindringt, ferner infolge anthropogener Auflich-
tung. Charakteristische und weitverbreitete Sträucher sind Cornus mas, Ligustrum vulgare, Vibur-
num lantana, Ruscus aculeatus, Crataegus monogyna, Prunus spinosa und Cotinus coggygria (im
Südosten). Im Westen kommen überdies Buxus sempervirens und Rubus ulmifolius, im Osten
Paliurus spina-christi, Hippocrepis emerus subsp. emerus und subsp. emeroides, Pistacia mutica
und Juniperus excelsa vor. Nicht selten sind auch mesophile Sträucher wie Corylus avellana,
Cornus sanguinea, Euonymus europaea u. a. in der Strauchschicht zu finden (vgl. Tab. 16). Die
südlichen Kartierungseinheiten weisen häufig immergrüne mediterrane Arten in der Strauchschicht
auf (z. B. Phillyrea latifolia, Arbutus unedo, Pistacia terebinthus, P. lentiscus, Viburnum tinus,
Erica arborea, Quercus coccifera).
In den thermophilen sommergrünen Laubmischwäldern sind vielfach auch Lianen und Spreiz-
klimmer anzutreffen (ohne aber strukturell besondere Bedeutung zu erlangen): Hedera helix, Cle-
matis vitalba, C. flammula, C. viticella, Tamus communis, Lonicera etrusca, L. caprifolium, L. peri-
clymenum, Rubia peregrina, Smilax aspera, Asparagus acutifolius u. a. (vgl. Tab. 16).
Die Krautschicht hat unterschiedlichen Deckungsgrad und ist reich an vorwiegend submeridional
verbreiteten Arten. Die wichtigsten sind Lithospermum purpurocaeruleum, Lathyrus niger, L. vene-
tus, Melittis melissophyllum, Tanacetum corymbosum, Silene coronaria, Potentilla micrantha,
Vincetoxicum hirundinaria, Brachypodium pinnatum, Physospermum cornubiense, Helleborus
odorus, H. foetidus, Mercurialis ovata, Polygonatum odoratum, Viola hirta. An Waldgräsern sind
Dactylis polygama, Brachypodium sylvaticum, Festuca heterophylla, Luzula forsteri und Poa
nemoralis häufig anzutreffen. Viele andere Arten differenzieren die Kartierungseinheiten regional:
Sesleria autumnalis, Helleborus multifidus, Symphytum ottomanum, Anemone apennina, Galium
pseudoaristatum, Lathyrus laxiflorus, Heptatera triquetra, Ramonda serbica, Haberlea rhodopensis,
Scutellaria columnae, Pulmonaria visianii, Paeonia peregrina, Crocus flavus, C. veluchensis u. a.
Lichte Ausbildungen mit Kontakt zu Felsen oder Trockenrasen werden z. B. durch Iris variegata,
Festuca rupicola, Stipa bromoides, Carex humilis, Veratrum nigrum, Vicia sparsiflora, Achillea
clypeolata, Delphinium fissum gekennzeichnet. In vielen thermophilen Wäldern sind auch mesophi-
le Krautarten wie Viola reichenbachiana, Stellaria holostea, Melica uniflora, Euphorbia amygdaloi-
des, Anemone ranunculoides, Primula acaulis u. a. vertreten.
327
Formation G Karte der natürlichen Vegetation Europas
Tab. 16: Verbreitung der wichtigsten Baum- und Straucharten der thermophilen sommergrünen Laubmischwälder
in den Untergruppen der Formation G.
Formations-Untergruppen G 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 3.6 4.1 4.2 4.3 4.4
Baumarten:
Quercus petraea d d . D x d (x) . . . d (x) (x) (x) (x) . . . . .
Quercus robur d d D . . (x) (x) . . . d (x) . (x). . . . . . .
Quercus cerris . . x . x D d x d d . (x) (x) x . (x) . . . .
Quercus frainetto . . . . x (x) d d (x) x . . . x . . . . . .
Quercus dalechampii . . . . d x x (x) . . . (x) (x) (x) . . . . . .
Quercus polycarpa . . (x) . d . x (x) . . . (x). . (x) . . . . . .
Quercus pubescens . . (x) x (x) (x) x x d d D D d d D x . . . .
Quercus virgiliana . . (x) . (x) (x) x . (x) d . d x x . x . . . .
Quercus pedunculiflora . . (x) . . (x) . . . d . . . (x) . . . . . .
Quercus trojana . . . . . . . (x) . . . . . . . D . . . .
Quercus pyrenaica . . . . . . . . . . . . . . . . D . . .
Quercus faginea . . . . . . . . . . . . . . . . (x) D . .
Quercus faginea ssp. broteroi . . . . . . . . . . . . . . . . . . D .
Quercus canariensis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D
Acer campestre [St] [x] x x . x x x x (x) (x) x x (x) x x x (x) (x) . .
Sorbus torminalis x x . . x (x) x x (x) . x x (x) (x) . . (x) (x) . x
Pyrus pyraster [St] . x x . x (x) x (x) (x) x [x] (x) (x) x . . . . . .
Fraxinus ornus . . . x x x x x x x . d d x . x . . . .
Carpinus betulus x (x) (x) . . (x) x (x) . . (x) . . . x . . . . .
Acer tataricum . x x . (x) . x (x) (x) x . . . x . . . . . .
Ulmus minor . . x . . (x) x (x) (x) x x (x) . x x . . . . .
Sorbus domestica . . x . (x) . x (x) (x) (x) x x . (x) . . . . . .
Acer monspessulanum [St] . . . . . . . [x] . . x (x) (x) x . . (x) x . x
Tilia tomentosa . . (x) . (x) (x) x (x) . . . x (x) (x) . . . . . .
Ostrya carpinifolia . . . x (x) (x) . x . . . (x) d (x) . . . . . .
Carpinus orientalis . . . . x (x) x x x (x) . . x d . . . . . .
Fraxinus excelsior . . . . (x) . (x) . . . (x) . (x) (x) x . . . . .
Malus sylvestris [St] . x . . . . x (x) . . [x] . . (x) . . . . . .
Castanea sativa . . . x . x . x . . (x) (x) . . . . . . . .
Sorbus aria [St] . . . . (x) (x) . . . . x . [x] . . . (x) (x) . .
Tilia cordata x . x . . . . . . . (x) . . . . . . . . .
Pinus sylvestris x . . . . (x) . . . . (x) . (x) . . . . . . .
Populus tremula x . . . . . . . . . . . (x) . . . . . . .
Prunus avium . (x) . . . (x) . . . . x . . . . . . . . x
Acer hyrcanum [ssp. intermedium] . . . . (x) . (x) . . . . . [x] (x) . . . . . .
Corylus colurna . . . . (x) . . . . . . . (x) . . . . . . .
Acer platanoides . . . . (x) . . . . . . . . . . . . . . .
Acer obtusatum . . . . . (x) . . . . . (x) (x) . . . . . . .
Celtis australis . . . . . (x) . . . . . . (x) (x) . . . . . .
Fraxinus angustifolia [ssp. danubialis] . . . . . [x] (x) . . . . . . . . . (x) . . .
Malus florentina . . . . . (x) . (x) . . . . . . . . . . . .
Betula pendula . . . . . (x) . . . . (x) . . . . . . . . .
Tilia platyphyllos . . . . . . (x) . . . (x) . . . . . . . . .
Quercus infectoria . . . . . . (x) (x) x . . . . . . . . . . .
Quercus iberica . . . . . . (x) (x) (x) . . . . . . . . . . .
Quercus hartwissiana . . . . . . (x) (x) . . . . . . . . . . . .
Tilia begoniifolia . . . . . . (x) . . . . . . . . . . . . .
Pyrus elaeagrifolia [ssp. bulgarica] . . . . . . . . x . . . . [x]. . . . . . .
Fraxinus angustifolia ssp. oxycarpa . . . . . . . . x . . . . . . . . . .
Acer opalus . . . . . . . . . . x . (x) . . . . . . .
Fagus sylvatica [ssp. moesiaca] . . . . . . . . . . (x) . [x] . . . . . . .
Quercus x calvescens . . . . . . . . . . (x) . . . . . . . . .
Prunus cerasus . . . . . . . . . . (x) . . . . . . . . .
Quercus ilex . . . . . . . . . . . (x) . . . (x). . . . x
Cercis siliquastrum . . . . . . . . . . . (x) . (x) . . . . . .
Taxus baccata . . . . . . . . . . . (x) . . . . . . . .
Pinus nigra . . . . . . . . . . . . (x) . . . . (x) . .
Pinus heldreichii . . . . . . . . . . . . (x) . . . . . . .
Juglans regia . . . . . . . . . . . . (x) . . . . . . .
Quercus congesta . . . . . . . . . . . . (x) . . . . . . .
Celtis tournefortii . . . . . . . . . . . . (x) . . . . . . .
Pyrus caucasica . . . . . . . . . . . . . . x . . . . .
Celtis caucasica . . . . . . . . . . . . . . x . . . . .
Celtis glabrata . . . . . . . . . . . . . . x . . . . .
328
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation G
Formations-Untergruppen G 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 3.6 4.1 4.2 4.3 4.4
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Formation G Karte der natürlichen Vegetation Europas
Formations-Untergruppen G 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 3.6 4.1 4.2 4.3 4.4
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Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation G
Erläuterungen:
D = dominierend
d = kodominant/stark vertreten
x = regelmäßig vorkommend ($50% der KE)
(x) = nur in bestimmten Kartierungseinheiten/Ausbildungen (<50% der KE)
[St] = Strauchschicht
Makroklimatische Gegebenheiten
Das Klima ist warm-temperat bis submeridional, z. T. auch mediterran, herbst- und winterfeucht,
sommertrocken, oft mit langen trockenen bis dürren Perioden im Hochsommer und am Herbst-
anfang sowie meist nur kurzfristiger Schneedecke im Winter. Die Jahresmitteltemperaturen schwan-
ken zwischen 6 °C im Norden und 17(-19) °C im Süden. Die Winter sind noch ziemlich streng im
Norden (-6 bis -1 °C Mitteltemperatur im kältesten Monat), aber mild im Süden (2-6 °C im kältesten
Monat). Die Sommer sind warm bis heiß (17-24 °C Mitteltemperatur im wärmsten Monat) mit
Trockenperioden von 2-4 Monaten und möglichen Dürreperioden von 1-3 Monaten. Im Mediterran-
gebiet werden jedoch die niederschlagsreicheren und feuchteren Gebirgslagen und tiefgründigen
Böden bevorzugt. Im Westteil des Areals und auf den Westseiten der Mittelmeerhalbinseln ist das
Klima mehr ozeanisch getönt (Südwestfrankreich, Westteil von Spanien, Portugal, Italien, Westteil
331
Formation G Karte der natürlichen Vegetation Europas
der Balkanhalbinsel), im Zentrum und Osten der Balkanhalbinsel, in den pannonischen, zentral-
balkanischen, danubischen und thrazischen Beckenlagen hat es dagegen subkontinentalen Charakter.
Bei den nördlichen Vorpostenstandorten handelt es sich um trockenwarme Hänge, Bergkuppen und
Beckenlagen.
Standortbedingungen
Die thermophilen sommergrünen Laubmischwälder kommen je nach Gebiet auf sehr unterschiedli-
chen Reliefformen vor: von Becken und Tiefebenen (z. B. in Ungarn, Rumänien, Jugoslawien,
Bulgarien), über Hügellandschaften bis in Hang- und Steillagen der Mittel- und Hochgebirge. Von
Norden nach Süden ist ein Höhenanstieg der Verbreitungsgebiete dieser Wälder von der planar-
kollinen bis zur montanen bzw. supramediterranen Stufe zu verzeichnen: So steigen die in Rumä-
nien noch bei 300-400 m gelegenen thermophilen Traubeneichenwälder in Bulgarien und Griechen-
land bis in über 1000 m Höhe auf.
Die Ausgangsgesteine der Böden sind sehr unterschiedlich: in den Ebenen und Hügellandschaften
wachsen thermophile Eichenwälder meist auf Löß-, Schluff- oder lehmigen Sandablagerungen, im
Hügelland auf Molassen, Mergeln, Kalk- und basenreichen Silikatgesteinen (u. a. Vulkaniten),
welche ebenfalls oft von Löß, Lehm oder Ton überlagert sind. In den Gebirgen werden verschiedene
Kalk-, Dolomit- und basenreiche Silikatgesteine großflächig besiedelt (z. B. in den Pyrenäen,
nordiberischen Gebirgen, Südwest- und Südalpen, im Apennin, in den Dinariden, Pindos, Rhodo-
pen, Balkangebirge). Die nördlichen Ausläufer und Vorposten kommen meist auf flachgründigen,
sonnseitigen Kalkstein- oder Mergelhängen, auf feinerdearmen Kalkschottern oder sandigen,
wasserdurchlässigen Kuppen vor.
Die Böden gehören verschiedenen Bodentypen an: Rendzinen und Terra rossa-Böden sind auf
Kalkunterlage verbreitet, zimtfarbige Böden, aber auch Braunerden, Parabraunerden und degradierte
Tschernoseme über unterschiedlichem Ausgangsgestein. Typisch für die Quercus frainetto- und
Quercus cerris-Wälder sind rötlich-braune tonige Waldböden und auch Smonitzaböden (Vertisols,
Planosols) auf Tonunterlagen sowie schwach saure Molasseböden. Auf großer Fläche, meist unter
Nieder- und Buschwäldern, sind die Böden stark erodiert und steinig (z. B. im Apennin, in den
balkanischen Gebirgen). Vorpostenstandorte im Norden finden sich meist auf Rendzinen, aber auch
auf basenreichen Rankern an flachgründigen, skelettreichen, südexponierten Hängen. Die Bodenre-
aktion reicht von schwach alkalisch bis mäßig sauer.
332
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation G
nur noch in geringem Umfang und vorzugsweise auf unzugänglichen bzw. wenig produktiven Ex-
tremstandorten. Die thermophilen Fallaubwälder zeichnen sich – trotz weitreichender menschlicher
Eingriffe – generell durch Artenreichtum, eine hohe Biodiversität und das Vorkommen seltener und
endemischer Arten aus, weshalb sie unbedingt zu erhalten bzw. zu regenerieren sind. Um das
verbliebene Spektrum zu bewahren und die Regeneration natürlicher Wälder zu ermöglichen, ist es
unumgänglich und dringend nötig, ein dichtes und repräsentatives Netz von Schutzgebieten (teils als
Totalreservat, teils unter Fortführung der traditionellen Nutzung) im gesamten Areal zu schaffen.
Diese Wälder haben zudem eine äußerst wichtige klima- und bodenschützende Funktion. Es ist
deshalb eine absolute Notwendigkeit, alle noch bestehenden Wälder zu erhalten und eine radikale
Wende in deren Bewirtschaftung einzuleiten, um die weitere Degradation oder regional sogar ihr
gänzliches Verschwinden zu verhindern. Man muß allerdings auch in Betracht ziehen, daß eine
Wiederherstellung dieser Wälder im trockenen Klima und auf degradierten Böden nur unter hohem
Aufwand möglich, ja oft gar nicht durchführbar ist.
Gliederung in Untereinheiten
Die thermophilen Fallaubwälder weisen eine betont regionale Gliederung auf, die durch das nord-
südliche und west-östliche Klimagefälle, die unterschiedliche Verbreitung der Hauptbaumarten und
nicht zuletzt durch die regional abweichende postglaziale Floren- und Vegetationsgeschichte bedingt
ist. Entsprechend werden die in der Legende und Vegetationskarte Europas ausgewiesenen 77 Kar-
tierungseinheiten innerhalb der thermophilen sommergrünen Laubmischwälder in vier Gruppen
aufgeteilt, die von Nord nach Süd und von Ost nach West angeordnet sind (vgl. Karte 13):
G.1 Subkontinentale thermophile Stieleichen- und Traubeneichen(misch)wälder
G.2 Submediterran-subkontinentale thermophile Zerreichen- und Balkaneichenwälder sowie
-mischwälder
G.3 Submediterrane und meso-supramediterrane Flaumeichenwälder sowie -mischwälder
G.4 Iberische supra- und mesomediterrane Quercus pyrenaica-, Q. faginea-, Q. faginea subsp.
broteroi- und Q. canariensis-Wälder
Diese vier Gruppen wurden hauptsächlich auf Grund der bestandsbildenden Baumarten ausge-
schieden, haben aber auch klar umgrenzte Verbreitungsgebiete: die erste Gruppe in Zentraleuropa
und im pannonisch-karpatischen Raum, die zweite von Italien über den pannonischen Raum bis zum
Ostbalkan, die dritte mehr oder weniger durchgehend von Südwestfrankreich bis zum Ostkaukasus,
die vierte auf der Iberischen Halbinsel (vgl. Tab. 17).
In jeder der vier Gruppen wurde eine weitere Gliederung in Untergruppen vorgenommen, die sich
in erster Linie nach der Baumartenkombination (einschließlich ökologisch wichtiger Mischbaumar-
ten) und deren geographischer sowie Höhenstufenverbreitung richtet (vgl. Tab. 16). Eine konse-
quente Gliederung nach Höhen- und Trophiestufen in Verbindung mit dominierenden Baumarten
war allerdings nur in Spanien möglich, während für die übrigen Gebiete vielfach entsprechende
Angaben fehlten. Die weitere Differenzierung in Kartierungseinheiten erfolgte aufgrund der
Gesamtartenverbindung und geographisch differenzierender Arten.
Im folgenden werden die einzelnen Untergruppen im Hinblick auf ihre Baumartenkombination und
333
Formation G Karte der natürlichen Vegetation Europas
Tab. 17: Geographische Verbreitung der Untergruppen von Kartierungseinheiten der Formation G (von
West nach Ost).
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Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation G
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Formation G Karte der natürlichen Vegetation Europas
Hauptbaumart in der oberen Baumschicht, zu der sich wechselweise andere thermophile (submedi-
terrane) Quercus-Arten in der unteren Baumschicht gesellen (Q. cerris, Q. pubescens, Q. virgiliana,
Q. pedunculiflora), ferner Acer campestre und gebietsweise Ulmus minor, Pyrus pyraster, Tilia
cordata, T. tomentosa. In der Strauchschicht vereinen sich thermophile (Cornus mas, Ligustrum
vulgare, Viburnum lantana, Berberis vulgaris) mit mesophilen Arten (Crataegus monogyna, Prunus
spinosa, Rhamnus cathartica, Rosa canina, Euonymus europaea); die xerophile Einheit G4 enthält
zusätzlich Trockengebüsche mit Prunus fruticosa und P. tenella. Die Krautschicht weist eine Reihe
thermophiler Waldarten auf (Lithospermum purpurocaeruleum, Polygonatum hirtum, Doronicum
hungaricum, Viola suavis), aber auch Pflanzen xerothermer Waldränder und Trockenrasen (Dictam-
nus albus, Iris variegata, Carex michelii, Lathyrus pannonicus subsp. collinus, Phlomis tuberosa,
Nepeta nuda). In Einheit G5 sind dagegen mesophile Arten stärker beteiligt (Convallaria majalis,
Potentilla alba, Brachypodium sylvaticum, Silene coronaria).
336
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation G
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Formation G Karte der natürlichen Vegetation Europas
Die Wälder sind mittel- bis hochwüchsig, zwei- bis dreischichtig, mit vorherrschender Quercus
cerris und Q. frainetto in der oberen Baumschicht. Je nach Gebiet unterschiedliche Beimischung
von Quercus petraea, Q. dalechampii, Q. polycarpa, Q. pubescens, Q. virgiliana sowie Q. infecto-
ria, Q. iberica, Q. hartwissiana in Ostthrakien; in der unteren Baumschicht ferner Acer tataricum,
A. campestre, Fraxinus ornus, Carpinus orientalis, Ulmus minor, Pyrus pyraster, Carpinus betulus,
Sorbus domestica, S. torminalis, Tilia tomentosa. Die meist gut entwickelte Strauchschicht besteht
vornehmlich aus Crataegus monogyna, Ligustrum vulgare, Cornus mas, ferner örtlich aus Rosa
gallica, Rhamnus cathartica, Euonymus verrucosa, Cotinus coggygria, Viburnum lantana, Ruscus
aculeatus. In der Krautschicht herrschen thermophile Arten vor: Lathyrus niger, Silene coronaria,
S. viridiflora, Potentilla micrantha, Helleborus odorus, Lithospermum purpurocaeruleum, Polygo-
natum hirtum, Lathyrus laxiflorus, daneben azidophile Arten (u. a. Luzula luzuloides, L. forsteri),
ferner Wechselfeuchtezeiger (Carex praecox, Festuca heterophylla) und mesophile Arten (Brachy-
podium sylvaticum, Stellaria holostea, Euphorbia amygdaloides, Anemone ranunculoides). Die
Kartierungseinheiten sind durch regionale Differentialarten unterschieden.
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Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation G
Quercus frainetto, Q. infectoria, Pyrus elaeagrifolia. In der Strauchschicht kommen Cornus mas,
Crataegus monogyna, Phillyrea latifolia und Erica manipuliflora vor, in der meist gut entwickelten
Krautschicht thermophile Arten wie Mercurialis ovata, Piptatherum virescens, Lithospermum
purpurocaeruleum, Tanacetum corymbosum, Lathyrus niger sowie mesophile Waldgräser und
-kräuter (Dactylis polygama, Brachypodium sylvaticum, Anemone ranunculoides, Euphorbia
amygdaloides).
339
Formation G Karte der natürlichen Vegetation Europas
und ein ziemlich feuchter, milder Winter, ohne oder mit nur kurz andauernder Schneedecke und
relativ wenigen Frosttagen.
Die Gruppe der submediterranen und meso-supramediterranen Fallaubwälder gliedert sich in sechs
Untergruppen mit meist dominierender Flaumeiche (Quercus pubescens, z. T. Q. virgiliana) in
unterschiedlicher Kombination mit anderen thermophilen sommergrünen Laubbaumarten, nament-
lich Fraxinus ornus, Ostrya carpinifolia und Carpinus orientalis.
340
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation G
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Formation G Karte der natürlichen Vegetation Europas
tum pubescentis Trinajsti 1974 (G48, G51), Fraxino orni-Ostryetum Braun-Blanquet 1961 (G49),
Molinio-Quercetum pubescentis Šugar 1981 (G50), Melampyro italici-Oystryetum Ubaldi et al.
1987, Scutellario-Ostryetum Pedrotti et al. 1979 (G52), Carpino-Quercetum virgilianae Trinajsti
1988, Erico-Quercetum virgilianae Brullo et Marceno 1985 (G53), Ostryo-Quercetum virgilianae
Trinajsti 1987 (G54).
Die niedrig- bis mittelwüchsigen, zwei- bis dreischichtigen Wälder haben in der Baumschicht eine
Kombination von Quercus pubescens, örtlich auch Quercus virgiliana, Q. congesta und Ostrya
carpinifolia mit Fraxinus ornus und z. T. Carpinus orientalis. Weitere Mischbaumarten sind je nach
Gebiet Acer obtusatum, A. opalus, A. monspessulanum, Celtis tournefortii und Tilia tomentosa. In
der Strauchschicht sind neben den weitverbreiteten Arten Crataegus monogyna, Cornus mas und
Ligustrum vulgare auch Lonicera etrusca, Cotinus coggygria, Colutea arborescens, Hippocrepis
emerus und Paliurus spina-christi sowie mediterrane immergrüne Arten (Rhamnus alaternus,
Arbutus unedo, Pistacia lentiscus, Juniperus oxycedrus) anzutreffen. Die Krautschicht ist reich an
weit verbreiteten thermophilen Arten (z. B. Lithospermum purpurocaeruleum, Melittis melissophyl-
lum, Lathyrus niger, Tanacetum corymbosum, Carex humilis, Arabis turrita) und weist zudem viele
regionale Differentialarten auf: Helleborus multifidus, Knautia drymeia, Viola alba subsp. dehn-
hardtii, Hemerocallis lilioasphodelus, Melampyrum italicum, Lathyrus venetus, Anemone apennina,
Cyclamen hederifolium, Potentilla detommasii, Haberlea rhodopensis u. a., unter den Gräsern
Sesleria autumnalis, S. latifolia, Festuca heterophylla, ferner Arten mesophiler Wälder (Melica
uniflora, Primula acaulis, Hepatica nobilis, Euphorbia amygdaloides, Viola reichenbachiana u. a.).
Erwähnenswert ist die für Eichen-Trockenwälder vergleichsweise starke Beteiligung von Lianen
und Spreizklimmern (Clematis vitalba, C. flammula, Tamus communis, Hedera helix, Asparagus
acutifolius, Smilax aspera, Rubus ulmifolius).
Eine besondere Stellung nimmt die Kartierungseinheit G50 ein, in der die Flaumeiche mit Wechsel-
feuchtezeigern und azidophytischen Arten (Molinia arundinacea, Calluna vulgaris, Potentilla alba,
Pulmonaria angustifolia) vergesellschaftet ist.
342
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation G
mit Carpinus orientalis, Acer campestre, A. tataricum, A. monspessulanum, Pyrus pyraster, Ulmus
minor, Sorbus torminalis. Die gewöhnlich gut entwickelte Strauchschicht besteht aus Cotinus
coggygria, Cornus mas, Viburnum lantana, Ligustrum vulgare, Crataegus monogyna, Syringa
vulgaris, Paliurus spina-christi, Euonymus verrucosa, im Süden auch Ruscus aculeatus, Colutea
arborescens, Jasminum fruticans, Phillyrea latifolia, Juniperus oxycedrus, Pistacia terebinthus; in
der Krautschicht finden sich viele thermophile und geographische Differentialarten wie Lithosper-
mum purpurocaeruleum, Mercurialis ovata, Piptatherum virescens, Helleborus odorus, Paeonia
peregrina, Ranunculus illyricus, Cleistogenes serotina, Physospermum cornubiense, Potentilla
micrantha, Stipa bromoides, Symphytum ottomanum, Ramonda serbica.
Die Wälder der krimisch-westkaukasischen Kartierungseinheit G61 wurden den Verbänden Junipe-
ro excelsae-Quercion pubescentis Jakucs 1961 und Carpino orientali-Quercion pubescentis
Korñenevskij et Šeljag-Sosonko 1983 zugeordnet.
Die Baumschicht der niedrigwüchsigen und lichten Buschwälder besteht hauptsächlich aus Quercus
pubescens und Carpinus orientalis, ferner sind Fraxinus excelsior, Juniperus excelsa und Sorbus
torminalis beteiligt. Die Strauchschicht enthält einige immergrüne Arten (Pistacia mutica, Jasmi-
num fruticans, Ruscus aculeatus, Rhododendron luteum) sowie Cotinus coggygria, Rhus coriaria,
Paliurus spina-christi. Für die Krautschicht sind neben den verbreiteten thermophilen Arten
(Lithospermum purpurocaeruleum, Laser trilobum, Carex halleriana, Physospermum cornubiense)
geographische Differentialarten wie Ornithogalum ponticum und Sesleria anatolica kennzeichnend.
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Formation G Karte der natürlichen Vegetation Europas
Die lichten, dreischichtigen Wälder bestehen in der oberen Baumschicht vorwiegend aus Quercus
trojana, z. T. in Kombination mit Q. pubescens, Q. virgiliana, Q. ilex oder Q. cerris, in der unteren
Baumschicht enthalten sie z. T. Fraxinus ornus und Acer campestre. In der meist gut entwickelten
Strauchschicht spielen immergrüne mediterrane Arten eine wichtige Rolle (Phillyrea latifolia,
Pistacia lentiscus, P. terebinthus) neben sommergrünen Gehölzen wie Pyrus spinosa, Rhamnus
orbiculata, R. intermedia, Punica granatum, Petteria ramentacea. Lianen sind gut vertreten
(Clematis flammula, C. viticella, Lonicera caprifolium, L. etrusca, L. implexa, Smilax aspera,
Tamus communis, Rubia peregrina inkl. subsp. longifolia, Asparagus acutifolius). In der Kraut-
schicht herrschen südliche Arten und Endemiten vor (Cyclamen hederifolium, C. repandum, Viola
alba subsp. dehnhardtii, Paeonia mascula, Crocus dalmaticus, Fritillaria gracilis, Anemone
apennina, A. hortensis, Romulea linaresii, Carex distachya, Ranunculus neapolitanus, Silene italica
u. a.), in Süditalien als Kennart Euphorbia apios (BIANCO et al. 1998).
344
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation G
pubescenti-petraeae, Aceri granatensis-Quercenion fagineae bei G.4.2. Dagegen wird G.4.3 und ein
Teil von G.4.4 zum Quercenion broteroi innerhalb der Klasse Quercetea ilicis gestellt.
345
Formation G Karte der natürlichen Vegetation Europas
346
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation G
Literatur
BORHIDI 1996; BRULLO, GUARINO & SIRACUSA 1998, 1999; DOING KRAFT 1955; HORVAT, GLAVA
& ELLENBERG 1974; JAKUCS 1961; OBERDORFER 1948; RAMEAU 1996b; RIVAS-MARTÍNEZ 1987;
RIVAS-MARTÍNEZ, FERNÁNDEZ-GONZÁLEZ, LOIDI, LOUSÃ & PENAS 2001 (Mskr.).
347
Formation H Karte der natürlichen Vegetation Europas
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Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation H
tritt Taxus baccata hinzu. Die Strauchschicht enthält weitverbreitete immergrüne (Daphne pontica,
Rhododendron ponticum, Prunus laurocerasus), aber auch endemische Arten (Staphylea colchica,
Rhododendron ungernii, Epigaea gaultherioides, Viburnum orientale, Danae racemosa, Euonymus
velutina). Daneben kommen endemische Ruscus-, Buxus- und Crataegus-Arten vor wie der kol-
chisch-hyrkanische Endemit Crataegus microphylla. Typische Lianen sind: Smilax excelsa, Periplo-
ca graeca, Vitis vinifera subsp. sylvestris, im Westen Hedera colchica, H. helix, im Osten Hedera
pastuchowii. Unter den Epiphyten sind Polypodium cambricum und zahlreiche Flechten und Moose
(z. B. Usnea barbata, Neckera-Arten) häufig. Die Krautschicht enthält etliche Farne wie Athyrium
filix-femina, Pteris cretica, Asplenium scolopendrium, Matteuccia struthiopteris, verschiedene Dry-
opteris- und Polystichum-Arten sowie Gräser und Grasartige (z. B. Brachypodium sylvaticum,
B. pinnatum subsp. rupestre, Poa masenderana, Oplismenus undulatifilius, Dactylis glomerata,
Festuca drymeja, Luzula forsteri, Carex spicata) sowie Epimedium colchicum, Trachystemon orien-
talis, Symphytum ibericum, Sanicula europaea, Circaea lutetiana, Euphorbia amygdaloides u. a.
Makroklimatische Gegebenheiten
Das Klima ist ausgeglichen warm-temperiert mit Jahresmitteltemperaturen zwischen 13 und 15 °C
(in der Kolchis 13-14 °C, in Hyrkanien 12-15 °C). Die Jahressummen der Lufttemperatur über 10 °C
übersteigen fast überall 3800 °C, stellenweise erreichen sie 4600-4700 °C. Charakteristisch sind
hohe Niederschlagsmengen, die sich in der Kolchis ziemlich gleichmäßig über das ganze Jahr
verteilen (mit Maximum im Herbst und Winter, vgl. Abb. 11). Sie resultieren aus den Steigungs-
regen der wassergesättigten Luft an den Südwest- und Westhängen des Großen und Kleinen Kauka-
sus bei vorherrschenden Westwinden. Das hyrkanische Klima unterscheidet sich vom kolchischen
durch eine stärker ausgeprägte Jahresperiodizität mit einer Trockenphase im Sommer und einem
Niederschlagsmaximum im Herbst. In der Kolchis ist das Klima gegenüber Hyrkanien milder und
durch den Einfluß des Schwarzen Meeres weniger kontinental (Jahresamplitude der Monatsmittel-
temperaturen 15-19 °C). Die Winter sind milder (Mitteltemperatur des kühlsten Monats 4-6 °C) und
die Niederschläge während des ganzen Jahres reichlich (mittlere Jahresniederschläge 1000 bis
3000 mm, stellenweise bis 3500 mm). Die winterliche Schneebedeckung schützt die Vegetation vor
gelegentlichen Frösten und ermöglicht das Vorkommen von thermophytischen Laubwaldbeständen
mit immergrünem Unterwuchs auch in größeren Höhen. In Hyrkanien ist der Winter etwas kühler
(Januarmittel -2 bis 3 °C) und der Sommer etwas wärmer (Mitteltemperatur des wärmsten Monats
24-26 °C). Die Jahresamplitude der Monatsmitteltemperaturen liegt höher (22-24 °C), die Jahres-
niederschläge sind deutlich niedriger und übersteigen kaum 1500 mm, ihre Verteilung über das Jahr
349
Formation H Karte der natürlichen Vegetation Europas
ist ungleichmäßig: der Sommer ist trocken, die übrigen Jahreszeiten sind humid (vgl. Abb. 11).
Abb. 11: Klimadiagramme der hygrophilen thermophytischen Laubmischwälder (H): Batum (Batumi) (H1),
Kutaisi in der Kolchis (H1), Lenkoran in Hyrkanien (H2) (nach WALTER & LIETH 1967).
Standortbedingungen
Die zur Formation H gehörenden Wälder wachsen in Niederungen entlang der Meeresküsten, auf
Schwemmland von Flüssen (z. B. Rioni) und an den Unterhängen von Gebirgen (Großer und
Kleiner Kaukasus, Talysch). Die Höhenverbreitung reicht vom Tiefland bis 600 m, doch besiedeln
einzelne Bestände noch Höhen um 900 m. Im hyrkanischen Küstenstreifen (H2) bilden marine
Ablagerungen die geologische Unterlage in einer Serie von aufeinander folgenden Terrassen bis in
eine Meereshöhe von 300-400 m. Nur stellenweise sind diese von kolluvialen und alluvialen
Ablagerungen überdeckt. Die kolchische Tiefebene besteht im wesentlichen aus fluviatilen Ablage-
rungen; Meeresterrassen nehmen hier nur sehr kleine Flächen ein.
Als Bodentypen sind Roterden und verschiedene Formen der Gelberden (Ferralsols) für diese Ge-
sellschaften kennzeichnend. Roterden (z. T. fossil) sind an das feuchte kolchische Klima gebunden
und fehlen in Hyrkanien. Gelberden sind in der Kolchis (meist mit geringer Basensättigung) und in
Hyrkanien verbreitet (hier mit mäßiger Basensättigung). Beide Bodentypen kommen in der typi-
schen wie in der lessivierten Variante vor. In den Vorgebirgen haben sich unter Wäldern stellenwei-
se auch gelb-braune Böden und montane braune Waldböden (Cambisols) gebildet. In Hyrkanien
finden sich zusätzlich montane zimtfarbene Waldböden (Chromic Cambisols). Im Wechsel mit den
oben angeführten Bodentypen kommen örtlich ausgedehnte Humuskarbonatböden (Rendzinen),
ferner Auen- und Gleyböden vor.
Rolle im Landschaftsgefüge
Die Kartierungseinheiten zeichnen sich durch große Standort- und Vegetationsvielfalt aus. Auf
vernäßten Standorten in den Ebenen und in Schluchten herrschen Erlenbruchwälder (Alnus barbata)
und Pterocarya-Alnus-Auenwälder vor (Alnus barbata und Pterocarya pterocarpa in den Flußauen,
Alnus subcordata in den Bachtälern). In den Auenwäldern vieler Flüsse dominieren Pappeln (Popu-
lus x canescens, P. hyrcana, P. nigra) und Weiden (Salix spp.) neben Erle und Flügelnuß (Pteroca-
rya). Auf flachgründigen und steinigen Flächen entwickeln sich niedrigwüchsige und trockenheits-
resistentere Wälder abweichender Artenzusammensetzung (u. a. mit Quercus iberica). Nach oben
350
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation H
werden die thermophytischen Wälder von Eßkastanien- (Castanea sativa) und Buchenwäldern (Fa-
gus sylvatica subsp. orientalis) abgelöst. An meerseitigen, besonders feuchten Berghängen kommen
geschlossene immergrüne Reinbestände aus Prunus laurocerasus vor, in Hyrkanien u. a. Bestände
aus Albizia julibrissin.
Gliederung in Untereinheiten
Die 3 Kartierungseinheiten dieser Formation (H1, H2, H3) stellen geographische Ausbildungen dar:
H1 kommt in der Kolchis, an der östlichen Küste des Schwarzen Meeres, H2 und H3 an der Süd-
351
Formation H Karte der natürlichen Vegetation Europas
westküste des Kaspischen Meeres vor. Die Einheiten unterscheiden sich in vielen Merkmalen. Die
deutlichen floristischen Unterschiede sind nicht nur durch die heutigen klimatischen Besonderhei-
ten, sondern vor allem durch die langdauernde Isolation der beiden Gebiete bedingt. Immergrüner
Unterwuchs ist nur für die kolchischen Wälder (H1) kennzeichnend, während er in den Hyrka-
nischen Vorgebirgen (H2) weitgehend fehlt. Im hyrkanischen Gebiet dominieren statt dessen die
Reliktarten. Die kolchische reliktische Dendroflora besteht vor allem aus Pflanzen, die im Winter
einen zuverlässigen Schneeschutz benötigen. Die hyrkanische reliktische Dendroflora ist dagegen
durch Waldarten repräsentiert, die die Eiszeit an den wärmeren südlichen Ufern des Kaspischen
Meeres überdauert haben. Zu den letzteren gehören Arten wie Parrotia persica, Quercus castaneifo-
lia, Alnus subcordata, Acer velutinum, Pyrus boissieriana, Gleditsia caspia, Albizia julibrissin
sowie Hedera pastuchowii und Frangula grandiflora. Das Areal dieser Arten ist auf das Einzugs-
gebiet des Kaspischen Meeres beschränkt. Andererseits sind die charakteristischen kolchischen
Arten (Quercus imeretina, Q. hartwissiana, Tilia ledebourii, Staphylea colchica, Ilex colchica,
Rhododendron ponticum u. a.) nicht im hyrkanischen Gebiet vertreten, und die Baumschicht wird
hier fast ausschließlich von Reliktarten gebildet.
Literatur
DOLUCHANOV 1989, 1992 (Mskr.); GROSSGEJM 1926, 1948; NACHUCRIŠVILI 1999; PRILIPKO 1970a;
SACHOKIA 1980; SCHMIDT 2003; WALTER 1974.
352
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation J
Geographische Verbreitung
Das natürliche Wuchsgebiet mediterraner Hartlaubwälder und -gebüsche in Europa umfaßt den
größten Teil der Iberischen Halbinsel, die Tieflagen und küstennahen Gebiete Südfrankreichs,
Italiens, der Adria-Länder und der südlichen Balkanhalbinsel sowie die Mittelmeerinseln von den
353
Formation J Karte der natürlichen Vegetation Europas
Balearen bis zur Ägäis mit Ausnahme einiger Gebirgs- und Küstenräume (s. Karte 14 im Textband
sowie die Blätter 7 und 8 der Europakarte). Während mediterrane Hartlaubwälder im iberischen Teil
des Verbreitungsgebietes auch weit im Inland vorkommen, bleiben sie im Norden des Areals auf
einen meist wenige Kilometer schmalen Küstensaum beschränkt, können aber im Süden (Sizilien,
Mittelgriechenland, Peloponnes) bis zu 70 km landeinwärts reichen. Das Areal immergrüner medi-
terraner Hartlaubvegetation setzt sich außerhalb Europas nach Süden (Teile der Nordküsten Marok-
kos, Algeriens, Tunesiens, Libyens) und Osten fort (Küstenräume der West- und Südtürkei, Zyperns,
Syriens, des Libanon und Israels).
354
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation J
bis zu 6 m. Sie wächst oft zusammen mit der Wildform des Ölbaums (Olea europaea subsp.
oleaster) und dem Johannisbrotbaum (Ceratonia siliqua). Olea wie Ceratonia gehören nach heuti-
gem Kenntnisstand nicht zur ursprünglichen europäischen Flora, sondern wurden in ihren nahöstli-
chen Indigenaträumen in Kultur genommen und von dort aus im Mittelmeergebiet verbreitet, wo sie
in der Folge verwilderten und seit langem in der natürlichen Vegetation fest eingebürgert sind.
Weitere wichtige bestandsbildende und weit verbreitete Holzarten sind im Thermomediterranraum
Juniperus phoenicea (incl. subsp. turbinata), meist küstennahe Gebüsche bildend, und J. oxycedrus
subsp. macrocarpa, oft baumförmig Küstensande besiedelnd.
Während anthropogen aufgelichtete Hartlaubwälder auf kleiner Fläche eine hohe Artenzahl auf-
weisen können, sind wenig oder lange nicht mehr gestörte Bestände dicht und auffällig artenarm.
Besonders schattentolerant und daher unter dem Schirm dichter Hartlaubwälder weit verbreitet sind
Farnartige (Asplenium onopteris, Selaginella denticulata), immergrüne, teils klimmende Halbsträu-
cher und Lianen (Ruscus aculeatus, Asparagus acutifolius, A. aphyllus, Smilax aspera, Rubia
peregrina, R. tenuifolia) sowie Geophyten (Cylamen-Arten, Arisarum vulgare und andere Araceae).
Im Schutz niedriger Hartlaubgebüsche wachsen dagegen Horstgräser wie Piptatherum miliaceum,
P. coerulescens und Ampelodesmos mauritanica, deren Halme die Sträucher überragen können.
Makroklimatische Gegebenheiten
Hartlaubwälder und -gebüsche wachsen in Gebieten mit ausgeprägtem mediterranem Winterregen-
klima, also bei trockenen warmen Sommern und kühlen feuchten Wintern. Strenge Fröste fehlen, in
thermomediterranen Gebieten sind Fröste generell selten. Die Niederschlagsmaxima liegen gewöhn-
lich im November/Dezember und im Februar/März. Die Sommermonate – in den trockenen südli-
chen Gebieten schon ab Mai und bis einschließlich September – bringen wenig oder keinen Nieder-
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Formation J Karte der natürlichen Vegetation Europas
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Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation J
systematisch angelegter Dauerflächen zur Erhellung der Sukzessionsvorgänge fehlt weithin bzw.
scheitert gewöhnlich an der Zerstörung der experimentellen Einrichtungen. Pinus-dominierte Wäl-
der tragen zudem ein hohes Feuerrisiko in sich. Ebene Standorte mit gut entwickelten und tief-
gründigen Böden stehen für das Studium der zonalen Waldentwicklung in der jahrtausendealten
Kulturlandschaft des Mittelmeerraumes kaum zur Verfügung. Gering beeinflußte reife Hartlaubwäl-
der sind wegen ihrer Seltenheit für Naturschutz und Wissenschaft von großer Bedeutung. Dasselbe
gilt wegen ihres Entwicklungspotentials auch für aus Niederwaldnutzung hervorgegangene fort-
geschrittene Regenerationsbestände und für ausgedehnte kernwüchsige Weidewälder. Aus Natur-
schutzsicht sind freilich Hartlaubwälder nicht generell ihren Ersatzgesellschaften vorzuziehen,
welche ungleich reicher an Organismen und Kleinhabitaten sind als die zonale Schlußgesellschaft.
Gliederung in Untereinheiten
Die Hartlaubwälder und -gebüsche des Mittelmeerraumes lassen sich zunächst nach ihrer klimati-
schen Präferenz in eine Gesellschaftsgruppe mesomediterraner und eine Gruppe thermomediterraner
Verbreitung differenzieren. Innerhalb jeder dieser beiden Gesellschaftsgruppen ist die vorherr-
schende Baumart – meist aus der Gattung Quercus – vorrangiges Kriterium der weiteren Differen-
zierung. Diese bestimmt als Matrixart in erheblichem Maß den Bestandescharakter. Die weitere
Unterteilung in Kartierungseinheiten fußt dagegen hauptsächlich auf substratbedingten und chorolo-
gischen Spezifika des Unterwuchses.
Ein rascher Überblick über die standörtlich differenzierte regionale Verteilung der insgesamt
53 Kartierungseinheiten läßt sich am besten anhand ihrer drei großen südeuropäischen Teilareale –
der Iberischen Halbinsel mit den Balearen und Südfrankreich, der Apenninhalbinsel mit Sizilien,
Sardinien und Korsika und der Balkanhalbinsel mit Kreta und den ägäischen Inseln – gewinnen (vgl.
Karte 14). Dabei wird aus Gründen der Übersichtlichkeit und Straffung der Darstellung vornehmlich
auf die natürlichen (in vielen Fällen hypothetischen und aus standörtlichen und syndynamischen
Befunden abgeleiteten) Schlußgesellschaften eingegangen, dagegen nicht oder nur punktuell auf die
aktuell landschaftsprägende Ersatzvegetation. Zur besseren Orientierung ist die Legendennummer
der jeweiligen Kartierungseinheit in Klammern beigefügt.
357
Formation J Karte der natürlichen Vegetation Europas
nährstoffarme Sandböden des Alentejo und der Küstenlandschaft Mittelportugals (J35), hier u. a.
differenziert durch den psammophilen Juniperus navicularis, zum anderen skelettreiche Böden über
festen Silikatgesteinen (J36) ohne ausgesprochene Psammophyten. Mit zunehmender Küstenferne
und Höhenlage (Serra de Monchique, Portugiesisches Scheidegebirge) stellen sich mesomediterrane
Ausbildungen der Korkeichenwälder ein, die keine thermisch anspruchsvollen Holzarten (Olea,
Myrtus) mehr enthalten; dafür können hier laubabwerfende Eichen (Quercus canariensis) bei-
gemischt sein (J25). Die geschlossene portugiesische Korkeichen-Landschaft erstreckt sich von der
Algarve im Süden bis in die Gegend von Coimbra; nördlich davon besteht noch ein isoliertes
mesomediterranes Teilareal im mittleren Duero-Becken im Hinterland von Porto mit Juniperus
oxycedrus als Begleit-Holzart (J24). Die nördlichsten Korkeichenwälder mit Reliktcharakter (J23)
– differenziert durch Arten mesophiler Laubwälder in der Krautschicht – finden sich im spanischen
Galicien im Tal des Sil bei Orense. Mit abnehmender Ozeanität des Klimacharakters, so im Ein-
zugsbereich der Guadiana (Alto Alentejo), ziehen sich die Korkeichenwälder ostwärts inselartig auf
hygrisch günstige Standorte zurück und werden von mesomediterranen Quercus ilex subsp. rotundi-
folia-Wäldern abgelöst. In den wenigen Kalksteingebieten des thermomediterranen Portugal wird
die Korkeichen-Landschaft durch endemitenreiche, basiphile Kermeseichen-Wacholdergebüsche
(Quercus coccifera, Juniperus phoenicea subsp. turbinata) unterbrochen, so bei Lissabon und in der
Serra de Arrabida bei Setúbal (J29) sowie auf Jurakalken an der Südwestspitze der Iberischen
Halbinsel am Cabo de São Vicente (J41). Die Quercus ilex subsp. rotundifolia-Wälder in den
Kalkgebieten des Hügellandes der südlichen Algarve (J38) bilden die westlichen Ausläufer der
andalusischen Steineichenwälder.
Die thermomediterranen Quercus suber-Wälder des lusitanischen Typs (J35, J36) erstrecken sich in
den Silikatgebieten im küstennahen S ü d s p a n i e n über Gibraltar hinaus bis in die Gegend von
Marbella. Ihr mesomediterraner Flügel im Bergland bei Algeciras oberhalb ca. 400 m (J26) ist
jedoch von portugiesischen mesomediterranen Ausbildungsformen deutlich floristisch unterschieden
(z. B. Teucrium pseudo-scorodonia, Luzula forsteri subsp. baetica). Die thermomediterranen Kalk-
gebiete des Guadalquivir-Beckens und entlang der Küste von Malaga bis Motril sind dagegen das
Wuchsgebiet südwestiberischer Quercus ilex subsp. rotundifolia-Wälder (J38), ebenfalls mit
eigenen floristischen Zügen (u. a. Aristolochia baetica, Bupleurum gibraltarium). Quercus ilex
subsp. rotundifolia ist im thermomediterranen Andalusien durchaus auch Waldbildner auf silikati-
schen Substraten, so nördlich des Guadalquivir in der Sierra Morena (J37), wo Quercus suber aus
klimatischen Gründen nicht mehr wettbewerbsfähig ist. Einen edaphischen Sonderfall stellt das
ausgedehnte andalusische Schwarzerdegebiet bei Cadiz dar, in welchem auf Grund des starken
Anteils schwellfähiger Tonmineralien im Boden Quercus-Arten nicht konkurrieren können und
deshalb Olea europaea subsp. oleaster als Hauptwaldbildner vermutet wird (J42). Die mesomediter-
rane Stufe Andalusiens östlich des Guadalquivir-Beckens (ca. 800-1500 m) ist die Domäne basiphi-
ler Quercus ilex subsp. rotundifolia-Wälder, auf Böden mit größerer Feuchtigkeit mit Quercus
faginea und Acer monspessulanum, die u. a. durch das Vorkommen von Paeonia coriacea von
thermomediterranen Ausbildungsformen differenziert sind (J3). Das Hochgebirge der Sierra Nevada
beherbergt gar noch supramediterrane Quercus ilex subsp. rotundifolia-Wälder bei 1400-1900 m,
358
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation J
floristisch differenziert durch Begleit-Holzarten wie Acer granatense, Berberis vulgaris subsp.
australis und Prunus ramburii (J10).
Das s ü d o s t s p a n i s c h e T r o c k e n g e b i e t zwischen Almeria und Murcia, im Regenschatten
der bätischen Hochgebirge gelegen, ist bei einem Jahresniederschlag von unter 400 mm das poten-
tielle Wuchsgebiet semiarider Pistacia lentiscus-Buschwälder mit Olea europaea subsp. oleaster
und örtlich Juniperus phoenicea als Begleit-Holzarten sowie wenigen Lianen bzw. Spreizklimmern
(Lonicera implexa, Rubia peregrina, Asparagus albus) als zusätzlichem Strukturelement (J43).
Immergrüne Eichen-Arten sind hier nicht wettbewerbsfähig. Lokal kann der mittlere Jahresnieder-
schlag bis auf ca. 200 mm sinken bzw. der Standort edaphisch (Gipsmergel) oder durch Windein-
wirkung zusätzlich physiologisch trocken sein. Hier ist auch dem Pistaziengebüsch die Existenz-
grundlage entzogen, und es treten semiarid-aride Trockengebüsche mit dominierendem Ziziphus
lotus an seine Stelle (J52). In den trockensten und windigsten Küstenlagen (Cabo de Gata bis
Carboneras) ist Periploca angustifolia (J53), im Gebiet um Almeria Maytenus senegalensis subsp.
europaea die Leitart der Trockengebüsche (J51). Die mesomediterrane Stufe des gebirgigen
Hinterlandes wird bei mittleren jährlichen Niederschlagsmengen von 400-500 mm von Juniperus
oxycedrus-reichen Kermeseichengebüschen (Quercus coccifera) – oft mit Pinus halepensis-Über-
schirmung – eingenommen. Die Ausbildungsform im Bergland nördlich von Almeria (J31) ist durch
geographische Differentialarten (schwach) von der im Bergland oberhalb von Murcia (J30) ab-
grenzbar. Erst mit zunehmenden Niederschlägen in supramediterranen Lagen (ca. 900-1900 m) wird
Quercus ilex subsp. rotundifolia wettbewerbsfähig und überlagert östlich der Sierra Nevada die
Quercus coccifera-Stufe sowohl auf Kalksubstraten (J9, mit Juniperus thurifera) als auch über
Silikat- und Serpentingesteinen (J7, mit Adenocarpus decorticans).
Das kontinental getönte I n n e r e d e r I b e r i s c h e n H a l b i n s e l (Castilla - La Mancha, Extre-
madura) wird großflächig von mesomediterranen Quercus ilex subsp. rotundifolia-Wäldern einge-
nommen. Kernwüchsige Altbäume sind vor allem in der Extremadura als Mastbäume in offenen
Hutewäldern (dehesas) vielerorts erhalten geblieben. Die über Silikatgesteinen weit verbreitete
Ausbildungsform dieser Wälder (Pyro bourgaeanae-Quercetum rotundifoliae, J1) ist durch ent-
sprechende edaphische Zeigerarten differenziert von einem basiphilen Flügel, der ein westliches
Teilareal in der Extremadura (Paeonio coriaceae-Quercetum rotundifoliae, J2) und ein östliches
Teilareal in Neukastilien (Bupleuro rigidi-Quercetum rotundifoliae, J4) besiedelt. Nördlich des
Kastilischen Scheidegebirges ist auf der altkastilischen Hochfläche von Salamanca und Valladolid
die Differenzierung der Quercus ilex subsp. rotundifolia-Wälder vergleichbar: Die Bestände der
dortigen Silikat- und Serpentingebiete sind durch das Vorhandensein bzw. Fehlen ozeanisch
getönter Differentialarten in einen westlichen Flügel (Genisto hystricis-Quercetum rotundifoliae, J5)
und einen östlichen Flügel geschieden (Junipero oxycedri-Quercetum rotundifoliae, J6), denen die
basiphilen Ausbildungen der mesozoischen und tertiären Kalksteinlandschaften gegenüberstehen
(Junipero thuriferae-Quercetum rotundifoliae, J9). Nördlich von Burgos klingen die inneriberischen
Quercus ilex subsp. rotundifolia-Wälder an der Südabdachung der Kantabrischen Kordillere aus,
supramediterran beschränkt auf edaphische Sonderstandorte über kompaktem Kalkgestein (Spiraeo
359
Formation J Karte der natürlichen Vegetation Europas
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Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation J
ihr Reichtum an Lianen und Spreizklimmern (Smilax aspera, Rubia peregrina, Tamus communis,
Lonicera implexa, Rosa sempervirens, Asparagus acutifolius, Clematis flammula, Hedera helix).
Auf flachgründigen Böden und als Störungszeiger können Pinus pinaster und P. halepensis in der
Baumschicht eine Rolle als Begleit-Holzarten spielen. Am Ostfuß der Pyrenäen (Roussillon) sowie an
der französischen Rivieraküste zwischen Toulon und Cannes (Massif de Maures) ist auf oligotrophen,
lessivierten Silikatböden dagegen die Korkeiche der Hauptwaldbildner (Carici depressae-Quercetum
suberis, J27). Im küstenferneren, mittelgebirgigen Hinterland Nordkataloniens (Montserrat-Massiv)
und Südfrankreichs (im Rhonetal nordwärts bis Valence) stockt ein supramediterraner Steineichen-
wald (Asplenio onopteridis-Quercetum ilicis, J15), das klassische „Quercetum ilicis mediterraneo-
montanum“ Br.-Bl. 1936, in welchem immergrüne Begleit-Holzarten mit zunehmender Küstenferne
zurücktreten und winterkahle Gehölze, vornehmlich Quercus pubescens, ihre Stelle einnehmen.
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Formation J Karte der natürlichen Vegetation Europas
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Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation J
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Formation J Karte der natürlichen Vegetation Europas
Literatur
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364
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation K
Geographische Verbreitung
Xerophytische Nadelwälder sind im Kartierungsgebiet auf das südliche Europa beschränkt und
kommen von Spanien bis nach Transkaukasien vor (vgl. Karte 15 sowie die Kartenblätter 7-9 im
365
Formation K Karte der natürlichen Vegetation Europas
Maßstab 1 : 2,5 Mio.). Die Höhenspanne umfaßt etwa 2500 m und reicht von planaren bis in
subalpine Lagen. Die nemorale Zone wird im Bereich des Kantabrischen Gebirges, der Pyrenäen,
Alpen und der Karpaten erreicht. In der submeridionalen und meridionalen Zone tritt die Einheit
weit verbreitet, doch zerstreut, in der thermo-, meso-, supra- und oromediterranen Höhenstufe auf.
In Spanien gibt es Vorkommen im Kantabrischen Gebirge, in den Pyrenäen, dem Iberischen
Randgebirge und der bätischen Kordillere. Im Alpenbogen existieren größere Vorkommen in den
Trockentälern der West- und Zentralalpen sowie im Ostteil und in den Rand- und Voralpengebieten.
Die Apenninhalbinsel weist vereinzelte Vorkommen in den Abruzzen, in Kalabrien und Sizilien auf.
Mehrere Einheiten sind auf die Gebirge der Balkanhalbinsel beschränkt: vom ostalpisch-illyrischen
und dalmatischen Raum bis zu den Rhodopen und in den äußersten Süden Griechenlands, den
Peloponnes. Die Verbreitung xerophytischer Nadelwälder erstreckt sich im Südosten über die
Gebirgszüge der Dinariden und Helleniden hinaus bis in die West- und Südägäis (Euböa, Kreta).
Einheiten der Ost- und Nordägäis (Samos, Thasos) sowie der europäischen Türkei weisen Beziehun-
gen zu den Trocken-Nadelwäldern Kleinasiens auf. Außerhalb des Kartierungsgebietes gibt es
verwandte Waldtypen in Nordafrika, Anatolien und dem Nahen Osten.
366
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation K
Im westlichen Balkan und lokal in Süditalien wächst die Panzerkiefer (Pinus heldreichii), die nach
der Meinung der meisten Taxonomen P. leucodermis als Varietät einschließt. Sie besiedelt höhere
Lagen als die Schwarzkiefer, reicht am Olymp (Griechenland) bis 2300 m, strauchförmig bis
2500 m, und bildet hier wie in manchen anderen balkanischen Gebirgen die Waldgrenze. Die
ungünstigen Wasserverhältnisse der flachgründigen Felsstandorte auf Karbonat-, Dolomit- und
Ophiolithgestein werden akzentuiert durch das mediterran getönte Hochgebirgsklima mit merklicher
sommerlicher Niederschlagsdepression.
Eine andere Gruppe xerophytischer, von Kiefern beherrschter Nadelwälder ist kennzeichnend für
Extremstandorte in den unteren, thermo- bis mesomediterranen Lagen. Bestandsbildend sind hier
Arten aus dem Verwandtschaftskreis von Pinus halepensis. Die Aleppokiefer (Pinus halepensis)
selbst ist weit verbreitet in küstennahen Räumen des westlichen und mittleren Mediterrangebietes
bis zur Nordägäis und wird in der Ost- und Südägäis von der Hartkiefer (Pinus brutia) abgelöst.
Von vielen Taxonomen mit letzterer zusammengefaßt wird Pinus pityusa, Waldbildner in den
Gebieten mediterranen Klimas am Nord- und Ostrand des Schwarzen Meeres (Krim, Nordwest-
georgien).
Xerophytische Tannenwälder sind auf kleine Gebiete in der meso- und supramediterranen Stufe
Südspaniens (Abies pinsapo) und auf Südgriechenland (Abies cephalonica) beschränkt.
Baumförmige Wacholder-Arten können Lichtwälder bis 15 m Höhe bilden, sind häufig jedoch zu
kleinflächig, um im Kartenmaßstab darstellbar zu sein, oder sie wachsen im Kontext anderer
xerophytischer Formationen. Es handelt sich um Juniperus thurifera in Spanien, J. foetidissima und
J. excelsa im Bereich der Schwarzmeerküste und der südlichen Balkanhalbinsel (dort nur sehr
kleinflächig bestandsbildend und daher nicht dargestellt), Juniperus polycarpos in Transkaukasien
sowie um J. drupacea (Griechenland: Parnon-Gebirge, hier im Gefüge der Abies cephalonica-
Wälder und nicht separat dargestellt; außerhalb des kartierten Gebiets in Anatolien und im Nahen
Osten). Weitere Juniperus-Arten können in Strauchformationen und im Unterholz von xerophyti-
schen Nadel-Lichtwäldern auftreten: J. oxycedrus, J. sabina, J. communis subsp. communis, subsp.
hemisphaerica, subsp. alpina, J. phoenicea. Natürliche Zypressen-Reliktwälder (Cupressus semper-
virens) sind in Europa auf die Insel Kreta (Griechenland: Südägäis) beschränkt, reichen aber jenseits
der Kartengrenzen bis in den nördlichen Iran.
Im Gefüge der Kiefern-, Tannen- und Cupressaceen-beherrschten xerophytischen Nadelwälder
wachsen zahlreiche Sträucher und niedrige Bäume, die auch außerhalb des Schirms der Koniferen
in den offenen Ersatzgesellschaften oder an von Natur aus waldfreien Stellen vorkommen. Pflanzen-
geographisch und ökologisch bezeichnende Arten finden sich unter den Kleinsträuchern, besonders
auffällig vertreten durch Gattungen und Arten der Genisteae (Genista aetnensis, G. carinalis,
G. januensis, G. lydia, G. radiata, G. rumelica, G. sericea, Chamaecytisus eriocarpus, C. polytri-
chus, C. purpureus, C. spinescens, C. supinus, Cytisus oromediterraneus, Cytisophyllum sessilifoli-
um) und Ericaceae (Arctostaphylos uva-ursi, Bruckenthalia spiculifolia, Calluna vulgaris, Erica
carnea, E. manipuliflora, Vaccinium myrtillus, V. vitis-idaea). Auch unter den nicht holzigen
Pflanzen gibt es Gattungen, die in xerophytischen Nadelwäldern mit mehreren teilweise kennzeich-
367
Formation K Karte der natürlichen Vegetation Europas
nenden Arten vertreten sind, so Pyrola, Festuca, Gentiana, Edraianthus, Astragalus und besonders
Sesleria (S. albicans, S. anatolica, S. autumnalis, S. coerulans, S. latifolia, S. robusta, S. tenuifolia).
Die bekanntermaßen schwierige Taxonomie der Gattung Sesleria mahnt allerdings zur Vorsicht:
manche Angaben bestimmter Arten in bestimmten Kiefernwaldtypen sollten nicht unkritisch
akzeptiert werden.
Da es sich bei vielen xerophytischen Nadelwäldern um Reliktvorkommen handelt, die obendrein
von waldfreien Felsen durchsetzt und ausgesprochen reich an Ökotonen sein können, sind viele
dieser Wälder nicht nur außergewöhnlich artenreich, sondern auch reich an Reliktarten und Ende-
miten. Nicht wenige Einheiten finden sich zudem nur auf spezifischen Gesteinen (z. B. Serpentin,
Dolomit), die Pflanzen mit entsprechenden Affinitäten begünstigen. Arten, die beispielsweise in
Serpentin-Kiefernwäldern ihren Schwerpunkt haben, sind Peltaria emarginata (Brassicaceae),
Daphne blagayana (Thymelaeaceae) und Festucopsis serpentini (Poaceae).
Klimatische Gegebenheiten
Eine generalisierte klimatische Charakterisierung der xerophytischen Nadelwälder wird der Vielfalt
ihrer Erscheinungsformen kaum gerecht. Zwar ist der makroklimatische Rahmen mit den Begriffen
„submediterran bis mediterran“ durchaus zutreffend umschrieben (mit wenigen Ausnahmen bei
nördlichen und nordwestlichen Einheiten), aber das durch die topographisch-edaphische Situation
modifizierte und verschärfte Lokalklima an Sonderstandorten kann viel entscheidender für die
Vegetation sein. Solche Klimabesonderheiten, von meteorologischen Stationen kaum je erfaßt,
lassen sich eher in Relation zu denen der Laubwaldgesellschaften gleicher Meereshöhe und Breite
beschreiben, wobei die Xerotherm-Nadelwälder durchweg einem trockeneren, meist stärker strah-
lungsexponierten Klima ausgesetzt sind.
Bei größerräumig auftretenden Gesellschaften von zonalem Charakter (dazu gehören vor allem die
Tannenwälder, Zypressenwälder sowie einige Kiefernwald-Einheiten), variiert das Regionalklima
zwischen semiarid und hyperhumid, je nach Höhenlage und Breitengrad, doch läßt sich überall eine
mehr oder minder ausgeprägte sommerliche Niederschlagsarmut feststellen. Die Jahresnieder-
schlagssummen liegen zwischen kaum 400 mm (Küstengebiete auf der Krim, Südkretas, Südfrank-
reichs) bis über 1600 mm (Bätische Kordillere, Pyrenäen, Hochlagen der balkanischen Gebirge).
Die Winter sind meist schneereich.
Standortbedingungen
Xerophytische Nadelwälder kommen auf den verschiedensten karbonatischen, silikatischen,
dolomitischen und ophiolithischen Gesteinen vor, auch auf Flysch und jüngeren Ablagerungen. Den
meisten Standorten gemeinsam ist die geringe Bodenmächtigkeit und, damit verbunden, die geringe
Wasserverfügbarkeit für Pflanzen. Diese edaphische Trockenheit im Verein mit expositions-
bedingter Strahlungsintensität schafft die Voraussetzungen für die Konkurrenzfähigkeit trocken-
adaptierter Nadelwaldvegetation gegenüber der Laubwaldvegetation vergleichbarer geographischer
Lagen. Aus diesem Grunde sind Ausgangsgesteine mit von Natur aus geringer Bodenbildung,
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Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation K
erodierte steinige Böden oder unausgereifte Böden mit geringer Wasserhaltefähigkeit bevorzugte
Standorte für xerophytische Nadelwälder. Zu den Ausgangsgesteinen mit geringer Bodenbildung
zählen besonders metamorphisierte Hartkalke, Kalkmergel, Gips, Dolomite und Ophiolithe. Letztere
sind obendrein bekannt für ihre toxischen Standorteigenschaften, die bei geringer Bodenmächtigkeit
selektiv auf die Artenzusammensetzung und hemmend auf die Wuchsleistung der Vegetation
wirken, wodurch umgekehrt wiederum Humusanreicherung, Mineralisierung und Bodenbildung
gehemmt werden. In der Karte darstellbare Wuchsorte für Ophiolith-Kiefernwälder (Pinus nigra,
P. heldreichii) finden sich besonders auf dem Balkan.
Kristalline Kalke und Dolomite im Mittelmeergebiet begünstigen Kiefern-, Wacholder- und Tannen-
Arten. Sekundärstandorte mit Kiefern in Pionierwäldern an Stelle von Hartlaubwäldern und
-gebüschen sind zahlreich im Mediterranraum und vielfach forstlich begründet; sie sind deshalb in
die Kartierungseinheiten der Formation J integriert.
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Formation K Karte der natürlichen Vegetation Europas
wälder in der Karte der natürlichen Vegetation Europas im Rahmen der Einheit J (Mediterrane
Hartlaubwälder und -gebüsche) dargestellt und beschrieben. Nach Brand gelingt die Verjüngung der
mediterranen Kiefernarten (Pinus halepensis, P. brutia) im allgemeinen gut; Kiefern werden durch
Feuer gegenüber Eichen sogar gefördert. Im Gegensatz dazu sind Vertreter der Gattungen Abies,
Cupressus und Juniperus nicht feuerresistent und wenig regenerationsfähig, was bei zunehmender
touristischer und wirtschaftlicher Erschließung der Bestände erhebliche Risiken birgt.
Die xerophytischen Nadelwälder der mediterranen Gebirgslagen, die in größeren Gebieten als zonal
oder extrazonal zu gelten haben, werden von Tannen (Abies cephalonica, A. pinsapo), Kiefern
(Pinus sylvestris, P. nigra, P. heldreichii), Zypressen (Cupressus sempervirens) oder Baumwachol-
dern (Juniperus thurifera, J. excelsa, J. foetidissima) sowie einigen selteneren Baumarten gebildet
und finden sich vor allem in Gebieten mit karbonatischen, dolomitischen und ophiolithischen
Grundgesteinen. Der Erhaltungszustand dieser mediterranen Gebirgsnadelwälder ist in fast allen
Einheiten schlecht. Viele Bestände sind durch Holzraubbau, fortgesetzte Waldweide mit Überbesatz
an Weidetieren und Waldbrände degradiert und gebietsweise zerstört worden. Von einigen Einheiten
gibt es nur noch wenig repräsentative und hinsichtlich ihrer Altersstruktur unausgewogene Bestände.
In vielen Gebieten wurden die Nadelwälder anthropogen mehr und mehr aufgelichtet, ihre Verjün-
gung gehemmt, bis sie vollends zerstört und durch Trockenrasen und Zwergstrauchheiden ersetzt
waren. Diese Entwicklung hat die Wälder einer für Europa endemischen Baumart (Abies cephaloni-
ca) und anderer, die auf kleine Gebiete beschränkt sind (Cupressus sempervirens, Juniperus
thurifera, J. excelsa), stark beeinträchtigt und gebietsweise schrumpfen lassen, und die Restbestände
zweier endemischer Baumarten Europas (Abies pinsapo, Zelkova abelicea) müssen trotz Einrichtung
von Schutzgebieten als gefährdet gelten. Der natürliche Bestand der Sizilianischen Tanne (Abies
nebrodensis) besteht sogar nur noch aus wenigen Baumindividuen, so daß die vormals ausgedehnten
Tannenwälder Nordsiziliens in der Karte der aktuellen natürlichen Vegetation nicht mehr re-
präsentiert sind. Bedroht sind auch zahlreiche krautige Arten der mediterranen Bergwälder. Die
hervorragende Bedeutung der xerophytischen Nadelwälder für den Naturschutz läßt sich daran
ablesen, daß es in keiner Kartierungseinheit so viele für Europa endemische Baumarten gibt wie bei
den Xerotherm-Nadelwäldern; bei den krautigen Arten ist es nicht anders. Restbestände der be-
drohten Baumarten und repräsentative Waldgebiete aller Vegetationstypen sind äußerst schutzwür-
dig und bedürfen in allen geeigneten mediterranen Gebirgen konsequenter Schutzmaßnahmen.
370
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation K
Übersicht ist daher eine Annäherung. Viele der Zuordnungen bedürfen der kritischen Überprüfung;
manche Konzepte, die in der Literatur vorgeschlagen und diskutiert worden sind, werden sich nur
durch methodisch einheitlich erhobenes Aufnahmematerial und ihren großräumigen Vergleich
untermauern lassen.
Die meisten Einheiten gehören zur Klasse Erico-Pinetea, die wie die einzige Ordnung Erico-
Pinetalia als „alpisch-submediterran-montane xerophytische Kiefernwälder meist basenreicher
Standorte“ umschrieben werden kann. Geographisch umspannt die Klasse den gesamten alpisch-
apenninisch-dinarischen Raum. Den west-inneralpischen Pinus sylvestris-Wäldern des Ononido-
Pinion (manchmal mit P. uncinata), die von manchen Autoren zu den sonst osteuropäisch-westsibi-
risch verbreiteten kontinentalen thermophilen Steppen-Kiefernwäldern, der Klasse Pulsatillo-
Pinetea, gestellt werden, stehen die übrigen zentral-, ost-, rand- und voralpischen Pinus sylvestris-
Wälder des Erico-Pinion sylvestris gegenüber. Dieser Verband erstreckt sich in die Südostalpen und
nördlichen Dinariden, wo bereits Pinus nigra die maßgebliche Kiefernart ist. Weiter südlich, mit
zunehmend submediterranem Klimaeinfluß, doch ist eine einigermaßen genaue Grenzziehung beim
371
Formation K Karte der natürlichen Vegetation Europas
gegenwärtigen Kenntnisstand nicht möglich, wird der Verband Erico-Pinion sylvestris vom Orno-
Ericion abgelöst, der die Dolomit-, Karbonat- und Ophiolith-Schwarzkiefernwälder des Balkans von
Dalmatien bis etwa ins nördliche Zentralgriechenland umfaßt.
Parallel dazu ist auf der Apenninhalbinsel der Verband Pinion nigrae eingeführt, der südlich bis
Kalabrien reicht. Die Vorkommen von P. nigra subsp. laricio (inkl. var. calabrica) in Kalabrien und
im Ätna-Gebiet hingegen werden nicht mehr als Erico-Pinetea-Gesellschaft, sondern innerhalb
einer Einheit oromediterraner Gebüsche Süditaliens klassifiziert. Alternative Konzepte sehen diese
äußerst lichten Kiefernwälder entweder im Verband Pinion nigrae-laricionis in der Klasse Rumici-
Astragaletea siculi oder in einem Verband Berberidion aetnensis der Klasse Pino-Juniperetea.
Welches Konzept zu bevorzugen ist, kann an dieser Stelle nicht entschieden werden.
Für die höheren Lagen des balkanischen Orno-Ericion-Areals wurde der Verband der dinarisch-
hellenischen Panzerkiefernwälder, Pinion leucodermidis (mit Pinus heldreichii, inkl. var. leucoder-
mis), vorgeschlagen. Dagegen bestehen die wenigen Vorkommen von Pinus heldreichii in Kalabrien
in der aktuellen Vegetation aus isolierten Exemplaren oder Baumgruppen, die in oromediterrane
Sesleria tenuifolia-Felsrasen eingestreut sind; syntaxonomisch ist ein Anschluß an die Klasse der
alpin-subalpinen Kalksteingrasfluren, Elyno-Seslerietea, gerechtfertigt. Auf dem Balkan gibt es eine
ökologisch-pflanzensoziologische Parallele bei den anthropogen oder durch Feuer aufgelichteten
oder auch bei waldgrenznahen natürlichen Beständen der Panzerkiefer, die als spezielle Arten-
kombinationen innerhalb der Daphno-Festucetea aufgefaßt werden können.
Für die basiphytischen Lichtwälder der Krim mit Pinus kochiana und P. nigra subsp. pallasiana
wurde der Name Pinion kochianae geprägt; der Verband kann zu den Erico-Pinetea gestellt werden.
Supramediterrane Kiefernwälder mit Pinus nigra subsp. pallasiana in Südgriechenland werden
gemeinsam mit den Abies cephalonica-Wäldern der gleichen Region in einen anderen syntaxono-
mischen Kontext gestellt und als eigener Verband (Abietion cephalonicae, Syn. Abieto cephalo-
nicae-Pinion pallasianae) in die Nähe von thermophytischen Eichenwäldern (Quercetalia pubes-
centi-petraeae) gerückt.
Südlich verbreitete Schwarzkiefernwälder mit Pinus nigra subsp. pallasiana sind teilweise auch zu
den mediterranen immergrünen Wäldern (Quercetea ilicis) gestellt worden. Dies ist möglicherweise
berechtigt für die ostägäischen Vorkommen auf der Insel Samos, für die pflanzensoziologische
Daten fehlen. In diese Klasse gehören zweifellos die Kiefernwälder mit Pinus nigra subsp. dalmati-
ca der dalmatischen Inseln wie auch die meso- bis thermomediterranen Kiefernwälder mit Ver-
tretern der Pinus halepensis-Verwandtschaft, vielleicht einschließlich jener der Krim und des
westlichen Kaukasus. Innerhalb der Quercetea ilicis angesiedelt sind schließlich auch die natürli-
chen Zypressenwälder Kretas (Acero-Cupression).
Die spanischen supra- bis oromediterranen trockenen Lichtwälder mit Kiefern- und Wacholder-
Arten scheinen so eigenständig, daß sie eine eigene Klasse rechtfertigen, die auch in Nordwestafrika
vorkommt: Pino-Juniperetea. Es sind verschiedene Verbände beschrieben worden, deren Ab-
grenzung im Einzelfall noch der Klärung bedarf. Westlich-mediterran-montane Wacholder-Licht-
wälder und -gebüsche mit Juniperus thurifera und fallweise Juniperus communis subsp. hemisphae-
372
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation K
rica oder J. phoenicea sind Teil der Ordnung Pino-Juniperetalia (Juniperetalia hemisphaericae) mit
dem Verband Juniperion thuriferae. Oromediterrane Kiefern- und Wacholder-Lichtwälder werden
teils in der gleichen Ordnung, teils auch in einer eigenen Ordnung Astragalo monspessulani-
Pinetalia sylvestris zusammengefaßt. Hierher gehören auch die Kiefernwälder der südlichen
Montanstufe der Pyrenäen, die mit jenen der Westalpen floristische Gemeinsamkeiten haben (etwa
die Beteiligung von Pinus uncinata). Das Areal der Pino-Juniperetea reicht daher nach Ansicht
einiger Autoren bis in die westalpischen Trockentäler. Es umfaßt andererseits nach einem neueren
Vorschlag mit den Verbänden Berberidion aetnensis und Berberido creticae-Juniperion foeti-
dissimae auch den Zentral- und Ostmediterranraum.
Die bätischen supramediterranen Abies pinsapo-Wälder haben vergleichsweise mesophilen Charak-
ter und werden, hierin den Abies cephalonica-Wäldern des Südbalkans gleich, in die syntaxono-
mische Nähe der thermophilen Eichenwälder (Quercetea pubescentis) gestellt, genauer in den
Verband Aceri granatensis-Quercion fagineae.
Außerhalb des westmediterranen Raumes wissen wir über die pflanzensoziologische Stellung von
Wacholder-Lichtwäldern noch zu wenig, um die für die Bestände mit Juniperus excelsa und
J. foetidissima vorgeschlagenen Namen Juniperion excelsae und Berberidio creticae-Juniperion
foetidissimae (Balkan, Anatolien) sowie Junipero excelsae-Quercion pubescentis und Jasmino-
Juniperion excelsae (Krim) auf eine sichere floristische Grundlage stellen und ökologisch inter-
pretieren zu können. Syntaxonomisch werden sie verschiedenen Klassen zugeordnet (Quercetea
pubescentis, Erico-Pinetea, Pino-Juniperetea; siehe auch syntaxonomische Übersicht).
Gliederung in Untereinheiten
Für die Zwecke der Karte der natürlichen Vegetation Europas werden die xerophytischen Nadelwäl-
der, Nadel-Lichtwälder und -gebüsche zunächst nach ihren vorherrschenden Baumgattungen und
-familien (Pinus, Abies, Cupressaceae) gegliedert. Dieses Konzept wird gestützt durch habituelle
Ähnlichkeiten der Bestände, auch wenn die resultierenden Einheiten nicht immer deckungsgleich
sind mit Syntaxa, die auf floristischer Ähnlichkeit basieren. Die Vorgehensweise ist umso sinnvol-
ler, als das syntaxonomische System bei den Xerotherm-Nadelwäldern europaweit noch wenig
fundiert und ausgereift ist. Innerhalb der drei jeweils durch die Gattungen Pinus und Abies sowie
durch Cupressaceae (Juniperus, Cupressus) definierten Hauptgruppen verläuft die weitere Glie-
derung wiederum nach taxonomischen Leitlinien – nun auf Artebene. Diese Leitlinien lassen sich
auch pflanzengeographisch interpretieren. Die weitere Differenzierung bedient sich floristischer
Spezifika in Verbindung mit edaphisch-standörtlichen Parametern.
Die folgende Darstellung der 33 Kartierungseinheiten folgt dem oben skizzierten Gliederungs-
konzept der Karte; die entsprechenden Nummerncodes der Legende sind in Klammern angegeben.
373
Formation K Karte der natürlichen Vegetation Europas
der Verbreitung von Einheiten der Formation K auf. Sie liegen bandförmig auf der Südseite der
Pyrenäen und inselartig in den und am Rande der Alpen und sind begünstigt durch die besonderen
klimatischen, topographischen und edaphischen Verhältnisse an ihren Wuchsorten. Diverse Mor-
photypen der Waldkiefer, die anscheinend auch ökologisch relevant sind (z. B. vars. pyrenaica,
iberica, nevadensis in den oromediterranen Kiefernwäldern Spaniens), sind sichtbarer Ausdruck der
enormen standörtlichen Anpassungsfähigkeit der Waldkiefer.
Berühmt sind die Waldkiefernwälder (K1) auf flachgründigen, teils felsigen Dolomit- und Karbonat-
(Süd-)hängen der inneralpischen Trockentäler Frankreichs (Tarentaise, Maurienne, Briançonnaise),
der Schweiz (Wallis, Albula, Churer Rheintal, Unter-Engadin), Italiens (Aostatal, Vinschgau,
Pustertal) und Österreichs (Tiroler Inntal). Die Bestände haben ausgeprägt extrazonalen submedi-
terran-montanen Charakter mit zahlreichen thermophilen Arten im Unterstand. Kennzeichnende, oft
dominante Arten sind Erica carnea, Sesleria albicans und Polygala chamaebuxus. Die Vorkommen
in den Westalpen mit Ononis rotundifolia und Astragalus monspessulanus bzw. A. vesicarius subsp.
pastellianus, Odontites viscosus, Onobrychis saxatilis, doch ohne Erica und Sesleria, ferner mit
Pinus uncinata in der Baumschicht, weisen pflanzengeographische Beziehungen zu Xerotherm-
Kiefernwäldern Südwesteuropas, besonders der Pyrenäen (K5), auf.
Überwiegend geologisch-edaphisch (Dolomit, Hartkalk, Serpentin) sowie lokalklimatisch bedingt
sind die randalpischen Schneeheide-Waldkiefernwälder (K2), die mit zahlreichen Vorkommen von
geringer Ausdehnung und kleiner Gesamtfläche hauptsächlich im mittleren und östlichen Rand-
bereich der Alpen in Höhenlagen von 600 bis 1000 m vertreten sind. Wie bei den inneralpischen
Wäldern ist die Waldkiefer gewöhnlich schwachwüchsig und erreicht erst bei günstigerer Wasser-
versorgung in höheren Lagen bessere Wuchsleistungen.
Auf sandig-kiesigen, trockenen Alluvionen und Schuttfächern von Flußtälern in den nördlichen
(Lech, Isar) und südlichen (Piave, Tagliamento, Cellina) Randalpen bis ins Alpenvorland sowie in
den großen Alpentälern wachsen vergleichsweise mesophile Pinus sylvestris-Wälder (K3), teilweise
zusammen mit aufrechtstämmigen Formen der Pinus mugo-Verwandtschaft (Pinus rotundata), im
Komplex mit Weidengebüschen (Salix elaeagnos, S. purpurea, S. daphnoides) und Grauerlen-
Auwäldern.
Primäre Waldkiefernwälder der Alpen sind dank der geringen forstlichen Bedeutung und Nutzbar-
keit ihrer Wuchsorte großenteils in naturnahem Zustand erhalten geblieben, teilweise allerdings
infolge Waldweide und Rodung durch sekundäre Trockenrasen ersetzt oder mit Pinus nigra aufge-
forstet. Örtlich besteht erhebliche Gefährdung durch Steinbruchbetrieb und Kiesabbau. Sekundäre
Kiefernwälder an weniger extremen Standorten befinden sich gegenwärtig fast überall in progressi-
ver Sukzession zu thermophilen Laubwäldern.
Die montanen xerophytischen Waldkiefernwälder der Pyrenäen lassen sich in eine Kartierungsein-
heit vorwiegend silikatischer Standorte (K4) und eine solche auf Karbonatgesteinen (K5) gliedern.
Beide kommen schwerpunktmäßig am Südabfall der Pyrenäen an Südhängen oder in Kuppenlagen
vor, wo ihnen der saisonal angespannte Bodenwasserhaushalt, lokal vermutlich auch der Einfluß
trockener Winde, Konkurrenzvorteile verschaffen. Der westlichen Lage und Meereshöhe ent-
374
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation K
sprechend haben sie stärker mesophilen Charakter. Auf Silikat sind häufig Zwergsträucher wie
Vaccinium myrtillus, Calluna vulgaris, Arctostaphylos uva-ursi und Cytisus oromediterraneus sowie
Horstgräser wie Deschampsia flexuosa vorherrschend. In der Strauchschicht kommen Buxus
sempervirens und Juniperus communis subsp. hemisphaerica vor. Die xerophytischen Kiefernwälder
auf Karbonatgesteinen (K5) beherbergen eine Reihe südwesteuropäisch-montan verbreiteter Taxa,
wie Echinospartum horridum, Polygala calcarea, Sesleria albicans, Festuca gautieri, Eryngium
bourgatii und Helianthemum nummularium var. roseum.
375
Formation K Karte der natürlichen Vegetation Europas
streichen den submediterranen Charakter der Wälder. Die floristische Kennzeichnung und Differen-
zierung der Einheiten basiert im wesentlichen auf pflanzengeographisch kennzeichnenden Arten der
Kraut- und Strauchschicht sowie auf den infraspezifischen Taxa der Schwarzkiefer selbst.
Pinus nigra subsp. nigra reicht von den Ostalpen südwärts bis nach Serbien und wird in der Südhälf-
te der Balkanhalbinsel durch subsp. pallasiana ersetzt (die auch auf der Krim und in Anatolien
vorkommt). Ein abweichender Typ, dessen Verbreitung entlang der dalmatischen Küste auf eine
ausgeprägte Trockenresistenz hindeutet, wird taxonomisch als subsp. dalmatica abgetrennt. Im
größten Teil der Apenninhalbinsel bis nach Nordkalabrien wird die Schwarzkiefer wieder durch die
Subspecies nigra repräsentiert. Der regional kennzeichnende Morphotyp ist als „P. nigra var.
italica“ beschrieben worden. Wie auf dem Balkan durch subsp. pallasiana, wird die typische
Unterart im Süden Italiens (und auf Korsika, wo sie in der Karte in die korsischen Buchen- und
Tannen-Buchenwälder integriert ist, vgl. F145) durch P. nigra subsp. laricio ersetzt, eine den
trockenen, ausgeprägt mediterran-montanen Klimaverhältnissen angepaßte Unterart.
Die julischen (K8) und ostalpisch-illyrischen (K9) Karbonat- und Dolomit-Schwarzkiefernwälder
sind durch Erica carnea, Chamaecytisus purpureus und Sesleria albicans in der Krautschicht
gekennzeichnet, die julischen sind zudem – ihrer geographischen Lage entsprechend – durch
westlich- bis zentralsubmediterrane Differentialarten (Bupleurum ranunculoides subsp. gramineum,
Euphorbia triflora subsp. kerneri) synchorologisch vom illyrischen Typ mit seinen balkanischen
Elementen (z. B. Genista januensis) abgrenzbar. Ähnliche Wälder, oft als Mischbestände von
Schwarz- und Waldkiefer ausgebildet, kommen auch weiter südlich vor, so in Bosnien-Herzegowina
und Serbien (K13). Der größte Teil dieser Bestände wächst auf steilen Hängen mit Rohböden und
Rendzinen über Ophiolithgestein und ist durch Serpentinophyten wie Daphne blagayana und
zahlreiche balkanische Endemiten floristisch gut gekennzeichnet.
Auch die Schwarzkiefernwälder der Abruzzen und in Kalabrien (letztere nicht in der Karte dar-
gestellt) sind durch eigene Vertreter der Gattung Sesleria (S. tenuifolia) und der Genisteen (Genista
sericea, Chamaecytisus spinescens, Cytisophyllum sessilifolium) ausgezeichnet (Genisto sericeae-
Pinetum nigrae; K10). Sie finden sich inselartig und kleinflächig in montanen Lagen auf Steilhän-
gen, Kalkfelsköpfen und -graten und sind nur ausnahmsweise im Kartenmaßstab darstellbar.
Stärker mediterranen Charakter haben die Bestände der folgenden Einheiten mit Schwarzkiefer. Bei
den dalmatischen (K11) mit P. nigra subsp. dalmatica kommt dies durch die Kontaktvegetation und
die gelegentliche Beteiligung von Arten wie Quercus ilex und Erica manipuliflora deutlich zum
Ausdruck. Sie sind eine Besonderheit der kroatischen Inseln Biokovo, Bra, Hvar und der Halbinsel
Pelješac.
Gleichfalls selten und relativ kleinflächig verbreitet, doch zu höheren Anteilen anthropogen beein-
flußt (forstliche Nutzung, Auflichtung) sind die oromediterranen Schwarzkiefernwälder mit Pinus
nigra subsp. laricio in Kalabrien und im Ätna-Gebiet (Hypochaerido-Pinetum laricionis, Junipero
hemisphaericae-Pinetum calabricae; K12). Wiederum spielen Strauchginster (Genista aetnensis,
Cytisophyllum sessilifolium) eine Rolle, ebenso Endemiten (u. a. Hypochaeris laevigata), die
teilweise auch in der Ersatzvegetation vorkommen.
376
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation K
377
Formation K Karte der natürlichen Vegetation Europas
Türkei. Große Teile der Schwarzkiefernwälder von Samos sind in den letzten Jahren von Bränden
heimgesucht worden. Zwar regeneriert die Kiefer nach Feuer recht gut aus Samen, aber späte
Entwicklungsphasen in Form alter Lichtwälder gingen weitgehend verloren.
Xerotherme Kiefernwälder werden auf der Halbinsel Krim (K20) an den Südhängen der zentralen
Gebirgsteile zwischen 450 und 1200 m von Pinus nigra subsp. pallasiana und in der Krautschicht
von Brachypodium pinnatum subsp. rupestre dominiert, in höheren Lagen (800-1450 m) des Ostteils
herrschen Pinus kochiana in Verbindung mit Carex humilis vor. Strukturell und hinsichtlich ihrer
landschaftlichen Rolle entsprechen diese Schwarzkiefernwälder den zuvor beschriebenen süd-
europäischen, zumal sie wie diese zahlreiche submediterrane Arten enthalten.
378
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation K
Vorkommen an der georgischen Schwarzmeerküste sind reich an pontischen und weiter verbreiteten
submediterranen Arten. In den lichten Beständen bilden nicht selten Wacholder-Arten (Juniperus
excelsa, J. foetidissima) und Pistacia mutica zusammen mit thermophilen laubabwerfenden Sträu-
chern ein Unterholz.
379
Formation K Karte der natürlichen Vegetation Europas
fera sind weitere meist strauchförmig wachsende Wacholder-Arten (Juniperus sabina, J. phoenicea,
J. oxycedrus, J. communis subsp. hemisphaerica) sowie weitere Sträucher und die Schwarzkiefer
(Pinus nigra subsp. salzmannii) mit wechselnden Anteilen vertreten. In der aktuellen Vegetation
sind die iberischen Wacholder-Lichtwälder anthropogen zu großen Teilen durch Trockengebüsche
und Weiden, teilweise auch durch Aufforstungen mit Pinus nigra subsp. salzmannii ersetzt worden.
Wacholder-Lichtwälder im Südteil der Krim reichen von Meereshöhe bis etwa 450 m (K32). Sie
setzen sich aus den baumförmigen Wacholdern Juniperus excelsa und J. foetidissima, ferner Pista-
cia mutica und Quercus pubescens zusammen, mit je nach geographischer Lage wechselnden Antei-
len von mediterranen und Steppenelementen in der Strauch- und Krautschicht.
Die tonangebenden Arten der transkaukasischen Wacholder-Lichtwälder (K33) in Georgien, Aser-
baidschan, Armenien und im dagestanischen Ostkaukasus sind Juniperus polycarpos und J. foetidis-
sima, die wie auf der Krim in Form von Baumgruppen oder Einzelbäumen lockere Bestände bis
15 m Höhe bilden, oft im Komplex mit Pistacia mutica. Die Bestände sind meist kleinflächig, doch
auf eine breite Höhenamplitude (kollin bis montan in Ost-Transkaukasien, montan bis subalpin in
Süd-Transkaukasien) verteilt. In Abhängigkeit von Meereshöhe und geographischer Lage sind
zahlreiche Arten der angrenzenden Offenland- und Gebüschformationen (Dornpolster- und Zwerg-
strauchvegetation, Steppen und laubwerfende Gebüsche) beteiligt, besonders die Krautschicht birgt
zahlreiche Endemiten.
Durch ihren lichten Trockenwaldcharakter den Beständen mit Baumwacholder-Arten ähnlich sind
die Zypressen (Cupressus sempervirens)-Lichtwälder Kretas (K31), die in größeren Beständen
lediglich im Bereich der Weißen Berge (Levka Ori) erhalten sind. Es handelt sich bei den kretischen
Wäldern um natürliche, allerdings durch Beweidung und Holzentnahme stark beeinflußte Vorkom-
men von oft mehrstämmigen Cupressus-Individuen mit horizontal spreizenden Ästen. In den offenen
Beständen treten als weitere Baumarten Acer sempervirens, Quercus coccifera und lokal die auf
Kreta endemische Ulmacee Zelkova abelicea auf, sie alle oft auch nur strauchförmig und durch
Beweidung stark überformt. Dichte Zypressenwälder sind selten und nur noch kleinflächig vorhan-
den; je nach Weide- und Trittbelastung sowie Wasserversorgung ist der Zypressenjungwuchs gut
entwickelt bis fehlend. Je lichter die Bestände, umso unspezifischer ist die Strauch- und Kraut-
schicht, die dann den zwergstrauchreichen Ersatzgesellschaften gleicht. Eine mit weiterer Er-
schließung zunehmende Gefahr für die Wacholder- und Zypressen-Lichtwälder stellen Brände dar,
zumal die Regenerationsfähigkeit der Cupressaceen nach Feuer gering ist.
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Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation K
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381
Formation L Karte der natürlichen Vegetation Europas
382
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation L
In den europäischen Laubwäldern dominieren nemorale, Trockenheit ertragende Gehölz- und Kraut-
arten. Teilweise sind thermophile submediterrane und/oder pontisch-pannonische Florenelemente
beteiligt.
Für die Waldsteppenzone wie auch für die südlich anschließende Steppenzone sind örtliche Vor-
kommen von Strauchformationen und Gebüschen typisch. Diese sind meist an Waldränder, steile
Hänge, Schluchten und Geländeeintiefungen gebunden. Typische, niedrigwüchsige Steppensträu-
cher sind Arten der Gattungen Spiraea, Caragana, Calophaca und Chamaecytisus. Sie wachsen oft
auf steinig-felsigen Standorten, wo sie vor der Wurzelkonkurrenz der Gräser geschützt sind. Meso-
philere Sträucher der Gattungen Rosa, Pyrus, Malus, Prunus, Euonymus und Cotoneaster finden
sich eher im Unterwuchs lichter Wälder, in Buschwäldern und Strauchdickichten.
Die Wiesensteppenvegetation als wesentlicher Bestandteil der Waldsteppe variiert in den verschie-
denen Gebieten und Kartierungseinheiten im Hinblick auf Struktur und Artengarnitur. Sie unter-
scheidet sich jedoch deutlich von den weiter südlich anschließenden echten Horstgrassteppen
(Formation M) durch dichteren und relativ hohen Wuchs (100-120 cm), größeren Artenreichtum (bis
80 Arten pro m²), hohen Anteil an Kräutern (meist Stauden), weniger Horstgräser, Vielschichtigkeit
383
Formation L Karte der natürlichen Vegetation Europas
(bis zu 7 Schichten mit gleitenden Übergängen) und zahlreiche Blühphasen (5-8(-11)) in der
Vegetationsperiode zwischen April und Ende September, die keine ausgeprägte sommerliche
Ruheperiode aufweist: beginnend mit dem Vorfrühlings- und Erstfrühlingsaspekt mit Pulsatilla
patens und Adonis vernalis, über den Sommeraspekt mit Salvia pratensis, S. nutans, Stipa- und
Bromus-Arten, Chrysanthemum leucanthemum, Trifolium montanum, Filipendula vulgaris, Campa-
nula sibirica, C. persicifolia, Galium verum und Onobrychis arenaria bis zum Herbstaspekt mit
Veratrum nigrum (vgl. WALTER & BRECKLE 1994: 193 f.).
Die Wiesensteppen zählen zu den artenreichsten Pflanzengesellschaften überhaupt: In den Schutz-
gebieten des Zentralen Chernozem-Biosphärenreservats bei Kursk (L5) wurden auf 5311 Hektar
1150 Gefäßpflanzenarten, 110 Moosarten, 40 Flechtenarten, 165 Arten Großpilze und 607 Arten
Kleinpilze nachgewiesen. Die Artenzahl an Gefäßpflanzen beträgt hier pro Quadratmeter bis zu 80,
auf 100 m² großen Probeflächen ca. 120 (MALESHIN 1995 (Mskr.), WALTER & BRECKLE 1994).
Zahlenmäßig überwiegen die Kräuter, von denen folgende Arten höhere Deckungsanteile (2 bzw. 3)
erreichen: Filipendula vulgaris, Trifolium montanum, Onobrychis arenaria, Rhinanthus alectorolo-
phus, Hypochaeris maculata, Bunias orientalis, Tragopogon pratensis subsp. orientalis, Viola
rupestris. Unter den Gräsern und Seggen herrschen folgende Arten vor: Bromus riparius, Festuca
rupicola, Carex humilis, C. praecox, Poa angustifolia, Stipa pennata.
Struktur und Zusammensetzung der Gehölz- und Grünlandformationen ändern sich mit den großkli-
matischen und edaphischen Gegebenheiten innerhalb der Waldsteppenzone von Nord nach Süd und
von West nach Ost. Insofern wurde eine Zweigliederung in subkontinentale, östlich verbreitete
Waldsteppen (L.1) und in submediterran-subkontinentale, südöstlich verbreitete Waldsteppen (L.2)
vorgenommen. Vegetationsgeschichtliche Untersuchungen in Ungarn (Alföld) haben ergeben, daß
die kontinentalen und die submediterranen Waldsteppen zu verschiedenen Zeitpunkten entstanden
sind und ihre Flora auf unterschiedlichen Wegen eingewandert ist. Die Elemente der kontinentalen
Waldsteppen sind schon sehr früh im Postglazial (Kiefern-Birkenzeit) aus der sarmatischen und
pontischen Provinz eingewandert; die submediterranen Waldsteppen mit ihren submeridionalen
Florenelementen haben sich dagegen erst in der Eichen-Mischwaldzeit (Atlantikum) entwickelt.
Deren Arten sind in erster Linie über das Donautal von Südosten eingewandert (ZÓLYOMI 1953,
JÁRAI-KOMLÓDI 1968).
Die Untergruppe L.2 unterscheidet sich dabei von L.1 durch deutlich höheren Anteil an thermophi-
len bis xerothermen (submediterranen) Pflanzen-Arten und -Gesellschaften.
384
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation L
Nachfolgend werden die wichtigsten höherrangigen Syntaxa der beiden Gruppen aufgelistet, soweit
es der heutige Kenntnisstand erlaubt. Wir richten uns dabei im wesentlichen nach RODWELL et al.
(2001), BORHIDI (1996) sowie HORVAT et al. (1974), die allerdings in der syntaxonomischen
Auffassung – zumal was die Zuordnung zu Klassen und Ordnungen betrifft – verschiedentlich
voneinander abweichen. Bei RODWELL et al. (2001) werden mesophile Laubwälder (Querco-
Fagetea), thermophile Eichenwälder (Quercetea pubescentis) und Gebüsche (Rhamno-Prunetea) als
eigene Klassen geführt.
Die eher mesophytischen Stieleichen(misch)wälder der subkontinentalen Waldsteppen (L.1)
gehören innerhalb der Fagetalia sylvaticae zu den Verbänden
– Carpinion betuli Issler 1931 (Kartierungseinheiten L1, L2, L3 p.p.) und
– Querco roboris-Tilion cordate Solomeshch et Laivins in Solomeshch et al. 1993 (L4-L6).
Die stärker xerothermen Eichenmischwälder der submediterran-subkontinentalen Waldsteppen
mit Quercus robur, Q. pubescens, Q. pedunculiflora und Acer tataricum werden innerhalb der
Quercetalia pubescenti-petraeae Klika 1933 zum Verband
– Aceri tatarici-Quercion Zólyomi & Jakucs 1957 gestellt (L9-L14).
Die Flaumeichen-Steppenwälder von Thrakien (L15) und der Krim (L16) gehören zumindest in
dieselbe Ordnung.
Die meso-xerophytischen und xerothermen Gebüschgesellschaften innerhalb des Waldsteppen-
Komplexes werden überwiegend der Ordnung Prunetalia spinosae Tüxen 1952 zugeordnet. Die
kontinentalen Gebüsche der Steppenzone der Ukraine und Südrußlands gehören zum Verband
– Amygdalion nanae Golub in Iljina et al. 1991,
die thermophilen und xerothermen der submediterran-subkontinentalen Waldsteppen zu den
Verbänden
– Berberidion vulgaris Br.-Bl. 1950 bzw. Prunion fruticosae Tüxen 1952 und
– Pruno tenellae-Syringion Jovanovic 1979.
Die submediterranen Waldmäntel und Gebüsche mit Fraxinus ornus, Cotinus coggygria, Carpinus
orientalis und Paliurus spina-christi werden der Ordnung Orno-Cotinetalia Jakucs 1961 innerhalb
der Quercetea pubescentis zugeordnet (z. B. L15).
Die syntaxonomische Einordnung der Wiesensteppen-, Federgrassteppen- und Trockenrasen-
Gesellschaften fällt dagegen erheblich schwerer, da es sich um eine Vielzahl von Gesellschaften auf
sehr unterschiedlichen Standorten handelt, die sich auch innerhalb der beiden Gruppen von Kartie-
rungseinheiten überschneiden und nicht klar voneinander zu trennen sind.
Die Wiesensteppen-Gesellschaften der Gruppe L.1 werden von RODWELL et al. (2001) einerseits zur
Ordnung Galietalia veri Mirkin et Naumova 1986 mit den Verbänden
– Agrostion vinealis Sipailova et al. 1985
– Artemision ponticae Golub et Savelyeva in Golub 1995
– Trifolion montani Naumova 1986
385
Formation L Karte der natürlichen Vegetation Europas
in die Klasse Molino-Arrhenatheretea Tüxen 1937 gestellt, andererseits gehören die echten Feder-
grassteppen und Trockenrasen zur Klasse Festuca-Brometea Br.-Bl. et Tüxen 1943, und hier zu
verschiedenen Ordnungen:
1) Festucetalia valesiacae Br.-Bl. et Tüxen 1943 mit den Verbänden
– Danthonio-Stipion tirsae Soó 1947 corr. 1971 – (L2-L8)
– Stipion lessingianae Soó 1947 – (L16, L17)
– Festucion valesiacae Klika 1931 – (L3-L6)
– Cirsio-Brachypodion Hadac et Klika 1944
– Ceratocarpo-Euphorbion stepposae Mititelu 1970
– Agropyrion pectinati Golub et Uzhametskaja 1991
– Helianthemo-Globularion Br.-Bl. 1963 – (L1).
2) Die Sandsteppen und Sandtrockenrasen der Gruppe L.2 (L11, L12, L14) gehören zur Ordnung
Festucetalia vaginatae Soó 1957 mit den Verbänden
– Festucion vaginatae Soó 1938 und
– Festucion beckeri Vicherek 1972.
3) Die Fels- und Gebirgssteppen der Krim (L16, L17) zur Ordnung Bromopsietalia cappadocicae
Diduch in Saitov et Mirkin 1991 mit den Verbänden
– Adonido vernalis-Stipion tirsae Diduch 1983 und
– Carici humilis-Androsacion tauricae Diduch 1983.
Makroklimatische Gegebenheiten
Das Waldsteppenklima nimmt eine Übergangsstellung zwischen dem gemäßigten Klima (Zone VI
nach WALTER et al. 1975) und dem semiariden Steppenklima der kontinentalen Gebiete (Zone VII)
bzw. dem Mediterranklima (Zone IV) auf der Balkanhalbinsel und der Südkrim ein. Entsprechend
liegen die Jahresniederschläge im gesamten Verbreitungsgebiet relativ niedrig: in der Regel zwi-
schen 400 und 600 mm, mit nach Süden und Osten abnehmender Tendenz (Minimum bei 300 bis
350 mm im submediterran-subkontinentalen Bereich). In höheren Lagen der Gebirge steigen die
Werte dagegen bis auf 700 (Nordkaukasus) bzw. 1050 mm (Kammlagen des Krimgebirges). Die
Jahresmittel der Temperatur schwanken bei den subkontinentalen Waldsteppen zwischen 6 °C (im
Norden) und 12 °C (im Nordkaukasus), bei den submediterran-subkontinentalen Waldsteppen
zwischen 9 und 12 °C, mit einem Maximum von 13 °C im thrazischen Waldsteppengebiet. Die
sommerlichen Temperaturmittel weisen eine weitere Amplitude auf: Sie liegen bei 16-18 °C im
Nordwesten (Ostseeinseln) und 20-24 °C im Südosten (Nordkaukasus) und sind bei den submediter-
ranen Waldsteppen mit 20-23 °C im Schnitt etwas höher. Die Januarmittel haben eine sehr weite
Amplitude zwischen 0 bis -2 °C (bzw. +2,8 °C im thrazischen Waldsteppengebiet) und -14 bis
-16 °C in den kontinentalsten Waldsteppengebieten Osteuropas (L6). Die Werte von L17 in den
exponierten Kammlagen des Krimgebirges fallen insgesamt aus dem Rahmen: die Jahresmittel-
temperaturen und die Julimitteltemperaturen liegen insgesamt niedriger (bei 5,5 bis 7 bzw. 15,5 bis
16,5 °C).
386
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation L
Die mosaikartige Anordnung der Vegetation in der Waldsteppenzone ist Folge des semiariden Über-
gangsklimas mit einer zumindest zweimonatigen Trockenperiode im Spätsommer bis Frühherbst:
Die Niederschläge und die Bodenfeuchtigkeit in der Vegetationszeit reichen auf Böden mit gün-
stigem Wasserhaushalt eben noch aus, um Baumwachstum und die Ausbildung von kleineren oder
größeren Waldbeständen zu ermöglichen, sie genügen jedoch nicht, um großflächig geschlossene
Wälder entstehen zu lassen. Infolge dessen haben sich auf den Standorten mit ungünstigerem
Wasserhaushalt bzw. auf orographischen Sonderstandorten ausgedehnte Wiesensteppen entwickelt.
Der Nachweis eines semiariden Waldsteppenklimas läßt sich mit Hilfe der Klimadiagramme von
WALTER & LIETH (1967) sehr anschaulich erbringen. In Abbildung 13 haben wir die Klimadiagram-
me dreier von West nach Ost angeordneter Stationen zusammengestellt. Sie machen deutlich, daß
das Niederschlagsmaximum im Frühsommer liegt und daß es in der Waldsteppenzone zwar eine
sommerliche Trockenzeit, aber im langjährigen Mittel keine Dürreperiode (wie in der Steppenzone)
gibt. Bei Betrachtung der einzelnen Jahre zeigt sich, daß humide Jahre überwiegen; Jahre mit
semiaridem oder gar aridem Klimacharakter sind zwar relativ selten, sie stellen aber den limitieren-
den Faktor für die Existenz von Laubwäldern dar. Zur Berechnung der effektiven Trockenheit des
Klimas in einzelnen Gebieten und Unterzonen wurde von BORHIDI (1961) ein „Xerotherm-Index“
für die Ermittlung der semiariden Monate entwickelt.
Standortbedingungen
Das Relief in der Waldsteppenzone ist vielgestaltig und reicht von Tiefebenen (Pannonisches
Becken, Untere Donauebene, Dnjepr- und Oka-Don-Niederung, Kuban-Niederung) über Becken-
landschaften (Inner-Thrakien, Ural-Vorland) bis zu Hügel- und zertalten Plateaulandschaften (Woly-
nisch-Podolische Platte, Mittelrussische Platte, Transwolga-Hügelland, Vorberge des Großen
Kaukasus). Entsprechend variieren die Höhenlagen von 0 bis 300 und 400 m ü. NN im Hügelland
bis zu den höchsten Vorkommen am Nord- und Ostabfall des Kaukasus bei 1400 (bis 1800) m.
Ausgangsgesteine für die Bodenbildung sind vorwiegend Lößdecken, die während des Pleistozäns
bis zu 50 m mächtig abgelagert wurden; örtlich kommen auch Flug- und Schwemmsande sowie
Terrassenkiese vor, oder es stehen Kalk- bzw. Silikatgesteine an.
Vorherrschende Bodentypen sind mächtige bis mittelmächtige Typische Schwarzerden (vorwiegend
im Bereich der Wiesensteppen) mit hohem Humusgehalt (8-12 %) und einem bis 1 m (im Kaukasus-
vorland bis 1,8 m) mächtigen Humushorizont. Weniger häufig kommen degradierte Schwarzerden
sowie Hell- bis Dunkelgraue Waldböden – namentlich unter Laubwäldern und Gebüschen – vor. Der
Humushorizont ist hier 50-80 (bis 120) cm mächtig und hat einen Humusgehalt von 5-10 %. In
abflußlosen Senken gibt es örtlich auch Niedermoorböden und solonzierte (salzhaltige) Böden mit
entsprechender azonaler Vegetation.
Wie bereits weiter oben erwähnt, sind für die Differenzierung in Wald- und Wiesensteppen-Stand-
orte der Wasserhaushalt und die Struktur der Böden von entscheidender Bedeutung. Der pflanzen-
verfügbare Wasservorrat ist insbesondere in den trockenen Sommermonaten begrenzender Faktor
für die Entwicklung alter Waldbestände. Der Baumbestand verbraucht in Dürrejahren während der
387
Formation L Karte der natürlichen Vegetation Europas
Vegetationszeit restlos alles im Boden gespeicherte und verfügbare Wasser, weshalb alte Waldbe-
stände an der Trockengrenze des Waldes oft lichter sind und weniger Unterwuchs aufweisen. Ferner
verhindert die Wurzelkonkurrenz die Verjüngung der Bäume. Junge Waldbestände und Gebüsche
benötigen dagegen geringere Wasserreserven.
Was die Natürlichkeit und Erhaltung bzw. Wiederherstellung von Wiesensteppen betrifft, kommt
man aufgrund langjähriger Untersuchungen und Beobachtungen zu folgenden Schlüssen: Die Wie-
sensteppen wurden früher großenteils als Weiden und Mähwiesen genutzt, was den Graswuchs und
die Artenvielfalt deutlich begünstigt hat. Aufgelassene Wiesensteppen verarmen und degenerieren,
bilden eine dichte Streuschicht (Steppenfilz) und fördern die Ausbreitung hochwüchsiger Kräuter,
vor allem von Disteln. Die Streuschicht wirkt außerdem als „Mulch“ und setzt die Verdunstung des
Bodenwassers herab, hält somit die oberen Bodenschichten feuchter und begünstigt das Aufkommen
von Gehölzkeimlingen. Eine Folge des Brachfallens ist somit die Gehölzausbreitung und Verbu-
schung der Wiesensteppenareale. Dies deutet darauf hin, daß etliche der heutigen Steppengebiete
anthropogener Natur sein dürften und unter den derzeitigen Klimabedingungen waldfähig wären.
Zur Erhaltung bzw. Wiederherstellung der typischen gras- und artenreichen Wiesensteppenvegetati-
on ist folglich eine extensive Beweidung oder regelmäßige Mahd mit Abfuhr des Mähgutes erfor-
derlich. Nach neueren Erkenntnissen genügt eine Mahd in drei- oder vierjährigem Turnus. Man
nimmt an, daß vor einer intensiveren Einflußnahme des Menschen und seiner Weidetiere natürliche,
388
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation L
durch Blitzschlag ausgelöste Feuer und die Beweidung durch Großwildherden (Wildpferd, Saiga)
und Steppennagetiere (Ziesel, Steppenlemming, Steppenmurmeltier, Hamster) den Graswuchs ge-
fördert und die Streubildung gehemmt haben. Eine Regeneration der Wiesensteppenvegetation nach
Ackernutzung scheint unter bestimmten Voraussetzungen (bei Erhaltung des Humushorizontes und
Vorhandensein von Steppenvegetation in der Umgebung) in längeren Zeiträumen (30-50 Jahre)
ebenfalls möglich (vgl. WALTER 1974: 190f.).
Gliederung in Untereinheiten
Struktur und Zusammensetzung der Gehölz- und Grünlandformationen ändern sich mit den großklima-
tischen und edaphischen Gegebenheiten innerhalb der Waldsteppenzone von Nord nach Süd und von
West nach Ost. Insofern wurde eine Zweigliederung in subkontinentale, östlich verbreitete Wald-
steppen (L.1) und in submediterran-subkontinentale, südöstlich verbreitete Waldsteppen (L.2) vor-
genommen. Die Kartierungseinheiten sind ferner nach Höhenstufen und geographisch differenziert.
Die subkontinentalen Waldsteppen erstrecken sich östlich der Karpaten und des Dnjestr (Nistru), die
submediterranen kommen entlang der Unteren Donau, in der Dobrudscha, im Pannonischen Becken,
in Thrakien und auf der Halbinsel Krim vor.
In beiden Unterzonen können folgende Typen von Waldsteppen unterschieden werden:
Tab. 18: Unterscheidungsmerkmale der beiden Untergruppen der Waldsteppen (BORHIDI 1961).
389
Formation L Karte der natürlichen Vegetation Europas
390
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation L
schellianum, unter den Rhizomgräsern Poa angustifolia, Bromus inermis, B. riparius, Calamagrostis
epigejos, Agrostis vinealis u. a.
In den Wiesensteppen spielen Kräuter eine wichtige Rolle: Zu den mesophytischen zählen Galium
verum, Knautia arvensis, Ranunculus polyanthemos, Hypochaeris maculata, zu den Xeromesophy-
ten Anemone sylvestris, Fragaria viridis, Filipendula vulgaris, Trifolium alpeste, T. montanum,
Salvia pratensis, und zu den stärker xerophilen Arten Adonis vernalis, Salvia stepposa, Phlomis
tuberosa, Veronica dentata, Pedicularis kauffmannii, Potentilla humifusa. Weitere typische Wie-
sensteppenarten sind Anthericum ramosum (nach Osten bis etwas östlich des Don verbreitet),
Anthyllis macrocephala (nach Osten bis in die Oka-Don-Niederung vordringend), Galium tinctori-
um, Echium russicum, Iris aphylla, Linum flavum, Scabiosa ochroleuca, Scorzonera purpurea u. a.
Echte Steppenxerophyten wie Paeonia tenuifolia und Salvia nutans haben ihre Hauptverbreitung in
den südlichen Wiesensteppen, wo auch typische „Steppenläufer“ (z. B. Crambe tataria) vor-
kommen. Annuelle und Geophyten sind im Vergleich zu den echten Steppen eher selten. Erstere
sind durch Androsace septentrionalis, letztere durch Gagea erubescens, Hyacinthella leucophaea
und Bulbocodium versicolor vertreten.
Steppenartige Wiesen unterscheiden sich von den Wiesensteppen durch mesophileren Charakter,
durch das Vorherrschen von Rhizomgräsern (Agrostis vinealis, Helictotrichon pubescens, Koeleria
delavignei, Festuca rubra, Poa angustifolia, Calamagrostis epigejos, Bromus inermis) und von
Locker-Horstgräsern (Anthoxanthum odoratum, Phleum phleoides, Helictotrichon schellianum).
Charakteristisch ist die Beimischung von Steppengräsern, vor allem Stipa pennata, S. tirsa, Festuca
valesiaca, Koeleria macrantha und einigen typischen Steppenkräutern (Potentilla humifusa u. a.).
Die Vegetation der subkontinentalen Waldsteppen weist eine deutliche Differenzierung von West
nach Ost und von Nord nach Süd auf. Die von Westen nach Osten zunehmende Kontinentalität
äußert sich in einem Wechsel der Dominanten, der zunehmenden Rolle „östlicher“ (westsibirischer,
westsibirisch-nordkasachischer und westsibirisch-kasachisch-mongolischer) Arten und im Rückgang
typischer europäischer, pannonischer, pontischer und anderer „westlicher“ Arten. Dieser Wandel in
der Artenzusammensetzung vollzieht sich nicht nur bei den Wiesensteppen, sondern auch bei der
Waldvegetation. Die Zahl der am Bestandesaufbau beteiligten Laubbaumarten nimmt ab, und die
vertikale Struktur der Baum- und Strauchschicht vereinfacht sich. Auch die Artengarnitur der
Krautschicht verändert sich durch die Abnahme mitteleuropäischer und submediterraner Arten und
das Auftreten südsibirischer und uralischer Waldarten (vgl. Formation F.4).
Die osteuropäische Waldsteppen-Provinz wird von West nach Ost unterteilt in die Mitteldnjepr-, die
Mittelrussische und die Transkamisch-Transwolgische Subprovinz (LAVRENKO 1970, LAVRENKO et
al. 1991, vgl. Abb. 12). Sie werden durch die Kartierungseinheiten L2, L3, L5 und L6 repräsentiert.
Die erste Subprovinz reicht von der Moldau bis zur Ostgrenze der Ukraine und umfaßt zwei
Kartierungseinheiten (L2, L3). Für die Eichenwälder dieser Subprovinz ist eine starke Beimischung
der mitteleuropäischen Hainbuche (Carpinus betulus) – ganz im Westen (bei L2) auch von Trau-
beneiche (Quercus petraea) – kennzeichnend, ferner ein hoher Anteil an anderen „westlichen“
Baum-, Strauch- und Krautarten. Die dortigen Wiesensteppen sind durch eine Vielzahl europäischer
391
Formation L Karte der natürlichen Vegetation Europas
Arten charakterisiert. Die wolynisch-podolischen Wiesensteppen (L2) werden deshalb von den
ukrainischen Botanikern dem mitteleuropäischen Typ zugerechnet.
Die Mittelrussische Subprovinz (L5) erstreckt sich vom Don-Einzugsgebiet bis zur Wolga. In ihren
Eichenwäldern fehlt Carpinus betulus, jedoch kommt Fraxinus excelsior noch als Mischbaumart
vor. In den Wiesensteppen herrschen pannonische und osteuropäische Arten vor, und es sind viele
„östliche“, besonders westsibirische und westsibirisch-nordkasachische Arten vertreten (Artemisia
latifolia, A. sericea u. a.). Spezifisch für die Region sind die petrophytischen Wiesensteppen auf
Kalkstein im Einzugsgebiet des oberen Don, in denen südsibirische Arten (Carex pediformis,
Bupleurum multinerve, Dendranthema zawadskii) in Verbindung mit mitteleuropäischen Floren-
elementen (Daphne cneorum) sowie der Endemit Androsace koso-poljanskii vorkommen.
Die Einheit L4 gliedert sich in zwei isolierte Teilareale innerhalb der beiden vorgenannten Sub-
provinzen und ist auf die Flußniederungen des Dnjepr und Oka-Don-Gebietes beschränkt. Für sie
sind Vegetationskomplexe aus Wiesensteppen und unterschiedlich stark salzbeeinflußter Vegetation
– örtlich mit Seggensümpfen, Röhrichten, Naß- und Auenwäldern – charakteristisch.
In der Transkamisch-Transwolgischen Subprovinz (L6) werden der Anteil und die Häufigkeit mittel-
europäischer Florenelemente noch geringer: In den Wäldern fehlen Acer campestre, Ulmus minor
und Fraxinus excelsior. Die Rolle von Tilia cordata, die in vielen voruralischen und uralischen
Wäldern vorherrscht, nimmt dagegen zu. Auch in den Wiesensteppen treten „westliche“ Elemente
zurück. Wiesensteppenarten wie Salvia pratensis oder Aster linosyris kommen nur noch vereinzelt
vor, und etliche im Westen häufige Arten (Anthyllis macrocephala, Anthericum ramosum u. a.)
fehlen ganz. Dagegen steigen Zahl und Bedeutung „östlicher“ Elemente: in den petrophytischen
Steppen auf Karbonatböden ist die transwolgisch-kasachische Art Stipa korshinskyi häufig. Auch die
phytozönotische Rolle von Helictotrichon desertorum, das für die petrophytischen Steppen auf
Kalkstein in dieser Subprovinz und in Westsibirien kennzeichnend ist, nimmt zu.
Die west- und nordkaukasischen Wiesensteppen (L7, L8) nehmen eine Übergangsstellung zwischen
den subkontinentalen und submediterranen (südlichen) Waldsteppen ein. Von den russischen Auto-
ren werden sie, wie jene der Krim, zu den südlichen Waldsteppen gestellt, in unserer Legende sind
sie den subkontinentalen als submontane (L7) und montane (L8) Höhenformen zugeordnet. Sie
bilden am Nordfuß und -abfall des Großen Kaukasus die Übergangszone zwischen den mesophilen
Hainbuchen-Eichenwäldern (F168, F170, F172), den Orientbuchenwäldern (F164) und den echten
Horstgrassteppen des nördlichen Vorkaukasus (M1, M11, M13).Bei diesen Einheiten handelt es sich
zum einen um Vegetationskomplexe aus krautreichen Federgrassteppen (Stipa tirsa, S. pennata) mit
zahlreichen Wiesensteppenarten und eingestreuten mesoxerophytischen Gebüschen (Prunus spino-
sa, Rhamnus pallasii) auf Löß- bzw. Schwarzerdestandorten (L7), andererseits um einen ähnlichen
Komplex in mittleren Gebirgslagen am Nord- und Ostabfall des Großen Kaukasus mit höherem
Anteil an z. T. endemischen Gebirgspflanzen und Petrophyten (L8).
Die umfangreiche Literatur über die osteuropäischen Wiesensteppen ist in den Veröffentlichungen
von LAVRENKO (1940, 1956, 1980) sowie in der Monographie von LAVRENKO, KARAMYŠEVA &
NIKULINA 1991 ausgewertet und zusammengefaßt.
392
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation L
Von HORVAT et al. (1974) wird darauf hingewiesen und ausführlich erläutert, daß sich das südost-
europäische Steppenwaldgebiet in klimatischer, boden- und vegetationskundlicher Hinsicht deutlich
von den Waldsteppen Osteuropas unterscheidet:
Das Klima hat stärker submediterrane Züge: Es ist wärmer, z. T. etwas niederschlagsreicher und
weist eine längere sommerliche Trockenperiode auf. Die Flora enthält eine Reihe wärmeliebender
Arten (z. B. Quercus pubescens, Q. cerris, Q. frainetto, Q. pedunculiflora, Fraxinus ornus, Carpinus
orientalis, Cornus mas, Colutea arborescens, Cotinus coggygria, Paliurus spina-christi, Lithosper-
mum purpurocaeruleum) und ist durch pannonische, karpatische und balkanische Arten ausgezeich-
net. Die Schwarzerden sind stärker degradiert und haben einen geringeren Humusgehalt (3-6 %) als
die osteuropäischen. Auch die übrigen Bodensubstrate unterscheiden sich in mancherlei Hinsicht:
hoher Anteil fluviatiler Lößsedimente im Donautiefland, ferner ausgedehnte Sanddecken, z. T. Bin-
nen- und Küstendünen sowie Flußterrassen, wechseltrockene Mergeltonböden in Ostthrakien. Von
den klimazonalen Steppenwäldern sind nur noch kleine Restbestände und Buschwälder erhalten,
die aber eine ganz gute Vorstellung über Artenzusammensetzung und Struktur der heutigen pnV ver-
mitteln. Das Areal der submediterran-subkontinentalen Waldsteppen ist seit Jahrtausenden von
Menschen besiedelt und beeinflußt worden und stellt sich heute überwiegend als Agrargebiet vor-
wiegend mit Ackerflächen (ca. 90 %) und Weidegrünland bzw. Hutewäldern dar.
Quercus pubescens-Licht- oder -Buschwälder sind meist in südexponierten Hanglagen auf flach-
gründigen Böden anzutreffen, Wälder mit anderen Eichen eher auf tiefgründigen Böden. Die
Steppen- bzw. Trockenrasenvegetation dürfte von Natur aus hauptsächlich in Form kleinerer oder
größerer Waldlichtungen auftreten.
393
Formation L Karte der natürlichen Vegetation Europas
Wiesensteppen kommen zwar in den Kartierungseinheiten noch vor, sind aber nicht so typisch für
die submediterrane Waldsteppe, in der submediterrane Trockenrasen (mit Bothriochloa ischaemum,
Chrysopogon gryllus und Cleistogenes serotina) sowie submediterrane Arten wie Convolvulus
cantabrica, Fumana procumbens, Achillea clypeolata, Knautia macedonica, Dianthus giganteus,
D. pallens, Trinia kitaibelii eine wichtige Rolle spielen.
Die Steppengesellschaften haben nur wenige Schichten und sind oft lückig ausgebildet. Moose
fehlen oder sind nur durch xerophile Arten vertreten. Der Artenreichtum ist generell geringer als in
den typischen Wiesensteppen. Neben der geographischen Differenzierung sind verschiedene
edaphische Varianten auf Kalkstein, Löß, Sand und Alkaliböden zu verzeichnen.
Die kleinflächige und verstreut liegende Kartierungseinheit L9 hat ihre Hauptverbreitung im
Pannonischen Becken. Sie repräsentiert einen reliefbedingten Vegetationskomplex aus Eichen-
mischwäldern auf Lößhügeln und halophilen Steppen in wechselfeuchten, unterschiedlich stark
versalzten Senken.
L10 stellt die Haupteinheit der Waldsteppen auf Lößstandorten im Pannonischen Raum dar und setzt
sich aus mehr oder weniger thermophilen Stieleichenmischwäldern mit Quercus cerris, Q. pubes-
cens, Acer tataricum im Wechsel mit relativ mesophilen Krautgrassteppen – vorherrschend Festuca
rupicola, F. valesiaca, aber weitgehend ohne Stipa-Arten – zusammen. Von Natur aus dürften hier
Wälder den größten Teil des Areals bedecken. Im Komplex sind außerdem pannonische Auenwälder
mit Fraxinus angustifolia subsp. danubialis (U16) und inselartige Vorkommen pannonischer
halophiler Steppen (L9) und Salzvegetation (P32) enthalten.
Bei der Einheit L11 handelt es sich um einen spezifisch pannonischen Vegetationskomplex in einer
ausgedehnten Binnendünenlandschaft zwischen Donau und Theiß. Er setzt sich aus Sandsteppen mit
Festuca vaginata auf den Binnendünen und trockenen bis feuchten Stieleichen(misch)wäldern –
z. T. mit thermophilen Baum-, Strauch- und Krautarten – in ebenen Lagen und Geländemulden
zusammen. Die Dünenvegetation variiert hinsichtlich Kalkgehalt und Trophie der Sandböden, die
Waldvegetation ist nach Süden hin stärker mit thermophilen Arten ausgestattet.
Die Kartierungseinheit L12 kommt inselartig in mehreren Binnendünengebieten auf Flußterrassen
an der Unteren Donau und ihren nördlichen (rumänischen) Nebenflüssen vor. Der Vegetationskom-
plex ist – ähnlich wie bei L11 – aus Sandsteppen auf den trockenen Dünenrücken und wärmelieben-
den bis feuchten Eichenmischwäldern in den Dünentälern zusammengesetzt. An Steppengräsern
sind Festuca beckeri und Stipa borysthenica kennzeichnend; bei den Baumarten spielt die der
Stieleiche nahestehende, aber wärmebedürftigere Quercus pedunculiflora die Hauptrolle.
Die Einheit L13 ist relativ großflächig an der Unteren Donau und im südöstlichen Vorland der
Karpaten verbreitet. Sie bildet den Übergang zwischen thermophilen Eichen- und Eichen-Hain-
buchenwäldern (F63, F64, G34, G60, G21) sowie Federgrassteppen (M5). Entsprechend besteht das
Vegetationsmosaik aus thermophilen Eichenmischwäldern mit vorherrschend Quercus pedunculiflo-
ra oder Q. pubescens und eingestreuten krautreichen Horstgrassteppen mit aspektbestimmenden
Stipa-Arten (Stipa lessingiana, S. pennata, S. capillata u. a.) oder Festuca valesiaca. Mesophile
Wiesenpflanzen fehlen hier weitgehend.
394
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation L
Bei Einheit L14 handelt es sich um besondere Vegetationskomplexe auf küstennahen Sanddünen im
Donaudelta mit Sandsteppen und Sandtrockenrasen auf den trockenen Dünenrücken und Eschen-
Eichenwäldern mit Quercus pedunculiflora und Fraxinus pallisae in den feuchten Dünenmulden
bzw. am Fuß der Dünen.
Die ostthrazischen Steppen auf Mergelton im Wechsel mit Flaumeichenwäldern und Paliurus spina-
christi-Gebüschen (L15) stellen eine besondere Einheit im Spannungsfeld zwischen den pontisch-
danubischen Waldsteppen und den submediterran-subkontinentalen Flaumeichenwäldern dar. Ihr
Übergangscharakter zwischen lichtem Flaumeichen(busch)wald und waldfreien Trocken- oder
Steppenrasen ist bedingt durch die Kombination aus niederschlagsarmem, sommertrockenem und
sommerwarmem Klima und waldfeindlichen wechseltrockenen Mergeltonböden. Die Natürlichkeit
einer Waldsteppenvegetation in diesem Gebiet ist umstritten (vgl. HORVAT et al. 1974), Charakter
und Artenzusammensetzung der Steppenvegetation sind weitgehend unbekannt. HORVAT et al.
(1974) vermuten aufgrund von Literaturauswertung, daß hier keine echten Stipa-Steppen, sondern
eher Dornstrauch-reiche Formen vom Typ einer Phrygana mit sehr lückiger Bodenbedeckung und
hohem Anteil an Ephemeren zu erwarten sind.
Die Krimischen Kraut-Grassteppen (L16) am Nordfuß des Krimgebirges (250-400 m) gehören zu
den typischen submediterranen Waldsteppen. Es handelt sich um krautreiche Horstgrassteppen
(keine Wiesensteppen, wie in den subkontinentalen Waldsteppen), die im Wechsel mit Thymus-
Gesellschaften und Quercus pubescens-Wäldern mit Carpinus orientalis stehen.
Am Aufbau der Steppengesellschaften beteiligen sich neben Arten, die in den pontischen Niederungs-
steppen vorkommen wie Stipa capillata, S. pulcherrima, Festuca valesiaca, Koeleria macrantha,
Filipendula vulgaris, Adonis vernalis, auch mediterrane und submediterrane Arten sowie Krim-
Endemiten, unter anderem Centaurea sterilis und Jurinea sordida. Kennzeichnende Arten sind Stipa
pontica, S. brauneri, Agropyron ponticum, Veronica multifida, Convolvulus cantabrica, Muscari
neglectum, Sanguisorba minor subsp. polygama, Jurinea stoechadifolia. Differentialarten dieser
Berglandsteppen gegenüber den Steppen der Ebenen sind Salvia scabiosifolia, Onosma taurica,
Onobrychis miniata. Manche Arten kommen außer auf der Krim noch im Vorkaukasus vor (Aspho-
deline taurica, Onosma rigida, Linum austriacum subsp. euxinum u. a.). Charakteristisch für den
Vegetationskomplex sind Thymus-Gesellschaften (T. roegneri, Festuca callieri), Thymus-reiche
Steppen und Felsgesellschaften (u. a. mit Helianthemum oelandicum subsp. stevenii, Asphodeline
taurica, Onobrychis gracilis, Astragalus filiformis, Convolvulus holosericeus, Tanacetum paczoskii).
Die Krimischen Gebirgssteppen (L17) sind in den ebenen, windexponierten Gipfellagen der Haupt-
kette (Jaila-Gebirge) in Höhen bis 1400 m verbreitet. Hier sind Wiesensteppen die vorherrschenden
Gesellschaften, doch gibt es daneben auch Thymus-reiche Formationen und Felsgesellschaften. Die
verkarsteten Hochflächen („Jajly“) waren im Postglazial immer waldfrei, werden aber seit Jahr-
hunderten auch intensiv beweidet. In windgeschützten Karstmulden kommen kleine Buchenwald-
inseln (Fagus sylvatica subsp. moesiaca) vor, die auf potentielle Waldfähigkeit zumindest von
Teilflächen schließen lassen. Die Gebirgssteppen der Krim beherbergen eine große Zahl submediter-
raner und mediterraner Arten, was für ihre Einreihung in die submediterranen Waldsteppen spricht
395
Formation L Karte der natürlichen Vegetation Europas
Literatur
HORVAT, GLAVA & ELLENBERG 1974; GORAKOVSKIJ 1961; LAVRENKO & KARAMYŠEVA 1993;
MALESHIN 1995 (Mskr.); WALTER 1974; WALTER & BRECKLE 1994; BORHIDI 1961, 1996; LAVREN-
KO, KARAMYŠEVA & NIKULINA (Ed.) 1991; SOÓ 1959; PAÔCOVSCHI & DONIÚ{ 1967; DIDUCH 1983,
1987b, 1992.
396
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation M
M Steppen
Zoja V. Karamyševa
Abb. 12: Räumliche Untergliederung der Schwarzmeer-kasachischen Steppenregion (nach LAVRENKO & KARA-
MYSHEVA 1993).
Grenzen: A = Umgrenzung der Region; B = Provinzen; C = Unterprovinzen (UP);
1 Balkanisch-mösische Waldsteppenprovinz; 2 Osteuropäische Waldsteppenprovinz (a Mittel-Dnejpr-
UP, b mittelrussische UP, c Transkama-Transwolga-UP); 3 Schwarzmeer- (pontische) Steppenprovinz
(a Schwarzmeer-Asowsches Meer-UP, b Mittel-Don-UP); 4 Westsibirische Waldsteppenprovinz;
5 Transwolgisch-kasachische Steppenprovinz (a Jergeni-Transwolga-UP, b westkasachische UP,
c zentralkasachische UP, d ostkasachische UP, e Saur-Tarbagatai-UP, f Südaltai-UP).
In Europa hat das Steppenareal etwa die Form eines Dreiecks, dessen Ecken an der Donaumündung,
am Südural und am Fluß Terek liegen. Von West nach Ost erstreckt sich das Verbreitungsgebiet
über ca. 2 200 km, von Nord nach Süd über ca. 870 km. Im pontischen Gebiet grenzen die Steppen
an die Nordküsten des Schwarzen und Asowschen Meeres an. Östlich des Asowschen Meeres
reichen die Steppen bis an den Fuß und in die Vorberge des Hohen Kaukasus. Außerhalb des
geschlossenen Steppengebietes finden sich noch teils ausgedehnte Steppeninseln in den kaukasi-
397
Formation M Karte der natürlichen Vegetation Europas
398
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation M
Ein weiteres charakteristisches Strukturmerkmal von Steppen ist die Ausbildung zoogener Mikrore-
liefs mit entsprechenden Standort- und Vegetationsmosaiken, die durch die Aktivitäten und Lebens-
weise in Kolonien lebender Nagetiere (Steppenmurmeltier, Ziesel, Mäuse) hervorgerufen werden
und einer zeitlich-räumlichen Rotation unterliegen. Auch die selektive Beweidung durch Huftiere
und Nager hat entscheidenden Einfluß auf Artenzusammensetzung und Bestandesstruktur der
Steppenvegetation und gehört zu den natürlichen Ökofaktoren.
1
Pflanzen mit intensiver Transpiration bei guter Wasserversorgung und Einschränkung der Transpiration bei
Trockenheit durch Verschluß der Spaltöffnungen (WALTER & BRECKLE 1994:211).
399
Formation M Karte der natürlichen Vegetation Europas
400
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation M
Steppen auf lehmigen Böden unterscheiden. Die halo- und hemihalophytischen Varianten sind durch
typische Vegetationskomplexe gekennzeichnet: Steppengesellschaften wechseln mit Halophyten-
Zwerghalbstrauch-Gesellschaften in Abhängigkeit vom Salzgehalt der Böden.
Diese Gesetzmäßigkeiten in der Differenzierung der Steppenvegetation kommen in der Legenden-
struktur und bei den Kartierungseinheiten der Karte deutlich zum Ausdruck.
Makroklimatische Gegebenheiten
In der Federgras-Steppenregion herrscht ein semiarides Klima mit ausgeprägter Trockenzeit im
Hoch- und Spätsommer sowie kurzer Dürrezeit im Spätsommer (vgl. Abb. 13). Die jährliche
potentielle Evaporation übertrifft hier den Jahresniederschlag. Während vier Monaten (April bis
Ende Juli) herrschen optimale Wachstumsbedingungen für die Steppenvegetation. Der Frühling
(April-Mai) ist relativ warm und niederschlagsreich. Das Niederschlagsmaximum liegt im Juni, das
Jahresmittel beträgt etwa 400 mm. Die klimatischen Verhältnisse variieren innerhalb des ausgedehn-
ten Steppengebiets von Nord nach Süd und von West nach Ost. Nach Süden und Osten steigt die
Aridität: Die Niederschlagsmengen sinken, die Summe der positiven Temperaturen erhöht sich, die
Vegetationsperiode wird länger, die sommerliche Trockenphase ist stärker ausgeprägt und länger.
Die Temperaturmittel für das Jahr liegen zwischen (3) 5 und 10 (12) °C, für den wärmsten Monat
(Juli) zwischen (15) 20 und 26 °C, für den kältesten Monat (Januar) zwischen -3 und -12 (-16) °C.
Im Winter herrscht große Kälte (Minima bei -34 °C im Westen), die nach Osten zunimmt (Minima
-40 °C). In der westpontischen Tiefebene und im Asowschen Land macht sich der mildernde Einfluß
des Schwarzen und Asowschen Meeres deutlich bemerkbar. In warmen Sommern steigen die
401
Formation M Karte der natürlichen Vegetation Europas
Abb. 13: Klimadiagramme der osteuropäischen Waldsteppen, Steppen und Wüsten (L, M, O) (nach WALTER &
LIETH 1967). Für die Formation L: die Stationen Uman (L3), Woronesh (Voroneñ) (L4), Uljanowsk (L5);
für die Formation M: Nikolajew (M12), Rostow/Don (Rostov na Donu) (M5), Tschkalow (Orenburg, bei
M9); für die Formation O: Astrachan (an der Wolga, bei O4), Gurjev (am Ural-Fluß, bei O3), Kjurdamir
(in Transkaukasien, O9).
Standortbedingungen
Das Relief in der Steppenregion ist recht unterschiedlich ausgebildet. Es gibt ausgedehnte Steppen
im Tiefland (Schwarzmeer-Niederung, Kuban-Many
-Niederung, Kaspische Senke) sowie im Hü-
gelland und in Plateaulagen (Dobrudscha, Moldau-, Podolische, Dnjepr-Donezplatten, Don-Hügel-
land, Mittelrussische und Wolga-Platten, Transkama-, Transwolga-Hügelland, Jergenihügel und
dem bis 831 m ansteigenden Stavropol’-Hügelland). In den Zwischenstromgebieten der Flüsse
402
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation M
Dnjepr, Don, Chopor, Oka, Wolga und Kuban sind die Plateaus durch ein Netz von Taleinschnitten
gegliedert. Im östlichen und südlichen Kaukasus reichen die Steppen bis in die hochmontane und
subalpine Stufe (M4, M11).
Die Böden sind in der Regel feinkörnig und tiefgründig, haben einen hohen Schluffgehalt und eine
gute Wasserkapazität. Sie entwickelten sich vorwiegend auf mächtigen, während des Pleistozäns
abgelagerten Lößdecken. Typische Böden der Echten Steppen sind tiefgründige Gewöhnliche und
Südliche Schwarzerden (Chernozems) sowie Dunkle und Helle Kastanienböden (Kastanozems) in
den südlichen Regionen. Die Mächtigkeit des Humushorizontes beträgt bei den Gewöhnlichen
Schwarzerden 40-50 cm (selten 80-100 cm), der Humusgehalt 6-8 % (in Transwolgien 7-10 %); bei
den Südlichen Schwarzerden 20-30 cm und 5 % Humus (in Transwolgien 5-7 %). Dunkle Kasta-
nienböden haben einen Humushorizont von 20-30 cm Tiefe, ihr Humusgehalt beträgt 2-4 % (in
Transwolgien bis 5 %).
Als Folge der Aridität – gegenüber der Summe der Niederschläge höhere Verdunstungsrate – findet
vielfach keine Bodenauslaugung statt, sondern der Sorptionskomplex ist durch Ca2+- und Mg2+-Kar-
bonate und in den südlicher liegenden Gebieten auch durch leicht lösliche Salze gesättigt. Deshalb
werden – besonders im Süden des Steppengebietes – große Flächen von solonzierten Kastanienbö-
den eingenommen, die vielfach Komplexe mit Solonetz-Böden bilden. In der Übergangszone der
Steppen zu den Wüsten (Formation O) nehmen Solonchaks ausgedehnte Flächen ein. In Tälern
großer Flüsse findet man Steppen auch auf Alluvialsanden, so am Mittellauf des Dnjepr und am
Don, die teilweise zu Dünen aufgeweht wurden.
Rolle im Landschaftsgefüge
Steppen sind vorwiegend auf Plateaus, an Hängen und in weiten Ebenen verbreitet. Wälder findet
man in der Steppenzone nur an ausreichend mit Wasser versorgten Standorten: an schattigen Unter-
hängen, in feuchten Mulden, entlang von Bächen und in Flußauen. In ihnen herrscht gewöhnlich
Quercus robur vor, oft in Verbindung mit Acer tataricum und Straucharten. Typische Komponenten
der natürlichen Vegetation in der Steppenregion sind Strauchbestände, die sich aus denselben Arten
wie in der Waldsteppe zusammensetzen (Spiraea, Rosa, Chamaecytisus, Prunus, Caragana u. a.).
Wie in der Waldsteppe sind auf felsigen Standorten häufig Tomillaren und petrophytische Zwerg-
halbstrauch- sowie Zwergstrauchgesellschaften anzutreffen.
Für das südliche, besonders trockene Wüstensteppengebiet sind Ausbildungen mit Hemihalophyten
und Halophyten sowie Komplexe mit halophytischen Zwerghalbstrauchgesellschaften (besonders
Artemisia-Arten) auf Solonetz-Böden typisch.
403
Formation M Karte der natürlichen Vegetation Europas
sind Flächen versalzen oder durch Wasser und Wind stark erodiert und somit für die weitere
landwirtschaftliche Nutzung unbrauchbar.
Die ackerbauliche Nutzung und namentlich der Tiefumbruch der Böden bewirkten eine Zerstörung
der natürlichen Lagerung der Bodenstruktur, wodurch eine Wiederherstellung der ursprünglichen
Steppenvegetation nach der Nutzungsaufgabe in Frage gestellt ist. Die heutigen Ersatzgesellschaften
auf den Ackerflächen bestehen nur noch aus wenigen ursprünglichen und zahlreichen Adventiv-
pflanzen.
Reste der natürlichen Steppenvegetation sind auf wenige Naturschutzgebiete, militärische Übungs-
flächen und vor allem auf steilere Hänge von Taleinschnitten beschränkt. Bedeutende Steppenre-
servate sind das bereits 1887 eingerichtete Steppen-Naturschutzgebiet Askanija Nova in der Gras-
steppenregion nördlich der Halbinsel Krim (M12a) und das in der Wüstensteppenzone (M19/M21)
liegende, 1998 ausgewiesene Schutzgebiet Bogdo Baskun
ak südöstlich Wolgograd. In diesen
Gebieten werden auch Untersuchungen hinsichtlich eines optimalen Naturschutzmanagements zur
Erhaltung der Steppenökosysteme durchgeführt.
Aus langjährigen Untersuchungen und Beobachtungen ist bekannt, daß auch natürliche Steppen zu
ihrer Erhaltung einer spezifischen Beweidung bedürfen und daß Wildtiere (Huftiere sowie große und
kleine Nagetiere) seit jeher eine wichtige Rolle bei der Entstehung und Erhaltung der Steppen
einschließlich ihrer Böden sowie ihres spezifischen Mikroreliefs, Standort- und Vegetationsmosaiks
spielen (vgl. WALTER & BRECKLE 1994:200 ff., LAVRENKO & KARAMYŠEVA 1993:42 ff.). Große
Huftiere wie das Wildpferd und die Saiga-Antilope, die früher in großen Herden die Steppengebiete
bevölkerten, beeinflußten die Zusammensetzung und Struktur der Steppenvegetation durch ihre
selektive Beweidung, die Nagetiere wie Ziesel, Bobak und die kleinen Nager durch ihre Wühltätig-
keit (Anlage von Gängen und Bauten, Durchmischung der oberen Bodenschichten, Auswurf von
Rohboden), das Abweiden der Vegetation und die lokale Eutrophierung des Bodens durch Ex-
kremente.
Die Beweidung durch Huftiere wurde später – nach Dezimierung bzw. Ausrottung der großen
Wildtiere – seitens des Menschen durch seine Haustiere fortgeführt. Extensive Beweidung ist für die
Erhaltung der typischen Steppenvegetation förderlich und notwendig. Starke Beweidung führt zum
Rückgang von Steppenkräutern und Federgräsern sowie zur Zunahme von Festuca-Arten (z. B.
Festuca rupicola) und xerophytischen Zwerghalbsträuchern. Übermäßige Beweidung hat die Domi-
nanz von Weideunkräutern und Einjährigen zur Folge. Ausschluß der Beweidung und Brache führen
zu Streuansammlung, Änderung des Luft- und Wasserhaushalts der Böden, Ersatz von Horstgräsern
durch Rhizompflanzen und örtlich zur Ausbreitung sich vegetativ vermehrender Gehölze. Gelegent-
licher Brand ist für die Erhaltung der Steppenvegetation kein Problem, bei wiederholtem Brennen
findet eine Degradierung durch Unkräuter statt.
Die Regeneration der Steppenvegetation auf aufgelassenen Ackerflächen scheint über längere
Zeiträume und bei sehr extensiver Beweidung möglich, wenn in der Umgebung (an Hängen, auf
Sonderstandorten) noch ausreichend Reste der natürlichen Steppenvegetation vorhanden sind.
Hierzu gibt es Erfahrungen und eine Dokumentation am Beispiel der während des Krieges ungenutz-
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Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation M
Gliederung in Untereinheiten
Die Untergliederung der Steppen erfolgt in 4 klimazonale Untergruppen, die entsprechend der
zunehmenden Trockenheit und Sommerwärme in Gürteln von Norden nach Süden bzw. Südosten
angeordnet sind (vgl. Karte 16: M1-M4). Die nördlichsten drei werden als Echte Steppen zu-
sammengefaßt und sind von Horstgräsern, namentlich Federgräsern, dominiert. Ihre Untergliederung
bringt den nach Süden bzw. mit zunehmender Trockenheit abnehmenden Kräuteranteil zum Aus-
druck. Den südlichsten und trockensten Gürtel bilden die Wüstensteppen, in denen Kräuter weit-
gehend fehlen und die Horstgräser zunehmend von xerophytischen Zwerghalbsträuchern, namentlich
Artemisia-Arten, abgelöst werden. Sie werden deshalb auch als Wermut-Federgrassteppen bezeich-
net und leiten zu den nördlichen Zwerghalbstrauch-Wüsten (O1) über.
M.1 Echte Steppen (Stipa pennata, S. tirsa, S. dasyphylla, S. ucrainica, Festuca valesiaca,
Koeleria macrantha)
Der typische Charakter der Federgrassteppen ist in den Echten Steppen am besten ausgeprägt. In
ihnen herrschen xerophytische Horstgräser vor, die auch die größte Biomasse erzeugen.
In den pontischen sowie kasachischen Steppen dominieren Federgräser der Sektion Stipa, so die
eurasisch-subkontinentalen Arten Stipa pennata s. str. und S. pulcherrima, die pannonisch-ponti-
schen S. dasyphylla und S. tirsa, die pontische S. ucrainica und die ostpontisch-kasachische
S. zalesskii s. str. (= S. rubens). Eine wichtige Rolle spielen ferner die eurasisch-submeridional-
kontinentale Stipa capillata, die kasachische S. sareptana aus der Sektion Leiostipa, deren Arten in
den zentralasiatischen Steppen vorherrschen, sowie die pontisch-kasachische Stipa lessingiana der
Sektion Barbatae. In der Ukraine kommen 29 Stipa-Arten vor (KLOKOV & OSYNJUK 1976), von
denen zahlreiche endemisch sind: Stipa brauneri (Endemit von Novorossijsk und Krim), S. setulo-
sissima, S. majalis, S. graniticola (Endemiten der Schwarzmeerküste), S. transcarpatica (Endemit
aus Südosteuropa), S. maeotica (endemisch am Asowschen Meer), S. lithophila (krimischer Ende-
mit) u. a.
Auch Festuca-Arten spielen in den Echten Steppen eine große phytozönotische Rolle, namentlich
die europäisch-westasiatisch-kontinentale Festuca valesiaca – eine Art mit sehr breiter ökologischer
Amplitude, die von den Wiesensteppen (Formation L) bis in Wüstensteppen vorkommt, ferner die
ähnlich verbreitete F. rupicola. Vorherrschende Art der Sandsteppen ist Festuca beckeri.
Eine weitere stete Komponente ist das holarktisch-kontinentale Horstgras Koeleria macrantha.
Ferner spielen Agropyron-Arten eine wichtige, jedoch geringere Rolle als Federgräser und Schwin-
gel (Agropyron cristatum subsp. pectinatum, mongolisch-kasachisch: A. desertorum, kasachisch:
A. fragile, die beiden letzten Arten sind nur im Südosten des Steppengebietes anzutreffen). Weitere
Agropyron-Arten haben bei der Sandfestlegung eine wichtige Funktion: A. dasyanthum (unteres
Dnjepr-Gebiet), A. tanaiticum (Dnjepr-Don-Gebiet), A. cimmericum (Küste des Asowschen Mee-
res). Unter den Helictotrichon-Arten ist H. desertorum (europäisch-westasiatische Art) in bestimm-
405
Formation M Karte der natürlichen Vegetation Europas
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Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation M
Gliederung in Kartierungseinheiten
Die Kräuterreichen Grassteppen der Tieflagen gliedern sich in 3 pflanzengeographische Aus-
bildungen, die einander von West nach Ost ablösen: in west- und mittelpontische (M1), mittelponti-
sche (M2) und transwolgische Steppen (M3). Ferner wurde eine hochmontane transkaukasische
Einheit (M4) hier angeschlossen.
407
Formation M Karte der natürlichen Vegetation Europas
Die west- und mittelpontischen Kräuterreichen Grassteppen (M1) nehmen einen schmalen Streifen
südlich der Waldsteppe vom Dnjestr bis zum Donez-Mittellauf ein. Ein zweites Teilareal liegt zwi-
schen Don-Unterlauf und Kuban-Tiefebene und umfaßt das Stavropol’-Hügelland bis zum Terek.
Pontische und pannonisch-pontische Arten sind hier kennzeichnend. Mit Ausnahme von Stipa
zalesskii und Carex pediformis, die in den petrophytischen Steppen der Donezplatte vorherrschen,
spielen Arten mit östlicher Verbreitung keine wesentliche Rolle.
Die mittelpontischen Kräuterreichen Grassteppen (M2) unterscheiden sich von der vorhergehenden
Einheit durch regelmäßiges Vorkommen von Stipa zalesskii und das Fehlen von Stipa ucrainica.
Weitere Differentialarten mit östlicher Verbreitung sind Helictotrichon schellianum, Hedysarum
grandiflorum, Asperula tephrocarpa, Crambe aspera u. a. Die Einheit reicht vom Donez bis an die
Wolga.
Die transwolgischen Kräuterreichen Grassteppen (M3) sind östlich der Wolga bis zu den Ural-Vor-
bergen verbreitet. Hier herrschen Arten vor, die typisch für die westsibirisch-kasachischen Steppen
sind: Stipa zalesskii, S. capillata, Helictotrichon schellianum, H. desertorum. Letztere ist besonders
in den voruralischen Steppen verbreitet (isolierte Fundorte gibt es auch weiter westlich bis zu den
wolynisch-podolischen Steppen). Für den Vorural typisch sind außerdem Stipa pennata s. str.,
S. pulcherrima und die transwolgisch-kasachische Stipa korshinskyi. Nach den vorherrschenden
Kräutern (u. a. Onobrychis sibirica, Oxytropis pilosa, Peucedanum alsaticum, Silene chlorantha)
ähneln diese Steppen den nordkasachischen Ausbildungen.
Die transkaukasischen Kraut-Grassteppen und Wiesensteppen (M4) unterscheiden sich aufgrund
ihrer isolierten Lage und der hochmontanen Verbreitung deutlich von den anderen Kräuterreichen
Grassteppen. Sie setzen sich aus Arten der Wiesensteppen (Festuca valesiaca, Koeleria macrantha,
Elymus hispidus subsp. barbulatus, Stipa tirsa, S. pulcherrima, Festuca ovina, Bromus variegatus)
und der Gebirgssteppen (Poa densa u. a.) sowie zahlreichen kaukasisch und anatolisch-iranisch
verbreiteten Arten zusammen. Die artenreichen Gebirgssteppen bilden vielgestaltige Komplexe mit
Dornpolstergesellschaften und Tomillaren.
408
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation M
Bromus riparius sowie Elymus sect. Elytrigia- und Agropyron-Arten nicht so häufig. Unter den
Kräutern sind xerophile und mesoxerophile Arten (Thymus kosteleckyanus, Medicago falcata,
Euphorbia nicaeensis subsp. stepposa, Salvia nutans, S. austriaca, Paeonia tenuifolia, Iris humilis,
Achillaea setacea, Linum tenuifolium u. a.) häufig und bilden viel Phytomasse. Nördliche mesoxero-
phile Steppenarten (Filipendula vulgaris, Galium verum, Echium russicum u. a.) kommen nur
vereinzelt vor, dagegen sind südliche Steppenkräuter und Zwerghalbsträucher beigemischt (Aster
oleifolius, Tanacetum achilleifolium, Trinia hispida). Therophyten und Geophyten sind – ähnlich
wie in den Kräuterreichen Grassteppen – nicht sehr häufig. Der Deckungsgrad der Krautschicht ist
geringer und erreicht 40-60 %. Die Kraut-Grassteppen weisen zudem eine deutliche sommerliche
Halbruhephase auf.
Das Klima ist gemäßigt kontinental mit zunehmender Kontinentalität von West nach Ost. Die
mittlere Jahrestemperatur liegt zwischen 3 und 12 °C, die mittlere Januartemperatur zwischen 0 bis
-2 °C im Westen und -14 bis -16 °C im Osten, die mittlere Julitemperatur zwischen 22-25 °C im
Westen und 20-22 °C im Osten. Die durchschnittlichen Jahresniederschläge schwanken zwischen
300 und 350 (500) mm.
Das Relief ist recht vielgestaltig und umfaßt Tiefebenen, Hügelland mit Taleinschnitten und Senken
sowie das höhere Bergland. Kraut-Grassteppen sind in der Regel an mittelhumose Südliche Schwarz-
erden gebunden, so am Asowschen Meer und in den Ebenen am Don-Fluß.
In die großflächigen Steppengebiete sind auf Sonderstandorten – namentlich an Nordhängen – insel-
artige Stieleichenwälder eingestreut. Typische natürliche Begleitvegetation sind ferner kräuterreiche
Petrophyten-Gesellschaften (im Donezgebiet), Tomillaren und Tomillarsteppen sowie Gebüsche mit
Caragana frutex, Prunus tenella und Calophaca wolgarica.
Gliederung in Kartierungseinheiten
Trotz ihrer weiten geographischen Verbreitung weisen die west- und mittelpontischen Kraut-
Grassteppen (M5) eine einheitliche Artengarnitur auf (Stipa ucrainica, S. lessingiana, S. capillata,
Festuca valesiaca, Agropyron cristatum subsp. pectinatum). Dagegen unterscheiden sich die
begleitenden Tomillaren-Gesellschaften regional deutlich voneinander. Die mittelpontischen Kraut-
Grassteppen (M6) schließen ab dem Donezgebiet nach Osten an die Kartierungseinheit M5 an. Sie
unterscheiden sich durch das Fehlen von Stipa ucrainica und das Vorkommen zahlreicher östlich
verbreiteter Arten wie Stipa zalesskii, Onosma simplicissima, O. arenaria. Charakteristisch ist ferner
das Vorkommen des Steppenstrauches Calophaca wolgarica.
Die Steppen auf lehmig-sandigen und sandigen Böden der Flußterrassen von Dnjepr, Don, Donez
und Wolga unterscheiden sich deutlich von den übrigen zonalen Steppen. In den hemipsammophyti-
schen Kraut-Grassteppen (M7) kommen neben Stipa capillata und S. anomala Eryngium campestre,
Goniolimon graminifolia und Scabiosa argentea vor, in den psammophytischen Steppen (M8)
sandliebende Arten wie Helichrysum arenarium, Euphorbia segueriana, Festuca beckeri, Leymus
racemosus. Innerhalb der pontischen Steppen (M8) gibt es zwischen den einzelnen Flußsystemen
Unterschiede in der Artengarnitur: auf den Sanden des Dnjepr kommen Agropyron dasyanthum,
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Formation M Karte der natürlichen Vegetation Europas
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Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation M
Gliederung in Kartierungseinheiten
Die 4 Kartierungseinheiten gliedern sich in 3 pflanzengeographisch differenzierte, von West nach
Ost angeordnete (M12-M14) und eine edaphisch bedingte Kartierungseinheit (M15). Die westponti-
schen Grassteppen (M12) sind durch die Vorkommen von Stipa ucrainica und die pontisch
(-mediterranen) Arten Allium guttatum, Dianthus guttatus, D. lanceolatus und Astragalus henningii
charakterisiert. Typisch für dieses Gebiet sind auch die Wiesen und Niedermoore mit Carex
melanostachya, Beckmannia eruciformis, Eleocharis palustris, E. uniglumis in den Pods. In den
mittelpontischen Grassteppen (M13) tritt Stipa ucrainica zurück oder fehlt ganz; dafür kommen
Arten mit östlicher Verbreitung wie Dianthus leptopeltatus, Aster tarbagatensis, Onosma sim-
plicissima hinzu. Die mittelpontisch-transwolgischen Grassteppen (M14) erstrecken sich zwischen
Wolga und Ural sowie in einem isolierten Teilareal am Fuße des Jergeni-Hügellandes; sie werden
unter anderem durch Arenaria procera und Phlomis puberula sowie durch weitgehendes Fehlen
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Formation M Karte der natürlichen Vegetation Europas
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Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation M
Gliederung in Kartierungseinheiten
Im Gebiet der Wüstensteppen werden 6 Kartierungseinheiten (M16-M21) unterschieden. Sie glie-
dern sich nach den vorherrschenden Arten sowie nach edaphischen Besonderheiten (Textur und
Versalzungsgrad des Bodens).
In den west- und mittelpontischen Wüstensteppen (M16) sind xerophytische Horstgräser (Stipa
capillata, S. lessingiana, Festuca valesiaca, Agropyron cristatum subsp. pectinatum) die wichtigsten
Komponenten, beigemischt sind xerophytische sowie halophytische Halbzwergsträucher (Artemisia-
Arten, Camphorosma monspeliaca, Frankenia hirsuta). Die nordwestkaspischen psammophytischen
Wüstensteppen (M17) werden von Stipa anomala, S. capillata und Leymus racemosus beherrscht
und unterscheiden sich deutlich von den pontischen Sandsteppen. Sie enthalten aralokaspische bzw.
turanische Florenelemente wie Eremosparton aphyllum, Agriophyllum squarrosum, Imperata
cylindrica.
413
Formation M Karte der natürlichen Vegetation Europas
Literatur
ALECHIN 1934; BALAŠ 1961a; BILYK 1973b; BILYK & TKAENKO 1971; DZENS-LITOVSKAJA 1970;
KAMYŠEV 1952; KELLER 1931; OSYNJUK, BILYK, TKAENKO, GENOV & ŠUPRANOV 1976; LAVREN-
KO 1930, 1940, 1980; LAVRENKO & DOCHMAN 1933; LAVRENKO & KARAMYŠEVA 1993; LAVRENKO,
KARAMYŠEVA & NIKULINA (Ed.)1991; SOKOLOVA 1930; TANFIL’EV 1898; TKAENKO, GENOV &
MOVAN 1987; WALTER & BRECKLE 1994; ZALESSKIJ 1918a.
414
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation N
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Formation N Karte der natürlichen Vegetation Europas
Tomillaren aus der Familie Lamiaceae (Thymus-Arten sect. Camptodromi und Marginati, Salvia,
Stachys, Scutellaria sect. Lupulinaria, Ajuga). Zahlreich vertreten sind überdies ausdauernde
xerophile, oft dornige Kräuter sowie Zwerghalbsträucher der Gattungen Teucrium, Nepeta, Zizipho-
ra, Helichrysum, Onosma, Centaurea sect. Phaeopappus, Cousinia, Artemisia, Asperula, Silene,
Alyssum, Scrophularia, Allochrusa sowie Geophyten der Gattungen Allium, Iris, Muscari, Belleva-
lia, Tulipa. In einigen Ausbildungen der oroxerophytischen Vegetation spielen Gebirgssteppen- und
Steppengräser (Arten der Gattungen Elymus sect. Elytrigia, Festuca, Bromus, Melica, Trisetum,
Bothriochloa) eine bedeutende Rolle.
Für die Formation sind große Formenmannigfaltigkeit und großer Artenreichtum kennzeichnend
(die Artenzahl aller Gesellschaften zusammengenommen erreicht 300); der Anteil an Endemiten ist
infolge der inselartigen Verteilung auf höhere Gebirgsmassive sehr groß. Das Spektrum der Pflan-
zenfamilien entspricht etwa dem im mediterranen Gebiet. Es wird angenommen, daß ein Großteil
der Pflanzenarten während des warm-trockenen Klimas im Spättertiär aus der Irano-Turanischen
Florenregion in das Mediterrangebiet eingewandert ist und sich später durch geographische Isolie-
rung zahlreiche Endemiten herausgebildet haben.
416
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation N
Makroklimatische Gegebenheiten
Das Klima im Gebiet der oroxerophytischen Vegetation ist durch die Höhenlage und durch mediter-
rane bzw. kontinentale Ausprägung gekennzeichnet: relativ niedrige Jahresniederschläge, kalte Win-
ter mit Schneebedeckung, warme, trockene Sommer mit starker Sonneneinstrahlung und Wasser-
defizit. Die Jahresmitteltemperatur beträgt in Abhängigkeit von der Meereshöhe 5-10 °C im Westen
(Mediterrangebiet) und (6) 9-13 °C im Osten (Kaukasusregion). Entsprechend liegen die mittleren
Temperaturen im Juli bei (8) 12-15 °C im Westen und (16) 20-25 °C im Osten. Die mittleren
Monatstemperaturen im Januar betragen im Westen -1 bis -7 °C, im Osten -3 bis -7 °C. Bei den
mittleren Jahresniederschlägen gibt es deutliche Unterschiede. Während in den Gebirgslagen im
Mittelmeergebiet ca. 1000-1500 mm fallen, sind es in der Kaukasusregion nur 300-500 (800) mm.
Besonders charakteristisch für die oroxerophytische Vegetation ist die sommerliche Dürreperiode,
die im Westen mindestens 3 Monate, im Osten 4-5 Monate währt. Für die oromediterrane Stufe im
Westen ist eine winterliche – z. T. 3-5 Monate dauernde – Schneebedeckung typisch. Die Aus-
bildung dichter Dornpolster stellt eine Anpassung an Trockenklimate dar, indem hier – neben dem
Verdunstungsschutz – eine stärkere Kondensation der Luftfeuchtigkeit zustande kommt und ein
besserer Schutz gegen Einstrahlung und Verdunstung gegeben ist.
Standortbedingungen
Die Standorte der oroxerophytischen Vegetation sind steinige bis felsige Berghänge sowie Plateaus
und Berggipfel mit skelettreichen, teils auch mergeligen Böden. Flachgründige und wenig ent-
wickelte Gebirgsböden aus Silikat- und Karbonatgesteinen herrschen vor (Ranker, Rendzinen bzw.
Leptosols). Örtlich bilden basische Eruptivgesteine das vorherrschende Ausgangsgestein (Sizilien,
Kaukasus). In tieferen Lagen namentlich der Kaukasusregion reicht die Bodenentwicklung teils bis
zu Braunerden (Cambisols) und Kastanienfarbigen Steppenböden (Kastanozems).
Rolle im Landschaftsgefüge
Die oroxerophytische Vegetation ist primär in winterkalten und sommertrockenen Hochgebirgslagen
oberhalb der Waldgrenze im Mediterrangebiet (z. B. Ätna, Peloponnes, Kreta) sowie in Trockentä-
lern und Gebirgssteppengebieten der Kaukasusregion angesiedelt. Entsprechend ist sie Bestandteil
unterschiedlichster Vegetationskomplexe und hat regional ganz verschiedene Kontaktgesellschaften:
zu den niedrigeren Lagen hin meist xerophytische Gebirgs-Laub- oder Nadelwälder, in der Kauka-
susregion auch Waldsteppen, Gebirgssteppen, xerophytische Busch- oder Lichtwälder sowie Zwerg-
halbstrauch-Wüsten.
Bei den tiefergelegenen Vorkommen im Mittelmeergebiet (N1, Sardinien), im Ostbalkan (N3) und
in Osttranskaukasien (N6) dürfte es sich um durch Waldrodung und jahrhundertelange Beweidung
417
Formation N Karte der natürlichen Vegetation Europas
aus xerothermen Laub- und Nadelwäldern sowie Steppen- und Buschwäldern hervorgegangene
Sekundärgesellschaften handeln. Hier gehören xerophytische Baum- und Straucharten (z. B. Schibl-
jak-Formation) sowie Steppenelemente von Natur aus zum Arteninventar.
Gliederung in Untereinheiten
Die Kartierungseinheiten der Formation N weisen je nach Verbreitungsgebiet und Geländesituation
ganz unterschiedliche Vegetationskomplexe und Artenverbindungen auf. Infolge des großen floristi-
schen Artenreichtums und einer Vielzahl an Regional- und Lokalendemiten (oft von Bergmassiv zu
Bergmassiv wechselnd) sind selbst die einzelnen Kartierungseinheiten sehr heterogen zusammenge-
setzt. Das Verbindende sind oft nur strukturelle Merkmale, gemeinsame Gattungen und einzelne ge-
meinsame Arten. Nach der geographischen Lage, dem Florengebiet und der Geländesituation lassen
sich die Kartierungseinheiten in zwei Gruppen, die oromediterranen (N1, N2, N4) und die kaukasi-
schen (N5-N8) gliedern. Die thrazische Einheit (N3) fällt aus dem Rahmen, sowohl was die Höhen-
verbreitung (unteres Bergland), als auch was die Natürlichkeit betrifft (vermutlich Ersatzgesellschaf-
ten von subkontinentalen thermophilen Eichenwäldern).
Die Kartierungseinheiten im M i t t e l m e e r g e b i e t markieren jeweils die höchsten Gebirgslagen
oberhalb der natürlichen bzw. aktuellen Waldgrenze von Korsika, Sardinien (N1), Sizilien (N2),
Südgriechenland und Kreta (N4).
Gesteine (Silikat- und Karbonatgesteine), Relief und Standortmosaike sind in allen Gebirgen sehr
verschieden, weshalb auch die Vegetationskomplexe stark voneinander abweichen. Neben den
Dornpolstergesellschaften und Tomillaren, die jeweils die zonale Vegetation bilden, kommen hier
regelmäßig auch Felsspaltengesellschaften, Gesteinsschuttfluren und Rasengesellschaften vor.
Neben einigen weitverbreiteten gemeinsamen Arten sind alle Gebirge durch eine Reihe spezifischer
endemischer Arten und z. T. auch Gesellschaften charakterisiert und voneinander unterschieden.
Nach unten schließen auf Korsika Buchen- und Kiefernwälder (F145), auf Sardinien supramediterra-
ne thermophile Eichenwälder (G43) und in Griechenland Buchen- und Kiefernwälder (F148, K31)
418
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation N
an. Am stärksten anthropo-zoogen beeinflußt und – auch in der Ausdehnung – gefördert dürften jene
auf Korsika und Sardinien sein, wo sie zum Teil auch potentielle Waldstandorte einnehmen (Höhen-
verbreitung zwischen 1200 und 2200 m); gleiches gilt für die Vorkommen in Bulgarien.
Im K a u k a s u s ist die Dornpolstervegetation nicht auf die höchsten Gipfellagen konzentriert,
sondern vielmehr auf trockene Gebirgstäler und Berghänge im Regenschatten der Hochgebirgs-
massive. Sie verteilen sich auf die nach Norden und Osten gerichteten Täler des Großen Kaukasus
(N5) und auf bestimmte Lagen in den transkaukasischen Trockengebieten (N6-N8). Viele dieser
Vorkommen dürften durch jahrhundertelange menschliche Nutzung und Beweidung aus anderen
Vegetationsformen (Steppen- und xerotherme Buschwälder, Grassteppen) hervorgegangen sein.
Alle Kartierungseinheiten zeichnen sich durch großen floristischen Reichtum aus und unterscheiden
sich durch Situation, Vegetationsmosaike und lokale Endemiten. Im Kaukasus sind die Astragalus-
Dornpolstergesellschaften am weitesten verbreitet; die Onobrychis-Gesellschaften sind weniger
häufig und vorwiegend an Karbonatgesteine gebunden. Acantholimon-Gesellschaften treten in Kom-
plexen mit den oben angeführten Typen auf, und die Arten dieser Gattung spielen hier als Kodomi-
nanten eine wichtige Rolle. Tomillaren sind nur fragmentarisch im Areal der oroxerophytischen
Vegetation anzutreffen und kommen in den trockenen Beckenlagen am Araks am häufigsten vor.
Die oroxerophytische Vegetation ist im Kaukasus von den Vorgebirgen bis ins Hochgebirge anzu-
treffen; ihre Hauptverbreitung liegt in Höhen zwischen 1000 und 1500 m. In den Vorgebirgen und
im Vorland (Dagestan, Hochland von Iori-Šeki, auf dem Berg Urcs) kommt sie zusammen mit
Wacholder-Lichtwäldern vor, in Mittelgebirgen (Zentral-Karabach) mit Eichen- und Eichen-Hain-
buchenwäldern. An der oberen Verbreitungsgrenze (Dagestan, Ostkaukasus, Armenien, Talysch-
Gebirge) bildet sie Komplexe mit Gebirgssteppengesellschaften (Kartierungseinheit M11).
Die typischen Standorte sind steinige bis felsige Berghänge mit skelettreichen, z. T. schwach ent-
wickelten Gebirgsböden auf Kalksteinen, Mergeln und Tonschiefern.
Sehr vielgestaltig ist die oroxerophytische Vegetation (N7) im Naturschutzgebiet Khosrov (Arme-
nien östlich Jerevan), wo sie vom Vorgebirge bis ins Hochgebirge reicht. Tomillaren mit Thymus
kotschyanus, Salvia hydrangea, Stachys inflata u. a. sind für das Hügelland typisch. In Höhen von
1600-2400 m sind verschiedene Dornpolster-Gesellschaften anzutreffen: in den unteren Lagen
herrschen dort Astragalus-Gesellschaften vor (Astragalus microcephalus, A. aureus, A. strictifolius,
A. lagopoides, A. uraniolimneus), an der oberen Grenze werden sie von Onobrychis cornuta-
Gesellschaften mit Acantholimon-Arten abgelöst.
Literatur
BERGMEIER 2002b; GAMISANS 1977; GAMS 1956; HORVAT, GLAVA & ELLENBERG 1974; IVANIŠVI-
LI 1973; KÜRSCHNER 1986a, 1986b; NACHUCRIŠVILI 1999; PIGNATTI S., PIGNATTI E., AVANZINI &
NIMIS 1977; PIGNATTI E., PIGNATTI S., NIMIS & AVANZINI 1980; QUÉZEL 1964, 1967a; WALTER
1974.
419
Formation O Karte der natürlichen Vegetation Europas
O Wüsten
Irina N. Safronova, mit Ergänzungen von Udo Bohn
420
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation O
421
Formation O Karte der natürlichen Vegetation Europas
Salicornietea Topa 1939, die der Trockengebüsche zur Ordnung Tamaricetalia ramosissimae Golub
et Kuzmina 1996.
Makroklimatische Gegebenheiten
Das Klima der winterkalten Wüsten in der submeridionalen Zone ist gekennzeichnet durch ausge-
prägte Aridität und Kontinentalität: sehr geringe Niederschlagsmengen (50-250 mm), starke Ver-
dunstung, die die Jahresniederschläge bis um das Zehnfache übersteigt, ausgesprochene Trockenheit
während der Vegetationsperiode, hohe Sommertemperaturen (Julimittel 24-27 °C) und kalte Winter
(Januarmittel -15 bis -10 °C) mit geringer Schneedecke. Die mittlere Jahrestemperatur liegt ent-
sprechend den niedrigen Werten im Winter bei 3-5 °C. Die Niederschläge fallen im Winter und
Frühjahr, sind aber durch das Auftreten von Dürrejahren sehr unregelmäßig verteilt.
422
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation O
Rolle im Landschaftsgefüge
Die nördlichen Wüsten im Gebiet der Kaspischen Senke liegen in einer flachwelligen Tiefebene und
weisen je nach Relief, Bodenart und Wasserhaushalt ganz unterschiedliche Vegetationskomplexe
auf: Zum Teil herrschen Sanddünen, z. T. größere Salzlebensräume mit Salzpfannen und -seen mit
der entsprechenden halophilen Vegetation (Kartierungseinheit P35) vor, z. T. bilden beide einen
kleinräumigen Wechsel. Entlang der Wolga-Achtuba-Niederung treten bei welligem Relief Kom-
plexe aus Artemisia lerchiana- und A. pauciflora-Wüsten mit seggenreichen Artemisia austriaca-
A. abrotanum-Gesellschaften in feuchten Senken auf. Vereinzelt sind Artemisia taurica-Bestände
eingestreut. Am Kaspischen Meer bilden Komplexe aus Salzvegetation (P31) und Röhrichten (R1,
R3) einen Gürtel zwischen Wüste und Meer. Die drei Ströme Wolga, Achtuba und Ural, die die
Wüste durchziehen, werden von Auenvegetation (Hart- und Weichholzauen, Weidengebüsche und
Röhrichte, vgl. U14, U42) begleitet.
423
Formation O Karte der natürlichen Vegetation Europas
Gliederung in Untereinheiten
Die Pflanzendecke der nördlichen planaren Wüsten ist ziemlich monoton. Sie ist charakterisiert
durch das Vorherrschen von Beifuß-Wüsten mit der ostpontisch-westkasachischen Art Artemisia
lerchiana, der kasachisch-nordturanischen Artemisia pauciflora und der pontisch-nordturanischen
Artemisia arenaria. Artemisia lerchiana-Wüsten stellen die zonalen Vegetationstypen der Nord-
kaspischen Wüste dar. Die Art spielt überdies eine wichtige Rolle in der Pflanzendecke der an-
grenzenden südlichen Wüstensteppenzone (vgl. Formation M.2). Gesellschaften mit dominierender
Artemisia pauciflora sind nur im Nordteil der Wüstenzone (nördliche Unterzone der nördlichen
Wüsten) vorhanden. Nach Norden dringt die Art ziemlich weit in die Steppenzone ein, ist jedoch
sowohl in Wüsten als auch in Steppen an salzhaltige Böden gebunden. Artemisia arenaria ist auf
Sandstandorte in den nördlichen Wüsten beschränkt und greift nur wenig auf die Steppengebiete
über.
Die Kartierungseinheiten der nördlichen planaren Zwerghalbstrauch-Wüsten lassen sich ent-
sprechend der Bodenart (Ton, Lehm – pelitophytische Vegetation, lehmiger Sand – hemipsammo-
phytische Vegetation, Sand – psammophytische Vegetation) und dem Salzgehalt gliedern.
Pelitophytische Wüsten (O1-O3) mit unterschiedlich starkem Salzeinfluß bilden einen Streifen an
der Grenze zu den Wüstensteppen und sind entsprechend der Bodenablagerung weiter vom Kaspi-
schen Meer entfernt.
Im europäischen Teil der Kaspischen Senke herrschen hemipsammophytische und psammophyti-
sche Wüsten (O4-O6) vor. Sie werden von Artemisia lerchiana- und A. arenaria-Gesellschaften
sowie Strauchzönosen (Calligonum aphyllum, Tamarix ramosissima, T. laxa) aufgebaut. Während
in den Sandgebieten Mittelasiens und Kasachstans ca. 70 Calligonum-Arten vorkommen, ist in der
Kaspischen Senke als einzige turanische Art Calligonum aphyllum anzutreffen.
Pelitophytische und hemipsammophytische Ausbildungen der Artemisia lerchiana-Wüsten nehmen
eine kleinere Fläche ein als die psammophytischen Wüsten (besonders im Zwischenstromland
Wolga-Ural). Sie weisen auf Grund der reliefbedingten ungleichmäßigen Feuchteverteilung meist
eine Komplexstruktur auf. Es handelt sich um ein genetisch einheitliches Gebiet mit standörtlich
gesetzmäßig angeordneten Gesellschaften. Der Komplex enthält nur wenige (2-4) Vegetations-
komponenten, die in den Kartierungseinheiten entsprechend ihrer Häufigkeit einzeln ausgewiesen
sind (z. B. O1bc).
424
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation O
Flußbetten bildet. Das Klima ist warm und trocken, mit mildem Winter und sehr warmem Sommer;
die mittleren Jahresniederschläge erreichen 200-300 mm. Dominierender Bodentyp sind grau-
braune Wüstenböden; im meeresnahen Teil herrschen Solonchaks vor.
Die Wüstenvegetation wird auf stark salzhaltigen Standorten von Halophytenvegetation (P36)
abgelöst. Entlang der Flüsse – insbesondere an Kura und Araks – sind Auenwälder (U22) mit einer
Zonierung in Hart- und Weichholzauen vorhanden. Dornpolstervegetation (M11, N6, N7) und
Trockengebüsche bilden die Übergangsvegetation in weniger ariden Gebieten.
In der Pflanzendecke der transkaukasischen Wüsten sind – ebenso wie in der Kaspischen Senke –
Beifußarten bestimmend; die Hauptrolle spielt hier jedoch die südturanische Art Artemisia fragrans
(z. B. O7). In der Kura-Tiefebene herrscht auf Solonchaks örtlich die endemische osttranskaukasi-
sche Art Artemisia szowitziana in den Gesellschaften vor (O10). Verbreitet sind hier außerdem
Zwerghalbstrauch-Gesellschaften aus Salsola-Arten. Diese gliedern sich in Ausbildungen mit der
iranisch-turanischen Art Salsola dendroides (O9) und solchen mit den westiranisch-transkaukasi-
schen Arten Salsola ericoides und S. nodulosa (O8). In den südlichen Wüstengesellschaften sind
Ephemeroiden wie die westmediterrane Art Poa bulbosa und die kasachisch-turanische Catabro-
sella humilis regelmäßig vorhanden.
Literatur
ABDULLAEV et al. 1963; EGOROV, FRIDLAND, IVANOVA, POZOV, NOSIN & FRIEV 1977; GROSSGEJM
1932, 1948; GROSSGEJM & SACHOKIA 1931; IVANOV V.V. 1953b; ANONYMUS 1959 (Klima-Atlas
Kasachstan); KLJUKIN et al. 1968; KUNAEV (Red.) 1982; LADYGINA, RAKOVSKAJA & SAFRONOVA
(Red.) 1995a, 1995b; LAVRENKO 1962, 1965, 1970; LAVRENKO & NIKOL’SKAJA 1963; LEVINA 1964;
MAGAK’JAN 1941a, 1941b; NACHUCRIŠVILI 1999; PROZOROVSKIJ 1940; PROZOROVSKIJ & MALEEV
1947; RAKOVSKAJA, SAFRONOVA & CHRAMCOV 1990; RODIN & RUBCOV 1956; SAFRONOVA 1975,
1980a, 1980b; SANGADZIEV et al. 1974; STEPANJAN (Ed.) 1961; WALTER 1974; WALTER & BRECK-
LE 1991a, 1994.
425
Formation P Karte der natürlichen Vegetation Europas
426
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation P
427
Formation P Karte der natürlichen Vegetation Europas
Makroklimatische Gegebenheiten
Entsprechend dem azonalen Charakter der Küstenvegetation und der weiten Verbreitung in Europa
(arktische bis meridionale Zone) liegt die Jahresmitteltemperatur zwischen -2 °C in der arktischen
Zone und 19 °C am Mittelmeer; die Jahresniederschläge betragen im Nordwesten bis 2000 mm, im
Südwesten (Almeria in Südostspanien) bzw. Südosten (am Kaspischen Meer) nur 200 mm. An den
atlantischen Küsten Norwegens wirkt sich der Golfstrom mildernd auf das maritime Klima aus.
428
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation P
Marschen im Einflußbereich der Gezeiten gehören zu den semiterrestrischen Böden und werden den
Fluvisols (FAO-System) zugeordnet (im Horizontaufbau ähneln sie den Gleysols). Für die
(sub)kontinentalen Binnensalzstandorte sind Solonchaks und Solonetzböden kennzeichnend.
Rolle im Landschaftsgefüge
Die Küsten mit ihrer standortspezifischen Vegetation stellen beeindruckende Landschaften dar, die
in vielen Regionen noch den naturnahen Zustand widerspiegeln. Oft sind es großflächige Offen-
standorte, die landeinwärts von verschiedenen zonalen Waldgesellschaften abgelöst werden: boreale
Birken- und Nadelwälder im Norden, temperate Laubwälder im Norden und Westen, meridionale
Hartlaubwälder im Süden.
429
Formation P Karte der natürlichen Vegetation Europas
Besiedlung der Küstenabschnitte immer stärker eingeengt und durch Abwässer verschiedener
Herkunft verschmutzt. Eine weitere Beeinträchtigung der Küstenlebensräume geht von den oft
spektakulären Ölverschmutzungen („Ölpest“) der Strände durch leckgeschlagene Tankschiffe aus.
Aufforstungen gefährden ebenfalls die natürliche Dünenvegetation und -dynamik; im Mittelmeer-
gebiet werden neben Pinus pinea auch gebietsfremde Arten wie Acacia saligna oder Myoporum
tenuifolium angepflanzt. Durch solche Maßnahmen wurden großflächige Dünensysteme beein-
trächtigt und die Wuchsplätze seltener, gefährdeter oder endemischer Dünenpflanzen vernichtet.
Ein weiteres Problem stellen Neophyten dar. So bedeckt die aus Südafrika eingeführte Mittagsblume
(Carpobrotus edulis var. rubescens) bereits große Flächen an den Küsten des Mittelmeeres. Untersu-
chungen zur Artenvielfalt haben gezeigt, daß Bestände ohne Carpobrotus eine doppelt so hohe
Artenzahl aufweisen wie Bestände mit der Mittagsblume (MAYER 1995).
Die Salzmarschen werden seit Jahrhunderten als Weidegebiete und zum Teil zur Heugewinnung
genutzt. Beweidung mit Schafen wirkt sich oft günstig auf die Artenvielfalt und die Festigkeit des
Bodens aus. Die Vegetation wird kurzgehalten und so das Vorkommen niedriger, lichtbedürftiger
Arten ermöglicht und die Stabilität der Böden gegen Erosion nimmt zu. Intensive Beweidung führt
allerdings zu einem Rückgang der Artenzahlen. Weitere Beeinträchtigungen bewirken die Landge-
winnung und der Deichbau, in dessen Folge große Wattflächen in Ackerland umgewandelt wurden.
Küstennahe Feuchtgebiete und Salzmarschen gehören am Mittelmeer zu den am stärksten bedrohten
Lebensräumen: Sie sind durch Eindeichung zur Landgewinnung für Industrieansiedlung bzw. – nach
Melioration – für die landwirtschaftliche Nutzung und durch den Bau von Salinen besonders
gefährdet.
Küstengebiete mit Wattflächen, Marschen und Dünen bilden den natürlichen Lebensraum für viele
endemische Arten. Sie dienen ferner als Nahrungs-, Brut- und Rastgebiet für zahlreiche Vogelarten,
unter ihnen auch viele Zugvögel aus nördlichen Regionen. Die Küstenlandschaft mit ihrer Vegeta-
tion ist daher von besonderer Bedeutung für den Naturschutz auf regionaler und europäischer Ebene.
Ausgewiesene Küstenschutzgebiete und für den Naturschutz wertvolle Bereiche existieren in zahl-
reichen Ländern: unter anderem The Wash, North Norfolk (Großbritannien), Nationalparke Watten-
meer (Dänemark, Deutschland, Niederlande), Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft
(Deutschland), Nationalpark Leba und Naturschutzgebiet Frische Nehrung (Polen), Nationalpark
Kurische Nehrung (Rußland, Litauen), Nationalpark Doñana (Spanien), Côte d‘Argent und Biosphä-
renreservat Camargue (Frankreich), Nationalpark Circeo (Italien), Evros-Delta (Griechenland). Dies
darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß zahlreiche Gebiete bereits zerstört und selbst Schutz-
gebiete weiterhin stark bedroht sind. Deshalb bedarf es der Durchsetzung konsequenter Schutz-
maßnahmen.
P.1 Dünen- und Strandvegetation des Meereslitorals, oft im Komplex mit Salzvegetation,
z. T. mit Felsküstenvegetation
Europas Küsten zeichnen sich durch eine große Vielfalt an Lockersedimenten aus: neben Schlick
und Sand auch Kies und Geröll. Am weitesten verbreitet und am eindrucksvollsten sind Dünenkü-
430
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation P
Abb. 14: Schematischer Querschnitt durch die Dünenküste der Nordsee (nach ELLENBERG 1996, Abb. 376). Ohne
Einwirkung des Menschen und seiner Weidetiere wäre wahrscheinlich der gesamte Graudünenkomplex
bewaldet.
Typische Pflanzengesellschaften: 2 Cakiletum maritimae; 3 Honckenyo-Elymetum arenariae; 4,5 Elymo-
Ammophiletum typicum, E.-A. festucetosum arenariae; 6 Tortulo-Phleetum; 7 Hieracio-Empetretum
polypodietosum, 8 Hippophaeo-Sambucetum nigrae; 9 Salix repens-Gesellschaft; 10 Hieracio-Empe-
tretum; 11 Violo-Corynephoretum; 12, 13 Carici arenariae-Betuletum pubescentis (Dünental) und
Betulo-Quercetum roboris.
In ihrer idealtypischen und ungestörten Entwicklung wird die Dünenvegetation als Xeroserie be-
schrieben. Die Gesellschaften dieser Serie entsprechen der sukzessionsbedingten Zonierung und
bilden eine charakteristische Abfolge im rechten Winkel zur Strandlinie. In der temperaten Zone
Europas und darüber hinaus findet sich unter ungestörten Bedingungen folgende Dünenabfolge von
der Küstenlinie bis zum Hinterland (Abb. 14):
! Der ebene Sandstrand ist von girlandenartig zusammengespülten Driftwällen bedeckt. In diesen
Spülsäumen wachsen annuelle halophile Nitrophyten der Gattungen Cakile, Atriplex, Salsola
u. a., die vom hohen Nährstoffangebot des verrottenden Materials aus Tang, Seegrasresten und
Treibgut profitieren. Die Arten sind sehr salztolerant, keimen im Spätfrühling und sterben im
Frühherbst nach der Samenreife noch vor den Herbststürmen ab. Die räumliche Anordnung und
die floristische Zusammensetzung dieser Pioniergesellschaft ist zeitlich betrachtet sehr instabil
und hängt stark von Wellengang und Wind ab.
! Landeinwärts folgen Embryonaldünen (Primärdünen), die bei Sturmfluten von den Wellen
erreicht werden und von Wind und Wasser umgelagert werden. Auf diesen instabilen Rohböden
ist die Strandquecke (Elymus farctus) eine der ersten Pionierpflanzen mit einem ausgedehnten
431
Formation P Karte der natürlichen Vegetation Europas
Wurzelsystem. Sie trotzt der Übersandung und verträgt einen höheren Salzgehalt. Die Em-
bryonaldünen haben meist einen hohen Calcium-, Phosphor- und Stickstoffgehalt und einen
neutralen Reaktionswert bei fast 100 % Basensättigung. Gleichzeitig hat der Sand eine geringe
Feuchtigkeitsspeicherkapazität. Am Aufbau der Primärdünen sind neben Elymus farctus subsp.
farctus auch Leymus arenarius und Honckenya peploides beteiligt.
! Mit zunehmender Höhe des Sandkörpers nimmt der Einfluß des Salzwassers ab. Als weiterer
Psammophyt siedelt sich dann Ammophila arenaria an. Der Strandhafer kann erst Fuß fassen,
wenn die Salzkonzentration im Boden gering ist (oligohaline Bedingungen bei etwa 1 m Dünen-
höhe an der Nordsee, an der Ostsee bereits am Flachstrand). Dieses an Trockenheit adaptierte
Gras besitzt ein weitstreichendes Wurzelsystem und fördert mit seinen dichtstehenden Halmen
die Sandakkumulation. Es bilden sich Weißdünen mit 15 (bis 30) m Höhe. Diese schließen sich
kettenförmig aneinander. Eine kontinuierliche Übersandung ist für Ammophila arenaria wegen
des Nährstoffeintrags wichtig. Läßt dieser Eintrag nach (hinter dem Hauptkamm der höchsten
Dünen), so setzt Humusbildung ein, und durch Auswaschung und Streuansammlung sinkt der
Kalkgehalt bzw. nimmt der Stickstoffgehalt im Oberboden zu, so daß sich zahlreiche weitere
Arten ansiedeln können.
! Auf den Graudünen ist der Nährstoffeintrag schon deutlich geringer. Dadurch kommt es zu einer
Nährstoffverarmung, und die Produktivität läßt nach. Die Vegetationsstruktur wandelt sich von
den hohen Strandhaferbeständen zu niedrigen Rasen mit Festuca rubra, Corynephorus canescens
und Carex arenaria oder Koeleria glauca. Je nach Kalkgehalt des Sandes entwickeln sich
Silbergras- oder Schillergrasfluren.
! Auf den anschließenden Braundünen setzt sich die Bodenreifung fort. Die Gräser werden von
Zwergsträuchern abgelöst, auf die größere Gehölze folgen. Sträucher mit symbiotisch nitrifizie-
renden Bakterien (Hippophae rhamnoides, Ilex aquifolium) unterstützen die Substratentwicklung.
In der nordborealen Zone endet die Weiterentwicklung infolge der niedrigen Temperaturen mit
Gebüschstadien. In den südlicheren Zonen entwickeln sich windgeschorene Wälder (im Norden
häufig bodensaure Eichenwälder, im Osten auch Kiefernwälder, im Süden immergrüne Hartlaub-
wälder). Der häufige und starke meerseitige Wind behindert zwar den Gehölzaufwuchs, kann ihn
aber meist nicht ganz verhindern. Die potentielle Dünengebüsch-Waldzone beginnt im Bereich
der Graudüne (Abb. 14).
Die skizzierte Idealabfolge wird in der Natur oft durch Wind- und Wassererosion gestört oder durch
Hygroserien der feuchten, z. T. überfluteten oder torfhaltigen Dünentäler mit Tümpeln, Röhrichten,
Binsensümpfen und Feuchtheiden unterbrochen.
Dünen bestehen meist aus kalkhaltigem Sand. Dieser Sand setzt sich aus Siliziumkörnern und einem
wechselnden Anteil an Kalkstückchen von Muschelschalen zusammen, so daß der pH-Wert zwi-
schen 7 und 7,5 liegt. Ausnahmen stellen die alten Flandrischen Dünen (reliktische Rücken in
Nordfrankreich) und die Tertiärsande der Gascogne dar. Neben den basenarmen Sanden in Südwest-
frankreich entstammen auch die nördlichen Dünen (ab den Friesischen Inseln nordwärts) periglazial
gebildetem Sand. Bei diesen Dünen sind die strandnahen Bereiche durch rezente Muschelreste
432
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation P
basenreich, während landeinwärts mit zunehmendem Alter der Dünen ihr Kalkgehalt abnimmt.
Die Dünenböden entwickeln sich aus Sandrohböden (Lockersyrosemen) zu Regosolen und sind
anfangs unstrukturiert. Kalk- und Nährstoffgehalt der Sande bestimmen die Geschwindigkeit der
Bodenreifungsprozesse. In der Dünenabfolge Weiß-, Grau-, Braundüne nimmt der Anteil an Ton
und Humus im Boden zu, und es bilden sich Bodenhorizonte aus. Der Salzgehalt des Wassers spielt
in den eigentlichen Dünen praktisch keine Rolle mehr. Als organische Auflage bildet sich oft
Moder, ansonsten enthält der Sand nur Spuren biogenen Materials. Die Wasserversorgung der
Sandböden ist – auch in feuchten Klimaten – schlecht, und die Pflanzen haben sich durch die
Bildung tiefer Wurzeln bzw. durch die Lebensweise als Winterannuelle an diese Bedingungen
angepaßt.
433
Formation P Karte der natürlichen Vegetation Europas
434
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation P
chen lichten und flechtenreichen Kiefernwälder enthalten neben Calluna vulgaris und Vaccinium-
Arten auch noch die ozeanischen Arten Erica tetralix und Myrica gale; dadurch unterscheiden sie
sich von den landeinwärts und ostwärts anschließenden Kiefernwäldern.
Trotz zunehmender negativer Einflüsse durch den Tourismus und die Dünenbefestigung sind die
meisten Dünen noch in einem akzeptablen Zustand. Durch die Zerstörung der Pflanzendecke haben
sich mancherorts nahezu vegetationsfreie Wanderdünen entwickelt (z. B. Leba, Kurische Nehrung).
435
Formation P Karte der natürlichen Vegetation Europas
Juniperus phoenicea subsp. turbinata und Pistacia lentiscus abgelöst zu werden. Die Vegetation
nimmt eine pflanzengeographische Zwischenstellung (eurosibirisch/mediterran) ein und enthält
zahlreiche Endemiten.
Die Dünen an den Küsten des Mittelmeeres sind meist niedriger und gegenüber den atlantischen
Dünen in ihrer Querausdehnung schmaler. Sie lassen sich pflanzengeographisch in drei Regionen
gliedern, die durch drei Kartierungseinheiten (P10-P12) repräsentiert sind. Der Spülsaum am Strand
ist bestimmt durch das Salsolo (kali)-Cakiletum aegypticae Costa et Manz. 1981. Diese nitrophile
Pioniergesellschaft besteht aus Cakile maritima subsp. maritima, Salsola kali subsp. kali, Euphorbia
peplis, Polygonum maritimum (Honckenya peploides fehlt) und Begleitern aus den umgebenden
Dünen- und Felsspaltengesellschaften. Die artenarmen Spülsaumbestände setzen sich aus Annuellen
zusammen, die sich in der Vegetationsperiode erst relativ spät entwickeln und vor Beginn der
Winterstürme ihren Entwicklungszyklus mit der Samenreife abschließen. In bei Sturm noch vom
Meerwasser überfluteten Bereichen tritt Sporobolus pungens zahlreich auf. Auf den Embryonaldü-
nen wachsen Gesellschaften wie das Cypero mucronati-Agropyretum juncei (Kühnholtz-Lordat
1923) Braun-Blanquet 1933 mit Elymus farctus subsp. farctus, Eryngium maritimum, Calystegia
soldanella und Otanthus maritimus. Die Weißdünen der mediterranen Region werden wie am
lusitanischen Atlantik von Ammophila arenaria subsp. arundinacea, Medicago marina, Otanthus
maritimus und Pancratium maritimum aufgebaut. Auf den Graudünen treten neben die typischen
Dünengesellschaften der Ammophiletea bereits weitere Vegetationseinheiten unter anderem aus dem
Verband Crucianellion mit Crucianella maritima, Helichrysum conclobatum und Ononis natrix.
Landeinwärts schließen sich sehr unterschiedliche und kleinräumig wechselnde Gebüschformatio-
nen an: namentlich mit Rhamnus lycioides subsp. oleoides, Juniperus phoenicea subsp. turbinata,
J. oxycedrus subsp. macrocarpa, Pistacia lentiscus, außerdem immergrüne Wälder der Quercetea
ilicis. Für die südostiberischen Dünen (um Almeria) (P10) sind die Ziziphus lotus-Kontaktgesell-
schaft mit Salsola oppositifolia und andere mediterrane Trockengebüsche typisch. Die weitver-
breiteten west- und mittelmediterranen Dünenvegetationskomplexe (P11) enthalten unter anderem
Anthemis maritima, Ammophila arenaria subsp. arundinacea und Echinophora spinosa auf Weißdü-
nen. Während im westlichen und zentralen Mittelmeergebiet auf den Graudünen Gesellschaften mit
Crucianella maritima typisch sind, werden diese nach Osten (P12) durch Gesellschaften mit
Coridothymus capitatus, Ephedra distachya subsp. distachya, Silene subconica und die Euphorbia
terracina-Silene niceensis-Gesellschaft abgelöst. Auch wird Ammophila arenaria subsp. arundina-
cea nach Osten seltener und in den trockensten Regionen der Ostmediterraneis durch Triplachne
nitens ersetzt.
436
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation P
Die Dünenvegetation der pontischen und kaspischen Meeresküsten umfaßt physiognomisch und
floristisch sehr verschiedene azonale Vegetationseinheiten, und zwar Psammophytengesellschaften
auf salzfreiem und Halophytengesellschaften auf salzhaltigem Sand sowie Sumpfgesellschaften in
nassen Dünentälchen und in den landeinwärts gelegenen Senken. Im Lebensformenspektrum
dominieren Therophyten und Hemikryptophyten, neben denen sich Nano- und Mikrophanerophyten,
Chamaephyten sowie einzelne Geophyten am Aufbau der Gesellschaften beteiligen. Im pflanzen-
geographischen Spektrum herrschen pontische und turanische Arten vor (Leymus racemosus subsp.
sabulosus und subsp. racemosus, Astrodaucus littoralis, Crambe maritima, Artemisia santonicum,
Taraxacum bessarabicum, Apera spica-venti subsp. maritima, Limonium-, Puccinellia-, Kalidium-
Arten). Hohen Anteil haben ferner ostmediterrane Pflanzenarten (Cakile maritima subsp. euxina,
Cynanchum acutum, Salsola kali subsp. tragus, Aeluropus littoralis, Salicornia prostrata, Halocne-
mum strobilaceum, Frankenia hirsuta, F. pulverulenta u. a.).
Die Küstendünen bilden eine Mikrolandschaft mit charakteristischer Abfolge der Standorte und
Vegetationseinheiten. Generell können folgende Standortsbereiche unterschieden werden:
1. Spülsaum ohne Pflanzen;
2. Vordünen mit offenen, sehr artenarmen Gesellschaften, u. a. mit Crambe maritima, Cakile
maritima subsp. euxina, Eryngium maritimum, Salsola soda;
3. Hohe Weißdünen mit offenen, artenarmen Gesellschaften mit Leymus racemosus, Carex col-
chica, Medicago marina, Stachys maritima, Secale sylvestre, Argusia sibirica, Astrodaucus spp.
u. a.;
4. Mittelhohe bis niedrige Graudünen mit mehr oder minder geschlossenen, artenreicheren Gesell-
schaften mit Apera spica-venti, Festuca beckeri, Koeleria sabuletorum, Centaurea arenaria,
C. odessana, C. adpressa, Euphorbia seguieriana, Helichrysum arenarium, Cynodon dactylon
u. a.;
5. Ebene Lagen mit zahlreichen nassen Mulden oder größere feuchte Niederungen mit Salzwiesen
und Salzfluren mit Puccinellia distans, P. limosa, P. gigantea, Aeluropus littoralis, A. lagopoi-
des, Limonium gmelinii, L. meyeri, L. caspium, L. suffruticosum, Salicornia-Arten, Suaeda
maritima, S. prostrata, S. confusa, Halocnemum strobilaceum, Kalidium foliatum, K. caspicum
sowie Salzsümpfe mit Juncus maritimus, J. littoralis, J. gerardii, Carex extensa u. a.;
6. Brack- oder Süßwasser-Naßstellen in Strandnähe oder an Flußmündungen mit Röhrichtgesell-
schaften (Phragmites australis, Typha latifolia, T. angustifolia, Lythrum salicaria, Mentha
aquatica u. a.).
Je nach Breite des Küstensandstreifens und Gestalt des Mikroreliefs können alle oder nur einige der
oben angeführten Standorte auftreten. Gewöhnlich bleibt dabei die Breite der ersten drei Zonen
gleich. Solche Küstenvegetationskomplexe fehlen dort, wo die Berge steil ins Meer abfallen (z. B.
an der Ostküste von Bulgarien, an der Südküste der Krim oder entlang dem Großen Kaukasus), wo
sie nur an Flußmündungen auftreten.
Am Kaspischen Meer kann sich infolge der Meeresspiegelschwankungen die Abfolge der Vegeta-
437
Formation P Karte der natürlichen Vegetation Europas
P.2 Salzvegetation
Die Salzvegetation des Meereslitorals und im Binnenland ist Bestandteil (semi-)terrestrischer ha-
lophytischer Ökosysteme und besteht aus natürlichen therophytischen Pionier- und ausdauernden
438
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation P
Die Pflanzengesellschaften der marinen Salzvegetation weisen meist eine deutliche Zonierung auf,
die durch Dauer und Häufigkeit der Überflutung, den Nährstoffgehalt des Bodens, Salzgehalt des
Wassers und geomorphologische Entstehung bestimmt wird. Salzmarschen haben ihren Ver-
breitungsschwerpunkt in der temperaten Zone. Binnenländische Salzvegetation und Salzsteppen sind
dagegen an salzhaltige oder alkalische Böden in semiariden und ariden Gebieten gebunden und
erhalten im Gegensatz zu den marinen Vorkommen keine Schlickauflandung.
Die Salzvegetation hat – abgesehen von den tropischen Mangroven – weltweit eine ähnliche
439
Formation P Karte der natürlichen Vegetation Europas
Struktur und Zusammensetzung, was sich im Vorkommen derselben Gattungen oder sogar Arten
zeigt. Die Flora ist ziemlich artenarm und besteht je nach Standort überwiegend aus Annuellen
(Salicornia, Suaeda) oder ausdauernden Gräsern, Binsen und (Zwerg-)Sträuchern, die nur oder
vorwiegend in salzhaltigen Lebensräumen vorkommen.
440
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation P
gekennzeichnet (in Nordnorwegen kommt auch P. maritima vor); an höhergelegenen Standorten tritt
Carex subspathacea hinzu. Die obere Salzvegetation bilden Salzbinsenrasen mit Juncus gerardii als
namensgebender Art der Gesellschaft; auf weniger salzhaltigen Böden kommen Carex glareosa,
Festuca rubra und Stellaria humifusa vor.
Die Gruppe der atlantischen Einheiten der Salzvegetation (P18, P19) hat eine ziemlich einheitliche
Struktur und floristische Zusammensetzung. Gesellschaften mit dominierenden annuellen Salicor-
nia-Sippen bestimmen das Quellerwatt (Thero-Salicornion). Puccinellia maritima ist die kennzeich-
nende Art der höher gelegenen Andelrasen. Auch Juncus gerardii kommt in der gesamten Region
vor (zusätzlich auch im zentralen Mittelmeergebiet). Die nordwesteuropäische Salzvegetation (P18)
zeichnet sich standörtlich durch höheren Sandanteil aus. Die Salzwiesen werden von Gräsern
(Puccinellia maritima, Festuca rubra, Agrostis stolonifera) dominiert; Limonium vulgare fehlt hier.
Die westeuropäische Salzvegetation (P19) weist mehr Schlickstandorte und eine größere Vielfalt an
Gesellschaften auf. Außerdem tritt Atriplex portulacoides in den Beständen auf.
Die bottnische Salzvegetation (P20) wird durch Vorkommen von Carex paleacea (an der Ostsee nur
in dieser KE), Deschampsia bottnica sowie Arten oligohaliner Standorte charakterisiert. Für die
nordostbaltischen und sundisch-westbaltischen Kartierungseinheiten (P21, P22) ist das Vorkommen
von Atriplex calotheca kennzeichnend. Die westeuropäisch-kantabrische Salzvegetation (P23)
ähnelt der an der nördlichen Atlantikküste, enthält aber perennierende Salicornia-Arten. Mediterran
verbreitete Arten wie Sarcocornia perennis, S. fruticosa, Suaeda vera treten an der Atlantikküste
hier erstmals in der Salzvegetation auf.
Der westiberische mediterrane Salzvegetationskomplex (P24) unterscheidet sich von der nördlichen
atlantischen deutlich durch hohen Anteil mediterraner Arten (Arthrocnemum macrostachyum,
Limoniastrum monopetalum). Die südostiberische Salzvegetation (P25) zeichnet sich durch das
Vorkommen verschiedener Limonium-Arten aus. Von den Balearen bis zum Ionischen Meer ist die
Kartierungseinheit P 26 verbreitet. Sie enthält typisch mediterrane halophytische Gesellschaften wie
das Salicornietum fruticosi. Eine Sonderrolle kommt der nordadriatischen Salzvegetation (P27) zu,
in der sich eurosibirische mit mediterranen Arten mischen. Dort kommen mediterrane Gesell-
schaften (Arthocnemetum perennis, Aeluropaetum) neben eurosibirischen (Spartinetum strictae,
Juncetum gerardii) und endemischen Quellergesellschaften (Salicornietum venetae) vor. Die
Salzvegetation der Ägäis (P28) enthält weitverbreitete mediterrane (Arthrocnemum macrostachyum)
und ostmediterrane Arten wie Aeluropus lagopoides.
Die Salzvegetation der pontisch-kaspischen Region (P29-P31) wird zum Verband der mediterranen
Salzwiesen (Juncion maritimi Br.-Bl. ex Horvatic 1934 und Scorzonero-Juncion gerardii [Wendel-
berger 1943] Vicherek 1973) gerechnet. Verbände, die auf verschiedene Solonetz- und Solonchak-
Böden in Südosteuropa beschränkt bleiben, sind das Puccinellion giganteae Golub et Solomacha
1988, Salicornio-Puccinellion Mirkin ex Golub et Solomacha 1988 und Artemision santonicae
Šeljag-Sosonko et Solomacha 1987. Die Gesellschaften des Thero-Camphorosmion (Bilik 1963)
Vicherek 1973 gehören zur Vegetation aus einjährigen Halophyten und nitrophilen Pflanzen mit
einem großen Anteil an Sukkulenten und Sklerophyten. Weitere Verbände sind das Climacoptero-
441
Formation P Karte der natürlichen Vegetation Europas
Suaedion Golub et orbadze 1989 bzw. Limonio gmelini-Juncion maritimi Golub et Solomacha
1988 u. a. (vgl. auch RODWELL et al. 2001). Die Salzvegetation des Schwarzen und des Kaspischen
Meeres steht meist im Komplex mit Dünenlandschaften und bildet dort ein kleinflächiges Mosaik
aus artenarmen, offenen Salzfluren und artenreichen geschlossenen Salzwiesen sowie feuchten
Binsensümpfen. Annuelle Sippen von Salicornia oder Halocnemum bilden am Kaspischen Meer
Pioniergesellschaften, an die sich eine halbhohe Vegetation mit Salsola soda oder Puccinellia
gigantea anschließt. Durch die Nähe zum vermuteten Entstehungszentrum der Halophyten in den
Salzgebieten der asiatischen Halbwüsten und Salzsteppen ist die Vegetation artenreicher als z. B. in
Mitteleuropa. Die Salzvegetation zeichnet sich hier durch weit verbreitete Halophyten wie Juncus
maritimus, Glaux maritima und Juncus gerardii, sowie pontische (Puccinellia bilykiana, Limonium
meyeri, Suaeda prostrata) und kaspische Arten (Karelinia caspia, Elymus multicaulis) aus.
442
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation P
Standortbedingungen
Die binnenländische Salzvegetation entwickelt sich unter besonderen klimatischen und edaphischen
Bedingungen: Im kontinentalen Steppen- und Wüstenklima mit Niederschlägen unter 450 mm
bedingt die Sommerdürre infolge starker Evaporation einen Aufstieg des oberflächennahen Grund-
wassers in Geländemulden und im Oberboden eine Ausfällung der gelösten Salze (Chloride, Sulfate,
Carbonate und Nitrate). So entstehen stark salzhaltige Solonchak- und solonchakähnliche Böden mit
1,0-1,5 %, aber auch bis 7 % Salzgehalt. Bei geringerem Salzgehalt bilden sich Solonetzböden, die
sich durch Salzauswaschung und Ton-Humusverlagerung zu Solodböden entwickeln können.
Wegen der Bindung an bestimmte Reliefformen kommt die Salzvegetation gewöhnlich im Komplex
mit anderen Pflanzengesellschaften der Steppe oder Wüste vor. Große Flächen bedeckt diese Vege-
tation in den kaspischen Wüsten. Auf stark salzhaltigen Böden entwickeln sich meist Salzfluren mit
sukkulenten Pflanzen, auf weniger salzhaltigen Böden Salzwiesen mit vorherrschend grasartigen
Pflanzen oder Zwerghalbsträuchern.
Gliederung in Untereinheiten
Die binnenländische Salzvegetation gliedert sich in fünf geographische Ausbildungen mit unter-
schiedlicher Standortabfolge und Artenzusammensetzung:
– Pannonische Salzwiesen (P32) mit Puccinellia peisonis, Festuca pseudovina, Beckmannia
eruciformis im Wechsel mit Salzfluren (Salicornia prostrata, Suaeda pannonica, Cyperus
pannonicus, Camphorosma annua) und halophilen Steppen (Festuca pseudovina, Artemisia
santonicum);
– Danubisch-balkanische Salzwiesen (P33) mit Puccinellia distans, P. convoluta, P. limosa,
Juncus gerardii, Limonium gmelinii im Komplex mit Salzfluren (Salicornia europaea subsp.
brachystachya, Suaeda maritima, Bassia sedoides, Camphorosma monspeliaca);
– Pontische Salzwiesen (bis zur Wolga) (P34) mit Poa angustifolia, Puccinellia distans, P. tenuis-
sima, P. fominii, P. bilykiana, P. gigantea, Festuca arundinacea subsp. orientalis, Carex diluta
im Komplex mit Salzfluren (Salicornia prostrata, Suaeda prostrata, S. corniculata) und halophi-
len Steppen (Festuca valesiaca, Artemisia santonicum);
– Nordkaspische Salzvegetation (P35) mit Halocnemum strobilaceum, Kalidium foliatum, K. caspi-
cum, Atriplex verrucifera, Atriplex cana, Climacoptera crassa, Petrosimonia triandra im
443
Formation P Karte der natürlichen Vegetation Europas
Literatur
CHAPMAN 1976, 1977; DIERSSEN 1996; DIJKEMA (Ed). 1984; ELLENBERG 1996; GÉHU 1985b, 1997
(Mskr.); GOLUB, RUKHLENKO & SOKOLOFF 2001; MAAREL, VAN DER (Ed.) 1993; MAYER 1995;
RODWELL, MUCINA, PIGNATTI, SCHAMINÉE & DRING 2001 (Mskr.); THANNHEISER 1987a, 1991;
WILMANNS 1998.
444
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation R
Auffassung
In der aus vier Kartierungseinheiten bestehenden Formation R sind strukturell und floristisch sehr
unterschiedliche Vegetationstypen zusammengefaßt. Entsprechend breit ist auch das Standortspek-
trum, welches von permanenten Wasserkörpern bis zu periodisch überfluteten Sümpfen reicht, aber
auch limnische und brackische Systeme einbezieht. Hinsichtlich der floristischen Zusammensetzung
weisen die einzelnen Gesellschaften zum Teil kaum gemeinsame Arten auf; entsprechend groß ist
die Anzahl der hier vertretenen pflanzensoziologischen Klassen. Da in der Einheit R4 randlich auch
Salix cinerea-Gebüsche enthalten sind, kann selbst die Gehölzfreiheit als strukturelle Klammer nur
eingeschränkt genutzt werden.
Aus der zumindest zeitweisen Wasserüberstauung resultiert jedoch ein Extremlebensraum, an den
sich die hier zusammengefaßten, lichtliebenden Pflanzengesellschaften angepaßt haben. Die Zusam-
menfassung von Röhrichten (R1) und Großseggengesellschaften (R4) mit Wasserpflanzengesell-
schaften (R2) in einer gemeinsamen, weitgehend azonalen Formation läßt sich auch mit deren oft
enger räumlicher Verzahnung begründen. Zwischen den limnischen Vegetationskomplexen und den
halin geprägten Brackwasser-Röhrichten (R3) existieren jedoch teilweise graduelle Übergänge.
445
Formation R Karte der natürlichen Vegetation Europas
Geographische Verbreitung
Röhrichte, Riedsümpfe und Wasservegetation sind als azonaler Formationskomplex im Bereich von
Gewässern und Sumpfgebieten in ganz Europa verbreitet (vgl. Karte 20). Die ökologische Plastizität
bzw. Amplitude vieler beteiligter Arten ist ziemlich groß. So kommen einige Röhricht- und Wasser-
pflanzengesellschaften in fast allen Zonen und Regionen vor: von der Taiga bis in die mediterrane
Region, von den ozeanischen Gebieten Westeuropas bis in die ariden Gebiete Südosteuropas. Die
nachstehend aufgeführten Vegetationskomplexe existieren in verschiedenen Gewässertypen: im
Litoral von Seen und Tümpeln, in stehenden und schwach strömenden Gewässern der Flußauen, an
Flußmündungen und z. T. im Tidebereich der Meeresküsten. Im Gegensatz zum allgemeinen Trend
nehmen die Artenzahlen dieser Vegetationseinheiten in Europa von Süden nach Norden zu.
Große Flächen kann die Formation nur in ausgedehnten Niederungen, in breiten, gefällearmen
Flußtälern, in Ästuarien sowie an flachen Küsten einnehmen. Überall in Europa überwiegen aber
relativ schmale, parallel zu den Ufern ausgebildete Bestände mit Schwerpunkt in den planaren
Gebieten, so daß nur besonders ausgedehnte Vorkommen in ausgewählten Gebieten Europas aus-
gewiesen werden konnten: in Südschweden, Ostdänemark, an der französischen Atlantikküste, im
Rhône- und Podelta, am Trasimenischen See, am Neusiedler- und Plattensee sowie am Unterlauf
und an der Mündung von Donau, Dnjestr, Dnjepr, Don, Kuban, Kuma, Wolga und Ural. Nicht mehr
darstellbar waren die ebenfalls recht großflächigen Ausbildungen dieser Formation am Bodensee,
in den Poldergebieten der Niederlande oder in den jungquartären Seengebieten Nordostdeutschlands
und Nordpolens.
446
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation R
Röhrichtpflanzen vermehren und breiten sich meist vegetativ über Polykormone aus, wobei ihre
Rhizome gewöhnlich stark verflochten sind (besonders bei R1 und R3). Die Fernausbreitung der
bestandsbildenden Gramineen und Cyperaceen erfolgt vielfach über flug- oder schwimmfähige
generative Diasporen.
Die große Plastizität vieler bestandsbildender Hydrophyten, Amphiphyten und Helophyten sowie
ihre ausgeprägte Fähigkeit zur vegetativen Ausbreitung ermöglichen ferner das Vorkommen ihrer
Pflanzengesellschaften auf Standorten mit Akkumulations- und Erosionserscheinungen, ferner deren
Existenz in Biotoptypen mit sowohl gleichbleibendem Wasserstand als auch mit großen Wasser-
standsschwankungen.
447
Formation R Karte der natürlichen Vegetation Europas
Abb. 15: Schematische Abfolge der Gewässervegetation bzw. Zonation eines eutrophen Sees (nach POTT & REMY
2000).
448
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation R
regionale Akzente, so Aldrovanda vesiculosa und Nelumbo caspica im Wolgadelta. Aus der geogra-
phischen Differenzierung des Artenspektrums resultieren die entsprechenden Verbreitungsgebiete
einzelner Pflanzengesellschaften.
Makroklimatische Gegebenheiten
Entsprechend der Verbreitung einiger Vegetationstypen dieser Formation über ganz Europa weisen
die Klimadaten sehr weite Amplituden auf. Generell kann im Fall der Wasser- und Röhrichtgesell-
schaften vom dämpfenden Einfluß des Standortfaktors Wasser auf das Makroklima ausgegangen
werden. Das bedeutet, daß Wasser als Mangelfaktor entfällt und gleichzeitig durch die Wärmespei-
cherkapazität des Wassers die Extreme der Temperaturamplituden gemindert werden. Geographi-
sche Differenzierungen innerhalb einer an sich als azonal anzusprechenden Formation ergeben sich
jedoch aus den von der geographischen Breite abhängigen Sonnenständen sowie den von geographi-
scher Breite, Höhenlage und Kontinentalität beeinflußten Temperaturverläufen bzw. Temperaturmi-
nima mit ihren Auswirkungen auf Länge und Verlauf der Vegetationsperiode.
Auswirkungen klimatischer Einflüsse bzw. deren Veränderungen sind u. a. anhand deutlicher
Arealverschiebungen einiger Hydrophyten im Verlauf des Spätglazials und des Holozäns nach-
gewiesen (LANG 1994) so für Ceratophyllum submersum, Isoëtes echinospora, I. lacustris, Najas
flexilis, N. marina subsp. intermedia und Trapa natans.
Standortbedingungen
Entsprechend der Vielfalt der Standorte werden von der Formation R sehr unterschiedliche minero-
gene und biogene Substrate besiedelt. Wegen der ständigen oder periodischen Wasserüberdeckung
handelt es sich durchweg um zumindest zeitweise wassergesättigte Böden. Je nach Ausgangsgestein
oder vorherrschenden Strömungsbedingungen liegen kiesige, sandige, lehmige, schlickige bis tonige
oder auch organische Substrate vor. Es werden obendrein semiterrestrische Böden der Auen und
Marschen (u. a. Gleye, Anmoorgleye, Rambla) von semisubhydrischen Böden der Gezeitenzonen
(Flußwatt, Brackwatt) über subhydrische Böden der Gewässer (Protopedon, Gyttja, Sapropel, Dy)
und Torfböden (Niedermoor) bis hin zu Solonetz und Solonchaks besiedelt.
Für die Ausbildung und räumliche Anordnung der überwiegend lichtliebenden Pflanzengesell-
schaften sind folgende Faktoren entscheidend:
1. Wasserhaushalt
1.1 Überflutungshöhe und -dauer (permanent bis episodisch)
1.2 Einfluß von Strömung und Wellenschlag (Fließgewässer, Stillgewässer)
2. Wasserqualität
2.1 Karbonathärte und Salinität (Süßwasser, Brackwasser)
2.2 Nährstoffhaushalt (oligotroph bis hypertroph)
Zur Abhängigkeit vom Substrat sowie vom Wasser- und Nährstoffhaushalt sei auf HEJNÝ (1960),
POTT (1983, 1996) sowie POTT & REMY (2000) u. a. verwiesen.
449
Formation R Karte der natürlichen Vegetation Europas
450
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation R
trisulcae) auf sowie das Stratiotetum aloides. An solchen Gewässern folgt einem gut ausgebildeten
Scirpo-Phragmitetum-Röhricht oder Butometum umbellati-Röhricht landwärts oft ein Caricetum
elatae-Seggenried, welches in einen Erlenbruchwald übergehen kann.
Das sicherlich größte floristische und soziologische Inventar weisen die eutrophen Stillgewässer
auf. Je nach Sauerstoffversorgung werden als subaquatische Substrate Gyttjen oder Sapropele
besiedelt. Vorherrschend sind hier konkurrenzstarke Vergesellschaftungen der Potamogetonetea aus
den Verbänden Potamogetonion (Potamogetonetum lucentis) und Nymphaeion albae (Myriophyllo-
Nupharetum luteae, Nymphoidetum peltatae, Trapetum natantis). Es schließen sich dichte, hoch-
wüchsige Röhrichte des Scirpo-Phragmitetum oder Acoretum calami an, gefolgt von Vertretern des
(Magno)Caricion elatae (Cicuto-Caricetum pseudocyperi, Caricetum gracilis, C. vesicariae, C. ri-
pariae, C. paniculatae). Durchdrungen oder überlagert werden diese von Wasserlinsen- oder von
Wasserschlauch-Gesellschaften der Utricularietea. Die natürlichen Kontaktgesellschaften stellen
Grauweidengebüsche und Bruchwälder dar, vor allem der Erlenbruchwald (Carici elongatae-
Alnetum).
Mit dem Übergang zum hypertrophen, meist schwach halinen Milieu nimmt die Diversität solcher
Gewässer deutlich ab (POTT 1983). Häufig verhindern in diesem Fall Gewässertrübung oder über-
mäßiges Algenwachstum (meist mit Enteromorpha intestinalis-Decken) die Ausbildung einer Sub-
mersvegetation. Es verbleiben Pleustophytengesellschaften wie das Lemnetum gibbae oder dichte
Ceratophyllum demersum-Bestände. Das Röhricht wird in solchen Fällen von einem Glycerietum
maximae oder von Bolboschoenus maritimus-Beständen gebildet, die zu den Salzrieden und -Röh-
richten brackiger Standorte überleiten (Bolboschoenion maritimi). Ihr Wasserkörper wird in Ab-
hängigkeit von der Trübung von ein- oder mehrschichtigen Pflanzengesellschaften eingenommen.
So besiedeln Armleuchteralgenrasen aus dem Verband Charion canescentis das saubere, klare
Brackwasser, zu denen sich spezielle Pflanzengesellschaften der Ruppietea maritimae oder das
Zannichellietum pedicellatae aus der Klasse der Potamogetonetea hinzugesellen. Als charakteristi-
sche Kontaktgesellschaften können Seegraswiesen der Zosteretea marinae auftreten. Die Uferzonen
solcher brackigen Gewässer werden u. a. von Schoenoplecti triquetri-Bolboschoenetum maritimi-
Röhrichten eingenommen, im skandinavisch-baltischen Raum unter wechselhalinen Bedingungen
vom Caricetum paleaceae.
Rolle im Landschaftsgefüge
Die Pflanzengesellschaften der Gewässer und ihrer Uferzonen haben zwar meist nur geringe Flä-
chenanteile, stellen aber wichtige lineare oder flächige Strukturelemente der Landschaften dar.
Gleichzeitig tragen sie in erheblichem Maße zur Biodiversität bei, da sie im aquatischen und
semiterrestrischen Milieu den Lebensraum komplexer Zoozönosen bilden. Weiterhin schützen
Röhrichte die Ufer vor Wellenschlag und Erosion und bieten zudem für die Schilfmahd Rohmaterial
für technische Zwecke.
Die emerse Vegetation der Gewässer und Sümpfe hat große Bedeutung für den Wasser- und Nähr-
stoffhaushalt der Landschaften. Durch die starke Transpiration von Röhricht- und Riedpflanzen wird
451
Formation R Karte der natürlichen Vegetation Europas
452
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation R
Schutzkonzepte erforderlich. Generell ist eine Verringerung der Nährstoffeinträge in Gewässer und
ihre Randbereiche sowie ein Stop ihrer Trockenlegung und Überstauung zu fordern. Besonders
schutzwürdig sind die oft nur noch kleinflächig ausgebildeten Pflanzengesellschaften oligo- bis
mesotropher Standorte, die eine Vielzahl hochgradig gefährdeter Pflanzen- und Tierarten beher-
bergen.
Gliederung in Kartierungseinheiten
R1 Vegetation der Süßwasser-Röhrichte und angrenzender Flachwasserbereiche
In den lichtliebenden Helophytenbeständen der amphibischen Zone stehender oder fließender
Gewässer ist Phragmites australis mit großer Stetigkeit und meist dominierend vertreten. Die
überwiegend produktionskräftigen und relativ hochwüchsigen Verlandungsgesellschaften an Seen,
Teichen und Fließgewässern und ihre einzelnen Vegetationseinheiten sind strukturell und zum Teil
auch floristisch recht heterogen und deshalb nur schwer zu gliedern. Den Aspekt beherrschen
normalerweise Süß- und Sauergräser, welche Polykormone und dadurch häufig die Fazies bilden.
Die Kartierungseinheit umfaßt drei klimatisch/edaphisch bedingte Ausbildungen:
a) Boreo-europäische (oligotrophe) Süßwasser-Röhrichte,
b) West- und mitteleuropäische meso- bis eutrophe Süßwasser-Röhrichte,
c) Karpatisch-pannonische und pontisch-kaspische eutrophe Süßwasser-Röhrichte.
453
Formation R Karte der natürlichen Vegetation Europas
Verbreitung: Temperate Zone West- und Mitteleuropas, z. B. Ostholsteinische bis Masurische Seen,
Ufer- und Verlandungszonen der Voralpenseen (u. a. Genfer See, Bodensee), Teichgebiet von
Trbon, Neusiedler See, Balaton, Stromtäler, ferner an permanenten Gewässern des mediterranen
Südeuropa.
Standort: meso- bis eutrophe Stillgewässer, auf diversen subhydrischen bis semiterrestrischen
Böden.
Kontaktvegetation: meso- bis eutraphente Wasserpflanzengesellschaften (Potamogetonetea, Lemne-
tea minoris, Charetea fragilis, Utricularietea intermedio-minoris), Großseggenriede etc.
R2 Flachwasservegetationskomplexe
Wasserpflanzengesellschaften, häufig Röhrichtgürteln vorgelagert, können in klaren Gewässern bis
in Wassertiefen von über 7 Metern vordringen. Ihr Verbreitungsschwerpunkt mit einem Diversitäts-
maximum befindet sich in den Stillgewässern der Tiefländer; mit zunehmender Höhenlage und
abnehmenden Sommertemperaturen sowie mit zunehmendem Einfluß von strömendem Wasser
verarmen sie floristisch. Neben den Laichkraut- und Schwimmblattgesellschaften der Potamogeto-
netea bilden Wasserlinsendecken der Lemnetea minoris den Großteil der Phytomasse in den
Gewässern. Armleuchteralgen-Gesellschaften der Charetea fragilis können in Stillgewässern aller
Höhenstufen mehr oder weniger dichte Unterwasserrasen ausbilden.
Die Zwergwasserschlauch-Gesellschaften der Utricularietea intermedio-minoris sind typisch für
oligotrophe bis mesotrophe Gewässer mit borealem Verbreitungsschwerpunkt.
Die Strandlings-Gesellschaften der Littorelletea uniflorae haben ihren Verbreitungsschwerpunkt in
den sommerkühlen, atlantisch-subatlantischen bzw. boreo-montanen Regionen.
Meeressalden-Gesellschaften der Ruppietea maritimae bilden lockere, submerse Bestände im
Brackwasser mit Schwerpunkten in den Ästuarien und in der Ostsee.
Verbreitung: in ganz Europa verbreitet; in der Karte nur das besonders großflächige Vorkommen im
nördlichen Kaspischen Meer dargestellt. Vergleichbar den Röhrichten weisen die Wasserpflanzen-
gesellschaften unterschiedliche Verbreitungsschwerpunkte auf. Phytomassearme, eher konkurrenz-
schwache Assoziationen treten gehäuft in nährstoffarmen Gewässern der küstennahen, atlantischen
sowie in den eurasisch-subozeanischen Florengebieten auf (Atlantikküste, nährstoffarme Gewässer
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Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation R
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Formation R Karte der natürlichen Vegetation Europas
Verbreitung: entlang der Meeresküsten von Nord- und Ostsee mit Buchten und Brackwasserseen, in
tidebeeinflußten Ästuarien teilweise weit in das Binnenland reichend: Großbritannien, Frankreich,
Belgien, Niederlande, Deutschland, besonders großflächige Ausbildungen in Buchten der Ostsee:
Skandinavien, Baltische Staaten.
Standort: leicht schlammige Böden bei mäßiger NaCl-Konzentration (sekundär als verarmte Form
in durch alkalische Abwässer belasteten Gewässern).
Struktur: zwei- bis dreischichtige Gesellschaften, oft niedriger als Süßwasserröhrichte (80-100 cm),
aber meist dichter geschlossen.
Kontaktvegetation: Ruppion maritimae, Magnocaricion paleaceae, Puccinellio-Salicornion, Festu-
cion maritimae, Armerion maritimae.
Wichtigste Kenn- und Trennarten: Aster tripolium subsp. tripolium, Eleocharis uniglumis, Atriplex
prostrata agg., Triglochin maritimum, Carex otrubae, Juncus gerardii.
456
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation R
Verbreitung: in ganz Europa meist kleinflächig verbreitet; in der Karte nur das großflächige Vor-
kommen im Donaudelta Rumäniens dargestellt.
Standort: meso- bis eutroph; sandige, lehmige bis tonige oder anmoorige bis torfige Böden, z. T.
länger andauernd oder anhaltend flach überstaut.
Struktur: bultige oder rasige Verlandungsgesellschaften, oft im Komplex mit Röhrichten und
Weidengebüschen.
Kontaktvegetation: Wasser- und Sumpfpflanzen-Vegetation, z. B. Lemnetea, Charetea, Potametea,
Littorelletea, Urticularietea intermedio-minoris oder übrige Phragmitetea, ferner Thero-Salicornie-
tea, Salicetea purpureae, Alnetea glutinosae.
Wichtigste Kenn- und Trennarten: Carex elata, C. acuta, C. riparia, C. acutiformis, C. buekii,
C. buxbaumii, C. cespitosa, C. randalpina, C. paniculata, C. vesicaria.
Literatur
BALÁTOVÁ-TULÁKOVÁ 1976; DAHL & HADA 1941; ELLENBERG 1996; GOLUB, LOSEV & MIRKIN
1991; GRIBOVA, ISAENKO & LAVRENKO (Red.) 1980; HANGANU, GRIDIN, DROST, CHIFU, ÔTEFAN
& S{RBU 1994; HEJNÝ 1960; HEINÝ & SYTNIK 1993; KRAUSCH 1964, 1965a, 1965b; LABUTINA,
ZHIVOGLIAD, GORBUNOV, RUSANOV, BALDINA & DE LEEUW 1995; LANG 1994; MARISTO 1941;
MICEVSKI 1963, 1969; NEDELCU 1973; NEUHÄUSL 1959; PASSARGE 1964c; PIGNATTI 1953a; POTT
1980, 1983, 1995, 1996; POTT & PETERSEN 1999; POTT & REMY 2000; SIMON 1960a; SLAVNI 1956;
SOÓ 1973c; SPENCE 1964; TÜXEN & SCHWABE-BRAUN 1982; VAARAMA 1938.
457
Formation S Karte der natürlichen Vegetation Europas
S Moore
Kamil Rybní
ek
458
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation S
Die Formation S – Moore – enthält weder Salzmarschen, Röhrichte und Sümpfe auf mineralischem
Substrat noch Birken- und Erlenbruchwälder. Diese werden in den Formationen P, R und T be-
handelt. Durch Entwässerung, Torfabbau und Kultivierung irreversibel veränderte Moorgebiete
wurden ebenfalls nicht mit einbezogen.
Weitere grundlegende Informationen zu Moorökosystemen und ihrer Verbreitung finden sich bei
OVERBECK (1975), TJUREMNOV (1976), DIERSSEN (1982), GORE A.J.P. (1983), SUCCOW & JESCHKE
(1986), RODWELL (1991b), JURKOVSKAJA (1992), BO & SMAGIN (1993), LAPPALAINEN (1996),
SUCCOW & JOOSTEN (2001), DIERSSEN & DIERSSEN 2001.
459
Formation S Karte der natürlichen Vegetation Europas
1
Alle mit BP gekennzeichneten Altersangaben beziehen sich auf konventionelle Radiokarbonjahre vor heute (BP
= Before Present).
460
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation S
461
Formation S Karte der natürlichen Vegetation Europas
Rolle im Landschaftsgefüge
Moore haben eine große Bedeutung für den Landschaftswasser- und Nährstoffhaushalt. Die welt-
weiten Wasservorräte in Moorgebieten lassen sich berechnen, wenn man davon ausgeht, daß die
gesamten Torfvorräte etwa 500 Milliarden Tonnen Standardtorf (40 % Feuchtigkeit) betragen und
der natürliche Torf 70 bis 95 % Wasser enthält. Moore sind auch für den weltweiten Kohlenstoff-
kreislauf wichtige Ökosysteme: Sie enthalten nach verschiedenen Quellen 20-40 % des bodenfixier-
ten Kohlenstoffs in der Biosphäre. Dieser Kohlenstoff wird bei Entwässerung, Torfverfeuerung etc.
als CO2 freigesetzt. Torf fixiert zudem große Mengen anderer wichtiger Elemente wie Stickstoff und
Schwefel, Phosphor u. a. (vgl. hierzu IVANOV 1957, 1975, SUCCOW 1982, INGRAM 1983, MALTBY &
IMMIRZI 1993, MALTBY & PROCTOR 1996).
Über die Verbreitung und Vorkommen von Mooren in einzelnen Ländern liegen unterschiedliche
Daten vor (TJUREMNOV 1976, KIVINEN & PEKARINEN 1980, OLENIN 1988, SCHNEIDER & SCHNEIDER
462
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation S
1990). Hier wird vornehmlich der Übersicht von LAPPALAINEN (1996) gefolgt. Danach beträgt die
Moorfläche weltweit ungefähr 4 Millionen km², in Europa etwa 460 000 km² (einschl. des europäi-
schen Teils von Rußland). Somit dürfte der Anteil der europäischen Moore am weltweiten Gesamt-
bestand der Moore ungefähr 11 % betragen.
Die größten Moorgebiete in Europa besitzt Rußland, gefolgt von Finnland und Schweden. Folgende
Daten werden in der Monographie von LAPPALAINEN (1996) vorgestellt:
Europäischer Teil Rußlands: 102 000 km²; Finnland: ehemals 118 000, heute 89 000 km²; Schweden:
66 700 km²; Weißrußland: 29 000 km²; Norwegen: früher 30 000, heute 24 000 km²; Ukraine:
20 000 km²; Großbritannien: 17 500 km²; Baltische Staaten (Estland, Lettland und Litauen):
14 700 km²; Deutschland: 14 200 km²; Irland: 12 000 km²; Polen: 12 000 km²; Island: 10 000 km².
Die Ausdehnung der Moorflächen in den übrigen europäischen Ländern ist vergleichsweise gering.
463
Formation S Karte der natürlichen Vegetation Europas
Gliederung in Untereinheiten
Die hier verwendete Gliederung der Moore und Abgrenzung der Kartierungseinheiten basiert auf der
typologischen Einteilung für den europäischen Teil der ehemaligen Sowjetunion (JURKOVSKAJA
1980). Die Fläche der zugehörigen Länder umfaßt mehr als die Hälfte Europas und hat den größten
Mooranteil. Deshalb bot es sich aus praktischen Erwägungen an, die Grundsätze dieser Klassifikati-
on zu übernehmen, das System unserem Bedarf anzupassen und neue Einheiten mit spezifischen
Moortypen des westlichen Europa einzufügen. Das System besteht aus drei Hauptkategorien von
Einheiten: den ombrotrophen Mooren (Hoch- und Deckenmoore), einer speziellen Gruppe ombro-
minerotropher Moore der Arktis und Subarktis sowie den minerotrophen Mooren einschließlich der
Aapamoore. Die weitere Unterteilung ist mehr oder weniger klimazonal-geographisch ausgerichtet
und nutzt dominante Arten und Zeigerarten sowie spezifische Artenverbindungen als Hauptkriterien.
Die Physiognomie der Vegetation, Morphologie der Torflager, Struktur der Mooroberfläche und
andere Gesichtspunkte wurden, soweit geeignet, einbezogen. Detaillierte Informationen über die
Artenzusammensetzung, Bestandesstruktur, Verbreitung, Ökologie, Landnutzung und Naturschutz
sind bei den Erläuterungen zu den Kartierungseinheiten (auf beigefügter CD-ROM) zu finden.
464
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation S
S.1.2 Sphagnum papillosum-Decken- und Hochmoorkomplexe sind typisch für die ozeanischen
Gebiete Europas. Erica tetralix und Narthecium ossifragum sowie Sphagnum papillosum und
S. austinii sind die wichtigsten Indikatorarten; ihre Pflanzengesellschaften werden in den Verband
Oxycocco-Ericion tetralicis (Nordhagen 1936) Tüxen 1937 em. J.J. Moore 1968 eingeordnet.
3 Kartierungseinheiten (S5-S7) repräsentieren ozeanische Deckenmoore – differenziert nach Tief-
und Hochlagen – in Irland, auf den britischen Inseln und an der westnorwegischen Küste, S8 umfaßt
die ozeanischen Plan- und Plateauhochmoore des Tief- und Hügellandes in Irland, Großbritannien,
Südskandinavien und Nordwestmitteleuropa.
465
Formation S Karte der natürlichen Vegetation Europas
moore. Sie unterscheiden sich von allen anderen Moortypen durch das Vorkommen von Permafrost
bzw. Eiskernen, die ihre besondere Oberflächenstruktur hervorrufen. Die erhöhten Teile haben
ombrotrophen Charakter und sind meist trocken oder sehr trocken, während die flachen und/oder
konkaven Bereiche dazwischen minerotroph und oft mit Wasser übersättigt sind.
S.2.1 Polygonmoore (S13) sind in Europa nur am nordöstlichen Rand des russischen Festlandes
verbreitet. Ihre Entstehung beruht auf dem Vorkommen von Permafrostboden. Die Torfakkumula-
tion ist hier sehr gering und durch kryogene Prozesse gehemmt. Die Bildung von Polygonmooren
scheint zyklisch zu sein (BILLINGS & PETERSON 1980).
S.2.2 Palsamoore (S14) kommen im nördlichen Fennoskandien und Rußland vor. Größe und Höhe
der Palsas (Torfhügel) variieren in Nord-Süd-Richtung. Etliche der durch Permafrosteislinsen
gebildeten Torfhügel fallen gegenwärtig in sich zusammen. Ihr Alter wird auf 3 000 bis 5 000 Jahre
geschätzt. Die subarktischen Moore sind auf Grund ihrer schlechten Erreichbarkeit und ihres
Vorkommens in wenig bevölkerten Landstrichen kaum durch direkte menschliche Einwirkung
gefährdet, möglicherweise führt aber die globale Klimaveränderung zur Einschränkung ihres
Verbreitungsgebietes.
466
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation S
467
Formation S Karte der natürlichen Vegetation Europas
stand ist Voraussetzung. Braunmoose und Seggen oder andere Cyperaceen dominieren. Sphagnen
fehlen bis auf wenige kalktolerante Arten wie Sphagnum warnstorfii und S. contortum.
Basenreiche Niedermoore (S23, S24) sind in der borealen Zone verbreitet. Kalkholde Ausbildungen
mit Carex davalliana (S24) sind auf Mitteleuropa beschränkt. Für die subarktischen Gebiete und für
Island wurden eigenständige Kartierungseinheiten (S21, S22) aufgestellt.
Der ökonomische Wert und die Bioproduktivität ungestörter Braunmoore ist sehr niedrig. Standorte
mit basenreichen Niedermooren werden meist landwirtschaftlich genutzt, namentlich in dicht
besiedelten Gebieten. Deshalb benötigen die hier verbliebenen Niedermoore besondere Aufmerk-
samkeit des Naturschutzes.
468
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation S
1000 km
3 Aapamoore 6 Waldhochmoore
Karte 19: Schematische Verbreitung der wichtigsten regionalen Moortypen in Europa (nach LANG 1994 und in
Anlehnung an die Karte der natürlichen Vegetation Europas, 1 : 2,5 Mio., sowie nach anderen Quellen).
Zuordnung der Kartierungseinheiten zu den Moortypen:
1. Polygonmoore (S13); 2. Palsamoore (S14); 3. Aapamoore (S15, S16); 4. Atlantische Deckenmoore
(S5-S7); 5. Waldfreie Tieflagen-Hochmoore (Plan-, Plateau-, Kermi-Hochmoore; S1-S4, S8, S9); 6. Sub-
kontinental-kontinentale Waldhochmoore (S12); 7. Montane bis submontane Hochmoore (S10, S11); 8.
Nieder- und Übergangsmoore (S17-S26).
469
Formation T Karte der natürlichen Vegetation Europas
Geographische Verbreitung
Die Hauptverbreitung der Bruch- und Sumpfwälder liegt in der nemoralen Laubwaldregion, doch
reichen sie auch bis in die südboreale Nadelwaldzone hinein. Dabei konzentrieren sich die Birken-
brüche mehr auf den nordwestlichen, atlantisch-subatlantischen Bereich, sind jedoch auch in den
weißrussischen Pripjet-Sümpfen (Polesje) großflächig ausgewiesen und reichen bis in den osteuro-
päischen Nadelwaldgürtel und an den Fuß des Urals. Erlenbruch- und -sumpfwälder dringen
dagegen weit nach Süd- bis Südosteuropa in die mediterrane und kolchische Region vor und
470
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation T
erreichen im Osten mit letzten Vorposten sogar die Zone der Kraut-Grassteppen (M8).
471
Formation T Karte der natürlichen Vegetation Europas
Zur dominierenden Erle, die von allen europäischen Baumarten ständige Nässe am besten verträgt,
tritt im nährstoffärmeren Bereich die Moorbirke (Betula pubescens) in Verbindung mit Sphagnum
spp. und anderen azidophilen Arten als Übergangsgesellschaft zum Birkenbruch. Im reichsten Flügel
mit anspruchsvollen Hochstauden markiert die Esche (Fraxinus excelsior) den Übergang zu den
Erlen-Eschenwäldern als häufige Kontaktgesellschaft. Für die meist schwach entwickelte Strauch-
schicht sind Ribes nigrum, Frangula alnus, Salix cinerea und S. pentandra charakteristisch.
Die artenreiche, meist gut deckende Krautschicht setzt sich vor allem aus Hemikryptophyten
zusammen. Charakteristische und weitverbreitete Arten sind Thelypteris palustris, Calamagrostis
canescens, Lycopus europaeus, Solanum dulcamara und Carex elongata; weitere typische Arten
sind Peucedanum palustre, Galium palustre, Scutellaria galericulata, Lysimachia vulgaris, Lythrum
salicaria, Iris pseudacorus, Caltha palustris, Carex acutiformis, C. paniculata, C. pseudocyperus,
Athyrium filix-femina, Equisetum fluviatile, Cirsium palustre, im reichen Flügel ferner Filipendula
ulmaria, Cirsium oleraceum, Phalaris arundinacea, Valeriana procurrens, Crepis paludosa,
Eupatorium cannabinum und Urtica dioica.
472
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation T
Floristisch deutlich unterschieden sind ferner Hochlagen-Ausbildungen des Berglandes und der
Gebirge, die dort vorzugsweise auf quellig-sumpfigen Standorten unterschiedlicher Trophie vor-
kommen und meist relativ kleinflächig ausgebildet sind. Neben dem Fehlen von Tieflagenarten
(z. B. Ribes nigrum, Humulus lupulus, Solanum dulcamara, Lycopus europaeus, Thelypteris
palustris, Iris pseudacorus) sind sie durch montane Elemente wie Alnus incana und Picea abies in
der Baumschicht sowie montane Stauden wie Chaerophyllum hirsutum, Aconitum napellus, Bistorta
officinalis, Equisetum sylvaticum und Poa remota gekennzeichnet.
Aus Süd- und Südosteuropa, namentlich dem Mediterrangebiet, sind stärker abweichende lianenrei-
che Erlenwälder beschrieben worden (T2) mit Periploca graeca, Rubus ulmifolius, Fraxinus
angustifolia s.l. und Ficus carica sowie Vitis sylvestris und Calystegia silvatica. Beziehungen zu
den mediterranen Erlenwäldern läßt die ebenfalls lianenreiche kolchische (osteuxinische) Gebiets-
ausbildung (T3) erkennen, die von Alnus barbata dominiert wird und der oft Pterocarya pterocarpa
beigesellt ist. Neben Periploca graeca kommen hier auch die Lianen Vitis sylvestris, Smilax excelsa
und Clematis viticella vor.
473
Formation T Karte der natürlichen Vegetation Europas
regalis, Dryopteris cristata, Calla palustris, Iris sibirica, Carex laevigata, C. pseudocyperus und
anderen Carex-Arten sowie in benachbarten Nieder- und Zwischenmooren Epipactis palustris,
Liparis loeselii, Orchis palustris und andere Orchideen, Pinguicula vulgaris, Drosera anglica,
Eriophorum latifolium, E. gracile, Cladium mariscus u. a. m.
474
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation T
Moore; die Einheit ist aber auch bis zum Fuß der Alpen verbreitet und in Mittelgebirgen für Höhen-
lagen bis zu 1100 m ü. NN belegt, jedoch auch für Südskandinavien, Polen, Weißrußland, die
baltischen Staaten und Nordwestrußland z. T. großflächig nachgewiesen, hier aber meist mit
Nadelbäumen (Pinus, Picea) durchmischt.
Von Natur aus nehmen die Moorbirkenbrüche und -sumpfwälder ein wesentlich kleineres Areal mit
viel geringerer Verbreitung ein als die Erlenbrüche und dürften auch kaum größere zusammenhän-
gende Flächen als Dauergesellschaft besiedelt haben, so daß sie nur selten in der Karte ausgewiesen
werden konnten.
Geographische Differenzierung
Die von Moorbirke dominierte Gesellschaft hat insgesamt eine atlantisch-boreale Prägung mit
charakteristischen Florenelementen wie Erica tetralix, Myrica gale und Lonicera periclymenum als
atlantische sowie Trientalis europaea, Vaccinium- und Eriophorum-Arten als boreale Elemente.
Eine geographische Abwandlung erfährt der Moorbirkenwald gegen Osten durch Ledum palustre
und Zunahme der Kiefer (Pinus sylvestris) als Übergang zum Kiefernmoorwald (Vaccinio uliginosi-
bzw. Ledo-Pinetum). Im Norden treten Picea abies und/oder Pinus sylvestris, im mitteleuropäisch-
montanen Bereich ferner Pinus rotundata und P. mugo hinzu, und der Birkenbruchwald wird dort
vom Fichten- bzw. Spirken- oder Latschenmoorwald abgelöst. Moorbirkenbestände haben dann –
wie wohl auch sonst nicht selten – nur noch die Funktion von Sukzessionsstadien.
Stellung im Vegetationsgefüge
Als Kontaktgesellschaften sind vor allem der birkenreiche Erlenbruchwald (Sphagno palustris-
Alnetum Allorge ex Lemée 1939) sowie saure, oligotraphente Seggenriede (Scheuchzerio-Caricetea
fuscae Tx. 1937) im Übergang zu oligotrophen Mooren, ombrotrophe Moore, atlantische Erica-
Heiden und feuchte Birken-Stieleichen- bzw. Kiefern-Eichenwälder zu nennen. Begleitende zonale
Waldgesellschaften sind im Tiefland vor allem saure Birken-Eichen- und Eichen-Buchenwälder, im
Osten Kiefern- und Kiefern-Eichenwälder und im Norden sowie im Gebirge montane Buchen- oder
Fichtenwälder.
475
Formation T Karte der natürlichen Vegetation Europas
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Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation T
bis zu wenigen Zentimetern schwanken, oder sie fehlt stellenweise völlig. Als Mineralbodensubstrat
können saure Sande bis kalkhaltige Tone vorkommen bei pH-Werten von <4 bis >7. Die Böden
können permanent überflutet oder stark vernäßt sowie gut dräniert und relativ trocken sein. Das
klimatische Spektrum reicht vom ozeanischen Zentralirland und Nordwestdeutschland bis zum
trockeneren, subozeanischen Ostengland.
Die drei Kartierungseinheiten sind auf das Verbreitungsgebiet der atlantischen Tieflandhochmoore
beschränkt, die großflächig entwässert und meist auch abgetorft worden sind. Ihre größte Ver-
breitung haben sie in Mittelirland, in England vor allem in Küstennähe sowie im nordwestdeutschen
Tiefland. T5 kommt in Nordengland, Südschottland und Irland auf noch relativ mächtigen entwäs-
serten Torfschichten vor, ist aber auch auf dem europäischen Festland im Ems-Weser-Elbe-Unter-
laufgebiet ausgewiesen worden. T6 dominiert auf kalkhaltigen oder nährstoffreichen Substraten in
West- und Ostengland sowie in Zentralirland, fehlt jedoch auf dem Festland ebenso wie die ganz auf
Zentralirland beschränkte Mischausbildung T7.
Literatur
BO & SMAGIN 1993; BODEUX 1955; CROSS 1998; DINTER & BOHN 1998; DÖRING-MEDERAKE 1991;
ELLENBERG 1996; GELLINI, PEDROTTI & VENANZONI 1986; GLAVA 1972; GRIBOVA, ISAENKO &
LAVRENKO (Red.) 1980; JURKEVI, GELTMAN & LOVIJ 1968; KLIKA 1939/1940; KLÖTZLI 1969;
LIEPELT & SUCK 1990; MAST 1999; MÖLLER 1970; NACHUCRIŠVILI 1999; OBERDORFER (Hrsg.)
1992; PRIEDITIS 1997; RAMEAU 1994; RODWELL (Ed.) 1991a, 1991b; SOLI¼SKA-GÓRNICKA 1987;
TÜXEN 1937; WITTIG & DINTER 1991.
477
Formation U Karte der natürlichen Vegetation Europas
478
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation U
genannt. Innerhalb einer Gruppe von Kartierungseinheiten sind Baum- und Strauchschicht der
Haupttypen oft recht ähnlich oder fast identisch, die einzelnen Kartierungseinheiten unterscheiden
sich jedoch durch spezifische Vegetationskomplexe, besondere Begleitvegetation oder/und geogra-
phische Differentialarten.
Die in der Karte dargestellten europäischen Auen enthalten folgende physiognomisch und ökolo-
gisch voneinander abweichende Vegetationstypen: Hart- und Weichholz- sowie Nadelholzauenwäl-
der und Auengebüsche, Röhrichte, Gras- und Staudenfluren sowie Wasserpflanzengesellschaften.
Die Auenwälder in Nord-, West-, Mittel-, Süd- und Osteuropa unterscheiden sich physiognomisch
und floristisch deutlich. In den borealen Auen spielen Nadelbäume (Picea abies, P. abies x P. obo-
vata, P. obovata, Abies sibirica) neben kälteunempfindlichen Laubholzarten (Alnus incana, Betula
pubescens, bestimmte Strauchweiden) eine entscheidende Rolle. Für die osteuropäischen und
voruralischen Auenwälder sind neben den schon erwähnten Nadelbäumen und Laubgehölzen
Stieleiche und Winterlinde (Quercus robur, Tilia cordata) kennzeichnend. Im Süden Europas
wiederum geben unter den Bäumen Pappeln (Populus alba, P. nigra), Eschen (Fraxinus angustifolia
s. l.), Feldulme (Ulmus minor), Eichen (neben Quercus robur je nach Gebiet Q. pyrenaica, Q. cana-
riensis, Q. pedunculiflora, Q. pubescens, Q. hartwissiana) und – ganz im Süden – Platanen (Plata-
nus orientalis) den Ton an.
Natürliche Auenwälder in der nemoralen Zone Europas stellen, ihrer Struktur und ihrem üppigen
Wachstum nach, ein gewisses Analogon zu tropischen Regenwäldern dar. Beiden sind folgende
Merkmale gemeinsam:
(1) Mehrschichtiger Aufbau mit zahlreichen Holzarten, (2) Baumschicht mit unregelmäßigem
Kronenschluß und -dach, (3) Sträucher, in wärmeren Gebieten auch Lianen, häufig und mit hoher
Artmächtigkeit vertreten, (4) üppige Regenerationsstadien.
Die Auenwälder gliedern sich aufgrund örtlich unterschiedlicher Grundwasserstände sowie Häufig-
keit, Dauer und Höhe von Überflutungen in der Regel in eine Weichholz- (tief gelegener, häufig
überfluteter Bereich mit Weiden und Pappeln) und eine Hartholzaue (höher gelegener, seltener und
kürzer überfluteter Bereich mit vorherrschenden Eichen, Eschen und/oder Ulmen).
Dominierende Auengebüsche ohne nennenswerten Baumartenanteil findet man sowohl in der
südarktischen als auch in der mediterranen Zone. Beide weichen aber in der Physiognomie und vor
allem in der Artenzusammensetzung stark voneinander ab. In der südarktischen Zone des Pe
ora-
Unterlaufes handelt es sich um Weidengebüsche (Salix phylicifolia, S. hastata, S. lanata, Alnus
fruticosa), im Mediterrangebiet sind es Tamarisken- und Oleander-Auengebüsche (mit Tamarix
parviflora, T. tetrandra, T. hampeana, T. africana und Nerium oleander), im Gebiet der danubisch-
pontischen und kaspischen Steppen und Wüsten handelt es sich insbesondere um Tamarix ramosis-
sima- und Elaeagnus angustifolia-Gebüsche.
Großflächigere natürliche Röhrichte, Gras- und Staudenfluren findet man nur in den weiten Auen
der osteuropäischen Tieflandsflüsse (Don, Wolga/Achtuba, Ural), wo langdauernde Überflutungen
im Frühjahr in Verbindung mit kontinentalem Klima und sommerlicher Austrocknung die Ent-
479
Formation U Karte der natürlichen Vegetation Europas
480
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation U
Makroklimatische Gegebenheiten
Die Formation ist als – zumindest in der nemoralen Zone – azonaler Vegetationstyp in klimatisch
sehr verschiedenartigen Gebieten verbreitet. Makroklimatisch lassen sich aufgrund des weiten
Areals der europäischen Auenvegetation markante Unterschiede feststellen, da es von der südarkti-
schen und borealen Zone im Norden über die nemorale Zone mit (sub-)atlantischen und (sub-)kon-
tinentalen Abweichungen bis zum mediterranen Südeuropa und kontinentalen Südosteuropa reicht.
Deutliche klimatische Unterschiede bestehen besonders zwischen den südarktischen Auen und den
übrigen Typen der Auenvegetation (mittlere Jahrestemperatur in der Südarktis -10 bis -4 °C,
Durchschnitt des kältesten Monats -16 bis -12 °C).
Auch für die borealen Auen sind niedrige Jahresmitteltemperaturen typisch (-3,5 bis +2 °C). Das
absolute Jahresminimum liegt in allen Fällen niedriger als -40 °C, manchmal sogar unter -50 °C, in
den Durchschnittswerten des wärmsten Monats kann man jedoch markante Unterschiede innerhalb
der borealen Zone beobachten.
Das Klima der nemoralen Auenvegetation, die einen breiten Streifen von Südschweden bis Trans-
kaukasien, von der europäischen Westküste bis zum Ural und Kaukasus abdeckt, ist ziemlich
abweichend in einzelnen Teilen Europas, was sich auch in Abweichungen der Artengarnitur deutlich
widerspiegelt. Wintermildes Klima ist für die Auenvegetation des (sub-)atlantischen Gebietes, der
Po-Ebene sowie für apenninisch-balkanische Hartholzauen kennzeichnend. Für die Auenvegetation
Vor- und Transkaukasiens ist dagegen eine lange sommerliche Dürrezeit typisch und für letztere
auch außerordentlich niedrige Jahresniederschläge (250-350 mm). Große Temperaturextreme
weisen transwolgische Hartholzauen (U13) auf, wo der Temperaturdurchschnitt des wärmsten
Monats 22-25 °C erreicht, der des kältesten Monats -17 bis -13 °C; die mittleren Jahresnieder-
schläge sind wiederum nur sehr niedrig (300-400 mm). Im atlantischen Gebiet und im Alpenraum
erreichen die Jahresniederschläge in den Lagen mit Auenvegetation 1000 mm bis gegen 1200 mm.
Das Klima der mediterran-submediterranen feuchten Niederungs- und Auenwälder ist durch hohe
Jahresmitteltemperaturen (meistens zwischen 11-20 °C) sowie hohe Temperaturmittel des wärmsten
(meistens >20-27 °C) und des kältesten Monats (vorwiegend >5-12 °C) gekennzeichnet.
Die Gebiete mit kontinentaler Auenvegetation weisen Temperaturextreme auf, mit großer Am-
plitude zwischen den Temperaturwerten des wärmsten (22-25 °C) und kältesten Monats (-10 bis
-3 °C).
Standortbedingungen
Die natürliche Auen- und Niederungsvegetation ist an periodisch oder episodisch überflutete Allu-
vionen der Strom- und Flußtäler sowie an wechselfeuchte bis nasse, zeitweise bis überwiegend
grundwasserbeeinflußte Standorte gebunden und speziell an die erosions-akkumulative Dynamik
von Bächen, Flüssen und Strömen angepaßt. Sie kommt nicht nur in weiten Niederungen am Unter-
und Mittellauf von Strömen, sondern auch in schmalen Auen in Mittel- und Hochgebirgen vor (in
den Alpen reicht sie z. B. bis 1000 m).
481
Formation U Karte der natürlichen Vegetation Europas
In den einzelnen Abschnitten vom Quellauf bis zur Mündung der Flüsse und Ströme herrschen ganz
unterschiedliche ökologische Bedingungen. Wichtigste Faktoren für die Entstehung der Auenvegeta-
tion sind nämlich das Wasserregime eines Flusses und der spezifische Wasserhaushalt der Auenbö-
den, insbesondere der Einfluß von Überflutungen (Jahreszeit, Dauer, Höhe, Frequenz), von Erosion
und Deposition. So findet man in schmalen, kiesig-felsigen, schnell durchströmten Auen der kühlen
Hochgebirgstäler ganz andere Auengesellschaften als in klimatisch begünstigten Alluvionen weiter
Niederungen oder auf sandigen bis tonigen Anschwemmungen im Mündungsbereich der Ströme.
Auch innerhalb eines kurzen Flußabschnittes kommen eine ganze Reihe verschiedener natürlicher
Auengesellschaften vor, je nach Entfernung zum Flußlauf, in Abhängigkeit von Ausmaß und Art des
Abtrags und der Anlandungen sowie aufgrund des Einflusses von regelmäßig wiederkehrenden
hohen und niedrigen Wasserständen sowie der Jahreszeit, Höhe und Dauer von Überflutungen. Es
handelt sich jeweils um eine auenspezifische ökologische Abfolge von Pflanzengesellschaften vom
Flußlauf bis zum Rand der Aue (vgl. Auenprofile bei PEDROTTI & GAFTA 1996 sowie Abb. 16-23).
Die einzelnen Typen der Auenvegetation sind durch unterschiedliche Standortbedingungen gekenn-
zeichnet. Die Auenböden unterscheiden sich nach Bodenart (Schotter, Kies, Sand, Lehm, Ton),
Entstehungs- und Entwicklungsalter, Farbe (weißlich-, hell-, dunkel- bis bräunlichgrau, ockergelb,
braun, rostfarbig, schwärzlich), Wasserhaushalt (von ständig sumpfig-nassen bis zu stark aus-
trocknenden Böden) und Trophie. Auch hinsichtlich der Bodenreaktion ist die Amplitude der
Auengesellschaften sehr weit: Sie reicht von stark sauer bis alkalisch. Ferner weisen Humusgehalt
und Humusform große Unterschiede auf. Die meisten Auenböden sind nährstoffreich, nur schwach
entwickelte Rohauenböden in kalkarmen Gebirgen und Sandgebieten haben einen geringen Nähr-
stoffgehalt. In den Auenabschnitten, wo die Akkumulation mit der erosiven Tätigkeit des Flusses im
Gleichgewicht steht oder erstere überwiegt, wirken sich Überflutungen in der Regel düngend und
mikrobiell stimulierend aus.
In der Aue findet man eine Reihe von Bodentypen, die meist enge Beziehungen zu bestimmten
Auengesellschaften aufweisen (vgl. Charakteristik der einzelnen Kartierungseinheiten): Auenböden
mit Landhumusbildung und unterschiedlichem Verwitterungsgrad (chemisch wenig verwitterte
graue Paternia oder Rendzina-ähnliche Borowina, Schwarzerde-ähnliche Smonitza oder chemisch
stark verwitterte Vega), wenig verwitterte Rohauenböden (Rambla) ohne deutlichen Humushorizont,
anmoorige Auenböden (Auenanmoor) oder Gleyböden mit Landhumusbildung (Mullgley, ver-
braunter Gley).
482
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation U
Die natürliche Auenvegetation ist in den meisten Gebieten durch jahrhundertelange landwirtschaftli-
che Nutzung bis auf wenige kleinflächige Reste reduziert worden. Auch die Forstwirtschaft spielt
infolge teils gravierender Änderung der Baumartenzusammensetzung in den verbliebenen Auenwäl-
dern vielfach eine negative Rolle. Schnell wachsende und nach ökonomischen Gesichtspunkten
ausgewählte Baumarten wie amerikanische Pappeln (Populus x canadensis cv. ‚Serotina‘, P. deltoi-
des, P. x canadensis cv. ‚Robusta‘), Schwarznuß (Juglans nigra), Roteiche (Quercus rubra), Ahorn-
arten (Acer platanoides, A. pseudoplatanus), Esche (Fraxinus excelsior) werden häufig im Tief- und
Hügelland, Fichte (Picea abies) im Bergland angebaut. Die Ulmen (Ulmus minor, U. laevis)
verschwinden als Folge des Ulmensterbens (Graphiose) allmählich zumindest in Baumform aus den
Hartholzauen. Solche Eingriffe haben deutliche Änderungen im Gesamtcharakter der Auenwälder
hervorgerufen, so daß man heute nur noch selten natürliche oder naturnahe Auenvegetation in
größerer Ausdehnung antreffen kann.
Die größten Beeinträchtigungen haben Auenstandorte und die bodenständige Auenvegetation jedoch
durch wasserbauliche Maßnahmen erfahren (Begradigung, Regulierung und Verbauung von Flüssen
und Strömen, Staustufenbau), wobei Staustufen mit Abstand die schwerwiegendsten Eingriffe
bedeuten: von gravierender Änderung des Wasserhaushalts bis zur völligen Vernichtung aller auen-
typischen Pflanzengesellschaften (HÜGIN 1980 [1984]). Mit Ausbleiben des regelmäßigen Wechsels
von Überschwemmung und Trockenfallen sterben die Auengesellschaften ab oder entwickeln sich
zu anderen, nicht auentypischen Waldgesellschaften: Stieleichen-Eschen- und Eichen-Ulmen-
Auenwälder z. B. zu Stieleichen-Hainbuchenwäldern.
Unter den heutigen Bedingungen des anthropogen extrem veränderten Wasser- und Nährstoff-
haushalts beim größten Teil der europäischen Fluß- und Stromauen kann nur ein Bruchteil der in der
Karte (nach dem früheren Zustand) als Auenvegetation kartierten Gebiete wirklich als potentielle
Auenökosysteme mit dem nachfolgend beschriebenem Vegetationsinventar gelten.
Das Potential zur Renaturierung und Regeneration durch Wiederherstellung eines naturnäheren
Wasserregimes (z. B. durch Rückbau von Deichen und Staustufen) mit natürlicher Erosions- und
Sedimentationsdynamik ist jedoch in den meisten Fällen noch vorhanden.
Bei den eingedeichten und ausgesüßten, ursprünglich waldfreien Marschen (U28) wird jedoch davon
ausgegangen, daß der jetzige Wasserhaushalt langfristig bestehen bleibt.
Gliederung in Untereinheiten
Die Untergliederung der Formation in der Legende der Vegetationskarte Europas richtet sich nach
folgenden Gesichtspunkten:
Die zonale Differenzierung von Nord nach Süd in südarktische Auengebüsche (U.1), boreale
Auenwälder (mit hohem Anteil an Nadelbaumarten, U.2), nemorale Auen- und Niederungswälder
weitgehend ohne Nadelbaumarten (U.3), mediterran-submediterrane Niederungs- und Auenwälder
sowie -gebüsche mit immergrünen Elementen (U.4) und kontinentale Weichholzauen und Tamaris-
ken-Auengebüsche (U.5) stellt die Hauptgliederung der Formation dar.
483
Formation U Karte der natürlichen Vegetation Europas
Die weitere Untergliederung erfolgt bei den borealen Auen nach Unterzonen, bei den nemoralen
Auen und Niederungen nach speziellen Standortgegebenheiten und Vegetationskomplexen.
Abb. 16: Südarktische Aue (U1). Ökologisches Profil durch die Aue der Vorkuta (bei Vorkuta) (nach
PRJANIŠNIKOV 1961, etwas verändert).
I flußnahe Aue; II mittlere Aue; III terrassennahe Aue
a) Alopecurus pratensis-Calamagrostis langsdorffii-Carex aquatilis-Gesellschaft
b) Alopecurus pratensis-Salix hastata-S. phylicifolia-Gesellschaft
c) Achillea millefolium-Salix viminalis-S. phylicifolia-Gesellschaft
d) Vaccinium uliginosum-Salix hastata-Gesellschaft
e) Carex cespitosa-Salix phylicifolia-Gesellschaft
f) Hylocomium splendens-Salix hastata-Betula nana-Gesellschaft
g) (16) Palsamoorkomplex (mit Rubus chamaemorus, Empetrum hermaphroditum, Sphagnum fuscum
und Cetraria nivalis auf Palsen; Eriophorum russeolum, Carex rotundata, C. rariflora, Sphagnum
lindbergii in Schlenken)
h) (15) Flechten-Tundra
i) (14) Bulten-Zwergbirken-Tundra
1. Salix hastata, 2. Salix phylicifolia, 3. Salix viminalis, 4. Betula nana; 5. Dryas punctata, Vaccinium
uliginosum, 6. Alopecurus pratensis, 7. Festuca ovina, 8. Calamagrostis langsdorffii, 9. Equisetum
arvense, 10. Galium boreale, 11. Carex cespitosa, 12. Carex aquatilis; 13. Moose;
17. Permafrostgrenze
484
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation U
Abb. 17: Nordboreale Auenvegetation (U3). Ökologisches Profil durch das Kos‘ju-Tal nordöstlich Pe
ora
(nach PRJANIŠNIKOV 1961).
I flußnahe Aue; II mittlere Aue; III terrassennahe Aue
a) Calamagrostis langsdorffii-Salix viminalis-Gesellschaft
b) Phalaris arundinacea-Salix viminalis-Gesellschaft
d) Filipendula ulmaria-Phalaris arundinacea-Gesellschaft
e) Carex cespitosa-Salix phylicifolia-Gesellschaft
f) Geranium albiflorum-Calamagrostis langsdorffii-Gesellschaft
g) Calamagrostis langsdorffii-Betula pubescens subsp. czerepanovii-Picea obovata-Wald
h) Hylocomium splendens-Calamagrostis langsdorffii-Picea obovata-Wald
i) Equisetum arvense-Picea obovata-Wald
k) Hylocomium splendens-Vaccinium myrtillus-Picea obovata-Wald
l) (16) Aapamoorkomplex (mit Trichophorum cespitosum, Sphagnum papillosum auf Strängen; Carex
limosa, Menyanthes trifoliata, Sphagnum annulatum in Schlenken)
1. Picea obovata, 2. Betula pubescens subsp. czerepanovii, 3. Salix phylicifolia, 4. Salix viminalis,
5. Vaccinium myrtillus, V. vitis-idaea, 6. Calamagrostis langsdorffii, 7. Milium effusum, Melica
nutans, 8. Phalaris arundinacea, 9. Equisetum arvense, 10. Galium boreale, 11. Geranium
albiflorum, 12. Filipendula ulmaria, 13. Ranunculus acris, 14. Carex cespitosa, 15. Moose, 16.
Aapamoorkomplex, 17. Gegenwärtiges Flußbett
Für die nord- und mittelborealen Auen ist das Vorkommen der borealen Laubholzarten Betula
pubescens s. l., Alnus incana, Salix myrsinifolia typisch. Die an der Dwina vorkommenden nordrus-
sischen Fichten- und Laubmisch-Auenwälder (U2) sind gegen die voruralischen Auen durch Picea
485
Formation U Karte der natürlichen Vegetation Europas
abies x P. obovata und Lonicera pallasii abgegrenzt, die voruralischen Auen (U3) wiederum sind
durch Abies sibirica und Picea obovata gekennzeichnet; typisch sind ferner Farne und Hochstauden
wie Matteuccia struthiopteris, Thelypteris palustris, Aconitum lycoctonum subsp. lycoctonum u. a.
(vgl. Abb. 17).
Neben den oben angeführten Baumarten der nord- bis mittelborealen Auenwälder findet man in den
südborealen Auen auch Quercus robur und Tilia cordata. Die erste Art kommt sowohl in den
westrussischen (U5), als auch in den voruralischen Auen (U6) vor, Tilia cordata ist dagegen für
südboreale voruralische Auen typisch.
Eine besondere Stellung im Rahmen der südborealen Auen nehmen die skandinavischen Grauerlen-
wälder (U4) ein, die eine südboreale Vikariante der alpisch-mitteleuropäischen Grauerlenauen
(U27) darstellen. Südboreale Auen sind ferner durch häufiges Vorkommen von Prunus padus, durch
Betula pubescens s. l. in der Baumschicht, Ribes spicatum und Salix cinerea s. l. in der Strauch-
schicht und Calamagrostis purpurea, Equisetum pratense, Carex vaginata und Malaxis monophyllos
in der Krautschicht differenziert. In dieser Kartierungseinheit der südborealen Auenwälder herr-
schen sommergrüne Laubbäume deutlich vor.
Die meisten borealen Auenwälder wurden gerodet, ihre Standorte teils entwässert und als Wiesen,
seltener als Äcker genutzt. Deshalb sind alle verbliebenen Auenwaldreste, die zunehmend von
anthropogenen Eingriffen (besonders Rodungen) bedroht werden, höchst schutzwürdig.
486
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation U
U.3.1 Hartholzauen (Quercus robur, Ulmus laevis, U. minor, Fraxinus spp.) im Komplex
mit Weichholzauen und feuchten Niederungswäldern, z. T. nur Weichholzauen, der
Strom- und großen Flußtäler (U7-U22)
Als Hartholzauen werden Auenwaldgesellschaften bezeichnet, die die mittleren bis höchsten Lagen
der breiten Auen an den Mittel- und Unterläufen der Flüsse besiedeln und vorwiegend periodisch bis
episodisch überflutet werden. Sie sind reich an wüchsigen, langlebigen Baumarten (besonders
Eichen-, Eschen- und Ulmen-Arten). Ihre Krautschicht ähnelt der mesophytischer sommergrüner
Laubwälder der Formation F. Es herrschen schattenertragende Waldarten vor. Waldfremde Arten
der nassen bis versumpften Standorte (Röhricht-Arten, Großseggen u. a.) sowie Therophyten treten,
im Gegensatz zu den Weichholzauen, stark zurück. Der geophytenreiche (Vor-)Frühlingsaspekt ist
meist bunt und üppig. Im Sommeraspekt spielen nitrophile Stauden eine wichtige Rolle. Moose
treten meist nur spärlich auf. Die Lebenserwartung der Hauptbaumarten ist hier innerhalb der
Auengesellschaften am höchsten.
Hartholzauenwälder besiedeln lehmige, sandig-schluffige bis tonige Schwemmböden unterschiedli-
cher Mächtigkeit. Das mittlere Grundwasser steht mehr als 1 m tief unter der Oberfläche. Es
herrschen nährstoffreiche, chemisch stark verwitterte Böden (Braune Vega, Verbraunter Gley) mit
günstigen Luftverhältnissen vor. (z. B. MÜCKENHAUSEN 1993, HÜGIN 1980 [1984], HENRICHFREISE
& KRAUSE 2001).
Viele Wuchsgebiete mit seltenen sommerlichen Überflutungen werden schon lange landwirt-
schaftlich genutzt, weil sie sich besonders gut für Grünland, Zuckerrüben- oder Gemüseanbau
eignen und hohe Erträge liefern.
Hartholzauen haben jedoch in der Landschaft eine wichtige ökologische Funktion: Sie zeichnen sich
durch hohe Wuchs- und Regenerationskraft aus, beeinflussen das Mesoklima von Talebenen positiv,
bieten benachbarten Flurstücken Schutz gegen austrocknende Winde, sichern Ufer und Böden gegen
Wassererosion und dienen der Rückhaltung und Abflußverlangsamung von Hochwässern.
Zu ihrer Bedrohung tragen vor allem folgende Eingriffe bei: Flußbegradigung und Wasserstands-
regulierung, Staustufenbau und Auenentwässerung, Anbau von standort- und florenfremden Holz-
arten, mit der Folge einer Degeneration der Krautschicht zu Solidago gigantea-, Phalaris- oder
Urtica-Beständen.
Die europäischen Hartholzauen sind in 16 ökologisch und geographisch differenzierte Kartierungs-
einheiten gegliedert. Allen Einheiten gemeinsam ist, daß die Hartholzauen immer von Weich-
holzauen begleitet werden, die die tiefer gelegenen, häufiger und länger überfluteten Auenbereiche
der Flußufer, Altwässer und Flutrinnen besiedeln. In Mitteleuropa gehören meist auch Stieleichen-
Hainbuchenwälder – auf den höchstgelegenen bzw. infolge Eindeichung nicht mehr überfluteten
Standorten der Aue – zu den regelmäßigen Komponenten der Flußauenvegetation. In den weiten
Talniederungen des mittel- und osteuropäischen Tieflandes spielen Erlenbruch- und -sumpfwälder
487
Formation U Karte der natürlichen Vegetation Europas
488
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation U
Tab. 19: Floristische Gliederung der Hartholz- und Weichholzauen in der nemoralen Zone (Tieflagen) (U.3.1) und
der kontinentalen Weichholzauen und Tamarisken-Auengebüsche (U.5).
Hartholzauen
Baumschicht:
Quercus robur x x x d d d x x d x x x x . x . . .
Alnus glutinosa x (x) (x) (x) x x (x) . (x) (x) (x) (x) . (x) (x) . . .
Ulmus minor [U. glabra] [x] (x) x . . . . (x) x x x x x . x x . .
Fraxinus excelsior x x x (x) x . . (x) d (x) . . . . x . . .
Ulmus laevis . x x x x x x x . x . . . (x) . . . .
Acer campestre . (x) (x) . . . . . (x) x (x) (x) x . x . . .
Tilia cordata . . x x x x d . . x . . . . . . . .
Carpinus betulus . (x) x . . . . . (x) x (x) x . . . . . .
Acer tataricum . . . . . . x x . x x . x (x) . . . .
Alnus incana . . (x) . . . . . . (x) . . . (x) x x . .
Quercus pedunculiflora1) . . . . . . . . . x . d d . . x1) . .
Fraxinus angustifolia subsp. danubialis . . . . . . . . . d (x) . d (x) . . . .
Malus sylvestris [subsp. orientalis] . . (x) . . . . . . . . x x . [x] . . .
Salix atrocinerea x x . . . . . . . . . . . . . . . x
Pyrus caucasica . . . . . . . . . . . . . . x (x) . .
Acer platanoides . . . x . . . . . . . . . . . . . .
Acer pseudoplatanus (x) . . . . . . . . . . . . . . . . .
Prunus avium (x) . . . . . . . . . . . . . . . . .
Populus tremula . . . . x . . . . . . . . . . . . .
Betula pendula . . . . x . . . . . . . . . . . . .
Sorbus aucuparia . . . . x . . . . . . . . . . . . .
Fraxinus angustifolia subsp. angustifolia . x . . . . . . . . . . . . . . . .
Fraxinus angustifolia subsp. oxycarpa . . . . . . . . . . . d . . . . . .
Laurus nobilis . . . . . . . . . . . (x) . . . . . .
Fraxinus pallisae . . . . . . . . . . . . d . . . . .
Alnus barbata . . . . . . . . . . . . . . . d . .
Quercus hartwissiana2) . . . . . . . . . . . . . . . d2) . .
Quercus imeretina . . . . . . . . . . . . . . . d . .
Morus alba . . . . . . . . . . . . . . . x . .
Pistacia mutica . . . . . . . . . . . . . . . x . .
Pterocarya pterocarpa . . . . . . . . . . . . . . . x . .
Tilia begoniifolia2) . . . . . . . . . . . . . . . x2) . .
Strauchschicht:
Rubus caesius . . x . . x x x x x . . x x x . . .
Euonymus verrucosa . . . x x x . x . . . . . . . . . .
Rosa majalis . . . . . x x . x . . . . (x) . . . .
Viburnum opulus x . x . x . . . . . . . . x . . . .
Corylus avellana x . x . x . . . . . . . . . . . . .
Frangula alnus . . . x x . . . . . . . . x . . . .
Prunus padus (x) . . x x . . . . . . . . . . . . .
Crataegus monogyna [C. laevigata] x . [x] . . . . . . . . . . x . . . .
Cornus sanguinea [subsp. hungarica] . . . . x . . . . [x] . . . x . . . .
Cornus sanguinea subsp. australis . . . . . . . . . x . . . . x x . .
Sambucus nigra x . x . . . . . . . . . . . . . . .
Euonymus europaea x . . . . . . . . . . . . . . . . .
Ilex aquifolium . x . . . . . . . . . . . . . . . .
Ribes rubrum . x . . . . . . . . . . . . . . . .
Ligustrum vulgare . . . . . . . . . . . . . x . . . .
Berberis iberica . . . . . . . . . . . . . . . x . .
Mespilus germanica . . . . . . . . . . . . . . . x . .
Paliurus spina-christi . . . . . . . . . . . . . . . x . .
Punica granatum . . . . . . . . . . . . . . . x . .
Lianen:
Hedera helix x x x . . . . . x x x x . . . . . .
Vitis vinifera subsp. sylvestris . . (x) . . . . . . x x x . x x x . .
Humulus lupulus x . x . . . . . . x x . . x (x) . . .
Solanum dulcamara . . (x) . x . . . . x x x . . . . . .
Periploca graeca . . . . . . . . . . . d x x (x) x . .
Tamus communis . . . . . . . . x (x) x x . . . . . .
Smilax aspera [S. excelsa] . . (x) . . . . . . . . x [x] [x] . . [x] . .
Lonicera caprifolium . . . . . . . . x . . x . . x . . .
Clematis vitalba . . x . . . . . . . . . . x . . . .
489
Formation U Karte der natürlichen Vegetation Europas
Weichholzauen u. a. Komplexein-
heiten
Baumschicht:
Salix alba x x x . (x) x x x x x x x x x x x x x
Populus nigra (x) x x . (x) x x x x x x x x x . x x x
Populus alba . . (x) . (x) . . d d d x x x x x . x x
Salix fragilis x x x . . . . . x x . . . . . . . .
Populus x canescens . . . . . . . . . x . x . . x x . .
Populus tremula . . . . x . . . . . . . . . . . . .
Salix x rubens . . . . . . . . . . . . . x . . . .
Salix excelsa . . . . . . . . . . . . . . . d . .
490
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation U
Erläuterungen:
1)
d = stark vertreten = im Osttranskaukasus
2)
x = regelmäßig vorkommend (in Datenblatt enthalten) = im Westtranskaukasus
(x) = örtlich vorkommend (nur in bestimmten Ausbildungen)
491
Formation U Karte der natürlichen Vegetation Europas
Die submeridionalen Hartholzauen Süd- bis Südosteuropas sind mit 8 Kartierungseinheiten (U14 bis
U22) repräsentiert (vgl. Abb. 18). Allen ist die Kombination von Quercus robur und Ulmus minor
in der Baumschicht gemeinsam. Ulmus laevis ist dagegen seltener vertreten (U14, U16), ebenso wie
Alnus glutinosa, Fraxinus excelsior und besonders Tilia cordata, die nur noch in den pannonisch-
präkarpatischen Auen (U16) vorkommt. In der Baumschicht treten dafür ziemlich regelmäßig Acer
campestre und Fraxinus angustifolia s. l. (in östlich verbreiteten Unterarten) auf, und zwar F. an-
gustifolia subsp. danubialis in U16, U17 und U19, F. angustifolia subsp. oxycarpa in U18, ferner
die südosteuropäische Eichenart Quercus pedunculiflora in U16, U18, U19, U22. In den danubi-
schen Auen (U19) ist daneben Fraxinus pallisae, in den vor- und transkaukasischen Auen (U21,
U22) Pyrus caucasica anzutreffen. Die transkaukasischen Auen heben sich durch eine ganze Reihe
nur dort verbreiteter Baumarten ab: Alnus barbata, Morus alba, Pistacia mutica, Quercus hartwis-
siana, Q. imeretina, Pterocarya pterocarpa und Tilia begoniifolia in den Hartholzauen sowie Salix
excelsa in den im Komplex vorkommenden Weichholzauen. Auch in der Strauchschicht findet man
einige Unterschiede: Euonymus verrucosa in den pontischen (U14), Cornus sanguinea subsp.
hungarica in den pannonisch-präkarpatischen (U16), C. sanguinea subsp. australis in U16 sowie in
den vor- und transkaukasischen Auen (U21, U22), Berberis iberica, Mespilus germanica, Paliurus
spina-christi und Punica granatum in den transkaukasischen Auen (U22). Von den Lianen sind in
den süd- bis südosteuropäischen Auen thermophile Arten wie Tamus communis, Vitis vinifera subsp.
sylvestris, Periploca graeca, Smilax aspera und S. excelsa, Rubia peregrina, Lonicera caprifolium,
ferner Bryonia cretica (U15), Clematis viticella, Rosa sempervirens (U18) und Vincetoxicum
scandens (U21) weit verbreitet.
Abb. 18: Schematischer Querschnitt durch die Auenwaldgesellschaften im Überflutungsgebiet der Sava (U16/U17)
(nach HORVAT et al. 1974, Abb. 252, etwas verändert).
1. Weidengebüsch und Salix alba-Populus nigra-Wälder
2. Typischer Leucojum aestivum-Fraxinus angustifolia-Auenwald in häufig überfluteten Vertiefungen
3. Alnus glutinosa-reicher Leucojum aestivum-Fraxinus angustifolia-Wald in flußfernen, grundwasser-
beeinflußten Dellen
4. Quercus robur-Auenwald mit Carex remota im Bereich starker Wasserstandsschwankungen
5,6. Quercus robur-Carpinus betulus-Auenwälder, Carex brizoides- und typische Ausbildung
492
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation U
pannonisch-präkarpatischen Auen (U16), Genista elata, Pseudostellaria europaea und Carex brizoi-
des die peripannonisch-westmösischen Hartholzauen (U17), Equisetum telmateia, Anemone apenni-
na, Leucojum aestivum und teils auch Lathyrus venetus differenzieren die apenninisch-balkanischen
Auen (U18). Für die vorkaukasischen Hartholzauen (U21) sind ferner Convallaria transcaucasica
und Lysimachia punctata kennzeichnend.
Abb. 19: Apenninisch-balkanische Auenwälder (U18). Profil durch das Sinello-Tal bei Vasto (Adria), Mittelitalien
(nach PEDROTTI & GAFTA 1996, Fig. 65).
1. Populetum albae a) Flußbett bei Niedrigwasser
2. Rubio-Carpinetum betuli b-d) bei Hochwasser überflutete Aue
3. Carici remotae-Fraxinetum oxycarpae e) Terrassenböschung
4. Einzelbaum von Fraxinus angustifolia subsp. oxycarpa f) Terrasse
493
Formation U Karte der natürlichen Vegetation Europas
Umbau befindlichen Standorten höherer Lagen, insbesondere auf Inseln im Strom oder in Ufernähe,
deutlich unterscheiden. Diese Bestände sind nahezu von Beginn an von Arten der Hartholzaue
durchsetzt und entwickeln sich rasch zu Eichen-Ulmenwäldern, wenn die Standorte weder einer
starken Erosion noch einer zu hohen Sedimentation unterliegen.
Abb. 20: Apenninische Weichholzauen (U18 p.p.). Profil durch das mittlere Ofanto-Tal, Apulien, Süditalien
(nach PEDROTTI & GAFTA 1996, Fig. 85).
1. Salicetum incano-purpureae a) Flußbett bei Niedrigwasser
2. Salicetum albae d, e) schotterige Flußufer und -inseln
4. Populetum albae f), i) Terrassen auf verschiedenem Niveau
7. Roso sempervirentis-Populetum nigrae
10. Tamaricetum gallicae
Weichholzauenwälder haben vor allem eine uferschützende Funktion. Sie stellen wichtige Lebens-
räume für bestandsbedrohte Tiere und Pflanzen der Flußauen dar und bilden landschaftsprägende
Gestaltelemente der Flußniederungen. Ihre Baumschicht wird von Weiden- und Pappelarten gebildet:
Salix alba, S. x rubens, Populus nigra, P. alba, P. x canescens, seltener Salix fragilis, S. excelsa.
Das Verbreitungszentrum der Weichholzauen liegt im südlichen Mittel- und im nördlichen Südeuropa;
sie kommen von Westeuropa (Frankreich, Spanien) bis ins südosteuropäische Rußland vor (Wolga,
Ural). Im gegebenen Maßstab kartierbare Weichholzauen gibt es jedoch nur an der unteren Donau
(U20), an Don, Wolga und Ural (U42). In den anderen Gebieten ist ihre Ausdehnung zu schmal und
kleinflächig, und sie werden deshalb gewöhnlich nur als charakteristische Begleitvegetation der
entsprechenden Hartholzauen angeführt.
Die danubischen Weichholzauen (U20), die im Donaudelta sowie in der Donautiefebene Rumäniens
und im Grenzbereich Bulgariens vorkommen und dort ausgedehnte Flächen bedecken, sind lianenreich
und in der Artengarnitur von eurasiatischen Arten feuchter bis sumpfiger Böden beherrscht. Klima-
tisch gehören sie zum (sub-)kontinentalen Bereich mit höherer Jahresmitteltemperatur und starken
Unterschieden zwischen den kühlsten und wärmsten Monaten.
Die pontisch-kaspischen Weichholzauen (U42), die die breiten südosteuropäischen Ströme begleiten,
gehören dem kontinentalen Klimabereich der Steppen und Wüsten mit sehr niedrigen Jahresnieder-
schlägen und sehr großen Temperaturunterschieden zwischen wärmstem und kältestem Monat (Juli
24-25 °C, Januar -10 bis -6 °C) an. Für diese Silberweiden- und Pappelauen ist nicht nur das Vor-
kommen von Hygrophyten und Telmatophyten in der Krautschicht, sondern auch das Auftreten von
Elaeagnus angustifolia-, Salix acutifolia- und Calligonum aphyllum-Gebüschen und von Salzvegetati-
on im Komplex typisch.
494
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation U
495
Formation U Karte der natürlichen Vegetation Europas
wälder mit Carex brizoides in relativ kühlen und nährstoffärmeren Gebieten Südböhmens, wo
Fraxinus excelsior fehlt (U26). Im Bergland und Alpenvorland handelt es sich um flußbegleitende
Schwarz- oder Grauerlenwälder (U27, vgl. Abb. 21) im Komplex mit Bergahorn-Eschenwäldern,
die meist reich an montanen Hochstauden sind und teils auch eine natürliche Fichtenbeimischung
aufweisen.
Abb. 21: Alpische Grauerlenwälder (U27). Profil durch das Brenta-Tal bei Grigno, Veneto (nach PEDROTTI &
GAFTA 1996, Fig. 26).
1. Alnetum incanae a) Golena (höchster Teil der Aue)
2. Salicetum albae b) bei Hochwasser überfluteter Bereich
3. Salicetum incano-purpureae c, d) kiesige Flußufer und Inseln
e) Flußbett bei Niedrigwasser
U.3.3 Vegetation der Flußmündungsgebiete (Ästuarien) und der eingedeichten und ausge-
süßten Marschen (Fraxinus excelsior, Quercus robur, Ulmus glabra) (U28)
Diese Vegetation ist nur durch eine einzige Kartierungseinheit repräsentiert (U28). Es handelt sich
um neu entstehende Vegetationstypen, die sich auf dem Meer abgerungenen Marschboden im
atlantischen und subatlantischen Bereich Europas von Westfrankreich über England und die
Friesischen Inseln bis Dänemark entwickeln können. Aktuelle Waldbestände fehlen fast ganz, klein-
flächig sind sie vor allem in den Niederlanden verbreitet. Sie werden entweder von Quercus robur
und Fraxinus excelsior oder Ulmus glabra und Fraxinus excelsior gebildet (Tab. 20). Die meisten
Flächen der Kartierungseinheit waren wahrscheinlich noch nie mit Wald bedeckt.
496
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation U
Tab. 20: Floristische Gliederung der Erlen-Eschen-, Erlen-Stieleichen- und Grauerlenwälder sowie sonstiger
feuchter Niederungwälder (U.3.2 und U.3.3).
Baumschicht:
Alnus glutinosa d d d D (x) (x)
Quercus robur x x . x . x
Acer pseudoplatanus (x) x . . x x
Fraxinus excelsior d d . . (x) d
Ulmus glabra . x . . (x) x
Salix fragilis . (x) . (x) (x) .
Tilia cordata . (x) . x . .
Salix atrocinerea (x) x . . .
Picea abies (montan) . (x) . . x .
Alnus incana (montan) . (x) . . D .
Betula pubescens x . . . . .
Salix pentandra x . . . . .
Sorbus aucuparia x . . . . .
Fraxinus angustifolia ssp. angustifolia . . d . . .
Populus alba . . x . . .
Populus nigra . . x . . .
Salix alba . . x . . .
Salix caprea . . . . x .
Strauchschicht:
Corylus avellana x x . x x d
Prunus padus x x . d x .
Rubus fruticosus agg. d (x) . (x) (x) .
Viburnum opulus x x . (x) (x) .
Rubus caesius . x x x x .
Sambucus nigra . x . x (x) x
Salix purpurea x (x) . . d .
Euonymus europaea . x x . x .
Lonicera nigra . (x) . . x .
Sambucus racemosa . (x) . . x .
Ilex aquifolium x . . . . .
Ribes rubrum [R. spicatum] . x [x] . . . .
Salix myrsinifolia . . . . x .
Lianen:
Hedera helix x (x) . . . .
Lonicera periclymenum x (x) . . . .
Solanum dulcamara . x x . (x) .
Humulus lupulus . x . x (x) .
Cucubalus baccifer . . x . . .
Calystegia sepium . . x . . .
Tamus communis . . . . (x) .
Vitis vinifera subsp. sylvestris . . . . (x) .
Krautschicht:
Phalaris arundinacea x x (x) x x x
Urtica dioica x x x x x x
Deschampsia cespitosa x (x) . x x x
Filipendula ulmaria x x . (x) x x
Crepis paludosa x x . x x .
Carex pendula x (x) d . . .
Angelica sylvestris . x x x x .
Aegopodium podagraria . x d d x
Anthriscus sylvestris . x . x (x) x
Athyrium filix-femina x (x) . . x .
Oxalis acetosella x (x) . . x .
Carex remota d x . . (x) .
Lysimachia nemorum d (x) . . (x) .
Impatiens noli-tangere . x . x x .
Carex brizoides . x . d x .
Allium ursinum d d . . . .
Carex strigosa x x . . . .
Chrysosplenium oppositifolium x (x) . . . .
Equisetum telmateia x (x) . . . .
Chrysosplenium alternifolium . x . . x .
497
Formation U Karte der natürlichen Vegetation Europas
Erläuterungen:
D = dominant (montan) = mit vorwiegend montaner Verbreitung
d = kodominant m = montan-submontan
x = regelmäßig vorkommend (in Datenblatt enthalten) Mi = Mitte
(x) = örtlich vorkommend (nur in bestimmten Ausbildungen)
498
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation U
Tab. 21: Floristische Gliederung der mediterran-submediterranen feuchten Niederungs- und Auenwälder sowie
-gebüsche (U.4).
Nr. der Kartierungseinheit U29 U30 U31 U32 U33 U34 U35 U36 U37 U38 U39 U40
Lage in Europa SW SW SW SW SSW S SSO SO SSO SO SO SO
Hartholzauen
Baumschicht:
Ulmus minor x x . (x) x x x x . (x) . .
Fraxinus angustifolia subsp. angustifolia D D . . D . . . . . . .
Quercus pyrenaica x . . . . . . . . . . .
Alnus glutinosa . x x . (x) . . (x) . (x) . .
Quercus canariensis . . D . . . . . . . . .
Fraxinus angustifolia s. l. . . . . . D x D . . . .
Quercus robur . . . . . D . (x) . . . .
Carpinus betulus . . . . . (x) . x . . . .
Acer campestre . . . . . x . x . . . .
Quercus frainetto . . . . . (x) . . . . . .
Quercus pubescens . . . . . . D . . . . .
Quercus pedunculiflora . . . . . . x x . . . .
Fraxinus pallisae . . . . . . . (x) . . . .
Quercus hartwissiana . . . . . . . (x) . . . .
Ulmus laevis . . . . . . . x . . . .
Platanus orientalis . . . . . . . . (x) D . .
Juglans regia . . . . . . . . . x . .
Phoenix theophrasti . . . . . . . . . . . D
Strauchschicht:
Tamarix gallica . (x) . . . . . . . (x) x .
Tamarix africana . x . . . . . . . . x .
Ruscus hypophyllum . . x . . . . . . . . .
Rhododendron ponticum subsp. baeticum . . x . . . . . . . . .
Salix pedicellata . . x . . . . . (x) x . .
Nerium oleander . . . D . . . . D d . .
Vitex agnus-castus . . . x . . . . x x x .
Tamarix canariensis . . . (x) . . . . . . . .
Ruscus aculeatus . . . x . x x . . . . .
Cornus mas . . . . . . x . . . . .
Phillyrea latifolia . . . . . . x . . . . .
Euonymus latifolia . . . . . . . x . . . .
Viburnum opulus . . . . . . . x . . . .
Tamarix hampeana . . . . . . . . x . D .
Salix gussonei . . . . . . . . x x . .
Spartium junceum . . . . . . . . x . . .
Calicotome infesta . . . . . . . . x . . .
Tamarix tetrandra . . . . . . . . x . . .
Ficus carica . . . . . . . . . (x) . .
Pyracantha coccinea . . . . . . . . . x . .
Tamarix parviflora . . . . . . . . . . x .
Tamarix dalmatica . . . . . . . . . . x .
Tamarix smyrnensis . . . . . . . . . . x .
Pistacia lentiscus . . . . . . . . . . . x
Lianen:
Clematis vitalba x . . . . x x x x x . .
Hedera helix x x . . . x . x x . . .
Vitis vinifera subsp. sylvestris x x . . . . . x x . . .
Rubus ulmifolius [R. sanctus] . x . x . x [x] . . [x] . .
Lonicera periclymenum subsp. hispanica x x x . . . . . . . . .
Tamus communis x x . . . . . x . . . .
Humulus lupulus x . . . . . . x . x . .
Bryonia dioica x x . . . . . . . . . .
Cynanchum acutum . x . . . . . x . . . .
Rubia tinctorum . x . . . . . . . . . .
Lonicera biflora . . . x . . . . . . . .
Cucubalus baccifer . . . . x . . x . . . .
Lonicera caprifolium . . . . . x . . . . . .
Periploca graeca . . . . . . . x . . x .
Smilax excelsa . . . . . . . x . . . .
Clematis viticella . . . . . . . x . . . .
Calystegia silvatica . . . . . . . x . . . .
Solanum dulcamara . . . . . . . x . . . .
499
Formation U Karte der natürlichen Vegetation Europas
Nr. der Kartierungseinheit U29 U30 U31 U32 U33 U34 U35 U36 U37 U38 U39 U40
Calystegia sepium . . . . . . . . x . . .
Krautschicht:
Carex pendula . . . x x x . . . x . .
Iris foetidissima . x . . x x . . . . . .
Luzula forsteri . . x . . x x . . . . .
Arum italicum x . . . . . . . . x . .
Acanthus mollis x . . . . . . . . . . .
Vinca difformis . x . x . . . . . . . .
Lithospermum purpurocaeruleum . x . . . . x . . . . .
Arisarum proboscideum . . x . . . . . . . . .
Culcita macrocarpa . . x . . . . . . . . .
Woodwardia radicans . . x . . . . . . . . .
Psilotum nudum . . x . . . . . . . . .
Euphorbia amygdaloides . . . . x . . . . . . .
Symphytum tuberosum . . . . x . . . . . . .
Viola odorata . . . . x . . . . . . .
Carex remota . . . . . x . . . x . .
Aristolochia rotunda . . . . . x . . . . x .
Cyclamen repandum . . . . . x . . . . . .
Hypericum androsaemum . . . . . x . . . . . .
Pteridium aquilinum . . . . . x . . . . . .
Veronica montana . . . . . x . . . . . .
Crepis fraasii . . . . . . x . . . . .
Crepis reuteriana . . . . . . x . . . . .
Carex flacca subsp. serrulata . . . . . . x . . . . .
Primula acaulis . . . . . . x . . . . .
Ranunculus neapolitanus . . . . . . x . . . . .
Dorycnium rectum . . . . . . . . x . . .
Carex remota . . . . . . . . . x . .
Dracunculus vulgaris . . . . . . . . . x . .
Equisetum telmateia . . . . . . . . . x . .
Melissa officinalis . . . . . . . . . x . .
Satureja vulgaris . . . . . . . . . x . .
Althaea officinalis . . . . . . . . . . x .
Glycyrrhiza glabra . . . . . . . . . . x .
Juncus heldreichianus . . . . . . . . . . x x
Juncus maritimus . . . . . . . . . . x x
Festuca arundinacea . . . . . . . . . . . x
Scirpoides holoschoenus . . . . . . . . . . . x
Weichholzauen
Populus nigra D . . (x) x x . x . . . .
Populus alba . D . D D x . x . . . .
Salix viminalis x . x x . x x x . . . .
Salix triandra . . x x . x x x . . . .
Salix atrocinerea x x . . . . . . . . . .
Salix x rubens x x . . . . . . . . . .
Salix elaeagnos x . . . . . . . . . . .
Salix cantabrica x . . . . . . . . . . .
Salix salviifolia . x . . . . . . . . . .
Salix alba . . . . . . . D . (x) . .
Salix amplexicaulis . . . . . . . . x . . .
Erläuterungen:
D = dominant
d = kodominant
x = regelmäßig vorkommend (in Datenblatt enthalten)
(x) = örtlich vorkommend (nur in bestimmten Ausbildungen)
500
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation U
Abb. 22: Tyrrhenische Eschen-Eichenwälder (U34). Profil durch das Mündungsgebiet von Arno und Serchio
westlich Pisa (nach PEDROTTI & GAFTA 1996, Fig. 51).
3. Fraxino-Quercetum roboris (U34) a) Dünen
8. Pinus pinea b) Schwemmland
9. Dünenvegetation (Ammophiletalia) (P11) c) verlandete Altarme
10. Hydrocotylo-Alnetum glutinosae (T2)
In den meisten Kartierungseinheiten dieser Gruppe kommen als kennzeichnende Elemente Ulmus
minor, Fraxinus angustifolia s. l. und Populus alba vor. Die südwesteuropäische Quercus pyrenaica
kennzeichnet zusammen mit Acanthus mollis die iberischen supramediterranen Niederungs- und
Auenwälder (U29) der relativ kühleren und niederschlagsarmen Lagen. Auch die westeuropäischen
Weidenarten Salix atrocinerea, S. x rubens und S. cantabrica kommen in dieser Kartierungseinheit
vor. Die ersten beiden haben sie mit den iberischen meso- bis thermomediterranen Auen (U30)
gemeinsam, die sogar z. T. Tamarix gallica und T. africana aufweisen. Die kleinflächig auftreten-
den, an Silikatsubstrate südöstlich von Cadiz gebundenen gaditanischen Niederungs- und Auenwäl-
der (U31) sind floristisch gut differenziert durch Quercus canariensis, Rhododendron ponticum
subsp. baeticum, Ruscus hypophyllum und stenotope Arten wie Culcita macrocarpa und Psilotum
nudum, ferner durch west(mittel)-mediterrane Arten wie Salix pedicellata, Woodwardia radicans,
Arisarum proboscideum u.a. Im niederschlagsarmen Gebiet von Murcia wurden Silberpappelauen
in Tälern periodisch fließender Flüsse (U32) kartiert, für die Nerium oleander, Vitex agnus-castus,
Vinca difformis, Lonicera biflora und Tamarix canariensis (auf salzhaltigen Böden) diagnostisch
wichtig sind. Für die südfranzösischen Weichholzauen des Rhônetales (U33) sind Pappelwälder mit
Iris foetidissima in Verbindung mit Fraxinus angustifolia subsp. angustifolia-Wäldern typisch. Die
Baumartengarnitur der tyrrhenischen Eschen-Eichenwälder (U34) weicht davon ziemlich ab (vgl.
Abb. 22 und Tab. 21). Quercus robur und Fraxinus angustifolia subsp. oxycarpa sind regelmäßig
vertreten, Quercus frainetto (südlich von Rom), Acer campestre und Carpinus betulus sind gebiets-
weise beigemischt. Das niederschlagsreiche Klima begünstigt das Vorkommen von Feuchtezeigern
wie Carex pendula und C. remota. Die albanisch-mazedonisch-griechischen submediterranen
wechselfeuchten Flaumeichenmischwälder (U35) mit Quercus pubescens, Q. pedunculiflora,
Phillyrea latifolia, Cornus mas und etlichen für diese Kartierungseinheit typischen Kräutern und
Seggen nehmen eine Mittelstellung zwischen den Gesellschaften des Platanion orientalis und denen
der Quercetalia pubescenti-petraeae ein. Die weitgefaßte und komplexe Kartierungseinheit der
mazedonisch-thrazischen Hart- und Weichholzauen (U36) enthält als besondere Baumarten Fraxi-
nus pallisae und Quercus hartwissiana sowie weitere südosteuropäische Elemente, insbesondere die
501
Formation U Karte der natürlichen Vegetation Europas
Lianen Periploca graeca, Smilax excelsa und Clematis viticella. Die ostmediterranen Platanen-Auen
(U38) sind durch mediterrane Arten wie Platanus orientalis mit beigemischtem Juglans regia in der
Baumschicht, Nerium oleander, Pyracantha coccinea und Ficus carica in der Strauchschicht sowie
Dracunculus vulgaris in der Krautschicht gekennzeichnet. Eine Besonderheit sind die kretischen
Dattelpalmen-Auen (U40) mit dem Tertiärrelikt Phoenix theophrasti in der Baumschicht, Pistacia
lentiscus und anderen Macchiaarten in der Strauchschicht und vorherrschenden Binsen (Juncus
heldreichianus, J. maritimus, Scirpoides holoschoenus) in der Krautschicht.
Mediterrane Auen-Gebüsche sind durch 2 Kartierungseinheiten repräsentiert: Mittel- und ostmedi-
terrane Oleander-Gebüsche (U37) mit dominierendem Nerium oleander und beigemischten Vitex
agnus-castus und Tamarix tetrandra (auf Sizilien auch Salix pedicellata und S. gussonei zusammen
mit Platanus orientalis, vgl. Abb. 23) sind von Süditalien bis Griechenland verbreitet. In den
ostmediterranen Tamarisken-Brackwassergebüschen (U39) sind mehrere Tamarix-Arten (T. ham-
peana, T. parviflora, T. dalmatica, T. smyrnensis, T. africana) sowie Binsen tonangebend.
Abb. 23: Mediterrane Platanen-Auenwälder (U37). Talprofile aus Sizilien: links Cassibile-Tal, rechts
Alcantara-Tal (Silikatgestein) (nach PEDROTTI & GAFTA 1996, Fig. 134, 135).
a) Flußbett bei Niedrigwasser, b) Auen und Unterhänge
Links: 1. Salici pedicellatae-Platanetum orientalis
2. Quercion ilicis
3. Oleo-Ceratonion
Rechts: 1. Salici gussonei-Platanetum orientalis (auf Silikat)
U.5 Kontinentale Weichholzauen (Populus nigra, P. alba, Salix alba) und Tamarisken-
Auengebüsche (Tamarix ramosissima) (U41, U42)
Diese Gruppe enthält zwei Kartierungseinheiten (U41, U42), für die arides kontinentales Klima mit
einer langandauernden sommerlichen Dürrezeit und kaltem, trockenem Winter typisch ist.
Kennzeichnend sind mehr oder weniger halophile Tamarix ramosissima- und/oder Elaeagnus
angustifolia-Trockengebüsche im Komplex mit Weichholzauen und z. T. Röhrichten. In der Einheit
U41 herrschen halophile Tamarix ramosissima-Auengebüsche vor. In der Krautschicht sind Gräser
(Calamagrostis epigejos, Elymus repens, Hierochloe odorata u. a.), Seggen (Carex melanostachya,
C. praecox) und Artemisia-Arten (A. absinthium, A. santonicum, A. scoparia) bedeutsam.
502
Karte der natürlichen Vegetation Europas Formation U
In den Auen der südrussischen Ströme (U42) mit lang andauernden Überflutungen im Mai/Juni
spielen Weichholzauenwälder und Röhrichte die Hauptrolle. Trockengebüsche aus Tamarix ramo-
sissima, Elaeagnus angustifolia, Salix acutifolia und z. T. Calligonum aphyllum sind auf höher
gelegene, nur sporadisch überflutete und teils salzbeeinflußte Flächen beschränkt.
Literatur
ELLENBERG 1996; GÉHU 1980 [1984]; GERKEN & SCHWARZ 1988; GOLUB & KUZMINA 1997;
GRIBOVA, ISAENKO & LAVRENKO (Red.) 1980; HÜGIN 1980 [1984]; MATUSZKIEWICZ W. &
BOROWIK 1957; MAYER 1984; MICHALKO, MAGIC, BERTA, RYBNÍEK & RYBNÍKOVÁ 1986 [1987];
MOOR 1958; NACHUCRIŠVILI 1999; NEUHÄUSLOVÁ 2000; NEUHÄUSLOVÁ-NOVOTNÁ 1982; NOIRFA-
LISE 1984; OBERDORFER 1953, 1992 (Hrsg.); OBERDORFER et al. 1967; PEDROTTI & GAFTA 1996;
SOÓ 1964a; WAGNER 1989; WESTHOFF & DEN HELD 1969.
503
5.1 Karte der natürlichen Vegetation Europas
Die Karte der natürlichen Vegetation Europas gibt Auskunft über die klimazonale und azonale
Vegetationsvielfalt des gesamten Kontinents. Die rund 700 Kartierungseinheiten reichen von den
Polarwüsten und Tundren Nordeuropas über die borealen, nemoralen und mediterranen Waldgebiete
bis zu den pontisch-pannonischen Steppen sowie kaspischen und transkaukasischen Wüsten. Hinzu
kommen die arktisch-alpine und die oromediterrane Hochgebirgsvegetation sowie die Vegetation
der salz-, flugsand- oder wasserbestimmten Sonderstandorte (Küsten, Marschen, Auen, Röhrichte,
Moore etc.). Entsprechend umfangreich ist das Sortiment an Pflanzensippen, das zur Definition,
Charakterisierung und Differenzierung der Formationen und ihrer Untereinheiten herangezogen
werden mußte.
Insgesamt waren über 100 Wissenschaftler aus 31 europäischen Ländern an der Erarbeitung der
Karte und der zugehörigen Legende beteiligt. Das bedeutet über 100 individuelle wissenschaftliche
Quellen und Qualitäten verschiedener wissenschaftsgeschichtlicher Perioden des 20. Jahrhunderts
aus über dreißig nationalen bzw. regionalen floristischen und taxonomisch-nomenklatorischen
Traditionen! So kamen rund 6 800 Sippennamen – von der Gattung bis zur Varietät – zusammen.
Ein Abgleich der unterschiedlichen Sippenauffassungen und -abgrenzungen sowie divergierender
Nomenklaturen war unbedingt notwendig, dabei sollten aber die Originalbearbeitungen der Einzel-
autoren so weit wie möglich gewahrt bleiben. Entscheidungen zwischen konkurrierenden Taxono-
mien wurden so vorgenommen, daß möglichst wenige Textstellen nomenklatorisch geändert werden
mußten. So ist die Gattungsabgrenzung bei einem Teil der zu entscheidenden Fälle zu Gunsten einer
„Großgattung“, bei anderen für mehrere kleinere Gattungen zu treffen gewesen, in jedem Fall aber
so, daß die durch die Mehrheit der Autoren vorgegebene Lösung konsequent im Gesamtwerk
durchgehalten wurde.
Dieses läßt sich am besten mit einigen Beispielen illustrieren: Die meisten Autoren verfolgten das
Konzept einer „großen“ Gattung Prunus (mit mehreren Sektionen), wenige gaben der Erhebung der
Sektionen Amygdalus, Cerasus, Laurocerasus und Padus in den Gattungsrang den Vorzug. Im
Einklang mit der „Flora Europaea“ und neueren Artenlisten (z. B. der deutschen „Standardliste“)
wurde bei dieser Ausgangssituation auch für das Gesamtwerk der Europakarte der erstgenannten
Option (Prunus s. l.) gefolgt. Ebenso wurde im Fall der Gattung Aster verfahren: In Überein-
stimmung mit den meisten Einzelautoren und führenden europäischen Florenwerken wurden die von
einigen Bearbeitern benutzten Gattungsnamen Crinitaria, Galatella, Kemulariella und Tripolium in
die Synonymie von Aster gestellt. Umgekehrt wurde im Fall der Segregate von Scirpus s. l. verfah-
ren: die Mehrzahl der Autoren akzeptierte die Gattungen Bolboschoenus, Schoenoplectus, Scirpoi-
des, Scirpus s.str., Trichophorum etc.; der gegenteilige Ansatz der „Flora Europaea“ blieb daher für
die Europakarte unberücksichtigt. Bemerkenswert schnell hat sich auch die Aufteilung von Polygo-
num s. l. in Bistorta, Persicaria und Polygonum s.str. durchgesetzt. Sie wird von allen neueren
504
Karte der natürlichen Vegetation Europas 5.1
europäischen Florenwerken („Flora Hellenica“, „Flora Iberica“, „Flora Nordica“ etc.) und Mitarbei-
tern der Europakarte vertreten und somit auch für das vorliegende Werk übernommen. Ausdrücklich
sei darauf hingewiesen, daß Legende und Erläuterungsband der Europakarte keine taxonomische
Primärliteratur darstellen. Prinzipiell wird daher hier von Neukombinationen Abstand genommen,
auch wenn rein formale Gründe sie punktuell (z. B. unter Elymus und Prunus) erforderten.
Ein arbeitsreicher Prozeß war die Klärung ungültiger (invalider) sowie zunächst nicht identifizier-
barer Sippennamen, die sich in nicht wenigen Originalbearbeitungen fanden und gültigen Namen
beschriebener Taxa zugeordnet werden mußten. Ein Teil dieser Namen beruhte auf der Unsitte der
pflanzensoziologischen Tabellenliteratur, trinäre Namen infraspezifischer Taxa und ihre Rangstu-
fenbezeichnung aus Platzgründen „abzukürzen“ und – völlig inkorrekt und irreführend – in schein-
bare binäre Artnamen, zum Teil gar in Homonyme gültig beschriebener Taxa zu „verwandeln“. So
ist das „Cerastium minus“ Siziliens eine solche „Teleskopabkürzung“ und bezeichnet eine Form von
Cerastium tomentosum (= C. tomentosum var. minus C. Presl) und nicht etwa das Cerastium minus
Schur der Karpaten (ein Synonym von Cerastium holosteoides Fr.)! Ein weiterer Teil solcher Phan-
tasienamen beruhte auf simplen Schreib- oder Übertragungsfehlern (z. B. „Ranunculus vulgaris“
statt Dracunculus vulgaris etc.).
Folgende wesentlichen zeitgenössischen Basiswerke wurden zur Absicherung der nomenklatori-
schen und sippentaxonomischen Konsistenz des Gesamtwerkes der Europakarte zu Grunde gelegt:
„Flora Europaea“ (TUTIN et al. 1968-1993), „Med-Checklist” (GREUTER et al. 1984-1989), „Vascu-
lar Plants of Russia” (CZEREPANOV 1995), „Flora Vascular de Andalucía Occidental“ (VALDÉS et
al. 1987), „Flora Iberica“ (CASTROVIEJO et al. 1986-2001), „Flora d’Italia” (PIGNATTI 1982), „Flore
de France“ (GUINOCHET et al. 1973-1984), „New Flora of the British Isles” (STACE 1997), „Flora
Nordica“ (JONSELL et al. 2000/2001), „Standardliste der Farn- und Blütenpflanzen Deutschlands“
(WISSKIRCHEN & HAEUPLER 1998), „Exkursionsflora von Österreich“ (ADLER et al. 1994), „Kv.te-
na eské Republiky“ (HEJNÝ & SLAVNÍK 1988-2000), „Magyar Flóra“ (SOÓ 1964-1980), „Flore R.
P. Romîne“ (S{VULESCU 1952-1976), „Opredelitel na bissite rastenija v B|lgarija“ (ANDREEV et al.
1992), „Flora Hellenica“ (STRID & TAN 1997), „Flora of Cyprus (MEIKLE 1977-1985) sowie ältere
Florenwerke und spezielle Monographien zur Aufklärung heute ungebräuchlicher Synonyme. Für
die taxonomische Klärung (trans)kaukasischer Taxa gaben die „Flora of Turkey” (DAVIS et al. 1965-
1988), die „Flora Iranica“ (RECHINGER et al. 1963-2001) und die „Flora Palaestina“ (ZOHARY &
FEINBRUN-DOTHAN 1966-1986) wertvolle Handreichungen.
Taxonomie und Nomenklatur der Flechten und Moose richten sich im Wesentlichen nach den vom
Bundesamt für Naturschutz herausgegebenen Referenzlisten (KOPERSKI et al. 2000, SCHOLZ 2000),
auch hier im Bedarfsfall modifiziert (Cladina nach AHTI 1984) bzw. ergänzt durch Kataloge und
Regionalfloren anderer europäischer Länder. Unter Benutzung der Bibliothek des Botanischen
Gartens und Botanischen Museums Berlin-Dahlem, der größten systematisch-botanischen Fach-
bibliothek des deutschsprachigen Raumes, konnten mit Ausnahme eines halben Dutzend alle stritti-
gen Fälle einer taxonomisch-nomenklatorischen Lösung zugeführt werden. Die Autorennamen und
-abkürzungen der Sippennamen wurden nach BRUMMITT & POWELL 1992 standardisiert.
505
5.1 Karte der natürlichen Vegetation Europas
Die folgende Liste gibt einen Überblick über die von der Autorengemeinschaft der Europakarte
kumulierte „Philosophie“ der Gattungsabgrenzungen der Pflanzensippen (incl. Kryptogamen). Zum
Abgleich konkurrierender Sippennamen punktuell erforderliche Überführungen von Sippen in eine
andere Gattung beruhen im Wesentlichen auf der Korrektur historischer, aus der älteren vegetations-
kundlichen Literatur Europas stammenden Gattungsauffassungen durch neuere taxonomische For-
schungen, wie sie sich in den zeitgenössischen europäischen Florenwerken als Grundlagendaten für
die Vegetationswissenschaften darstellen. Fallweise waren Teile „klassischer“ Gattungen abzutren-
nen bzw. in andere Gattungen zu überführen, um im Gesamtwerk der Europakarte je einen akzep-
tierten Namen für je eine Sippe zu gewährleisten. Ein integrierter Index aller akzeptierten Sippen-
namen und deren Synonyme findet sich in der elektronischen Fassung des Gesamtwerks.
Tab. 22: Liste der zur Vereinheitlichung historischer oder konkurrierender rezenter botanischer Nomenklaturen
Europas erforderlichen Gattungswechsel von Sippen. Akzeptierte Namen fett; p.p. = pro parte (Gattung
nur partiell segregiert oder in eine andere Gattung überführt).
506
Karte der natürlichen Vegetation Europas 5.1
507
5.1 Karte der natürlichen Vegetation Europas
508
Karte der natürlichen Vegetation Europas 5.1
509
5.2 Karte der natürlichen Vegetation Europas
1
Nummern der physisch-geographischen Raumeinheiten in Karte 1
510
Karte der natürlichen Vegetation Europas 5.2
3 NÖRDLICHES MITTELEUROPA
31 Mitteleuropäisches Tiefland 323 Weser-Leine- und Hessisches Berg-
311 Jütland und Dänische Inseln land
312 Nordwest-Mitteleuropäisches Tiefland 324 Harz
(Friesland) 325 Thüringer Wald
313 Südbaltische Küstenländer 326a Oberrheinisches Gebiet (Vogesen,
314-315 Südbaltischer Landrücken und Seen- Oberrhein-Tiefland, Schwarzwald)
platten 326b Stufenländer (Schwäbische und Frän-
316 Elbe-Oder-Tiefland kische Alb u. a.)
317 Mitteldeutsches (Sächsisch-Lausitzer) 33 Böhmisches Massiv und umgebende
Tiefland Gebirge
318 Mittelpolnisches Tiefland
331a Bayerischer Wald und Böhmerwald
Angrenzende Meere:
331b Oberpfälzer Wald, Fichtelgebirge
Nordsee mit Deutscher Bucht
331c Erzgebirge
Ostsee
331d Elbsandsteingebirge, Lausitzer Berg-
32 Herzynisches Mitteleuropa land
(Mittelgebirge und Stufenländer) 332 Sudeten
321 Ardennen
322 Rheinisches Schiefergebirge
34 Polnische Platten (mit Krakau-
Tschenstochauer Höhe und Galizien)
4 ALPENLÄNDER
41 Jura-Gebirge 434-437 Ostalpen (mit Niederen Tauern, Gurk-
taler, Karnischen, Julischen Alpen,
42 Nördliches Alpenvorland Karawanken)
421 Schweizer Mittelland
422-424 Süddeutsches Alpenvorland 44 Oberitalienisches Tiefland
425 Österreichisches Alpenvorland 441-443 Piemontisch-Nordwestlombardische
Ebenen und Hügel
43 Alpen 444 Po-Ebene
431-433 West- und Zentralalpen (u. a. mit 445 Venezianisches Tiefland
Meeralpen, Dauphiné, Grajischen, 446 Venezianische Lagunen- und Delta-
Walliser, Berner, Rätischen Alpen), küste
Tiroler Alpen ( u. a. mit Ötztaler, Stu-
baier, Zillertaler, Kitzbühler Alpen,
Hohen Tauern) sowie Ortler-Gruppe,
Bergamasker Alpen, Dolomiten
5 KARPATENLÄNDER
51 Westkarpaten und äußere Vorländer 534 Fagarascher Gebirge
511 Westliches Karpatenvorland 54 Transsilvanische Becken und Gebirge
512 Nördliches Karpatenvorland 541 Transsilvanisches Becken
513 Äußere Westkarpaten (Beskiden) 542 Westrumänische Gebirge (Apuseni-
514 Zentrale Westkarpaten (Hohe Tatra) und Bihar-Gebirge)
515-516 Innere Westkarpaten (Niedere Tatra,
Slowakisches Erzgebirge) 55 Pannonisches Becken
551 Kleines Mitteldonaubecken
52 Ostkarpaten und äußere Vorländer (mit 552 Transdanubisches Mittelgebirge
Waldkarpaten) 553 Transdanubisches Hügelland mit
521 Nordöstliches (Ukrainisches) Karpa- Me
sekgebirge
tenvorland 554 Nordkroatisch-Nordserbisches Berg-
522 Äußere Ostkarpaten und Hügelland
523 Innere Ostkarpaten 555 Großes Mitteldonaubecken
524 Moldauisch-Transsilvanische Karpa-
ten 56 Untere Donauebene
525 Südöstlicher Karpatenbogen 561 Walachische Ebenen
526 Östliche Subkarpaten 562 Untere Donauebene mit Donaudelta
563 Dobrudscha
53 Südkarpaten und äußere Vorländer
531 Südkarpaten
532 Südliche Subkarpaten
533 Banater Gebirge
511
5.2 Karte der natürlichen Vegetation Europas
512
Karte der natürlichen Vegetation Europas 5.2
8 OSTEUROPÄISCHES TIEFLAND
81-82 Nordrussisches Tiefland 84 Ostbaltisches und Belarussisches Tief-
811 Kolguev land
812 Halbinsel Kanin 841 Ostbaltische Küstenebene
813 Malozemelskaja Tundra 842 Ostbaltische Seenplatte
814 Bolšezemelskaja Tundra 843 Belarussischer Landrücken
821 Mezen-Niederung 844 Berezina-Desna-Niederung
822 Onega-Dvina-Seenplatte 845 Polesje (z. T.)
823 Halbinsel Onega
824 Dvina-Niederung 85-86 Südrussisches Tiefland
825 Timanrücken 851 Wolynisch-podolische Platte, Dnjepr-
826 Pe
ora-Niederung Platte
827 Nordrussischer Landrücken 852 Dnjeprniederung
853 Mittelrussische Platte (z. T.)
83 Mittelrussisches Tiefland 854 Oka-Don-Niederung (z. T.)
831 Ilmensee-Niederung 855 Wolga-Platte
832 Waldaihöhen und Seenplatte 856 Transwolga-Tiefebene
833 Westrussischer Landrücken (z. T.) 857 Transkamagebiet
834 Moskauer Becken 858 Transwolga-Hügelland
835 Obere Wolga-Niederung 861 Schwarzmeer-Niederung
836 Unña-Vetluga-Niederung 862 Donezplatte
837 Oka-Wolga-Niederung 863 Don-Hügelland
838-39 Uralvorland 864 Oka-Don-Niederung (z. T.)
865 Südliche Wolga-Platte
866 Untere Don-Niederung
867 Jergenihügel
868 Nordkaspische Senke
9 URALGEBIET
91 Paj-Choj und Vaiga
94 Mittlerer Ural
92 Polar Ural 95 Südlicher Ural
93 Nördlicher Ural
513
5.3 Karte der natürlichen Vegetation Europas
5.3 Verzeichnis der Mitarbeiter an der Karte der natürlichen Vegetation Europas
1 : 2,5 Mio.: Erläuterungstext, Legende, Karten
Mitarbeiter/innen Beiträge
Anisimova, Natalja, St. Petersburg/Rußland (KIB) KT, KR, KF
Bedošvili, Dr. Dato, Tiflis/Georgien, jetzt USA DE; FT
Bergmeier, Dr. Erwin, Göttingen/Deutschland DE, DF; FT, FR, FE
Bohn, Dr. Udo, Bonn/Deutschland (BfN) DE, DS, DF, DG; TB, TE; FT, FR,
FE, FS; GL, GLE; ER; LN, LR, LF,
LG, LÜ; VN, VR, VT, VG; KM, KS,
KÜ, KG; O, RK, KoG
Bondev, Prof. Dr. Ivan, Sofia/Bulgarien † DN; LN; VN; O, RK
Borhidi, Prof. Dr. Attila, Pécs/Ungarn DN, DE; FT; LN; VN; O, RK
Cerabolini, Dr. Bruno, Varese/Italien DE; VR
Cholod, Dr. Sergei S., St. Petersburg/Rußland (KIB) DE; FT
Cross, Dr. John R., Dublin/Irland DN, DS, DF; FT, FR; VN; Li; Ü, ÜS;
LS
Dahl, Prof. Dr. Eilif, Ås/Norwegen † LN; VN
Denkl, Claudia, Bonn/Deutschland LiE; A, AV
Diduch, Prof. Jakiv P., Kiew/Ukraine DE; LR
Doksanská, Magdalena, Prçhonice/Tschechien (BIC) A; SD, ST
Doluchanov, Prof. Dr. Armen G., Tiflis/Georgien † DE; FR; LR; VR
DoniÛ|, Dr. Nicolae, Bukarest/Rumänien DN; FT, FR; Li; LN, LF; VN; RK
Dubyna, Dr. Dimitrij V., Kiew/Ukraine DE; FT
Einarsson, Dr. Eythór, Reykjavik/Island DN; LN; VN
Elvebakk, Prof. Dr. Arve, Tromsø/Norwegen DE, DF; FT; Li; LR; VR, VT
Elven, Prof. Dr. Reidar, Oslo/Norwegen DE; LR; VR; RK
Ewald, Prof. Dr. Jörg, Freising-Weihenstephan/Deutschland DE
Fukarek, Prof. Dr. Pavle, Sarajevo/Bosnien-Herzegowina † LR; VR
Géhu, Prof. Dr. Jean-Marie, Bailleul/Frankreich DE, DF; LF; VR
Golub, Prof. Dr. Valentin B., Togliatti, Rußland DE, DF; Li
Gollub, Gisela, Bonn/Deutschland (BfN) DS, DF, DT; A, AV; LiE, LiG; LE,
LG; EL
Gor
akovskij, Prof. Dr. Pavel L., Jekaterinburg/Rußland DE; FT
Gribova, Dr. Sara A., Clymond/USA, früher DE, DF; TA; FT; LN, LF; VN, VT;
St. Petersburg/Rußland (KIB) KoT, RK
Gudjónsson, Gudmundur, Reykjavik/Island DN; LN; VN
Hämet-Ahti, Prof. Dr. Leena, Helsinki/Finnland DN; LN; VN
Hansen, Prof. Dr. Kjeld, Kopenhagen/Dänemark DE; LR; VR
Haveman, Rense, Wageningen/Niederlande DE
514
Karte der natürlichen Vegetation Europas 5.3
515
5.3 Karte der natürlichen Vegetation Europas
516
Karte der natürlichen Vegetation Europas 5.3
517
5.3 Karte der natürlichen Vegetation Europas
Gesamtlegende
LN - Nationale Beiträge (alle KE eines Landes)
LR - Regionale Beiträge (einzelne KE eines oder mehrerer Länder)
LF - Bearbeitung für eine Formation (alle Länder)
LE - EDV-Eingabe und Bearbeitung (insgesamt), Layout
LG - Gesamtredaktion
LÜ - Legende für Übersichtskarte 1 : 10 Mio.
LS - Sprachliche Revision der englischen Fassung
518
Karte der natürlichen Vegetation Europas 5.3
Gesamtwerk
IP - Initiator des Kartenprojektes
O - Organisator von Arbeitstreffen, Tagungen
RK - Mitglied des Redaktionskomitees
KoT - Koordination für ein Teilgebiet (Karte, Erläuterung der KE, Text)
KoG - Gesamtkoordination (Karte, Legende, Text etc.)
Sonstige Abkürzungen
BfN Bundesamt für Naturschutz, früher BFANL
KIB Komarov-Institut für Botanik der Russischen Akademie der Wissenschaften, St. Petersburg
BIC Botanisches Institut der Tschechischen Akademie der Wissenschaften, Prçhonice
KE Kartierungseinheit(en)
† verstorben
519