Im Workshop zu Geschlechterbildern im Kinderfilm, aus dem ich vor einiger Zeit ausführlich berichtet hatte, hatte ich auch einen eigenen Abschnitt über Mulan, die animierte Disney-Adaption einer chinesischen Legende über die Titelheldin Hua Mulan, die sich als Mann ausgibt, um in der kaiserlichen Armee kämpfen zu können.
Für die Diskussion hatte ich vor allem die Sequenz ausgewählt, in der der Song „I’ll Make a Man out of You“ gesungen wird:
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Die Szene taucht im Film im Rahmen der militärischen Ausbildung der neuen Rekruten auf – der leitende Offizier will also am Ende gut ausgebildete Soldaten vor sich haben – sprachlich wird das aber beschrieben als „einen Mann aus dir machen“. Männlichkeit wird hier als ein bestimmtes, vereinheitlichtes, militärisch grundiertes Ideal beschrieben, das sich über Konformität, Leistung und Körperlichkeit sowie Gehorsam und Gruppenkonformität beschreiben lässt.
Zugleich lebt dieser (hegemoniale) Männlichkeitsbegriff von der Ausgrenzung der „anderen“, also der Frauen und i.S.d. Militärs nicht-„männlichen“ Männer:
Haben sie mir Töchter geschickt, obwohl ich nach Söhnen gefragt hatte?
Mulan beginnt diese Ausbildung als Outsider (aus verschiedenen Gründen, aber nicht, weil sie als Frau erkannt wurde) und endet als diejenige, die/der als einzige_r die vom Offizier gestellte Aufgabe (den Pfeil von dem Pfahl dort oben herunterzuholen) zu lösen imstande ist – nicht allein durch Kraft, sondern durch einen klugen Gedanken, eine Idee.
Mulans Identität als Frau darf im Kontext des Films nicht erkannt werden, sonst droht ihr die Hinrichtung; für sie hat dieses „Make a Man out of You“ aber eine implizite Doppelbedeutung: Für die anderen Soldaten ist es der Weg zur „Mannwerdung“ weg von einem als verweichlicht und nicht disziplinierten Negativum (in der heteronormativ-hegemonialen Ordnung, wie gesagt, oft als weiblich oder verweiblicht beschreiben – letzteres wird dann gerne mit Homosexualität gleichgesetzt und zusätzlich negativ beschrieben) zu der als positiv beschriebenen militärischen „Männlichkeit“.
Wo kann ich diesen Film streamen? (Käufe über diese Links bringen mir über einen Affiliate-Deal ein wenig Geld.)
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Weitere InformationenMulan aber will im sozialen Kontext „zum Mann werden“, will also als Gleichwertige anerkannt wird, deren (äußere) Identität nicht hinterfragt wird – und zwar nicht nur, weil sie die Entdeckung und Hinrichtung fürchtet, sondern auch, weil sie kämpfen will und nicht einsieht, warum sie dies als Frau nicht tun können sollte.
Der systematische Effekt ihres Handelns ist freilich der, dass sie genau damit die bestehende hierarchische Ordnung aufbricht, weil sie zeigt, dass das Verbot gegen Frauen willkürlich ist. (Aber keine Sorge, auch wenn sie am Ende die Heldin ist, so revolutionär ist der Film dann doch nicht. Denn indem Mulan die exzeptionelle, herausragende Ausnahme ist und bleibt, bestätigt sie andersherum wieder die Ordnung: In der Regel sind’s halt doch die Männer, wir ändern mal lieber nix. Es bleibt kompliziert und gibt kein richtiges Leben im Falschen etc.)
Anyway, was wollte ich noch sagen? Ach ja, ein – auch dank Mulans Sidekicks – wirklich ziemlich toller Animationsfilm, spannend, lustig, in vielem die besseren Qualitäten von Disney-Filmen vereinend. Deswegen mein aktueller Streaming-Tipp für Kinder.
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(Foto: Disney)
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