Der Zoo von Neustadt ist ein Mysterium. Auf seinem Gelände lebt der einzig weltweit bekannte sprechende (Törööö!) Elefant, aber dennoch steht die Einrichtung rätselhafterweie immer kurz vor dem Konkurs. Und weil dieses eigentlich unwahrscheinliche Handlungselement anscheinend so bewährt wie unumstößlich ist, wurde es auch für den ersten „Realfilm“ mit Benjamin Blümchen auserkoren. Wobei „Realfilm“ halt ungefähr so gut passt wie bei den jüngsten Disney-Adaptionen à la The Jungle Book, denn hier sind neben dem elefantöröösen Protagonisten (gesprochen von Jürgen Kluckert, der Benjamin auch in den Hörspielen spricht) auch viele Teile des Zoos, der ganzen Welt also, durch die die menschlichen Schauspieler_innen laufen, am Computer entstanden.
Regisseur Tim Trachte und Drehbuchautorin Bettina Börgerding (deren Namen ein wenig so klingen, als entstammten sie selbst diesem Universum, in dem alle Figuren alliterierende Namen haben – von Karla Kolumna bis Walter Weiß) legen die Geschichte nicht überkomplex an. Der Zoo hat kein Geld mehr, der Bürgermeister (Uwe Ochsenknecht in schnöseliger Höchstform) hat vor allem die Meinung der Stadt im Blick, aber keine Ahnung. Deshalb lässt er sich leicht von Zora Zack bequatschen, die ihm was von Modernisierung und neuen Möglichkeiten ans Ohr bindet und anschließend mit ihren zwei etwas tumben Gehilfen daran geht, Tiergehege zusammenzulegen, Häuser abzureißen, damit Platz werde für schicke mehrstöckige Townhouses mit Blick auf den Zoo. Das grenzt schon an realitätsnahe Sozialkritik, Berliner_innen zum Beispiel kennen solche Pläne ebenso wie die Unfähigkeit der Politik.
Heike Makatsch spielt ihre Zack mit großer Freude, eine intrigante Macherin, schneller und klüger als alle anderen, die die Einfältigkeit all der Figuren um sich herum auszunutzen weiß – nur halt nicht mit Benjamin und seinem Freund Otto (Manuel Santos Gelke) gerechnet hat, die sich nicht so leicht einnehmen lassen. Nur die Freundschaft der zwei wird dann doch sehr auf die Probe gestellt.
Soweit ist das also alles ganz unterhaltsam, aber eben auch nur so lala. Den Humor der Hörspiel-Vorlagen mag der Film treffen, aber reicht das für dieses lange Format? Denn richtig aufregend und sinnvoll ist nichts von dem, was wir hier zu sehen und hören bekommen. Die Scherze über die seltsamen Verhaltensweisen selbsternannter „Kreativer“, wie sie an Zacks Gehilfen durchexerziert werden, sind so eindimensional wie reaktionär und unwitzig. Das funktioniert nur einmal, als Benjamin das Marketing-Geblubber von Zack & Co. missversteht und aus der Corporate die Korpulent Identity macht. Davon hätte es gern mehr geben dürfen.
Dieter Hallervordens Auftritt als „Walter Weiß“ ist als doppeltes Bonbönchen an die Eltern gedacht, die „Didi“ noch kennen und die Namensanspielung verstehen, welche allerdings völlig planlos geraten ist – der Mann ist hier weder Lehrer noch Drogenkoch, von Abgründigkeit keine Spur.
In Ausstattung und Kostümen hält sich Trachtes Film eng an die Bilderbücher und Trickserie (z.B. bei amazon Prime abrufbar). Die verschiedenen CGI-Elemente (insbesondere Benjamin) sind durchaus ganz gut gelungen, was mich aber nachhaltig irritiert hat, war der Umstand, dass sie – ob miteinander oder vor allem mit den Schauspieler_innen – nie wirklich in ein Ganzes flossen. Ich konnte es nicht immer ganz präzise einordnen, woran dieser Effekt lag – zum Teil passten CGI und Realität wegen der Beleuchtung, vielleicht auch wegen des Schattenwurfs nicht ganz zusammen (siehe das Bild über diesem Absatz), manchmal wirkte es so, als würden die Menschen dicht über dem Boden schweben, statt mit beiden Füßen darauf zu stehen.
Aber nun gut, Realismus ist auch nicht das, was man bei den Abenteuern eines sprechenden Elefanten wirklich verlangen möchte.
Für welches Alter: Es gibt einige dramatische Szenen, am Ende sind Benjamin und Otto sogar in einem Lastencontainer eingesperrt, und es dauert eine Weile, bis sie gerettet werden können – ein wenig kino-erfahren sollten die Zuschauer_innen also schon sein, empfohlen wird ein Besuch ab 7 Jahren.
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Benjamin Blümchen. Deutschland 2019. Regie: Tim Trachte, 91 Min. FSK 0, empfohlen ab 7 Jahren. Kinostart: 1. August 2019. (Vorbestellen bei amazon)
Foto: Studiocanal
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