Filmkritiken

ParaNorman (2012)

Wie im vorherigen Jahr schon bespreche es auch 2020 hier jetzt jeden Mittwoch bis Halloween einen Gruselfilm für Kinder aus meiner Liste – weitere Vorschläge werden gerne angenommen! #horrorctober

Ich dachte ja, es liegt nur an dem einen Film, dass meine Familie einfach mit Kubo – Der tapfere Samurai nichts anfangen konnte, aber das ist es offenbar nicht; Mister Link – Ein fellig verrücktes Abenteuer kam hier auch gut an, aber alle Filme aus den Laika-Studios, die ein bisschen ins etwas Schräge tendieren (und das sind, seien wir ehrlich, bis auf Mister Link bisher alle), kommen bei meinem Nachwuchs nicht so gut an.

Bei mir umso mehr. Ich liebe Kubo, ich mag Die Boxtrolls sehr, und die schräge Gruseligkeit von ParaNorman erwärmt mein Herz.

Zumal dem Film halt ein ziemlich cleverer Grundschachzug zugrunde liegt, der sich erst recht spät (Achtung, es folgen dann ein paar Spoiler) wirklich offenbart. Nicht wenige Horrorfilme drehen sich schließlich im Kern darum, das Gute im Menschen, zumindest in ihren Held_innen, umso heller strahlen zu lassen, je blutiger und schröcklicher das Geschehen außenrum wird. Nur wenige gehen so weit wie ParaNorman, auf die Blutigkeit letztlich praktisch ganz zu verzichten.

Gestorben wird und wurde gleichwohl natürlich reichlich. Der 13-jährige Norman kann mit den Toten sprechen, oder wenigstens mit jenen, die als Geister im Hier und Jetzt verblieben sind. Weil außer ihm niemand die Geister sehen kann, gilt er nicht nur in der Schule als Spinner und „Freak“, selbst seine Familie kann ihn nicht ernst nehmen und ist genervt. Vielleicht mit Ausnahme seiner Großmutter, aber die ist ja nun auch schon tot und hängt als Geist noch rum, weil’s im Himmel wahrscheinlich kein ordentliches Fernsehprogramm gibt.

Konsequenterweise ist Norman fast schon obsessiv fasziniert von Horrorfilmen, sein ganzes Zimmer ist mit Zombie-Paraphernalia dekoriert.

Normans Heimatstadt hat eigentlich nur einen nennenswerten Anziehungspunkt für Tourismus, eine Hexenverbrennung, die genau 300 Jahre her ist. Zum Jahrestag gibt es stets Feiern und eher seltsame Events, aber in diesem Jahr ist es etwas anders, denn Norman wird von seinem seltsamen Onkel aufgefordert, die Stadt vor dem alljährlichen Erwachen der Hexe zu bewahren – denn mit ihr zusammen erwacht auch ihr Fluch in Gestalt einiger sehr leibhaftiger, zombie-artiger Untoter…

Nicht jedes Kind verträgt Horror- oder Gruselfilme wirklich gut. Ich empfehle dringend: Film vorher selbst anschauen, aufs eigene Kind gucken und überlegen: Hält es das aus? Vielleicht besser im Hellen schauen als im Dunkeln? Lieber doch mit etwas ganz und gar Harmlosem einsteigen?

Die in vielen Laika-Produktionen stets ins mild groteske tendierende Körperlichkeit der Figuren ist hier voll aufgedreht. Im Fall von ParaNorman nutzen die Regisseure Sam Fell und Chris Butler diese Körper als übersteigerte, ein wenig bissige Perspektive auf eine scheinbar unheilbar kleingeistige US-amerikanische Kleinstadt, in der nur eine Gruppe von Kindern und Jugendlichen (neben Norman vor allem seine Schwester, sein Freund Neil und dessen großer Bruder… und Normans Schulkameraden-Erzfeind Alvin) die Welt retten kann. Im Grunde ein klassisches 80er-Jahre-Spielberg-Setting, aber mit Zombies und weniger sympathisierend.

Es geht hier wirklich gruselig zu, in dunklen Szenen, bedrohlichen Momenten, selbst in netten Anspielungen auf das Genre (z.B. eine sehr, sehr lustige Referenz auf John Carpenters Halloween und Freitag, der 13. zugleich – muss man auch erst einmal hinbekommen). Zugleich ist der Film eben doch auf ein kindliches Publikum ausgerichtet und vor allem komisch, zumal, ich deutete es schon an, der Schrecken im Lauf des Films komplett aufgehoben bzw. gewendet wird. (Der Horror, auch das so ein Standardthema eigentlich, das hier elegant präsentiert wird, sind die Anderen, und zwar der Mob.)

Aber um zu diesem Punkt zu kommen, muss man erst einmal gut 75, 80 Minuten (stellenweise sehr lustigen) Grusel überstehen, durch ein paar wirklich unerwartete Twists und Wendungen hindurch – und das ist beileibe nicht für alle Kinder so einfach. So gut und positiv die letzte dramaturgische Drehung ist, menschenfreundlich und im Morgenlicht eines neuen Tages, durch den Horror muss man vorher durch. Und der ist für so manches zwölfjährige Kind vielleicht doch noch ein wenig zu viel. Es sei denn, es ist wirklich in der Welt der Trick- und Knetzombies schon eher entspannt zuhause.

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ParaNorman. USA 2012. Regie: Sam Fell/Chris Butler, 93 Min. FSK 12, empfohlen ab 14 Jahren. (Bei amazon.de bestellen)

Um zu sehen, wie der Film gemacht wurde (Stop Motion! Knete! Modellbau!) gibt es hier ein wunderschönes kleines Video:

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(Foto: Universal Pictures International)

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