Diplomarbeit Geogebra
Diplomarbeit Geogebra
, phi = pi/6)
erhalten wir freie Objekte.
Uber Befehle bekommen wir folgende abhangigen Zahlen bzw.
Winkel:
Lange eines Vektors
Abstand Punkt-Punkt, Punkt-Gerade oder Gerade-Gerade
Steigung einer Geraden
Radius eines Kreises
Haupt- oder Nebenachsenlange einer Ellipse oder Hyperbel
Exzentrizitat einer Ellipse oder Hyperbel
Parameter einer Parabel
Winkel zwischen Vektoren oder Geraden
Winkel, der von drei Punkten eingeschlossen wird
Verdrehwinkel eines Kegelschnitts
Punkt
Ein Punkt wird geometrisch folgendermaen festgelegt:
Neuer Punkt (frei): Anklicken einer Stelle in einem Koordinatensystem
Schnittpunkt (abhangig): Markieren zweier sich schneidender Objekte (Gerade, Ke-
gelschnitt)
Algebraisch wird ein Punkt durch Eingabe seiner cartesischen Koordinaten (x, y) oder
Polarkoordinaten (r; ) angegeben (frei). Davor kann ein eindeutiger mit einem Grobuch-
staben beginnender Name gefolgt von einem Gleichheitszeichen geschrieben werden. Der
Punkt A mit den cartesischen Koordinaten (0, 1) kann beispielsweise als A = (0, 1) oder
A = (1; 90
) eingegeben werden.
2.2. EINGABE DER OBJEKTE 7
Vektor
Ein Vektor wird geometrisch folgendermaen festgelegt (abhangig):
Ortsvektor eines Punktes
Verbindungsvektor zweier Punkte
Richtungsvektor einer Geraden
Einheitsvektor einer Geraden bzw. eines Vektors
Normalvektor einer Geraden bzw. eines Vektors
Einheitsnormalvektor einer Geraden bzw. eines Vektors
Algebraisch wird ein Vektor wie ein Punkt durch Eingabe seiner cartesischen Koordi-
naten (x, y) oder Polarkoordinaten (r; ) angegeben (frei). Um einen Vektor von einem
Punkt zu unterscheiden, muss ein mit einem Kleinbuchstaben beginnender Name verwen-
det werden. Der Vektor v mit den cartesischen Koordinaten (0, 1) kann beispielsweise als
v = (0, 1) oder v = (1; 90
) eingegeben werden.
Gerade
Eine abhangige Gerade wird mit der Maus oder mittels Befehlen auf eine der folgenden
Arten angegeben:
Gerade durch zwei Punkte
Gerade durch einen Punkt, parallel zu einer Geraden oder zu einem Vektor
Gerade durch einen Punkt, senkrecht zu einer Geraden oder zu einem Vektor
Streckensymmetrale zu zwei Punkten
Winkelsymmetrale zu drei Punkten oder zu zwei Geraden
Tangente an Kegelschnitt durch einen Punkt oder parallel zu einer Geraden
Polare zu Kegelschnitt und Punkt
Durchmessergerade zu Kegelschnitt und Gerade bzw. Vektor
Leitlinie einer Parabel
Asymptote einer Hyperbel
Haupt- oder Nebenachse eines Kegelschnitts
8 KAPITEL 2. ANFORDERUNGEN AN DIE SOFTWARE
Als algebraische Eingabe einer Geraden werden Gleichungen und Parameterdarstellungen
zugelassen, die sich zu folgenden Formen vereinfachen lassen. Was hierbei unter vereinfa-
chen zu verstehen ist, wird etwas spater (p.9) erklart.
Gleichung: a x + b y = c, mit a, b, c R und (a, b) ,= O
Parameterdarstellung: X = (p, q) + t (a, b), mit (p, q), (a, b) R
2
Bei Eingabe der Parameterdarstellung wird eine abhangige Gerade durch den Punkt
(p, q) mit Richtungsvektor (a, b) erzeugt. In der Gleichung konnen auch Variablen vor-
kommen (z.B. von zuvor denierten Zahlen). Eine Gleichung ohne Variablen liefert eine
freie Gerade.
Bei beiden Formen kann ein eindeutiger Name der Geraden am Beginn der Zeile mit
Doppelpunkt angegeben werden. Die Gerade g durch den Punkt (2, 1) mit Richtung (1, 3)
kann zum Beispiel auf folgende Arten geschrieben werden:
1. g : 3x - y = 5
2. g : 3(x - 1) = 2 + y
3. g : X = (2, 1) + t (1, 3)
Kegelschnitt
Ein abhangiger Kegelschnitt wird mit der Maus oder mittels Befehlen auf eine der folgenden
Arten angegeben:
Kreis mit Mittelpunkt und Radius
Kreis mit Mittelpunkt und Punkt auf dem Kreis
Kreis durch drei Punkte auf dem Kreis (Umkreis)
Ellipse mit zwei Brennpunkten und Halbachsenlange
Hyperbel mit zwei Brennpunkten und Halbachsenlange
Hyperbel mit zwei Brennpunkten und Halbachsenlange
Parabel mit Brennpunkt und Leitlinie
Kegelschnitt durch f unf Punkte
Algebraisch wird ein Kegelschnitt durch eine quadratische Gleichung in zwei Variablen
deniert:
a x
2
+ b y
2
+ c xy + d x + e y = f, mit a, b, c, d, e, f R
2.3. DARSTELLUNG DER OBJEKTE 9
Eine solche Gleichung beschreibt alle Kegelschnitte. Unter anderem sind damit folgende
wichtige Spezialfalle abgedeckt:
Kreis: (x - m
x
)
2
+ (y - m
y
)
2
= r
2
Ellipse: b
2
x
2
+ a
2
y
2
= a
2
b
2
Hyperbel: b
2
x
2
- a
2
y
2
= a
2
b
2
Parabel: y
2
= 2p x bzw. x
2
= 2p y
Bei allen Formen soll wieder ein eindeutiger Name des Kegelschnittes am Beginn der
Zeile mit Doppelpunkt angegeben werden konnen. Eine Hyperbel hyp und eine Ellipse ell
konnten demnach auf folgende Art geschrieben werden:
hyp: 16 x
2
- 9 y
2
= 144
ell: 9 x
2
+ 4 y
2
= 36
Flexible algebraische Eingabe
Um eine exible Eingabe der angef uhrten Gleichungen zu ermoglichen, sollen beliebige
arithmetische Ausdr ucke in den Variablen x und y mit den Operatoren +, -, *, /, ^
und Klammern erlaubt sein. Auerdem sollen benutzerdenierte Variablen f ur Zahlen,
Vektoren und Punkte moglich sein.
Die Software soll dann beispielsweise die Eingabe 3 (2x - y) = 16
2
automatisch zu
der impliziten Gleichung 6x - 3y = 256 vereinfachen und als Gerade identizieren. Diese
exible Eingabeart ist insbesondere deshalb wichtig, da auch in der Schule die Gleichungen
ublicherweise in verschiedensten Formen gegeben sind.
Wir wollen alle algebraischen Eingaben zulassen, die durch Ausmultiplizieren und Zu-
sammenfassen arithmetischer Ausdr ucke auf die oben angef uhrten Eingabemoglichkeiten
zur uckgef uhrt werden konnen. Hochzahlen sollen dabei zu nat urlichen Zahlen und Diviso-
ren zu Konstanten vereinfacht werden konnen.
2.3 Darstellung der Objekte
Nach der Eingabe eines Objekts wird es auf zwei Arten dargestellt: im Algebrafenster
(Koordinaten, Gleichung oder Parameterdarstellung) und im Geometriefenster (Punkt,
Vektor, Gerade, Kegelschnitt). Es kann nun eine bevorzugte algebraische Darstellungsart
gewahlt werden. Auerdem konnen Objekte im Geometriefenster ausgeblendet und wieder
angezeigt werden.
Punkt
Punkte sollen wahlweise in cartesischen oder Polarkoordinaten dargestellt werden konnen.
10 KAPITEL 2. ANFORDERUNGEN AN DIE SOFTWARE
Gerade
Die Darstellungsarten einer Geraden sind
Implizite Gleichung
Explizite Gleichung
Parameterdarstellung
Kegelschnitt
Ein Kreis mit Mittelpunkt M soll immer auf eine der folgenden beiden Arten dargestellt
werden. Eine Auswahl durch den Benutzer ist hier nicht erforderlich.
M ,= O : (x - m)
2
+ (y - n)
2
= c
M = O: k: x
2
+ y
2
= c
Wichtige Merkmale eines Kreises sind
Mittelpunkt
Radius
Die ubrigen Kegelschnitte (u.a. Ellipse, Hyperbel, Parabel) sollen als quadratische Glei-
chung in x und y der Form a x
2
+ b y
2
+ c xy + d x + e y = f dargestellt werden. Die
f ur die Schule wichtigen Hauptlagen von Ellipse und Hyperbel sind damit auch abgedeckt.
Hier gilt einfach c = d = e = 0.
2.4 Beziehungen zwischen Objekten
Zu bestehenden Objekten mochten wir auch Auskunft uber ihre Beziehung zueinander
erhalten.
Gleichheit oder Ungleichheit zweier Objekte
Inzidenzbeziehung (Punkt auf Gerade oder Kegelschnitt)
Beziehung zweier Vektoren (linear abhangig bzw. unabhangig)
Lagebeziehung zweier Geraden (identisch, parallel, schneidend)
Lagebeziehung einer Geraden und eines Kegelschnitts (Passante, Tangente, Sekante,
Asymptote, Erzeugende, Tregerade)
2.5. VER
AUME 17
3. Die Funktion u, v) ist positiv denit.
u V : u, u) 0
u, u) = 0 u = O
Kurz: Ein Inneres Produkt ist eine positiv denite, symmetrische Bilinearform.
Denition 3.3 Ein Vektorraum V uber R mit einem inneren Produkt V V R heit
euklidischer Vektorraum.
Es sei die Funktion a, b) : R
2
R
2
R mit a = (a
x
, a
y
), b = (b
x
, b
y
) R
2
wie folgt
deniert: a, b) := a
x
b
x
+ a
y
b
y
. Diese Funktion ist eine positiv denite Bilinearform und
wird das gewohnliche innere Produkt des R
2
gennannt. Wir erweitern den Vektorraum R
2
nun um dieses innere Produkt und erhalten so einen euklidischen Vektorraum, in dem wir
mit Hilfe der folgenden beiden Denitionen Langen und Winkel angeben konnen.
Denition 3.4 Seien V ein euklidischer Vektorraum und a V . Dann versteht man unter
der Norm oder Lange von a die nichtnegative reelle Zahl
| a| :=
+
_
a, a)
Abbildung 3.3: Norm (Lange)
Mit dem gewohnlichen inneren Produkt berechnet sich die Norm im R
2
damit als
| a| =
_
a, a) =
_
a
2
x
+a
2
y
.
Einen Vektor a mit der Lange | a| = 1 nennen wir Einheitsvektor oder normierten
Vekor und bezeichnen ihn manchmal mit a
0
. Als Motivation f ur die nachfolgende Deni-
tion des Winkels zwischen zwei Vektoren wollen wir auf die geometrische Bedeutung des
gewohnlichen inneren Produkts eingehen: Seien b ein Vektor beliebiger Lange und a ein
Einheitsvektor. Dann entspricht die Zahl a, b) der Lange der Projektion von b auf a (siehe
Abbildung 3.4).
Der Cosinus des von von a und b eingeschlossenen Winkels ist das Verhaltnis von
Ankathete zu Hypotenuse a, b) : | b|, wobei | a| = 1 ist. Damit konnen wir den Begri
des Winkels zwischen zwei Vektoren einf uhren.
18 KAPITEL 3. LINEARE ALGEBRA
Abbildung 3.4: Inneres Produkt
Denition 3.5 Seien V ein euklidischer Vektorraum und a, b V mit a, b ,= O. Dann
versteht man unter dem Winkel zwischen a und b die eindeutig bestimmte Zahl mit
0 gegeben durch
cos =
a, b)
| a|| b|
.
Fur den Winkel zwischen a und b schreiben wir (a, b). a und b sind orthogonal oder
stehen normal aufeinander genau dann, wenn =
2
bzw. a, b) = 0. Wir schreiben dafur:
ab.
Abbildung 3.5: Winkel
Mit dem gewohnlichen inneren Produkt berechnet sich der Winkel zwischen zwei Vek-
toren a, b R
2
mittels
cos =
a, b)
| a|| b|
=
a
x
b
x
+a
y
b
y
_
a
2
x
+a
2
y
_
b
2
x
+b
2
y
.
F ur jeden Vektor a = (a
x
, a
y
) R
2
ist sein Normalvektor a
:= (a
y
, a
x
) bis auf Lange
und Orientierung eindeutig bestimmt.
3.1. VEKTORR
AUME 19
3.1.2 Basis
Die Koordinaten u = (u
x
, u
y
) eines Vektors des R
2
hangen vom gewahlten Koordinatensy-
stem, der sogenannten Basis, ab. Dazu benotigen wir den Begri der linearen Unabhangig-
keit.
Denition 3.6 Sei V ein Vektorraum uber K. Die Vektoren v
1
, . . . , v
n
V sind linear
abhangig, wenn es Zahlen
1
, . . . ,
n
K nicht alle gleich 0 gibt, mit
1
v
1
+. . .+
n
v
n
= O.
Andernfalls sind die Vektoren v
1
, . . . , v
n
V linear unabhangig.
Im R
2
sind zwei Vektoren u, v genau dann linear abhangig, wenn es ein R gibt, so
dass u = v. Sie zeigen dann in dieselbe Richtung und man nennt sie parallel.
Denition 3.7 Seien V ein Vektorraum uber K und v
1
, . . . , v
n
V . Ein Vektor u V
heit Linearkombination der Vektoren v
1
, . . . , v
n
V , wenn es Zahlen
1
, . . . ,
n
K gibt,
mit u =
1
v
1
+. . . +
n
v
n
. Man sagt auch: u ist linear abhangig von v
1
, . . . , v
n
.
Wenn ein Vektor u Linearkombination von v
1
, . . . , v
n
ist, dann sind die Vektoren u,
v
1
, . . ., v
n
linear abhangig. Drei oder mehr beliebige Vektoren (,= O) des R
2
sind ubrigens
immer linear abhangig, da sich stets einer als Linearkombination der anderen darstellen
lasst.
Denition 3.8 Seien V ein Vektorraum uber K und v
1
, . . . , v
n
V . Die Menge al-
ler Linearkombinationen von v
1
, . . . , v
n
heit lineare H ulle von v
1
, . . . , v
n
. Schreibweise:
[v
1
, . . . , v
n
].
Denition 3.9 Sei U V und U ein Vektorraum, dann heit U Untervektorraum von
V.
Jede lineare H ulle von Vektoren aus V bildet stets einen Untervektorraum von V . Im R
2
ist jede lineare H ulle entweder der Nullpunkt ([O] = O), eine Gerade durch den Nullpunkt
([a] = a : R) oder der R
2
selbst ([a, b] =
1
a +
2
b :
1
,
2
R, mit a, b
linear unabhangig). Der Durchschnitt zweier Untervektorraume bildet stets wieder einen
Untervektorraum, die Vereinigung jedoch im Allgmeinen nicht.
Beispiel. Ein Beispiel daf ur ware etwa U
1
= [(1, 0)], U
2
= [(1, 1)]. Der Durchschnitt U
1
U
2
= O ist ein (trivialer) Untervektorraum des R
2
. Die Vereinigung U
1
U
2
= [(1, 0)]
[(1, 1)] bildet keinen Untervektorraum, da die Vektoraddition hier nicht abgeschlossen ist:
a = (1, 0) U
1
U
2
und b = (1, 1) U
1
U
2
, aber a +b = (2, 1) / U
1
U
2
.
Deshalb brauchen wir eine andere Art der Verbindung zweier Untervektorraume, die
wieder einen Untervektorraum bildet.
Denition 3.10 Seien U
1
, U
2
zwei Untervektorraume von V . Dann verstehen wir unter
dem Verbindungsraum oder der Summe von U
1
und U
2
die lineare Hulle der Vereinigung
von U
1
und U
2
:
U
1
+U
2
:= [U
1
U
2
].
20 KAPITEL 3. LINEARE ALGEBRA
F ur unser eben genanntes Beispiel ist U
1
+ U
2
= [(1, 0), (1, 1)]. Mit Hilfe der linearen
H ulle konnen wir nun auch angeben, was unter einer Basis zu verstehen ist.
Hat man eine Menge E linear abhangiger Vektoren, so gibt es einen Vektor, welcher
Linearkombination der anderen und damit linear abhangig ist. Wenn man diesen entfernt,
andert sich die lineare H ulle der Menge nicht. Durch wiederholtes Entfernen linear abhangi-
ger Vektoren kommt man schlielich zu einer linear unabhangigen Menge B mit [B] = [E].
Denition 3.11 Sei V ein Vektorraum. V heit endlichdimensional genau dann, wenn es
eine endliche Menge E V gibt mit [E] = V .
Eine Menge von Vektoren B V heit Basis von V genau dann, wenn die Elemente
von B linear unabhangig sind und [B] = V .
Sei V nun ein endlichdimensionaler Vektorraum und B eine beliebige Basis von V. Die
Anzahl der Elemente von B heit Dimension von V. Wir schreiben dafur: dimV .
Eine Basis B = b
1
, . . . , b
n
von V ist nichts anderes als ein Koordinatensystem mit dem
Nullpunkt als Ursprung. Es lasst sich nun jeder Vektor u V als Linearkombination der
Basisvektoren darstellen: u =
1
b
1
+. . . +
n
b
n
. Die Zahlen (
1
, . . . ,
n
) heien Koordinaten
von u relativ zur Basis B. Aufgrund der linearen Unabhangigkeit der Vektoren von B ist
diese Darstellung eindeutig.
Abbildung 3.6: Basis des R
2
F ur den R
2
(dimR
2
= 2) bilden je zwei beliebige linear unabhangige Vektoren eine
Basis. Ein wichtiger Spezialfall ergibt sich, wenn die Basisvektoren zusatzlich aufeinander
normal stehen.
Denition 3.12 Eine Basis B = b
1
, . . . , b
n
eines endlichdimensionalen Vektorraums V
heit orthonormal genau dann, wenn folgende Bedingungen erfullt sind:
| b
i
| = 1 i 1, . . . , n
b
i
, b
j
) = 0 i ,= j 1, . . . , n
Fur eine Orthonormalbasis schreiben wir kurz ONB.
3.1. VEKTORR
AUME 21
Die Vektoren einer ONB haben alle Lange 1 und stehen zueinander normal. Die soge-
nannte Standardbasis (1, 0), (0, 1) des R
2
ist ein Beispiel f ur eine ONB. Die Koordinaten
relativ zu einer ONB nennen wir cartesische Koordinaten nach dem franzosischen Mathe-
matiker und Philosophen Rene Descartes (1596 1650), der in seinem Werk La geometrie
(1637) Zahlenpaare zur Beschreibung von Punkten der Ebene einf uhrte.
Abbildung 3.7: Cartesische Koordinaten in einer Orthonormalbasis
Das gewohnliche innere Produkt ergibt sich ubrigens in einer sehr nat urlichen Weise
f ur einen Vektorraum mit Orthonormalbasis.
Bemerkung 3.1 Seien u = (u
1
, . . . , u
n
), v = (v
1
, . . . , v
n
) zwei Vektoren eines euklidischen
Vektorraumes V relativ zu einer ONB b
1
, . . . , b
n
. Dann ist das innere Produkt von u und
v gegeben als
u, v) = u
1
v
1
+. . . +u
n
v
n
.
Beweis. Es sind u = u
1
b
1
+ . . . + u
n
b
n
und v = v
1
b
1
+ . . . + v
n
b
n
. F ur eine ONB gilt
b
i
, b
j
) = 1 f ur i = j und b
i
, b
j
) = 0 f ur i ,= j. Ein inneres Produkt ist eine positiv denite
Bilinearform (Denition 3.2, p.16) und daher:
u, v) = u
1
b
1
+. . . +u
n
b
n
, v
1
b
1
+. . . +v
n
b
n
)
=
n
i=1
u
i
b
i
,
n
j=1
v
j
b
j
)
=
n
i=1
n
j=1
u
i
v
j
b
i
, b
j
)
=
n
i=1
u
i
v
i
= u
1
v
1
+. . . +u
n
v
n
2
Mit Hilfe von Lange (Denition 3.4, p.17) und Winkel (Denition 3.5, p.18) geben wir
nun noch eine weitere gebrauchliche Art der algebraischen Darstellung von Vektoren der
Ebene an, die sogenannten Polarkoordinaten.
22 KAPITEL 3. LINEARE ALGEBRA
Denition 3.13 Sei u ,= 0 ein Vektor des R
2
mit den cartesischen Koordinaten (| u|
cos , | u| sin ). Wir nennen die Darstellung (| u|; ) mit 0 2 die Polarkoordi-
naten von u, wobei
(| u|; ) :=
_
| u| cos
| u| sin
_
.
entspricht hier dem gegen den Uhrzeigersinn gemessenen Winkel zwischen x-Achse
und v. Im Unterschied zum Winkelbegri aus Denition 3.5, p.18 kann auch Werte
zwischen und 2 annehmen.
Abbildung 3.8: Polarkoordinaten
Bemerkung 3.2 Sei u ,= O ein Vektor des R
2
. Dann entsprechen sich seine Polarkoor-
dinaten und cartesischen Koordinaten eineindeutig.
Beweis. () Sei u in Polarkoordinaten u = (r; ) gegeben. Nach Denition 3.13, p.22
sind die cartesischen Koordinaten eindeutig festgelegt als (r cos , r sin ).
() Sei umgekehrt u ,= O in cartesischen Koordinaten u = (x, y) gegeben. Wir su-
chen nun die Polarkoordinaten (r; ) von u. Dabei setzen wir r := | u| =
_
x
2
+y
2
und
betrachten den Winkel zwischen x-Achse und u.
cos =
_
x
y
_
,
_
1
0
_
)
|
_
x
y
_
||
_
1
0
_
|
=
x
r
,
wobei 0 . F ur y < 0 soll aber einen Wert zwischen und 2 annehmen. Dies
erreichen wir durch folgende Fallunterscheidung.
:=
_
arccos
x
r
: y 0
2 arccos
x
r
: y < 0
Weisen wir nun noch nach, dass wirklich (r; ) (x, y), also x = r cos und y = r sin
gelten. F ur die Winkelfunktionen ist cos(2 ) = cos(), sin(2 ) = sin() sowie
3.2. LINEARE ABBILDUNGEN UND MATRIZEN 23
cos
2
+ sin
2
= 1. F ur die x-Koordinate ergibt sich damit unmittelbar die gew unschte
1
x
2
x
2
+y
2
= r
y
r
= y
Sei nun y < 0, dann ist < = 2 < 2 und damit 0 > sin =
_
1 cos
2
.
r sin = r sin
_
2 arccos
x
r
_
= r sin
_
arccos
x
r
_
= r
_
1 cos
2
_
arccos
x
r
_
= r
y
r
= y
Damit wissen wir gleichzeitig, wie man Polarkoordinaten in cartesische umrechnet. 2
3.2 Lineare Abbildungen und Matrizen
Wenn wir Geometrie betreiben, wollen wir nat urlich auch Punkte bzw. Vektoren verschie-
ben, drehen oder spiegeln konnen. Diese drei Operationen gehoren zu einer speziellen Klas-
se von Abbildungen, den sogenannten Bewegungen. Um dorthin zu gelangen, f uhren wir
zunachst lineare und spater ane Abbildungen (4.2, p.54) ein. Mit linearen Abbildungen
konnen wir Drehungen und Spiegelungen beschreiben. Die anen Abbildungen brauchen
wir f ur zusatzliche Verschiebungen.
Denition 3.14 Seien V und W zwei Vektorraume uber dem Korper K. Eine lineare
Abbildung L : V W ist eine Abbildung, die jedem v V ein L(v) W zuordnet, so
dass
L(u +v) = L(u) +L(v) u, v V
L(v) = L(v) u V, K
Anstelle von L(v) werden wir oft auch Tv schreiben. Weiters unterscheiden wir folgende
spezielle lineare Abbildungen:
Linearform L : V K linear
Isomorphismus L : V W linear und bijektiv
Endomorphismus L : V V linear
Automorphismus L : V V linear und bijektiv
24 KAPITEL 3. LINEARE ALGEBRA
Wir wollen uns im Folgenden auf Endomorphismen konzentrieren, da wir an Abbildun-
gen vom R
2
in den R
2
interessiert sind. Lineare Abbildungen lassen sich durch Matrizen
darstellen. Diese Darstellung ist abhangig von der gewahlten Basis des Vektorraums. Um
eine solche Matrix zu erhalten, stellt man die Bilder einer Basis relativ zu einer zweiten
dar. Wir werden dabei in der Regel zweimal dieselbe Basis verwenden.
Denition 3.15 Seien V ein endlichdimensionaler Vektorraum sowie C = c
1
, . . . , c
n
und D = d
1
, . . . , d
n
zwei Basen von V . Weiters sei L : V V ein Endomorphismus
gegeben durch:
L(c
1
) = a
11
d
1
+. . . +a
n1
d
n
.
.
.
L(c
n
) = a
1n
d
1
+. . . +a
nn
d
n
Dann heit A die Matrix von L relativ zu den Basen C, D mit
A =
_
_
_
a
11
. . . a
1n
.
.
.
.
.
.
a
n1
. . . a
nn
_
_
_
Wenn fur Denitions- und Zielraum dieselbe Basis gewahlt wird, also C = D, dann
nennen wir A die Matrix von L relativ zur Basis C.
Um die Matrix eines Endomorphismus relativ zur Basis C zu erhalten, berechnet man
also die Bilder der Basisvektoren C, ndet deren Koordinaten relativ zu C und schreibt
diese Koordinaten spaltenweise in eine Matrix.
Betrachten wir beispielsweise den Endomorphismus L(x, y) = (2x y, 3y) relativ zur
Standardbasis im R
2
. Die Bilder der Basisvektoren sind L(1, 0) = (2, 0) = 2 (1, 0)+0 (0, 1)
und L(0, 1) = (1, 3) = 1 (1, 0) + 3 (0, 1). Die gefundenen Koordinaten der Bilder
schreiben wir nun spaltenweise in eine Matrix A, die damit den Endomorphismus L relativ
zur Standardbasis darstellt.
A =
_
2 1
0 3
_
Multipliziert man A mit einem Vektor (x, y) nach den Regeln der Matrizenmultiplika-
tion (
_
x
y
_
=
_
2x y
3y
_
Lineare Abbildungen lassen sich also mittels Matrizenmultiplikation realisieren. Wich-
tige Endomorphismen sind die identische Abbildung I (Matrix E) und die Drehung um den
3.2. LINEARE ABBILDUNGEN UND MATRIZEN 25
Ursprung (Matrix T()) gegen den Uhrzeigersinn um den Winkel (vgl. Bewegungen 4.4,
p.58).
E =
_
1 0
0 1
_
T() =
_
cos sin
sin cos
_
Ein Isomorphismus L : V W ist, wie gesagt, eine bijektive lineare Abbildung. Das
heit, dass es eine Umkehrabbildung L
1
: W V gibt, sodass f ur alle v V und
alle w W gilt: L
1
(L(v)) = v bzw. L(L
1
(w)) = w. Entsprechendes gilt auch f ur die
zugehorigenen Matrizen.
Denition 3.16 Eine Matrix T heit invertierbar genau dann, wenn es eine Matrix T
1
gibt, sodass TT
1
= T
1
T = E gilt.
Eine invertierbare Matrix T entspricht also einem Isomorphismus und T
1
seiner Um-
kehrabbildung.
Denition 3.17 Sei A = (a
ij
) eine mn Matrix. Dann ist A
t
die transponierte Matrix
zu A eine n m Matrix mit A
t
= (a
ji
). Wir nennen u V auch einen Spaltenvektor und
u
t
den zugehorigen Zeilenvektor.
Seien a
1
, . . . , a
n
K
m
die Spaltenvektoren der Matrix A = (a
1
, . . . , a
n
). A
t
ensteht
durch Vertauschen der Zeilen und Spalten von A. Die transponierte Matrix ist dann
A
t
=
_
_
_
a
t
1
.
.
.
a
t
n
_
_
_
.
Beispiel. A =
_
1 0 5
1 2 0
_
A
t
=
_
_
_
1 1
0 2
5 0
_
_
_
Das gewohnliche innere Produkt lasst sich damit auch als Matrizenmultiplikation aus-
dr ucken. Seien namlich u = (u
1
, . . . , u
n
) und v = (v
1
, . . . , v
n
) zwei Vektoren des R
n
, dann
gilt u, v) =
n
i=1
u
i
v
i
= u
t
v.
Bemerkung 3.3 Seien A eine mn Matrix und B eine n p Matrix. Dann gilt:
(A B)
t
= B
t
A
t
Abschlieend sehen wir uns noch zwei wichtige Begrie im Zusammenhang mit linearen
Abbildungen an.
Denition 3.18 Sei L : V W eine lineare Abbildung. Dann versteht man unter dem
Kern ( Nullspace) von L
ker(L) := v V : L(v) = O
Unter dem Bild ( Image) von L versteht man
im(L) := L(v) W : v V
26 KAPITEL 3. LINEARE ALGEBRA
ker(L) ist stets ein Untervektorraum von V und im(L) ein Untervektorraum von W.
Weiters gilt folgender Satz.
Satz 3.1 (Dimensionssatz f ur lineare Abbildungen) Seien L : V W eine linea-
re Abbildung und V ein endlichdimensionaler Vektorraum. Dann sind ker(L) und im(L)
endlichdimensional und
dim(V ) = dim(ker(L)) + dim(im(L)).
Mit Hilfe von Kern und Bild lasst sich der Begri Isomorphismus charakterisieren. Eine
lineare Abbildung ist namlich genau dann injektiv, wenn ker(L) = O, und genau dann
surjektiv, wenn im(L) = W gilt.
Satz 3.2 Eine lineare Abbildung L : V W ist genau dann ein Isomorphismus, wenn
ker(L) = O und im(L) = W.
3.3 Basiswechsel
Die Gestalt der Matrix einer linearen Abbildung hangt von der gewahlten Basis ab. Ge-
geben sei die zu einem Endomorphismus gehorende Matrix A relativ zur Basis C. Wie
berechnet man daraus die zum selben Endomorphismus gehorende Matrix B relativ zu
einer anderen Basis D?
A
C C
T T
1
D D
B
Die Idee ist nun folgende: Wir rechnen zunachst die Koordinaten relativ zur Basis D in
solche der Basis C um (Matrix T im Bild). Nun wenden wir die Matrix A an und erhalten
als Ergebnis wieder Koordinaten relativ zur Basis C. Diese wandeln wir schlussendlich
noch in Koordinaten relativ zu D um (Matrix T
1
im Bild). Insgesamt erhalten wir damit:
B = T
1
AT.
T ist hier die Matrix der identischen Abbildung relativ zu den Basen D, C. Die iden-
tische Abbildung ist ein Isomorphismus und T damit invertierbar. Die Umkehrabbildung
T
1
existiert also wirklich und stellt die identische Abbildung relativ zu C, D dar. Ma-
trizen, die dieselbe lineare Abbildung relativ zu unterschiedlichen Basen darstellen, nennt
man ubrigens ahnlich. In unserem Fall sind A und B ahnliche Matrizen.
3.3. BASISWECHSEL 27
Beispiel. Betrachten wir als Beispiel f ur einen Basiswechsel nun nochmals den Endomor-
phismus L(x, y) = (2xy, 3y), dessen Matrix relativ zur Standardbasis C = (1, 0), (0, 1)
wir vorhin berechnet haben:
A =
_
2 1
0 3
_
Wie sieht nun die zu L gehorige Matrix B relativ zur Basis D = (1, 1), (1, 1) aus?
Wir konnen B direkt berechnen, indem wir die Bilder der Basisvektoren von D relativ zu
D darstellen. Andererseits konnen wir B = T
1
AT verwenden, was wir nun tun wollen. T
ist dabei die Matrix der identischen Abbildung I relativ zu D, C.
I(1, 1) = (1, 1) = 1 (1, 0) + 1 (0, 1)
I(1, 1) = (1, 1) = 1 (1, 0) + 1 (0, 1)
T =
_
1 1
1 1
_
T
1
ist umgekehrt die Matrix der identischen Abbildung I relativ zu C, D.
I(1, 0) = (1, 0) =
1
2
(1, 1)
1
2
(1, 1)
I(0, 1) = (0, 1) =
1
2
(1, 1) +
1
2
(1, 1)
T
1
=
_
1
2
1
2
1
2
1
2
_
Einfaches Nachrechnen zeigt, dass wirklich TT
1
= T
1
T = E gilt. Nun berechnen wir
B:
B = T
1
AT =
_
1
2
1
2
1
2
1
2
__
2 1
0 3
__
1 1
1 1
_
=
_
2 0
1 3
_
Zur Probe wollen wir B auch noch direkt als Matrix von L relativ zur Basis D angeben.
L(1, 1) = (1, 3) = 2 (1, 1) + 1 (1, 1)
L(1, 1) = (3, 3) = 0 (1, 1) + 3 (1, 1)
B =
_
2 0
1 3
_
Basiswechsel werden bei der sogenannten Diagonalisierung von Matrizen (3.7, p.38) eine
Rolle spielen. Dabei versucht man, eine Basis D zu nden, bei der die Matrix B moglichst
einfache Gestalt annimmt. Dies wird insbesondere bei der Klassikation der Kegelschnitte
(4.5.3, p.75) f ur uns wichtig sein.
28 KAPITEL 3. LINEARE ALGEBRA
3.4 Determinante und Spur
An dieser Stelle wollen wir zunachst folgende Frage behandeln: Wie lasst sich die inverse
Matrix T
1
direkt aus T berechnen? Zur Beantwortung derselben f uhren wir nun den
Begri der Determinante ein. Danach uberlegen wir, wie sich Determinante und Spur
einer Matrix bei Basiswechsel verhalten.
Denition 3.19 Sei K ein Korper und A = (a
1
, . . . , a
n
) eine nn Matrix mit den Spalten
a
i
K
n
, 1 i n. Eine Determinante ist eine Funktion D : K
n
. . . K
n
K mit
folgenden Eigenschaften:
(i) D(a
1
, . . . , a
i
+a
j
, . . . , a
n
) = D(a
1
, . . . , a
n
) i ,= j 1, . . . , n
(ii) D(a
1
, . . . , a
i
, . . . , a
n
) = D(a
1
, . . . , a
n
) i 1, . . . , n, K
(iii) D(e
1
, . . . , e
n
) = 1 e
i
= (0, . . . , 0, 1, 0, . . . , 0).
Wir schreiben det A oder [A[.
Die Determinante einer 2 2 Matrix gibt den vorzeichenbehafteten Flacheninhalt des
durch die Zeilen- bzw. Spaltenvektoren aufgespannten Parallelogramms an (siehe Abbil-
dung 3.9). Bei 33 Matrizen erhalt man das Volumen eines Parallelepipeds. F ur det A ,= 0
ist damit intuitiv klar, dass die Spalten- bzw. Zeilenvektoren der Matrix A linear un-
abhangig sind. Die folgende Bemerkung folgt aus den Eigenschaften der Denition 3.19
einer Determinante.
Bemerkung 3.4 Sei A eine nn Matrix mit den Spaltenvektoren a
1
, . . . , a
n
R
n
. Dann
sind a
1
, . . . , a
n
genau dann linear unabhangig, wenn det A ,= 0.
Abbildung 3.9: Determinante einer 2 2 Matrix A = (a, b)
Wie berechnet man nun konkret die Determinante einer Matrix?
Denition 3.20 Sei A eine n n Matrix. Dann heit M
ij
der Minor von Element a
ij
,
und M
ij
entsteht durch Streichen der i-ten Zeile und j-ten Spalte von A.
3.4. DETERMINANTE UND SPUR 29
Beispiel. Sei A =
_
_
_
1 0 5
1 2 0
1 1 1
_
_
_
. Dann sind M
11
=
_
2 0
1 1
_
und M
23
=
_
1 0
1 1
_
.
Satz 3.3 (Entwicklungssatz f ur Determinanten) Sei A eine n n Matrix, dann be-
rechnet sich die Determinante von A wie folgt:
n = 1 : det(a) = a, A = (a)
n > 1 : det A =
n
j=1
(1)
1+j
a
1j
det M
1j
.
Die hier angegebene Berechnungsmethode nennt man Entwicklung nach der 1. Zeile.
Man kann jedoch auch nach einer beliebigen anderen Zeile oder Spalte entwickeln und
erhalt dasselbe Ergebnis.
Folgerung 3.1 Sei A eine 2 2 Matrix mit A =
_
a
11
a
12
a
21
a
22
_
. Dann ist nach Satz 3.3
det(A) = a
11
det M
11
a
12
det M
12
= a
11
a
22
a
12
a
21
.
Mit Hilfe der Determinante einer Matrix A kann man entscheiden, ob A invertierbar
ist. Falls dies der Fall ist, kann A
1
wie folgt berechnet werden.
Satz 3.4 Eine n n Matrix ist invertierbar genau dann, wenn det A ,= 0.
A
1
=
1
det A
A
wobei
A = ( a
ij
) mit a
ij
= (1)
i+j
det M
ji
.
Beispiel. Wir betrachten nun nochmals die Matrix T =
_
1 1
1 1
_
aus unserem Bei-
spiel zum Basiswechsel und berechnen jetzt direkt T
1
. Es sind det T = 2, det M
11
= 1,
det M
12
= 1, det M
21
= 1 und det M
22
= 1. Damit ist
T
1
=
1
2
_
1 1
1 1
_
=
_
1
2
1
2
1
2
1
2
_
Folgerung 3.2 Die Inverse einer invertierbaren 2 2 Matrix A =
_
a
11
a
12
a
21
a
22
_
ist nach
Satz 3.4 gegeben durch
A
1
=
1
a
11
a
22
a
12
a
21
_
a
22
a
12
a
21
a
11
_
.
Neben der Determinante ist auch die Spur eine wichtige Groe einer Matrix. Wir wollen
nun diesen zweiten Begri einf uhren und uns ansehen, wie sich beide Groen bei Basis-
wechsel verhalten.
30 KAPITEL 3. LINEARE ALGEBRA
Denition 3.21 Sei A = (a
ij
) eine n n Matrix. Die Spur von A ist dann deniert als
die Summe der Elemente der Hauptdiagonale von A.
spur(A) :=
n
i=1
a
ii
Bemerkung 3.5 Seien A und B zwei nn Matrizen. Dann gelten folgende Rechenregeln:
det(AB) = det A det B, spur(AB) = spur(BA).
Beispiel. Es gilt im Allgemeinen ubrigens nicht spur(AB) = spurA spurB. Ein Gegen-
beispiel ware etwa
A =
_
1 0
0 0
_
, B =
_
0 0
0 1
_
,
da hier spur(AB) = 0 und spurA spurB = 1 sind.
Satz 3.5 Determinante und Spur sind invariant gegenuber Basiswechsel, wenn in Deni-
tionsraum und Zielraum dieselbe Basis gewahlt wird.
Beweis. Wir haben folgende Situation eines Basiswechsels (3.3, p.26):
A
C C
T T
1
D D
B
A und B sind dabei zwei n n Matrizen, die demselben Endomorphismus entsprechen,
also ahnlich sind. A ist relativ zur Basis C, B relativ zur Basis D angegeben, d.h. die
Basen von Denitions- und Zielraum sind jeweils gleich. T rechnet Koordinaten von der
Basis D in solche zur Basis C um, T
1
ist f ur die umgekehrte Richtung zustandig. Es gilt
B = T
1
AT.
Unter Verwendung der Rechenregeln aus Bemerkung 3.5 f ur Determinante und Spur
weisen wir die Behauptungen nach.
det B = det(T
1
AT)
= det T
1
det A det T
= det T
1
det T det A
= det(T
1
T) det A
= det(E) det A
= det A.
3.5. LINEARE GLEICHUNGSSYSTEME 31
spurB = spur(T
1
AT)
= spur(T
1
(AT))
= spur((AT)T
1
)
= spur(A(TT
1
))
= spur(AE)
= spurA.
2
3.5 Lineare Gleichungssysteme
Die N utzlichkeit von Matrizen hat sich schon bei den linearen Abbildungen gezeigt. Auch
lineare Gleichungssysteme lassen sich mit Hilfe von Matrizen sehr gut beschreiben. Das
Gleichungssystem
3x + 2y = 4
5x + y = 11
kann man mittels
A =
_
3 2
5 1
_
, X =
_
x
y
_
, b =
_
4
11
_
in der Form A X = b anschreiben. Wenn A eine mn Matrix ist, so hat das Gleichungs-
system m Gleichungen und n Variablen. Man kann nun durch Untersuchung der Matrix A
und des Vektors b alle Losungen f ur X nden.
Denition 3.22 Ein lineares Gleichungssystem A X = b heit homogen, wenn b = O
und inhomogen, falls b ,= O.
Zunachst wollen wir uberlegen, wann es uberhaupt Losungen gibt. Dazu benotigen wir
zwei Begrie.
Denition 3.23 Sei A eine m n Matrix mit den Spaltenvektoren a
1
, . . . , a
n
. Unter
dem Rang der Matrix A verstehen wir die Dimension des Spaltenraumes.
rgA := dim[a
1
, . . . , a
n
]
Der Rang einer Matrix enstpricht damit ihrer maximalen Anzahl linear unabhangiger
Spalten. Genauso kann man den Zeilenrang denieren als Dimension des Zeilenraumes.
Bemerkenswerterweise gilt stets Zeilenrang = Spaltenrang.
Bemerkung 3.6 Sei A eine mn Matrix. Dann gilt: rgA = dim(imA).
32 KAPITEL 3. LINEARE ALGEBRA
Beweis. Nach Denition 3.18, p.25 ist
imA = A X R
m
: X R
n
= x
1
a
1
+. . . +x
n
a
n
R
m
: (x
1
, . . . , x
n
) R
n
= [a
1
, . . . , a
n
].
Daher gilt dim(imA) = dim([a
1
, . . . , a
n
]) = rgA. 2
Denition 3.24 Seien A eine m n Matrix mit den Spaltenvektoren a
1
, . . . , a
n
und
b R
m
. Dann heit die m(n+1) Matrix (A, b) erweiterte Matrix von A und ist deniert
durch (A, b) := (a
1
, . . . , a
n
, b).
Damit konnen wir bereits angeben, wann ein lineares Gleichungssystem Losungen be-
sitzt.
Satz 3.6 Ein lineares Gleichungssystem der Form A X = b hat genau dann mindestens
eine Losung, wenn rgA = rg(A, b).
Beweis. () Sei X
0
= (x
1
, . . . , x
n
) eine Losung von AX = b. Das heit x
1
a
1
+. . .+x
n
a
n
=
b. Der Vektor b ist also Linearkombination der Spaltenvektoren von A: b [a
1
, . . . , a
n
].
Damit gilt [b, a
1
, . . . , a
n
] = [a
1
, . . . , a
n
] und schlielich rg(A, b) = rgA.
() Sei umgekehrt rg(A, b) = rgA. Es ist zu zeigen, dass es ein X
0
gibt, so dass AX
0
=
b gilt. Angenommen b / [a
1
, . . . , a
n
]. Dann ware dim[a
1
, . . . , a
n
, b] = dim[a
1
, . . . , a
n
] + 1,
also rg(A, b) = rgA+ 1 > rgA. Dies steht im Widerspruch zu unserer Voraussetzung.
Es ist damit b [a
1
, . . . , a
n
] eine Linearkombination der Spaltenvektoren: b =
1
a
1
+
. . . +
n
a
n
. Wir setzen X
0
:= (
1
, . . . ,
n
) und haben damit eine Losung gefunden. 2
Eine spezielle Losung X
0
von A X = b nennen wir partikulare Losung. Wie man
ausgehend von einer partikularen Losung alle moglichen Losungen ndet, beschreibt der
nachste Satz.
Satz 3.7 Sei A X = b ein lineares Gleichungssystem mit der partikularen Losung X
0
.
Dann sind alle Losungen L gegeben durch
L = X
0
+
X :
X ker A
Beweis. Wir zeigen zuerst, dass X
0
+
X eine Losung ist.
X ker A heit, dass A
X = O
gilt.
X ist damit eine Losung des zugehorigen homogenen Systems. Auerdem ist AX
0
= b.
Durch Addieren dieser beiden Ausdr ucke sehen wir, dass X
0
+
X wirklich eine Losung ist.
A X
0
= b
A
X = O
_
+
A X
0
+ A
X = b +O
A (X
0
+
X) = b
3.5. LINEARE GLEICHUNGSSYSTEME 33
Wir haben noch zu zeigen, dass jede Losung diese Gestalt hat. Sei also Y = (y
1
, . . . , y
n
)
irgendeine Losung des Gleichungssystems, also A Y = b. Auerdem kennen wir die parti-
kulare Losung X
0
. Subtrahieren wir jetzt folgende beiden Ausdr ucke.
A Y = b
A X
0
= b
_
A Y A X
0
= b b
A (Y X
0
) = O
X := Y X
0
ist eine Losung des homogenen Systems und Element von ker A. Damit
hat jede Losung Y die Gestalt Y = X
0
+
X mit
X ker A. 2
Wir bekommen damit alle Losungen eines Gleichungssystems, indem wir zu einer parti-
kularen Losung des inhomogenen Systems alle Losungen des homogenen Systems addieren.
Die Struktur der Losungsmenge stellt einen anen Teilraum dar (vgl. Ane Raume 4.1,
p.45). Der Kern von A bildet stets einen Untervektorraum des R
n
, wodurch folgende De-
nition nahegelegt wird.
Denition 3.25 Unter der Dimension der Losungsmenge L eines linearen Gleichungssy-
stems A X = b verstehen wir dimL := dim(ker A).
Bemerkung 3.7 Sei A eine mn Matrix. Dann gilt fur die Losungsmenge L des homo-
genen linearen Gleichungssystems A X = O: dimL = n rgA.
Beweis. Nach dem Dimensionsatz f ur lineare Abbildungen (Satz 3.1, p.26) gilt n =
dim(imA) + dim(ker A). Nach Bemerkung 3.6 gilt rgA = dim(imA), und nach Deni-
tion 3.25 ist dimL = dim(ker A). 2
Wir wissen nun zwar, wann es Losungen gibt und wie deren Struktur aussieht, uber eine
konkrete Art der Berechnung haben wir allerdings noch nichts gesagt. Eine Moglichkeit
ist, die erweiterte Matrix so lange umzuformen, bis die Losungen ablesbar sind. Bei diesen
Umformungen darf sich die Losungsmenge des Systems nat urlich nicht verandern. Die
folgenden vier elementaren Umformungen erf ullen diese Bedingung. Auerdem lassen sie
den Rang von A bzw. (A, b) unverandert.
1. Vertauschen zweier Zeilen (Gleichungen) von (A, b)
2. Multiplikation einer Zeile (Gleichung) mit einer Zahl ,= 0 R
3. Addieren einer Zeile (Gleichung) zu einer anderen Zeile (Gleichung) von (A, b)
4. Vertauschen zweier Spalten (Variablen)
34 KAPITEL 3. LINEARE ALGEBRA
Satz 3.8 Durch diese elementaren Umformungen kann man die m(n+1) Matrix (A, b)
auf folgende Gestalt bringen, wobei r = rgA ist.
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
1 0 . . . 0 c
1(r+1)
. . . c
1n
d
1
0 1
.
.
. c
2(r+1)
. . . c
2n
d
2
.
.
.
.
.
. 0
.
.
.
.
.
.
.
.
.
0 . . . 0 1 c
r(r+1)
. . . c
rn
d
r
0 . . . 0 0 0 . . . 0 d
r+1
0 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0
.
.
.
.
.
.
0 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
Die wiederholte Anwendung elementarer Matrixumformungen zur Erreichung der an-
gef uhrten Matrix nennt man Gausches Eliminationsverfahren. Aus dieser Matrix kann
man dann die Losungen einfach ablesen. Die Losungsmenge L = X
0
+
X :
X ker A
mit dimL = n r ist gegeben durch:
X
0
=
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
d
1
.
.
.
d
r
0
.
.
.
0
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
ker A =
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
c
1(r+1)
.
.
.
c
r(r+1)
1
0
.
.
.
0
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
,
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
c
1(r+2)
.
.
.
c
r(r+2)
0
1
.
.
.
0
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
, . . . ,
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
c
1n
.
.
.
c
rn
0
.
.
.
0
1
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
Beispiel. Wir losen nun unser eingangs genanntes Beispiel durch Umformen der Matrix
(A, b). Dabei bezeichnen wir die Gleichungen bzw. Zeilen mit I, II.
_
3 2 4
5 1 11
_
1
3
I
_
1
2
3
4
3
5 1 11
_
II+5I
_
1
2
3
4
3
0
13
3
13
3
_
3
13
II
_
1
2
3
4
3
0 1 1
_
I
2
3
II
_
1 0 2
0 1 1
_
Wegen rgA = 2 ist ker A = O und es gibt nur die hier ablesbare Losung X
0
= (2, 1).
Eine weitere Moglichkeit zur Berechnung der Losungen ergibt sich f ur rgA = n. Hier
ist namlich dimL = n rgA = n n = 0 und das Gleichungssystem eindeutig losbar.
F ur diesen wichtigen Spezialfall lasst sich die eindeutig bestimmte partikulare Losung mit
Hilfe von Determinanten berechnen.
Satz 3.9 (Cramersche Regel) Sei A eine n n Matrix. Das lineare Gleichungssystem
A X = b ist genau dann eindeutig losbar, wenn det A ,= 0. Die Losung X
0
= (x
1
, . . . , x
n
)
ist dann gegeben durch
x
i
=
det(a
1
, . . . , a
i1
, b, a
i+1
, . . . , a
n
)
det A
, 1 i n
3.6. ORTHOGONALE ENDOMORPHISMEN 35
Beweis. Nach Bemerkung 3.4, p.28 sind a
1
, . . . , a
n
genau dann linear unabhangig, wenn
det A ,= 0. Es ist daher rgA = dim[a
1
, . . . , a
n
] = n genau dann, wenn det A ,= 0. Die linear
unabhangigen Vektoren a
1
, . . . , a
n
bilden eine Basis des R
n
. Der Vektor b R
n
ist daher
als Linearkombination von a
1
, . . . , a
n
darstellbar, und es gilt n = rgA = rg(A, b). Nach
Satz 3.6 hat unser Gleichungssystem damit mindestens eine Losung. Dass diese Losung
eindeutig ist, zeigt uns die Bemerkung 3.7 mit dimL = n rgA = n n = 0.
Wie sieht nun diese eindeutige Losung X
0
= (x
1
, . . . , x
n
) von A X = b aus? Es
gilt b = x
1
a
1
+ . . . + x
n
a
n
=
n
j=1
x
j
a
j
. Betrachten wir nun folgende Determinante und
verwenden dabei die Eigenschaften zum Rechnen mit Determinanten aus Denition 3.19,
p.28 sowie die bereits erwahnte Bemerkung 3.4, p.28.
det(a
1
, . . . a
i1
, b, a
i+1
, . . . , a
n
) =
det(a
1
, . . . a
i1
,
n
j=1
x
j
a
j
, . . . , a
n
) =
n
j=1
x
j
det(a
1
, . . . a
i1
, a
j
, a
i+1
, . . . , a
n
) =
x
i
det(a
1
, . . . a
i1
, a
i
, a
i+1
, . . . , a
n
) =
x
i
det A
Nach Division durch det A erhalten wir die gew unschte Losung. 2
Beispiel. Betrachten wir nochmals unser Beispiel mit Hilfe der Cramerschen Regel. Hierbei
ist A eine 2 2 Matrix:
A =
_
3 2
5 1
_
, b =
_
4
11
_
.
Wegen det A = 13 ist dieses Gleichungssystem nach Satz 3.9, p.34 eindeutig losbar. Die
Losung X
0
= (x
1
, x
2
) ist gegeben als
x
1
=
4 2
11 1
det A
=
26
13
= 2
x
2
=
3 4
5 11
det A
=
13
13
= 1
Die eindeutig bestimmte Losung dieses Gleichungssystems lautet damit X
0
= (2, 1).
3.6 Orthogonale Endomorphismen
Wir wollen uns nun einen speziellen Typ von linearen Abbildungen ansehen, der Langen
und Winkel von Vektoren unverandert lasst. Dadurch bleibt die Gestalt einer Figur bei
Anwendung der Abbildung erhalten. Anschaulich handelt es sich hierbei, wie wir spater
sehen werden, um Drehungen und Spiegelungen (vgl. Bewegungen 4.4, p.58).
36 KAPITEL 3. LINEARE ALGEBRA
Denition 3.26 Sei V ein euklidischer Vektorraum. Ein Endomorphisus L : V V
heit orthogonal oder isometrisch genau dann, wenn er das innere Produkt unverandert
lasst, also u, v V : u, v) = Lu, Lv).
Was passiert nun mit Langen und Winkeln bei Anwendung eines orthogonalen Endo-
morphismus?
Satz 3.10 Ein Endomorphismus L ist genau dann orthogonal, wenn er Langen invariant
lasst.
Beweis. () Sei L : V V ein orthogonaler Endomorphismus des euklidischen Vektor-
raums V und u, v V . Es gilt | u|
2
= u, u) = Lu, Lu) = | Lu|
2
und damit | u| = | Lu|.
() Sei umgekehrt u V : | u| = | Lu| und L ein Endomorphismus. Dann gilt
insbesondere f ur alle v, w V : | v + w| = | L(v + w)|. Betrachten wir nun diese beiden
Ausdr ucke:
| v +w|
2
= | v|
2
+ 2v, w) +| w|
2
Wegen L linear gilt L(v +w) = L(v) +L(w) und somit
| L(v +w)|
2
= | Lv +Lw|
2
= | Lv|
2
+ 2Lv, Lw) +| Lw|
2
.
Nach Gleichsetzen der beiden rechten Seiten ergibt sich sofort v, w) = Lv, Lw). L ist
nach Denition 3.26 orthogonal. 2
Folgerung 3.3 Ein orthogonaler Endomorphismus lasst Winkel invariant.
Beweis. Sei L ein orthogonaler Endomorphismus. Nach Denition 3.26, p.36 gilt f ur alle
u, v V : u, v) = Lu, Lv). Aufgrund von Satz 3.10 gilt zudem f ur alle u V : | u| =
| Lu|. Seien nun := (u, v) und := (Lu, Lv) mit 0 , , dann gilt cos =
u, v)
| u|| v|
=
Lu, Lv)
| Lu|| Lv|
= cos und damit = . 2
Wie gesagt lassen sich lineare Abbildungen und insbesondere Endomorphismen durch
Matrizen darstellen. Wie sehen nun die Matrizen eines orthogonalen Endomorphismus im
R
2
aus?
Satz 3.11 (
1
0 . . . 0
0
2
.
.
.
.
.
.
.
.
. 0
0 . . . 0
n
_
_
_
_
_
_
Die Zahlen
i
heien Eigenwerte, die Vektoren der Basis E nennt man Eigenvektoren.
Die Spalten von D sind die Bilder der Basisvektoren von E relativ zu E dargestellt (vgl.
Lineare Abbildungen 3.2, p.23). Das heit
L(v
i
) = 0 v
1
+. . . +
i
v
i
+ 0 v
i+1
+. . . + 0 v
n
.
Es gilt oenbar L(v
i
) =
i
v
i
. Mit der Matrix D lasst sich ubrigens sehr einfach rechnen,
denn
D
_
_
_
x
1
.
.
.
x
n
_
_
_
=
_
_
_
1
x
1
.
.
.
n
x
n
_
_
_
.
Wir wollen nun die genannten Begrie einf uhren.
3.7. DIAGONALISIERUNG VON MATRIZEN 39
Denition 3.28 Seien V ein euklidischer Vektorraum uber dem Korper K und L : V V
ein Endomorphismus. Eine Zahl K heit Eigenwert von L genau dann, wenn es ein
v ,= O V gibt, so dass
L(v) = v.
v heit Eigenvektor zum Eigenwert von L.
Denition 3.29 Ein Endomorphismus L : V V heit diagonalisierbar genau dann,
wenn es eine Basis E = v
1
, . . . , v
n
von V gibt, sodass die zu L gehorende Matrix relativ
zu E Diagonalgestalt hat.
Kurz: L ist diagonalisierbar genau dann, wenn es eine Basis aus Eigenvektoren von L
gibt.
Wie berechnet man nun Eigenwerte und Eigenvektoren? Wir uberlegen zunachst, wie
man zu einem gegebenen Eigenwert die passenden Eigenvektoren ndet, und gehen dazu
von Denition 3.28 aus:
L(v) = v
L(v) v = O
(L I)(v) = O,
wobei I die identische Abbildung ist. Der Endomorphismus (L I) bildet also jeden
Eigenvektor auf den Nullvektor ab. Die Eigenvektoren sind damit gerade die Elemente
des ker(L I). Konkret erhalten wir die Eigenvektoren zu gegebenem Eigenwert als
Losungen des homogenen linearen Gleichungssystems (AE)v = O. Diese Losungsmenge
nennt man Eigenraum.
Denition 3.30 Sei L : V V ein Endomorphismus mit Eigenwert . Dann heit
V
= v V : L(v) = v
der zum Eigenwert gehorende Eigenraum V
.
Da V
= ker(L I) ist und der Kern einer linearen Abbildung immer einen Unter-
vektorraum bildet, ist die Bezeichnung Eigenraum auch gerechtfertigt. Wie berechnet man
aber nun die Eigenwerte selbst? Dazu benotigen wir zunachst einen Hilfssatz.
Hilfssatz 3.12 Sei L : V V ein Endomorphismus. Dann ist Eigenwert von L genau
dann, wenn (L I) : V V kein Isomorphismus ist.
Beweis. () Seien ein Eigenwert von L und v ,= O ein zugehoriger Eigenvektor, dann
gilt:
L(v) = v
(L I)(v) = O
v ker(L I)
40 KAPITEL 3. LINEARE ALGEBRA
Nach Satz 3.2 ist (L I) genau dann ein Isomorphismus, wenn ker(L I) = O
und im(L I) = V sind. Da der Eigenvektor v ,= O ein Element des Kern ist, kann
(L I) kein Isomorphismus sein.
() Sei umgekehrt (LI) kein Isomorphismus. Nach Satz 3.2 ist damit ker(LI) ,=
O oder im(L I) ,= V . Nach dem Dimensionssatz f ur lineare Abbildungen (Satz 3.1)
gilt:
n = dimV = dim(ker(L I)) + dim(im(L I))
Wir zeigen nun, dass der Kern ungleich dem Nullvektor sein muss. Angenommen, es
ware ker(L I) = O, also dim(ker(L I)) = 0. Dann ist nach dem Dimensionssatz
dim(im(L I)) = n. Damit ist aber im(L I) = V und (L I) nach Satz 3.2 ein
Isomorphismus, was im Widerspruch zu unserer Voraussetzung steht.
Der Kern ist also ungleich dem Nullvektor. Es gibt daher ein v ,= O V , das auf den
Nullvektor abgebildet wird:
v ,= O ker(L I)
(L I)(v) = O
L(v) = v
Nach Denition 3.28 sind ein Eigenwert von L und v ein zugehoriger Eigenvektor. 2
Wie kann man nun aber herausnden, ob (LI) ein Isomorphismus ist? Diese Frage
beantworten wir mit Hilfe von Determinanten. Jede zu einem Isomorphismus gehorende
Matrix ist invertierbar. Nach Satz 3.4, p.29 ist eine Matrix genau dann invertierbar, wenn
ihre Determinante ungleich null ist. Sei nun A eine zu L gehorende Matrix, dann gilt:
(L I) ist kein Isomorphismus genau dann, wenn det(A E) = 0 ist. Dies f uhrt uns
zu folgender Denition, mit deren Hilfe wir dann tatsachlich die Eigenwerte einer Matrix
berechnen konnen.
Denition 3.31 Das charakteristische Polynom einer Matrix A ist deniert als
(t) := det(At E),
wobei E die Einheitsmatrix ist.
Nach Satz 3.5, p.30 andert sich die Determinante nicht bei einem Basiswechsel. Die-
se Eigenschaft gilt damit auch f ur das charakteristische Polynom. Das charakteristische
Polynom hangt also nur vom Endomorphismus, nicht von der gewahlten Basis ab. Die
Eigenwerte sind gerade die Nullstellen des charakteristischen Polynoms, wie der nachste
Satz zeigt.
Satz 3.13 Sei L : V V ein Endomorphismus mit charakteristischem Polynom (t).
ist genau dann Eigenwert von L, wenn () = 0.
3.7. DIAGONALISIERUNG VON MATRIZEN 41
Beweis. Seien C = c
1
, . . . , c
n
eine Basis von V und A = (a
ij
) die zu L gehorende Matrix
relativ zur Basis C. Nach Hilfssatz 3.12 ist Eigenwert von L genau dann, wenn (LI)
kein Isomorphismus ist. Nach Satz 3.4, p.29 ist dies gleichbedeutend mit det(AE) = 0.
Nach Denition 3.31 heit dies () = 0. Da wir soeben nur
_
8 2
2 5
_
0 = (8 )(5 ) 4
0 =
2
13 + 36
Als Eigenwerte bekommen wir damit
1
= 4 und
2
= 9. Die Eigenvektoren von
1
= 4 sind die Losungen des folgenden homogenen linearen Gleichungssystems:
(A
1
E) v =
_
8
1
2
2 5
1
_
v =
_
4 2
2 1
_
v = O
Wir wissen schon, dass die beiden Zeilen linear abhangig sind, da ja det(A
1
E) =
(
1
) = 0 ist (vgl. Bemerkung 3.4, p.28). Nach der Cramerschen Regel (Satz 3.9, p.34)
ist das System nicht eindeutig losbar. Die eindimensionale Losungsmenge umfasst alle
Vielfachen von v
1
= (1, 2) und ergibt den Eigenraum V
4
= [(1, 2)]. Genauso bekommen
wir zu
2
= 9 den zugehorigen Eigenraum V
9
= [(2, 1)].
Von der Matrix A kommen wir damit zu einer ahnlichen Diagonalmatrix D relativ zur
Basis der Eigenvektoren (1, 2), (2, 1).
D =
_
4 0
0 9
_
Sind eigentlich alle quadratischen Matrizen diagonalisierbar? Nach Denition 3.29, p.39
ist ein Endomorphismus genau dann diagonalisierbar, wenn es eine Basis aus Eigenvektoren
gibt. Betrachten wir beispielsweise die Matrix
A =
_
4 1
1 2
_
.
Das charakteristische Polynom von A, (t) = t
2
6t + 9, hat = 3 als doppelte Null-
stelle. Der zugehorige Eigenraum ist V
3
= [1, 1] und stellt die Menge aller Eigenvektoren
von A dar. Es ist hier nicht moglich, eine Basis des R
2
aus Eigenvektoren anzugeben, da
es keine zwei linear unabhangigen Eigenvektoren gibt. A ist also nicht diagonalisierbar.
42 KAPITEL 3. LINEARE ALGEBRA
Denition 3.32 Seien V ein endlichdimensionaler Vektorraum, L : V V ein Endo-
morphismus und ein Eigenwert von L. Die geometrischen Vielfachheit von ist die
Dimension des Eigenraums, also dim(V
_
a t b
b c t
_
= 0
0 = (a t)(c t) b
2
= t
2
(a +c)t +ac b
2
t
1/2
=
a +c
_
(a +c)
2
4(ac b
2
)
2
=
a +c
a
2
2ac +c
2
+ 4b
2
2
=
a +c
_
(a c)
2
+ 4b
2
2
1
= t
1
und
2
= t
2
sind wegen b ,= 0 zwei verschiedene reelle Eigenwerte. Betrachten
wir nun die zugehorigen Eigenvektoren bzw. Eigenraume, indem wir das folgende homogene
lineare Gleichungssystem f ur v R
2
losen (i = 1, 2).
(A
i
E) v = O
_
a
i
b
b c
i
_
v = O
v
i
:=
1
_
b
2
+ (
i
a)
2
_
b
i
a
_
44 KAPITEL 3. LINEARE ALGEBRA
v
1
und v
2
sind die entsprechenden normierten Eigenvektoren. Es bleibt noch zu zeigen,
dass die Eigenvektoren eine ONB bilden, also v
1
v
2
bzw. v
1
, v
2
) = 0. Wir konnten dies
durch einfaches Nachrechnen tun, wollen aber folgenden allgemeineren Ansatz wahlen, der
auch f ur n n Matrizen funktioniert und zeigt, wie die Symmetrie der Matrix A hier
entscheidend einiet.
Nach Denition 3.28 gilt A v
1
=
1
v
1
und A v
2
=
2
v
2
. Da A symmetrisch ist, gilt
nach Bemerkung 3.8 v
1
, Av
2
) = Av
1
, v
2
). Wir betrachten nun v
1
, v
2
):
1
v
1
, v
2
) =
1
v
1
, v
2
)
1
v
1
= Av
1
= Av
1
, v
2
) Av
1
, v
2
) = v
1
, Av
2
)
= v
1
, Av
2
)
2
v
2
= Av
2
= v
1
, v
2
)
=
2
v
1
, v
2
)
Daraus folgt sofort (
1
2
)v
1
, v
2
) = 0. Da wir zwei verschiedene reelle Eigenwerte
1
,=
2
haben, muss v
1
, v
2
) = 0 gelten. Die Eigenvektoren stehen also normal aufeinander
und bilden eine Orthonormalbasis. 2
Symmetrische Matrizen sind f ur uns sehr wichtig, weil sie bei Kegelschnitten eine Rolle
spielen. Wir f uhren uns deshalb die Situation der Diagonalisierung einer symmetrischen
Matrix nochmals klar vor Augen. Sei A eine symmetrische 22 Matrix relativ zur Standard-
basis C = (1, 0), (0, 1). Wir f uhren nun einen Basiswechsel zur ONB der Eigenvektoren
durch. Dadurch erhalten wir eine Diagonalmatrix D relativ zur Basis E der Eigenvektoren.
A
C C
T T
1
E E
D
Es gilt also D = T
1
AT. T stellt die identische Abbildung relativ zu E, C dar und hat
gerade die Eigenvektoren als Spaltenvektoren: T = (v
1
, v
2
) (vgl. Lineare Abbildungen 3.2,
p.23). Die Eigenvektoren bilden laut Spektralsatz eine ONB, es gilt also | v
1
| = | v
2
| = 1
und v
1
v
2
. Nach dem
Aquivalenzsatz f ur orthogonale Matrizen (Satz 3.11, p.36(iii)) ist T
eine orthogonale Matrix. Damit ist T invertierbar und T
1
= T
t
.
Fassen wir unsere
Uberlegungen in einer Folgerung aus dem Spektralsatz zusammen:
Folgerung 3.4 Seien A eine symmetrischen Matrix relativ zur Standardbasis des R
2
und
v
1
, v
2
ihre Eigenvektoren. Dann erhalt man ihre ahnliche Diagonalmatrix D relativ zur
Orthonormalbasis der Eigenvektoren durch
D = T
t
A T,
wobei T = (v
1
, v
2
) ist.
Kapitel 4
Ane und euklidische Geometrie
In der Vektorraumtheorie der linearen Algebra betrachtet man Vektoren immer vom Null-
punkt aus abgetragen. Wir wollen nun den Ursprung frei wahlen konnen und kommen mit
diesem Wunsch sofort in die Geometrie der Lage, die sogenannte ane Geometrie. Nimmt
man zur anen Geometrie ein inneres Produkt hinzu, ndet man sich in der euklidischen
Geometrie wieder.
Die ane Geometrie ist im Wesentlichen Vektorraumtheorie mit erweiterter Sprechwei-
se. Anstelle von Vektorraumen (3.1) sprechen wir nun von anen Raumen (4.1), lineare
Abbildungen (3.2) werden zu anen Abbildungen (4.2) und Basiswechsel mutieren zu Ko-
ordinatentransformationen (4.3). Besonderes Augenmerk wollen wir auf die Erweiterung
der orthogonalen Endomorphismen, die Bewegungen (4.4), legen. Dazu gehoren Verschie-
bungen, Drehungen und Spiegelungen.
4.1 Ane Raume
Denition 4.1 Seien / eine nichtleere Menge, die sogenannte Punktmenge, V ein Vek-
torraum uber dem Korper K und f : // V . Die Funktion f ordnet zwei Punkten P
und Q ihren Verbindungsvektor aus V zu:
PQ := f(P, Q).
(/, V, f) heit genau dann aner Raum, wenn folgende beiden Bedingungen erfullt sind.
Abtragungsaxiom P /, v V,
1
Q / :
PQ = v
Parallelogrammregel P, Q, R / :
PQ+
QR =
PR
In einem anen Raum gibt es also neben Vektoren auch Punkte. Das Abtragungsaxiom
besagt, dass von jedem Punkt P aus in eindeutiger Weise ein Vektor v abgetragen werden
kann und man so zu einem Punkt Q kommt (Abbildung 4.1). Der Vektor v ist dabei
der Verbindungsvektor von P und Q: v =
PQ. Auerdem gilt die Parallelogrammregel
(Abbildung 4.2).
Man kann aus jedem Vektorraum sofort einen anen Raum (V, V, f) konstruieren,
indem man / = V und
PQ = f(P, Q) := QP setzt. Dadurch wird die ane Geometrie
45
46 KAPITEL 4. AFFINE UND EUKLIDISCHE GEOMETRIE
Abbildung 4.1: Abtragungsaxiom
Abbildung 4.2: Parallelogrammregel
aufgefasst als Vektorraumtheorie mit erweiterter Sprechweise, was wir hier tun wollen. Die
Elemente von V konnen nun als Vektoren oder Punkte interpretiert werden. In der anen
Sprechweise f ur einen Vektorraum werden die Elemente von V grundsatzlich als Punkte
betrachtet. Ausnahmen sind die Verbindungsvektoren
PQ, insbesondere die Ortsvektoren
AUME 47
Abbildung 4.3: Koordinatensystem
Denition 4.4 Sei ein aner Unterraum von V mit dimV = n. Dann gebrauchen wir
folgende Namen fur :
ane Gerade : dim = 1
ane Ebene : dim = 2
ane Hyperebene : dim = n 1
Denition 4.5 Die Punkte P
1
, . . . , P
n
aus V heien kollinear bzw. komplanar genau dann,
wenn es eine Gerade bzw. Ebene gibt, die sie enthalt. Punkte, die nicht kollinear sind,
nennen wir in allgemeiner Lage.
Wie man rechnerisch uberpr uft, ob drei Punkte kollinear sind, werden wir spater in
Bemerkung 6.2, p.122 sehen.
Denition 4.6 Seien = P+U ein aner Unterraum von V und u
1
, . . . , u
m
eine Basis
von U. Dann erhalt man die Punkte X in der Gestalt X = P +
1
u
1
+. . . +
m
u
m
mit
i
K, i 1, . . . , m und nennt dies eine Parameterdarstellung von Gamma.
Eine Gerade durch die Punkte P und Q ist ein eindeutig festegelegter eindimensionaler
aner Raum mit einer Parameterdarstellung der Gestalt X = P +
PQ.
Kommen wir nun zu einem weiteren wichtigen Begri, der Parallelitat zweier aner
Raume.
Denition 4.7 Zwei ane Raume
1
,
2
sind genau dann parallel, wenn U
1
U
2
oder
U
2
U
1
.
Zwei Geraden sind daher genau dann parallel, wenn ihre Richtungsvektoren linear
abhangig sind.
Uberlegen wir nun, wann sich zwei Geraden des R
2
schneiden.
Bemerkung 4.1 Zwei Geraden des R
2
haben genau dann einen eindeutigen Schnittpunkt,
wenn sie nicht parallel sind.
48 KAPITEL 4. AFFINE UND EUKLIDISCHE GEOMETRIE
Beweis. Seien g : X = A +
AB und h : X = C +
AB = C +
CD
AB
CD = C A
_
AB
t
CD
t
_
_
=
AC
Dieses Gleichungssystem ist nach der Cramerschen Regel (Satz 3.9, p.34) genau dann
eindeutig losbar, wenn det
_
AB
t
CD
t
_
,= 0 ist. Nach Bemerkung 3.4, p.28 ist dies genau
dann der Fall, wenn die Richtungsvektoren
AB und
CD linear unabhangig sind. Nach
Denition 4.7 sind schlielich zwei Geraden genau dann nicht parallel, wenn ihre Rich-
tungsvektoren linear unabhangig sind. 2
Wie man den Schnittpunkt zweier Geraden konkret berechnet, beantworten wir im
Rahmen der projektiven Geometrie in Satz 5.3, p.109.
4.1.1 Normalvektorform
Eine mogliche Art der Darstellung aner Teilraume ist die Parameterdarstellung. Eine
weitere ist ein lineares Gleichungssystems.
Bemerkung 4.2 Ein aner Teilraum lasst sich durch n dim lineare Gleichungen
angeben.
Beweis. Sei = P + U ein aner Teilraum. kann als Losungsmenge eines linearen
Gleichungssystems A X = b interpretiert werden. Nach Bemerkung 3.7, p.33 gilt daf ur
dim = n rgA. Der Rang der Matrix A stellt dabei die Anzahl der linear unabhangigen
Zeilen, also Gleichungen, dar. Es gilt somit: (minimale) Anzahl der Gleichungen = rgA =
n dim. 2
Folgerung 4.1 Eine ane Hyperebene lasst sich durch eine Gleichung der Form
PX, n) = 0
mit P und n V angeben.
Beweis. Sei = P + U mit U V , dimU = n 1 eine ane Hyperebene. Nach
Bemerkung 4.2 lasst sich durch n dim = n (n 1) = 1 Gleichung angeben.
Diese Gleichung hat die Form a
1
x
1
+ . . . + a
n
x
n
= b, wobei dies Koordinaten relativ
zu einer ONB von V seien. Wir setzen nun n := (a
1
, . . . , a
n
) V und konnen nach
Bemerkung 3.1, p.21 f ur das innere Produkt in einem Vektorraum mit ONB die obige
Gleichung als X, n) = b schreiben. Der Vektor n ist sogar eindeutig bestimmt, denn
4.1. AFFINE R
AUME 49
angenommen f ur n
t
,= n ware auch X, n
t
) = b, dann ware X, n
t
n) = 0 und somit
n
t
= n.
P liegt in und erf ullt daher P, n) = b. Durch Subtrahieren folgender beiden Aus-
dr ucke erhalten wir die Behauptung.
X, n) = b
P, n) = b
_
X, n) P, n) = 0
X P, n) = 0
PX, n) = 0
2
Die Vektoren
AUME 51
2
Das Vektorprodukt liefert uns den Normalvektor einer Hyperebene. Mittels Normal-
vektorform bekommen wir daraus ihre Gleichung. Was passiert aber, wenn die Vektoren
u
1
, . . . , u
n1
nicht linear unabhangig sind?
Satz 4.3 u
1
. . . u
n1
= O u
1
, . . . , u
n1
linear abhangig
Beweis. Sei z = u
1
. . . u
n1
.
() Sei z = O. Angenommen u
1
, . . . , u
n1
sind linear unabhangig. Dann konnen wir
diese Vektoren um u
n
zu einer Basis von V erganzen, sodass [u
1
, . . . , u
n
] = V ist. Nach
Bemerkung 3.4, p.28 ist die Determinante linear unabhangiger Vektoren immer ungleich
null. 0 ,= det(u
1
, . . . , u
n1
, u
n
) = u
n
, z) und daher z ,= O. Dies steht im Widerspruch zu
unserer Voraussetzung, weshalb u
1
, . . . , u
n1
linear abhangig sein m ussen.
() Seien u
1
, . . . , u
n1
linear abhangig. Dann ist nach Bemerkung 3.4 f ur alle X V :
0 = det(u
1
, . . . , u
n1
, X) = X, z). Dies kann nur dann der Fall sein, wenn z = O. 2
Schauen wir uns jetzt an, wie man das Vektorprodukt im R
2
und R
3
berechnet.
Vektorprodukt im R
2
Seien a = (a
x
, a
y
) und X = (x, y) zwei Vektoren des R
2
relativ zu einer ONB dargestellt. Im
R
2
gibt es nur einen Faktor des Vektorproduktes n = (n
x
, n
y
) = a. Mittels Denition 4.9
und Koezientenvergleich erhalten wir n:
X, n) = X, a) = det(a, X) =
a
x
x
a
y
y
n
x
x +n
y
y = a
x
y a
y
x
n =
_
a
y
a
x
_
Wir wissen bereits, dass dieses n einen Normalvektor von a darstellt und hatten n = a
geschrieben.
Vektorprodukt im R
3
Seien a = (a
x
, a
y
, a
z
), b = (b
x
, b
y
, b
z
) und X = (x, y, z) drei Vektoren des R
3
relativ zu einer
ONB dargestellt. Wir betrachten nun das Vektorprodukt n = (n
x
, n
y
, n
z
) = a b. Mittels
Koezientenvergleich erhalten wir auch hier die Koordinaten von n. Wir entwickeln dazu
die Determinante nach ihrer letzten Spalte.
X, n) = X, a b) = det(a, b, X) =
a
x
b
x
x
a
y
b
y
y
a
z
b
z
z
a
y
b
y
a
z
b
z
a
x
b
x
a
z
b
z
y +
a
x
b
x
a
y
b
y
z
n =
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
a
y
b
y
a
z
b
z
a
x
b
x
a
z
b
z
a
x
b
x
a
y
b
y
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
=
_
_
_
a
y
b
z
a
z
b
y
a
z
b
x
a
x
b
z
a
x
b
y
a
y
b
x
_
_
_
n steht nach Satz 4.2 normal zu a und b. Wenn a und b linear abhangig sind, dann
verschwindet das Vektorprodukt und n = O (Satz 4.3). Da das Vektorprodukt des R
3
in
der projektiven Geometrie (5) eine wichtige Rolle spielen wird, sehen wir uns noch einige
Rechenregeln dazu an.
Satz 4.4 (Rechenregeln f ur das Vektorprodukt im R
3
) Im R
3
gelten folgende Re-
chenregeln fur alle a, b, c, d R
3
und R:
(i) (a b) = a b
(ii) a (b +c) = a b +a c Distributivgesetz
(iii) a b = (b a) Antisymmetrie
(iv) a, b c) = det(a, b, c) Spatprodukt
Beweis. Nach Denition 4.9, p.50 ist X, ab) = det(a, b, X) f ur alle X. Die Rechenregeln
lassen sich somit auf Rechenregeln f ur Determinanten zur uckf uhren.
(i) det(a, b, X) = det(a, b, X) f ur alle X.
(ii) det(a, b +c, X) = det(a, b, X) + det(a, c, X) f ur alle X.
(iii) det(a, b, X) = det(b, a, X) f ur alle X.
(iv) a, b c) = det(b, c, a) = det(b, a, c) = det(a, b, c) 2
Eine geometrische Bedeutung des Vektorproduktes im R
3
kennen wir bereits: a b
stellt einen Normalvektor von a und b dar (Satz 4.2). Bei der Behandlung von Deter-
minanten hatten wir angemerkt, dass [ det(a, b, c)[ das Volumen des von diesen Vektoren
aufgespannten Parallelepipeds darstellt. Dieses Volumen entspricht dem Absolutbetrag des
Spatprodukts [ c, a b)[ = [ det(c, a, b)[ = [ det(a, b, c)[.
Die Hohe dieses Parallelepipeds entspricht der Projektion von c auf den Normalvektor
ab, also h = c,
ab
| ab|
) und damit h | ab| = c, ab) = Volumen des Parallelepipeds.
Das Volumen eines Korpers entspricht dem Produkt von Grundache und Hohe. Damit ist
klar, dass die Lange des Normalvektors | a b| der Flache des von a und b aufgespannten
Parallelogramms entspricht.
4.1. AFFINE R
AUME 53
Abbildung 4.5: Spatprodukt [ c, a b)[ als Volumen des Parallepipeds
Abbildung 4.6: Vektorprodukt
Beispiele zur Normalvektorform
Wir verwenden nun das Vektorprodukt, um die Gleichung einer Geraden des R
2
und einer
Ebene des R
3
anzugeben.
Beispiel. Seien die Punkte P = (1, 3) und Q = (5, 2) gegeben. Gesucht sind Parameterdar-
stellung und Gleichung der Geraden g durch P und Q. Der Richtungsvektor der Geraden
g ist
g =
g
=
_
g
y
g
x
_
=
_
1
4
_
X, n) = P, n)
_
x
y
_
,
_
1
4
_
) =
_
1
3
_
,
_
1
4
_
)
g : x + 4y = 13
54 KAPITEL 4. AFFINE UND EUKLIDISCHE GEOMETRIE
Beispiel. Betrachten wir jetzt eine Ebene e im R
3
durch die Punkte P(4, 2, 2), Q(5, 4, 4)
und R(11, 7, 1). Die Richtungsvektoren von e sind dann u
1
=
PQ = (1, 2, 2) und u
2
=
1 7 x
2 5 y
2 1 z
n =
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
2 5
2 1
1 7
2 1
1 7
2 5
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
=
_
_
_
12
15
9
_
_
_
Eine Gleichung von e bekommen wir wiederum durch Einsetzen in die Normalvektor-
form X, n) = P, n).
X, n) = P, n)
_
_
_
x
y
z
_
_
_,
_
_
_
12
15
9
_
_
_) =
_
_
_
4
2
2
_
_
_,
_
_
_
12
15
9
_
_
_)
e : 12x + 15y 9z = 36
4.2 Ane Abbildungen
Lineare Abbildungen bilden den Nullpunkt immer auf den Nullpunkt ab. Denn aus T(O) =
T(O+O) = T(O) +T(O) folgt T(O) = O. Mit linearen Abbildungen ist daher keine Ver-
schiebung moglich, weshalb wir jetzt ihre Erweiterung, die anen Abbildungen einf uhren
wollen.
Denition 4.10 Seien V und W zwei Vektorraume uber dem Korper K. Die Abbildung
: V W heit an, wenn es eine lineare Abbildung L : V W gibt, so dass fur alle
X, Y V gilt:
(X) (Y ) = L(X Y ).
4.2. AFFINE ABBILDUNGEN 55
Satz 4.5 Eine Abbildung : V W ist genau dann an, wenn sie sich mittels einer
linearen Abbidlung L : V W und einem Vektor b W in der Form
(X) = L(X) +b
schreiben lasst.
Beweis. () Sei eine ane Abbildung. Nach Denition 4.10 gibt es eine lineare Ab-
bildung L : V W, so dass f ur alle X, Y V : (X) (Y ) = L(X Y ) gilt. L
ist durch wegen des Abtragungsaxioms eindeutig bestimmt, da jedes Element von V
als Dierenz X Y vorkommt. Umgekehrt ist durch L eindeutig bestimmt, wenn von
einem festen Punkt P bekannt ist, welches Bild (P) er besitzt. Denn f ur Y = P folgt aus
Denition 4.10
(X) = (P) +L(X P) = L(X) +(P) L(P).
F ur b := (P) L(P) haben wir damit die gew unschte Form.
() Sei umgekehrt eine Abbildung der Form (X) = L(X) +b gegeben, wobei L eine
lineare Abbildung ist. Daraus folgt sofort
(X) (Y ) = L(X) +b (L(Y ) +b) = L(X) L(Y ) = L(X Y ),
was der Denition 4.10 einer anen Abbildung entspricht. 2
Beispiel. Ein Beispiel f ur eine ane Abbildung ware etwa
(X) =
_
2 3
1 0
_
+
_
1
5
_
.
Sie bildet den Punkt P = (x, y) auf (P) = (2x + 3y 1, x + 5) ab.
Zum Rechnen ist es oft praktischer, eine Abbildung nur mit Hilfe einer Matrizenmul-
tiplikation durchf uhren zu konnen. Bei den linearen Abbildungen war dies ganz nat urlich
der Fall. Um auch bei anen Abbildungen eine solche Vereinfachung zu erreichen, f uhren
wir schon an dieser Stelle homogene Koordinaten ein. Dieser Begri ist vor allem in der
projektiven Geometrie (5) von Bedeutung.
Denition 4.11 Sei P = (x, y) ein Punkt des R
2
. Das Tupel (x, y) R
2
heit inhomo-
gene Koordinaten von P. Das Tupel (zx, zy, z) R
3
heit fur alle z ,= 0 R homogene
Koordinaten von P.
P =
_
x
y
_
_
_
_
zx
zy
z
_
_
_
56 KAPITEL 4. AFFINE UND EUKLIDISCHE GEOMETRIE
Jedem Punkt des R
2
entspricht also eine Gerade des R
3
durch den Urpsrung. In der
anen Geometrie werden wir zunachst immer z = 1 wahlen.
P =
_
x
y
_
_
_
_
x
y
1
_
_
_
Durch Einf uhrung homogener Koordinaten lasst sich eine ane Abbildung (X) =
T(X) +b in der Form
(X) =
_
T b
O
t
1
_
X
schreiben, wobei X = (x, y, 1) in homogenen Koordinaten anzugeben ist. Aus dem Kontext
wird jeweils klar sein, ob inhomogene oder homogene Koordinaten zu verwenden sind.
Beispiel. Unser Beispiel von vorhin lasst sich mit Hilfe der homogenen Koordinaten jetzt
als reine Matrizenmultiplikation anschreiben:
(X) =
_
_
_
2 3 1
1 0 5
0 0 1
_
_
_
X.
4.3 Koordinatentransformationen
Gegeben seien zwei Koordinatensysteme ( = P; c
1
, . . . , c
n
und T = Q; d
1
, . . . , d
n
. Wie
rechnet man die Koordinaten eines Punktes X, die relativ zum System T gegeben sind, in
Koordinaten des Systems ( um?
Abbildung 4.7: Koordinatentransformation
Ein ahnliches Problem haben wir beim Basiswechsel (3.3, p.26) von linearen Abbildun-
gen bereits gelost. Sei v
T
ein Vektor mit Koordinaten relativ zur Basis d
1
, . . . , d
n
. Seine
Koordinaten relativ zur Basis c
1
, . . . , c
n
konnen wir dann mittels v
(
= T v
T
berechnen,
wobei T die Matrix der identischen Abbildung relativ zu d
1
, . . . , d
n
, c
1
, . . . , c
n
ist.
4.3. KOORDINATENTRANSFORMATIONEN 57
Bei einer Koordinatentransformation zwischen anen Koordinatensystemen m ussen
wir zusatzlich noch die Verschiebung des Ursprungs ber ucksichtigen. Sei X
T
ein Punkt
relativ zum Koordinatensystem T. Den Ortsvektor
OX
T
=
QX rechnen wir durch einen
Basiswechsel in Koordinanten relativ zu c
1
, . . . , c
n
um und erhalten T
OX
T
= T X
T
(Abbildung 4.7).
Abbildung 4.8: Koordinatentransformation durch Basiswechsel
T
OX
T
ist ein Vektor im Koordinatensystem ( und damit vom Ursprung P aus
abgetragen zu denken (Abbildung 4.8). Um die Koordinaten von X
(
zu erhalten, m ussen
wir T
OX
T
aber von Q aus abtragen, ihn also um
PQ verschieben. Wir erhalten damit
X
(
= T X
T
+
PQ,
wobei T die Matrix der identische Abbildung relativ zu d
1
, . . . , d
n
, c
1
, . . . , c
n
ist. Da
die identische Abbildung bijektiv ist, konnen wir T invertieren und es gilt:
X
T
= T
1
(X
(
PQ) = T
1
X
(
T
1
PQ,
wobei T
1
die Matrix der identische Abbildung relativ zu c
1
, . . . , c
n
, d
1
, . . . , d
n
ist.
Nach dem folgenden Hilfsatz konnen wir eine Koordinatentransformation in homogener
Schreibweise sehr einfach anschreiben.
Hilfssatz 4.6 Sei T invertierbar, dann gilt: A =
_
T b
O
t
1
_
ist invertierbar und
A
1
=
_
T
1
T
1
b
O
t
1
_
.
Beweis. Nach Denition 3.16, p.25 ist A genau dann invertierbar, wenn AA
1
= A
1
A =
E gilt. Dies zeigen wir nun:
_
T b
O
t
1
_
_
T
1
T
1
b
O
t
1
_
=
_
TT
1
TT
1
b +b
O
t
1
_
=
_
E O
O
t
1
_
= E
_
T
1
T
1
b
O
t
1
_
_
T b
O
t
1
_
=
_
T
1
T T
1
b T
1
b
O
t
1
_
=
_
E O
O
t
1
_
= E
58 KAPITEL 4. AFFINE UND EUKLIDISCHE GEOMETRIE
2
Damit gilt f ur X
(
und X
T
in homogenen Koordinaten:
X
(
=
_
T
PQ
O
t
1
_
X
T
, X
T
=
_
T
PQ
O
t
1
_
1
X
(
.
Jede invertierbare ane Abbildung kann als Koordinatentransformation interpretiert
werden. Die Transformationen zwischen orthonormalen Koordinatensystemen werden wir
im nachsten Abschnitt behandeln.
4.4 Bewegungen
Wir wollen uns nun einen bestimmten Typ von anen Abbildungen ansehen, der die
Abstande von Punkten unverandert lasst. Solche Abbildungen nennt man Bewegungen. Sie
sind eine Erweiterung der orthogonalen Endomorphismen (3.6, p.35), die wir als Spezialfall
von linearen Abbildungen kennengelernt hatten. Zu den Bewegungen gehoren Drehungen,
Spiegelungen und Verschiebungen.
Von einem Vektorraum kamen wir durch Hinzunahme des inneren Produkts zu einem
euklidischen Vektorraum. Wenn wir die ane Geometrie um das innere Produkt erweitern,
sprechen wir von der euklidischen Geometrie. In der euklidischen Geometrie kann man
Abstande und Winkel messen.
Denition 4.12 Sei V ein euklidischer Vektorraum. Unter dem Abstand (Entfernung,
Distanz) zweier Punkte P, Q V verstehen wir
d(P, Q) := | QP| =
_
QP, QP).
Jetzt konnen wir genau angeben, was wir unter einer Bewegung zu verstehen haben.
Denition 4.13 Sei : V V eine ane Abbildung in einem euklidischen Vektorraum
V. heit Bewegung oder Isometrie, wenn es Abstande invariant lasst, also fur alle Punkte
P, Q V gilt:
d(P, Q) = d((P), (Q)).
Der folgende Satz zeigt uns, dass Bewegungen nichts anderes als die ane Entsprechung
zu den orthogonalen Endomorphismen (3.6, p.35) der Vektorraumtheorie sind.
Satz 4.7 Eine ane Abbildung (X) = L(X) +b ist genau dann eine Bewegung, wenn L
ein orthogonaler Endomorphismus ist.
4.4. BEWEGUNGEN 59
Beweis. Wir beweisen gleichzeitig beide Richtungen durch eine
Aquivalenzumformung.
Sei (X) = L(X) +b eine Bewegung (Denition 4.13).
d(P, Q) = d((P), (Q))
| QP| = | (Q) (P)|
| QP| = | L(Q) +b (L(P) +b)|
| QP| = | L(Q) L(P)|
| QP| = | L(QP)|
Aufgrund des Abtragungsaxioms lasst sich jedes v V als Dierenz v = QP anschreiben.
Wir erhalten damit f ur alle v V : | v| = | L(v)|. Nach Satz 3.10, p.36 lasst eine lineare
Abbildung L Langen genau dann invariant, wenn sie ein orthogonaler Endomorphismus
ist. 2
Folgerung 4.3 Eine Bewegung lasst Winkel invariant.
Beweis. Sei (X) = L(X) + b eine Bewegung. L ist nach Satz 4.7 ein orthogonaler En-
domorphismus und lasst nach Folgerung 3.3, p.36 Winkel zwischen Vektoren invariant.
Wegen
(X)(Y ) = (Y ) (X) = L(Y ) + b (L(X) + b) = L(Y X) = L(
XY ) gilt
f ur den Winkel zwischen zwei Vektoren
PQ und
PR:
(P)(Q),
(P)(R)
_
=
_
L(
PQ), L(
PR)
_
=
_
PQ,
PR
_
.
2
Die Matrizen orthogonaler Endomorphismen des R
2
kennen wir bereits (vgl. Satz 3.11,
p.36) als T() und S() mit 0 2.
T() =
_
cos sin
sin cos
_
, S() =
_
cos sin
sin cos
_
T() stellt die eigentlichen (det T() = 1) und S() die uneigentlichen (det S() = 1)
orthogonalen Endomorphismen dar.
Denition 4.14 Eine Bewegung heit eigentlich bzw. uneigentlich, wenn ihr zugehoriger
orthogonaler Endomorphismus eigentlich bzw. uneigentlich ist.
Eigentliche Bewegungen andern den Umlaufsinn eines Polygons nicht, uneigentliche
hingegen schon. Wir wahlen nun die homogene Schreibweise, um alle Bewegungen des R
2
anzugeben:
Eigentliche Bewegungen: (X) =
_
T() b
O
t
1
_
X
Uneigentliche Bewegungen: (X) =
_
S() b
O
t
1
_
X
60 KAPITEL 4. AFFINE UND EUKLIDISCHE GEOMETRIE
Die Bewegungen der Ebene wollen wir jetzt noch genauer nach ihrer geometrischen
Bedeutung unterscheiden. Dabei werden wir Verschiebungen, Drehungen und Spiegelungen
betrachten. Auch hier soll wieder teilweise die homogene Schreibweise verwendet werden.
F ur einen Punkt X sind im Folgenden je nach Schreibweise homogene oder inhomogene
Koordinaten einzusetzen.
4.4.1 Identitat
Die eigentliche Bewegung mit T(0) und b = O entspricht der identischen Abbildung.
(X) =
_
_
_
1 0 0
0 1 0
0 0 1
_
_
_
X
4.4.2 Verschiebung
Eine eigentliche Bewegung mit T(0) und b = (b
x
, b
y
) ,= O nennen wir Translation oder
Verschiebung.
(X) =
_
_
_
1 0 b
x
0 1 b
y
0 0 1
_
_
_
X
Ein Punkt X wird dabei um den Vektor b verschoben und auf den Punkt (X) = X+b
abgebildet (siehe Abbildung 4.9).
Abbildung 4.9: Translation
4.4. BEWEGUNGEN 61
4.4.3 Drehung um den Ursprung
Eine eigentliche Bewegung mit T() (0 < < 2) und b = O nennen wir Drehung um den
Ursprung.
(X) =
_
_
_
cos sin 0
sin cos 0
0 0 1
_
_
_
X
Ein Punkt X wird dabei um den Winkel gegen den Uhrzeigersinn um den Ursprung
gedreht (siehe Abbildung 4.10).
Abbildung 4.10: Drehung um den Ursprung
Sei X in Polarkoordinaten gegeben mit X = (r; ), dann ist (X) = (r; +). Davon
wollen wir uns nun uberzeugen. Rufen wir uns dazu die 1. Summensatze von Sinus und
Cosinus in Erinnerung:
sin( ) = sin cos cos sin , cos( ) = cos cos sin sin .
Wir betrachten nun (X), indem wir die homogenen Koordinaten f ur (r cos , r sin , 1)
des Punktes X einsetzen.
(X) =
_
_
_
cos sin 0
sin cos 0
0 0 1
_
_
_
_
_
_
r cos
r sin
1
_
_
_
=
_
_
_
r(cos cos sin sin )
r(cos sin + sin cos )
1
_
_
_
=
_
_
_
r cos( +)
r sin( +)
1
_
_
_
(r; +).
62 KAPITEL 4. AFFINE UND EUKLIDISCHE GEOMETRIE
4.4.4 Drehung um einen Punkt
Die Drehung um einen beliebigen festen Punkt Q lasst sich mittels Koordinatentrans-
formationen (4.3, p.56) auf eine Drehung um den Ursprung zur uckf uhren. Seien dazu
( = O; (1, 0), (0, 1) das Standardkoordinatensystem und T = Q; (1, 0), (0, 1) ein Ko-
ordinatensystem mit Q als Ursprung.
Abbildung 4.11: Drehung um einen Punkt
Die Koordinaten lassen sich sehr einfach umrechnen:
X
(
= X
T
+Q bzw. X
(
=
_
E Q
O
t
1
_
X
T
X
T
= X
(
Q bzw. X
T
=
_
E Q
O
t
1
_
X
(
Eine Drehung um den Punkt Q entspricht einer Drehung um den Ursprung im Koor-
dinatensystem T. Sei also X
(
gegeben. Wir berechnen zunachst seine Koordinaten X
T
,
f uhren eine Drehung um den Ursprung durch, und wandeln das Ergebnis schlielich wieder
in Koordinaten von ( um.
Rot
Q
() X
(
:=
_
E Q
O
t
1
__
T() O
O
t
1
__
E Q
O
t
1
_
X
(
=
_
T() Q
O
t
1
__
E Q
O
t
1
_
X
(
=
_
T() T()Q +Q
O
t
1
_
X
(
=
_
T() (E T())Q
O
t
1
_
X
(
4.4. BEWEGUNGEN 63
Zusammenfassend konnen wir damit die Rotation eines Punktes X um einen Punkt Q
durch folgende Bewegung beschreiben:
(X) = T() X + (E T()) Q
= T()X +QT()Q
= T()(X Q) +Q
Zum praktischen Rechnen ist die inhomogene Schreibweise etwas angenehmer als die
homogene, weil hier nur eine Matrizenmultiplikation durchgef uhrt werden muss. Zudem
kommt diese Schreibweise der Intuition am nachsten: wir drehen den Vektor
QX = XQ
um den Ursprung und tragen das Ergebnis vom Punkt Q aus ab.
Eine eigentliche Bewegung mit T(), 0 < < 2, und b = (b
x
, b
y
) ,= O nennen wir
Drehung um den Punkt Q mit Q = (E T())
1
b.
(X) =
_
_
_
cos() sin() b
x
sin() cos() b
y
0 0 1
_
_
_
X
Es bleibt noch zu zeigen, dass (ET()) wirklich invertierbar ist. Dies ist genau dann
der Fall, wenn die Determinante von (E T()) ,= 0 ist.
det(E T()) =
_
1 cos sin
sin 1 cos
_
= (1 cos )
2
+ sin
2
= 2(1 cos )
F ur 0 < < 2 ist die Determinante immer ungleich null und damit Q wirklich eindeutig
festgelegt. Im Fall = 0 hatten wir T(0) = E und somit eine Translation.
4.4.5 Punktspiegelung
Denition 4.15 Sei Q V ein fester Punkt. Die Abbildung : V V heit Punktspie-
gelung an Q, wenn fur alle X V :
Q(X) =
QX gilt.
Abbildung 4.12: Punktspiegelung
64 KAPITEL 4. AFFINE UND EUKLIDISCHE GEOMETRIE
Eine eigentliche Bewegung mit T() und b = (b
x
, b
y
) ist eine Punktspiegelung am Punkt
Q mit Q =
1
2
b.
(X) =
_
_
_
1 0 b
x
0 1 b
y
0 0 1
_
_
_
X
Ein Punkt X wird dabei auf den Punkt (X) = X + b abgebildet. Wir zeigen noch,
dass es sich tatsachlich um eine Punktspiegelung an Q =
1
2
b handelt (vgl. Abbildung 4.12).
(X) = X +b
(X) = X + 2Q
(X) Q = QX
Q(X) =
QX
Eine Punktspiegelung an Q entspricht einer Drehung um den Winkel um Q, denn
(X) = T()(X Q) +Q = E(X Q) +Q = X + 2Q = X +b.
4.4.6 Spiegelung an der x-Achse
Eine uneigentliche Bewegung mit S(0) und b = O nennen wir Spiegelung an der x-Achse.
(X) =
_
S(0) O
O
t
1
_
X =
_
_
_
1 0 0
0 1 0
0 0 1
_
_
_
X
Ein Punkt X = (x, y) wird dabei auf den Punkt (X) = (x, y) abgebildet (siehe
Abbildung 4.13).
Abbildung 4.13: Spiegelung an der x-Achse
4.4. BEWEGUNGEN 65
4.4.7 Spiegelung an einer Geraden
Die Spiegelung an einer beliebigen festen Geraden
g : X = Q+
_
cos
2
sin
2
_
durch den Punkt Q = (q
x
, q
y
) lasst sich mittels Koordinatentransformationen auf eine
Spiegelung an der x-Achse zur uckf uhren.
Abbildung 4.14: Spiegelung an einer Geraden
Seien ( = O; (1, 0), (0, 1) das Standardkoordinatensystem und
T =
_
Q;
_
cos
2
sin
2
_
,
_
sin
2
cos
2
__
ein Koordinatensystem mit Q als Ursprung und dem Richtungsvektor der Geraden als
x-Achse. Die Koordinaten lassen sich wie folgt von T nach ( umrechnen:
X
(
=
_
T(
2
) Q
O
t
1
_
X
T
=
_
_
_
cos
2
sin
2
q
x
sin
2
cos
2
q
y
0 0 1
_
_
_
X
(
Unter Verwendung von Hilfssatz 4.6, p.57 und der Tatsache T
1
= T
t
(Satz 3.11, p.36)
geben wir auch gleich die Umkehrung an.
X
T
=
_
T(
2
) Q
O
t
1
_
1
X
(
=
_
T(
2
)
1
T(
2
)
1
Q
O
t
1
_
X
(
=
_
T(
2
)
t
T(
2
)
t
Q
O
t
1
_
X
(
Eine Spiegelung an der Geraden g entspricht einer Spiegelung an der x-Achse im Ko-
ordinatensystem T. Sei nun X
(
gegeben. Wir berechnen zunachst seine Koordinaten X
T
,
66 KAPITEL 4. AFFINE UND EUKLIDISCHE GEOMETRIE
f uhren eine Spiegelung an der x-Achse durch, und wandeln das Ergebnis schlielich wieder
in Koordinaten von ( um.
Bevor wir uns an die Berechung der Spiegelungsmatrix machen, uberzeugen wir uns
von folgenden beiden Tatsachen.
Hilfssatz 4.8
T() S(0) = S()
S() T
t
() = S(2)
Beweis. Die erste Aussage bekommen wir sofort:
T() S(0) =
_
cos sin
sin cos
_
_
1 0
0 1
_
=
_
cos sin
sin cos
_
= S().
F ur die zweite Aussage m ussen wir zwei Varianten des 1. Summensatzes f ur Sinus und
Cosinus zu Hilfe nehmen. Danach gilt namlich cos
2
sin
2
= cos 2 und 2 cos sin =
sin 2. Damit rechnen wir nun auch die zweite Aussage nach:
S() T
t
() =
_
cos sin
sin cos
_
_
cos sin
sin cos
_
=
_
cos
2
sin
2
2 cos sin
2 cos sin sin
2
cos
2
_
=
_
cos 2 sin 2
sin 2 cos 2
_
= S(2)
2
Die Spiegelung an einer Geraden g berechnet sich durch die folgende homogene Matrix.
Spieg
g
_
2
_
:=
_
T(
2
) Q
O
t
1
__
S(0) O
O
t
1
__
T(
2
)
t
T(
2
)
t
Q
O
t
1
_
=
_
S(
2
) Q
O
t
1
__
T(
2
)
t
T(
2
)
t
Q
O
t
1
_
=
_
S() S()Q +Q
O
t
1
_
=
_
S() (E S())Q
O
t
1
_
Unter der Spiegelung eines Punktes X an einer Geraden g mit Punkt Q und Steigungs-
winkel
2
wollen wir daher folgende Bewegung verstehen:
(X) = S() X + (E S()) Q
= S()X +QS()Q
= S()(X Q) +Q
4.4. BEWEGUNGEN 67
Zum praktischen Rechnen ist hier wiederum die inhomogene Schreibweise angenehmer.
Wir zeigen nun noch, dass es egal ist, welchen Punkt Q der Geraden wir bei einer Spiegelung
verwenden.
Bemerkung 4.3 Eine Geradenspiegelung
Q
(X) = S()(XQ) +Q ist unabhangig vom
verwendeten Punkt Q der Geraden g.
Beweis. Sei die Gerade g gegeben in der Parameterdarstellung
g : X = Q+
_
cos
2
sin
2
_
.
Wir zeigen zunachst, dass S() den Richtungsvektor von g unverandert lasst. Dazu benoti-
gen wir wieder den 1. Summensatz f ur Sinus und Cosinus.
sin cos cos sin = sin( ) cos cos sin sin = cos( )
Es gilt dann namlich
S()
_
cos
2
sin
2
_
=
_
cos sin
sin cos
_
_
cos
2
sin
2
_
=
_
cos cos
2
+ sin sin
2
sin cos
2
cos sin
2
_
=
_
cos
2
sin
2
_
Sei nun P = Q+
_
cos
2
sin
2
_
ein beliebiger Punkt der Geraden g. Dann gilt mit Hilfe
der eben gezeigten Tatsache:
P
(X) = S()(X P) +P
= S()X S()P +P
= S()X S()QS()
_
cos
2
sin
2
_
+Q+
_
cos
2
sin
2
_
= S()X S()Q
_
cos
2
sin
2
_
+Q +
_
cos
2
sin
2
_
= S()X S()Q+Q
= S()(X Q) +Q
=
Q
(X)
2
68 KAPITEL 4. AFFINE UND EUKLIDISCHE GEOMETRIE
4.4.8
Uberblick der ebenen Bewegungen
Alle eigentlichen Bewegungen der Ebene sind von der Form (X) = T()X + b, alle
uneigentlichen von der Form (X) = S()X +b, mit
T() =
_
cos sin
sin cos
_
, S() =
_
cos sin
sin cos
_
.
Die Unterscheidung der Bewegungen nach ihrer geometrischen Bedeutung ist in Ta-
belle 4.1 noch einmal ubersichtlich dargestellt. Wir haben bereits angemerkt, dass alle
anen Abbildungen als Koordinatentransformationen aufgefasst werden konnen. Bewe-
gungen konnen in gleicher Weise als Koordinatentransformationen zwischen orthonormalen
Koordinatensystemen interpretiert werden.
Name Inhomogene Schreibweise Homogene Matrix
Identitat (X) = X
_
_
_
1 0 0
0 1 0
0 0 1
_
_
_
Translation (X) = X +b
_
_
_
1 0 b
x
0 1 b
y
0 0 1
_
_
_
Drehung um Ursprung (X) = T()X
_
_
_
cos sin 0
sin cos 0
0 0 1
_
_
_
Drehung um Q (X) = T()(X Q) +Q
_
T() (E T())Q
O
t
1
_
Punktspiegelung an Q (X) = X + 2Q
_
_
_
1 0 2q
x
0 1 2q
y
0 0 1
_
_
_
Spiegelung an x-Achse
_
x
y
_
=
_
x
y
_
_
_
_
1 0 0
0 1 0
0 0 1
_
_
_
Spiegelung an Gerade
g : X =
_
cos
2
sin
2
_
(X) = S()X
_
_
_
cos sin 0
sin cos 0
0 0 1
_
_
_
Spiegelung an Gerade
g : X = Q+
_
cos
2
sin
2
_
(X) = S()(X Q) +Q
_
S() (E S())Q
O
t
1
_
Tabelle 4.1: Bewegungen der Ebene
4.5. KEGELSCHNITTE 69
4.5 Kegelschnitte
4.5.1 Normalformen
In Abschnitt 2.2 wurde gefordert, dass ein Kegelschnitt durch eine allgemeine quadrati-
sche Gleichung in zwei Variablen der Form ax
2
+by
2
+ cxy +dx + ey + f = 0 angegeben
werden kann. Dabei drangen sich einige Fragen auf: Stellt die Losungsmenge einer solchen
Gleichung wirklich einen Kegelschnitt dar, und wenn ja f ur welche Parameter? Wie kann
man feststellen, ob es sich bei einer konkret vorliegenden Gleichung um eine Ellipse, Hy-
perbel, Parabel oder einen Kreis handelt? Wie konnen wir charakteristische Groen wie
Brennpunkte, Scheitelpunkte, Hauptachsenrichtungen, Hauptachsenlangen oder Exzentri-
zitat berechnen?
Im Folgenden sollen alle diese Fragen beantwortet werden. Die Idee dahinter ist einfach:
Wir versuchen die vorliegende Kurve in ihre Hauptlage zu bewegen. Darunter wollen wir
verstehen, dass eine Ellipse oder Hyperbel die Koordinatenachsen als Hauptachsen bekom-
men und eine Parabel symmetrisch bez uglich der x-Achse mit ihrem Scheitel im Nullpunkt
liegen soll. Anders ausgedr uckt heit dies, dass wir versuchen wollen, die Kegelschnitte auf
folgende Normalformen zu bringen.
Ellipse
Eine Ellipse ist die Menge aller Punkte X der Ebene, f ur die die Summe der Abstande von
zwei festen Punken F
1
und F
2
, den Brennpunkten, konstant ist, also XF
1
+XF
2
= 2a.
Normalform :
x
2
a
2
+
y
2
b
2
= 1 mit a b
Halbachsenlangen : a, b
Exzentrizitat : e =
a
2
b
2
Mittelpunkt : M = (0, 0)
Brennpunkte : F
1
= (e, 0), F
2
= (e, 0)
Scheitelpunkte : S
1
= (a, 0), S
2
= (a, 0), S
3
= (0, b), S
4
= (0, b)
Hyperbel
Eine Hyperbel ist die Menge aller Punkte X der Ebene, f ur die der Betrag der Dierenz
der Abstande von zwei festen Punkten F
1
und F
2
, den Brennpunkten, konstant ist, also
[XF
1
XF
2
[ = 2a.
Normalform :
x
2
a
2
y
2
b
2
= 1
Halbachsenlangen : a, b
Exzentrizitat : e =
a
2
+b
2
Mittelpunkt : M = (0, 0)
70 KAPITEL 4. AFFINE UND EUKLIDISCHE GEOMETRIE
Brennpunkte : F
1
= (e, 0), F
2
= (e, 0)
Scheitelpunkte : S
1
= (a, 0), S
2
= (a, 0)
Abbildung 4.15: Ellipse in Hauptlage
Abbildung 4.16: Hyperbel in Hauptlage
Parabel
Eine Parabel ist die Menge aller Punkte X der Ebene, f ur die die Abstande von einer festen
Geraden l, der Leitgeraden, und einem festen Punkt F, dem Brennpunkt, gleich gro sind,
also Xl = XF.
Normalform : y
2
= 2px mit p > 0
Parameter (Fl) : p
Brennpunkt : F =
_
p
2
, 0
_
Scheitelpunkt : S = (0, 0)
Leitgerade : l : x =
p
2
4.5. KEGELSCHNITTE 71
Abbildung 4.17: Parabel in Hauptlage
Wir wollen jede Kurve Ellipse, Hyperbel bzw. Parabel nennen, die man durch eine
Bewegung in die gerade angegebene Hauptlage bringen kann. Ellipse, Hyperbel und Parabel
nennen wir auch eigentliche Kegelschnitte.
4.5.2 Kurven zweiten Grades
Wir betrachten nun die allgemeine Gleichung zweiten Grades [11, pp.188] in den Variablen
x und y, die wir wie folgt anschreiben wollen:
a
11
x
2
+ 2a
12
xy +a
22
y
2
+ 2a
13
x + 2a
23
y +a
33
= 0
mit a
ij
R. Die auftretenden Koezienten kann man dann als Koezienten einer reellen
symmetrischen 3 3 Matrix A := (a
ij
) auassen.
A :=
_
_
_
a
11
a
12
a
13
a
12
a
22
a
23
a
13
a
23
a
33
_
_
_
Zur Abk urzung setzen wir
A =
_
S a
a
t
_
mit S := S
A
=
_
a
11
a
12
a
12
a
22
_
, a :=
_
a
13
a
23
_
, := a
33
Die Gleichung zweiten Grades konnen wir nun mit Hilfe des Punktes X = (x, y) bzw.
seiner homogenen Entsprechung X
h
= (x, y, 1) einfacher anschreiben.
0 = a
11
x
2
+ 2a
12
xy +a
22
y
2
+ 2a
13
x + 2a
23
y +a
33
= X
t
SX + 2a
t
X + = X, SX) + 2a, X) +
= X
t
h
AX
h
72 KAPITEL 4. AFFINE UND EUKLIDISCHE GEOMETRIE
Denition 4.16 Seien A = (a
ij
) eine reelle symmetrische 33 Matrix, S =
_
a
11
a
12
a
12
a
22
_
mit S ,= O, X R
2
und X
h
= (X, 1) R
3
. Damit lasst sich ein quadratisches Polynom
in zwei Variablen so schreiben:
k
A
(X) := X
t
h
AX
h
Wir denieren nun die Punktmenge K
A
als Losungsmenge einer quadratischen Gleichung
in zwei Variablen.
K
A
:= X R
2
: k
A
(X) = 0.
Wenn K
A
nicht leer ist, so nennen wir K
A
eine ebene Kurve zweiten Grades oder Kegel-
schnitt.
Unter einer Normierung von K
A
wollen wir eine Multiplikation der Matrix A mit einem
Faktor t ,= 0 R verstehen. Durch eine Normierung andert sich die Losungsmenge der
Gleichung k
A
(X) = 0 nicht und es gilt f ur alle t ,= 0 : K
A
(X) = K
tA
(X).
Beispiel. Die Losungsmenge der Gleichung 25x
2
+ 14xy + 25y
2
+ 28x + 100y 188 = 0
stellt beispielsweise eine Kurve zweiten Grades dar. Genau genommen handelt es sich um
die Ellipse in Abbildung 4.18 In unserer Schreibweise sind S, a, bzw. A:
S =
_
25 7
7 25
_
, a =
_
14
50
_
, = 188
A =
_
S a
a
t
_
=
_
_
_
25 7 14
7 25 50
14 50 188
_
_
_
Die in Abschnitt 4.5.1, p.69 angegebenen Normalformen von Ellipse, Hyperbel und
Parabel sehen in Matrixschreibweise so aus:
Ellipse:
x
2
a
2
+
y
2
b
2
= 1, a b A =
_
_
_
1
a
2
0 0
0
1
b
2
0
0 0 1
_
_
_
Hyperbel:
x
2
a
2
y
2
b
2
= 1 A =
_
_
_
1
a
2
0 0
0
1
b
2
0
0 0 1
_
_
_
Parabel: y
2
= 2px, p > 0 A =
_
_
_
0 0 p
0 1 0
p 0 0
_
_
_
Wir werden nun versuchen, die Matrix A einer beliebigen Kurve zweiten Grades K
A
(X)
durch eine Bewegung und eventuelle Normierung auf eine Normalform K
B
(Y ) zu bringen.
4.5. KEGELSCHNITTE 73
Abbildung 4.18: Ellipse: 25x
2
+ 14xy + 25y
2
+ 28x + 100y 188 = 0
Dies lauft darauf hinaus, dass wir eine geeignete Bewegung suchen, mit deren Hilfe wir die
vorliegende Kurve in ihre Hauptlage drehen und verschieben.
Zunachst schauen wir uns an, wie sich die Gleichung unserer Kurve unter einer anen
Abbildung verandert.
Hilfssatz 4.9 Sei X = TY +b eine ane Abbildung des R
2
. Dann gilt k
A
(X) = k
A
(TY +
b) = k
B
(Y ) mit
B =
_
T
t
ST T
t
(Sb +a)
(Sb +a)
t
T b
t
(Sb +a) +a
t
b +
_
.
Beweis. Wir setzen zum Beweis der Tatsache die ane Abildung in homogener Schreib-
weise in k
A
(X) = X
t
h
AX
h
ein und erinnern uns dabei, dass f ur Matrizen (MN)
t
= N
t
M
t
sowie (M +N)
t
= M
t
+N
t
gilt.
k
A
(TY +b) =
__
T b
O
t
1
_
Y
h
_
t
A
_
T b
O
t
1
_
Y
h
= Y
t
h
_
T b
O
t
1
_
t
_
S a
a
t
__
T b
O
t
1
_
Y
h
= Y
t
h
_
T
t
O
b
t
1
__
S a
a
t
__
T b
O
t
1
_
Y
h
= Y
t
h
_
T
t
O
b
t
1
__
ST Sb +a
a
t
T a
t
b +
_
Y
h
= Y
t
h
_
T
t
ST T
t
(Sb +a)
b
t
ST +a
t
T b
t
(Sb +a) +a
t
b +
_
Y
h
74 KAPITEL 4. AFFINE UND EUKLIDISCHE GEOMETRIE
= Y
t
h
_
T
t
ST T
t
(Sb +a)
(Sb +a)
t
T b
t
(Sb +a) +a
t
b +
_
Y
h
= k
B
(Y )
2
Bevor wir konkret nach einer Bewegung suchen, die eine gegebene Kurve in Hauptlage
bringt, wollen wir uns noch folgender Frage zuwenden: Gibt es Groen einer Kurve zweiten
Grades, die bei einer Bewegung unverandert bleiben, also sogenannte Kurveninvarianten?
Eine solche Groe w urde f ur eine Ellipse in allgemeiner Lage und ihre Entsprechung in
Hauptlage den gleichen Wert annehmen. Mit solchen Invarianten konnten wir den Typ
einer Kurve zweiten Grades K
A
vielleicht schon direkt an ihrer Matrix A ablesen. In der
Tat gibt es solche Invarianten, wie der folgende Hilfssatz zeigt.
Hilfssatz 4.10 det S, spurS und det A sind Invarianten der Kurve K
A
, d.h. sie verandern
sich nicht bei Bewegungen der Kurve.
Die Vorzeichen von det S und spurS det A sind invariant gegenuber Normierung.
Beweis. Sei X = TY + b eine Bewegung. Eine Bewegung ist bekanntlich eine ane Ab-
bildung mit einer orthogonalen Matrix T (Satz 4.7, p.58). Eine orthogonale Matrix T ist
stets invertierbar mit T
1
= T
t
(Satz 3.11, p.36). Sei nun k
A
(X) = k
A
(TY + b) = k
B
(Y )
mit der Matrix B wie im Hilfssatz 4.9. Aus der Matrix B lesen wir S
B
= T
t
ST ab. F ur die
erste Aussage sind damit det S = det S
B
, spurS = spurS
B
und det A = det B zu zeigen.
S
B
= T
t
ST = T
1
ST stellt einen Basiswechsel dar. Nach Satz 3.5, p.30 sind Determi-
nante und Spur invariant gegen uber Basiswechsel. Wir wollen nun det A = det B zeigen.
Vom Beweis des Hilfssatzes 4.9 wissen wir, dass
B =
_
T b
O
t
1
_
t
A
_
T b
O
t
1
_
.
Nach dem Entwicklungssatz f ur Determinanten (Satz 3.3, p.29) gilt
det
_
T b
O
t
1
_
t
= det
_
T
t
O
b
t
1
_
= det T
t
und det
_
T b
O
t
1
_
= det T,
indem man nach der letzten Spalte bzw. letzten Zeile entwickelt. Unter Verwendung der Re-
chenregel det(MN) = det M det N (Bemerkung 3.5, p.30) bekommen wir die gew unschte
Aussage:
det B = det
__
T b
O
t
1
_
t
A
_
T b
O
t
1
__
= det
_
T b
O
t
1
_
t
det A det
_
T b
O
t
1
_
t
= det(T
t
) det A det T
4.5. KEGELSCHNITTE 75
= det(T
t
T) det A
= det E det A
= det A
Bei einer Normierung wird die Gleichung der Kurve mit einer Konstanten t ,= 0 R
multipliziert, also k
tA
= 0. Dabei andert sich das Bild der Kurve nicht, die Werte det S,
spurS und det A aber sehrwohl, wie wir unter Verwendung der zweiten Eigenschaft der
Denition 3.19, p.28 einer Determinante sehen:
det S
tA
= det
_
ta
11
ta
12
ta
12
ta
22
_
= t
2
det
_
a
11
a
12
a
12
a
22
_
= t
2
det S
spurS
tA
= ta
11
+ta
22
= t spurS
det(tA) = t
3
det A
spurS
tA
det(tA) = t
4
spurS det A
F ur negatives t andern spurS und det A ihr Vorzeichen. Aufgrund der geraden Hoch-
zahlen sind die Vorzeichen von det S und spurS det A hingegen invariant gegen uber Nor-
mierungen. 2
Folgerung 4.4 Seien K
A
eine Kurve zweiten Grades und K
B
eine Kurve, die durch Be-
wegung und Normierung von K
A
entsteht. Dann gilt:
det A = 0 det B
t
= 0
Beweis. Mit der gegebenen Bewegung kommen wir zu einer Kurve K
B
. Nach Hilfssatz 4.10
gilt det A = det B. Zu K
B
kommen wir durch eine Normierung, also B
t
= t B f ur ein
t ,= 0 R.
det B
t
= det(tB) = t
3
det B = t
3
det A
Wegen t ,= 0 folgt sofort det A = 0 det B
t
= 0. 2
4.5.3 Klassikation der Kurven zweiten Grades
Wir wollen nun versuchen, eine gegebene Kurve K
A
(X) durch eine Bewegung auf eine
Normalform K
B
(Y ) zu bringen. Sei also X = TY +b im Folgenden eine Bewegung. Damit
ist T orthogonal und es gilt T
t
= T
1
(vgl. Bewegungen 4.4, p.58). Anschaulich heit dies:
Wir versuchen, einen Kegelschnitt K
B
(Y ) in Hauptlage so zu drehen und zu verscheiben,
dass wir die gegebene Kurve K
A
(X) erhalten. F ur die Drehung ist die Matrix T verant-
wortlich, f ur die Verschiebung der Vektor b. Die Frage lautet damit: Wie sind T und b zu
wahlen?
76 KAPITEL 4. AFFINE UND EUKLIDISCHE GEOMETRIE
Diagonalisierung von S
Die Matrizen der Kegelschnitte in Normalform (4.5.1, p.69) haben Diagonalgestalt. Erin-
nern wir uns deshalb an die Abschnitte uber Diagonalisierung von Matrizen (3.7, p.38)
und insbesondere den Spektralsatz (3.8, p.42). Dort kamen wir zu folgendem Ergebnis:
Sei S eine symmetrische 2 2 Matrix. Dann lasst sich S auf eine Diagonalmatrix D
relativ zur Basis der Eigenvektoren von S bringen mit
D = T
t
S T =
_
1
0
0
2
_
Dabei sind
1
,
2
die Eigenwerte und T = (v
1
, v
2
) die orthogonale Matrix der Eigenvektoren
v
1
, v
2
von S.
Nach Hilfssatz 4.9 ist S
B
= T
t
ST. Wenn wir f ur T also gerade die Matrix der Eigen-
vektoren nehmen, dann ist S
B
eine Diagonalmatrix mit den Eigenwerten in der Hauptdia-
gonale. Wir konnen den Eigenvektor v
2
dabei immer so orientieren, dass T = T() einer
Drehmatrix entspricht, also det T = 1.
Die Eigenvektoren von S haben eine wichtige geometrische Bedeutung: Bei Ellipse und
Hyperbel sind sie die Richtungsvektoren der Hauptachsen. Bei einer Parabel geben sie die
Richtungen von Hauptachse und Leitlinie an.
Im Beweis des Spektralsatzes (Satz 3.15, p.43) haben wir die Eigenwerte
1
,
2
und
Eigenvektoren v
1
, v
2
einer symmetrischen 22 Matrix konkret angegeben. Dieses Resultat
wollen wir hier auf die Matrix S anwenden.
S =
_
a
11
a
12
a
12
a
22
_
a
12
= 0 :
1
= a
11
,
2
= a
22
v
1
=
_
1
0
_
, v
2
=
_
0
1
_
a
12
,= 0 :
1/2
=
a
11
+a
22
_
(a
11
a
22
)
2
+ 4a
2
12
2
v
i
=
1
_
a
2
12
+ (
i
a
11
)
2
_
a
12
i
a
11
_
Die Matrix T unserer gesuchten Bewegung hat also die Form T = (v
1
, v
2
). Es bleibt die
Frage nach einer geeigneten Wahl des Verschiebungsvektors b.
Wenn der vorliegende Kegelschnitt einen Mittelpunkt M besitzt (Ellipse, Hyperbel),
dann ist anschaulich klar, dass die Hauptlage K
B
(Y ) mit dem Ursprung als Mittelpunkt
gerade um b = M verschoben werden muss. Eine Parabel hat keinen Mittelpunkt, aber
einen Scheitel. Hier wahlen wir f ur b den Scheitelpunkt, wodurch die Normalform mit
Scheitel im Ursprung ebenfalls geeignet verschoben wird.
Wenn wir b irgendwie berechnen konnen, liefert uns das Ergebnis den Mittelpunkt einer
Ellipse oder Hyperbel bzw. den Scheitelpunkt einer Parabel. Wir unterscheiden jetzt zwei
Falle, je nachdem ob ein Mittelpunkt existiert oder nicht.
4.5. KEGELSCHNITTE 77
Mittelpunktskegelschnitte
Sei det S ,= 0.
Die Normalformenmatrizen von Ellipse und Hyperbel haben Diagonalgestalt. Das heit,
dass die Matrix B aus Hilfssatz 4.9 eine Diagonalmatrix werden soll. S
B
konnten wir mittels
Spektralsatz eben in Diagonalgestalt bringen. Wir haben damit folgende Situation:
S
B
=
_
1
0
0
2
_
B =
_
S
B
T
t
(Sb +a)
(Sb +a)
t
T b
t
(Sb +a) +a
t
b +
_
,
wobei T = (v
1
, v
2
) eine orthogonale Matrix ist. Da die Determinante invariant gegen uber
Basiswechsel ist (Satz 3.5, p.30), gilt nach unserer Voraussetzung 0 ,= det S = det S
B
=
1
2
und somit
1
,= 0,
2
,= 0.
Damit B eine Diagonalmatrix wird, muss T
t
(Sb + a) = O gelten. Konnen wir b so
wahlen, dass dies zutrit? Unter der Voraussetzung det S ,= 0 ist dies moglich, da dann S
invertierbar ist (Satz 3.4, p.29):
T
t
(Sb +a) = O T
TT
t
(Sb +a) = O T
t
= T
1
Sb +a = O
Sb = a S
1
existiert
b = S
1
a
Geometrisch haben wir mit dieser Wahl von b den Mittelpunkt eines Kegelschnitts
berechnet.
Denition 4.17 Sei K eine nichtleere Teilmenge eines Vektorraums V. Ein Punkt M V
heit Mittelpunkt von K, wenn fur alle u V gilt:
M +u K M u K
Bemerkung 4.4 Sei K eine Kurve zweiten Grades mit det S ,= 0. Dann hat K genau
einen Mittelpunkt M = S
1
a.
Beweis. F ur einen Mittelpunkt von K mit der Gleichung k(X) = X
t
SX + 2a
t
X + = 0
gilt nach Dention 4.17: M +u K M u K, also k(M +u) = 0 k(M u) = 0.
F ur jeden Mittelpunkt M muss damit k(M+u) = k(Mu) gelten. Versuchen wir nun aus
diesem Ansatz Mittelpunkte zu berechnen. Dabei verwenden wir aufgrund der Symmetrie
von S die Tatsache u
t
SM = M
t
Su (Bemerkung 3.8, p.42).
k(M +u) = (M +u)
t
S(M +u) + 2a
t
(M +u) +
= M
t
SM +u
t
SM +M
t
Su +u
t
Su + 2a
t
M + 2u
t
a +
= M
t
SM + 2u
t
SM +u
t
Su + 2a
t
M + 2u
t
a +
k(M u) = (M u)
t
S(M u) + 2a
t
(M u) +
78 KAPITEL 4. AFFINE UND EUKLIDISCHE GEOMETRIE
= M
t
SM u
t
SM M
t
Su +u
t
Su + 2a
t
M 2u
t
a +
= M
t
SM 2u
t
SM +u
t
Su + 2a
t
M 2u
t
a +
k(M +u) = k(M u)
u
t
SM = u
t
(a)
SM = a
M = S
1
a
Der letzte Schritt setzt voraus, dass S invertierbar ist, also det S ,= 0 gilt. 2
F ur den letzten noch fehlenden Eintrag der Matrix B, den wir kurz := b
33
nennen
wollen, ergibt sich nun durch Einsetzen von b:
= b
t
(Sb +a) +a
t
b + = b
t
O +a
t
b + = a, b) +.
Insgesamt kommen wir so durch die Bewegung X = T Y + b, mit T = (v
1
, v
2
) und
b = M = S
1
a, zur Kurve K
B
(Y ) mit der Matrix
B =
_
_
_
1
0 0
0
2
0
0 0
_
_
_
,
wobei
1
,
2
die Eigenwerte von S und = a, b) + sind. Die Gleichung von K
B
lautet
1
x
2
+
2
y
2
+ = 0. Dies ist die Gleichung der Kurve K
A
relativ zum Koordinatensystem
der Eigenvektoren mit dem Mittelpunkt des Kegelschnitts als Ursprung. Wir unterscheiden
nun danach, ob verschwindet oder nicht.
Uneigentliche Mittelpunktskegelschnitte
Sei = 0. Dann hat K
B
(X) die Gleichung
1
x
2
+
2
y
2
= 0. Durch eine Normierung
erhalten wir die Kurve K
B
= K
B
mit
B
t
=
_
_
_
2
0 0
0 1 0
0 0 0
_
_
_
.
Wir sind von der Matrix A mittels einer Bewegung zur Matrix B und durch eine
Normierung schlielich zur Matrix B
t
gekommen. Nach dem Hilfssatz 4.10, p.74 uber Kur-
veninvarianten sind die Vorzeichen von det S und spurS det A invariant gegen uber Be-
wegungen und Normierungen. Da det A invariant gegen uber Bewegungen ist, gilt zudem
det A = 0 det B
t
= 0 (Folgerung 4.4, p.75). F ur uns heit das:
sgn(det S) = sgn(
1
2
)
sgn(spurS det A) = sgn((
1
+
2
)(
1
2
))
det A = 0 det B
t
= 0
4.5. KEGELSCHNITTE 79
Wir unterscheiden nun die moglichen Losungsmengen der Gleichung
1
2
x
2
+y
2
= 0 von
K
B
nach dem Vorzeichen des Koezienten. Gleichzeitig geben wir die Kurveninvarianten
an.
2
det A det S spurS det A Kurve
(1) + 0 + 0 Punkt
(2) 0 0 Geradenpaar mit Schnittpunkt
Im Fall (1) lost nur der Nullpunkt Y = O des Koordinatensystems der Hauptachsen
die Gleichung k
B
= 0. Wegen X = TY + M ist dies gerade der Punkt X = M im
Standardkoordinatensystem. Die Gleichung x
2
+ y
2
4x 2y + 5 = 0 hat beispielsweise
nur den Punkt M(2, 1) als Losung.
Im Fall (2) erhalten wir aus der Gleichung y
2
=
2
x
2
von K
B
die beiden Geradenglei-
chungen y =
_
2
x mit den Parameterdarstellungen Y =
_
1,
_
2
_
. Diese Glei-
chungen sind relativ zum Koordinatensystem der Eigenvektoren mit M = b als Ursprung
zu verstehen. Die entsprechenden Geraden im Standardkoordinatensystem bekommen wir
mittels unserer Bewegung X = TY +M als
g
1/2
: X = M T
_
1
_
2
_
.
Wir haben hier ein Geradenpaar vorliegen, das sich im Mittelpunkt schneidet. Die Geraden
x
2
6xy + y
2
+ 18x 22y + 49 = 0 in Abbildung 4.19 schneiden sich beispielsweise im
Punkt M(3, 2).
Abbildung 4.19: Geradenpaar: x
2
6xy +y
2
+ 18x 22y + 49 = 0
80 KAPITEL 4. AFFINE UND EUKLIDISCHE GEOMETRIE
Ellipse, Hyperbel
Sei nun ,= 0. Durch eine Normierung mit
1
x
2
+
2
y
2
= 1.
B
t
=
1
B =
_
_
_
0 0
0
2
0
0 0 1
_
_
_
Wir betrachten wiederum die moglichen Vorzeichen der Koezienten von K
B
und
geben dabei die Kurveninvarianten an:
und
1
b
2
:=
2
gelten. Dies
erreichen wir durch eventuelles Vertauschen der Eigenwerte. Aus der Normalform konnen
wir jetzt wichtige geometrische Groen einfach ablesen. Dies ist mit ein wesentlicher Grund,
warum wir versucht haben, auf diese Normalform zu kommen.
Die Halbachsenlangen sind gegeben durch a =
_
1
und b =
_
2
. F ur a = b erhal-
ten wir ubrigens einen Kreis. Die Exzentrizitat einer Ellipse erhalten wir daraus mittels
e =
a
2
b
2
. Die Brennpunkte liegen auf der ersten Hauptachse und haben die Koordi-
naten F
1/2
= (e, 0) relativ zum Koordinatensystem der Eigenvektoren. Mittels unserer
gefundenen Bewegung X = TY +M rechnen wir diese in Standardkoordinaten um:
F
1/2
= T
_
e
0
_
+M = (v
1
, v
2
)
_
e
0
_
+M = M e v
1
Der erste Eigenvektor v
1
gibt die Richtung der ersten Hauptachse an. Die Brennpunk-
te bekommen wir also, indem wir vom Mittelpunkt aus die Exzentrizitat auf der ersten
Hauptachse abtragen. In ahnlicher Weise berechnen wir die vier Scheitelpunkte einer El-
lipse:
S
1/2
= M a v
1
S
3/4
= M b v
2
Die Gleichung 25x
2
+ 14xy + 25y
2
+ 28x + 100y 188 = 0 stellt beispielsweise eine
Ellipse dar (siehe Abbildung 4.18, p.73).
4.5. KEGELSCHNITTE 81
Im Fall (4) liegt eine Hyperbel in Normalform vor:
x
2
a
2
y
2
b
2
= 1,
indem wir
1
a
2
:=
1
und
1
b
2
:=
2
setzen.
Die Halbachsenlangen sind gegeben durch a =
_
1
und b =
_
2
. Die Exzentrizitat
einer Hyperbel erhalten wir daraus mittels e =
a
2
+b
2
. Die Brennpunkte und Scheitel
werden wie bei der Ellipse in Fall (3) berechnet. Allerdings besitzt eine Hyperbel nur die
beiden ersten Scheitelpunkte S
1
, S
2
. Die Losungsmenge der Gleichung 7x
2
+ 50xy + 7y
2
+
78x + 144y + 423 = 0 ist die Hyperbel in Abbildung 4.20.
Abbildung 4.20: Hyperbel: 7x
2
+ 50xy + 7y
2
+ 78x + 144y + 423 = 0
Fall (4a) konnen wir durch Vertauschen der Eigenwerte auf Fall (4) zur uckf uhren. Wir
fordern damit
1
> 0 >
2
.
Fall (5) stellt den entarteten Fall der leeren Menge dar, da es hier keine reellen Punkte
als Losungen gibt. Die Gleichung x
2
+y
2
4x 2y + 6 = 0 ist ein Beispiel hierf ur.
Wir haben damit gezeigt, wie man mittels einer Bewegung und Normierung einer allge-
meinen Ellipsen- bzw. Hyperbelgleichung zur entsprechenden Normalform kommen kann.
Weiters haben wir soeben auch eine Charakterisierung f ur Ellipsen und Hyperbeln mit
Hilfe der Kurveninvarianten gefunden.
Satz 4.11 Sei K
A
eine Kurve zweiten Grades, dann gilt:
K
A
ist eine Ellipse detS > 0 und spurS det A < 0
K
A
ist eine Hyperbel detS < 0 und det A ,= 0
82 KAPITEL 4. AFFINE UND EUKLIDISCHE GEOMETRIE
Parabolische Kegelschnitte
Sei jetzt det S = 0. In diesem Fall erhalten wir besonders einfache Eigenwerte und Eigen-
vektoren:
S =
_
a
11
a
12
a
12
a
22
_
a
12
= 0 :
1
= a
11
,
2
= a
22
v
1
=
_
1
0
_
, v
2
=
_
0
1
_
a
12
,= 0 :
1
= 0,
2
= a
11
+a
22
v
1
=
1
a
2
11
+a
2
12
_
a
12
a
11
_
, v
2
=
1
a
2
11
+a
2
12
_
a
11
a
12
_
Einer der beiden Eigenwerte ist hier stets null. Durch eventuelles Vertauschen der Ei-
genwerte im Fall a
12
= 0 konnen wir
1
= 0 und :=
2
= a
11
+ a
22
annehmen. Da S
ungleich der Nullmatrix ist (Denition 4.16, p.72), gilt 0 ,= spurS = a
11
+ a
12
= , also
,= 0.
Wir haben damit folgende Situation:
S
B
= T
t
ST =
_
0 0
0
_
B =
_
S
B
T
t
(Sb +a)
(Sb +a)
t
T b
t
(Sb +a) +a
t
b +
_
,
wobei T = (v
1
, v
2
) eine orthogonale Matrix ist. Bei den Mittelpunktskegelschnitten konnten
wir den Verschiebungsvektor b direkt aus dem Ansatz T
t
(Sb +a) = O berechnen. Dies ist
hier jedoch nicht moglich, da S wegen det S = 0 nicht invertierbar ist (Satz 3.4, p.29). Wir
konnen jedoch T
t
(Sb +a) =
_
c
1
0
_
erreichen, wie wir gleich sehen werden.
Seien dazu c =
_
c
1
c
2
_
:= T
t
a und b := T
_
c
2
_
, dann gilt:
T
t
(Sb +a) = T
t
Sb +T
t
a
= T
t
ST
_
c
2
_
+c
=
_
0 0
0
__
c
2
_
+
_
c
1
c
2
_
=
_
c
1
0
_
.
ist vorerst eine beliebige reelle Zahl. Bestimmen wir zunachst := b
33
durch Einsetzen
von b = T
_
c
2
_
und b
t
=
_
c
2
_
t
T
t
.
= b
t
(Sb +a) +a
t
b +
= b
t
Sb + 2b
t
a +
4.5. KEGELSCHNITTE 83
=
_
c
2
_
t
T
t
ST
_
c
2
_
+ 2
_
c
2
_
t
T
t
a +
=
_
c
2
_
t
_
0 0
0
__
c
2
_
+ 2
_
c
2
_
t
_
c
1
c
2
_
+
=
c
2
2
+ 2c
1
2
c
2
2
+
=
c
2
2
+ 2c
1
+
Durch die vorhin angegebene Wahl des Verschiebungsvektors b kommen wir durch eine
Bewegung zur Kurve K
B
mit der Gleichung y
2
+ 2c
1
x + = 0.
B =
_
_
_
0 0 c
1
0 0
c
1
0
_
_
_
Bevor wir die verschiedenen moglichen Falle f ur c
1
und unterscheiden, berechnen wir
die Kurveninvarianten. Die ersten beiden angegebenen Ausdr ucke sind invariant gegen uber
Bewegungen, der dritte zusatzlich gegen uber Normierungen.
spurS =
det A = ( c
2
1
)
sgn(spurS det A) = sgn(
2
( c
2
1
)) = sgn( c
2
1
)
Durch geeignete Wahl von konnen wir die Matrix B noch weiter vereinfachen. Wir
unterscheiden dabei, ob c
1
verschwindet oder nicht.
Uneigentliche parabolische Kegelschnitte
Sei c
1
= 0. Dann wahlen wir f ur := 0, also b = T
_
0
c
2
_
und erhalten
B =
_
_
_
0 0 0
0 0
0 0
_
_
_
mit =
c
2
2
= 0, welche
die folgenden entarteten Falle darstellt:
_
1
0
__
+b
= T
_
1
0
_
+T
_
0
c
2
_
= (v
1
, v
2
)
_
1
0
_
+ (v
1
, v
2
)
_
0
c
2
_
= v
1
c
2
v
2
Ein Beispiel f ur eine Doppelgerade ist x
2
2xy + y
2
2x + 2y + 1 = 0 (siehe Abbil-
dung 4.21).
Abbildung 4.21: Doppelgerade: x
2
2xy + y
2
2x + 2y + 1 = 0
Fall (8) liefert zwei parallele Geraden g
1/2
: y =
_
_
0
_
_
+
_
1
0
__
+T
_
0
c
2
_
= (v
1
, v
2
)
_
_
0
_
_
+
_
1
0
__
+ (v
1
, v
2
)
_
0
c
2
_
=
_
v
2
+ v
1
c
2
v
2
4.5. KEGELSCHNITTE 85
=
_
c
2
_
v
2
+ v
1
Die in Abbildung 4.22 dargestellten paralleln Geraden sind die Losungsmenge der Glei-
chung x
2
2xy +y
2
2 = 0.
Abbildung 4.22: Parallele Geraden: x
2
2xy +y
2
2 = 0
Parabel
Sei jetzt c
1
,= 0. Dann konnen wir so wahlen, dass = 0 gilt:
=
c
2
2
+ 2c
1
+ = 0
:=
c
2
2
2c
1
Mittels b = T
_
c
2
_
erhalten wir die Kurve K
B
mit
B =
_
_
_
0 0 c
1
0 0
c
1
0 0
_
_
_
.
Durch eine Normierung B
t
=
1
x = 0.
B
t
=
1
B =
_
_
_
0 0
c
1
0 1 0
c
1
0 0
_
_
_
Eine Fallunterscheidung des Parameters liefert uns zu guter Letzt die Parabel.
c
1
c
2
2
_
=
_
c
2
2
2c
1
c
2
2
_
.
Berechnen wir nun noch Brennpunkt und Leitgerade.
F = T
_
p
2
0
_
+b = S +
p
2
v
1
Die Leitgerade der Normalform hat die Gleichung l : x =
p
2
mit der Parameterdar-
stellung l : Y = (0,
p
2
) +(0, 1).
l : X = T
__
p
2
0
_
+
_
0
1
__
+ b
= S
p
2
v
1
+ v
2
Ein Beispiel einer Parabel liefert die Gleichung 4x
2
+ 4xy + y
2
+ 3x + 5y + 1 = 0 in
Abbildung 4.23.
Abbildung 4.23: Parabel: 4x
2
+ 4xy +y
2
+ 3x + 5y + 1 = 0
Den Fall (9a) konnen wir auf (9) zur uckf uhren, wenn wir die Matrix T durch -T ersetzen.
Es war ja c = T
t
a. Geometrisch andern wir damit die Orientierung beider Eigenvektoren.
Auf die Berechnung des Verschiebungsvektors b, welcher dem Scheitelpunkt der Parabel
entspricht, hat dieser Vorzeichenwechsel ubrigens keine Auswirkung.
Satz 4.12 Sei K
A
eine Kurve zweiten Grades, dann gilt:
4.5. KEGELSCHNITTE 87
K
A
ist eine Parabel detS = 0 und det A ,= 0
Damit haben wir alle Kurven zweiten Grades unterschieden. Der folgende Satz ergibt
sich aus unseren gerade gemachten
Uberlegungen.
Satz 4.13 Jede Gleichung zweiten Grades kann durch eine Bewegung in die Normalform
der Gleichung zweiten Grades
b
11
x
2
+b
22
y
2
+ 2b
13
x +b
33
= 0
mit den Nebenbedingungen
b
22
,= 0, b
11
b
13
= 0, b
13
0
gebracht werden.
Klassikation der Kurven zweiten Grades
Fassen wir nun die Ergebnisse dieses Abschnitts in einer ubersichtlichen Einteilung der
Kurven zweiten Grades zusammen. Die folgende Tabelle gibt eine Klassikation aller ebe-
nen Kurven zweiten Grades mit Hilfe von Kurveninvarianten (vgl. Hilfssatz 4.10, p.74).
Die Matrizen A und S sind gema Denition 4.16, p.72 zu verstehen.
Kurve det A det S spurS det A Normalform
(1) Punkt 0 + 0
1
2
x
2
+y
2
= 0,
1
2
> 0
(2) Geradenpaar mit
Schnittpunkt
0 0
1
2
x
2
+y
2
= 0,
1
2
< 0
(3) Ellipse ,= 0 +
x
2
a
2
+
y
2
b
2
= 1, a b
(4) Hyperbel ,= 0 beliebig
x
2
a
2
y
2
b
2
= 1
(5) ,= 0 + +
x
2
a
2
+
y
2
b
2
= 1
(6) 0 0 0 y
2
+
= 0,
> 0
(7) Doppelgerade 0 0 0 y
2
= 0
(8) 2 parallele Geraden 0 0 0 y
2
+
= 0,
< 0
(9) Parabel ,= 0 0 y
2
= 2px, p > 0
Die Kurven (3), (4) und (9) stellen die eigentlichen Kegelschnitte dar, alle ubrigen die
uneigentlichen. Wir sehen auch, dass nur die uneigentlichen parabolischen Kegelschnit-
te (6), (7) und (8) nicht allein durch die angegebenen Invarianten unterschieden werden
konnen. In diesen drei Fallen betrachten wir zusatzlich das Vorzeichen von
(vgl. p.83).
88 KAPITEL 4. AFFINE UND EUKLIDISCHE GEOMETRIE
4.5.4 Schnitt mit einer Geraden
In diesem Abschnitt werden wir das Schnittverhalten eines Kegelschnittes mit einer Ge-
raden betrachten. Mit Hilfe der dabei auftretenden Schnittpunktgleichung konnen wir die
moglichen Lagebeziehungen eines Kegelschnitts und einer Geraden denieren.
Seien ein Kegelschnitt K : X
t
SX +2a
t
X + = 0 (vgl. Abschnitt 4.5.2, p.71) und eine
Gerade g : X = P + v gegeben. Wir schneiden nun K und g, indem wir die Parameter-
darstellung der Geraden in die Kegelschnittgleichung einsetzen.
(P +v)
t
S(P +v) + 2a
t
(P +v) + = 0
P
t
SP +v
t
SP +P
t
Sv +
2
v
t
Sv + 2a
t
P + 2a
t
v + = 0
Da S eine symmetrische Matrix ist, gilt v
t
SP = P
t
Sv (Bemerkung 3.8, p.42), und wir
erhalten eine quadratische Gleichung f ur .
2
(v
t
Sv) + 2(P
t
Sv +a
t
v) + (P
t
SP + 2a
t
P +) = 0
Durch Abk urzung der Koezienten kommen wir zur sogenannten Schnittpunktgleichung
von K und g:
2
u + 2d +w = 0 mit
u := v
t
Sv
d := P
t
Sv +a
t
v
w := P
t
SP + 2a
t
P + = k(P)
Wir unterscheiden nun die in der Schnittpunktgleichung auftretenden Falle.
1. u = 0 : Die Schnittpunktgleichung hat hier die Form 2d +w = 0.
(a) d = w = 0 : Alle R sind Losungen. Es liegt also die gesamte Gerade g auf
K. g heit dann Erzeugende von K.
(b) d = 0, w ,= 0 : Kein R ist Losung und damit g K = . g heit hier
Asymptote von K.
(c) d ,= 0 : Es gibt genau eine Losung =
w
2d
und daher genau einen Schnittpunkt
von g und K. g heit dann einfache Tregerade oder asymptotische Sekante von
K.
2. u ,= 0 : Wir bezeichnen := d
2
uw als Diskrimante der Schnittpunktgleichung.
Als Losungen f ur die quadratische Gleichung
2
u + 2d +w = 0 erhalten wir
1/2
=
2d
4d
2
4uw
2u
=
d
d
2
uw
u
=
d
u
.
Wir unterscheiden nun nach dem Vorzeichen der Diskriminante.
4.5. KEGELSCHNITTE 89
(a) = 0 : Es gibt genau eine Losung =
d
u
, die doppelt gezahlt wird, weil
das Polynom in zwei gleiche Linearfaktoren u +d zerfallt. Die Gerade g heit
dann Tangente von K. Der einzige (doppelt zu zahlende) Schnittpunkt heit
Beruhrpunkt von g mit K.
(b) > 0 : Es gibt genau zwei verschiedene Losungen
1
=
d +
u
,
2
=
d
u
und damit genau zwei verschiedene Schnittpunkte von g und K. Die Gerade g
heit in diesem Fall Sekante von K.
(c) < 0: Es gibt keine Losung R, also g K = . Die Gerade g heit hier
Passante von K.
Fassen wir die genannten Begri in einer Denition zusammen.
Denition 4.18 Seien K : X
t
SX + 2a
t
X + = 0 ein Kegelschnitt und g : X = P + v
eine Gerade des R
2
. Dann heit
2
u + 2d +w = 0 Schnittpunktgleichung von K und g,
wobei u = v
t
Sv, d = P
t
Sv + a
t
v und w = P
t
AP + 2a
t
P + sind. Weiters nennen wir
:= d
2
uw Diskriminante der Schnittpunktgleichung.
Die Lagebeziehungen von g und K unterscheiden wir entsprechend folgender Tabelle:
g ist . . . von K unter der Bedingung
Erzeugende u = 0, d = 0, w = 0
Asymptote u = 0, d = 0, w ,= 0
einfache Tregerade u = 0, d ,= 0
Tangente u ,= 0, = 0
Sekante u ,= 0, > 0
Passante u ,= 0, < 0
Beispiel. Betrachten wir die Parabel K : y
2
4x = 0 (Abbildung 4.24). Die Gerade
p : xy +3 = 0 ist eine Passante und schneidet K nicht. t : xy +1 = 0 ist eine Tangente
der Parabel und ber uhrt sie im Punkt T = (1, 2). Die Gerade s : x y = 0 schneidet die
Parabel in den Punkten S
1
= (0, 0) sowie S
2
= (4, 4) und stellt damit eine Sekante von
K dar. Besonders interessant ist die Gerade g. Sie schneidet die Parabel nur im Punkt
S
3
= (4, 4), ist jedoch keine Tangente, sondern eine einfache Treergerade.
Es fehlen uns nun nur mehr Beispiele f ur Erzeugende und Asymptoten. Beides nden
wir in Abbildung 4.25. Dort sind die Hyperbel 9x
2
16y
2
144 = 0 sowie die beiden
Geraden g : 3x 4y = 0 und h : 3x + 4y = 0 dargestellt. g und h sind Asymptoten
der Hyperbel. Andererseits konnen wir das Geradenpaar g h auch als uneigentlichen
Kegelschnitt auassen. In diesem Fall sind g und h Erzeugende von g h.
90 KAPITEL 4. AFFINE UND EUKLIDISCHE GEOMETRIE
Abbildung 4.24: Schnitt einer Parabel mit Geraden
4.5.5 Asymptoten einer Hyperbel
Wir wollen uns nun uberlegen, wie man alle Asymptoten einer Hyperbel bekommt. Dazu
gehen wir von ihrer Hauptlage aus.
Bemerkung 4.5 Eine Hyperbel hyp :
x
2
a
2
y
2
b
2
= 1; a, b > 0 in Hauptlage hat genau zwei
Asymptoten mit den Gleichungen as
1
: bx ay = 0 und as
2
: bx +ay = 0.
Beweis. Unsere Hyperbel hat die Gleichung hyp : X
t
SX + 2a
t
X + = 0 mit
S =
_
1
a
2
0
0
1
b
2
_
, a = O, = 1.
Nach Denition 4.18 muss eine Asymptote as : X = P +v die Bedingungen u = 0, d = 0
und w ,= 0 f ur die Koezienten der Schnittpunktgleichung erf ullen. F ur P = (p
x
, p
y
) und
v = (v
x
, v
y
) erhalten wir damit:
u = 0 = v
t
Sv
= (v
x
, v
y
)
_
1
a
2
0
0
1
b
2
__
v
x
v
y
_
=
v
2
x
a
2
v
2
y
b
2
b
2
v
2
1
= a
2
v
2
2
.
Eine Asymptote muss also eine der beiden Richtungen v = (a, b) haben. Betrachten wir
damit die zweite Bedingung:
d = 0 = P
t
Sv +a
t
v
4.5. KEGELSCHNITTE 91
-15 -10 -5 5 10 15
-10
-5
5
10
Abbildung 4.25: Hyperbel mit Asymptoten
= P
t
Sv +O
t
v
= (p
x
, p
y
)
_
1
a
2
0
0
1
b
2
__
a
b
_
+ 0
=
p
x
a
p
y
b
bp
x
= ap
y
Daraus ergibt sich, dass P = O sein muss. Ist damit auch die dritte Bedingung erf ullt?
w = P
t
SP + 2a
t
P +
= O
t
SO + 2O
t
O + (1)
= 1 ,= 0
Es gibt daher genau zwei Geraden, die Asymptoten von hyp sind, namlich as
1
: X =
O+(a, b) und as
2
: X = O+(a, b). Mittels Normalvektorform (Denition 4.8) erhalten
wir die oben angef uhrten Gleichungen. 2
Durch eine Bewegung erhalten wir so auch die Asymptoten einer Hyperbel in allgemei-
ner Lage.
Folgerung 4.5 Sei hyp(X) eine Hyperbel in allgemeiner Lage mit den Halbachsenlangen
a, b. Sei weiters X = TY + M eine Bewegnung, sodass hyp(Y ) in Hauptlage ist. hyp(X)
hat genau zwei Asymptoten mit den Gleichungen
as
1/2
:
MX, T
_
b
a
_
) = 0.
Beweis. Sei X ein Punkt der Hyperbel hyp(X). Mittels der Bewegung X = TY + M
erhalten wir die Punkte Y ihrer Hauptlage hyp(Y ). T = (v
1
, v
2
) ist dabei die orthogonale
92 KAPITEL 4. AFFINE UND EUKLIDISCHE GEOMETRIE
Matrix der Eigenvektoren v
1
, v
2
und M der Mittelpunkt der Hyperbel (vgl. Klassikation
der Kegelschnitte 4.5.3). Nach Bemerkung 4.5 sind die Asymptoten der Hauptlage as
1/2
:
Y, (b, a)) = 0.
Mit Hilfe der angegebenen Bewegung rechnen wir diese Gleichungen in Standarko-
ordinaten um. Eine orthogonale Matrix ist invertierbar (Satz 3.11, p.36) und lasst das
innere Produkt invariant (Denition 3.26, p.36). Wegen X = TY + M gilt zunachst
Y = T
1
(X M) = T
1
MX und damit
as
1/2
: Y,
_
b
a
_
) = 0
T
1
MX,
_
b
a
_
) = 0
TT
1
MX, T
_
b
a
_
) = 0
MX, T
_
b
a
_
) = 0.
2
4.5.6 Tangenten und Polare
Tangenten durch einen Punkt
Gegeben seien ein Kegelschnitt K und ein Punkt P. Wie ndet man alle Tangenten durch
P an K? Zur Beantwortung dieser Frage unterschieden wir, ob der Punkt auf dem Kegel-
schnitt liegt oder nicht. Dabei wird sich eine spezielle Gerade, die sogenannte Polare, als
n utzliches Hilfsmittel herausstellen.
Die Gleichung eines Kegelschnitts schreiben wir wieder als K : k(x) = 0, mit k(x) =
X
t
SX + 2a
t
X +. F ur unsere Fragestellung ist es zweckmaig, noch folgende zusatzliche
Schreibweisen einzuf uhren.
Denition 4.19 k(X, Y ) := Y
t
SX +a
t
X +a
t
Y +
F ur uns werden folgende Ausdr ucke wichtig sein:
k(X, X) = X
t
SX + 2a
t
X + = k(X)
k(P, P) = P
t
SP + 2a
t
P + = k(P)
k(X, P) = P
t
SX +a
t
X +a
t
P +
Hilfssatz 4.14 Seien K ein Kegelschnitt und P / K ein Punkt des R
2
. Alle Tangenten
durch P an K erhalt man als Losung der Gleichung
k(X, P)
2
k(X, X)k(P, P) = 0
Die Losungsmenge dieser Gleichung nennen wir Tangentialkegelschnitt.
4.5. KEGELSCHNITTE 93
Beweis. Eine Tangente t : X = P +v muss die Ber uhrbedingung = d
2
uw = 0 mit
u ,= 0 erf ullen; im Fall u = 0 ware t eine Asymptote (vgl. Denition 4.18, p.89). Aus der
Parameterdarstellung der Tangente erhalten wir v = X P. Diesen Ausdruck konnen
wir in die Bedingungen einsetzen. Dabei verwenden wir die Symmetrieeigenschaft von S,
weshalb X
t
SY = Y
t
SX gilt (Bemerkung 3.8, p.42). Berechnen wir zuerst die Koezienten
u, d, w der Schnittpunktgleichung.
u = v
t
Sv
2
u = (v)
t
S(v)
2
u = (X P)
t
S(X P)
= X
t
SX P
t
SX X
t
SP +P
t
SP
= (X
t
SX + 2a
t
X +) + (P
t
SP + 2a
t
P +) 2(P
t
AX +a
t
X +a
t
P +)
2
u = k(X, X) +k(P, P) 2k(X, P)
d = P
t
Sv +a
t
v
d = P
t
S(v) +a
t
(v)
= P
t
S(X P) +a
t
(X P)
= P
t
SX P
t
SP +a
t
X a
t
P
= (P
t
SX +a
t
X +a
t
P +) (P
t
SP + 2a
t
P +)
d = k(X, P) k(P, P)
w = P
t
SP + 2a
t
P +
w = k(P, P)
Jetzt betrachten wir die Ber uhrbedingung = d
2
uw = 0 und setzen die eben
erzielten Ergebnisse ein.
0 =
0 = d
2
uw
0 =
2
(d
2
uw)
0 =
2
d
2
(
2
u)w
0 = [k(X, P) k(P, P)]
2
[k(X, X) +k(P, P) 2k(X, P)] [k(P, P)]
0 = k(X, P)
2
k(X, X)k(P, P)
2
In Abbildung 4.26 sind die Tangenten an eine Ellipse durch einen Punkt, der nicht
auf der Ellipse liegt, dargestellt. Die beiden Tangenten bilden zusammen ein schneidendes
Geradenpaar, den Tangentialkegelschnitt, der die Gleichung aus Hilfssatz 4.14 besitzt.
94 KAPITEL 4. AFFINE UND EUKLIDISCHE GEOMETRIE
Abbildung 4.26: Tangenten durch einen Punkt an einen Kegelschnitt
Man kann die Tangentengleichungen jedoch auch einfacher bekommen, indem man sich
die Tangentenber uhrpunkte genauer ansieht.
Bemerkung 4.6 Die Beruhrpunkte der Tangenten aus einem Punkt P / K an den Ke-
gelschnitt K liegen auf der Geraden k(X, P) = 0.
Beweis. Ein Tangentenber uhrpunkt X liegt auf dem Tangentialkegelschnitt TK und dem
Kegelschnitt K selbst, X TK K.
X TK : 0 = k(X, P)
2
k(X, X)k(P, P)
X K : 0 = k(X, X)
0 = k(X, P)
2
Hilfssatz 4.15 Seien K ein Kegelschnitt und P K ein Punkt des R
2
, wobei P kein
Mittelpunkt von K ist. Die Tangente oder Erzeugende in P hat die Gleichung
k(X, P) = 0.
Beweis. Wieder muss eine Tangente t : X = P + v die Ber uhrbedingung = d
2
uw = 0 mit u ,= 0 erf ullen. Da hier P auf K liegt, gilt 0 = k(P) = k(P, P) = w. Die
Ber uhrbedingung vereinfacht sich dadurch zu = d
2
= 0. Es muss also d = 0 gelten. Im
Fall u = 0 liegt somit wegen w = 0, d = 0 eine Erzeugende, bei u ,= 0 eine Tangente vor.
Betrachten wir jetzt d.
0 = d
0 = P
t
Sv +a
t
v
0 = (SP +a)
t
v
4.5. KEGELSCHNITTE 95
Ware P ein Mittelpunkt, also P = S
1
a, dann ware wegen SP + a = O die Ber uhrbe-
dingung f ur jede Richtung erf ullt. Wenn P auf K liegt und Mittelpunkt von K ist, kann er
nur der Schnittpunkt einer Doppelgeraden sein. Diesen Fall haben wir nach Voraussetzung
ausgeschlossen.
Wie sieht nun die Gleichung der Tangente aus? Dazu verwenden wir das Ergebnis f ur
d aus dem Beweis zu Hilfssatz 4.14 und erhalten die gew unschte Tatsache.
d = k(X, P) k(P, P)
0 = k(X, P) 0
0 = k(X, P)
2
In Abbildung 4.27 ist die Tangente an eine Ellipse durch einen Punkt dieser Ellipse
zu sehen. Ihre Gleichung hat nach Hilfssatz 4.15 die Form k(X, P) = 0. Diese Gleichung
kommt sowohl in Bemerkung 4.6, als auch in Hilfssatz 4.15 vor und f uhrt uns zur folgenden
Denition.
Abbildung 4.27: Tangente durch einen Punkt auf einem Kegelschnitt
Denition 4.20 Sei P kein Mittelpunkt eines Kegelschnitts K. Die Gerade p : k(X, P) =
0 heit Polare von P bezuglich K. Der Punkt P heit Pol von p bezuglich K.
Nun konnen wir die eingangs gestellte Frage, wie man Tangenten aus einem Punkt an
einen Kegelschnitt legt, zusammenfassend beantworten.
Satz 4.16 Seien K ein Kegelschnitt und P ein Punkt des R
2
, der nicht Mittelpunkt von
K ist. Dann gilt:
1. P K : Die Tangente an K in P ist die Polare von P bezuglich K.
2. P / K : Die Beruhrpunkte der Tangenten von P an K liegen auf der Polaren von
P bezuglich K.
96 KAPITEL 4. AFFINE UND EUKLIDISCHE GEOMETRIE
Abbildung 4.28: Tangenten und Polare eines Punktes bez uglich eines Kegelschnitts
Beweis. (1) Nach Hilfssatz 4.15 hat die Tangente an K in P die Gleichung k(X, P) = 0.
Dies ist die Polare von P bez uglich K (Denition 4.20).
(2) Nach Bemerkung 4.6 liegen die Ber uhrpunkte der Tangenten aus einem Punkt
P / K an den Kegelschnitt K auf der Geraden k(X, P) = 0. Dies ist die Gleichung der
Polaren von P bez uglich K. 2
Abbildung 4.28 zeigt noch einmal ubersichtlich den Zusammenhang zwischen Tangen-
ten (t
1
, t
2
) und Polare (p). Die Tangentenber uhrpunkte bekommen wir durch Schnitt des
Kegelschnitts K mit der Polaren p. Die Tangenten sind dann einfach die Geraden durch
die Punkte P, T
1
und P, T
2
.
Es ist auch moglich, dass Polare und Kegelschnitt keine Schnittpunkte haben. In diesem
Fall kann man von P aus keine Tangenten an den Kegelschnitt legen. Ein Beispiel f ur eine
solche Situation ist in Abbildung 4.29 zu sehen.
Abbildung 4.29: Polare ohne Schnittpunkte mit einem Kegelschnitt
Beispiel. Betrachten wir nochmals die Parabel par : y
2
4x = 0. Wir wollen nun die
Tangenten an par durch den Punkt P = (2, 1) bestimmen (siehe Abbildung 4.30). Dazu
berechnen wir zunachst die Polare p von P bez uglich par.
p : 0 = k(X, P)
4.5. KEGELSCHNITTE 97
= P
t
SX +a
t
P +a
t
X +
= (2, 1)
_
0 0
0 1
__
x
y
_
+ (2, 0)
_
2
1
_
+ (2, 0)
_
x
y
_
= (2, 1)
_
0
y
_
+ 4 2x
p : 0 = y + 4 2x
Die Polare schneiden wir jetzt mit der Parabel und erhalten dabei die Schnittpunkte
T
1
= (4, 4) sowie T
2
= (1, 2). Die Tangenten erhalten wir als die Geraden durch P und
T
1
bzw. P und T
2
mit den Gleichungen t
1
: x 2y + 4 = 0 und t
2
: x +y + 1 = 0.
Abbildung 4.30: Tangenten und Polare an eine Parabel
Wir wollen nun noch den Tangentialkegelschnitt TK berechnen (Hilfssatz 4.14, p.92).
TK : 0 = k(X, P)
2
k(X, X)k(P, P)
k(X, P)
2
= (2x +y + 4)
2
= 4x
2
4xy +y
2
16x + 8y + 16
k(X, X) = y
2
4x
k(P, P) = p
2
y
4p
x
= 9
TK : 0 = 4x
2
4xy +y
2
16x + 8y + 16 9(y
2
4x)
0 = 4x
2
4xy 8y
2
+ 20x + 8y + 16
0 = x
2
xy 2y
2
+ 5x + 2y + 4
_
_
_
zx
zy
z
_
_
_
Wir erweitern diese Denition nun um unendlich ferne Punkte, indem wir auch z = 0
zulassen.
106 KAPITEL 5. PROJEKTIVE GEOMETRIE
Abbildung 5.2: Punkte des P(R
3
)
Denition 5.6 Sei P ein Punkt der reellen projektiven Ebene P(R
3
). Dann schreiben wir
kurz
P =
_
_
_
x
y
z
_
_
_
:=
_
_
_
_
_
x
y
z
_
_
_
_
_
, x, y, z R
und nennen dies die homogenen Koordinaten von P. Wenn z = 0 ist, heit P unendlich
ferner Punkt. Wenn z ,= 0 ist, heit P endlicher Punkt und
_
x
z
,
y
z
_
inhomogene Koordina-
ten von P.
Der Nullvektor ist ubrigens kein Punkt der projektiven Ebene, stellt er doch einen -1
dimensionalen Teilraum dar. Punkte sind hingegen 0-dimensionale Teilraume.
Anstelle der linearen H ulle [(x, y, z)] schreiben wir einfach das Tripel (x, y, z) und mei-
nen damit alle Vielfachen dieses Vektors. Die Punkte des R
2
entsprechen eineindeutig den
endlichen Punkten der projektiven Ebene P(R
3
). Bei endlichen Punkten werden wir in der
Regel z = 1 setzen:
_
x
y
_
R
2
_
_
_
x
y
1
_
_
_
P(R
3
)
Haben wir umgekehrt die homogenen Koordinaten eines endlichen Punktes (z ,= 0) gege-
ben, dann erhalten wir wie folgt die inhomogenen anen Koordinaten.
_
_
_
x
y
z
_
_
_
P(R
3
)
_
x
z
y
z
_
R
2
5.4. GERADEN 107
5.4 Geraden
Betrachten wir jetzt Geraden des P(R
3
). Sie stellen die projektive Verbindung zweier Punk-
te des P(R
3
) dar und entsprechen den Ebenen des R
3
durch den Nullpunkt.
Abbildung 5.3: Geraden des P(R
3
)
Denition 5.7 Seien A, B zwei Punkte eines projektiven Raumes. Dann heit AB die
Verbindungsgerade von A, B.
Hier haben wir die Kurzschreibweise von Denition 5.6 verwendet, also A = [A] und
B = [B] gesetzt. Die Punkte eines projektiven Raumes sind ja Strahlen.
Wie lasst sich nun eine Verbindungsgerade des P(R
3
) darstellen? Verwenden wir dazu
die Denition 5.5 der projektiven Verbindung f ur die beiden Punkte A, B:
A B = P([A] + [B]) = P([A, B]).
Der Untervektorraum [A, B] entspricht einer Ebene des R
3
, die durch den Nullpunkt
geht. Die Punkte der Verbindungsgeraden AB entsprechen jenen Strahlen, die in dieser
Ebene liegen (siehe Abbildung 5.3). Damit bekommen wir die Parameterdarstellung einer
projektiven Geraden:
A B : X =
1
A+
2
B.
Im P(R
3
) konnen wir die Verbindungsgerade auf folgende Art durch eine Gleichung
angeben.
Bemerkung 5.1 Seien A, B zwei Punkte des P(R
3
). Dann lasst sich die Gleichung der
Verbindungsgeraden A B folgendermaen in Normalvektorform darstellen:
A B : X, A B) = 0
108 KAPITEL 5. PROJEKTIVE GEOMETRIE
Beweis. Betrachten wir die Parameterdarstellung von A B: X =
1
A +
2
B. Diese
lasst sich als ane Hyperebene des R
3
interpretieren. Eine ane Hyperebene lasst sich
stets mittels Normalvektorform (4.1.1, p.48)
_
_
_
5
2
1
_
_
_
=
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
3 2
1 1
1 5
1 1
1 5
3 2
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
=
_
_
_
1
4
13
_
_
_
Die Gleichung von A B ist damit gegeben als
X, AB) = 0
_
_
_
x
y
z
_
_
_
,
_
_
_
1
4
13
_
_
_
) = 0
x + 4y 13z = 0.
Vergleichen wir dieses Ergebnis mit dem aquivalenten anen Beispiel (p.53) der Ge-
raden durch die Punkte (1, 3) und (5, 2), die als Gleichung x + 4y 13 = 0 besitzt. Ein
Punkt (x, y) des R
2
erf ullt die Gleichung x + 4y 13 = 0 genau dann, wenn ein Punkt
(x, y, 1) des P(R
3
) die Gleichung x + 4y 13z = 0 erf ullt.
5.4. GERADEN 109
5.4.1 Schnitt projektiver Geraden
Zwei ane Geraden schneiden sich nur dann, wenn sie nicht parallel sind. Zwei projektive
Geraden des P(R
3
) haben hingegen stets einen eindeutig bestimmten Schnittpunkt.
Abbildung 5.4: Schnitt zweier Geraden des P(R
3
)
Satz 5.2 Zwei verschiedene Geraden des P(R
3
) haben genau einen Schnittpunkt.
Beweis. Anschaulich und algebraisch entspricht der Schnitt zweier projektiver Geraden
im P(R
3
) dem Schnitt zweier Ebenen durch den Nullpunkt im R
3
(siehe Abbildung 5.4).
Wir haben damit ein homogenes lineares Gleichungssystem A X = O mit zwei Glei-
chungen und drei Variablen zu losen. A ist also eine 23 Matrix. Da wir es mit verschiede-
nen projektiven Geraden zu tun haben, ist rgA = 2. Nach der Dimensionsformel f ur lineare
Gleichungssysteme (Bemerkung 3.7, p.33) ist die eindeutig bestimmte Losungsmenge L ein
eindimensionaler Untervektorraum: dimL = n rgA = 3 2 = 1. Ein eindimensionaler
Untervektorraum enstpricht einem Strahl und somit einem projektiven Punkt. Zwei pro-
jektive Geraden des P(R
3
) schneiden sich somit in genau einem Punkt. 2
Wie berechnet sich nun dieser Schnittpunkt?
Satz 5.3 Seien A B und C D zwei verschiedene projektive Geraden. Dann gilt
(A B) (C D) = (AB) (C D)
Beweis. Stellen wir die beiden Geraden zunachst mittels Normalvektorform dar. A B :
X, A B) = 0 und C D : X, C D) = 0 sind zwei projektive Geraden. Es wird nun
behauptet, dass S := (AB) (C D) den Schnittpunkt der beiden Geraden darstellt.
Wir zeigen zunachst, dass S ,= O ist. A B und C D sind genau dann verschiedene
Geraden, wenn n
1
:= A B und n
2
:= C D linear unabhangig sind, da die beiden
110 KAPITEL 5. PROJEKTIVE GEOMETRIE
Gleichungen ansonsten dieselbe Losungsmenge hatten. Nach Satz 4.3, p.51 sind n
1
und n
2
genau dann linear unabhangig, wenn n
1
n
2
,= O ist. Daher ist S ,= O genau dann, wenn
die beiden Geraden verschieden sind. S ist damit ein projektiver Punkt.
Wir uberzeugen uns nun noch davon, dass S wirklich beide Geradengleichungen erf ullt.
Es soll also S, n
1
) = 0 und S, n
2
) = 0 gelten, das heit Sn
1
und Sn
2
. Nach Satz 4.2,
p.50 wissen wir, dass das Vektorprodukt n
1
n
2
normal zu n
1
und n
2
steht. Damit haben
wir eine Losung gefunden: S = n
1
n
2
= (A B) (C D). Nach Satz 5.2 ist dieser
Schnittpunkt eindeutig. 2
Beispiel. Betrachten wir hierzu ein Beispiel. Es seien A B : 3x + 2y 4z = 0 und
C D : 5x + y + 11z = 0 zwei projektive Geraden des P(R
3
). Wir suchen nun den
Schnittpunkt S = (A B) (C D). Dieser Schnittpunkt entspricht der Losungsmenge
des folgenden homogenen linearen Gleichungssystems:
3x + 2y 4z = 0
5x +y + 11z = 0
Nach Satz 5.3 lasst sich S mittels Vektorprodukt berechnen.
S =
_
_
_
3
2
4
_
_
_
_
_
_
5
1
11
_
_
_
=
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
2 1
4 11
3 5
4 11
3 5
2 1
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
_
=
_
_
_
26
13
13
_
_
_
5.4.2 Vergleich mit anen Geraden
Wir interpretieren das eben behandelte Beispiel jetzt f ur die ane Geometrie. Wegen
S
z
= 13 ,= 0 konnen wir S als Punkt des R
2
auassen und die inhomogenen Koordinaten
von S angeben.
S =
_
_
_
26
13
13
_
_
_
P(R
3
) S =
_
26
13
13
13
_
=
_
2
1
_
Erinnern wir uns nun an das Beispiel zur Cramerschen Regel (p.35). Dort hatten wir
namlich die selben beiden Geraden in aner Schreibweise geschnitten. Dabei war die
Losung des folgenden inhomogenen Gleichungssystems gesucht.
3x + 2y = 4
5x +y = 11
5.4. GERADEN 111
Dieses System ist eindeutig losbar, wenn det A =
3 2
5 1
3 5
2 1
,= 0 ist. Die
Losung S = (s
x
, s
y
) ist gegeben als
s
x
=
4 2
11 1
det A
=
2 4
1 11
det A
=
2 1
4 11
det A
=
26
13
= 2
s
y
=
3 4
5 11
det A
=
3 4
5 11
det A
=
3 5
4 11
det A
=
13
13
= 1
Wir bekommen damit S = (2, 1). Bei Anwendung der Cramerschen Regel haben wir
hier also im Prinzip ein Vektorprodukt berechnet. Wenn det A = 0 ist, bedeutet das in der
anen Geometrie, dass die beiden Geraden parallel sind. Im Projektiven wird dadurch nur
die z-Koordinate des Schnittpunktes null, wir erhalten also einen unendlich fernen Punkt.
Dies motiviert den folgenden Satz.
Satz 5.4 Parallele Geraden schneiden sich im selben unendlich fernen Punkt.
In der projektiven Geometrie gibt es den Begri der Parallelitat nicht. Machen wir uns
deshalb zunachst klar, was mit Satz 5.4 uberhaupt gemeint ist:
Zwei projektive Geraden schneiden sich genau dann in einem unendlich fernen
Punkt, wenn sie die projektiven Entsprechungen zweier verschiedener paralleler
aner Geraden des R
2
sind. (siehe Abbildung 5.5).
Beweis. Die Richtungsvekoren zweier paralleler aner Geraden sind linear abhangig. Im
R
2
sind damit auch ihre Normalvektoren linear abhangig. Zwei parallele Geraden des R
2
lassen sich daher auf folgende Art anschreiben: Seien a, b, c
1
,= c
2
R fest. Dann sind
g : ax + by + c
1
= 0 und h : ax + by + c
2
= 0 zwei verschiedene parallele ane Geraden
des R
2
. Unter den projektiven Entsprechungen von g und h wollen wir nun die Geraden
g
p
: ax +by +c
1
z = 0 und h
p
: ax +by +c
2
z = 0 verstehen.
() Schneiden wir diese beiden projektiven Geraden mit Hilfe des Vektorprodukts.
g
p
h
p
: S =
_
_
_
a
b
c
1
_
_
_
_
_
_
a
b
c
2
_
_
_
=
_
_
_
b(c
2
c
1
)
a(c
2
c
1
)
0
_
_
_
_
_
_
b
a
0
_
_
_
(b, a) ist der Richtungsvektor der beiden parallelen Geraden g und h. Der Schnittpunkt
S = g
p
h
p
hangt also nur vom Richtungsvektor der Geraden ab.
() Sei umgekehrt S := (b, a, 0) ein unendlich ferner Punkt. S erf ullt die Geraden-
gleichungen g
p
und g
h
und ist damit Schnittpunkt zweier projektiver Geraden, die zwei
112 KAPITEL 5. PROJEKTIVE GEOMETRIE
verschiedenen parallelen anen Geraden entsprechen. 2
Beispiel. Betrachten wir abschlieend auch hierzu ein Beispiel. Es seien g und h die
folgenden beiden parallelen Geraden des R
2
.
g : X =
_
1
3
_
+
_
4
1
_
h : X =
_
2
2
_
+
_
4
1
_
Abbildung 5.5: Parallele ane Geraden und ihre projektive Entsprechung
Mit Hilfe des Normalvektors erhalten wir die projektiven Entsprechungen dieser Ge-
raden: g
p
: x + 4y 13z = 0, h
p
: x + 4y 6z = 0. In der anen Geometrie haben die
parallelen Geraden g und h keinen Schnittpunkt. Ihre projektiven Entsprechungen g
p
und
h
p
schneiden sich hingegen im unendlich fernen Punkt S = (4, 1, 0).
5.5 Dualitatsprinzip
Vergleichen wir die Darstellungen von Punkten und Geraden im P(R
3
). Ein Punkt P wird
in homogenen Koordinaten (p
x
, p
y
, p
z
) angegeben. Diese Koordinaten kann man auch als
Normalvektor einer Geraden g
P
: X, P) = 0 (vgl. Denition 5.8, p.108) auassen, die
dann die Gleichung p
x
x +p
y
y +p
z
z = 0 hat.
Das Tripel (p
x
, p
y
, p
z
) konnen wir damit als Punkt oder als Gerade interpretieren. Dieser
Zusammenhang zeigt sich in folgendem Satz.
Satz 5.5 (Drei Punkte und drei Geraden Kriterium) Seien A, B, C drei Punkte
und g
A
, g
B
, g
C
drei Geraden des P(R
3
). A, B, C liegen genau dann auf einer Geraden,
wenn g
A
, g
B
, g
C
durch einen Punkt gehen.
5.6. QUADRIKEN 113
Beweis. () Sei g
n
: X, n) = 0 jene Gerade, auf der A, B und C liegen. Es gilt daher
A, n) = B, n) = C, n) = 0. Diese Gleichungen interpretieren wir jetzt einfach anders:
Wir sehen, dass der Punkt n auf den Geraden g
A
, g
B
und g
C
liegt.
() Sei n der Schnittpunkt der drei Geraden g
A
, g
B
, g
C
. Es gilt daher n, A) = n, B)
= n, C) = 0. Die Punkte A, B und C liegen also auf der Geraden g
n
. 2
Diesen bemerkenswerten Zusammenhang zwischen Punkten und Geraden des P(R
3
),
oder allgemeiner zwischen Punkten und Hyperebenen eines projektiven Raumes, nennt
man Dualitat oder Polaritat.
Aus einem Satz der projektiven Geometrie bekommt man durch einfaches Ersetzen
von Wortern durch ihre duale Entsprechung einen neuen g ultigen Satz. Das Drei-Punkt-
und drei-Geraden-Kriterium ist ein Beispiel daf ur. Folgende Liste zeigt, wie die dualen
Entsprechungen des P(R
3
) aussehen.
Begri ersetzt durch
Punkt Gerade
Gerade Punkt
verbinden schneiden
schneiden verbinden
liegt auf geht durch
geht durch liegt auf
Tabelle 5.1: Dualitatsprinzip der projektiven Ebene
Das Dualitatsprinzip ist ein auerst n utzliches Hilfsmittel der projektiven Geometrie.
Es ist namlich manchmal einfacher, die duale Entsprechung eines Satzes zu beweisen, als
seine urspr ungliche Formulierung.
Ein weiteres Beispiel sind die beiden folgenden dualen Satze:
Durch zwei Punkte geht genau eine Gerade.
Auf zwei Geraden liegt genau ein Punkt.
5.6 Quadriken
Die projektive Entsprechung der Kegelschnitte (Denition 4.16, p.72) nennen wir Quadri-
ken. In der projektiven Geometrie hat man ein homogenes Polynom zu betrachten, also
a
11
x
2
+a
22
y
2
+a
33
z
2
+ 2a
12
xy + 2a
13
xz + 2a
23
yz = 0
mit a
ij
R. Die Koezienten kann man wie in der anen Geometrie als Koezienten
einer reellen symmetrischen 3 3 Matrix A = (a
ij
) auassen.
114 KAPITEL 5. PROJEKTIVE GEOMETRIE
Denition 5.9 Seien A = (a
ij
) eine reelle symmetrische 3 3 Matrix und X P(R
3
).
Damit lasst sich ein homogenes quadratisches Polynom so schreiben:
k
A
(X) := X
t
AX
Wir denieren nun die Punktmenge Q
A
als Losungsmenge einer quadratischen Gleichung.
Q
A
:= X P(R
3
) : k
A
(X) = 0.
Wenn A ,= O ist, so nennen wir Q
A
eine Quadrik. Eine Quadrik heit ausgeartet, wenn
det A = 0.
Wir identizieren Q
A
auch mit Q
A
:= X R
3
: k
A
(X) = 0 und fassen eine Quadrik
als Teilmenge des R
3
auf. Q
A
stellt ubrigens anschaulich einen Doppelkegel im R
3
dar,
dessen Spitze im Ursprung liegt. Die Kegelschnitte entstehen dann durch Schnitt des Kegels
mit der Ebene z = 1. Wir setzen dazu einfach X = (x, y, 1) in k
A
(X) ein und erhalten
a
11
x
2
+ 2a
12
xy + a
22
y
2
+ 2a
13
x + 2a
23
y + a
33
= 0, die allgemeine Kegelschnittgleichung.
Dies erklart auch die Bezeichnung Kegelschnitt.
Abbildung 5.6: Hyperbel als Schnitt eines Doppelkegels mit der Ebene z = 1
5.6. QUADRIKEN 115
5.6.1 F unf Punkte Satz
Eine Quadrik bzw. ein Kegelschnitt lasst sich durch f unf Punkte, von denen keine vier
kollinear sind, eindeutig festlegen. In diesem Abschnitt wollen wir diesen Satz im Rahmen
der projektiven Geometrie beweisen. Dazu benotigen wir noch zwei Hilfssatze.
In der projektiven Geometrie gibt es einen nat urlichen Zusammenhang zwischen Kolli-
nearitat und linearer Abhangigkeit. Drei kollineare projektive Punkte liegen in einer Ebene
des R
3
. Drei Vektoren einer Ebene sind stets linear abhangig. Dieser Zusammenhang wird
im Folgenden Hilfssatz ausgedr uckt.
Hilfssatz 5.6 Seien P, Q, R drei paarweise verschiedene Punkte des P(R
3
). Dann sind
folgende Aussagen aquivalent:
1. Die Punkte P, Q, R sind kollinear.
2. Die Vektoren P, Q, R sind linear abhangig.
3. Es gibt homogene Koordinatendarstellungen P = P, Q = Q, R = R, sodass R =
P Q.
Beweis. Vorweg eine Bemerkung zur Formulierung des Hilfssatzes: der Punkt P in (i)
bezeichnet den eindimensionalen Teilraum und der Vektor P in (ii) jenen Vektor, der
diesen Teilraum aufspannt.
(i) (ii): Die Verbindungsgerade PQ hat die Parameterdarstellung X =
1
P+
2
Q.
Da R auch auf dieser Geraden liegt, gilt R =
1
P+
2
Qund damit O =
1
P+
2
Q1R.
Nach Denition 3.6, p.19 sind die Vektoren P, Q und R daher linear abhangig.
(ii) (iii): Sei O =
1
P +
2
Q+
3
R, wobei zumindest ein
i
,= 0 ist. Es m ussen hier
sogar alle
i
,= 0 sein. Ware beispielsweise
3
= 0, dann w urde
1
P =
2
Q gelten. Die
Vektoren P und Q waren dann parallel und spannten denselben eindimensionalen Teilraum
auf. Kurzum: es ware P = Q.
Es gilt also
3
R =
1
P +
2
Q mit
1
,
2
,
3
,= 0. Wir setzen nun R :=
3
R,
P :=
1
P, Q =
2
Q und erhalten die Behauptung.
(iii) (i): Wegen R = P Q liegt R auf der Verbindungsgeraden P Q. Da P = P,
Q = Q, R = R gilt, liegt somit R auf P Q. 2
Eine Gerade und eine nicht ausgeartete Quadrik haben hochstens zwei Punkte gemein-
sam.
Hilfssatz 5.7 Seien g eine Gerade Q
A
eine nicht ausgeartete Quadrik des P(R
3
). Dann
gilt #(g Q
A
) 2.
Beweis. Angenommen, es gabe drei Schnittpunke P, Q und R. Wir f uhren nun einen
Basiswechsel im R
3
durch, sodass P = e
1
= (1, 0, 0) und Q = e
2
= (0, 1, 0) sind. Da P, Q
und R kollinear sind, gilt nach Hilfssatz 5.6: R = P + Q = (, , 0).
116 KAPITEL 5. PROJEKTIVE GEOMETRIE
Alle drei Punkte liegen auch auf der nicht ausgearteten Quadrik Q
A
, d.h. P
t
AP =
Q
t
AQ = (P + Q)
t
A(P + Q) = 0 mit det A ,= 0. Sehen wir uns nun an, was dies f ur
die Matrix A =
_
_
_
a b d
b c e
d e f
_
_
_
der Quadrik Q
A
bedeutet.
0 = (1, 0, 0)A
_
_
_
1
0
0
_
_
_
= (1, 0, 0)
_
_
_
a
b
d
_
_
_
= a
0 = (0, 1, 0)A
_
_
_
0
1
0
_
_
_
= (0, 1, 0)
_
_
_
b
c
e
_
_
_
= c
0 = (, , 0)A
_
_
_
0
_
_
_
= (, , 0)
_
_
_
a +b
b +c
d +e
_
_
_
=
2
a + 2b +
2
c
Wir sehen, dass a = b = c = 0 gelten muss. Die Matrix A hat also die Gestalt
A =
_
_
_
0 0 d
0 0 e
d e f
_
_
_
.
F ur diese Matrix gilt det A = 0, was im Widerspruch zur Voraussetzung steht, dass Q
A
nicht ausgeartet ist. 2
Damit konnen wir jetzt den angek undigten F unf-Punkte-Satz formulieren.
Satz 5.8 (F unf-Punkte-Satz) Seien funf Punkte des P(R
3
) gegeben. Dann existiert eine
Quadrik, auf der die funf Punkte liegen. Sind keine vier der funf Punkte kollinear, so ist
die Quadrik eindeutig bestimmt.
Beweis. Wir unterscheiden zum Beweis des Satzes zwei Falle [11, p.232].
1. Fall: Mindestens drei der f unf Punkte sind kollinear. Wegen Hilfssatz 5.7 muss die
Quadrik Q
A
entartet sein, also det A = 0. Aus der Tabelle zur Klassikation der Kegel-
schnitte (p.87) ersehen wir, dass die Quadrik einem Geradenpaar entspricht. F unf kollineare
Punkte liegen auf einer eindeutig bestimmten Doppelgeraden. Bei vier kollinearen Punkten
konnen wir beispielsweise zwei parallele Geraden durch die f unf Punkte legen. Sind kei-
ne vier der f unf Punkte kollinear, so ist ein Geradenpaar eindeutig bestimmt, wobei man
eine Gerade durch drei kollineare Punkte und die andere durch die verbleibenden beiden
Punkte legt.
2. Fall: Keine drei der f unf Punkte sind kollinear. Nach einem Basiswechsel d urfen wir
annehmen, dass e
1
= (1, 0, 0), e
2
= (0, 1, 0), e
3
= (0, 0, 1) sowie P und Q diese f unf Punkte
sind. Da keine drei Punkte kollinear sind, liegen P und Q auf keiner der Koordinatenachsen.
Damit sind alle Koordinaten von P und Q ungleich 0.
5.6. QUADRIKEN 117
Sehen wir uns nun an, wie die Matrix A =
_
_
_
a b d
b c e
d e f
_
_
_
der Quadrik Q
A
aussieht.
0 = (1, 0, 0)A
_
_
_
1
0
0
_
_
_
= (1, 0, 0)
_
_
_
a
b
d
_
_
_
= a
0 = (0, 1, 0)A
_
_
_
0
1
0
_
_
_
= (0, 1, 0)
_
_
_
b
c
e
_
_
_
= c
0 = (0, 0, 1)A
_
_
_
0
0
1
_
_
_
= (0, 0, 1)
_
_
_
d
e
f
_
_
_
= f
Die Matrix A hat damit die Gestalt
A =
_
_
_
0 b d
b 0 e
d e 0
_
_
_
.
Setzen wir nun auch noch die Punkte P = (p
1
, p
2
, p
3
) und Q = (q
1
, q
2
, q
3
) in die
Quadrikengleichung X
t
AX = 0 ein.
0 = P
t
AP = bp
1
p
2
+ dp
1
p
3
+ep
2
p
3
0 = Q
t
AQ = bq
1
q
2
+dq
1
q
3
+eq
2
q
3
Diese beiden Gleichungen interpretieren wir als zwei Geradengleichungen und setzen p :=
(p
1
p
2
, p
1
p
3
, p
2
p
3
), q := (q
1
q
2
, q
1
q
3
, q
2
q
3
). Damit gilt
_
_
_
b
d
e
_
_
_
g
p
g
q
.
Die homogenen Koordinaten (b, d, e) liegen also im Schnitt beider Geraden. Es kann sich
dabei entweder um den Nullvektor oder um den eindeutigen Schnittpunkt p q (Satz 5.3,
p.109) handeln. Wir werden jetzt noch zeigen, dass wirklich ein Schnittpunkt vorliegt und
sogar alle Komponenten von (b, d, e) = p q ungleich 0 sind. Damit ist dann die Matrix
A der Quadrik eindeutig festgelegt, und es handelt sich wegen det A = 2bde ,= 0 um eine
nicht ausgeartete Quadrik.
Da keine drei Punkte kollinear sind, sind die Vektoren e
1
= (1, 0, 0), P, Q sowie e
2
=
(0, 1, 0), P, Q und e
3
= (0, 0, 1), P, Q nach Hilfssatz 5.6 jeweils linear unabhangig. Damit
ist die Determinante jeweils ungleich 0 (Bemerkung 3.4, p.28), und wir erhalten unter
Verwendung des Spatproduktes (Satz 4.4):
0 ,= det(e
1
, P, Q) = e
1
, P Q) = p
2
q
3
p
3
q
2
0 ,= det(e
2
, P, Q) = e
2
, P Q) = p
3
q
1
p
1
q
3
0 ,= det(e
3
, P, Q) = e
3
, P Q) = p
1
q
2
p
2
q
1
118 KAPITEL 5. PROJEKTIVE GEOMETRIE
Wir sehen, dass alle Koordinaten von P Q ungleich 0 sind. Betrachten wir jetzt den
moglichen Schnittpunkt p q:
p q =
_
_
_
p
1
p
3
q
2
q
3
p
2
p
3
q
1
q
3
p
2
p
3
q
1
q
2
p
1
p
2
q
2
q
3
p
1
p
2
q
1
q
3
p
1
p
3
q
1
q
2
_
_
_
=
_
_
_
p
3
q
3
(p
1
q
2
p
2
q
1
)
p
2
q
2
(p
3
q
1
p
1
q
3
)
p
1
q
2
(p
2
q
3
p
3
q
2
)
_
_
_
Da alle Koordinaten von P und Q und auch jene von P Q ungleich 0 sind, gilt dies auch
f ur p q. Es handelt sich daher wirklich um einen eindeutigen Schnittpunkt der beiden
angegebenen Geraden, durch welchen die Koezienten der Matrix A eindeutig festgelegt
sind. 2
Eine Methode zur Berechnung der Matrix einer Quadrik aus f unf Punkten wird im
Abschnitt 6.3.3, p.132 vorgestellt. An dieser Stelle folgern wir aus dem F unf-Punkte-Satz,
dass zwei Quadriken hochstens vier Schnittpunkte haben konnen.
Folgerung 5.3 Seien Q
A
und Q
B
zwei verschiedene Quadriken, von denen eine nicht
ausgeartet ist. Dann gilt #(Q
A
Q
B
) 4.
Beweis. Von den Schnittpunkten konnen keine drei kollinear sein, da sonst nach dem
Hilfssatz 5.7 beide Quadriken ausgeartet waren.
Nehmen wir nun an, es gabe f unf Schnittpunkte. Nach dem F unf-Punkte-Satz (Satz 5.8)
waren aber beide Quadriken eindeutig durch die Schnittpunkte festgelegt, und es gilt Q
A
=
Q
B
. Dies steht im Widerspruch zur Annahme zweier verschiedener Quadriken. 2
Wie man die Schnittpunkte zweier Quadriken berechnen kann, behandeln wir in Ab-
schnitt 6.3.4, p.137.
5.6.2 Tangenten und Polare
Wir greifen hier nochmals das im Rahmen der anen Geometrie behandelte Problem
auf, wie man Tangenten an einen Kegelschnitt legt. Dort hatten wir unterschieden, ob
die Tangenten durch einen gegebenen Punkt gehen oder eine bestimmte Richtung haben
sollten (vgl. Abschnitt 4.5.6, p.92).
In der projektiven Geometrie ist diese Fallunterscheidung nicht notwendig. Dazu fassen
wir eine ane Richtung v = (x, y) einfach als unendlich fernen Punkt (x, y, 0) auf. Dies ist
auch intuitiv klar: Wir legen stets Tangenten durch einen Punkt. Sind die beiden Tangenten
parallel, so liegt dieser Punkt im Unendlichen.
Im Folgenden zeigen wir, dass damit die anen Denitionen der Polaren eines Punkt
(Denition 4.20, p.95) und der Polaren einer Richtung (Denition 4.22, p.99) vereinheitlicht
werden konnen.
Denition 5.10 Seien Q
A
eine Quadrik und P P(R
3
). Dann heit die Gerade X
t
A
P = 0 die Polare von P bezuglich Q
A
.
5.6. QUADRIKEN 119
Wir zeigen jetzt, dass diese Denition den beiden oben genannten anen Denition
entspricht. Betrachten wir zunachst die homogene Entsprechung der Polare zu einem in-
homogenen Punkt P = (p
x
, p
y
), wobei X = (x, y) und A =
_
S a
a
t
_
sind.
0 = X
t
h
AP
h
=
_
X
1
__
S a
a
t
__
P
1
_
=
_
X
1
__
SP +a
a
t
P +
_
= (SP +a)
t
X +a
t
P +
= P
t
SX +a
t
X +a
t
P +
= k(X, P)
Wir kommen so tatsachlich zur Denition 4.20 der Polaren eines Punktes. Genauso erhalten
wir zur Richtung v = (v
x
, v
y
) unter Verwendung des entsprechenden unendlich fernen
Punktes P
h
= (v
x
, v
y
, 0) die Denition 4.22 einer Polaren der Richtung v:
0 = X
t
h
AP
h
=
_
X
1
__
S a
a
t
__
v
0
_
=
_
X
1
__
Sv
a
t
v
_
= X
t
Sv +a
t
v
Mochte man Tangenten durch einen Punkt oder mit bestimmter Richtung an einen
Kegelschnitt legen, so verwendet man dazu die entsprechende Polare. Die Schnittpunkte
der Polaren mit einem Kegelschnitt sind namlich die gesuchten Tangentenber uhrpunkte
(Satze 4.16 und 4.18). Da wir in der projektiven Geometrie nur mehr einen Begri der
Polaren haben, fallen diese beiden Satze zusammen. Durch Verwendung homogener Koor-
dinaten lassen sich die Koezienten der Polaren eines Punktes (z = 1) oder einer Richtung
des R
2
(z = 0) sehr einfach als A (x, y, z)
t
berechnen.
Beispiel. Wir bestimmen hier nochmals die Polarengleichungen der anen Beispiele aus
Abschnitt 4.5.6.
Gesucht ist die Polare zum Punkt P = (2, 1) bez uglich der Parabel y
2
4x = 0.
p : X
t
A P = 0
X
t
_
_
_
0 0 2
0 1 0
2 0 0
_
_
_
_
_
_
2
1
1
_
_
_
= 0
120 KAPITEL 5. PROJEKTIVE GEOMETRIE
X
t
_
_
_
2
1
4
_
_
_
= 0
p : 2x +y + 4 = 0
Betrachten wir nun die Polare der Richtung v = (1, 0) bez uglich der Ellipse 9x
2
+16y
2
=
144.
p : X
t
A P = 0
X
t
_
_
_
9 0 0
0 16 0
0 0 144
_
_
_
_
_
_
1
0
0
_
_
_
= 0
X
t
_
_
_
9
0
0
_
_
_
= 0
p : 9x = 0
Kapitel 6
Geometrische Objekte der Ebene
Mit Hilfe des Wissens aus der linearen Algebra (3), anen Geometrie (4) und projektiven
Geometrie (5) wollen wir jetzt Punkte, Geraden und Kegelschnitte des R
2
behandeln.
Dabei werden die fr uheren Ergebnisse angewandt und teilweise erganzt.
6.1 Punkte
6.1.1 Darstellung
Wir wollen die Punkte des R
2
wahlweise in cartesischen oder Polarkoordinaten angeben.
Nach Bemerkung 3.2, p.22 entsprechen sich Polarkoordinaten und cartesische Koordina-
ten eineindeutig. Die einzige Aunahme bildet der Nullpunkt, dem wir jetzt einfach die
Polarkoordinaten (0; 0) zuordnen wollen.
Aus dem Beweis der genannten Bemerkung wissen wir auch schon, wie sich cartesische
und Polarkoordinaten ineinander umrechnen lassen.
polar cartesisch
P = (r; ) P =
_
r cos
r sin
_
cartesisch polar
P = O P = (0; 0)
P =
_
x
y
_
,= O P =
_
_
x
2
+ y
2
;
_
, wobei =
_
arccos
x
r
: y 0
2 arccos
x
r
: y < 0
6.1.2 Mittelpunkt
Bemerkung 6.1 Seien zwei verschiedene Punkte A und B des R
2
gegeben. Dann ist der
Mittelpunkt M dieser beiden Punkte gegeben als
M =
A+B
2
.
121
122 KAPITEL 6. GEOMETRISCHE OBJEKTE DER EBENE
Beweis. Nach Denition 4.17, p.77 des Mittelpunkts einer Punktmenge muss f ur alle
u R
2
: M +u A, B M u A, B gelten. Sei M +u = A (der Fall M +u = B
geht analog). Damit M ein Mittelpunkt ist, muss er entweder Mu = A oder Mu = B
erf ullen.
Im ersten Fall ware A = M + u = M u und damit M = A. A kann jedoch kein
Mittelpunkt sein, da f ur u =
AB zwar M + u = A +
AB = B A, B gilt, aber
Mu = A
AB = 2AB kein Element von A, B ist. Es bleibt also nur die Moglichkeit
M u = B. Durch Addieren der folgenden beiden Ausdr ucke erhalten wir daraus den
eindeutig bestimmten Mittelpunkt von A, B.
M +u = A
M u = B
_
+
2M = A +B
M =
A+B
2
2
6.1.3 Kollinearitat
Punkte heien kollinear, wenn sie alle auf einer Geraden liegen (Denition 4.5, p.47). Wie
kann man dies f ur drei gegebene Punkte entscheiden?
Bemerkung 6.2 Drei Punkte A, B, C in homogenen Koordinaten sind genau dann kolli-
near, wenn det(A, B, C) = 0 ist.
Beweis. Seien A, B, C kollinear. Das heit, dass C auf der Verbindungsgeraden A B
durch A und B liegt. Ein Punkt X liegt nach Folgerung 5.2, p.108 genau dann auf AB,
wenn er die Gleichung det(A, B, X) = 0 erf ullt. C liegt also genau dann auf A B, wenn
det(A, B, C) = 0. 2
6.2 Geraden
6.2.1 Darstellung
Es seien zwei Punkte A = (a
x
, a
y
) und B = (b
x
, b
y
) des R
2
gegeben. Die Gerade g(A, B)
durch diese beiden Punkte konnen wir in Parameterdarstellung und als Gleichung angeben.
Parameterdarstellung
Eine ane Gerade durch die Punkte A und B ist ein eindeutig festgelegter eindimensionaler
aner Raum mit einer Parameterdarstellung der Gestalt X = A +
AB (vgl. ane
Raume 4.1, p.45).
g(A, B) : X =
_
a
x
a
y
_
+
_
b
x
a
x
b
y
a
y
_
6.2. GERADEN 123
Den Vektor
g =
AB =
_
b
x
a
x
b
y
a
y
_
nennen wir dabei den Richtungsvektor von
g(A, B). Der Normalvektor unserer Gerade ist damit n = g
=
_
g
y
g
x
_
=
_
a
y
b
y
b
x
a
x
_
.
Denition 6.1 Sei
g =
_
g
x
g
y
_
der Richtungsvektor einer Geraden g. Dann ist die
Steigung k von g wie folgt deniert.
k =
_
gy
gx
: g
x
,= 0
: g
x
= 0
Die Steigung von g(A, B) ist k =
byay
bxax
, sofern b
x
,= a
x
.
Geradengleichung
Wie bekommt man die Gleichung einer Geraden durch die Punkte A und B? Die projektive
Verbindungsgerade A B hat die Gleichung X, A B) = 0 (Bemerkung 5.1, p.107).
Wir verwenden also die homogenen Koordinaten der Punkte A, B und erhalten durch
das Vektorprodukt die Koezienten (a, b, c) = A B der Geradengleichung g(A, B) :
ax +by +c = 0.
g(A, B) :
a
y
b
y
1 1
a
x
b
x
1 1
y +
a
x
b
x
a
y
b
y
= 0
g(A, B) : (a
y
b
y
) x + (b
x
a
x
) y + (a
x
b
y
a
y
b
x
) = 0
Das selbe Ergebnis bekommt man nat urlich auch durch die ane Normalvektorform
: bx +ay + (p
x
b p
y
a) = 0.
124 KAPITEL 6. GEOMETRISCHE OBJEKTE DER EBENE
Beweis. (a, b) ist ein Normalvektor von g
|
. Die Gerade g
|
hat daher die Normalvektorform
MX, n) = 0 bzw. 2n
x
x + 2n
y
y = (a
x
+b
x
)n
x
+ (a
y
+b
y
)n
y
Beweis. Gehen wir von der Denition 6.2 der Streckensymmetrale aus. Durch Umformung
erhalten wir die gew unschten Ausdr ucke in den Zeilen 9 und 7.
d(A, X) = d(B, X)
d(A, X)
2
= d(B, X)
2
6.2. GERADEN 125
|
AX|
2
= |
BX|
2
(x a
x
)
2
+ (y a
y
)
2
= (x b
x
)
2
+ (y b
y
)
2
2(b
x
a
x
)x + 2(b
y
a
y
)y = b
2
x
a
2
x
+b
2
y
a
2
y
2(b
x
a
x
)x + 2(b
y
a
y
)y = (b
x
+a
x
)(b
x
a
x
) + (b
y
+a
y
)(b
y
a
y
)
2n
x
x + 2n
y
y = (a
x
+b
x
)n
x
+ (a
y
+b
y
)n
y
2X, n) = A+B, n)
MX, n) = 0
2
6.2.2 Abstand Punkt - Gerade
Mit Hilfe des inneren Produkts lasst sich der Normalabstand eines Punktes Q von einer
Geraden g durch den Punkt P mit Einheitsnormalvektor
n
0
angeben. Dabei verwenden wir
die geometrische Bedeutung des inneren Produkts: Seien
PQ ein Vektor beliebiger Lange
und n
0
ein Einheitsvektor. Dann entspricht die Zahl
PQ, n
0
) der Lange der Projektion
von
PQ auf n. Die Lange dieser Projektion ist gerade der gesuchte Abstand des Punktes
Q von der Geraden g (siehe Abbildung 6.2).
Abbildung 6.2: Abstand d eines Punktes Q von einer Geraden g
Denition 6.3 Sei g eine Gerade des R
2
durch den Punkt P mit dem Einheitsnormal-
vektor n
0
. Dann verstehen wir unter dem Abstand des Punktes Q von der Geraden g die
reelle Zahl d(Q, g) := [
PQ, n
0
)[.
F ur die Abstandsberechnung brauchen wir also einen Punkt der Geraden und ihren
Normalvektor. Wir konnen den Abstand aber auch direkt mit Hilfe der Geradengleichung
bestimmen, ohne einen konkreten Punkt angeben zu m ussen.
126 KAPITEL 6. GEOMETRISCHE OBJEKTE DER EBENE
Bemerkung 6.5 Seien g : ax + by + c = 0 eine Gerade und Q = (q
x
, q
y
) ein Punkt des
R
2
. Dann gilt:
d(Q, g) = [
a q
x
+b q
y
+c
a
2
+b
2
[.
Beweis. Eine Geradengleichung lasst sich in Normalvektorform (Denition 4.8, p.49)
PQ, n
0
)[
= [
1
| n|
PQ, n)[
= [
1
| n|
(Q, n) P, n)) [
= [
a q
x
+b q
y
+c
a
2
+b
2
[
2
6.2.3 Lagebeziehungen von Geraden
Zwei ane Geraden des R
2
haben entweder einen eindeutigen Schnittpunkt, oder sie sind
parallel oder identisch. (Bemerkung 4.1, p.47). Wir verwenden hier die Ergebnisse der
projektiven Geometrie des Abschnitts 5.4.1, p.109 uber den Schnitt projektiver Geraden.
Folgerung 6.1 Seien g : a
1
x +a
2
y +a
3
= 0 und h : b
1
x +b
2
y +b
3
= 0 zwei Geraden des
R
2
und
S =
_
_
_
s
x
s
y
s
z
_
_
_
:=
_
_
_
a
1
a
2
a
3
_
_
_
_
_
_
b
1
b
2
b
3
_
_
_
=
_
_
_
a
2
b
3
a
3
b
2
a
3
b
1
a
1
b
3
a
1
b
2
a
2
b
1
_
_
_
.
Dann gilt fur die Lagebeziehung der beiden Geraden g und h:
identisch g = h S = O
parallel g | h s
z
= 0, s
x
s
y
,= 0
schneidend g h =
__
sx
sz
sy
sz
__
s
z
,= 0
Beweis. Die Kriterien f ur g = h und g h folgen aus dem Beweis von Satz 5.3, p.109 uber
den Schnitt zweier projektiver Geraden. Die Aussage zur Parallelitat liefert uns Satz 5.4,
p.111: parallele Geraden schneiden sich in einem unendlich fernen Punkt. 2
Zwei schneidende Geraden schlieen zwei Winkel und ein, wobei + = gilt
(siehe Abbildung 6.3. Wir wollen den kleineren dieser beiden als Schnittwinkel der beiden
Geraden denieren.
6.2. GERADEN 127
Abbildung 6.3: Schnittwinkel zweier Geraden ( + = )
Denition 6.4 Unter dem Winkel zwischen zwei Geraden g und h mit Richtungsvektoren
g und
h verstehen wir die eindeutig bestimmte Zahl mit 0
2
gegeben durch
cos =
[
g ,
h )[
|
g ||
h |
.
Wenn sich die beiden Geraden schneiden, sprechen wir vom Schnittwinkel.
Bemerkung 6.6 Seien g : a
1
x + a
2
y + a
3
= 0 und h : b
1
x + b
2
y + b
3
= 0 zwei Geraden
des R
2
. Dann ist der Winkel (g, h) gegeben als
(g, h) = arccos
[ a
1
b
1
+a
2
b
2
[
_
a
2
1
+a
2
2
_
b
2
1
+b
2
2
.
Beweis. Aus den Gleichungen lesen wir die Normalvketoren
= (a
1
, a
2
) und
= (b
1
, b
2
)
ab. Wir nehmen als Richtungsvektoren
g = (a
2
, a
1
) und
h = (b
2
, b
1
). Damit gilt nach
der Denition 6.4 f ur den Winkel zwischen g und h:
cos (g, h) =
[
g ,
h )[
|
g ||
h |
=
[ a
1
b
1
+a
2
b
2
[
_
a
2
1
+a
2
2
_
b
2
1
+b
2
2
2
Zwei Geraden stehen genau dann normal zueinander, wenn a
1
b
1
+ a
2
b
2
= 0 ist. F ur
zwei parallele Geraden macht es Sinn, vom Abstand zwischen ihnen zu sprechen.
Denition 6.5 Seien g : X = P +
g und h : X = Q+
SP
0
+
SQ
0
) verstehen,
wobei |
SP
0
| = |
SQ
0
| = 1 sind.
Abbildung 6.4: Winkelsymmetrale
Liegen die Punkte P, S, Q auf einer Geraden, ist hier der Fall
SP
0
+
SQ
0
= O pro-
blematisch. Hier degeneriert die Richtung der Winkelsymmetrale zum Nullvektor und ist
damit nicht mehr deniert. In diesem Fall kann man die Winkelsymmetrale als w
PSQ
:
X = S +
SP
n
denieren und die folgende Bemerkung gilt auch.
Die Winkelsymmetrale halbiert einen Winkel zwischen zwei Geraden. Ihre Punkte ha-
ben damit von beiden Geraden den selben Abstand.
Bemerkung 6.7 Sei w
PSQ
die Winkelsymmetrale von P, S, Q, dann gilt:
1. w
PSQ
= w
QSP
2. (S P, w
PSQ
) = (S Q, w
PSQ
)
3. X w
PSQ
: d(X, S P) = d(X, S Q)
Beweis. (1) Die erste Behauptung ist wegen X = S +(
SP
0
+
SQ
0
) = S +(
SQ
0
+
SP
0
)
oensichtlich.
(2) Der Schnittwinkel zweier Geraden ist der Winkel zwischen ihren Richtungsvektoren
(Denition 6.4, p.127). Nehmen wir die Einheitsvektoren
SP
0
und
SQ
0
als Richtungsvek-
toren von S P und S Q und uberpr ufen damit die Aussage.
(
SP
0
,
SQ
0
+
SP
0
) =
SP
0
,
SQ
0
+
SP
0
)
|
SP
0
||
SQ
0
+
SP
0
|
=
SP
0
,
SQ
0
) +
SP
0
,
SP
0
)
1 |
SQ
0
+
SP
0
|
=
SP
0
,
SQ
0
) + 1
|
SQ
0
+
SP
0
|
6.3. KEGELSCHNITTE 129
(
SQ
0
,
SQ
0
+
SP
0
) =
SQ
0
,
SQ
0
+
SP
0
)
|
SQ
0
||
SQ
0
+
SP
0
|
=
SQ
0
,
SQ
0
) +
SQ
0
,
SP
0
)
| 1 +
SQ
0
+
SP
0
|
=
1 +
SP
0
,
SQ
0
)
|
SQ
0
+
SP
0
|
(3) Seien p
, q
)[ = [ p, q
)[.
[ q, p
)[ = [
_
q
x
q
y
_
,
_
p
y
p
x
_
)[ = [ p
x
q
y
p
y
q
x
[ = [ p
x
q
y
+p
y
q
x
[
= [
_
p
x
p
y
_
,
_
q
y
q
x
_
)[ = [ p, q
)[
Jetzt betrachten wir die Abstande der Punkte auf der Winkelsymmetralen von S P
und S Q.
d(X, S P) = [
SX, p
)[ = [ X S, p
)[ = [ (p +q), p
)[
= [ (p, p
) +q, p
))[ = [ q, p
)[ = [ p, q
)[
= [ (p, q
) +q, q
))[ = [ (p +q), p
)[ = [
SX, p
)[
= d(X, S Q)
2
Man kann Winkelsymmetralen auch als die Menge jener Punkte denieren, die von
zwei gegebenen Geraden den selben Abstand haben. Dabei entstehen jedoch immer zwei
Winkelsymmetralen, namlich w
PSQ
und eine dazu orthogonale Gerade durch S. Unsere
Denition liefert eine eindeutige Winkelsymmetrale.
6.3 Kegelschnitte
Wie man den Typ und charakteristische Groen wie Hauptachsen, Brenn- und Scheitel-
punkte eines Kegelschnitts aus seiner Gleichung erhalt, haben wir in Abschnitt 4.5.3 ge-
nau behandelt. Hier wollen wir uns mit der geometrischen Festlegung von Kegelschnitten
beschaftigen.
6.3.1 Kreis durch drei Punkte
Ein Kreis lasst sich durch drei Punkte, die auf ihm liegen sollen, eindeutig festlegen. Wie
dies funktioniert, werden wir uns nun kurz uberlegen.
Denition 6.7 Ein Kreis ist die Menge aller Punkte X der Ebene, die von einem Punkt
M (Mittelpunkt), den festen Abstand r (Radius) haben:
k : d(M, X) = r.
130 KAPITEL 6. GEOMETRISCHE OBJEKTE DER EBENE
Aus der Denition bekommen wir sofort die Gleichungsdarstellung eines Kreises. Seien
dazu der Mittelpunkt M = (m
x
, m
y
) und der Radius r gegeben:
d(M, X) = r
d(M, X)
2
= r
2
|
MX|
2
= r
2
(x m
x
)
2
+ (y m
y
)
2
= r
2
.
Wie man jenen Kreis bekommt, der durch drei gegebene Punkte verlauft, sehen wir
im Beweis des folgenden Satzes. Anschaulich haben wir es dabei mit der Situation in
Abbildung 6.5 zu tun.
Abbildung 6.5: Kreis durch drei Punkte
Satz 6.1 Es gibt genau einen Kreis durch drei nicht kollineare Punkte.
Beweis. Seien A, B, C drei Punkte, die nicht auf einer Geraden liegen. Damit sind die
Vektoren
AB und
BC nicht parallel. Wir suchen nun einen eindeutigen Mittelpunkt M
eines Kreises, der durch die Punkte A, B und C verlauft.
Es soll nach Denition 6.7 d(A, M) = d(B, M) = d(C, M) gelten. Nach Denition 6.2
liegt ein Punkt X auf der Streckensymmetrale s
PQ
, wenn d(P, X) = d(Q, X) gilt. Der
Punkt M muss daher auf den Streckensymmetralen s
AB
und s
BC
liegen (und nat urlich
auch auf s
AC
, die wir hier jedoch nicht benotigen). Nachdem
AB und
BC nicht parallel
sind, sind auch s
AB
und s
BC
nicht parallel. Nach Bemerkung 4.1, p.47 haben diese beiden
Geraden damit einen eindeutigen Schnittpunkt.
Wir setzen nun M := s
AB
s
BC
und r := d(M, A) und erhalten den gew unschten
Kreis durch A, B, C. 2
Welche beiden Streckensymmetralen man schneidet, um den Mittelpunkt zu erhalten,
ist egal. Bei einer Implementierung wird man jedoch versuchen, einen schleifenden Schnitt
zu vermeiden, und daher die beiden Streckensymmetralen mit dem groten Schnittwinkel
nehmen.
6.3. KEGELSCHNITTE 131
6.3.2 Parabel zu Leitgerade und Brennpunkt
Eine Parabel ist die Menge aller Punkte X der Ebene, f ur die die Abstande von einer
gegebenen Geraden, der Leitgeraden l, und einem gegebenen Punkt, dem Brennpunkt F,
gleich gro sind, also d(X, l) = d(X, F) (vgl. p. 70).
Wir suchen jetzt nach der Gleichung einer Parabel, wenn Leitgerade und Brennpunkt
gegeben sind.
Bemerkung 6.8 Seien l : ax +by +c = 0 die Leitgerade und F = (f
x
, f
y
) der Brennpunt
einer Parabel. Dann ist die Matrix A dieser Parabel gegeben als
A =
_
_
_
b
2
ab ((a
2
+b
2
)f
x
+ac)
ab a
2
((a
2
+b
2
)f
y
+bc)
((a
2
+b
2
)f
x
+ac) ((a
2
+b
2
)f
x
+ac) (a
2
+b
2
)(f
2
x
+f
2
y
) c
2
_
_
_
Beweis. Zum Nachweis dieser Behauptung gehen wir von der Parabeldenition aus und
verwenden Bemerkung 6.5, p.125 (Abstand Punkt - Gerade) und Denition 4.12, p.58
(Abstand Punkt - Punkt).
d(X, l) = d(X, F)
d(X, l)
2
= d(X, F)
2
(ax +by +c)
2
a
2
+b
2
= (x f
x
)
2
+ (y f
y
)
2
(ax +by +c)
2
= (a
2
+b
2
)((x f
x
)
2
+ (y f
y
)
2
)
0 = b
2
x
2
2abxy +a
2
y
2
2((a
2
+b
2
)f
x
+ac)x
2((a
2
+b
2
)f
y
+bc)y + (a
2
+b
2
)(f
2
x
+f
2
y
) c
2
Aus dieser quadratischen Gleichung lesen wir die Koezienten der angegebenen Matrix
ab. 2
Im Fall F l erhalt man ubrigens die Matrix einer Doppelgeraden. Wie ndet man im
Fall F / l den Parameter p und Scheitelpunkt S dieser Parabel?
Eine Moglichkeit haben wir bei der Klassikation der Kegelschnitte (p.4.5.3) kennen-
gelernt: wir bringen die Matrix auf Normalform und lesen p ab. Die dabei notwendige
Translation liefert uns den Scheitel S.
Wenn man den Brennpunkt und die Leitgerade einer Parabel bereits kennt, konnen p
und S aber viel einfacher berechnet werden: Der Scheitel S einer Parabel ist namlich der
Mittelpunkt zwischen Brennpunkt und Leitgerade. Es gilt damit S = F
p
2
l
, wobei p der
vorzeichenbehaftete Abstand d(F, l) des Brennpunkts von der Leitgeraden ist.
Durch Verwendung von Bemerkung 6.5, p.125 f ur d(F, l) erhalten wir folgende Formel
f ur die homogenen Koordinaten des Scheitelpunkts, die ohne Division auskommt. Dabei
132 KAPITEL 6. GEOMETRISCHE OBJEKTE DER EBENE
sind F = (f
x
, f
y
, f
z
) die homogenen Koordinaten des Brennpunkts und l : ax +by +c = 0
wie oben die Gleichung der Leitgeraden.
S =
_
_
_
2(a
2
+b
2
)f
x
(af
x
+bf
y
+cf
z
)a
2(a
2
+b
2
)f
y
(af
x
+bf
y
+cf
z
)b
2(a
2
+b
2
)f
z
_
_
_
Beispiel. Gegeben seien die Leitgerade x + 2y 7 = 0 und der Brennpunkt F = (3, 5).
Nach Bemerkung 6.8 ist damit die Parabel par : 4x
2
4xy +y
2
16x+78y +121 = 0 mit
p = d(l, F) = 6.26 und der Matrix
A =
_
_
_
4 2 8
2 1 39
8 39 121
_
_
_
festgelegt. Sie ist in Abbildung 6.6 zusammen mit ihrem Scheitelpunkt S = (4.4, 2.2)
dargestellt.
-15 -10 -5 5 10 15
-20
-15
-10
-5
5
Abbildung 6.6: Parabel zu Leitgerade und Brennpunkt
6.3.3 Kegelschnitt durch f unf Punkte
Im Rahmen der projektiven Geometrie haben wir bewiesen, dass eine Quadrik durch
f unf Punkte, von denen keine vier kollinear sind, eindeutig festgelegt ist (F unf-Punkte-
Satz 5.6.1, p.115). Hier wollen wir zur konkreten Berechnung der Matrix einer Quadrik
bzw. eines Kegelschnittes die sogenannte Plucker Methode verwenden (vgl. [12, p.77]).
Bei dieser Methode spielen ausgeartete Kegelschnitte eine wichtige Rolle. Dazu beant-
worten wir zunachst folgende Frage: Wie erhalt man einen Kegelschnitt, der einer Geraden
bzw. einem Geradenpaar entspricht?
6.3. KEGELSCHNITTE 133
Bemerkung 6.9 Sei g
n
eine projektive Gerade. Dann gilt Q
A
= g
n
fur A = n n
t
.
Beweis. Die Gerade g
a
hat die Gleichung X, n) = X
t
n = 0. Betrachten wir nun die
Quadrik Q
A
: X
t
AX = 0 mit der Matrix A = n n
t
. Dabei verwenden wir die Rechenregel
(MN)
t
= N
t
M
t
f ur Matrizen. Die Matrix einer Quadrik muss symmetrisch sein, d.h.
A
t
= A. Ist dies hier uberhaupt der Fall?
A
t
= (nn
t
)
t
= (n
t
)
t
n
t
= nn
t
= A
Nun betrachten wir die Punktmenge der Quadrik.
Q
A
: 0 = X
t
AX = X
t
nn
t
X = (X
t
n)(X
t
n)
t
= (X
t
n)
2
Wir sehen, dass die Punkte X der Quadrik Q
A
die Geradengleichung g
n
: X
t
n = 0
erf ullen. 2
Beispiel. Die Matrix des Kegelschnitts K
A
zur Erzeugenden g : 3x4y+2 = 0 ist gegeben
als
A =
_
_
_
3
4
2
_
_
_
(3, 4, 2) =
_
_
_
9 12 6
12 16 8
6 8 4
_
_
_
.
K
A
ist eine Doppelgerade.
Bemerkung 6.10 Seien g
a
, g
b
zwei projektive Geraden. Dann gilt Q
A
= g
a
g
b
fur A =
a b
t
+b a
t
.
Beweis. Ein Punkt X, der auf einer der beiden Geraden liegt, erf ullt entweder X
t
a = 0
oder X
t
b = 0. Sei nun Q
A
: X
t
AX = 0 eine Quadrik mit der Matrix A = a b
t
+ b a
t
.
Wieder uberpr ufen wir zunachst, ob A uberhaupt symmetrisch ist. Dabei greifen wir auf
die Rechenregeln (MN)
t
= N
t
M
t
und (M +N)
t
= M
t
+N
t
zur uck.
A
t
= (ab
t
+ba
t
)
t
= (ab
t
)
t
+ (ba
t
)
t
= (b
t
)
t
a
t
+ (a
t
)
t
b
t
= ba
t
+ab
t
= A
Als Nachstes wenden wir uns den Punkten der Quadrik zu.
Q
A
: 0 = X
t
AX
= X
t
(ab
t
+ba
t
)X
= X
t
ab
t
X +X
t
ba
t
X
= (X
t
a)(X
t
b)
t
+ (X
t
b)(X
t
a)
t
Der letzte Ausdruck ist genau dann null, wenn entweder X
t
a = 0 oder X
t
b = 0 gilt, der
Punkt X der Quadrik also entweder auf g
a
oder g
b
liegt. 2
Beispiel. Die Matrix des Kegelschnitts K
A
, der die Geraden g : 3x 4y + 2 = 0 und
h : x 2y = 0 darstellt, ist gegeben als
A =
_
_
_
3
4
2
_
_
_
(1, 2, 0) +
_
_
_
1
2
0
_
_
_
(3, 4, 2)
134 KAPITEL 6. GEOMETRISCHE OBJEKTE DER EBENE
=
_
_
_
3 6 0
4 8 0
2 4 0
_
_
_
+
_
_
_
3 4 2
6 8 4
0 0 0
_
_
_
=
_
_
_
6 10 2
10 16 4
2 4 0
_
_
_
.
K
A
ist ein Geradenpaar.
Jetzt betrachten wir noch die Linearkombination zweier Quadriken Q
A
und Q
B
.
Hilfssatz 6.2 Seien Q
A
, Q
B
zwei Quadriken, die gemeinsame Punkte besitzen. Dann
enthalt auch die Quadrik Q
C
mit C = A +B fur alle , R alle diese Punkte.
Q
C
nennen wir Linearkombination von Q
A
und Q
B
.
Beweis. Sei P Q
A
Q
B
ein beiliebiger Schnittpunkt von Q
A
und Q
B
. Damit gilt
P
t
AP = P
t
BP = 0. Wir uberpr ufen nun, ob dieser Punkt auch auf der Quadrik Q
C
liegt,
also X
t
CX = 0 erf ullt: P
t
CP = P
t
(A+B)P = P
t
AP +P
t
BP = 0 + 0 = 0. 2
Damit konnen wir die Pl ucker- Methode zur Festlegung eines Kegelschnitts durch f unf
Punkte angeben.
Satz 6.3 Funf verschiedene Punkte P
1
, . . . , P
5
des P(R
3
) legen eine Quadrik Q
C
fest, wobei
C = (P
t
5
BP
5
)A (P
t
5
AP
5
)B mit
A = (P
1
P
2
)(P
3
P
4
)
t
+ (P
3
P
4
)(P
1
P
2
)
t
B = (P
1
P
3
)(P
2
P
4
)
t
+ (P
2
P
4
)(P
1
P
3
)
t
.
Beweis. Nach Bemerkung 5.1, p.107 ist die Verbindungsgerade P
i
P
j
gegeben als g
P
i
P
j
f ur verschiedene Punkte P
i
,= P
j
, 1 i, j 4. Nach Bemerkung 6.10 stellen Q
A
die
Doppelgerade (P
1
P
2
) (P
3
P
4
) und Q
B
die Doppelgerade (P
1
P
3
) (P
2
P
4
) dar.
Damit liegen die Punkte P
1
, . . . , P
4
auf den ausgearteten Kegelschnitten Q
A
und Q
B
. Nach
Hilfssatz 6.2 liegen P
1
, . . . , P
4
auch auf allen Linearkombinationen Q
C
von Q
A
und Q
B
mit
C = A+B.
Der F unf-Punkte-Satz 5.6.1, p.115 besagt, dass ein f unfter Punkt die Quadrik Q
C
festlegt. Damit P
5
auch auf Q
C
liegt, muss P
t
5
CP
5
= 0 gelten. Dies konnen wir durch
geeignete Wahl von und erreichen. Setzen wir etwa wie angegeben := P
t
5
BP
5
und
:= P
t
5
AP
5
, so gilt:
P
t
5
CP
5
= P
t
5
(A+B)P
5
= P
t
5
AP
5
+P
t
5
BP
5
= (P
t
5
BP
5
)P
t
5
AP
5
(P
t
5
AP
5
)P
t
5
BP
5
= 0.
6.3. KEGELSCHNITTE 135
2
Diese Methode liefert ubrigens f ur jede Menge von f unf Punkten ein sinnvolles Ergebnis.
Sind nicht alle Punkte verschieden, so erhalt man f ur C die Nullmatrix.
Beispiel. Seien P
1
= (0, 2), P
2
= (1, 5), P
3
= (2, 3), P
4
= (2, 3) und P
5
= (1, 2).
Wir berechnen nun mit Hilfe der Pl ucker- Methode die Matrix des Kegelschnitts Q
C
, auf
dem diese Punkte liegen. Bestimmen wir zunachst die Verbindungsgeraden und daraus die
ausgearteten Kegelschnitte Q
A
und Q
B
.
P
1
P
2
=
_
_
_
3
1
2
_
_
_
, P
3
P
4
=
_
_
_
6
0
12
_
_
_
Q
A
= (P
1
P
2
) (P
3
P
4
) : A =
_
_
_
36 6 24
6 0 12
24 12 48
_
_
_
P
1
P
3
=
_
_
_
1
2
4
_
_
_
, P
2
P
4
=
_
_
_
8
1
13
_
_
_
Q
B
= (P
1
P
3
) (P
2
P
4
) : B =
_
_
_
16 15 19
15 4 30
19 30 104
_
_
_
Mit den Parameterwerten = 126 und = 84 erhalten wir
C = A+B =
_
_
_
3192 504 4620
504 336 1008
4620 1008 2688
_
_
_
.
Es empehlt sich, die Matrix C noch durch den groten gemeinsamen Teiler ihrer Koe-
zienten zu dividieren, hier -84.
C
t
=
_
_
_
38 6 55
6 4 12
55 12 32
_
_
_
Der Kegelschnitt Q
C
ist eine Ellipse mit der Gleichung 38x
2
+ 12xy + 4y
2
110x
12y + 16 = 0. Sie ist in Abbildung 6.7 zusammen mit den f unf Punkten dargestellt.
Vereinfachung der Pl ucker- Methode
Bisher hatten wir f ur einen Kegelschnitt stets gefordert, dass seine 33 Matrix symmetrisch
sein soll. Dadurch ist die Matrix bis auf Vielfache eindeutig festgelegt. Durch Verzicht auf
die Symmetrie verlieren wir diese Eindeutigkeit und es gibt unendlich viele Matrizen, die
ein und denselben Kegelschnitt darstellen.
136 KAPITEL 6. GEOMETRISCHE OBJEKTE DER EBENE
Abbildung 6.7: Kegelschnitt durch 5 Punkte
Wenn wir jedoch vor ubergehend auch asymmetrische Matrizen f ur Kegelschnitte zu-
lassen, vereinfacht sich die eben vorgestellte Pl ucker- Methode noch etwas. Die beiden
entarteten Kegelschnitte lassen sich damit wie folgt berechnen (vgl. Bemerkung 6.10).
Dabei erhalten wir im Allgemeinen eine asymmetrische Matrix A:
Folgerung 6.2 Seien g
a
, g
b
zwei projektive Geraden. Dann gilt Q
A
= g
a
g
b
fur A = a b
t
.
Der Hilfssatz 6.2 zu den Linearkombinationen von Kegelschnitten gilt auch f ur asymme-
trische Matrizen. Die Pl ucker- Methode vereinfacht sich daher mit Hilfe von Folgerung 6.2
zu
Satz 6.4 Funf verschiedene Punkte P
1
, . . . , P
5
des P(R
3
) legen eine Quadrik Q
C
fest, wobei
C = (P
t
5
BP
5
)A (P
t
5
AP
5
)B mit
A = (P
1
P
2
)(P
3
P
4
)
t
B = (P
1
P
3
)(P
2
P
4
)
t
.
Die Matrizen A, B, C sind dabei im Allgemeinen nicht symmetrisch. Um aus C eine
symmetrische Matrix C
t
desselben Kegelschnitts zu erhalten, nimmt man einfach C
t
=
C +C
t
.
Beispiel. Betrachten wir nochmals das letzte Beispiel: Seien P
1
= (0, 2), P
2
= (1, 5),
P
3
= (2, 3), P
4
= (2, 3) und P
5
= (1, 2). Wir berechnen nun mit Hilfe der vereinfachten
Pl ucker- Methode die Matrix des Kegelschnitts Q
C
, auf dem diese Punkte liegen. C soll
dabei eine symmetrische Matrix sein. Bestimmen wir zunachst die Verbindungsgeraden
und daraus die ausgearteten Kegelschnitte Q
A
und Q
B
.
P
1
P
2
=
_
_
_
3
1
2
_
_
_
, P
3
P
4
=
_
_
_
6
0
12
_
_
_
6.3. KEGELSCHNITTE 137
Q
A
= (P
1
P
2
) (P
3
P
4
) : A =
_
_
_
18 0 36
6 0 12
12 0 24
_
_
_
P
1
P
3
=
_
_
_
1
2
4
_
_
_
, P
2
P
4
=
_
_
_
8
1
13
_
_
_
Q
B
= (P
1
P
3
) (P
2
P
4
) : B =
_
_
_
8 1 13
16 2 26
32 4 52
_
_
_
Mit den Parameterwerten = 63 und = 42 erhalten wir
C = A+B =
_
_
_
798 42 1722
294 84 336
588 168 672
_
_
_
.
Daraus machen wir nun eine symmetrische Matrix:
C
t
= C +C
t
=
_
_
_
1596 252 2310
252 168 504
2310 504 1344
_
_
_
.
Um eine einfache Gleichungsdarstellung zu erhalten, dividieren wir die Matrix C
t
noch
durch den groten gemeinsamen Teiler ihrer Koezienten -84.
C
tt
=
_
_
_
38 6 55
6 4 12
55 12 32
_
_
_
Der Kegelschnitt Q
C
ist wieder die Ellipse mit der Gleichung 38x
2
+12xy+4y
2
110x
12y + 16 = 0 (Abbildung 6.7).
6.3.4 Schnitt zweier Kegelschnitte
Zur Bestimmung der Schnittpunkte zweier Kegelschnitte konnen wir wiederum die Pl ucker-
Methode verwenden. Nach Hilfssatz 6.2 liegen die Schnittpunkte zweier Kegelschnitte
Q
A
und Q
B
auf allen Linearkombinationen Q
C
mit C = A + B. Durch Anpassung
dieser Parameter konnen wir Q
C
zu einem ausgearteten Kegelschnitt (det C = 0) ma-
chen, sodass Q
C
einem Geradenpaar oder der leeren Menge entspricht (vgl. Klassikation
der Kegelschnitte, Tabelle p.87), je nachdem ob Schnittpunkte existieren oder nicht. Die
Schnittpunkte von Q
A
und Q
B
erhalten wir dann durch Schnitt der beiden Erzeugenden
von Q
C
mit einem der beiden Kegelschnitte Q
A
oder Q
B
.
138 KAPITEL 6. GEOMETRISCHE OBJEKTE DER EBENE
Wir suchen nun nach geeigneten Parametern, um det C = 0 zu erreichen. Setzen wir
dazu = 1.
0 = det C
0 = det(A+B)
0 = det(A+B)
Dies f uhrt auf eine Polynomgleichung dritten Grades f ur , die mindestens eine reelle
Losung besitzt. Durch Klassikation eines so gefundenen Kegelschnitts Q
C
mit C = A +
B erhalten wir im Fall von Schnittpunkten seine Erzeugenden. Diese beiden Geraden
schneiden wir mit Q
A
oder Q
B
und erhalten damit hochstens vier Schnittpunkte (vgl.
Folgerung 5.3).
Abbildung 6.8 zeigt zwei Ellipsen, die sich in vier Punkten schneiden. Zudem ist einer
der in diesem Fall drei moglichen entarteten Kegelschnitte Q
C
eingezeichnet, welcher durch
die Schnittpunkte verlauft.
Abbildung 6.8: Schnitt zweier Kegelschnitte
Teil III
Informatik
139
Kapitel 7
Algebraische Eingabe
In diesem Kapitel wird eine Losung f ur die in Kapitel 2 geforderten Eingabemoglichkeiten
von algebraischen Ausdr ucken erarbeitet. Geraden und Kegelschnitte konnen als Gleichun-
gen in den Variablen x und y eingegeben werden. Punkte und Geraden uber Koordinaten
bzw. Parameterdarstellungen. Auerdem werden auch etliche Befehle unterst utzt (vgl. An-
hang V).
Aus einer gegebenen Gleichung oder Parameterdarstellung m ussen dabei Koezienten
bzw. Koordinaten extrahiert werden, die ein geometrisches Objekt festlegen. Konnte eine
Geradengleichung nur in der Form ax +by = c eingegeben werden, brauchte man nur vor
den Buchstaben x und y bzw. nach dem Gleichheitszeichen nachsehen, um die entspre-
chenden Koezienten a, b und c zu erhalten. In Abschnitt 2.2 wird jedoch gefordert, dass
auch Klammern, Multiplikationen, Divisionen und Hochzahlen vorkommen d urfen, um ei-
ne weitaus exiblere Eingabe zu ermoglichen. Es sollte also auch der Ausdruck (x-2)^2 +
4*(3-x) = y/4 + (x-2)^2 als lineare Gleichung und damit als Gerade identiziert wer-
den. Wie dies erreicht werden kann, wird im Folgenden beschrieben.
7.1 Theoretische Grundlagen
7.1.1 Formale Sprachen und Grammatiken
Zunachst einmal muss geklart werden, welche Eingaben uberhaupt g ultig sein sollen. Da-
zu wird es notig sein, genau festzulegen, welche Zeichen zulassig sind, und mit welchen
Regeln aus diesen Zeichen g ultige Ausdr ucke gebildet werden konnen. Anders ausgedr uckt
soll also eine formale Sprache f ur arithmetische Ausdr ucke mit Variablen und Vektoren,
Gleichungen, Parameterdarstellungen sowie Befehle, im Folgenden kurz L
ECV
(Langua-
ge for Equations, Commands and Vectors) genannt, deniert werden. Dazu brauchen wir
einige Grundbegrie der Theorie der formalen Sprachen und Grammatiken (vgl. [19]).
Alphabet: Ein Alphabet ist eine endliche Menge (von Zeichen).
141
142 KAPITEL 7. ALGEBRAISCHE EINGABE
Wort: Ein Wort besteht aus einem oder mehreren Zeichen eines Alphabets . Das leere
Wort besteht aus keinem Zeichen.
+
:=
.
Sprache: Eine (formale) Sprache L ist eine Menge von Worten, also L
.
Eine endliche Sprache konnte durch Aufzahlen aller enthaltenen Worter deniert wer-
den. Die Worter der gesuchten Sprache L
ECV
enthalten aber schon die abzahlbar unendlich
vielen arithmetischen Ausdr ucke, da jede Seite einer Gleichung einen arithmetischen Aus-
druck darstellt. L
ECV
ist also sicher nicht endlich.
Vielleicht konnen aber endlich viele Regeln, wie man ein Wort der Sprache bildet,
angegeben werden. Mit Hilfe solcher Regeln lasst sich dann eine Sprache denieren. Dazu
brauchen wir zunachst noch den Begri einer
Grammatik: Eine Grammatik ist ein 4-Tupel G = (V, , R, s) mit folgenden Bedingun-
gen.
1. V ist die endliche Menge der Variablen.
2. ist ein Alphabet, das Terminalalphabet, mit V = .
3. R ist die endliche Menge der Regeln oder Produktionen. Es gilt: R (V )
+
(V )
.
4. s V ist die Startvariable.
Ein Wort w (V )
und w
0
w
1
. . . w
n
heit Ableitung von w
n
.
Die Ableitungen einer Grammatik sind also Worter
und bilden daher eine Sprache. Diese Sprache L nennt man die durch
die Grammatik G denierte Sprache.
L(G) = w
[s
G
w
Hierbei ist
G
die reexive und transitive H ulle von
G
.
7.1. THEORETISCHE GRUNDLAGEN 143
7.1.2 Extended Backus Naur Form
Zur Beschreibung einer Grammatik wird haug ein von J. Backus und P. Naur stammender
Formalismus, die Backus Naur Form (BNF), verwendet. Diese Notation wurde im Zusam-
menhang mit der Konstruktion der Programmiersprache ALGOL 60 eingef uhrt und wird
auch heute noch haug f ur die Syntaxspezikation von Programmiersprachen verwendet.
Es gibt viele Varianten der BNF (z.B. Augmented BNF in [4]), weshalb hier kurz die von
uns verwendete Variante einer Extended Backus Naur Form (EBNF) erlautert werden soll.
In EBNF werden Variablen als Nichtterminalsymbole, Zeichen des Terminalalphabets
als Terminalsymbole und Regeln als Produktionen bezeichnet. Auerdem gibt es einige
Metazeichen, um die Produktionen anschreiben zu konnen.
Terminalsymbol: Ein Zeichen des Terminalalphabets wird in Anf uhrungszeichen ge-
schrieben. Das Gleichheitszeichen beispielsweise als =.
Produktion: Die Produktion (Regel)
[ validExpression
G
ECV
w
Beispiel. Einige Beispiele f ur Worter aus L
ECV
sind:
(3*y-x)/2 = 4
16*x^2 + 9*y^2 = 144
X = (3, 2*7) - s (7/3, -4/3)
(2,0)
t + 4.2*s
Jedes dieser Worter ist eine Ableitung in G
ECV
. Wir wollen nun die Ableitung f ur
das letzte angef uhrte Wort t + 4.2*s anschreiben. Daran wird ersichtlich, wie mittels
der Grammatik f ur ein gegebenes Wort entschieden werden kann, ob es aus L
ECV
ist.
Dazu muss in jedem Schritt mindestens eine Regel anwendbar sein. Ist keine Regel mehr
anwendbar, muss entweder das gew unschte Wort erreicht sein, oder es liegt ein ung ultiger
Ausdruck vor. Jede Ableitung in G
ECV
beginnt mit der Startvariablen validExpression.
validExpression
expression
term + term
unary + term
power + term
element + term
variable + term
lable + term
letter + term
t + term
t + unary * unary
t + power * unary
t + element * unary
t + float * unary
7.2. DIE GRAMMATIK G
ECV
147
t + integer . integer * unary
t + 4 . integer * unary
t + 4 . 2 * unary
t + 4 . 2 * power
t + 4 . 2 * element
t + 4 . 2 * variable
t + 4 . 2 * lable
t + 4 . 2 * letter
t + 4 . 2 * s
Diese Ableitung umfasst bereits relativ viele Schritte, obwohl ein sehr einfaches Wort
untersucht wurde. Eine Ableitung eines komplizierteren Beispiels kann sehr lange werden
und sei dem interessierten Leser als
Ubung ans Herz gelegt.
Bemerkungen
Die von uns gew unschten g ultigen Ausdr ucke sind genau genommen nur eine Teilmenge
von L
ECV
. Die Addition einer Zahl und eines Vektors 1 + (2, -3) ist beispielsweise ein
mit G
ECV
ableitbarer Ausdruck. F ur uns macht diese Eingabe aber keinen Sinn.
Ahnlicher
Unfug lasst sich mit der Regel parametric anstellen: Die Eingabe X = 5 + t * 2 ware
in G
ECV
herleitbar.
Dieses Problem lasst sich auf zwei Arten beheben. Entweder wir andern die Gramma-
tik oder wir behandeln solche Fehler spater. Nachdem die eingegebenen Ausdr ucke sowie-
so ausgewertet werden m ussen, konnen die angesprochenen Fehler im Nachhinein leicht
identiziert werden (vgl. 7.3.3). Eine
Anderung der Grammatik ware hingegen sehr viel
komplizierter.
Auerdem gibt es Situationen, in denen mehrere Regeln unserer Grammatik G
ECV
angewandt werden konnen. Betrachten wir beispielsweise den Vektor (3,2) sowie den
geklammerten Ausdruck (4 + 1). Beide Eingaben sind in G
ECV
herleitbar. Bei der Ab-
arbeitung dieser Ausdr ucke ist allerdings gleich am Anfang nicht klar, welcher Zweig der
Regel element passt. Die onende runde Klammer kann eine arithmetische Klammer sein
oder zu einem Vektor gehoren. Bei der Anwendung unserer Grammatik kann also nicht
nur eine Ableitungskette, sondern ein Ableitungsbaum entstehen. Die verschiedenen Pfade
dieses Baumes m ussen dann nacheinander mit Tiefensuche durchforstet werden.
Erst beim Auftreten eines Beistrichs, * oder einer schlieenden runden Klammer
) kann entschieden werden, ob es sich um einen Vektor oder einen geklammerten Aus-
druck handelt. Dieses Problem konnten wir umgehen, indem wir f ur Vektoren andere,
etwa geschwungene, Klammern verwenden. Dann waren arithmetische und Vektorklam-
mern eindeutig unterscheidbar. Da in der Schule jedoch in beiden Fallen runde Klammern
verwendet werden, wollen auch wir dies hier so halten.
148 KAPITEL 7. ALGEBRAISCHE EINGABE
Erweiterungen
Die angegebenen Regeln fordern zwingend die Verwendung des Multiplikationszeichens
*. Es ware jedoch w unschenswert, dieses Zeichen weglassen zu konnen, sodass sowohl
3*x + 4*y = 2*7 als auch 3x + 4y = 2 7 g ultige Eingaben sind. Um das zu erreichen,
andern wir die Regel term wie folgt ab.
term: Ein Term kann aus mehreren Teilen bestehen, die multipliziert oder dividiert wer-
den.
term ::= unary {((* | /) unary) | power}*
In L
ECV
konnen momentan keine Namen f ur Objekte angegeben werden. Wir wollen
daher die Grammatik so erweitern, dass dies wie bei folgenden Eingaben moglich wird.
g : (3*y-x)/2 = 4
ell: 16*x^2 + 9*y^2 = 144
h : X = (3, 2*7) - s (7/3, -4/3)
P = (2,0)
S = Schnittpunkt[g, h]
k = t + 4.2*s
Bei Gleichungen wird der Name gefolgt von einem Doppelpunkt : angegeben. Punkte,
Vektoren, Befehle und arithmetische Ausdr ucke werden mit Hilfe eines Gleichheitszeichens
= benannt.
Da wir das Gleichheitszeichen sowohl bei Gleichungen (3x + 4y = 2) als auch bei
Zuweisungen arithmetischer Ausdr ucke (t = 4s) verwenden, m ussen hier einige Falle un-
terschieden werden. Eine Gleichung liegt genau dann vor, wenn mindestens eine der beiden
Seiten eines der Zeichen x oder y beinhaltet. Ein arithmetischer Ausdruck darf hin-
gegen keines dieser beiden Zeichen enthalten.
Ahnlich wie bei der Doppeldeutigkeit der runden Klammern konnten wir auch dieses
Problem durch Verwendung verschiedener Zeichen f ur Zuweisung und Gleichheitszeichen
einer Gleichung umgehen. Oft wird ein doppeltes Gleichheitszeichen == f ur Gleichungen
verwendet. Da in der Schulnotation jedoch in beiden Fallen nur = verwendet wird, wollen
wir dies hier auch so halten.
Weiters erganzen wir unserer Grammatik um mathematische Funktionen wie Wurzel,
Absolutbetrag, trigonometrische Funktionen, Logarithmus und Exponentialfunktion. Da-
mit ist etwa eine Eingabe wie sqrt(cos(phi)^2 + sin(phi)^2) moglich.
7.3. VERARBEITUNG DER EINGABE 149
F ur die Hochzahlen ^2 und ^3 verwenden wir als Kurzschreibweise die auf der Tastatur
direkt zur Verf ugung stehenden Zeichen
2
und
3
. Damit lasst sich eine Kreisgleichung als
x^2 + y^2 = r^2 oder x
2
+ y
2
= r
2
schreiben.
F ur die Eingabe von Winkeln wollen wir folgende Konstanten erlauben:
pi
180
rad 1
Intern soll stets in Radiant gerechnet werden. Die Konstante
).
7.3 Verarbeitung der Eingabe
Wir kennen jetzt die Grammatik f ur unsere gew unschten Eingaben. Nun stellt sich die
Frage, wie man diese Grammatik implementiert und g ultige Eingaben verarbeitet. Darauf
gehen wir in diesem Abschnitt ein.
7.3.1 JavaCC
Zur Implementierung einer Grammatik empehlt es sich, einen Parser-Generator zu ver-
wenden. Ein solcher Generator verwendet eine eigene Syntax, mit der grammatikalische
Regeln gemeinsam mit Anweisungen einer Programmiersprache angegeben werden konnen.
Jeder Regel bzw. jedem Regelteil kann dabei ein Block von Anweisungen folgen, der aus-
gef uhrt wird, wenn diese Regel zur Anwendung kommt. Aus dieser Kombination von Re-
geln und Codeblocken erzeugt ein Parser-Generator dann compilierbaren Quellcode f ur
eine bestimmte Programmiersprache.
Ich verwende als Parsergenerator den Java Compiler Compiler javacc (Version 2.1,
c _ Webgain und Sun Microsystems), welcher Java Quellcode erzeugt. F ur die Regeln der
Grammatik wird dabei eine EBNF ahnliche Syntax verwendet (vgl. 7.1.2, p.143). Als Gram-
matik verwende ich G
ECV
(p. 148) mit den erwahnten Erweiterungen.
7.3.2 Arithmetische Ausdr ucke
Alle Eingaben m ussen irgendwie verarbeitet werden. Ein konstanter Ausdruck ohne Varia-
blen wie k = 3 * (2 - cos(90
n
i=0
m
j=0
a
ij
x
i
y
j
= 0 mit n, m N
0
; a
ij
R, 0 i n, 0 j m
verstehen.
Grad: Als Grad (deg) einer Gleichung e in Normalform denieren wir:
deg(e) := maxi +j[a
ij
,= 0, 0 i n, 0 j m
F ur uns sind nur die Falle deg = 1 (Gerade) und deg = 2 (Kegelschnitt) interessant.
Wie konnen wir nun eine Eingabe wie (x-2)
2
= (6x - y)/5 + k umformen, sodass eine
Gleichung in Normalform vorliegt?
Dazu m ussen alle Klammern ausmultipliziert werden. Um dies zu ermoglichen, geben
wir zwei zusatzliche Bedingungen f ur g ultige Gleichungseingaben an:
1. Alle Exponenten von Polynomen sind nat urliche Zahlen.
2. Alle Divisoren sind Zahlen.
Die Ausdr ucke x^0.5 - 3 = y oder 4/x = 7y sind ung ultige Gleichungen, da sie gegen
die erste bzw. zweite Bedingung verstoen. Da wir aber nur an Geraden- und Kegelschnitt-
gleichungen interessiert sind, stellen diese Bedingungen keine wirkliche Einschrankung dar.
Insbesondere konnen Gleichungen beliebig komplizierte Klammerausdr ucke enthalten.
F ur Eingaben, die der Grammatik G
ECV
und diesen Bedingungen gen ugen, sollen nun
Datenstrukturen vorgestellt werden, die eine Vereinfachung auf klammerfreie Normalfor-
men erlauben.
7.3. VERARBEITUNG DER EINGABE 155
Dazu verwenden wir Polynome in x und y. Darunter wollen wir uns eine Liste von
Summanden vorstellen, von denen jeder aus einem Koezienten und Variablenteil besteht.
Die Koezienten sind dabei arithmetische Ausdr ucke, die wie oben beschrieben als Baume
dargestellt werden.
Beispiel. Das Polynom 3x
2
- 4.7xy + 3x + k - 2 besteht also aus den vier Summanden
[3,xx], [-4.7,xy], [3,x], [k-2,]. Der Summand [-4.7, xy] hat den Koeziententeil
-4.7 und den Variablenteil xy. Beim konstanten Summanden [k-2,] wird deutlich, dass
wir arithmetische Ausdr ucke f ur den Koeziententeil benotigen, weil ja auch Variablen
vorkommen konnen.
Das gesamte Polynom 3x
2
- 4.7xy + 3x + k - 2 schreiben wir in geschwungenen
Klammern als {[3,xx][-4.7,xy][3,x][k-2,]}.
Jetzt erweitern wir die arithmetischen Baume so, dass auch Polynome als Blatter
moglich sind. Dazu m ussen folgende Rechenoperationen mit Polynomen moglich sein:
PLUS Polynom + Polynom
MINUS Polynom - Polynom
MULTIPLY Polynom * Polynom
DIVIDE Polynom / Zahl
POWER Polynom nat urliche Zahl
Um eine Gleichung auf Normalform zu bringen, gehen wir nun folgendermaen vor:
1. Wir bringen die rechte Seite der Gleichung nach links.
2. Wir werten den linken Strukturbaum aus und erhalten als Ergebnis das gesuchte
Polynom in Normalform.
Beispiel. Betrachten wir nun nochmals die Abbildungen 7.2 und 7.3. Dort sind die beiden
Seiten der Gleichung (x-2)
2
= (6x - y)/5 + k als Strukturbaume dargestellt.
Bringen wir zunachst die rechte Seite nach links. Dazu f ugen wir einfach mittels
left = new ExpressionNode(left, ExpressionNode.MINUS, right)
einen Knoten ein und erhalten einen neuen Strukturbaum f ur die linke Seite (Abbil-
dung 7.4).
Nun werten wir die Wurzel dieses Baumes aus. Rekursiv gelangen wir so bis zu den
Blattern. Mit Hilfe unserer oben eingef uhrten Notation f ur Polynome geben wir hier nun die
Operationen an, die schlielich zur Normalform unseres Beispiels f uhren. Wir durchlaufen
dabei den Baum von links nach rechts und geben die Zwischenergebnisse an.
Polynome schreiben wir wieder in geschwungenen Klammern {}, ihre Summanden in
eckigen []. Die Variable x wird intern als Polynom {[1,x]} dargestellt.
{[1,x]} - 2 -> {[1,x][-2,]}
{[1,x][-2,]} ^ 2 -> {[1,xx][-4,x][4,]}
6 * {[1,x]} -> {[6,x]}
156 KAPITEL 7. ALGEBRAISCHE EINGABE
Abbildung 7.4: Strukturbaum von (x 2)
2
((6x y)/5 +k)
{[6,x]} - {[1,y]} -> {[6,x][-1,y]}
{[6,x][-1,y]} / 5 -> {[6/5,x][-1/5,y]}
{[6/5,x][-1/5,y]} + k -> {[6/5,x][-1/5,y][k,]}
{[1,xx][-4,x][4,]} - {[6/5,x][-1/5,y][k,]}
-> {[1,xx][-4-6/5,x][1/5,y][4-k,]}
Dies entspricht dem Polynom x
2
+(46/5)x+1/5y +4k. Die Gleichung (x2)
2
=
(6x y)/5 +k hat daher die Normalform x
2
+ (4 6/5)x + 1/5y + 4 k = 0.
Nach der Eingabe einer Gleichung kommen wir also mit Hilfe von Polynomen und
arithmetischen Strukturbaumen zu ihrer Normalform. Die konstanten Koezienten (ohne
Variablen) brauchen nur einmal berechnet zu werden. Die abhangigen Koezienten m ussen
wir jedoch bei jeder
Anderung ihrer Variablen wieder neu auswerten.
7.4 Das Paket arithmetic
Zusammenfassend ist hier das UML Klassendiagramm (UML = Unied Modeling Lan-
guage, [1]) des Pakets arithmetic abgedruckt. Dieses Paket dient der in diesem Kapitel
besprochenen Verarbeitung arithmetischer Ausdr ucke und Gleichungen.
G ultige Ausdr ucke (ValidExpression) sind Zahlen (MyDouble), Vektoren (MyVecNo-
de), Gleichungen (Equation), arithmetische Ausdr ucke (ExpressionNode), Parameterdar-
stellungen (Parametric) und Befehle (Command).
Gleichungen haben zwei Seiten, die jeweils ein Polynom (Polynomial) darstellen. Ein
Polynom besteht aus mehreren Summanden (Term).
F ur den Aufbau der Baumstruktur werden Knoten (ExpressionNode) gebraucht, ihre
Kinder m ussen die Schnittstelle ExpressionValue implementieren. In einem arithmetischen
Strukturbaum konnen also Zahlen, Vektoren und Polynome verwendet werden.
7.4. DAS PAKET ARITHMETIC 157
ExpressionValue
ExpressionNode
ValidExpression
NumberValue VectorValue
MyVecNode Parametric
Polynomial
MyDouble Command Equation
Term
Abbildung 7.5: Klassendiagramm des Pakets arithmetic
Im Diagramm fehlen nur die Klassen f ur variable Zahlen (GeoNumeric) und Punkte
(GeoPoint) bzw. Vektoren (GeoVector). Diese werden spater im Paket kernel behandelt.
An dieser Stelle sei nur erwahnt, dass GeoNumeric die Schnittstelle NumberValue sowie
GeoPoint und GeoVector die Schnittstelle VectorValue implementieren. Damit ist gewahr-
leistet, dass Objekte dieser Klassen als Variablen in arithmetischen Baumen verwendet
werden konnen.
158 KAPITEL 7. ALGEBRAISCHE EINGABE
Kapitel 8
Kernel
Unser Computerprogramm soll mit Zahlen, Punkten, Vektoren und Kegelschnitten rechnen
konnen. In diesem Kapitel wollen wir darauf eingehen, wie wir diese Objekte und ihre
Abhangigkeiten im Rechner reprasentieren.
8.1 Datenstrukturen und Algorithmen
Der klassische Ansatz dynamischer Geometriesysteme basiert auf Vererbungshierarchien.
Dabei gibt es beispielsweise f ur Punkte viele verschiedene Klassen (z.B. Point, PointOnLi-
ne, IntersectLineLine, IntersectLineConic). Diese Klassen speichern die Koordinaten eines
Punktes und beinhalten Algorithmen zu deren Berechnung (z.B. Schnitt Gerade-Gerade)
sowie Methoden zur graschen Darstellung am Bildschirm.
Wir verwenden hier den Algorithmen-Ansatz (vgl. [12, p.125]). Dabei wird das ma-
thematische Modell (Koordinaten, Matrizen) von den Algorithmen, die f ur Berechnungen
zustandig sind, getrennt. Die Darstellung der Objekte am Bildschirm wird in einen anderen
Teil des Programmes verlagert, worauf wir in Kapitel 9 eingehen werden.
8.1.1 Datenstrukturen
Kegelschnitte reprasentieren wir in der Klasse GeoConic durch eine reelle 3 3 Matrix
(vgl. Kurven zweiten Grades 4.5.2, p.71). Da diese Matrix symmetrisch ist, brauchen wir
nicht alle 9, sondern nur 6 Eintrage zu speichern.
Zahlen und Winkel sind Instanzen der Klassen GeoNumeric bzw. GeoAngle. Ein Winkel
ist eine spezielle Zahl, deren Wert immer zwischen 0 und 2 liegt. In beiden Fallen muss
nur eine Fliekommazahl gespeichert werden.
F ur die Darstellung von Geraden, Punkten und Vektoren verwenden wir homogene
Koordinaten, also dreidimensionale Vektoren. F ur eine Gerade wird entsprechend ihrer
Gleichung ax+by+c = 0 der Koezientenvektor (a, b, c) gespeichert. Punkte und Vektoren
werden ebenfalls als Koordinatentripel (x, y, z) dargestellt. Die Punkte entsprechen dabei
159
160 KAPITEL 8. KERNEL
GeoVector
GeoConic
GeoPoint
GeoNumeric
GeoAngle
GeoVec3D
GeoElement
GeoLine
Abbildung 8.1: Vererbungshierarchie der geometrischen Klassen
den endlichen und die Vektoren den unendlich fernen projektiven Punkten des P(R
3
). F ur
Punkte gilt stets z ,= 0 und f ur Vektoren z = 0 (vgl. Projektive Geometrie 5, p.103).
Die geometrischen Klassen sind einfach gehalten. Sie dienen in erster Linie der Spei-
cherung geometrischer Objekte. Wie wir in Abbildung 8.1 sehen, kommen wir mit einer
einzigen Klasse f ur alle Kegelschnitte aus. Die Klasse GeoConic hat eine Methode zur
Klassikation von Kegelschnitten. GeoConic Objekte wissen dadurch immer, ob sie bei-
spielsweise ein Kreis oder eine Parabel darstellen.
8.1.2 Algorithmen
Neben den geometrischen Klassen verwenden wir auch Klassen f ur Algorithmen, um die
konstruktive Denition von Objekten zu beschreiben. Ein Algorithmus verwendet geome-
trische Objekte als Eingaben und liefert solche als Ausgabe. Er arbeitet also unabhangig
von den Objekten mit deren Koordinaten und Matrizen.
Warum trennen wir Algorithmen und geometrische Objekte?
It turns out that the traditional subclassing approach is not feasible for e-
cient Dynamic Geometry software [. . . ]. The crucial point is that we will never
calculate one intersection of a conic and a line, but always both intersections,
we will never calculate one intersection of two conics, but all four of them. [12,
p.125]
Beispiel. Eine Gerade g sei deniert als Gerade durch zwei Punkte A und B. Diese geo-
metrische Konstruktion wird durch ein Algorithmus Objekt vom Typ AlgoJoinPoints re-
prasentiert (Abbildung 8.2). Als Eingabe verlangt er zwei Punkte. Seine Ausgabe ist eine
Gerade.
Da der Algorithmus AlgoJoinPoints die Gerade g erzeugt, nennen wir ihn den Vateral-
gorithmus von g. Der Algorithmus AlgoJoinPoints hat die Punkte A und B als Eingaben.
Wir sagen auch, dass der Algorithmus von A und B abhangt.
8.1. DATENSTRUKTUREN UND ALGORITHMEN 161
Abbildung 8.2: Algorithmus zur Berechnung der Geraden durch zwei Punkte
Alle Objekte ohne Vateralgorithmus nennen wir frei oder unabhangig. Alle Objekte,
die einen Vateralgorithmus besitzen, nennen wir abhangig.
8.1.3 Aktualisierung der Abhangigkeiten
Die Abhangigkeiten der Objekte werden mit Hilfe von Algorithmen dargestellt. Die Gerade
g durch zwei Punkte A und B hangt von diesen beiden Punkten ab.
Andert sich einer der
Punkte A oder B, so muss die Gerade g neu berechnet werden. Wie funktioniert dies mit
unseren Datenstrukturen und Algorithmen?
Jedes geometrische Objekt (GeoElement) besitzt dazu eine Liste seiner abhangigen
Algorithmen. Wenn sich ein GeoElement andert, werden alle seine abhangigen Algorithmen
aktualisiert. Diese Algorithmen berechnen dabei alle ihre Ausgaben neu.
Jede dieser Ausgaben ist ein GeoElement und kann ihrerseits wieder abhangige Algo-
rithmen besitzen, die nun auch aktualisiert werden m ussen, usw.
Beispiel. Betrachten wir dazu folgende einfache Situation. Wir haben drei freie Punkte
A, B, C. Durch A und B legen wir eine Gerade g. Danach konstruieren wir die Gerade h
als Senkrechte zu g durch den Punkt C (Abbildung 8.3).
Abbildung 8.3: Senkrechte h durch C zu g
Im Kernel werden f ur diese Konstruktion f unf geometrische Objekte und zwei Algo-
rithmen erzeugt (Abbildung 8.4).
162 KAPITEL 8. KERNEL
Abbildung 8.4: Situation im Kernel
Sehen wir uns nun an, was passiert, wenn wir den Punkt B verschieben. Einerseits muss
sich die Gerade g verandern, die durch B verlauft. Auerdem andert sich auch die Gerade
h, welche senkrecht zu g steht. Wie diese Aktualisierung im Kernel vor sich geht, erklaren
wir anhand von Abbildung 8.5.
Abbildung 8.5: Aktualisierung nach
Anderung von B
Nach der Verschiebung von B werden alle abhangigen Algorithmen von B aktualisiert.
Es gibt nur einen solchen Algorithmus, namlich AlgoJoinPoints. AlgoJoinPoints berech-
net mit Hilfe des veranderten Punktes B und des unveranderten Punktes A die neuen
Koezienten der Geraden g.
Da sich damit die Gerade g verandert hat, m ussen auch ihre abhangigen Algorithmen
erneut tatig werden. AlgoOrthogonal berechnet nun zu der geanderten Geraden g und dem
unveranderten Punkt C die Senkrechte h. Da es keine Algorithmen gibt, die h als Eingabe
haben, ist die Aktualisierung damit abgeschlossen.
8.2. KONTINUIT
AT 163
8.2 Kontinuitat
Wenn wir uns eine geometrische Konstruktion vorstellen, haben wir gewohnlich eine sta-
tische Anordnung geometrischer Objekte vor Augen, wie etwa in Abbildung 8.3.
Dynamische Geometrie Systeme erlauben es, freie Elemente einer Konstruktion durch
Ziehen mit der Maus zu verandern. Dabei werden alle abhangigen Objekte dynamisch
mitverandert. Es entsteht so eine Folge vieler statischer Anordnungen. Diese Folge soll
moglichst kontinuierlich sein, d.h. man mochte keine springenden Objekte.
8.2.1 Doppelter Bisektor
Betrachten wir folgende Konstruktion: Zwei Geraden a und b und eine Winkelsymmetrale
(Bisektor) c von a und b verlaufen durch einen Punkt A (Abbildung 8.6). Zur Veranschau-
lichung der Richtung von c ist der Punkt C auf c eingezeichnet. Weiters nehmen wir an,
dass b x ist und a um den Punkt A rotiert werden kann. Oensichtlich muss c um
2
rotiert werden, wenn a um rotiert wird, um eine kontinuierliche Bewegung zu erhalten.
Nach zwei ganzen Umdrehungen von a wird der Punkt C wieder in seiner Ausgangslage
sein.
Was passiert, wenn wir eine weitere Winkelsymmetrale d von b und c erzeugen? Diese
Gerade soll sich bei Rotation von a um den Winkel
4
drehen. Der auf d liegende Punkt
D wird daher nach vier ganzen Umdrehungen von a wieder in seine Ausgangslage zur uck-
kehren (vgl. Abbildungen 8.6 bis 8.9).
Abbildung 8.6: Ausgangslage
In allen vier Situationen sind die Eingaben (a und b) der Konstruktion gleich, ihre
Ergebnisse aber verschieden, weil wir kontinuierliche Bewegungen gefordert haben. Die
Ausgabe ist also nicht allein durch die Eingabe festgelegt (determiniert).
Sobald man in einem dynamischen Geometrie System die Konstruktion zweier Win-
kelsymmetralen zulasst, ist es nicht moglich, gleichzeitig kontinuierliche Bewegungen und
Determiniertheit zu erreichen. Kontinuitat zerstort Determiniertheit. (vgl. [12, pp.84]).
164 KAPITEL 8. KERNEL
Abbildung 8.7: Nach einer ganzen Umdrehung von a
Abbildung 8.8: Nach zwei ganzen Umdrehungen von a
Abbildung 8.9: Nach drei ganzen Umdrehungen von a
8.2. KONTINUIT
AT 165
Die eben vorgestellte Konstruktion eines kontinuierlichen doppelten Bisektors ist nicht
in allen dynamischen Geometrie Systemen moglich. Im weit verbreiteten Programm Cabri-
geom`etre II springt etwa der zweite Bisektor d von der Lage in Abbildung 8.6 in jene von
Abbildung 8.9, sobald a um mehr als eine halbe Umdrehung gedreht wird.
8.2.2 Das Kontinuitatsproblem
Doppelte Bisektoren sind ein Beispiel f ur das sogenannte Kontinuitatsproblem in dynam-
sichen Geometrie Systemen. Man mochte kontinuierliche Bewegungen erreichen und sprin-
gende Objekte vermeiden. Wie bereits angesprochen gen ugt es dazu nicht allein, die Ein-
gaben einer Konstruktion zu kennen. Wie beim doppelten Bisektor ist f ur die Kontinuitat
namlich auch entscheidend, was vorher war, also aus welcher Situation die darzustellende
Anordnung der Objekte hervorgeht.
Die klassichen Systeme wie etwa Cabri versuchen, durch Unterscheidung von Vorzei-
chen kontinuierliches Verhalten zu erreichen. Kortenkamp [12] hat gezeigt, dass man damit
zwar einen Teil der Probleme umgehen, aber keine echte Losung erreichen kann. Die fehlge-
schlagene doppelte Bisektor-Konstruktion in Cabri ist ein Beispiel f ur die Unzulanglichkeit
des Vorzeichen-Ansatzes.
Um das Kontinuitatsproblem zu losen muss man leider etwas mehr Aufwand betrei-
ben: Kortenkamp greift dazu auf projektive Geometrie im Komplexen und Methoden der
Funktionentheorie zur uck. Im Folgenden wollen wir kurz auf die Grundideen dieser Losung
eingehen.
Betrachten wir dazu ein weiteres Beispiel f ur das Kontinuitatsproblem: Ein Kreis wird
mit einer Geraden geschnitten. Dabei entstehen zwei Schnittpunkte A und B. Nun ver-
schieben wir die Gerade. Dabei sollen die Punkte A und B nicht ihre Platze tauschen. Bei
jeder Verschiebung m ussen die Schnittpunkte neu berechnet werden. Jedesmal gibt es zwei
Moglichkeiten, wie wir sie benennen - doch welche sollen wir wahlen?
Nahe-Beziehung
Die Antwort auf diese Frage scheint sehr einfach: Wir nehmen jene neue Punkte Belegung,
bei der die Summe der Abstande zu den alten Punkten am kleinsten ist. Kontinuitat
charakterisieren wir somit als Nahe-Beziehung.
Under the assumption of continuity the new points should be close to the old
points after a small movement. [12, p.92]
Mit dieser Methode stoen wir sofort auf einige Probleme. Um die Abstande zwischen
alten und neuen Schnittpunkten messen zu konnen, m ussen alle deniert sein. Was passiert
aber, wenn die Gerade den Kreis nicht mehr schneidet? Hier kommen die komplexen Zahlen
ins Spiel. Beim Schnitt eines Kreises mit einer Geraden ist eine quadratische Gleichung zu
losen. Diese hat im Komplexen stets zwei Losungen. Ein Kreis und eine Gerade haben also
immer zwei Schnittpunkte, deren Koordinaten moglicherweise komplexe Zahlen sind.
166 KAPITEL 8. KERNEL
Die Verwendung komplexer Zahlen hat fundamentale Konsequenzen f ur das gesamte
System. Wir haben es damit namlich nicht mehr mit euklidischer, sondern mit Cayley-Klein
Geometrie in der komplexen projektiven Ebene zu tun. Hier ist nicht ohne Weiteres klar,
wie man uberhaupt Abstande zwischen Punkten messen kann. Neben den Schwierigkeiten,
die diese Geometrie mit sich bringt, erhoht sich auch der Speicher- und Rechenaufwand
um ein Vielfaches. Punkte haben hier etwa eine 6-dimensionale (!) Reprasentierung. Cin-
derella, das System von Kortenkamp und Richter-Gebert, wurde auf diese Art und Weise
implementiert.
Singularitaten
Es gibt aber noch ein weiteres, viel groeres Problem mit der Methode der Nahe-Beziehung:
Singularitaten. Wenn zwei Punkte sehr nahe nebeneinander oder sogar ubereinander liegen,
konnen wir sie mit Hilfe der Nahe-Beziehung nicht mehr unterscheiden. Dies passiert etwa,
wenn die Sekante eines Kreises zu einer Tangente wird (Abbildung 8.10).
Abbildung 8.10: Singularitat beim Schnitt eines Kreises und einer Geraden [12, p.95]
Bis 1999 war keine befriedigende Losung f ur dieses Problem gefunden worden. Oft
wurde sogar die Meinung vertreten, dass es gar keine Losung des Kontinuitatsproblems f ur
Singularitaten geben kann.
Bei der Bewegung eines Punktes von A nach B werden die Punkte (1 )A+B mit
[0, 1] verwendet, um mit der Nahe Beziehung zu arbeiten. Das einzige Problem tritt
auf, wenn wir durch eine Singularitat kommen: hier konnen wir die Punkte nicht mehr
unterscheiden.
How can we handle these degenerate situations, how can we avoid the singula-
rities? The answer is, we will just avoid them by not walking through them. We
can choose another path from A to B than the segment [0, 1]. All basic opera-
tions still work for complex numbers, so we can choose any path p : [0, 1] C
from p(0) = 0 to p(1) = 1 in the complex plane. We use this path as a para-
8.2. KONTINUIT
AT 167
metrization for the movement from A to B; the intermediate points now lie at
(1 p())A+p()B with [0, 1]. [12, p.104]
Die Funktionentheorie besagt, dass es einen solchen Weg immer gibt. Die Frage ist, wie
man ihn schnell ndet. Dieses sogenannte Complex Tracing ist in Cinderella mit einem
heuristischen Algorithmus implementiert, der fast immer einen Weg um die Singularitat
ndet (vgl. [12, pp.128]).
8.2.3 Heuristischer Ansatz mittels Nahe-Beziehung
Auch wir wollen f ur unser Programm kontinuierliches Verhalten erreichen. Allerdings han-
delt es sich bei unserem Projekt um kein dynamisches Geometrie System im herkommlichen
Sinn. In Cabri oder Cinderella werden Veranderungen immer nur mit der Maus vorgenom-
men. Das Ziehen eines Punktes von A nach B ist selbst eine kontinuierliche Bewegung.
Ein entscheidendes Merkmal unseres Programmes ist aber die zusatzliche Moglichkeit
der algebraischen Veranderung von Objekten. Wir konnen so die neuen Koordinaten eines
Punktes direkt eingeben. Damit springt der Punkt von A nach B, und die Kontinuitat
ist zerstort. Auch Gleichungen konnen verandert werden: aus einer Ellipse kann im Nu
eine Hyperbel entstehen, aus einem Kreis eine Parabel. Die Moglichkeit der algebraischen
Manipulation f uhrt also in nat urlicher Weise zu nicht-kontinuierlichem Verhalten.
Deshalb ist Kontinuitat f ur uns zwar wichtig und erstrebenswert, aber nicht alles. Wir
verwenden einen heuristischen Ansatz: Alle Algorithmen, die bei gleicher Eingabe mehrere
Ausgabemoglichkeiten haben, verwenden die letzte Ausgabe und verschiedene Arten der
Nahe-Beziehung, um die beste Wahl zu treen. Kommen wir in eine Singularitat, wird
irgendeine Wahl getroen.
Im Folgenden werden die Vorgangsweisen f ur die Anwendung der Nahe-Beziehung bei
Algorithmen, die als Ausgabe Punkte und Vektoren bzw. Geraden haben, erlautert.
Nahe-Beziehung von Punkten
Beim Schnitt zweier Kegelschnitte a und b konnen 0 bis 4 Schnittpunkte auftreten. Wird
ein Kegelschnitt verschoben, so berechnet der Schnittalgorithmus die neuen Schnittpunkte.
Wie sollen die neuen Ergebnisse den alten Schnittpunkten zugeordnet werden, ohne dass
diese springen? Dieses Problem wollen wir als Beispiel f ur unseren heuristischen Einsatz
der Nahe-Beziehung von Punkten betrachten.
Bei vier alten und vier neuen Schnittpunkten gibt es 4! = 24 Permutationen, wie die
neuen Koordinaten den alten Punkten zugeordnet werden konnen. Zu einer Eingabe (a
und b) gibt es also 24 Ausgabemoglichkeiten. Welche sollen wir nehmen?
Seien P
1
, . . . , P
4
die alten und Q
1
, . . . , Q
4
die neu berechneten Schnittpunkte. Die P
i
und Q
i
konnen auch undeniert sein. Seien weiters D
1
, . . . , D
4
Punkte mit folgender Ei-
genschaft: D
i
= die letzte denierte Belegung von P
i
. Die Punkte D
1
, . . . , D
4
sind damit
immer deniert. Auerdem brauchen wir noch Werte age
1
, . . . , age
4
, die angeben, seit wie
168 KAPITEL 8. KERNEL
vielen Neuberechnungen der Schnittpunkt P
i
undeniert ist. Anders ausgedr uckt gibt age
i
an, seit wievielen Neuberechnungen der Punkt D
i
nicht durch eine neue Belegung von P
i
aktualisiert wurde.
Die Idee ist nun folgende: Wir berechnen alle Abstande der neu berechneten Schnitt-
punkte Q
1
, . . . , Q
4
zu den zuletzt denierten Schnittpunkten D
1
, . . . , D
4
:
dist
ij
:= (Q
i
D
j
)
2
+age
2
i
.
Wenn der Punkt Q
i
undeniert ist, wird dist
ij
= max
Q
i
definiert
(dist
ij
) +1 gesetzt. Unde-
nierte Punkte sind also weit entfernt.
Nun berechnen wir f ur alle 24 Permutationen die Summe ihrer Abstande. Die Permuta-
tion 4,2,1,3 entspricht beispielsweise der Zuordnung Q
1
, Q
2
, Q
3
, Q
4
P
4
, P
2
, P
1
, P
3
.
Ihre Abstandssumme berechnet sich als:
permdist
4,2,1,3
= dist
14
+dist
22
+dist
31
+dist
43
Unter allen Permutationen wahlen wir jene mit der kleinsten Abstandssumme. Die
alten Schnittpunkte P
i
werden entsprechend dieser Permutation durch die neu berechneten
Schnittpunkte Q
i
ersetzt. Abschlieend m ussen noch die denierten Punkte aktualisiert
werden: Wenn das neue P
i
deniert ist, wird D
i
= P
i
und age
i
= 0 gesetzt. Ist der neue
Schnittpunkt P
i
jedoch undeniert, so wird das Alter des zugehorigen denierten Punktes
D
i
um eins erhoht: age
i
= age
i
+ 1.
Warum brauchen wir die denierten Punkte D
i
? Stellen wir uns dazu folgende Situation
vor: Zunachst haben wir vier Schnittpunkte zweier Kegelschnitte. Jetzt verschieben wir
einen Kegelschnitt so lange, bis sich die beiden Kegelschnitte schlielich gar nicht mehr
schneiden. Alle Punkte P
i
sind jetzt undeniert, da es keine Schnittpunkte mehr gibt. Die
Punkte D
i
enthalten jedoch die letzten denierten Koordinaten jedes Schnittpunkts P
i
.
Schieben wir nun den Kegelschnitt wieder zur uck, sodass erneut Schnittpunkte ent-
stehen. Wir wollen nat urlich, dass die neu entstehenden Schnittpunkte in der Nahe ihren
alten Positionen liegen. Ihre Namen sollen nicht plotzlich irgendwie vertauscht sein. Dazu
m ussen wir aber wissen, wo die alten denierten Schnittpunkte gelegen sind.
Wozu speichern wir das Alter der Punkte D
i
? Stellen wir uns wieder zwei Kegelschnit-
te mit vier Schnittpunkten A, B, C, D vor. Nun verschieben wir einen Kegelschnitt so
weit, dass nur mehr die beiden Schnittpunkte C und D ubrig bleiben. Wir verschieben
den Kegelschnitt weiter, wobei es immer nur zwei Schnittpunkte C und D gibt, bis der
Schnittpunkt C an die Position kommt, an der anfangs der Punkt A gelegen war. Wenn
wir das Alter der denierten Punkte D
i
nicht ber ucksichtigen, kann es jetzt passieren, dass
der Punkt C plotzlich den Namen A bekommt.
Das Alter brauchen wir, um aktuell sichtbare Schnittpunkte den alten, gerade nicht
sichtbaren Schnittpunkten vorzuziehen. Geometrisch kann man sich das so vorstellen, als
w urde ein undenierter Schnittpunkt immer weiter aus der Zeichenebene herausgehoben,
je langer er nicht wieder aktualisiert wird. Das Alter gibt quasi seinen Abstand von der
Zeichenebene an.
8.3. NUMERIK 169
Die eben beschriebene Vorgangsweise kann immer verwendet werden, wenn es um kon-
tinuierliche Bewegungen von Punkten geht. Auch den Schnitt einer Geraden und eines
Kegelschnittes konnen wir so behandeln.
Nahe-Beziehung von Vektoren und Geraden
Sei c eine Winkelsymmetrale der beiden Geraden a und b. Nun drehen wir a. Bei der
Neuberechnung der Winkelsymmetrale c gibt es vier Moglichkeiten (zwei Geraden mit je
zwei Orientierungen). F ur welche sollen wir uns entscheiden?
Bei Punkten haben wir die Nahe-Beziehung uber Abstande realisiert. Bei Vektoren
und Geraden konnen wir die Richtung verwenden. Die Richtungen der alten und neuen
Winkelsymmetrale sollen sich moglichst wenig unterscheiden. Dies konnen wir uber den
Winkel bzw. das innere Produkt entscheiden.
Seien w der normierte Richtungsvektor der alten Winkelsymmetrale und v
1
, . . . , v
4
die
vier moglichen neuen normierten Richtungsvektoren. Wir nehmen nun jene Richtung, f ur
die das innere Produkt
dist
i
= w, v
i
)
minimal ist. Da dist
i
dem Cosinus des Winkels zwischen alter und neuer Richtung ent-
spricht, ist f ur die gewahlte Richtung die Winkelanderung minimal. Mit dieser Metho-
de ist beispielsweise die Konstruktion eines kontinuierlichen doppelten Bisektors moglich
(vgl.8.2.1).
8.3 Numerik
Unsere Algorithmen rechnen numerisch und nicht symbolisch. Damit m ussen wir mit den
Unzulanglichkeiten der Fliekomma Darstellung von Zahlen am Computer leben. Im Fol-
genden gehen wir auf einige Aspekte dieser Tatsache ein.
8.3.1 Test auf Gleichheit
Seien A(a
x
, a
y
) und B(b
x
, b
y
) zwei Punkte des R
2
. Sind diese beiden Punkte gleich? Mathe-
matisch gesehen ist diese Frage trivial. Die beiden Punkte sind genau dann gleich, wenn
a
x
= b
x
und a
y
= b
y
gilt.
Sind die Koordinaten jedoch Fliekomma - Zahlen, dann wird die Antwort etwas schwie-
riger. Stellen wir uns vor, dass die beiden Punkte Ergebnis irgendwelcher numerischer Be-
rechnungen sind. Bei jeder Berechnung konnen aufgrund der endlichen Fliekomma - Dar-
stellung Rundungsfehler auftreten. Es kann also passieren, dass zwar mathemtisch A = B
gelten m usste, die Bitmuster der Koordinaten aber verschieden sind.
Man verwendet deshalb eine andere Art von Gleichheit, die sogenannte Epsilon - Gleich-
heit. Zwei gleiche Punkte A und B sollen fast gleiche Bitmuster besitzen. Wir schreiben
170 KAPITEL 8. KERNEL
daf ur A =
_
(a
x
b
x
)
2
+ (a
y
b
y
)
2
Die letzte Denition bedeutet geometrisch, dass B in einem Kreis mit Radius um
A liegt. Ein Problem der Epsilon-Gleichheit ist, dass sie nicht transitiv ist (vgl. Abbil-
dung 8.11).
Abbildung 8.11: A =
B B =
C A =
C
8.3.2 Schleifender Schnitt
Betrachten wir folgendes Gleichungssystem:
1.2969x + 0.8648y = 0.8642
0.2161x + 0.1441y = 0.1440
Als Ma f ur den Fehler einer Losung X
0
des Gleichungssystems M X = b verwenden
wir folgendes Residuum:
res(X) := |M X b|
Betrachten wir nun die Residuen einiger Punkte:
A = (-0.000004, 0.9993) res(A) 10
9
B = (0.9911, -0.4870) res(B) 10
8
C = (2.0015, -2.0023) res(C) 10
10
8.3. NUMERIK 171
Abbildung 8.12: Schleifender Schnitt zweier Geraden
Bei einer zugelassenen Ungenauigkeit von = 10
7
sind alle drei Ergebnisse numerische
Losungen des obigen Gleichungssystems. In Abbildung 8.12 ist das obige Gleichungssystems
als Schnitt zweier fast paralleler Geraden geometrisch dargestellt. Diese numerisch hochst
instabile Situation nennt man einen schleifenden Schnitt. In der Abbildung sind die beiden
Geraden gar nicht mehr unterscheidbar.
Der exakte Schnittpunkt ist ubrigens D = (2, 2) (res(D) = 0). Dieses Beispiel zeigt,
dass selbst bei kleinem Residuum das numerische Resultat weit von der exakten Losung
entfernt sein kann: res(A) = 10
9
, Abstand d(A, D) = 3.6.
Bei der Berechnung eines Kreises durch drei Punkte A, B, C schneiden wir zur Berech-
nung des Mittelpunkts zwei der drei Streckensymmetralen s
AB
, s
AC
und s
BC
(vgl. 6.3.1,
p.129). Um einen schleifenden Schnitt zu vermeiden, verwenden wir jene beiden Strecken-
symmetralen, deren Schnittwinkel moglichst nahe bei 90
machine
die Maschinengenauigkeit. Dies ist die kleinste Zahl x, sodass x+1 ,= 1 ergibt. Die
Maschinengenauigkeit ist also das Beste, was wir erreichen konnen. Sei
user
die Benutzer-
genauigkeit. Sie entspricht dem groten Fehler, den wir machen d urfen.
Als lassen wir nun nur Zahlen zwischen Maschinen- und Benutzergenauigkeit zu:
machine
user
172 KAPITEL 8. KERNEL
Wir versuchen nun zunachst, ein Ergbnis mit in der Nahe der Maschinengenauigkeit
zu berechnen. Falls dies nicht funktioniert, erhohen wir unser und f uhren die Berechnung
erneut durch. Dies machen wir solange, bis wir entweder ein Ergebnis gefunden haben,
oder die Benutzergenauigkeit erreicht ist. Erst wenn wir auch mit der Benutzergenauigkeit
keine Losung nden konnen, geben wir auf.
Auf diese Art bekommen wir ein moglichst gutes Resultat, da der zugelassene Fehler
erst nach und nach erhoht wird. Gerade soweit, bis eine Losung gefunden wurde.
success = false;
epsilon = EPSILON_MACHINE * 10E3;
while (!success && epsilon <= EPSILON_USER) {
compute(x, epsilon);
success = test(x, epsilon);
if (!success) espilon *= 10;
}
Die Funktion compute() konnte beispielsweise die Schnittpunkte zweier Kegelschnitte
berechnen. Mit test() w urde dann uberpr uft, ob diese Schnittpunkte wirklich auf beiden
Kegelschnitten liegen.
Um unnotige Schleifendurchlaufe zu vermeiden, wird nicht mit der Maschinengenau-
igkeit, sondern mit einem geringf ugig schlechteren Wert initialisiert. =
machine
10
mit
2 oder 3 hat sich hier bewahrt. Die Maschinengenauigkeit hangt vom verwendeten
Prozessor ab. Sie liegt etwa im Bereich von 10
16
.
8.3.4 Norm eines Vektors
Manchmal konnen einfache mathematische Ausdr ucke bei ihrer numerischen Berechnung
zu groeren Problemen f uhren, als man erwarten mochte. Ein Beispiel daf ur ist die Norm
oder Lange eines Vektors (vgl. Denition 3.4, p.17). Dies ist eine sehr wichtige Operation
f ur uns, da sie zur Normierung von Vektoren und bei Abstandsberechnungen benotigt wird.
Die Norm eines Vektors v = (a, b) R
2
ist deniert als
| v| =
a
2
+b
2
.
Die Norm auf diese Weise mit Fliekomma - Arithmetik zu berechnen, ist schlecht.
Wenn namlich entweder a oder b groer als die Wurzel der groten darstellbaren Zahl
ist (z.B. 10
19
im Vergleich zu 10
38
), dann ist das Zwischenergebnis a
2
+ b
2
nicht mehr
darstellbar (
Uberlauf), obwohl es das Endergebnis sehrwohl sein konnte. Man sollte also
groe Zwischenergebnisse vermeiden und die Norm auf folgende Art berechnen [14, p.177]:
| v| =
_
[a[
_
1 + (b/a)
2
: [a[ [b[
[b[
_
1 + (a/b)
2
: [a[ < [b[
Daf ur geben wir eine Implementierung in Java an:
8.3. NUMERIK 173
public static double length(double a, double b) {
double res;
double x = Math.abs(a);
double y = Math.abs(b);
if (Kernel.isZero(x))
res = y;
else if (Kernel.isZero(y))
res = x;
else if (x > y) {
double temp = y / x;
res = x * Math.sqrt(1.0 + temp * temp);
} else {
double temp = x / y;
res = y * Math.sqrt(1.0 + temp * temp);
}
return res;
}
8.3.5 Quadratische und kubische Gleichungen
Quadratische Gleichung
Quadratische Gleichungen brauchen wir bei der Berechnung der Eigenvektoren von Kegel-
schnitten und beim Schnitt von Geraden und Kegelschnitten. F ur die quadratische Glei-
chung ax
2
+bx +c = 0 mit a, b, c R kann man die Losungen als
x =
b
b
2
4ac
2a
oder x =
2c
b
b
2
4ac
angeben. Eine dieser beiden Formeln zu verwenden, ware numerisch gesehen jedoch pro-
blematisch.
If either a or c (or both) are small, then one of the roots will involve the
subtraction of b from a very nearly equal quantity (the discriminant); you will
get that root very inaccurately. [14, p.184]
Die numerisch bessere Art, eine quadratische Gleichung zu losen, ist
q :=
1
2
_
b + sgn(b)
b
2
4ac
_
Die beiden Losungen sind dann
x
1
=
q
a
und x
2
=
c
q
174 KAPITEL 8. KERNEL
Diese Losung ist auch im Java Development Kit (JDK 1.3.1) in der Klasse QuadCurve2D
im Paket java.awt.geom als Methode solveQuadratic() implementiert. Wir adaptieren
diese Methode f ur die Verwendung von , indem wir f ur den Test auf 0 die Funktion
isZero() verwenden.
final public static boolean isZero(double x) {
return Math.abs(x) <= EPSILON;
}
Die Methode int solveQuadratic(double eqn[], double res[]) lost f ur die Ein-
gabe eqn = c, b, a die quadratische Gleichung ax
2
+ bx +c = 0 und schreibt die rellen
Losungen in das Array res. Zur uckgegeben wird die Anzahl der Losungen oder -1, falls
die Gleichung konstant ist.
public static int solveQuadratic(double eqn[], double res[]) {
double a = eqn[2];
double b = eqn[1];
double c = eqn[0];
int roots = 0;
if (Kernel.isZero(a)) {
// The quadratic parabola has degenerated to a line.
if (Kernel.isZero(b)) {
// The line has degenerated to a constant.
return -1;
}
res[roots++] = -c / b;
} else {
// From Numerical Recipes, 5.6, Quadratic and Cubic Equations
double d = b * b - 4.0 * a * c;
if (Kernel.isZero(d))
res[roots++] = - b /(2.0 * a);
else {
if (d < 0.0) {
// If d < 0.0, then there are no roots
return 0;
}
d = Math.sqrt(d);
// For accuracy, calculate one root using:
// (-b +/- d) / 2a
// and the other using:
// 2c / (-b +/- d)
// Choose the sign of the +/- so
8.3. NUMERIK 175
// that b+d gets larger in magnitude
if (b < 0.0) {
d = -d;
}
double q = (b + d) / -2.0;
// We already tested a for being 0 above
res[roots++] = q / a;
res[roots++] = c / q;
}
}
return roots;
}
Kubische Gleichung
Zur Berechnung der Schnittpunkte zweier Kegelschnitte m ussen wir eine Gleichung dritten
Grades losen (vgl. 6.3.4, p.137). Wahrend die Losungsformel f ur quadratische Gleichungen
jedem Gymnasiasten bekannt ist, wissen selbst manche Mathematik Studenten nicht, wie
man eine Gleichung dritten Grades lost.
Da die Cardanische Losungsformel (vgl. [3, p.131]) f ur komplexe Zahlen formuliert ist,
wir aber nur an den reellen Losungen interessiert sind, geben wir hier die Formulierung
von Vieta an (vgl. [14, pp.184]).
F ur die kubische Gleichung x
3
+ax
2
+bx+c = 0 mit a, b, c R berechnet man zunachst
Q :=
a
2
3b
9
und R :=
2a
3
9ab + 27c
54
Wenn R
2
< Q
3
gilt, dann hat die kubische Gleichung drei reelle Losungen. Wir nden
diese mittels
:= arccos(R/
_
Q
3
)
x
1
= 2
_
Qcos
_
3
_
a
3
x
2
= 2
_
Qcos
_
+ 2
3
_
a
3
x
3
= 2
_
Qcos
_
2
3
_
a
3
Bis hierher ist die in den Numerical Recipes [14, pp.184] angef uhrte Vorgangsweise klar.
Im Weiteren werden dort auch die Losungen des anderen Falles R
2
>= Q
3
angegeben. Hier
bekommt man eine reelle und zwei konjugiert komplexe Losungen.
Dazu deniert man zunachst
A := sgn(R)
_
[R[ +
_
R
2
Q
3
_
1/3
und B :=
_
Q/A : A ,= 0
0 : A = 0
176 KAPITEL 8. KERNEL
in terms of which the three roots are
x
1
= (A+B)
a
3
(the single real root when a, b, c are real) and
x
2
=
1
2
(A+B)
a
3
+
3
2
(AB)
x
3
=
1
2
(A+B)
a
3
3
2
(AB)
[14, p.185]
Die Bemerkung in Klammern, dass x
1
die einzige reelle Losung f ur a, b, c R sei, ist aber
falsch. F ur R
2
= Q
3
,= 0 bekommt man namlich zwei reelle Losungen und nicht nur eine.
Nicht zuletzt diese Bemerkung d urfte daran Schuld sein, dass die meisten Implementierun-
gen von Funktionen zur Losung kubischer Gleichungen nicht richtig funktionieren. Auch
die Java Implementierung (JDK 1.3.1) von cubicSolve() in der Klasse CubicCurve2D im
Paket java.awt.geom ist hier leider keine Ausnahme. Dieser Fall wird einfach vergessen
und man bekommt so beispielsweise f ur die einfache Gleichung x
3
+x
2
= 0 nur die Losung
x
1
= 1. Die zweite Losung x
2
= 0 fallt unter den Tisch.
Stellen wir dies daher richtig: F ur R
2
= Q
3
= 0 bekommt man die reelle Dreifachlosung
x
1
=
a
3
F ur R
2
= Q
3
,= 0 bekommt man zwei reelle Losungen (x
2
ist eine Doppellosung):
x
1
= 2
_
Q
a
3
und x
2
=
_
Q
a
3
Beweis. Wir zeigen die G ultigkeit des Spezialfalles R
2
= Q
3
. Wegen R
2
= Q
3
gilt Q 0,
sowie
Q = R
1
3
. Wir berechnen nun A und B. A = R
1
3
=
Q.
1. Sei R
2
= Q
3
= 0. Damit ist A = 0 und somit auch B = 0. In diesem Fall erhalten
wir die Dreifachlosung x
1
=
a
3
.
2. Sei R
2
= Q
3
,= 0. Wegen A =
Q ist B = Q/A = Q/
Q =
Q = A. Wir
erhalten somit die beiden reellen Losungen x
1
= 2
Q
a
3
und x
2
=
Q
a
3
. Die
konjugiert komplexen Losungen degenerieren hier zu der reellen Doppellosung x
2
.
2
Mit Hilfe der Diskriminante := R
2
Q
3
fassen wir alle Falle zusammen:
8.3. NUMERIK 177
Diskriminante R und Q reelle Losungen
< 0 R
2
< Q
3
3 Drei verschiedene reelle Losungen
> 0 R
2
> Q
3
1 Eine reelle und zwei konjugiert
komplexe Losungen
= 0 R
2
= Q
3
= 0 1 Eine reelle Dreifachlosung
= 0 R
2
= Q
3
,= 0 2 Eine reelle Einfach- und eine reel-
le Doppellosung
Damit korrigieren wir die Java Implementierung. Die Methode
int solveCubic(double eqn[], double res[]) lost f ur die Eingabe eqn = c, b, a, d die
kubische Gleichung dx
3
+ ax
2
+ bx +c = 0 und schreibt die rellen Losungen in das Array
res. Zur uckgegeben wird die Anzahl der Losungen oder -1, falls die Gleichung konstant
ist.
public static int solveCubic(double eqn[], double res[]) {
// From Numerical Recipes, 5.6, Quadratic and Cubic Equations
// case (discriminant == 0) added by Markus Hohenwarter
double d = eqn[3];
if (Kernel.isZero(d)) {
// The cubic has degenerated to quadratic (or line or ...).
return solveQuadratic(eqn, res);
}
double a = eqn[2] / d;
double b = eqn[1] / d;
double c = eqn[0] / d;
int roots = 0;
double Q = (a * a - 3.0 * b) / 9.0;
double R = (2.0 * a * a * a - 9.0 * a * b + 27.0 * c) / 54.0;
double R2 = R * R;
double Q3 = Q * Q * Q;
double discriminant = R2 - Q3;
a = a / 3.0;
if (Kernel.isZero(discriminant)) {
if (Kernel.isZero(Q)) {
// one real solution
res[roots++] = -a;
} else {
// two real solutions
Q = Math.sqrt(Q);
res[roots++] = -2.0 * Q - a;
178 KAPITEL 8. KERNEL
res[roots++] = Q - a;
}
} else {
if (R2 < Q3) { // => Q > 0.0
// three real solutions
double theta = Math.acos(R / Math.sqrt(Q3));
Q = -2.0 * Math.sqrt(Q);
if (res == eqn) {
// Copy the eqn so that we dont clobber it with the
// roots. This is needed so that fixRoots can do its
// work with the original equation.
eqn = new double[4];
System.arraycopy(res, 0, eqn, 0, 4);
}
res[roots++] = Q * Math.cos(theta / 3.0) - a;
res[roots++] = Q * Math.cos((theta - Math.PI * 2.0)/ 3.0) - a;
res[roots++] = Q * Math.cos((theta + Math.PI * 2.0)/ 3.0) - a;
fixRoots(res, eqn);
} else {
// one real solution
boolean neg = (R < 0.0);
double S = Math.sqrt(discriminant);
if (neg) {
R = -R;
}
double A = Math.pow(R + S, 1.0 / 3.0);
if (!neg) {
A = -A;
}
double B = (Kernel.isZero(A)) ? 0.0 : (Q / A);
res[roots++] = (A + B) - a;
}
}
return roots;
}
Im Fall von drei reellen Losungen wird die Methdode fixroots() aufgerufen. Da die
Winkelfunktionen acos() und cos() relativ groe Fehler liefern konnen, wird hier ver-
sucht mit anschlieender Newton-Raphson Iteration (vgl. [14, pp.362]) das Ergebnis zu
verbessern. Die Details sind in der Implementierung des JDK 1.3.1 zu nden.
Kapitel 9
Grasche Ausgabe
Im Kernel (Kapitel 8) wird ein abstraktes mathematisches Modell einer Konstruktion ver-
waltet. Dieses Modell stellen wir auf zwei Arten dar: algebraisch als Koordinaten und
Gleichungen, sowie geometrisch als Punkte, Vektoren, Geraden und Kegelschnitte.
9.1 Model-View-Controller
Wir wollen das mathematische Modell einer Konstruktion in einer Algebra- und einer
Geometriesicht anzeigen.
Anderungen am Modell sollen sich in beiden Ansichten (Views)
gleichzeitig niederschlagen. Zur Realisierung dieser Situation verwenden wir das sogenannte
Observer Design Pattern (vgl. [13, pp.223]).
Concrete Observer
Observer
update()
Conrete Subject
Subject
attach()
detach()
fireUpdate()
benachrichtigt
registriert sich bei
Abbildung 9.1: Klassendiagramm des Observer Design Patterns
Dabei kann sich ein Observer (bei uns die Ansichten) bei einem Subject (bei uns das
Modell der Konstruktion) registrieren lassen. Alle registrierten Observer werden dann uber
179
180 KAPITEL 9. GRAFISCHE AUSGABE
eine Zustandsanderung des Subjects informiert, indem die update() Methode jedes Ob-
servers aufgerufen wird (vgl. Abbildung 9.1).
Wir verwenden eine verfeinerte Form dieses Design Patterns, das sogenannte Model-
View-Controller Konzept. Wie beim Observer Pattern wird hier die mathematische Re-
prasentierung im Kernel (Model) von der Darstellung am Bildschirm (View) getrennt. Das
Modell kann aber zusatzlich auch verandert werden (Controller). Dies geschieht bei uns
mit der Maus oder uber algebraische Eingaben und Befehle.
Die mathematischen Objekte im Kernel (Model) haben keine Information dar uber, wie
sie am Bildschirm dargestellt werden sollen. Dies wird von den Ansichten (Views) erledigt.
Dazu erzeugt jede Ansicht f ur jedes Objekt im Kernel ein eigenes Objekt, das f ur die Dar-
stellung am Bildschirm zustandig ist. F ur jeden Punkt im Kernel erstellen die Geometrie-
und Algebrasicht ein eigenes Objekt, das diesen Punkt in einem Bildschirmkoordinatensy-
stem zeichnet bzw. die Koordinaten des Punktes anzeigt.
public interface View {
public void add(GeoElement geo);
public void remove(GeoElement geo);
public void update(List updateList);
}
Nach einer
Anderung des Modells werden die Ansichten dar uber informiert (add(),
remove(), update()) und m ussen ihre Objekte ebenfalls aktualisieren. Die
Anderungen
des Modells sind Reaktionen auf Eingaben uber die Tastatur oder Maus. Diese Eingaben
werden von den Controllern behandelt und an den Kernel weitergeleitet. Jede Ansicht hat
ihren eigenen Controller. Der Algebra - Controller ist f ur die algebraische Eingabe (Kapi-
tel 7) uber Tastatur zustandig. Der Euclidean - Controller ist f ur geometrische Eingaben
mit Hilfe der Maus verantwortlich (vgl. Abbildung 9.2).
9.2 Darstellung von Kegelschnitten
Geraden konnen als Linien und Punkte als kleine ausgef ullte Kreise gezeichnet werden.
Dabei muss lediglich in Bildschirmkoordinaten transformiert werden. Interessanter ist hin-
gegen, wie wir Kegelschnitte am Computer darstellen konnen.
Die Programmiersprache Java enthalt seit Version 2 (JDK 1.2) standardmaig das Er-
weiterungspaket Java2D. Dieses beinhaltet mehrere zeichenbare Objekttypen, sogenannte
Shapes. Im Paket java.awt.geom ist etwa die Klasse Line2D zu nden, mit der man Linien
darstellen kann. Sehr hilfreich ist auch die Klasse Ellipse2D. Mit ihr konnen wir Kreise
und Ellipsen in Hauptlage zeichnen. Kombiniert mit der Klasse AffineTransform sind die
Ellipsen auch beliebig dreh- und verschiebbar.
Wie stellen wir aber Parabeln und Hyperbeln dar? F ur beide Arten von Kegelschnitten
gibt es keine vorgefertigten Klassen, die wir verwenden konnten. Wir wollen deshalb hier
Moglichkeiten aufzeigen, wie wir Parabeln und Hyperbeln auf den Bildschirm bekommen.
9.2. DARSTELLUNG VON KEGELSCHNITTEN 181
Abbildung 9.2: Model-View-Controller Konzept
9.2.1 Parabel als Bezier-Kurve
Bezier und De Castlejau haben unabhangig voneinander um 1960 eine Methode zur Be-
schreibung von Kurven durch sogenannte Kontrollpunkte gefunden. Beide arbeiteten da-
mals f ur franzosische Automobilhersteller, Bezier f ur Renault und De Castlejau f ur Citroen.
Ihre Arbeiten entstanden aus der Notwendigkeit, Auto-Karosserien zu beschreiben. Heute
spielen Bezier- und ahnliche Kurven eine wichtige Rolle in der Computergrak.
Wir wollen hier nicht naher auf die Theorie der Bezier-Kurven eingehen (vgl. dazu etwa
[6, pp.488]). F ur uns ist nur wichtig, dass eine Bezier-Kurve mit n + 1 Kontrollpunkten
einem Polynom n-ten Grades entspricht.
Eine Parabel lasst sich daher als Bezier-Kurve mit drei Kontrollpunkten festlegen. Diese
Kurve hat folgende wichtige geometrische Eigenschaft: Seien A, C, B die drei Kontrollpunk-
te einer quadratischen Bezier-Kurve. Dann liegen A und B auf der Kurve und die Vektoren
CA und
CB sind die Richtungsvektoren der Tangenten in A und B (vgl. Abbildung 9.3).
In Java2D gibt es daf ur eine Klasse namens QuadCurve2D. Um damit eine Parabel in
Hauptlage zeichnen zu konnen, m ussen wir geeignete drei Kontrollpunkte angeben. Eine
Parabel in Hauptlage hat die Gleichung y
2
= 2px. Wahlen wir nun zwei Punkte auf der
Parabel, etwa A = (x
0
,
2px
0
) und B = (x
0
,
2px
0
) als Kontrollpunkte. F ur den dritten
182 KAPITEL 9. GRAFISCHE AUSGABE
Abbildung 9.3: Quadratische Bezier-Kurve mit Kontrollpunkten
Kontrollpunkt C schneiden wir nun die beiden Tangenten in A und B. Erinneren wir uns
an Satz 4.16, p.95: Die Tangente an einen Kegelschnitt in einem auf ihm liegenden Punkt
ist die Polare dieses Punktes bez uglich des Kegelschnitts. Damit erhalten wir sofort die
beiden Tangenten an die Parabel:
_
_
_
0 0 p
0 1 0
p 0 0
_
_
_
_
_
_
x
0
2px
0
1
_
_
_
=
_
_
_
p
2px
0
px
0
_
_
_
Die Tangentengleichungen lauten daher
t
A
: px
_
2px
0
y +px
0
= 0
t
B
: px +
_
2px
0
y +px
0
= 0
Der Schnittpunkt von t
A
und t
B
ist der gesuchte Kontrollpunkt C. Nach Subtraktion
der beiden Gleichungen erhalten wir y = 0. Durch Addition erhalten wir px+px
0
= 0 und
daraus x = x
0
. Der Schnittpunkt C hat also die Koordinaten (x
0
, 0).
Eine Parabel in Hauptlage konnen wir somit als Bezier-Kurve mit den drei Kontroll-
punkten A = (x
0
,
2px
0
), C = (x
0
, 0) und B = (x
0
,
2px
0
) zeichnen (Abbildung 9.4).
Parabeln in allgemeiner Lage erhalten wir wie schon bei den Ellipsen durch Anwendung
von anen Abbildungen, genau genommen von Bewegungen (vgl. 4.4, p.58), mit Hilfe der
Klasse AffineTransform.
Lassen sich auch Hyperbeln als Bezier-Kurven darstellen? Prinzipiell ja, aber mit einem
wichtigen Unterschied zu Parabeln. Eine quadratische Bezier-Kurve ist namlich aquivalent
zu einer Parabel. Hyperbeln lassen sich aber nur naherungsweise durch Bezier-Kurven
darstellen. Man sollte also Bezier-Kurven hoheren Grades verwenden. Java2D bietet hier
noch die Klasse CubicCurve2D f ur eine Bezier-Kurve mit vier Kontrollpunkten. Die Wahl
der Kontrollpunkte wird hier schon schwieriger als bei der Parabel, liegen doch zwei der
vier Punkte gar nicht auf der Hyperbel.
Doch egal wieviel M uhe wir in die Wahl der Kontrollpunkte stecken, die entstehen-
de Kurve wird immer nur eine Approximation unserer gew unschten Hyperbel sein. Ein
9.2. DARSTELLUNG VON KEGELSCHNITTEN 183
Abbildung 9.4: Kontrollpunkte einer Parabel in Hauptlage
korrekt berechneter Schnittpunkt mit einer Hyperbel konnte somit im schlimmsten Fall
am Bildschirm neben der gezeichneten Hyperbel liegen. Aus diesem Grund verwenden wir
einen anderen Ansatz zur Darstellung dieser Kegelschnittart.
9.2.2 Rationale Parameterdarstellungen von Kegelschnitten
Eine Kurve in Parameterdarstellung lasst sich sehr einfach am Bildschirm zeichnen. Wir
berechnen dazu Punkte auf der Kurve und verbinden diese durch Linien. Der so entste-
hende Streckenzug (Polygon) ist eine Naherung f ur die Kurve (Abbildung 9.5). Je mehr
Punkte wir berechnen, desto genauer wird unsere Naherung. Auf diese Art wollen wir nun
Hyperbeln darstellen.
Abbildung 9.5: Approximation eines Hyperbelhalbastes durch ein Polygon mit 6 Punkten
184 KAPITEL 9. GRAFISCHE AUSGABE
Dieser Ansatz hat zwei Vorteile gegen uber Bezier-Kurven. Einerseits kann die Genau-
igkeit der Naherung leicht durch die Zahl der berechneten Punkte gesteuert werden. Ande-
rerseits liegen die berechneten Punkte mit Sicherheit auf der Hyperbel. Bei Bezier-Kurven
liegen ja nur der erste und letzte Kontrollpunkt auf dem Kegelschnitt.
Wir benotigen also die Parameterdarstellung einer Hyperbel. Dabei gibt es viele Moglich-
keiten, wie etwa
_
a sec(t)
b tan(t)
_
oder
_
a cosh(t)
b sinh(t)
_
.
Diese beiden Darstellungen haben einen Nachteil: sie sind auerst inezient. F ur je-
den Punkt m ussen wir zwei Winkelfunktionen auswerten. Viel angenehmer ware es, wenn
wir die Koordinaten der Punkte allein durch Multiplikationen und Divisionen, also durch
rationale Funktionen berechnen konnten.
Anders ausgedr uckt suchen wir damit nach rationalen Punkten auf einer Hyperbel
(vgl. [20, p.24]). Gehen wir dazu von der Gleichung einer Hyperbel in Hauptlage aus.
hyp :
x
2
a
2
y
2
b
2
= 1, a, b Q
Der rationale Punkt P = (a, 0) liegt auf der Hyperbel. Legen wir nun eine Gerade g
mit unbestimmtem Richtungsvektor (u, v) durch P. Mit dem Parameter bekommen wir
die Punkte von g als
x = a + u
y = v
Abbildung 9.6: Schnitt der Geraden g mit der Hyperbel hyp
9.2. DARSTELLUNG VON KEGELSCHNITTEN 185
Diese Gerade schneiden wir jetzt mit der Hyperbel (Abbildung 9.6), indem wir f ur x
und y einsetzen.
g hyp :
(a +u)
2
a
2
(v)
2
b
2
= 1
Daraus folgt
(2ab
2
u +(b
2
u
2
a
2
v
2
)) = 0
Der Wert = 0 liefert den gegebenen Punkt P(a, 0). Der Fall b
2
u
2
a
2
v
2
= 0 entspricht
den beiden Geraden durch P, die parallel zu den Asymptoten der Hyperbel sind und keinen
weiteren Schnittpunkt haben. Es bleibt der Fall b
2
u
2
a
2
v
2
,= 0. Dies ergibt
=
2ab
2
u
b
2
u
2
a
2
v
2
und weiters
x = a
b
2
u
2
+a
2
v
2
b
2
u
2
a
2
v
2
y = b
2abuv
b
2
u
2
a
2
v
2
Der Fall u = 0 entspricht der Tangente im Punkt P(a, 0). F ur u ,= 0 erhalt man den
zweiten Schnittpunkt der Geraden mit der Hyperbel. Daher konnen wir nun t :=
av
bu
setzen
und erhalten mit
x = a
1 +t
2
1 t
2
y = b
2t
1 t
2
eine Parameterdarstellung f ur rationale Punkte auf der Hyperbel. F ur t Q beschreibt
diese Darstellung sogar alle rationalen Punkte (auer P) der Hyperbel.
Diese Parameterdarstellung hat zusatzlich eine schone geometrische Eigenschaft: Wenn
wir den Parameter t mit konstanter Schrittweite in einem Intervall [0, t
max
] verandern, so
liegen die Punkte im Bereich der groten Kr ummung am dichtesten (vgl. Abbildung 9.7).
Es gen ugt nat urlich, nur Punkte f ur einen Halbast der Hyperbel zu berechnen, die ubrigen
ergeben sich durch Spiegelung an x- und y-Achse.
Auch f ur die anderen Kegelschnitt kann man in ahnlicher Weise Parameterdarstellungen
angeben. Die Darstellungen der rationalen Punkte auf den Kegelschnitten Ellipse, Hyperbel
186 KAPITEL 9. GRAFISCHE AUSGABE
Abbildung 9.7: Approximation eines Hyperbelhalbastes durch ein Polygon mit 20 Punkten
und Parabel sind im Folgenden angef uhrt.
Kegelschnitt Gleichung Parameterdarstellung
Ellipse
x
2
a
2
+
y
2
b
2
= 1
1
1 +t
2
_
a(1 t
2
)
2bt
_
, < t <
Hyperbel
x
2
a
2
y
2
b
2
= 1
1
1 t
2
_
a(1 +t
2
)
2bt
_
, < t <
Parabel y
2
= 2px
p
2
_
t
2
2t
_
, < t <
Teil IV
Didaktik
187
Kapitel 10
Anwendung im Unterricht
Nachdem wir uns bisher ausf uhrlich mit den mathematischen und informatischen Grund-
lagen unserers Programmes auseinandergesetzt haben, wollen wir in diesem Kapitel einige
ausgewahlte Anwendungsbeispiele f ur den Mathematikunterricht behandeln.
Unser Programm ist so konzipiert, dass Geometrie und Algebra einander als gleich-
wertige Partner gegen uberstehen (vgl. [8]). Aus diesem Grund wollen wir ihm auch den
Namen GeoGebra f ur Geometrie und Algebra geben. Im Folgenden werden wir Beispiele
vorstellen, die sowohl als geometrische wie auch algebraische Probleme behandelt werden
konnten. Mit GeoGebra lassen sich beide Sichtweisen verbinden.
Eine kurze Einf uhrung in die Bedienung und Syntax der Befehle von GeoGebra ist im
Anhang (pp.205) zu nden.
10.1 Geraden und lineare Gleichungen
In der 4. Klasse der AHS Unterstufe werden lineare Gleichungen mit zwei Unbekannten
behandelt.
10.1.1 Lineare Funktionen
Dazu f uhrt man zunachst lineare Funktionen in der expliziten Form y = kx+d ein (vgl. [15,
pp.100]). Solche Funktionen werden sodann auch grasch als Geraden dargestellt und die
Parameter k und d geometrisch interpretiert. k ist die Steigung der Geraden und d der
Abschnitt auf der y-Achse.
Die grasche Darstellung linearer Funktionen erfolgt auf zwei Arten: Entweder durch
Vorgabe zweier Punkte (vgl. 10.1.3) oder durch Einzeichnen des Steigungsdreiecks und des
Abschnitts d auf der y-Achse.
Im Zusammenhang mit linearen Gleichungen in zwei Variablen wird auch die implizite
Geradengleichung ax +by = c; a, b, c R eingef uhrt.
Beispiel. [15, 464a]:
1. Forme die gegebene Gleichung so um, dass du die Form y = kx +d erhaltst!
189
190 KAPITEL 10. ANWENDUNG IM UNTERRICHT
2. Wie gro sind die Steigung k und der Abschnitt d auf der y-Achse der zugehorigen
Geraden?
3. Zeichne die Gerade in einem geeignet gewahlten Koordinatensystem!
2x +y = 5
In GeoGebra konnen wir die Gleichung 2x + y = 5 einfach in der Eingabezeile eintip-
pen. Nach Dr ucken der Eingabetaste erscheinen die Gleichung im Algebrafenster und ihre
entsprechende Gerade im Geometriefenster. Um die explizite Schreibweise y = kx + d zu
erhalten, klicken wir mit der rechten Maustaste auf die Gleichung und wahlen im erschei-
nenden Kontextmen u den Eintrag Gleichung y = k x + d (siehe Abbildung 10.1).
Abbildung 10.1: Gleichung 2x +y = 5
Danach wird die Gleichung als y = 2x + 5 angezeigt, woraus k = 2 und d = 5
abgelesen werden konnen.
10.1.2 Lineare Gleichungssysteme
Ein Gleichungssystem mit zwei linearen Gleichungen in zwei Variablen kann zunachst durch
Interpretation der beiden Gleichungen als Geraden grasch gelost werden.
10.1. GERADEN UND LINEARE GLEICHUNGEN 191
Beispiel. [15, 468b]: Ermittle grasch die Losung des gegebenen Gleichungssystems! F uhre
die Probe jeweils durch Einsetzen in beide Gleichungen aus!
6x + 7y = 45
8x 3y = 23
In GeoGebra geben wir beide Gleichungen nacheinander in die Eingabezeile ein. Aus
dem Geometriefenster lesen wir die Koordinaten (4, 3) des vermuteten Schnittpunktes ab
(Abbildung 10.2).
Abbildung 10.2: Gleichungssystem in zwei Variablen
Auch bei der Probe unterst utzt uns GeoGebra . Dazu legen wir zunachst den Punkt A
= (4,3) an und fragen mittels Beziehung[A, g] und Beziehung[A, h], ob der Punkt A
tatsachlich auf den Geraden g und h liegt (Abbildung 10.3).
Im Unterricht werden nat urlich auch rechnerische Losungsverfahren vorgestellt. Diesen
entspricht in GeoGebra der Befehl Schneide[g, h] bzw. der Modus Schneide zwei Objekte
(vgl. V, p.205).
10.1.3 Gerade durch zwei Punkte
Wir haben bereits erwahnt, dass eine lineare Funktion durch Berechnung zweier Punkte
ihres Graphen gezeichnet werden kann. Interessant ist auch die Umkehrung:
192 KAPITEL 10. ANWENDUNG IM UNTERRICHT
Abbildung 10.3: Probe eines Gleichungssystems in zwei Variablen
Stelle jeweils die Gleichung einer Geraden g auf, deren Graph durch die gege-
benen Punkte verlauft! [15, p.118]
In [15, p.118] ist hierzu ein Musterbeispiel vorgerechnet, bei dem wie folgt argumentiert
wird:
Uberlege: Beide Punkte P und Q m ussen die allgemeine Form der Gleichung
der Geraden erf ullen: y = kx + d. Es entsteht ein Gleichungssystem mit den
Variablen k und d.
Betrachten wir die Situation mit GeoGebra f ur die Punkte P = (-2,0) und Q = (3,2).
Legen wir nun die Gerade durch beide Punkte (Modus Gerade durch zwei Punkte oder
Befehl Gerade[Q, P]) und stellen ihre Gleichung in expliziter Form dar (Kontextmen u mit
rechter Maustaste). Wir erhalten so die explizite Geradengleichung y = 0.4x +0.8 mit der
Steigung k = 0.4 und dem Abschnitt d = 0.8 auf der y-Achse (Abbildung 10.4).
Als Nachstes untersuchen wir, was passiert, wenn der Punkt Q verschoben wird. Dazu
wechseln wir in den Modus Bewegen und ziehen Q mit der Maus. Dabei lasst sich die
Veranderung der Koezienten k und d beobachten. Verschieben wir nun Q an die Stelle
(2, 5). Je naher wir dieser Stelle kommen, umso groer wird die Steigung k. Sind wir
jedoch genau dort angekommen, so verschwindet k plotzlich und die Gerade g erhalt die
Gleichung x = 2 (Abbildung 10.5).
10.1. GERADEN UND LINEARE GLEICHUNGEN 193
Abbildung 10.4: Gerade durch zwei Punkte
Abbildung 10.5: Vertikale Gerade durch zwei Punkte
194 KAPITEL 10. ANWENDUNG IM UNTERRICHT
Dieses Ergebnis mag einen Sch uler verwundern und ihn motivieren, der Sache auf den
Grund zu gehen. Warum hat die Geradengleichung plotzlich nicht mehr die Form y =
kx + d? Hat GeoGebra vielleicht einen Fehler gemacht? Rechnen wir unser Beispiel dazu
durch Einsetzen der Punkte in den allgemeinen Ansatz y = kx +d nach.
P g : 0 = 2k +d
Q g : 5 = 2k +d
Durch Subtraktion dieser beiden Gleichungen kommen wir zu der falschen Aussage
5 = 0 anstelle der erwarteten Losung f ur k. Diese Methode funktioniert hier also nicht.
Oenbar ist nicht jede Gerade in der Form y = kx +d anschreibbar.
Eine Losung dieses Problems konnte uber die Parameterdarstellung der Geraden f uhren,
die jedoch erst in der Oberstufe behandelt wird. Die implizite Form ax +by = c einer Ge-
radengleichung ist jedoch bereits bekannt. Wir konnen nun nochmals den Bewegen Modus
n utzen und den Punkt Q verschieben, wahrend wir uns die implizite Darstellung der Gera-
den g anzeigen lassen. Hierbei wird ersichtlich, dass der Koezient b gegen 0 geht, je steiler
die Gerade wird. Im Fall einer vertikalen Geraden verschwindet schlielich der y-Anteil der
Gleichung ganz. Um aber in die explizite Gleichung umformen zu konnen, m ussten wir
durch b dividieren, was f ur b = 0 nicht moglich ist.
Setzen wir jetzt unsere beiden Punkte nicht in die explizite, sondern in die implizite
Darstellung ax +by = c ein:
P g : 2a = c
Q g : 2a + 5b = c
Die Subtraktion beider Gleichungen liefert b = 0. Die zweite Gleichung wird damit wie
die erste zu 2a = c. Setzen wir etwa a = 1, so erhalten wir die Geradengleichung x = 2.
F ur a = 2 bekommen wir 2x = 4 und so weiter. Hieraus kann sich eine spannende
Diskussion dar uber ergeben, warum die Losungsmengen all dieser Gleichungen dieselbe
Gerade beschreiben.
Durch Experimentieren mit dem Bewegen Modus von GeoGebra sind wir auf ein Pro-
blem gestoen, das den Sch uler zu weiterem Nachdenken anregen kann. Die Moglichkeit,
selber Probleme zu entdeckten, weckt die intrinsische Motivation zur Suche nach einer
Losung. Der Lehrer steht dabei lediglich als Experte f ur Fragen zur Verf ugung oder f uhrt
die Sch uler im Sinne eines sokratischen Gesprachs auf die richtige Fahrte, ohne gleich eine
Losung zu verraten (vgl. [22], [23]).
10.2 Summensatz
In GeoGebra sind auch trigonometrische Funktionen und das innere Produkt von Vekto-
ren verf ugbar. Dies wollen wir uns jetzt f ur die Veranschaulichung der Herleitung eines
Summensatzes zu Nutze machen, welcher in der 6. Klasse AHS behandelt wird.
10.2. SUMMENSATZ 195
Beispiel. [21, 1244]: Wir wollen eine Formel f ur cos( ) herleiten. Wir wahlen im
Einheitskreis zwei beliebige Winkel und betrachten die zugehorigen Einheitsvektoren:
e
=
_
cos
sin
_
w =
_
cos
sin
_
Nun bilden wir das skalare Produkt dieser beiden Vektoren:
e
= cos cos + sin sin
e
= [
e
[ [
e
[ cos( ) =
= 1 1 cos( ) =
= cos( )
Damit ist eine Formel hergeleitet. Sie ist ein Teil des ersten Summensatzes:
cos( ) = cos cos + sin sin
Diese Vorgangsweise wollen wir jetzt visualisieren. Dazu legen wir zunachst zwei be-
liebige Winkel an, etwa alpha = 70
und beta = 20
Uberschreiben des aktuellen Wertes durch Eingabe von beispielsweise alpha = 120
. An-
dererseits durch Markieren des Winkels im Algebrafenster und Betatigen der + bzw. - Ta-
ste. Im letzteren Fall konnen wir durch Gedr uckthalten der Taste eine Animation erzeugen.
Zum Vergleich der beiden Zahlen ist es auch moglich, GeoGebra zu befragen, indem
man den Befehl Beziehung[ip, z] verwendet (Abbildung 10.7).
Es ist auch moglich, die Zahlen
e
e
und cos( ) selbst geometrisch darzustel-
len. Erstellen wir dazu zusatzlich die Punkte A = (1; alpha), B = (1; beta) und den
Ursprung O = (0,0). Nun legen wir mittels g = Gerade[B, O] eine Gerade durch B und
O. Dazu erstellen wir die Senkrechte durch A mit h = Senkrechte[A, g]. Die Eingabe
A0 = Schneide[g,h] liefert uns den Schnittpunkt der beiden Geraden. Zu guter Letzt be-
rechnen wir die Distanz z
0
zwischen dem Nullpunkt und A
0
durch z0 = Abstand[O, A0].
Das Ergebnis dieser Konstruktion ist in Abbildung 10.8 zu sehen. Die Geraden und den
Schnittpunkt kann man nat urlich auch mit der Maus erzeugen (vgl. praformales Beweisen
in [7]).
Der Abstand z
0
ist gleich gro wie die Zahlen z und ip - warum? Betrachten wir das
rechtwinkelige Dreieck
A,O,A
0
. Der Winkel (A, O, A
0
) entspricht . Der Cosinus
196 KAPITEL 10. ANWENDUNG IM UNTERRICHT
Abbildung 10.6: Summensatz cos( ) = cos cos + sin sin
Abbildung 10.7: Vergleich des inneren Produkts mit cos( )
10.2. SUMMENSATZ 197
Abbildung 10.8: Geometrische Darstellung der
Aquivalenz
Abbildung 10.9: z
0
= z = ip f ur 90
e
[ = z
0
/1 = z
0
.
Auch das innere Produkt
e
e
lasst sich geometrisch interpretieren. Es entspricht
der Lange der Normalprojektion von
e
auf
e
(vgl. Abbildung 3.4, p.18). Genau diese
Projektion haben wir gerade mit Hilfe der Senkrechten h konstruiert.
Genau genommen gilt z
0
= [z[ = [ip[. F ur 90
alpha = pi / 3
GeoGebra rechnet intern ubrigens immer in Radiant. Das Symbol
steht eigentlich f ur
die multiplikative Konstante pi/180 und rechnet Grad in Radiant um.
B.2.2 Punkte und Vektoren
Punkte und Vektoren werden in cartesischen oder in Polarkoordinaten (B.2.1) eingegeben.
Grobuchstaben kennzeichnen Punkte und Kleinbuchstaben Vektoren.
cartesische Koordinaten Polarkoordinaten
Punkt P P = (2, 0) P = (2; 0
)
Vektor v v = (0, 5) v = (5; 90
)
B.2. DIREKTE EINGABE 211
B.2.3 Gerade
Geraden werden als Gleichung in x und y oder in Parameterdarstellung angegeben. In
beiden Fallen konnen zuvor denierte Variablen (Zahlen, Punkte, Vektoren, . . . ) verwen-
det werden. Der Name einer Geraden kann am Beginn gefolgt von einem Doppelpunkt
angegeben werden.
Gleichung Parameterdarstellung
Gerade g g : 3x + 4y = 2 g : X = (-5, 5) + t (4, -3)
Seien beispielsweise k=2 und d=-1 bereits denierte Zahlen. Dann kann eine Gerade
auch als g : y = k x + d eingegeben werden.
B.2.4 Kegelschnitt
Kegelschnitte werden mittels einer quadratischen Gleichung in x und y angegeben. Dabei
konnen zuvor denierte Variablen (Zahlen, Punkte, Vektoren, . . . ) verwendet werden. Der
Name eines Kegelschnitts kann am Beginn gefolgt von einem Doppelpunkt angegeben
werden.
Gleichung
Ellipse ell ell : 9x
2
+ 16y
2
= 144
Hyperbel hyp hyp : 9x
2
16y
2
= 144
Parabel par par : y
2
= 4x
Kreis k1 k1 : x
2
+y
2
= 25
Kreis k2 k2 : (x 5)
2
+ (y + 2)
2
= 25
Seien beispielsweise a=4 und b=3 bereits denierte Zahlen. Dann kann eine Ellipse mit
diesen Halbachsenlangen auch als ell : b
2
x
2
+a
2
y
2
= a
2
b
2
eingegeben werden.
B.2.5 Arithmetische Operationen
Bei der Eingabe von Zahlen, Punktkoordinaten oder Gleichungen (B.2) konnen geklam-
merte arithmetische Ausdr ucke mit Variablen verwendet werden. Dazu sind folgende Ope-
rationen verf ugbar:
212 ANHANG B. ALGEBRAISCHE EINGABE
Operation Eingabe
Addition +
Subtraktion -
Multiplikation, Skalarprodukt * oder Leerzeichen
Division /
Potenzieren ^ oder
2
,
3
Klammern ( )
Absolutbetrag abs( )
Signum sgn( )
Wurzel sqrt( )
Exponentialfunktion exp( )
Logarithmus (nat urlicher) log( )
Cosinus cos( )
Sinus sin( )
Tangens tan( )
Arcus Cosinus acos( )
Arcus Sinus asin( )
Arcus Tangens atan( )
Der Mittelpunkt M zweier Punkte A und B konnte beispielsweise als M = (A + B)/2
eingegeben werden. Die Lange eines Vektors v konnte mittels l = sqrt(v * v) bestimmt
werden.
In GeoGebra kann also nicht nur mit Zahlen, sondern auch mit Punkten und Vektoren
gerechnet werden.
B.3 Befehle
Mit Hilfe von Befehlen konnen neue Objekte erzeugt oder bestehende verandert wer-
den. Zum Beispiel entsteht beim Schneiden der Geraden g und h ein neuer Schnittpunkt:
S = Schneide[g, h] (B.3.4).
Das Ergebnis eines Befehls kann benannt werden, indem man den Namen am Beginn
gefolgt von einem = angibt. Im Beispiel S = Schneide[g, h] bekommt der Schnittpunkt
der beiden Geraden also den Namen S.
B.3.1 Allgemeine Befehle
Beziehung
Beziehung[ Objekt a, Objekt b ] zeigt ein Informationsfenster an, das Auskunft uber
die Beziehung von a und b gibt.
B.3. BEFEHLE 213
Mit diesem Befehl kann man beispielsweise herausnden, ob zwei Objekte gleich sind, ob
ein Punkt auf einer Geraden oder einem Kegelschnitt liegt, oder wie das Schnittverhalten
einer Geraden und eines Kegelschnitts ist (Sekante, Passante, Tangente, Asymptote, . . . ).
Losche
Losche[ Objekt ] Loscht ein Objekt und alle davon abhangigen
B.3.2 Zahl
Lange
Lange[ Vektor ] Lange eines Vektors
Abstand
Abstand[ Punkt A, Punkt B ] Abstand der Punkte A und B
Abstand[ Punkt A, Gerade g ] Normalabstand des Punktes A von der Geraden g
Abstand[ Gerade g, Gerade h ] Normalabstand der Geraden g und h. F ur schneiden-
de Geraden ist dieser Abstand 0. Diese Funktion ist also nur f ur parallel Geraden
interessant.
Steigung
Steigung[ Gerade ] Steigung einer Geraden
Radius
Radius[ Kreis ] Radius eines Kreises
Parameter
Parameter[ Parabel ] Parameter einer Parabel (Abstand zwischen Leitlinie und Brenn-
punkt)
Hauptachsenlange
Hauptachsenlange[ Kegelschnitt ] Hauptachsenlange eines Kegelschnitts
Nebenachsenlange
Nebenachsenlange[ Kegelschnitt ] Nebenachsenlange eines Kegelschnitts
214 ANHANG B. ALGEBRAISCHE EINGABE
Exzentrizitat
Exzentrizitat[ Kegelschnitt ] Exzentrizitat eines Kegelschnitts
B.3.3 Winkel
Winkel
Winkel[ Vektor, Vektor ] Winkel zwischen zwei Vektoren (zwischen 0 und 360
)
Winkel[ Gerade, Gerade ] Winkel zwischen den Richtungsvektoren zweier Geraden
(zwischen 0 und 360
)
Winkel[ Punkt A, Punkt B, Punkt C ] Der von den Strecken BA und BC eingeschlos-
sene Winkel (zwischen 0 und 180
B B =
C A =
C . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170
8.12 Schleifender Schnitt zweier Geraden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171
9.1 Klassendiagramm eines Observer Design Patterns . . . . . . . . . . . . . . 179
9.2 Model-View-Controller Konzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181
9.3 Quadratische Bezier-Kurve mit Kontrollpunkten . . . . . . . . . . . . . . . 182
9.4 Kontrollpunkte einer Parabel in Hauptlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183
9.5 Approximation eines Hyperbelhalbastes durch ein Polygon mit 6 Punkten . 183
9.6 Schnitt der Geraden g mit der Hyperbel hyp . . . . . . . . . . . . . . . . . 184
9.7 Approximation eines Hyperbelhalbastes durch ein Polygon mit 20 Punkten 186
10.1 Gleichung 2x +y = 5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190
10.2 Gleichungssystem in zwei Variablen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191
10.3 Probe eines Gleichungssystems in zwei Variablen . . . . . . . . . . . . . . . 192
10.4 Gerade durch zwei Punkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193
10.5 Vertikale Gerade durch zwei Punkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193
10.6 Summensatz cos( ) = cos cos + sin sin . . . . . . . . . . . . . . 196
10.7 Vergleich des inneren Produkts mit cos( ) . . . . . . . . . . . . . . . . 196
10.8 Geometrische Darstellung der
Aquivalenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197
10.9 z
0
= z = ip f ur 90
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197
10.10Brennstrecken einer Hyperbel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199
10.11Winkelsymmetrale der Brennstrecken ist Tangente an Hyperbel . . . . . . 199
10.12Brennstrecken mit rechtem Winkel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201
10.13Winkelsymmetrale der Brennstrecken ist Tangente an Hyperbel . . . . . . 202
Index
ahnlich, 26
aueres Produkt, siehe Vektorprodukt
Abbildung
ane, 54
linear, 23
Ableitung, 142
Abstand, 58, 213
Gerade - Gerade, 127
Punkt - Gerade, 125
Achsen, 216
an
Abbildung, 54
Ebene, 46
Gerade, 46
Hyperebene, 46
Koordinatensystem, 46
parallel, 47
Raum, 45
Unterraum, 46
algebraische Vielfachheit, 42
Alphabet, 141
Animation, 210
Anzeigen, 205, 209
Arithmetische Operationen, 211
Asymptote, 88, 216
Hyperbel, 90
asymptotisch, 98
Ausblenden, 205, 209
Automorphismus, 23
axial, 98
Bezier-Kurve, 181
Backus Naur Form, 143
Basis, 20
Orthonormalbasis, 20
Befehle, 212
Ber uhrpunkt, 89
Bewegen, 206
Bewegung, 58
Drehung, 61, 62
eigentliche, 59
Geradenspiegelung, 65
Identitat, 60
Punktspiegelung, 63
Translation, 60
uneigentliche, 59
Beziehung, 206, 212
Bisektor, 124
Bisektor, doppelter, 163
BNF, 143
Brennpunkt, 214
cartesische Koordinaten, 21
charakteristisches Polynom, 40
CubicSolve, 173
De Castlejau, siehe Bezier-Kurve
Determinante, 28
diagonalisierbar, 39
Dimension, 20
Diskriminante, 88
Distanz, siehe Abstand
Doppelgerade, 84
Drehe, 218
Drehung, 61, 62
Dualitat, 113
Durchmesser, 99, 217
Ebene, 46
Eigenraum, 39
224
INDEX 225
geometrische Vielfachheit, 42
eigentlich
orthogonale Matrix, 38
eigentliche Bewegung, 59
Eigenvektor, 39
Eigenwert, 39
algebraische Vielfachheit, 42
Einheitsnormalvektor, 215
Einheitsvektor, 17, 215
Ellipse, 80, 217
Normalform, 69
endlichdimensional, 20
endlicher Punkt, 106
Endomorphismus, 23
diagonalisierbar, 39
orthogonaler, 36
selbstadjungiert, 42
Entfernung, siehe Abstand
Epsilon
Gleichheit, 170
Relaxation of Thresholds, 171
Erzeugende, 88
Euklidischer Vektorraum, 17
Exzentrizitat, 214
F unf-Punkte-Satz, 116
GeoGebra, 189
geometrische Vielfachheit, 42
Gerade, 46, 211, 215
Asymptote, 88
asymptotische Sekante, 88
einfache Tregerade, 88
Erzeugende, 88
Lagebeziehungen, 126
orthogonal, 123
parallel, 123
Passante, 89
Polare, 95
projektive Entsprechung, 111
Schnittpunktgleichung, 88
Tangente, 89
Winkelsysmmetrale, 128
Gerade durch zwei Punkte, 207
Geradengleichung, 123
Geradenpaar, 79
Grammatik, 142
Hauptachse, 216
Hauptachsen, 100
Hauptachsenlange, 213
Hauptrichtung, 100
homogen
Koordinaten, 55, 106
Hyperbel, 80, 217
Asymptoten, 90
Normalform, 69
Hyperebene, 46
Normalvektor, 49
Identitat, 60
Image, 25
inhomogen
Koordinaten, 55, 106
Inneres Produkt, 16
invertierbar, 25
Isometrie, siehe Bewegung
Isometrischer Endomorphismus, siehe Or-
thogonaler Endomorphismus
Isomorphismus, 23
Kegelschnitt, 72, 211, 217
Doppelgerade, 84
Ellipse, 80
F unf-Punkte-Satz, 116
Geradenpaar, 79
Hyperbel, 80
Kurveninvarianten, 74
Leere Menge, 81, 83
Linearkombination, 134
Mittelpunktskegelschnitte, 77
Parabel, 85
parallele Geraden, 84
Punkt, 79
226 INDEX
Kegelschnitt durch 5 Punkte, 208
Kern, 25
kollinear, 47
komplanar, 47
konjugiert, 99
Kontextmen u, 205, 209
Kontinuitat, 163
Kontrollpunkt, siehe Bezier-Kurve
Koordinaten, 20
cartesische, 21, 121
homogen, 55, 106
inhomogen, 55, 106
polar, 121
Polarkoordinaten, 22
Koordinatensystem
an, 46
orthonormal, 46
Koordinatentransformation, 56
Kreis, 129, 217
Kreis durch drei Punkte, 208
Kreis mit Mittelpunkt durch Punkt, 208
Kreuzprodukt, siehe Vektorprodukt
Kubische Gleichung, 173
numerische Berechnung, 175
Kurve zweiten Grades, 72
Kurveninvarianten, 74
Lange, siehe Norm, 213
Losche, 213
Lagebeziehungen von Geraden, 126
Leitlinie, 216
linear
Abbildung, 23
abhangig, 19
Gleichungssystem, 31
H ulle, 19
Linearkombination, 19
unabhangig, 19
lineare Abbildung
Image, 25
Kern, 25
lineares Gleichungssystem
homogen, 31
inhomogen, 31
Linearform, 23
Linearkombination, 19
Matrix
ahnliche Matrizen, 26
charakteristisches Polynom, 40
Determinante, 28
diagonalisierbar, 39
eigentlich orthogonale, 38
invertierbar, 25
orthogonal, 36, siehe Orthogonaler En-
domorphismus
Rang, 31
relativ zu einer Basis, 24
Spur, 30
symmetrisch, 42
transponiert, 25
uneigentlich orthogonale, 38
Minor, 28
Mittelpunkt, 77, 121, 214
Model-View-Controller, 179
Nahe-Beziehung, 165
Nebenachse, 216
Nebenachsenlange, 213
Neuer Punkt, 206
Norm, 17
numerische Berechnung, 172
Normalvektor, 18, 49, 215
Normalvektorform, 49
Normierung, 72
Observer Pattern, 179
ONB, siehe Orthonormalbasis
Orthogonaler Endomorphismus, 36
Orthonormalbasis, 20
Parabel, 85, 217
Normalform, 70
INDEX 227
parallel, 19, 47
Parallele Gerade, 207
Parameter, 213
Parameterdarstellung, 47
rationale von Kegelschnitten, 183
partikulare Losung, 32
Passante, 89
Pol, 95
Polare, 95, 216
in Richtung von v, 99
projektive, 118
Polaritat, 113
Polarkoordinaten, 22
Produkt
aueres, siehe Vektorprodukt
inneres, 16
Produktion, 142
projektiv
Ebene, 104
Gerade, 104
Punkt, 104
Raum, 104
Unterraum, 104
Punkt, 210
endlich, 106
in allgemeiner Lage, 47
kollinear, 47
komplanar, 47
Pol, 95
unendlich fern, 106
Quadratische Gleichung
numerische Berechnung, 173
Quadrik, 113
ausgeartet, 114
F unf-Punkte-Satz, 116
Linearkombination, 134
Radius, 213
Rang, 31
Raum
an, 45
projektiv, 104
Vektorraum, 15
Regel, 142
Relaxation of Thresholds, 171
Richtung, 215
asymptotisch, 98
axial, 98
singular, 98
Richtungsraum, 46
Scheitel, 100, 214
Schneide, 214
Schneide zwei Objekte, 206
Schnitt
Gerade - Gerade, 109
Gerade - Kegelschnitt, 88
Kegelschnitt - Kegelschnitt, 137
schleifender, 170
Schnittpunktgleichung, 88
Schnittwinkel, 127
Sekante
asymptotische, 88
selbstadjungiert, siehe Endomorphismus
Senkrechte, 216
Senkrechte Gerade, 207
singular, 98
Singularitat, 166
Skalarprodukt, siehe Inneres Produkt, 211
Spiegelung
Geradenspiegelung, 65
Punktspiegelung, 63
Spiegle, 218
Sprache, 141
Spur, 30
Standardbasis, 21
Startvariable, 142
Steigung, 123, 213
Strahl, 104
Streckensymmetrale, 124, 207, 216
Summe, siehe Verbindungsraum
Tangente, 89, 92, 216
228 INDEX
durch einen Punkt, 92
Tangenten an Kegelschnitt, 207
Tangentialkegelschnitt, 92
Terminalalphabet, 142
Translation, 60
transponiert, 25
Tregerade
einfache, 88
Umbennen, 210
uneigentlich
orthogonale Matrix, 38
uneigentliche Bewegung, 59
unendlich ferner Punkt, 106
Untervektorraum, 19
Variable, 142
Vektor, 210, 215
Vektor zwischen zwei Punkten, 206
Vektorprodukt, 50
Vektorraum, 15
Dimension, 20
endlichdimensional, 20
euklidischer, 17
Summe, siehe Verbindungsraum
Untervektorraum, 19
Verbindungsraum, 19
Verbindungsraum, 19
Verschiebe, 218
Verschiebe Zeichenblatt, 206
Verschiebung, siehe Translation
Vielfachheit
algebraische, 42
geometrische, 42
Werte andern, 209
Winkel, 18, 210, 214
Winkelfunktionen, 211
Winkelsymmetrale, 207, 216
Winkelsysmmetrale, 128
Wort, 141
Wurzel, 211
Zahl, 210