Ich habe ein ziemlich irrationales warmes Gefühl für die TV-Serie Kim Possible, die weder mit von dem ziemlich großartigen Namen der Serie und ihrer Protagonistin noch von dem nicht minder großartigen Namen ihres Sidekicks Ron Stoppable herrührt, und sicher nicht davon, dass die Serie umwerfend originell oder komplex wäre (das ist sie leider nicht), sondern schlicht und ergreifend, weil Ron einen Side-Sidekick hat, und der ist ein kleiner Nacktmull namens Rufus.
Nacktmulle (Heterocephalus glaber) sind kleine, ursprünglich in Ostafrika lebende Nagetiere, die ähnlich wie Maulwürfe unterirdisch leben, sich vorwiegend von Wurzeln ernähren (was sie bei Bauern unbeliebt macht) und gerne als enorm hässlich beschrieben werden. Sie gelten außerdem gemeinhin als enorm hässlich, als „männliches Geschlechtsorgan mit Zähnen“ und all das, aber als einer der wahrscheinlich größten lebenden Nacktmull-Fans (dokumentiert auch bei Spiegel Online) kann ich diese Wahrnehmung nicht teilen. Es sind kleine, warme, niedliche und darüberhinaus ganz und gar wundersame, ich möchte sagen: possierliche Tierchen.
Eine der großen Besonderheiten der Nacktmulle: Sie sind staatenbildend, leben also ähnlich wie Ameisen und Bienen in großen Gruppen, in denen nur ein weibliches Tier, die „Königin“ fortpflanzungsfähig ist.
Das macht allerdings leider das Szenario des allein bei Ron lebenden Nacktmulls noch ein wenig schwieriger – auch wenn natürlich „Realismus“ hier nicht das herrschende Erzählprinzip ist, ich weiß. Ich bin schon still, aber ich mag Nacktmulle halt so sehr.
Weshalb es eine Enttäuschung ist, dass Rufus in der Realverfilmung von Kim Possible für den Disney-Channel kaum vorkommt. Aber der Reihe nach.
Kim Possible geht noch zur Schule, rettet aber schon nebenberuflich immer wieder die Welt. Mit Nahkampftechniken und allerlei Gadgets verhindert sie vor allem regelmäßig, dass Dr. Drakken und seine Helferin Shego die Welt versklaven oder sonstigen Unfug anstellen. In der Realverfilmung hat Kim gerade den ersten Schultag an der Highschool, wo sie zum ersten Mal an Grenzen stößt: Sie ist plötzlich nicht mehr die stets bestens vorbereitete Musterschülerin, die bei allen beliebt ist, sondern muss sich in dem neuen sozialen Universum erst einmal sortieren.
Das könnte ein Highschool-Drama mit Superheldin-Anteil werden oder ein Actionfilm mit ein paar flotten Highschool-Momenten, aber das Drehbuch von Robert Schooley, Mark McCorkle und Josh A. Cagan entscheidet sich für „wir bleiben in der Mitte und machen nix richtig“: Die sozialen Verwerfungen an der Highschool werden nicht wirklich vertieft, sondern dann auf eine Figur fokussiert, ohne dadurch an Tiefe zu gewinnen, und die Rettung-der-Welt-Momente wirken seltsam angeklatscht, auch wenn sie viel Zeit in Anspruch nehmen.
Dass sie eher billig gemacht aussehen, macht es nicht besser – denn die Grundidee der Teenager-Superagentin ist ja schon ziemlich weit hergeholt, mit eher begrenztem Budget für Spezialeffekte sehen dann zum Beispiel ausgerechnet in der Auftaktszene die Flügel an Kims Jetpack auch noch ziemlich albern aus.
Nun muss man von einer Disney-TV-Produktion nicht unbedingt Großes erwarten, aber zumindest eine clevere Variation auf die ja reichlich herumliegenden Highschool-Topoi wäre doch schön gewesen. Kim Possible bleibt leider stets im leichtläufigen Kanal der völlig vorhersehbaren Konflikte. Das schaut sich halt, trotz netter Gastauftritte von Alyson Hannigan und Patton Oswalt (als Bösewicht Professor Dementor, von dem man gerne mehr gesehen hätte), nur so weg, reißt aber nicht mit.
Und leider sieht halt der Nacktmull im Film überhaupt nicht wie so ein reales Tier aus. Glücklicherweise sieht man ihn nie so sehr aus der Nähe, wie in diesem wirklich furchterregenden Bild:
Wer nach dem Film dennoch mehr von der nicht-animierten Serie möchtet, findet in der Mini-Miniserie Kim Hushable auf YouTube noch eine Fortsetzung.
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Kim Possible. USA 2019. Regie: Adam B. Stein und Zach Lipovsky, 86 Min. FSK 0, empfohlen ab 9 Jahren. Deutsche TV-Premiere: 20. September 2019. Kim Possible ist auf Disney+ verfügbar.
(Fotos: Disney; privat)
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