Auch in diesem Jahr stelle ich bis in die Adventszeit hinein jeden Sonntag einen Weihnachtsfilm für Kinder vor.
Clark Griswold (Chevy Chase) möchte in diesem Jahr ein besonders schönes, perfektes Weihnachtsfest feiern. Er will sich nicht davon stressen lassen, dass seine Eltern und Schwiegereltern kommen, die immerzu miteinander streiten, nein: Es soll eben alles perfekt sein. Also wird das ganze Haus in Lichterketten quasi eingewickelt, der Baum extra aus den tiefsten Wäldern geholt und ins Wohnzimmer verfrachtet, für das er viel zu groß ist. Und als dann die Lichterketten nicht richtig leuchten wollen, ist das allenfalls der Beginn des Chaos‘.
Schöne Bescherung gilt mit seinen gut 30 Jahren Alter schon als einer der Klassiker des amerikanischen Weihnachtsfilms, und auf eine gewisse Art und Weise kann man leicht verstehen, warum: Die Begeisterung über Familienfeiern (die bei allen Konflikten im amerikanischen Kino gerne eine positiv-romantische Note bekommen) wird hier zunächst gnadenlos auf die Schippe genommen – und vor allem in slapstickhaftes Durcheinander überführt, eine Sketchparade, bei der reichlich zu Bruch geht, zum Beispiel auch das Zeitgefühl der Zuschauer_innen.
Inbegriff einer Fremdschämkomödie
moviepilot hat den Film in der schönen Kategorie „Klamaukfilm“ einsortiert, genauso gut könnte man auch von einer Fremdschämkomödie sprechen, denn es ist dauernd irgendwas los, bei dem sich irgendwer blamiert:
Der Hund kotzt unter den Tisch, der Vater tackert sein Hemd an die Fassade direkt unterm Dach, Eiszapfen und Nadelbäume brechen (unabhängig voneinander) durch das Fenster des stets sehr (80er-Jahre-)stylischen Nachbarpaars, die Katze wird per Stromschlag zu einem Haufen katzenförmiger Asche verbrannt, der Großvater sprengt den Vorgarten…
Das ist weitgehend fein und unterhaltsam und zum Brüllen komisch; heraus sticht allerdings eine völlig unnötige, sexuell und sexistisch aufgeladene Sequenz in einem Kaufhaus, als Clark Unterwäsche für seine Frau kaufen will (die Sequenz, hier zur Vorbereitung oder zum Überspulen zu sichten, wird später nicht minder peinlich noch einmal aufgegriffen), und irgendwann zwischendrin lässt die älteste Dame der Verwandtschaft ein paar rassistische Sprüche ab, die dann einfach ignoriert werden – eine Leichtigkeit in diesem bis auf den später dazustoßenden leitenden Polizisten völlig von Weißen bevölkerten Film.
Am Ende nicht genug Biss
Schöne Bescherung, im Original (National Lampoon’s) Christmas Vacation, ist der dritte Teil der National Lampoon’s Vacation-Reihe um die Familie Griswold, die mit Die schrillen Vier auf Achse 1983 begann; zurück gingen auch diese auf das Satiremagazin National Lampoon, in dessen Dunstkreis so Personen wie John Landis, Harold Ramis, John Belushi, Bill Murray und eben Chevy Chase ihre Karriere beginnen oder anschieben konnten.
Geist und Kleidungsstil der 1980er sind in diesem Film nicht nur sichtbar, sondern durchdringen alles, der Humor changiert zwischen derb und anarchisch, legt dann den Finger an die Durchdringung der amerikanischen Familie mit kapitalistischen Leitungsgedanken (auch das ja nun ein Thema der 1980er Jahre), nur um ihn nach kurzem Anstupsen dieser Wunde dann doch wieder zurückzuziehen und lieber mit mildem Quatsch zu enden. Da wäre etwas mehr Biss am Ende schon besser gewesen.
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Schöne Bescherung ((National Lampoon’s) Christmas Vacation). USA 1989. Regie: Jeremiah S. Chechik, 97 Min. FSK 6, empfohlen ab 12 Jahren. (Bestellen bei amazon.de)
(Foto: Warner)
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