Filmkritiken

Casper (1995)

Wie versprochen, bespreche es hier jetzt jeden Mittwoch bis Halloween einen Gruselfilm für Kinder aus meiner Liste – weitere Vorschläge werden gerne angenommen! #horrorctober

Sucht man nach der niedlichstmögliche Form von Gruseligkeit, so landet man wahrscheinlich bei dieser Figur, die schon – noch lange vor Preußlers Das kleine Gespenst – in den 1930er Jahren als Casper the Friendly Ghost zunächst auf Papier entstand, später dann auch als Filmfigur in jeder Menge kleiner Cartoons. Insofern war Casper vor allem einem amerikanischen Publikum schon sehr geläufig, als er mit der Hilfe von reichlich Spezialeffekten in einen Realfilm implantiert wurde; George Lucas‘ Spezialeffektschmiede Industrial Light & Magic hat hier die Integration von animierten Bildern mit realen Schauspielwelten, wie sie zuvor erstmals in Falsches Spiel mit Roger Rabbit so richtig gelungen war, neu mit reinen Computeranimationen ausprobiert; nicht zuletzt dank der semitransparenten Geister sieht das ganz gut aus.

Der Geister sind es (zunächst) vier: Casper, der niedliche Geist, der als Zwölfjähriger verstorben ist und sich nur vage an seine Familie erinnert, aber gerne mal ein richtiges Mädchen kennenlernen würde. Und seine drei nöligen Onkel, die alle Menschen aus dem gemeinsamen Haus vertreiben wollen und Casper als ihren Angestellten betrachten, der ihnen Frühstück machen muss hat und stets zu Diensten sein soll.

Nicht jedes Kind verträgt Horror- oder Gruselfilme wirklich gut. Ich empfehle dringend: Film vorher selbst anschauen, aufs eigene Kind gucken und überlegen: Hält es das aus? Vielleicht besser im Hellen schauen als im Dunkeln? Lieber doch mit etwas ganz und gar Harmlosem einsteigen?

Das Haus hat Catherine „Carrigan“ Crittenden (Cathy Moriarty) geerbt, die aber nur auf den Schatz aus ist, der angeblich im Haus versteckt sein soll; ihren etwas tumb hinterherlaufenden Assistenten Paul (Eric Idle) schickt sie immer dann los, wenn ihr irgendetwas unangenehm ist. Weil das Haus aber nun von Geistern bewohnt ist und sich auf die üblichen Weisen auch nicht von ihnen befreien lässt (für die Eltern gibt es u.a. ein kurzes Cameos von Dan Aykroyd als Ghostbuster Ray Stantz, der entsetzt aus dem Haus flieht), heuern sie einen abgehalfterten Psychologen an, der verspricht, Geister zu therapieren und so von ihrem „unfinished business“ zu befreien, so dass sie ins Totenreich überwechseln können.

Der Psychologe ist Dr James Harvey, von Bill Pullman in stetiger Überforderung von der Welt gespielt, der sich der Para-Psychologie (im doppelten Wortsinne) zugewandt hat – vor allem aber, weil er noch einmal Kontakt mit seiner verstorbenen Frau aufnehmen will. Vor allem ist er mit der Erziehung seiner so patenten wie ironisch-resignierten Tochter Kat überfordert – wieder Christina Ricci im zweiten #horrorctober-Film des Jahres und ihrer ersten eigenen Hauptrolle nach Die Addams Family.

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Beim ersten Zusammentreffen der Geister mit den Harveys gibt es einige gruselige bis schreckliche Momente, bei denen die eigentliche Hauptfigur dieser ganzen Szenen schön ins Bild gesetzt wird: nämlich das prachtvolle, nur ziemlich verstaubte Haus, in dem sich das alles abspielt. (Wow. Kann das jemand für mich nachbauen?) In einer Szene verwandelt sich Bill Pullmans Gesicht, das ist der vielleicht gruseligste Moment des Films, in das Antlitz anderer Menschen (unter anderem sind kurz Clint Eastwood und Mel Gibson zu sehen – freundlicherweise hat Regisseur Brad Silberling ansonsten weitgehend darauf verzichtet, augenzwinkernde Spielereien für die Eltern einzubauen).

Die Geister sind so grotesk (im Falle von Stretch, Stinkie und Fatso) oder niedlich (Casper), dass man durchweg keine Angst haben muss; sie fügen sich fast organisch in die äußere Welt ein, obgleich ihre Physikalität keineswegs eindeutig ist: Mal können sie Menschen berühren, mal Gegenstände herumwerfen, mal fliegen sie durch Wände, mal müssen sie Türen öffnen, um sie passieren zu können…

Neben dem Plot um die gierigen Schatzsucher gibt es dann noch den Nebenplot um Kats neue Schulklasse, deren Halloween-Party nun auf einmal im Spukhaus stattfinden soll, und eine wichtigere Erzählung um die „Lazarus“-Maschine, die Casper wieder zum Leben erwecken soll und ihm die Zukunft geben, die er durch seinen frühen Tod nicht haben konnte. Natürlich kommt alles anders, und das letzte Drittel packt dann noch mal ein wenig Bedrohung, Tod, Tränen und schließlich sehr viel Herzschmalz und Happy End in einen großen Showdown, der alles zusammenführt und sogar einen Engel zur Stippvisite auf Erden veranlasst. Das ist eigentlich ein bisschen viel Gefühligkeit, aber da der Film sich vorher lange Zeit nicht allzu ernst nimmt (der Tischstaubsauger!), mag man ihm das verzeihen.

Casper. USA 1995. Regie: Brad Silberling, 100 Min. FSK 6, empfohlen ab 9 Jahren. Kinostart: 20. Juli 1995. (bestellen bei amazon.de)

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(Foto: Universal Pictures)

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