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Trolls World Tour (2020)

Prinzessin Poppy – für die, die sich noch an Trolls erinnern – ist jetzt Königin Poppy, und wahrscheinlich wäre ihr sowieso schon sehr entspannt-glückliches Leben wirklich wie ein perfekter Popsong, wenn ihr bester Freund Branch es fertig bringen würde, ihr zu sagen, wie sehr er sie liebt – oder sie vielleicht endlich selbst auf den Trichter käme?

Dann aber kommt auf einmal Bewegung in die Welt der Trolls: Eine finster schauende Fledermaus bringt Post von Königin Barb von den Hardrocktrolls, und Poppys Vater muss seiner Tochter ein großes Geständnis machen: Es gibt noch andere Trolls da draußen. Sie haben sich vor langer Zeit in sechs Stämme aufgeteilt, ein jeder nach seiner eigenen Musikrichtung: Techno, Rock, Country, Pop, Klassik und Funk.

Jede Sorte Trolls hat eine eigene, gewissermaßen magische, jedenfalls mächtige Musiksaite – Barb möchte diese sechs Saiten nun wieder zusammebringen. Poppy sieht darin die Chance auf umso größere Parties, aber ihr Vater, König Peppy, warnt sie eindrücklich: „Die anderen Trolls sind nicht wie wir, die sind irgendwie anders.“

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Die Botschaft von Friede, Freude, Eierkuchen, die hinter dieser Warnung lauert, kommt natürlich ein wenig ungelenk-überdeutlich daher, und auch wenn der Film dann glücklicherweise noch einige Volten schlägt und das Grundthema auch noch ein wenig variiert wird: Viel komplexer und ambivalenter wird es bis zum Ende leider doch nicht mehr.

Das liegt zum einen daran, dass man Poppys zentraler Antagonistin, Königin Barb, ihren Status als Bösewicht gar nicht so richtig abnehmen will; zum anderen ist aber ihr Ziel, die Herrschaft über alle Trolls, „eine Nation von Trolls, regiert von Rock,“ sichtbar und von Anfang an nicht ernsthaft stark genug um gegen Poppys Harmoniewillen anzustinken. Da hatte der erste Film mit seinen wirklich bös erscheinenden Gegnern (die, wir erinnern uns, die Trolls als besonders glücklich machende Speise schätzten) eine doch weniger offensichtliche Auflösung, eine wirkliche Lernkurve für alle Figuren zu bieten.

Ziemlich irritierend ist aber vor allem, wie nachlässig hier mit Musik und unterschiedlichen Musikrichtungen umgegangen wird, die ja vorgeblich das Grundgerüst der Handlung vorgeben sollen. Wieso ist Techno eine der ursprünglichen Musikrichtungen? (Zumal später die Landkarte der Poptrolls als veraltet entlarvt wird, da sei ja das offenbar untergegangene Disco noch drauf.) Warum ist hier überhaupt nur Musik des amerikanisch-europäischen Westens gemeint, gibt es keine jenseits von K-Pop keine asiatischen, überhaupt keine afrikanische Musikrichtungen? Warum ist Rock hier ausschließlich Hardrock, und dieser exklusiv der weichen bis pompösen Sorten, von „Barracuda“ bis „Rock you like a hurricane“? Warum ist Country in dieser Welt immerzu schwermütig („Nur der Tod ist hier für jeden frei. Das Leben hier ist hart und schnell vorbei.“) und jammernd? Warum kommt Klassik nur als Orchestrale Fahrstuhlmusik vor, und warum sehen die Klassiktrolls alle aus wie Rondo Veneziano (die Älteren werden sich erinnern)?

Aber selbst der Einwand, das sei nun einmal die Musikwelt der Kinder von heute kann ja nicht wirklich gelten, denn König Peppys verzweifeltester Ausruf über all die fremden Trolle ist: „Manche verstehen nicht einmal die Genialität von Hammer Time!“ Ein Blick in die Augen des heimischen Nachwuchses offenbart: Nein, die Kinder auch nicht.

Trolls zeichnete sich 2016 dadurch aus, dass er ohne jede Scham das Lebensgefühl des Pop mit den Zaubertroll-Spielzeugfiguren (die im Englischen auch „good luck trolls“ heißen) zusammenbrachte. Der absolute Wille zu Harmonie und Frieden prägte darin Poppys Weltbild, bestimmte aber eben auch ihr Handeln – und der Film brachte genug witzige und skurrile Einfälle mit, um daraus eine Welt mit Ecken und Kanten zu stricken.

Trolls World Tour hingegen ist sich seiner Sache bei kaum einer der Musikrichtungen so richtig selbstbewusst sicher – nur der Funk kommt gut weg. Das Lebensgefühl des Hardrock wird hingegen sogar geradezu lächerlich gemacht: „Wer lässt sich noch überall megakrasse Tattoos stechen, nur nicht im Gesicht, falls wir noch richtige Jobs brauchen?“

Dabei hat der Film einige witzige bis brillante Einfälle, was man mit der ganzen Musik noch machen könnte – vor allem bei jenen Musikstilen, die sich nicht so einfach in die sechs willkürlichen Trollstämme einordnen lassen. Ein Kopfgeldjäger, den Barb auf Poppy angesetzt hat, ist ein Smooth-Jazz-Troll: Schon mit ein paar Tönen aus seiner Klarinette schläfert er alle anderen Trolls bis zum Rand der Bewusstlosigkeit ein. Und ein Trupp K-Pop-Trolls bietet sich mit den Reggaeton-Trolls eine kleine Musik- und Tanzbattle.

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Zugleich sieht das alles super aus: Die ganze Welt, die Trolls inklusive, wirkt wie aus Stoffen unterschiedlicher Gewebe gefertigt. Die Westernstadt der Countrytrolls – Poppy und ihre Freunde machen sich auf die Reise, um die Trolls alle zusammenzubringen – liegt auf einem riesigen Quilt in Rot- und Brauntönen, die Meere wirken wie glänzender Satin, der an den Rändern ausfranst. Barb und ihre Hardrocktrolls reisen in riesigen schwarzen Gefährten, die unter Wasser Haifischen mit Reißverschlussmaul gleichen; am Land werden sie dann zu Wüstengefährten direkt aus Mad Max: Fury Road. Da passt alles zusammen, bis in die letzte kleine Filmreferenz hinein.

In der deutschen Synchro irritieren zuweilen die Übersetzungen der Liedtexte, die bekannte Pop- wie Rocksongs plötzlich fast fremd wirken lassen („Trolls, die wollen nur Spaß“ auf „Girls just wanna have fun“) – aber allen voran Lena Meyer-Landrut und Mark Forster als Stimmen von Poppy und Branch singen sich natürlich entspannt durch die Popwelt. Sie mit den Originalstimmen zu vergleichen, wäre allerdings vermessen – im Englischen sind u.a. Anna Kendrick, Justin Timberlake und Mary J. Blige, bis hin zum König des Heavy Metal, Ozzy Osbourne (als Barbs Vater König Thrash).

Man ahnt das, wenn man die ersten fünf Minuten der Originalversion ansieht:

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Dass Trolls World Tour nicht im Kino zu sehen ist, ist natürlich der Corona-Pandemie geschuldet – die große Leinwand hätte diesem Film der großen Gesten wahrscheinlich gut getan. Die Forterzählung der Trolls-Geschichte ist allerdings weder so unterhaltsam noch so konsistent und leichtfüßig geraten wie der erste Film. Als Zeitvertreib ist das immer noch sehr brauchbar; aber etwas mehr Mut zum musikalischen Experiment hätte der Erzählung und dem Soundtrack gut getan.

Trolls World Tour gibt es ab sofort auf vielen VoD-Plattformen zum Leihen, z.B. im Sky Store, bei amazon Video, auf Apple TV, Google Play, Videociety und vielen mehr.

Trolls World Tour. USA 2020. Regie: Walt Dohrn, David P. Smith, 90 Min. FSK 0, empfohlen ab 8 Jahren. VoD-Start: 23. April 2020.

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(Foto: Universal Pictures International Germany GmbH)

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