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Enola Holmes (2020)

Eines Morgens, am 16. Geburtstag ihrer Tochter, ist Enolas Mutter einfach verschwunden. Sie hat noch ein Geschenk zurückgelassen, darin auch eine rätselhafte Nachricht – aber wo steckt sie? Aber wer sollte besser geeignet sein, die verschwundene Frau wiederzufinden als Enolas berühmter Bruder Sherlock?

Man ahnt es schon: Enola Holmes knöpft sich Mythos und Figur Sherlock Holmes vor und versetzt ihn in weiblich-jugendliche Bewegung. Das ist nicht weltbewegend-feministisch, aber selbstbewusst und auch politisch. Die sehr freie Adaption des ersten Romans der Buchreihe von Nancy Springer („Der Fall des verschwundenen Lords“, amazon.de) spielt mit Motiven der ersten Frauenbewegung und anderen gesellschaftlichen Umwälzungen des späten 19. Jahrhunderts.

Dem Lord fehlt es an Welterfahrung

Denn Enolas Mutter (Helena Bonham Carter) ist nicht einfach so verschwunden, sondern steckt offenbar mit anderen progressiven Frauen unter einer politischen Decke, und das missfällt insbesondere ihrem älteren Sohn Mycroft (Sam Claflin) sehr. Der ist nun für Enola (Millie Bobby Brown) verantwortlich und möchte sein Mündel erst einmal in eine Schule für junge Damen stecken, damit seine kleine Schwester dort Manieren und ihren Platz in der Gesellschaft zu verstehen lerne.

Enola, die von ihrer Mutter Literatur, Nahkampf und allerlei andere gelernt hat und mit ihrem Bruder Sherlock neben einer Leidenschaft für logisches Deduzieren auch das Selbstbewusstsein teilt, will sich darauf gar nicht einlassen, sondern verdrückt sich in Verkleidung gen London, um ihre Mutter auf eigene Faust zu suchen.

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Noch im Zug wird sie dabei Zeugin eines Mordversuchs am so ahnungslosen wie charmanten jungen Lord Tewksbury (Louis Partridge), den sie fortan unfreiwillig durch die Gegend schleppt – und schon gibt es für die forsche junge Dame gleich zwei Fälle zu lösen, während zwei Brüder ihr mit durchaus unterschiedlichen Intentionen auf den Fersen sind.

Das ist nicht der Sherlock, den wir kennen

Enola Holmes ist gewiß kein klassischer Kinderfilm, taugt aber als zeitgemäßes Umkrempeln der klassischen Detektivgeschichten schon sehr gut (und ist in unserem Haushalt ein erklärter Lieblingsfilm). Henry Cavill ist dabei definitiv nicht der Sherlock, den man aus den (in unserem Haushalt ebenso beliebten) Büchern oder aus den klassischen oder neueren Filmen kennt, er ist halt Cavill: groß und schrankförmig, irgendwo zwischen Superman und dem Witcher, aber was soll’s, hier ist er fleißig mitfühlend und seiner kleinen Schwester eher Verbündeter gegen den sehr vertrockneten Mycroft.

Harry Bradbeer setzt das alles keineswegs als klassisches Kostümdrama in Szene, sondern lässt Browns Enola schon auch sehr direkt die Handlung kommentieren und in die Kamera sprechen: Die „vierte Wand“ wird immer mal wieder sehr durchlässig, das ganze Geschehen dadurch spielerischer und stets ein wenig ironisch.

Das Patriarchat muss zerschlagen werden

Natürlich fehlt der Geschichte der letzte Schuss Genialität, die erzählerische und detektivische Klasse der Romane und Geschichten von Arthur Conan Doyle (amazon.de), der Sarkasmus vielleicht auch der giftspritzenden Flavia-de-Luce-Krimis von Alan Bradley (amazon.de), aber dafür ist das hier eine gut gelaunte Abenteuergeschichte mit tollen weiblichen Hauptfiguren, die sich nicht entschuldigen und auch mal etwas fester zuzuschlagen bereit sind.

Nicht zuletzt für den Kampf des Patriarchats darf man sich von der für dieses Jahr geplanten Fortsetzung noch einiges versprechen; zugleich wird wohl auch der junge Lord wieder eine Rolle spielen, zu dem Enola zarte romantische Bande knüpfte (nicht nur dafür ist es klug, dass der Film seine Protagonistin mit 16 etwas älter gemacht hat als in den Büchern), ohne dass die Heldin sich natürlich gewöhnlichen patriarchalen Liebesstrukturen unterordnen würde.

Auch dafür wird die junge, talentierte Ms Brown, die auch als Produzentin an diesem schönen kleinen Abenteuer beteiligt war, womöglich zu sorgen wissen. Von ihr können wir wohl noch so einiges erwarten.

Enola Holmes. USA 2020. Regie: Harry Bradbeer, 123 Minuten. Freigabe ab 12, empfohlen ab 12 Jahren. Streaming-Start: 20. September 2020. Exklusiv bei Netflix in der Flatrate enthalten.

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(Fotos: Netflix)

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