Festivals Filmkritiken

Walnüsse (2018)

Soheil ist nicht besonders begeistert davon, mit seiner Mutter in deren Heimatdorf zu fahren; er vermisst seinen Vater doch sehr. Aber er freut sich darauf, mit ihr gemeinsam durchs Teleskop die kommende Mondfinsternis anzusehen. Im Dorf freundet er sich mit Vali an, der etwa in seinem Alter ist und dem er bald Hemd und Anzug leihen muss – Vali zeigt ihm nicht nur alles im Dorf, das in Vorbereitung einer Hochzeit etwas in Aufruhr ist, sondern bringt ihn auch gleich dazu, Walnüsse von der alten, etwas bösartigen Tante zu stibitzen.

Dann aber färben sich Soheils Hände von den Nüssen schwarz, und er hat große Angst, dass dies die Folge seiner Sünde sei – und beim Versuch, ihre Schuld abzuwaschen, reiten sich die Jungs in noch einige größere Probleme hinein. Derweil bekommt Soheil aber aus den Gesprächen der Erwachsenen mit, dass zwischen seinen Eltern wohl nicht alles in Ordnung ist.

Mohammadreza Haji Gholamis ruhiger, mäandernder Film Gerdoo (Walnüsse) bleibt die ganze Zeit bei seinem jungen Protagonisten, der mit großen Augen auf diese fremde Dorfwelt um sich herum schaut; von Vali lässt er sich leicht zu vielerlei Dingen überreden, vieles ist spannend und eigenartig. Aber das abergläubische Gerede der Frauen färbt auf ihn ab, und der Junge aus dem Dorf scheint immer eine Antwort parat zu haben.

Soheils Blick von außen (durch seine runde Brille noch verstärkt) macht deutlich, wie weit sich seine Mutter von dem an Traditionen und Aberglauben gebundenen Dorf entfernt hat; ihr Asthma möge sie doch mit Kaninchenblut heilen, wird ihr beschieden, während sie sich darum sorgt, wo sie einen neuen Inhalator herbekommen könne. Und dass sie sich scheiden lassen wolle, wird mit Irritation aufgenommen – aber, nunja, sie bringe eh Unglück…

Gholami eröffnet mit Walnüsse, mit seinem kleinen, stellenweise rätselhaften Film einen herzzerreißenden Blick in den Mikrokosmos eines iranischen Dorfes. Die Kamera nimmt mal das Dorf in den Vordergrund mit großen Weiten dahinter, mal steigt sie hinab in enge Gassen oder in die Geborgenheit des gemeinsamen Nachtlagers – Mütter und Söhne – unter einem Moskitonetz (so lange, bis der Regen kommt).

Sünde und Vergebung, Tradition und Moderne, das alles wird hier verhandelt; Soheils Mutter bringt ein Buch mit, das sie selbst mit geschrieben hat, das die Mondfinsternis für Kinder erklärt, und verteilt viele Exemplare an die Kinder des Dorfes; derweil wird in einer anderen Hütte Blei geschmolzen, werden Vorkehrungen getroffen, die vor dem als gefährlich empfundenen Himmelsphänomen schützen sollen.

Am Ende stehen ein Sonnenaufgang und eine glückliche Umarmung; keine Lösung für die Probleme in Soheils Welt, aber eine liebevolle Perspektive in die Zukunft.

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Mehr Informationen

Walnüsse (Gerdoo). Iran 2019. Regie: Mohammadreza Haji Gholami, 87 Min. Empfohlen ab 7 Jahren. (Der Film läuft noch am 24. und 25. September 2019 auf dem LUCAS-Filmfestival.) – Pädagogisches Begleitmaterial.

Foto: LUCAS Filmfestival/Seyed Ahad Mikailazadeh

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