Mugge, eigentlich Morgen, ist ein übermütiges Kind mit einem positiven Blick auf die Welt: „Heute war zu 1000 Prozent perfekt und morgen wird sogar noch besser!“ Nur dass am nächsten Morgen sein Vater apathisch vor dem Haus im Sandkasten liegt, weil Kirsten, Mugges Mutter, ihn verlassen hat, für einen CrossFit-Enthusiasten. Wer sich nicht unterkriegen lässt: Mugge. Das geplante Straßenfest ist doch der perfekte Rahmen für eine hingebungsvolle Liebeserklärung seines Vaters an seine Frau, da muss doch noch was möglich sein!
Mugge og vejfesten (Mugge und das Straßenfest) ist der erste Animationslangfilm, bei dem Mikael Wulff und Anders Morgenthaler gemeinsam Regie führen; ich kannte die beiden vorher primär als Wulff+Morgenthaler aka „Wumo“, als Autoren hinter einem, sagen wir freundlich, respektlos-zynischen Comicstrip, der immer böse und manchmal sehr treffend die moderne Gesellschaft aufs Korn nimmt.
Und auch wenn es keine direkte Verbindung gibt, in Ästhetik und Humor ist es doch sehr deutlich, dass die beiden hier versucht haben, ihre Weltsicht für einen kindertauglichen Film zu destillieren, auch wenn das flache Schwarzweiß in buntes CGI-3D übertragen wurde. Das Erfreuliche daran: Es geht in Mugge og vejfesten konsequent respektlos und ziemlich desorientierend zu. In Mugges Nachbarschaft – jene, die das Straßenfest feiern soll – wohnen bärtige Nonnen auf Stelzen (die wirklich keine anderen Eigenschaften haben, aber auch nie irgendwie als Problem gelten), Parkour-Nudisten, zwei Frauen mit sehr vielen Katzen, ein Mann, der immer hinter seiner Hecke steht und die Straße beobachtet sowie ein Quintett von Fünflingen, die gerne Asphalttauchen spielen oder mit einer Bazooka herumballern.
Da ist ein Hauch der Anarchie aus den alten Warner-Cartoons zu spüren, die Kinder jedenfalls sind erfrischende Gestalten, während die Erwachsenen sich eher in peinliche Ecken entwickelt haben. Mugges Vater Thorbjørn ist weitgehend lebensuntüchtig, aber nicht so sehr wie der Vater der Fünflinge, dessen Energydrink-Erfindung nicht so richtig abheben will, weil sie Allergien auslöst und die Darmwände zerfrisst. Als seine Frau vorschlägt, er könne sich ja mal um den Haushalt kümmern, stellt sich raus, dass er weder einkaufen noch staubsaugen kann. „Traditionelle Geschlechterrollen liegen mir im Blut!“
So weit, so lustig, so fröhlich außerhalb aller Konventionen. Ein Mann beugt sich mit verständnisvoller Stimmlage zu Mugge herab: „Hör mal zu, Kind.“ Und hebt an, etwas lauter: „Verschwinde, oder ich ruf die Polizei!“ Irgendwann gibt es noch einen großartigen Scherz, der eine Hüpfburg in die Geschichte des Universums einordnet.
Aber jenseits dessen beginnen die Witze schon recht rasch zu versanden. Die Rahmenhandlung um einen frustrierten Mann, der ganz Dänemark überwacht, ist eher zum Kopfschütteln und soll am Ende irgendwie den versöhnlichen Abschluss rechtfertigen, dabei hätte man sich vielleicht doch eher noch mehr Anarchie gewünscht.
Es gibt eine heiratsschwindlerische Nebenfigur, die einfach nur nach lustloser Staffage schmeckt, und der neue Schwarm von Mugges Mutter ist wirklich nur ein flaches Abziehbild eines CrossFit-Sportlers, wie es dieser Comicstrip andeutet: Immer auf sich und seine Muskeln bezogen, immerzu auf Instagram, in Phrasen plappernd. Da und im ganzen Film hätte etwas mehr Komplexität, gelegentlich gerne auch etwas mehr Bösartigkeit ganz gut getan; so wird Mugge og vejfesten dann, trotz einiger hübscher Ideen (der fliegende Killerwal!), bald sehr fad und – trotz allem – sehr brav.
Mugge og vejfesten. Dänemark 2019. Regie: Mikael Wulff und Anders Morgenthaler, 80 Min. Empfohlen ab 9 Jahren. Läuft ab 23.02.2020 in der Sektion Generation Kplus der Berlinale. Alle Infos dazu hier.
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(Foto: Zentropa)