Dieselmotor Einspiritzratenformungen...
Dieselmotor Einspiritzratenformungen...
Dieselmotor Einspiritzratenformungen...
Doktor-Ingenieurs
genehmigte Dissertation
von
2004
1. Referent: Prof. Dr.-Ing. habil. G.P. Merker
Kurzfassung
Die Verbrennung und Schadstoffbildung bei Dieselmotoren mit Direkteinspritzung
sind stark abhängig von der Güte der Gemischbildung. Die Anforderungen an mo-
derne Einspritzsysteme als Mittel zur Emissions- und Verbrauchsreduzierung neh-
men daher stark zu. Zur verbesserten Vermischung von Kraftstoff und Luft im Zylin-
der wird neben steigenden Einspritzdrücken zunehmend eine hohe Flexibilität des
zeitlichen Verlaufes der Kraftstoffeinbringung und eine hohe Reproduzierbarkeit ge-
fordert. Die vorliegende Arbeit beschreibt ein sehr flexibles Forschungseinspritzsys-
tem, das eine Vielzahl an Freiheitsgraden zur Formung des Einspritzverlaufes bereit-
stellt. Auf Grund der direkten Betätigung der Düsennadel des Einspritzventils durch
einen Piezoaktuator kann über einen definierten quasistationären Nadelhub die Ein-
spritzrate limitiert werden. Zusätzlich wird eine Druckmodulation eingesetzt, die in-
nerhalb des Einspritzzeitfensters den Leitungsdruck so variiert, dass sich die gleiche
Einspritzrate wie bei der nadelsitzgedrosselten Einspritzung einstellt. Neben der hyd-
raulischen Vermessung des Einspritzsystems wurden motorische Untersuchungen
an einem drallfreien Forschungseinzylindermotor mit 2 l Zylinderhubvolumen und
Vierventiltechnik durchgeführt. Das Aggregat wurde vorrangig in besonders rußkriti-
schen Hochlastpunkten betrieben. Um das Potential des Einspritzsystems zu nutzen,
wurden im Vergleich zur Referenz eines Rechteck-Einspritzverlaufes eine Boot- und
zwei Rampenformen unterschiedlicher Anfangssteigung untersucht. Die Generierung
dieser Einspritzratenformen erfolgte auf den zwei Wegen Nadelsitzdrosselung und
Druckmodulation, um eine separierte Betrachtung der differenten hydraulischen Ef-
fekte zu ermöglichen. Der Fokus liegt in der gezielten Untersuchung der Begrenzung
der eingebrachten Kraftstoffmasse in der Frühphase der Einspritzung, um die Roh-
emissionen bei vergleichbarem Kraftstoffverbrauch ohne AGR senken zu können.
Bei stark durch Nadelsitzdrosselung dominierten Einspritzvorgängen wird eine erhöh-
te Ruß-Emission beobachtet. Die besten Ergebnisse in allen untersuchten Betriebs-
punkten werden mit einer druckmodulierten schnellen Rampenform erreicht. Hier
wird ein klarer Trend zur simultanen Reduzierung der NOx- und Schwarzrauch-
Emission bei nahezu gleichem oder leicht gesenktem Kraftstoffverbrauch beobach-
tet. Zusätzlich kann ein starker unabhängiger Einfluss zur Absenkung der Ruß-
Emission durch den Einsatz einer angelagerten Nacheinspritzung unter hohem Druck
nachgewiesen werden.
Abstract
In direct injection diesel engines the fuel atomisation process strongly affects com-
bustion and exhaust emissions. The demands on modern injection systems concern-
ing a minimization of emissions and fuel consumption are significant driving forces for
the optimisation of the fuel injection process and the mixing of fuel and air in the cyl-
inder. In addition to a further increase of the maximum injection pressure future injec-
tion systems have to offer a high flexibility of rate shaping as well as high reproduci-
bility. The workout describes a flexible research injection system, which is designed
to provide a multitude of degrees of freedom in shaping the injection rate. Because of
the directly piezo actuated nozzle needle the system features the possibility of a de-
fined needle lift to restrict the flow rate. Additionally a pressure modulation is in use.
Within the period of injection the pipe pressure can be varied to adjust the same in-
jection rate as the needle controlled shape. Beside the hydraulic investigations the
engine related tests are based on a low-swirl single cylinder research engine with 2-
litre displacement and four valves. Prior the powertrain was operated under high load
conditions, which are critical concerning soot emission. To show the potential of the
injection system two ramp-shaped curves (different start slope) and a boot-shaped
curve in addition to a standard rectangle shape were investigated. The generation
was achieved needle and pressure controlled to allow a separate consideration of dif-
ferent hydraulic effects. The goal was to investigate the influence of a lower injected
fuel quantity during the first phase of the injection period to achieve low exhaust raw
emissions without EGR at a comparable fuel consumption. Cavitation effects based
on throttling of fuel in the needle seat area were discovered as the reason for a
higher soot emission rate. The best emission results in all operation points are
achieved with the fast ramp shaped pressure modulated injection curves. There is a
clear trend to a simultaneous reduction of NOx and soot emissions in combination
with approximately constant or lightly improved fuel consumption. In addition a big
independent impact for a significant reduction of the soot emission with a coupled
post injection under high pressure is shown.
Keywords: diesel engine, injection rate shaping, pressure modulation, needle seat
throttling, post injection
Vorwort III
Vorwort
Die vorliegende Arbeit entstand während meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mit-
arbeiter am Institut für Technische Verbrennung der Universität Hannover.
Mein besonderer Dank gilt Herrn Prof. Dr.-Ing. habil. G. P. Merker für die wissen-
schaftliche und persönliche Betreuung bei der Durchführung dieser Arbeit sowie für
die Übernahme des Hauptreferates.
Herrn Prof. Dr.-Ing. U. Spicher danke ich herzlich für das entgegengebrachte Inte-
resse an der Arbeit und für die Übernahme des Korreferates. Ebenso möchte ich
Herrn Prof. Dr.-Ing. G. Poll für die Übernahme des Prüfungsvorsitzes danken.
Ich danke weiterhin den Mitarbeitern des Instituts für Technische Verbrennung, die
vor allem durch ihr überaus kollegiales Verhalten zum Gelingen dieser Arbeit beige-
tragen haben. Dazu gehören die wissenschaftlichen Mitarbeiter, die Techniker, das
Personal der elektrotechnischen und mechanischen Werkstatt sowie die zahlreichen
studentischen Hilfskräfte und Studien-/ Diplomarbeiter.
Für die finanzielle Unterstützung und die gute Zusammenarbeit möchte ich mich bei
der Abteilung TWV der MTU-Friedrichshafen GmbH und insbesondere bei Herrn Dr.-
Ing. M. Willmann bedanken.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungen und Formelzeichen............................................................................V
1 Einleitung .......................................................................................................... 1
2 Stand der Technik............................................................................................. 2
2.1 Dieselmotorische Gemischbildung ............................................................. 2
2.2 Dieselmotorischer Verbrennungsablauf...................................................... 8
2.3 Schadstoffbildung..................................................................................... 10
2.4 Einflussfaktoren auf die Gemischbildung und Verbrennung ..................... 15
2.5 Nfz-Einspritzsysteme................................................................................ 21
2.6 Untersuchungen zur Einspritzratenformung ............................................. 29
2.7 Fazit und Aufgabenstellung ...................................................................... 39
3 Versuchsaufbau .............................................................................................. 42
3.1 Forschungseinspritzsystem des ITV......................................................... 42
3.2 Einspritzverlaufsindikator (EVI) ................................................................ 53
3.3 Düsensacklochdruckmessung.................................................................. 54
3.4 Forschungseinzylindermotor .................................................................... 58
3.5 Prüfstandsperipherie und Messtechnik..................................................... 60
3.6 Auswertung und Verifikationsrechnung .................................................... 64
5 Zusammenfassung ......................................................................................... 99
6 Ausblick......................................................................................................... 101
7 Literaturverzeichnis...................................................................................... 103
8 Anhang .......................................................................................................... 112
Abkürzungen und Formelzeichen V
Abkürzungen
abs absolut
AB Ansteuerbeginn
AGR Abgasrückführung
AMESim Advanced Modelling Environment for performing Simulations of
engineering systems
AP Arbeitspaket
APCRS Amplified Piston Common Rail System
ASP Arbeitsspiel
AVL Anstalt für Verbrennungskraftmaschinen Prof. List
BB Blow-by
BP Betriebspunkt
BR Baureihe
BV Brennverlauf
const. konstant, Konstante
CFD Computational Fluid Dynamics
CR Common-Rail-Einspritzsystem
CFR Code of Federal Regulations (Sammlung der US Vorschriften)
CO Kohlenmonoxid
CO2 Kohlendioxid
DBV Durchflussbegrenzungsventil
DE, DI Direkteinspritzung (direct injection)
DIN Deutsches Institut für Normung
DM Druckmodulation
DVA Druckverlaufsanalyse
EB Einspritzbeginn
EC Europäische Kommission
ECE Economic Commission for Europe
EPA Environmental Protection Agency (Umweltbehörde der USA)
EU Europäische Union
EVI Einspritzverlaufsindikator
FEZ Forschungseinzylinder (aggregat)
FI2RE Flexible Injection and Ignition for Rapid Engineering
FSN Filter-Schwärzungszahl (filter smoke number)
Gl. Gleichung
HBM Hottinger Baldwin Messtechnik
HC Kohlenwasserstoffe
HD Hochdruck
HE Haupteinspritzung,
hydroerosiv (verrundete Einspritzdüsen)
HEUI Hydraulic Electronic Unit Injector
Abkürzungen und Formelzeichen VI
Lateinische Symbole
A Querschnitt, Fläche [m2],
Variable [-]
a Schallgeschwindigkeit [m/s],
B Variable [-]
be spezifischer Kraftstoffverbrauch [g/kWh]
bi indizierter Kraftstoffverbrauch [g/kWh]
cx Volumenkonzentration der Komponente x [%]
d Durchmesser [m]
Abkürzungen und Formelzeichen VII
Griechische Symbole
α Düsennadelspitzenwinkel [°]
χ Nadelsitzwinkel [°]
∆ Differenz [-]
ε Verdichtungsverhältnis [-]
φ Spraykegelwinkel [°]
ϕ Kurbelwinkel [-]
ϕL relative Feuchte der Ansaugluft [%]
γ Abweichungswinkel der zweiten Umlaufkante der Düsennadel [°]
Abkürzungen und Formelzeichen VIII
Indizes
0 Anfangszustand (Ruhezustand)
a erste Umlaufkante der Düsennadel,
Abg Abgas
D Düse,
Dampf
E Emission,
EB Einspritzbeginn
EE Einspritzende
e effektiv
eff effektiv
ft feucht
fuel Kraftstoff
g gasförmig
ges gesamt
I Injektor
i indiziert,
Laufvariable
K Kraftstoff
k kritisch
kor korrigiert
L Ladeluft,
Leitung
Lo Spritzloch
m mittleres, Mittel,
max Maximum
min Minimum
N Düsennadel
Abkürzungen und Formelzeichen IX
Ra äußere Drossellinie
r rücklaufend (Druckwelle)
ref referenziert
rel relativ
Si Düsennadelsitz
Sl Düsensackloch
T Tropfen
tr trocken
tripel Tripelpunkt
v vorlaufend (Druckwelle)
vL vorlaufende Druckwelle der Leitung
vSl vorlaufende Druckwelle im Düsensackloch
W Wasser, Kühlflüssigkeit
x beliebige Stelle
Zyl Zylinder
Z Zündung (Maximalwert im ASP)
1 Einleitung 1
1 Einleitung
Der Verbrennungsmotor steht im Zielkonflikt zwischen geringen Abgasemissionen
und hoher Wirtschaftlichkeit. Dies trifft insbesondere auf den Nutzfahrzeug-
Dieselmotor zu. Die ökologische Notwendigkeit stetiger Emissionsreduktion erzwingt
eine drastisch verschärfte Gesetzgebung. Die Einhaltung immer schärferer Emissi-
onsgrenzwerte hatte jedoch bereits in der Vergangenheit eine Erhöhung des Kraft-
stoffverbrauchs zur Folge. Als besonders kritisch gilt beim Dieselmotor das gegenläu-
fige Verhalten der Hauptschadstoffkomponenten NOx und Ruß. Aktuell werden ne-
ben innermotorischen Maßnahmen auch Abgasnachbehandlungskonzepte verfolgt.
Da die umsetzbaren Konversionsraten dieser Systeme auch einer Begrenzung unter-
liegen, kommt der Reduktion der Rohemission eine besondere Bedeutung zu.
Drosselsystem Einspritzdüse
Die wesentliche Schnittstelle zwischen Brennraum und Einspritzsystem stellt die ex-
emplarisch in Bild 2-1 dargestellte Einspritzdüse dar. In den meisten Fällen werden
2 Stand der Technik 3
Bei Dieselmotoren mit Direkteinspritzung werden hauptsächlich die zwei in Bild 2-2
dargestellten Bauformen der Sackloch- und Sitzlochdüsen eingesetzt. Die Sackloch-
düse verfügt über ein zusätzliches Schadvolumen in der Düsenkuppe zwischen dem
Nadelsitz und dem Spritzlocheintritt. Auf Grund des bei der Sacklochdüse vergrößer-
ten Abstands zwischen dem Nadelsitz und dem Spritzlocheintritt wirken sich radiale
Bewegungen der Düsennadelspitze nicht direkt durchflussbegrenzend auf einzelne
Spritzlöcher aus. Bei Sitzlochdüsen führt ein solches Nadeltaumeln zu unterschied-
lich ausgebildeten Strahlkeulen mit stark variierenden Strahleindringtiefen und Ein-
zeleinspritzmengen [LBS99]. Dem Vorteil der besseren Strahlsymmetrie der Sack-
2 Stand der Technik 4
Gemäß Bild 2-3 kann die Einspritzdüse vereinfacht als ein Zweidrosselsystem be-
schrieben werden [Bus01][Bad99]. Bei voll geöffneter Düsennadel bildet die Ge-
samtanzahl n der Einspritzlöcher mit der Fläche ASl die Hauptdrosselstelle der Düse-
ninnenströmung. Für kleine Nadelhübe während der Öffnungs- und Schließphase be-
findet sich die Hauptdrosselstelle im Nadelsitzbereich. Die durchströmte Quer-
schnittsfläche im Nadelsitzbereich ASi ist dabei abhängig von der Sitzgeometrie, der
Nadelspitzenkontur und dem zeitlich veränderlichen Nadelhub hN. Während der
Spritzlochquerschnitt ASl unveränderlich ist, vergrößert sich die Kegelstumpfmantel-
fläche ASi bei zunehmendem Nadelhub. Während der frühen Öffnungsphase stellt
sich im Sackloch auf Grund der geringeren Ringspaltfläche ein gedrosselter Ein-
spritzdruck ein (Nadelsitzdrosselung) [Ste04]:
π ⋅ d a ⋅ hN χ h χ χ χ
ARa = ⋅ sin ⋅ 1 + N sin ⋅ cos − sin 2 ⋅ tan γ . Gl. 2-1
cos γ 2 da 2 2 2
In den Arbeiten von [Har87] [Bus02] ist dargestellt, wie die strömungsbestimmende
Querschnittsfläche in der Sitzdrosselphase entlang der Nadelkontur nach Glei-
chung 2-1 numerisch bestimmt werden kann. Die daraus resultierenden Quer-
schnittsverläufe in Form einer Kegelstumpfmantelfläche als Funktion des Nadelhubs
ermöglicht die Vorhersage der Position der Hauptdrosselstelle während einer Ein-
spritzung und damit eine Differenzierung der maßgeblichen Effekte der Einspritzra-
tenbegrenzung.
Die Einspritzstrahlen treten mit hoher Geschwindigkeit aus der Einspritzdüse aus,
zerfallen infolge der hohen Relativgeschwindigkeit zur umgebenden hochverdichte-
ten Luft und der hohen Turbulenz im Strahl in kleine Tröpfchen, die mit fortschreiten-
dem Eindringen in den Brennraum zerstäubt werden. Die Druckenergie der Flüssig-
keit wird beim Durchfließen der Einspritzöffnung in Strömungsenergie umgesetzt. Die
Gemischbildungsenergie ist definiert als die Summe von Einspritz- und Luftenergie.
2 Stand der Technik 6
Bild 2-4 stellt die für die Beschreibung der dieselmotorischen Kraftstoffzerstäubung
wichtigen Strahlgrößen dar. Dargestellt ist die Düsenspitze mit Düsennadel, Nadel-
sitz, Sack- und Spritzloch. Der Kraftstoffstrahl besteht bei einer Lochdüse aus einem
dichten Flüssigkeitskernstrahl, der von Flüssigkeitsligamenten und Tropfen umgeben
ist. Die Turbulenz der Strömung sowie die durch Implosion von Kavitationsblasen
hervorgerufenen Kräfte bewirken einen Primärzerfall des Strahls [Bau03]. Die turbu-
lente kinetische Energie, die durch den Einspritzstrahl in den Brennraum eingebracht
wird, besitzt den maßgeblichen Anteil der kinetischen Energie der Verbrennungsluft.
Das Strömungsfeld im Zylinder gewinnt erst gegen Ende der Einspritzung, wenn der
Strahl bereits stark abgebremst ist, an Bedeutung [Bas04].
Als sekundärer Zerfall gilt das weitere Aufbrechen der Tröpfchen durch die Oberflä-
chenkräfte auf Grund der Relativgeschwindigkeit zwischen Tröpfchen und Brenn-
raumluft. Dieser Zerfall kann durch die Weber-Zahl
ρ g ⋅ dT ⋅ v rel
2
Weg = Gl. 2-2
σ
reichen eine weitere Druckerhöhung nicht länger eine Verringerung des Tropfen-
durchmessers bewirkt [Kro04]. Ab hier führen höhere Einspritzdrücke nur in Kombi-
nation mit kleineren Düsenlochdurchmessern zur gewünschten Tropfenverkleine-
rung. Darüber hinaus sind Temperatur und Gasdichte im Brennraum, sowie die phy-
sikalischen Kraftstoffeigenschaften für die Güte der Zerstäubung maßgeblich. Je
nach Einspritzdruck treten unter Brennraumbedingungen mittlere Tropfendurchmes-
ser von 10 bis 100 µm auf [Mol02] [Bas04].
Kavitation
Unter Kavitation wird die Entstehung von p 1 Sublimationskurve
Dampfblasen in hydraulischen Systemen 2 Schmelzdruckkurve
2
durch lokale Druckänderungen und deren Zer- 3 Dampfdruckkurve
fall zusammen mit Erosionseffekten (Kavitati-
fest flüssig
onsverschleiß) verstanden. In den Druckberei- 3
chen heutiger Einspritzsysteme ist der flüssige
Kraftstoff als kompressibel zu betrachten.
1 dampfförmig
Ausgehend von zeitlichen und örtlichen Bil-
dungen von Dampfblasen auf Grund von Un- Ttripel TK T
terdruck durch hochdynamische Fluidbewe-
Bild 2-5: Phasendiagramm [Bus02]
gungen kann es in den anschließenden Über-
druckphasen zum Implodieren dieser Kavitationsgebiete kommen. Der plötzliche
Phasenübergang von der flüssigen zur dampfförmigen Phase ist exemplarisch in Bild
2-5 dargestellt. Finden derartige Vorgänge in der Nähe einer Wand statt, kann die
örtliche hohe Energiedichte mit der Zeit zu einer Aushöhlung der Oberfläche führen.
Da die Gasblasen mit der Strömung transportiert werden, kann die Auswirkung der
Kavitation nicht nur an den Stellen der Blasenbildung auftreten [Bas04]. Neben den
materialschädigenden Effekten fördert die Implosion grundsätzlich den Strahlzerfall.
Nach [Bus02] und [Bad99] wird zwischen Kavitation durch Nadelsitzdrosselung und
Kavitation im Spritzloch unterschieden.
Durch den Öffnungs- und Schließvorgang der Düsennadel verschiebt sich der kleins-
te Strömungsquerschnitt und somit die stärkste Drosselung der Düseninnenströmung
vom Spritzloch- in den Nadelsitzbereich. Die resultierenden Druckgradienten in
Kombination mit einer hohen Beschleunigung der Strömung im Nadelsitz erzeugen
Kavitation durch Nadelsitzdrosselung. Da dieser Effekt systembedingt auf Grund
der transienten Vorgänge beim Nadelöffnen und -schließen nicht verhindert werden
kann, gilt es, durch eine strömungsgünstige Gestaltung der Düsengeometrien, Werk-
stoffschädigungen zu verhindern und in einen unkritischeren Bereich der Düse zu
verlagern. Als unkritische Kavitationsgebiete bzgl. Schädigungen gelten das Sack-
loch sowie der Bereich der Nadelspitze [Ste04] [Bas04].
Bernoulli:
ρ ρ
p0 = p1 + v12 = p2 + v 22
2 2
&K
m
&
Q
Zylinderdruck
p Zyl Brennverlauf
Einspritzrate
Voreinspritzmenge ist gering, dadurch ist auch der Premixed-Anteil niedrig und die
Kraftstoffmenge der Haupteinspritzung wird sofort entzündet [MSS04] [CKK95]
[Mol02]. Hieraus entsteht jedoch der Zielkonflikt, dass die kleinen impulsarmen Vor-
einspritzmengen sehr düsennah verbrennen, was in einer erhöhten Ruß-Emission
resultiert.
2.3 Schadstoffbildung
Da der Hochdruckprozess im direkteinspritzenden Dieselmotor immer überstöchio-
metrisch abläuft, sind die Konzentrationen von unverbrannten Kohlenwasserstoffen
und Kohlenmonoxid auch bei den heute üblichen Abgasrückführraten prinzipbedingt
niedrig. Zudem lassen sich diese, trotz der niedrigen Abgastemperaturen von Die-
selmotoren, unter Sauerstoffüberschuss durch moderne Oxidationskatalysatoren na-
hezu vollständig nachoxidieren. Problematisch dagegen ist die Abgasnachbehand-
lung der Stickoxid- und Rußemissionen im Abgas. Im Folgenden werden die grund-
legenden Mechanismen der Schadstoffbildung beschrieben. Insbesondere das kriti-
sche gegenläufige Verhalten der Komponenten Ruß und NOx soll hier Beachtung
finden, da ein starkes Bestreben der Motorenentwickler darin besteht, diese für die
2 Stand der Technik 11
Stickstoff gilt auf Grund seiner stabilen Dreifachbindung als sehr reaktionsträge, doch
unter bestimmten Umständen kann es mit Sauerstoffradikalen zu Stickoxid reagie-
ren. Stickoxide (NOx) im Abgas von Dieselmotoren bestehen hauptsächlich aus
Stickstoffmonoxid (NO), das jedoch nach längerer Zeit unter atmosphärischen Be-
dingungen fast vollständig in Stickstoffdioxid (NO2) umgewandelt wird. Bei Verbren-
nungsprozessen lassen sich nach [MSS04] vier verschiedene Mechanismen der
Stickoxidbildung unterscheiden: thermisches NO, das bei hohen Temperaturen
(T>1700K) aus Luftstickstoff gebildet wird und dessen Bildungsrate mit steigender
Temperatur exponentiell zunimmt, Prompt-NO, bei dem die Aktivierungsenergie der
einleitenden Reaktion deutlich niedriger als beim thermischen NO ist und damit
schon beim Temperaturen von T≈1000K entstehen kann, sowie NO-Bildung über
Lachgas (N2O) bei hohen Drücken und schließlich Konversion von Brennstoff-
Stickstoff in NO. 90% der in Verbrennungsmotoren gebildeten Stickoxide entstehen
als thermisches NO nach dem Zeldovich-Mechanismus, der im Bereich hinter der
Flammenfront abläuft und aus den folgenden drei Elementarreaktionen besteht:
(2) N& + O2 ←
k2
→ NO + O& Gl. 2-4
Die Geschwindigkeitskonstante k1 der ersten Reaktion ist auf Grund der starken N2
Dreifachbindung wesentlich niedriger als die Konstanten k2 und k3 der Folgereaktio-
nen. Deshalb bestimmt die Geschwindigkeitskonstante der ersten Reaktion die Ent-
stehung von NO, da die Folgereaktionen im Vergleich zu Reaktion (1) quasi ohne
Verzögerung ablaufen. Die Konstante k1 ist stark temperaturabhängig, z. B. steigt die
2 Stand der Technik 12
Menge des gebildeten NO durch eine Temperaturerhöhung von 2000 auf 2400 K um
das fast 50-fache. Wegen dieser starken Temperaturabhängigkeit wird von der Bil-
dung thermischen Stickoxids gesprochen. Bei direkteinspritzenden Dieselsystemen
sind hohe Druckgradienten und als Folge hohe Spitzentemperaturen für die vermehr-
te Bildung von Stickoxiden verantwortlich. Dies wird bei hohen Premixed-Anteilen
durch lange Zündverzüge und ein stark homogenisiertes Gemisch begünstigt.
Im Abgas von Dieselmotoren befinden sich zu 95% organische Partikel wie polyzyk-
lische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) und Ruß. Die restlichen 5% setzen
sich aus Kleinstpartikeln aus Metallen, Keramiken, Rostpartikeln, Aschen von Öladdi-
tiven und dergleichen zusammen. Die Entstehung der 10 bis 500nm großen Rußteil-
chen während der Verbrennung ist das Ergebnis der zueinander konkurrierend ab-
laufenden, komplexen physikalischen und chemischen Prozesse der Rußbildung und
-oxidation, die bis heute noch nicht vollständig verstanden worden sind. Allgemein
wird akzeptiert, dass die lokale Temperatur, sowie die lokale Kraftstoffdampf- und
Sauerstoffkonzentration die bestimmenden Faktoren sind.
sen, dass bis zu einem lokalen Luftverhältnis von λmax=0,6-0,7 Ruß entsteht. Die un-
tere Bildungstemperatur wurde bei Tmin≈1500 K ermittelt, ein Maximum wird bei
Temperaturen zwischen Tmax≈1600-1700 K erreicht. Diese Rußbildungsgrenzen sind
auch für höhere Drücke nachgewiesen. Bild 2-9 stellt den Rußertrag in Abhängigkeit
vom Luftverhältnis und der Temperatur dar.
Im Bereich der verdampfenden Ein-
spritzstrahlen können lokale Luftver-
hältnisse bis zu λmin=0,3 auftreten.
Da gleichzeitig das lokale Tempera-
turspektrum während der Verbren-
nung von Tmin≈700 K (komprimierte
Luft) bis Tmax≈2600 K (Temperatur
hinter einer stöchiometrischen
Flammenfront) reicht, zählt primär
dieser Bereich zu den Zonen starker
Rußbildung. Während des Verbren-
nungsvorgangs wird wesentlich mehr
Ruß gebildet, als in den Abgasen
nachgewiesen werden kann. Ein
großer Anteil des gebildeten Rußes Bild 2-9: Rußertrag in Abhängigkeit von der
Temperatur und des Luftverhältnisses [MSS04]
wird bei Fortschreiten der lokalen
Abmagerung durch die Mischung im
Brennraum während der Verbren-
nung nachoxidiert (s. Bild 2-10). Die
Rußoxidation ist entscheidend für die
Rußmenge, die über das Abgas in
die Umwelt gelangt. Es kann grund-
sätzlich festgestellt werden, dass
durch eine verbesserte Durchmi- Bild 2-10: Rußkonzentration über °KW [MSS04]
schung unter Vermeidung ungünsti-
ger fetter Bereiche die Bildung von Ruß gehemmt wird. Bei Senkung der Temperatur
im Brennraum wird die Bildung ebenfalls vermindert, allerdings reduziert sich der
temperaturgesteuerte Rußabbrand ebenso, was wiederum zu einem erhöhten Parti-
kelausstoß führen kann. Neuere Untersuchungen deuten zudem auf die Relevanz
von OH-Radikalen als Promoter der Rußoxidation in fetten Flammenzonen hin. Es
wurden Oxidationsraten in fetten Flammen beobachtet, die um mehrere Zehnerpo-
tenzen über den bisher bekannten berechneten Werten liegen [Koz03] [MSS04].
Ruß-NOx-Konflikt
Der Dieselmotor ist kritisch bezüglich der NOx- und Rußemission. Ein besonderes
Problem ergibt sich daraus, dass sich diese beiden Komponenten gegenläufig ver-
2 Stand der Technik 14
Ruß - Emission
ratur zur Bildung von thermischem NO bei
etwa 1700 K möglichst nicht oder nur kurz
1
überschritten wird. Eine Möglichkeit stellt
2
hier die Verschiebung des Einspritzzeit-
punktes in Richtung „spät“ dar (Weg 1 in 3
Für die Höhe der Rußemission ist der Rußausbrand entscheidend, der ebenfalls mit
höherer Temperatur ansteigt. Hier wird der Konflikt, der sich in der Ruß-NOx-Schere
widerspiegelt, deutlich. Da Ruß nur in fetten Bereichen der Flammenfront existiert
und in einer lokal scharf abgegrenzten Front verbrannt wird, ist im Dieselmotor die
Qualität der turbulenten Durchmischung von entscheidender Bedeutung. Die Bildung
lokal fetter Gebiete ist bei der heterogenen Verbrennung jedoch unvermeidlich. Der
Dieselmotor wird allerdings global mager betrieben (λ=1,2...8). Die Zündung der
Spraystrahlen findet bei niedrigen Drücken vornehmlich in den sehr fetten düsenna-
hen Bereichen statt, während im Hochdruckbereich schon vor der Zündung eine Ab-
magerung eingesetzt hat [MSS04] [Feh88].
führtes Abgas bei der Verbrennung als Inertgas und führt damit zur Temperaturab-
senkung. Neben dem verminderten NOx-Ausstoß trägt die AGR auch zu einer merkli-
chen HC-Minderung bei, da die unverbrannten Kohlenwasserstoffe im rückgeführten
Abgas nochmals an der Verbrennung teilnehmen und dabei weiter oxidiert werden.
ten beim Ladungswechsel verbunden ist. Diesem Problem wird heutzutage mit sepa-
rat schaltbaren Drall- und Füllkanälen an 3- und 4-Ventilmotoren Rechnung getra-
gen.
Bild 2-12: Abhängigkeit der Eindringtiefe von Einspritzdruck und Spritzlochgröße [Bas02]
Bei der Einspritzung des Kraftstoffes ist es wichtig, dass der Kraftstoff sich in viele
kleine Tröpfchen verteilt und damit eine große Oberfläche für die Verdampfung zur
Verfügung stellt. Andererseits muss eine möglichst gute Durchmischung von Luft und
Kraftstoff im gesamten Brennraum erreicht werden, um starke Rußbildung durch ört-
lichen Sauerstoffmangel zu vermeiden. Dies gelingt durch eine sorgfältige Abstim-
mung des Einspritzdruckes, der Düsenlochgeometrie und der Brennraummuldenform
sowie des richtigen Einspritzzeitpunktes. Es ist zu vermeiden, dass Kraftstofftröpf-
chen über die Brennraummulde hinaus an die Zylinderwand gelangen und sich dort
niederschlagen oder im Feuerstegbereich zwischen Kolben und Zylinder ansammeln.
Sie würden sich der Verbrennung entziehen und als unverbrannte Kohlenwasserstof-
fe in den Abgastrakt gelangen. Bild 2-12 zeigt exemplarisch die Eindringtiefe des
flüssigen und dampfförmigen Kraftstoffes über der Zeit nach dem Einspritzbeginn in
Abhängigkeit vom Einspritzdruck und von der Lochgeometrie unter dieselmotori-
schen Randbedingungen. Im linken Bild ist deutlich zu sehen, dass die Eindringtiefe
des flüssigen Strahles unabhängig vom Druck ist. Die Geschwindigkeit der Strahl-
spitze ist jedoch beim höchsten Einspritzdruck deutlich größer. Der höhere Impuls
sorgt für einen stärkeren Lufteintrag (Air-Entrainment) in den Einspritzstrahl und da-
mit für eine schnellere Verdampfung. Das rechte Bild zeigt, dass sich bei gleichem
Einspritzdruck mit einem größeren Düsenloch ein tieferes Eindringen des Kraftstoffes
erreichen lässt. Dabei ist jedoch zu beachten, dass mit zunehmender Tröpfchengrö-
ße bei steigendendem Düsenlochdurchmesser der aerodynamische Widerstand
(nimmt quadratisch mit dem Tröpfchendurchmesser und der Geschwindigkeit zu) so
stark steigen kann, dass die Eindringtiefe bei größeren Löchern wieder sinkt. Hier ist
2 Stand der Technik 17
Die Zündorte bei der dieselmotorischen Verbrennung sind stark abhängig vom Ein-
spritzdruck. Die maximale Eindringtiefe des flüssigen Kraftstoffs ist auf Grund der
mit höherem Einspritzdruck zunehmenden Verdampfungsrate zwar unabhängig vom
Raildruck konstant, die Ausbreitungsgeschwindigkeit beider Phasen nimmt jedoch
mit steigendem Einspritzdruck zu. Je höher also der Einspritzdruck, desto weiter au-
ßen an der Zylinderwand stellt sich das zündfähige Gemisch ein [UDW01]. Die
Verbrennung wird in Richtung Kammerwand verlagert. Mit steigendem Raildruck
sinkt die Verbrennungsdauer durch die verbesserte Gemischbildung und des auf
Grund der Brennraumausnutzung besseren Sauerstoffangebotes.
Wird die Lage der Zündorte in ihrem Abstand zur Einspritzdüse betrachtet, so ergibt
sich, dass eine Variation des Einspritzdruckes und des Gegendruckes im Brennraum
sowie der Zündverzug den Zündort beeinflussen. Sowohl durch einen höheren Ein-
spritzdruck als auch bei einer längeren Zündverzugszeit treten die ersten Zündzonen
weiter entfernt von der Düse auf, während eine Erhöhung des Gegendruckes und
damit der Kompressionstemperatur im Brennraum den Abstand der Zündorte zur Dü-
se verkürzt [Ber99].
[HDD04] stellt in seinen Untersuchungen fest, dass eine Steigerung des Einspritz-
druckes verbrauchs- und emissionsneutral zur Leistungssteigerung genutzt werden
kann. Allerdings fällt dieses Potential in hohen Druckbereichen um 200 MPa immer
geringer aus. Wird die Steigerung des Druckes jedoch ausschließlich genutzt, um bei
gleichen Ansteuerzeiten geringere Spritzlochdurchmesser nutzen zu können, sind im
Teillastbereich Reduktionen des Ruß-/NOx-Zielkonfliktes von bis zu 20% umsetzbar.
Für den Pkw-Bereich fügt [Doh03] diesen Betrachtungen das Potential einer Dreh-
zahlsteigerung durch Einspritzdruckanhebung hinzu.
Nach [SBE02] ist die gesamte gebildete Menge Ruß für verschiedene Einspritzdrü-
cke ähnlich. Die Rußoxidation für hohe Drücke ist jedoch sehr viel besser. Dies wird
auf den zusätzlich eingebrachten Impuls bzw. die bessere lokale Mischung von Sau-
erstoff und Brennstoff zurückgeführt. Diese Erhöhung des Turbulenzniveaus verbes-
sert die Oxidationsbedingungen entscheidend. Bei Variation der Motorlast nimmt die
absolut gebildete Rußmenge mit steigender Last eher zu, da der mischungskontrol-
lierte Anteil der Verbrennung sowohl relativ wie absolut zunimmt. Einerseits ist deut-
lich weniger globaler Sauerstoff vorhanden, da ein Großteil für die Oxidation des
Brennstoffs benötigt wird, anderseits werden höhere Ansprüche an die Durchmi-
schung bzw. die lokale Turbulenz gestellt.
dampfung genutzt werden. Die in diesem Fall mögliche Steigerung der maximalen
Einspritzrate führt zu kürzeren Einspritzzeiten und resultiert in einer Wirkungsgrad-
verbesserung [Str96] [Mol02].
Bei Erhöhung des Ladedruckes steht zur Rußabsenkung mehr Sauerstoff zur Verfü-
gung, da das Kraftstoff-/Luftverhältnis und damit die Ladungsmasse zunimmt. In glei-
chem Maß steigt auch das Wärmeaufnahmevermögen. Dadurch wird die NOx-
Emission von dieser Maßnahme kaum beeinflusst. Durch den erhöhten Ladedruck
und die damit steigende Ladungswechselarbeit erhöht sich der spezifische Kraftstoff-
verbrauch geringfügig [LiP01].
Auswirkung
auf:
NOx Ruß be Effekt
Einfluss-
größe
Einspritzbeginn
↓ ↑ ↑ Absenkung der maximalen Prozesstemperatur
nach „spät“
AGR ↓ ↑ ↑ Temperaturabsenkung durch zugeführtes Inertgas
Ladeluftkühlung ↓ → ↓ Verringerung der Gastemperatur
Ladedruck-
→ ↓ ↑ Erhöhung des Sauerstoffangebotes und der Wärmekapazität
steigerung
Absenkung der Verdichtungsendtemperatur und Erhöhung der
Absenkung von ε ↓ ↑ ↓
Strahleindringtiefe
Verschlechterung der Durchmischung von Luft und Kraftstoff /
Drallreduktion ↓ ↑ ↓
geringere Ladungswechselverluste
Einspritzdruck-
↑ ↓ ↓ Erhöhung der Gemischbildungsenergie durch den Einspritzstrahl
erhöhung
Spritzloch-
↑ ↓ ↓ Verbesserung der Lufterfassung und Durchmischung
verkleinerung
koaxiale Düsenlage ↑ ↓ ↓ Strahlsymmetrie und verbesserte Lufterfassung
Tabelle 2-1 gibt einen Überblick einer Auswahl einflussnehmender Faktoren auf die
dieselmotorische Verbrennung und Emission. Es ist zu beachten, dass die Effekte
isoliert betrachtet werden, d.h. unter Konstanthaltung aller anderer Parameter. Die
einzelnen Aspekte sind in diesem Zusammenhang als Trend zu sehen, da sich alle
Faktoren sehr stark gegenseitig beeinflussen und bei der Motorabstimmung ein
Kompromiss aller Maßnahmen gefunden werden muss. Die Beschreibung des resul-
tierenden Effektes bezieht sich in erster Linie auf die Auswirkung auf die besonders
kritische Emissionskomponente NOx.
2 Stand der Technik 21
2.5 Nfz-Einspritzsysteme
In diesem Kapitel werden die wesentlichen Serieneinspritzsysteme aus dem Nfz-
Bereich in ihrem Aufbau und ihrer Funktion erläutert. Verteiler- und Reiheneinspritz-
pumpen werden nicht berücksichtigt, da sie auf Grund ihrer mangelnden Flexibilität in
aktuellen Motoren nicht mehr eingesetzt werden. Um insbesondere die Bildung von
Stickoxiden und Partikeln simultan innermotorisch zu senken, werden hohe Anforde-
rungen an das Einspritzsystem gestellt. Abhängig vom Bedarfsfall muss das Ein-
spritzsystem unterschiedliche Einspritzdruck- und Gemischbildungsverläufe bereit-
stellen. Aus diesem Grund wird zunehmend an der Entwicklung flexibler Einspritzsys-
teme gearbeitet. Der zweite Teil dieses Kapitels gibt einen Überblick über verschie-
dene Forschungssysteme, die versuchen den Anforderungen nach maximalen Frei-
heitsgraden bei einer sehr hohen Dynamik gerecht zu werden.
tur und die Drehzahl der Nockenwelle bestimmen die Pumpgeschwindigkeit und so-
mit über den Pumpenkolbendurchmesser den Druckanstieg bzw. den Volumenstrom
im Düsenkörper. Durch Öffnung des Magnetventils wird der Einspritzvorgang been-
det. Der Kraftstoff fließt in den Rücklauf zurück und der Druck wird spontan abge-
baut. Die Feder schließt daraufhin die Einspritzdüse. Auf Grund der direkten Anbin-
dung der Pumpe zum Injektor, fällt die Länge der hydraulischen Leitung sehr gering
aus. Es entfallen die Druckverluste durch Kompression des Schadvolumens. Der
Einspritzverlauf folgt entgegen den Systemen mit Druckleitung praktisch der Nocken-
form. Auf Grund der „starren“ Kontur und Lage des Einspritznockens sind der freien
Wahl des Druckgradienten zu einem definierten Zeitpunkt sehr enge Grenzen ge-
setzt. Mittels einer mechanisch-hydraulischen Steuerung sind PD-Systeme in der
Lage, eine allerdings im Abstand zur Haupteinspritzung weitestgehend zeitlich fest-
gelegte Voreinspritzmenge abzusetzen. Im Nfz-Sektor wird von dieser Option jedoch
weitgehend noch kein Gebrauch gemacht. Der maximale Einspritzdruck, der am En-
de des Injektionsintervalls erreicht wird, liegt drehzahlabhängig bei maximal 210 MPa
[Bos02] [Bas04].
Einspritz-
Ventil- leitung
einheit Düsen-
halter
Magnetventil- Einspritz-
nadel düse
Kraftstoffvorlauf Hochdruck-
raum
Lecköl
Lecköl
Pumpenkolben
Kraftstoffvorlauf
Rückstellfeder
Pumpenkolben
Hochdruck-
raum
Einspritz-
düse Antriebsnocken
Aus Gründen der Vollständigkeit sei noch das überwiegend auf dem amerikanischen
Markt eingesetzte druckübersetzte HPI-Einspritzsystem (High Pressure Injection) von
Cummins erwähnt. Es unterscheidet sich von allen anderen vorgestellten Systemen
dadurch, dass die Düsennadel nicht von einer unterstützenden Federkraft in den Sitz
gedrückt und daher als „offene“ Einspritzdüse bezeichnet wird [Pis02]. Das von Ca-
terpillar entwickelte und in Serie eingesetzte Einspritzsystem HEUI (Hydraulic Elect-
ronic Unit Injector) ist den definierten Kategorien nicht eindeutig zuzuordnen. Das
System arbeitet mit einer von der Kurbelwellenposition unabhängigen hydraulisch
übersetzten Druckverstärkung. Zur genaueren Erläuterung der Funktion wird auf
[Kep97] und [MYC04] verwiesen.
Speichereinspritzsysteme
Speichereinspritzsysteme zeichnen sich durch eine vom Einspritzzyklus entkoppelte
Hochdruckerzeugung aus. Der Aufbau eines Common-Rail-Systems von Bosch un-
tergliedert sich in die Komponenten Hochdruckpumpe, Druckspeicher (Rail), Injekto-
ren und elektronisches Steuergerät. Für die Druckerzeugung kommen Radialkolben-
pumpen mit elektronischer Ansteuerung zur Druckregelung zum Einsatz, die direkt
über die Kurbelwelle mittels Riemen-, Ketten- oder Zahnradtrieb angetrieben werden.
Die Hochdruckpumpe fördert kontinuierlich den Kraftstoff in das Rail, wo der Kraft-
stoffdruck unabhängig von der Motordrehzahl vom Steuergerät eingeregelt werden
kann. Dazu wird der Kraftstoffdruck mit einem Sensor gemessen und über die För-
derrate der Hochdruckpumpe auf den im Kennfeld hinterlegten Sollwert eingestellt.
Das Auslösen des Einspritzvorganges erfolgt mittels elektronisch betätigter Steuer-
ventile in den Injektoren zum vom Motorsteuergerät gewählten Einspritzzeitpunkt.
Über eine kurze Druckleitung ist das Einspritzventil mit dem Rail verbunden. Die
Funktionstrennung von Druckerzeugung und Kraftstoffeinspritzung ermöglicht eine
entschieden geringere Abhängigkeit des Einspritzdruckes von der Motordrehzahl als
bei Systemen mit nockengesteuertem Druckaufbau. Die Dauer der Einspritzung in
den Brennraum kann unabhängig vom Kraftstoffdruck geregelt werden.
Bild 2-16 links illustriert den Aufbau eines konventionellen CR-Injektors. Das Mag-
netventil betätigt nicht direkt die Düsennadel, sondern öffnet und schließt ein hydrau-
lisches Steuerventil. So wird sowohl der Öffnungs- als auch der Schließvorgang hyd-
raulisch gesteuert. Die Feder hat die Funktion, die Düsennadel definiert geschlossen
zu halten. Der Speicherdruck liegt sowohl über der Düsennadel als auch von unten
an der Druckschulter an. Wird das hydraulische Steuerventil betätigt, fällt der Druck
2 Stand der Technik 24
im Injektorsteuerraum ab und die Düsennadel hebt sich. Der Druckabfall des Injekto-
rinneren gegenüber dem unter Speicherdruck stehenden Zulauf der Düse wird durch
eine Zulaufdrossel ermöglicht. Das Volumen des Rails kompensiert dabei die Steu-
ermengen und reduziert Druckschwankungen. Wird das Steuerventil geschlossen,
baut sich im Steuerraum der Speicherdruck auf und die Düsennadel schließt. Das
Steuerventil besitzt eine definierte Ablaufdrossel. Mit der Auslegung von Zu- und Ab-
laufdrossel kann das dynamische Öffnungs- und Schließverhalten ausgelegt werden,
ermöglicht jedoch keine parametrierbare Einflussnahme auf die Düsennadelge-
schwindigkeiten im Motorbetrieb. Des Weiteren lassen sich die Öffnungs- und
Schießgeschwindigkeit nicht unabhängig voneinander wählen, da die Hydraulik sich
gegenseitig beeinflusst [Bos02] [Bas02].
elektrischer
Anschluss Durchfluss-
begrenzungs-
Magnetventil
ventil
Hochdruck-
anschluss Druckspeicher
Ventilkugel
Hochdruck-
Zu- und bohrung
Ablaufdrossel
Piezo-
Steuerraum
aktuator
Steuerstange
Magnetventil
hydraulischer
Koppler
Feder
Steuermodul
Düsennadel Düsennadel
In Bild 2-16 mittig ist ein aktueller Serieninjektor von Bosch für Nutzfahrzeugmotoren
dargestellt, der sich durch die Besonderheit auszeichnet, dass ein mechanisches
Durchflussbegrenzungsventil (DBV) in den Injektorkörper integriert ist. Im Falle einer
Fehlfunktion wird der Kraftstofffluss unterbrochen. Mittels des kleinen eingegliederten
Hochdruckspeichers werden Leitungsdruckschwingungen minimiert. So können trotz
der kompakten Bauform verschiedene Funktionsgruppen vereint und die Leistungs-
fähigkeit verbessert werden. Durch den Einsatz eines sehr kleinen Magnetventils
können die Wege der mechanisch/hydraulischen Kopplung deutlich minimiert und
dadurch die Dynamik gesteigert werden [KBW04].
Forschungseinspritzsysteme
Bei den vorgestellten Serieneinspritzsystemen sind der freien Wahl der Einspritzra-
ten Grenzen gesetzt. Diese sind beim PD-System bestimmt durch den Druckaufbau
des Systems, d.h. der Druck ist eine Funktion der Zeit. Die Speichereinspritzsysteme
hingegen entkoppeln die Druckerzeugung von der Einspritzung und erhöhen den
Freiheitsgrad hinsichtlich der Gestaltung des Einspritzverlaufs. Als Grenzen gelten
hier der auf konstantem Niveau vorgehaltene Druck, die Öffnungs- und Schließge-
schwindigkeit sowie eine gezielt steuerbare Nadelbewegung der verfügbaren Injekto-
ren. Um gezielt gemischbildungsseitige Potentiale darstellen zu können, werden in
Forschung und Entwicklung hochflexible Experimentaleinspritzsysteme eingesetzt.
Vorangegangene Untersuchungen
mit einem Forschungsinjektor mit Kraftstoff- Überström-
steuerbarem Nadelhub haben bei zulauf drossel
Bosch die Notwendigkeit aufgezeigt, Druckverstärker- Schalt-
kolben
die Einspritzrate nicht nur über den ventil 1
Rückschlag-
Nadelhub zu begrenzen sondern ventil Lecköl
auch durch eine Absenkung des Ein- Zulauf-
spritzdrucks. Das APCRS-System drossel
Schalt-
erweitert ein konventionelles CR- ventil 2
System im Wesentlichen um eine Ablauf-
drossel
Druckübersetzungsstufe pro Zylinder.
Von der Hochdruckpumpe wird der
Kraftstoff in das Rail gefördert. Für
die Voreinspritzung und die erste
Phase der Haupteinspritzung nimmt Bild 2-19: APCRS-Einspritzsystem [DDK04]
der Kraftstoff den Weg über den By-
pass-Pfad mit Rückschlagventil zur Einspritzdüse. Nach dem Öffnen für die Haupt-
einspritzung wird der Druckverstärkerkolben über das zweite 2/2-Wege Magnetventil
zugeschaltet und es erfolgt eine druckgesteuerte Einspritzung (max. Druckgradient
80 MPa/ms). Durch die Geometrie des Kolbens ist der Druckverstärkungsfaktor ge-
geben. Zum Ende der Haupteinspritzung kann der Injektor geschlossen und wenig
später wieder geöffnet werden, um eine angelagerte Nacheinspritzung darzustellen.
Anschließend wird die Druckverstärkung abgeschaltet und der Druck abgebaut, um
für den folgenden Einspritzvorgang den Systemdruck wieder einzustellen.
Das Konzept bietet den Vorteil eines energetisch günstigen niedrigen Systemdruckes
(<100 MPa) und auf Grund der Übersetzung eines hohen Maximaldruckes
(>250 MPa). Bild 2-19 zeigt eine hydraulische Schemadarstellung des Einspritzsys-
tems. Das System eröffnet die Möglichkeit, kennfeldabhängig die Charakteristik ei-
nes nockengesteuerten Einspritzsystems (z.B. PD) mit rampenförmigen Einspritz-
druckverlauf nachzubilden oder einen bootförmigen Einspritzverlauf zu realisieren.
Des Weiteren birgt es die Option für weitere Steigerungen des maximalen Einspritz-
drucks durch die energetisch sinnvolle Verlegung der Druckerzeugung in den Au-
genblick des Bedarfs. Günstig wirkt sich hierbei aus, dass der Höchstdruck nur im
Düsenbereich auftritt, so dass bei der Auslegung aller anderen Komponenten ent-
sprechend geringere Anforderungen auftreten. Insgesamt ist dieses System als das
„seriennaheste“ zur Realisierung einer Drucksteuerung einzuschätzen [Mah02]
[DDK04] [HBK01]. Für experimentelle Untersuchungen zur Potentialabschätzung
verschiedenster Einspritzratenformen ist die Flexibilität auf Grund des konstruktiv
festgelegten Übersetzungsverhältnisses jedoch als mangelhaft zu bezeichnen.
2 Stand der Technik 28
Am Institut für Technische Verbrennung der Universität Hannover ist von [Ste04] ein
Einspritzsystemkonzept für Nutzfahrzeuge umgesetzt worden, das eine schnelle Di-
rektbetätigung der Düsennadel durch Piezoaktorik ermöglicht. Mit dem Einspritzventil
lassen sich gezielt und druckunabhängig quasistationäre Nadelteilhübe darstellen, so
dass eine gezielte Betrachtung von Nadelsitzdrosselphänomenen möglich wird.
Kombiniert wird dieses Einspritzventil mit einer hochdynamischen Druckmodulations-
einheit, die eine Ratenbegrenzung über den Einspritzdruck gestattet. Dieses Twin-
CR-Einspritzsystem stellt ein große Anzahl freier Parameter zur Verfügung. Dies er-
möglicht eine differenzierte Betrachtung verschiedenster Einspritzratenformen, die
druckmoduliert oder nadelsitzgedrosselt erzeugt werden können. Die hohe Dynamik
erlaubt weiterhin den kombinierten Einsatz von Mehrfacheinspritzungen [SMR04]
[SSM03]. Eine detaillierte Beschreibung des Gesamtsystems folgt in Kapitel 3.
äußere Nadel
Nadelhub
innere Nadel
Einspritzrate
100%
≤50%
Die Dimensionierung der Spritzlöcher stellt bei den heute in Serie befindlichen Ein-
spritzdüsen einen Zielkonflikt dar. Im Teillastbereich bzw. für Vor- oder Nacheinsprit-
zungen werden relativ geringe Einspritzmengen benötigt, die idealerweise durch
kleine Spritzlöcher zerstäubt werden. Dabei wird die beste Kraftstoffzerstäubung
dann erreicht, wenn der gesamte Druckabbau und somit die Umwandlung in kineti-
sche Energie möglichst ausschließlich in den Spritzlöchern stattfindet. Durch kleine
Spritzlöcher aber entsteht die Schwierigkeit, dass bei Volllast nicht die erforderliche
Kraftstoffmenge in einem vorgegebenen Zeitfenster eingespritzt werden kann. Es
muss für die Auslegung also ein Kompromiss gefunden werden. Die geforderten mi-
nimalen Einspritzmengen werden daher in bestimmten Bereichen des Kennfeldes
dadurch erreicht, dass die Düsennadel nicht vollständig geöffnet wird. Dies bedeutet
aber eine Drosselung und damit Druckverlust vor den Spritzlöchern, so dass nicht
mehr die komplette Druckenergie zur Umwandlung in kinetische Energie zur Verfü-
gung steht [Bas04].
2 Stand der Technik 29
Bosch
PD / PLD CR Twin Rail AVL-DM ITV Twin-CR
Einspritzsystem APCRS
[Bos02] [Bos02] [NNI04] [CJG02] [Ste04]
[DDK04]
Rechteck Rechteck Rechteck Rechteck
Einspritzratenform Rampe Rechteck Rampe Rampe Rampe Rampe
Boot Boot Boot Boot
max. Systemdruck 210 MPa 165 MPa 180 MPa 135 MPa 250 MPa 180 MPa
max. Druckgradient 50 MPa/ms - 80 MPa/ms 140 MPa/ms 80 MPa/ms 150 MPa/ms
Flexibilität gering mittel hoch hoch hoch sehr hoch
Anfangsdruck- feste gezielte Dar-
Serie (2005)
niveau über Übersetzung stellung von
Anmerkung Serie Serie Mittel-
Drossel der Nadelsitzdros-
schnellläufer
einstellbar Druckstufe selung möglich
Tabelle 2-2 gibt einen Überblick der vorgestellten Einspritzsysteme im Hinblick auf
den Einsatz als flexibles Forschungstool zur gemischbildungsseitigen Potentialab-
schätzung. Da in diesem Anwendungsgebiet eine maximale Anzahl an frei paramet-
rierbaren Freiheitsgraden wünschenswert ist, werden die Grenzen eines jeden Sys-
tems deutlich. Für die Versuche, die dieser Arbeit zugrunde liegen, wird der Einsatz
eines Forschungseinspritzsystems (s. Kapitel 3) gewählt, das deutlich geringeren
Restriktionen unterliegt und die differenzierte Betrachtung aller relevanten Effekte
ermöglicht.
rens zu untersuchen. Als Einspritzrate wird der zeitliche Verlauf des Kraftstoffmas-
senstromes durch die Einspritzdüse bezeichnet. Unter der Bezeichnung Einspritzver-
laufs- bzw. -ratenformung werden alle Maßnahmen zusammengefasst, die eine
Form- bzw. Mengenänderung der spezifischen Einspritzrate bewirken. Dazu zählen
Vor-, Mehrfach- und Nacheinspritzung, Öffnungs- und Schließflankenvariation sowie
die Modulation des Einspritzdrucks oder die Begrenzung über den Nadelhub (Nadel-
sitzdrosselung) innerhalb des Einspritzzeitfensters. Bild 2-21 zeigt exemplarisch die
gängigen Varianten von Einspritzratenformen der Haupteinspritzung. Zur Festlegung
der Nomenklatur sind ein Rechteck-, ein Boot- und zwei Rampenverläufe mit unter-
schiedlicher Steigung dargestellt. Im folgenden Abschnitt sollen die bisher dargestell-
ten Potentiale einer Formung der Haupteinspritzung und einer angelagerten Nach-
einspritzung dargestellt werden.
Von [SKB01] wurden die grundlegenden Mechanismen untersucht, die zum unter-
schiedlichen Verbrennungs- und damit Schadstoffverhalten der verschiedenen Ein-
spritzverläufe führen. Als Einspritzanlage diente das oben beschriebene APCRS an
einem 2 l Einzylindermotor und für Strahlausbreitungsuntersuchungen eine Einspritz-
kammer. In dieser wurde das Strahlverhalten von Rechteck-, Rampen- und Bootein-
spritzung untersucht. Bei der Rechteck-Einspritzung ist die Eindringtiefe in der frühen
Phase des Einspritzvorgangs wesentlich höher als bei Rampen und Booteinsprit-
zung. Als Grund hierfür nennt [SKB01] den schon anfänglich wesentlich höheren
Strahlimpuls auf Grund des früher anliegenden hohen Einspritzdrucks. Die Rampen-
Einspritzung erreicht nach relativ kurzer Zeit eine ähnliche Eindringtiefe wie die
Rechteck-Einspritzung, wohingegen bei einem bootförmigen Verlauf die Eindringge-
schwindigkeit und damit die Tiefe wesentlich geringer sind. Die größere Eindringtiefe
der Rechteck-Einspritzung sorgt für eine bessere Zerstäubung und damit Gemisch-
bildung in der frühen Einspritzphase, was wiederum für eine erhöhte Stickoxidbildung
verantwortlich ist. Der Strahlkegelwinkel der Rechteck-Einspritzform hat auf Grund
der stärksten Strömungsturbulenzen im Sackloch den anfänglich größten Winkel. Er
nimmt aber rasch ab, da sich mit dem raschen Druckanstieg schnell eine Strömungs-
stabilisierung einstellt. Die Booteinspritzung sorgt auf Grund ihres geringen Drucks
für geringe Strömungsturbulenzen im Sackloch. Durch den langsamen Druckanstieg
bleibt der Kegelwinkel in den ersten 400 µs nahezu konstant. Die Rampen-
Einspritzung wiederum ähnelt der Rechteck-Einspritzung. Der Strahlwinkel steigt zu-
erst an und fällt dann ab. Dieser Effekt tritt lediglich etwas später auf. Bei vollständi-
ger Nadelöffnung sind die Kegelwinkel aller drei Verläufe konstant und gleich groß
[SKB03].
Unter Einsatz des in Kapitel 2.5 gezeigten Einspritzsystems wird bei Mitsubishi an
einem mittelschnelllaufenden Motor mit einem Zylinderhubvolumen von 29,7 l mit ei-
nem optimierten Boot-Verlauf im Vergleich zu einer Rechteck-Einspritzung ein har-
monischerer Zylinderdruckverlauf dargestellt. Mit einem Startdruck von 60 MPa wird
die Einspritzung begonnen und dann im Einspritzzeitfenster auf den Maximaldruck
angehoben. Die langsamere Verbrennung in mittleren Lastbereichen mit einer späte-
2 Stand der Technik 33
Bei Isuzu wurden unter Einsatz eines ähnlichen Forschungseinspritzsystems und ei-
nem Motor (Drall=2,5) mit 1,37 l Zylinderhubvolumen Grundlagenuntersuchungen zur
Ratenformung durch Nadelsitzdrosselung und Druckmodulation durchgeführt. Zur
Variation der Nadelöffnungsgeschwindigkeit wurde der Druck im Steuerraum der
hydraulischen Übersetzung des Injektors variiert. Bei einer sehr langsamen Nadel-
öffnung wird bei verbesserter NOx-Emission eine deutliche Verschlechterung der
Schwärzung beobachtet. Der Diffusionsteil der Verbrennung wird verlangsamt, be-
ginnt insgesamt später und näher an der Brennraumwand. Als zielführend wird eine
Ratenbegrenzung bis zum Brennbeginn gesehen. Anschließend wird ein möglichst
schneller Anstieg der Einspritzrate empfohlen. Bei Versuchen mit druckmodulierter
Einspritzung konnte die Premixed-Verbrennung weitgehend unterdrückt werden. Des
Weiteren kommt es ebenfalls zu einer verminderten maximalen Wärmefreisetzung.
Der Brennbeginn erfolgt bei der druckmodulierten Einspritzung im Düsennahbereich.
Die Flamme breitet sich dann in Richtung Brennraumwand aus. Da in diesem Fall die
verbleibende Menge der HE in die Flamme spritzt, verschlechtert sich die Ruß-
Emission. Daher wird eine deutliche Erhöhung des Einspritzdruckes im Vergleich zu
den untersuchten 120 MPa empfohlen. Mit druckmodulierten Rampenformen kann
eine deutliche Reduktion des Verbrennungsgeräusches erzielt werden [NST98].
Die AVL List GmbH hat unter Einsatz des bereits vorgestellten Einspritzsystems an
einem Pkw-Motor mit 0,533 l Zylinderhubvolumen und einem Drall von 2,24 ebenfalls
einen sanfteren Anstieg des Zylinderdruckes für einen druckmodulierten Einspritzver-
lauf im Vergleich zu einer nadelsitzbegrenzten Einspritzrate dargestellt. Durch Varia-
tion des Einspritzverlaufs konnte festgestellt werden, dass eine Rampen-Einspritzung
2 Stand der Technik 34
[HDD04] und [DDK04] stellen für den Niedrig- und Mittellastbereich einen rampen-
förmigen Einspritzverlauf als ideal dar. Je höher die Last, desto steiler wird auch die
Steigung des Einspritzratenverlaufes. Für den Volllast-Bereich wird für das gesamte
Drehzahlspektrum ein Boot-Verlauf favorisiert. Als Begründung für diese Effekte wird
eine optimierte Kraftstoffeinbringung während der Zündverzugszeit gesehen, die die
NOx-Emission positiv beeinflusst. Umgesetzt wird dieses Lastenheft mit dem druck-
übersetzten System APCRS mit maximalen Einspritzdrücken von 220 MPa. Als Al-
ternativkonzept wird bei Bosch die Koaxial-Vario-Düse verfolgt. Erste motorische Er-
gebnisse zeigen bei äußerst niedrigem Geräuschniveau sehr niedrige Schadstoff-
emissionen. Die größte Herausforderung wird hier weiterhin in der konstruktiven Um-
setzung des Konzeptes bestehen.
te Kraftstoffmasse nur 1-1,5% der Gesamtmenge beträgt. Insgesamt wird der flexib-
len Ratenformung in diesen Untersuchungen ein eher geringes Potential bescheinigt.
Vergleiche von nocken- und nadelhubgesteuerten Experimentaleinspritzsystemen an
einem Nfz-Motor ergeben unter moderatem Druckniveau einen leichten Vorteil für die
Boot-Einspritzung. Unter der Randbedingung einer konstanten Einspritzdauer und
damit angepassten Einspritzdrücken liefert ein rampenförmiger Verlauf minimale
Rußemission bei höchstem Wirkungsgrad verglichen mit einem rechteck- bzw. boot-
förmigen Einspritzprofil.
hübe deutlich die Abhängigkeiten des Strahleindringverhaltens vom Effekt der Na-
delsitzdrosselung. Das Ergebnis zeigt eine deutlich stärkere Abhängigkeit der
makroskopischen Strahlgrößen von der Nadelsitzdrosselung als von der Variation
des Einspritzdruckes. Im Falle der Nadelsitzdrosselung bei geringer Nadelöffnungs-
geschwindigkeit bzw. bei quasistationären Nadelteilhüben sorgt die verlängerte Ver-
weilzeit im Zustand der Nadelsitzdrosselung annähernd für eine Verdopplung der
Strahlkegelwinkel. Im Falle quasistationärer Teilhübe äußert sich ein verstärkter
Strahlaufbruch ferner durch eine welligere Strahlaußenkontur bei vergrößerten
Strahlkegelwinkeln und nahezu unveränderten Eindringtiefen (s. Bild 2-23). Die mo-
torischen Ergebnisse korrespondieren grundlegend mit den optischen Resultaten. So
zeigt sich im Fall der nadelsitzgedrosselt rampenförmigen Einspritzung ein stärkerer
Strahlaufbruch, der die Gemischbildung während der Zündverzugszeit begünstigt
und motorisch verstärkte Stickoxidemissionen erkennen lässt. Tendenziell lassen
sich für die druckmodulierte Rampenform im Vergleich zur Rechteckeinspritzung ge-
ringere NOx-Emissionen bei nahezu konstanten Ruß-Werten nachweisen. Es wird
ein deutliches weiteres Optimierungspotential prognostiziert [SSB02] [SMR04].
Nacheinspritzung
Die angelagerte Nacheinspritzung (Abstand zur HE klein, NE während der Haupt-
verbrennung) erweist sich in zahlreichen Untersuchungen als ein wirksames Instru-
ment zur Absenkung der Rußemission bei nahezu konstantem spezifischem Kraft-
stoffverbrauch und Stickoxid-Werten. Der folgende Abschnitt gibt einen Überblick
bisheriger Untersuchungen und deren Ergebnisse. Bei Einspritzsystemen älterer
Bauart, mit Reihen- bzw. Verteilereinspritzpumpen, sind ungewollte Nacheinspritzer
mit schlechter Zerstäubung für einen Anstieg der HC- und Rußemission verantwort-
lich. CR-Einspritzsysteme eröffnen jedoch Möglichkeiten, geringe Nacheinspritzmen-
2 Stand der Technik 37
gen unter hohem Druck und zeitlich gesteuert zu realisieren. Dadurch lässt sich in
bestimmten Betriebspunkten eine deutliche Verbesserung der Rußemission, bei glei-
chem Kraftstoffverbrauch, erzielen.
[CJH99] konnten durch die Nacheinspritzung deutliche Erfolge hinsichtlich der Redu-
zierung der Rußemission erzielen. Eine Ursache der rußreduzierenden Wirkung der
Nacheinspritzung ist die erhöhte Flammentemperatur gegen Ende der Verbrennung,
die den Abbrand der Rußteilchen fördert (s. Bild 2-24). Für den Zeitpunkt der Nach-
einspritzung, d.h. den Abstand zur Haupteinspritzung gilt: Ein zu kleiner Abstand zur
Haupteinspritzung lässt auf Grund der starken abkühlenden Wirkung auf die Haupt-
2 Stand der Technik 38
verbrennung die Rußemissionen ansteigen. Ein Zeitraum von 400-1200 µs zeigt die
deutlichsten Erfolge durch erhöhte Rußoxidation. Bei weiterer Vergrößerung des
Zeitraums steigt die Rußemission auf Grund der geringeren Verbrennungstemperatu-
ren wieder an.
Das Verhältnis der Haupteinspritzmenge zur Nacheinspritzung ist ein Parameter der
abhängig vom Betriebspunkt Gegenstand einer motorspezifischen Optimierung sein
muss. Als Anhaltspunkt können die Untersuchungen von [PBP02] herangezogen
werden, die für den Teillastbereich eine Reduzierung von 40 bis 45% durch große
Nacheinspritzmengen aufzeigen. Im Volllastbereich hingegen zeigen kleine Mengen
(unter 10% der Gesamteinspritzung) die besten Ergebnisse. Hier kann die Rußemis-
sion um 25 bis 45% gesenkt werden. Die NOx-Emissionen können dabei auf glei-
chem oder geringfügig niedrigerem Niveau gehalten werden. Ein leichter Anstieg des
spezifischen Kraftstoffverbrauches ist jedoch zu beobachten.
Bei [GFL03] erwies sich der Einsatz einer Nacheinspritzung ebenfalls als sehr effek-
tives Mittel zur Rußabsenkung ohne Verbrauchsnachteile. Allerdings werden Menge
und Timing als äußerst kritisch beschrieben. Falsch applizierte Nacheinspritzungen
wirken sich hier deutlich nachteilig auf das Emissionsverhalten aus. Der Gewinn
durch Nacheinspritzung nimmt drastisch ab, wenn die Basis-Rußemission ohnehin
gering ist. Wirkungsvolle Nacheinspritzungen konnten nur auf hohem Druckniveau
erzielt werden. Als sehr günstig erwies sich ein rampenförmiger Einspritzverlauf, bei
dem zum Zeitpunkt der Nacheinspritzung ein durch das Absteuern der Haupteinsprit-
zung bedingtes, dynamisches Druckmaximum anliegt.
Tabelle 2-3 gibt eine zusammenfassenden Überblick der wesentlichen Effekte der
ausgewählten Methoden einer Einspritzratengestaltung. Dabei werden einerseits die
2 Stand der Technik 39
Einspritz-
rate Druck- Nadelsitz-
Rampe Boot angelagerte NE
Aus- modulation drosselung
wirkung auf:
Ratenbegrenz- Steigerung der Absetzen einer
Ratenbegrenz- kontinuierliche
ung über Einspritzrate von Teileinspritzung
Effekt ung über Steigerung der
Drosselung konstantem nach der HE unter
Einspritzdruck Einspritzrate
am Nadelsitz Anfangsniveau hohem Druck
geringere Geringere bei sehr kurzen
größere Eindringtiefe als Eindringtiefe Öffnungs-
geringere
Streuung Rechteck als Rechteck vorgängen
Streuung
Sprayverhalten größerer Reduktion der Reduktion der Dominanz der
schlanker nadelsitz-
Nah-Strahl- Kraftstoffmasse Kraftstoffmasse
Strahl generierten
kegelwinkel während des während des
Zündverzuges Zündverzuges Turbulenz
Absenkung durch Absenkung durch
vergleichbar geringere geringere
NOx-Emission Absenkung neutral
mit Rechteck Vormisch- Vormisch-
verbrennung verbrennung
Anstieg durch abhängig vom abhängig vom Absenkung bis
düsennahe Enddruck ist eine Enddruck ist eine 60% durch
Ruß-Emission Absenkung
fette deutliche Ab- deutliche Ab- stärkere
Verbrennung senkung möglich senkung möglich Rußoxidation
spez. Kraftstoff- neutral od. neutral od.
- - neutral
verbrauch leichter Anstieg leichter Anstieg
Die Einspritzrate ist das Maß für die eingebrachte Kraftstoffmasse pro Zeiteinheit, de-
ren Formung in zahlreichen Veröffentlichungen Potential zur Emissionsreduktion be-
scheinigt wird. Zur Einspritzverlaufsformung zählen Vor-, Mehrfach- und Nachein-
spritzung, Öffnungs- und Schließflankenvariation sowie die Modulation des Einspritz-
druckes oder die Begrenzung des Nadelhubes (Nadelsitzdrosselung) innerhalb des
Einspritzzeitfensters. Verschiedene optische Untersuchungen haben gezeigt, dass
das Eindringverhalten des Kraftstoffes trotz identischer Einspritzrate bei unterschied-
licher Einspritzausrüstung differiert. Während des Vorgangs der transienten Düsen-
öffnung wird der Kraftstofffluss durch den Querschnitt am Nadelsitz limitiert. Dieser
als Nadelsitzdrosselung bezeichnete Prozess generiert durch Kavitationseffekte im
Düseninneren einen stärkeren Strahlaufbruch im Düsennahbereich, der in einem
stärkeren Lufteintrag ins Spray resultiert, was tendenziell die Vormischverbrennung
und damit Stickoxidemissionen begünstigt. Die resultierende bessere Gemischaufbe-
reitung in der Frühphase führt bereits im Düsennahbereich zu einer Entflammung.
Bei drallfreien Brennverfahren wird ein Durchstoßen durch den nachfolgenden flüssi-
gen Brennstoffstrahl beobachtet. Diese lokal sehr fette Verbrennung resultiert in mo-
torischen Versuchen in stark erhöhten Rußemissionen. Systeme mit einer schnellen
Nadelöffnung und einem durch den Einspritzdruck dominierten Einspritzratenverlauf
besitzen in der Regel einen schlankeren Strahl. Ein hoher Vormischanteil der
Verbrennung wird grundlegend durch lange Zündverzugszeiten, starken Drall sowie
entscheidend durch den Einspritzverlauf bestimmt. Theoretisch als vorteilhaft wird
eine Einspritzratenform gesehen, die auf moderatem Niveau beginnt und sich über
die Dauer der Verbrennung sukzessive auf ihren Maximalwert steigert. Experimentel-
le Untersuchungen von verschiedenen Forschungsinstituten und Motorherstellern
zeigen vor allem in hohen Lastpunkten das deutlichste Potential für eine druckmodu-
lierte Boot-Einspritzung. Auch Rampenformen zeigen vielversprechende Ergebnisse.
Die angelagerte Nacheinspritzung (Abstand zur HE klein, NE während der Haupt-
verbrennung) erweist sich in zahlreichen Untersuchungen als ein wirksames Instru-
ment zur Absenkung der Rußemission bei nahezu konstanten spezifischen Kraft-
stoffverbrauchs- und Stickoxid-Werten.
Von [Ste04] ist am Institut für Technische Verbrennung der Universität Hannover ein
Einspritzsystemkonzept für Nutzfahrzeuge umgesetzt worden, das eine schnelle Di-
rektbetätigung der Düsennadel durch Piezoaktorik ermöglicht. Mit diesem System
lassen sich gezielt und druckunabhängig quasistationäre Nadelteilhübe darstellen, so
dass eine gezielte Betrachtung von Nadelsitzdrosselphänomenen möglich wird.
Kombiniert wird dieses Einspritzventil mit einer hochdynamischen Druckmodulations-
einheit, die eine Ratenbegrenzung über den Einspritzdruck gestattet. Damit steht ein
Werkzeug zur Verfügung, das mit einer großen Anzahl freier Parameter eine diffe-
renzierte Betrachtung verschiedenster Einspritzratenformen ermöglicht, die druck-
moduliert oder nadelsitzgedrosselt erzeugt werden können. Die hohe Systemdyna-
mik erlaubt weiterhin den kombinierten Einsatz von Mehrfacheinspritzungen.
3 Versuchsaufbau
Zur Lösung der beschriebenen Aufgabenstellung ist neben einer entsprechenden
messtechnischen Ausstattung und eines hochflexiblen Einspritzsystems eine Motor-
basis in Form eines Einzylinderaggregates nötig, die den Einsatz aufwändiger For-
schungssysteme ermöglicht. Die Auswahl und Modifikation der einzelnen Komponen-
ten soll im folgenden Kapitel eingehender beschrieben werden.
Direktbetätigtes Piezo-Einspritzventil
Bei dem Injektor des Einspritzsystems handelt es
sich um ein direkt nadelhubgesteuertes System,
das im Gegensatz zu konventionell druckgesteuer-
ten Systemen eine geführte Nadelbewegung na-
hezu unabhängig vom Einspritzdruck darstellen
kann [SMR04]. Dieses erfolgt über einen im Ein-
spritzventil befindlichen piezoelektrischen Transla-
tor, der über einen Druckbolzen mechanisch direkt
auf die Düsennadel wirkt. Der verwendete piezo-
elektrische Aktuator ist, wie in Bild 3-1 dargestellt,
in Hochvolt-Stapelbauweise aufgebaut und me- Bild 3-1: Aufbau des Piezostacks
chanisch in Reihe sowie elektrisch parallel ge-
schaltet. Im aufgeladenen Zustand dehnt sich dieser Aktuator um ca. 1,2 ‰ – 1,5 ‰
seiner Gesamtlänge aus. Um eine direkte Betätigung der Düsennadel zu gewährleis-
ten, ist der Injektor als „Schließer“ ausgeführt. Bei Spannungsbeaufschlagung ver-
schließt er die Düsenbohrungen über die Bewegung der Düsennadel in den Sitz des
Düsenkörpers. Durch Entladung zieht sich der Aktuator auf seine ursprüngliche Län-
ge zusammen und gibt über die Düsennadel die Bohrungen im Düsenkörper frei. Der
Hub der Nadel wird dabei ausschließlich durch den anstehenden Kraftstoffdruck
ausgelöst. Die Nadelgeschwindigkeit wird im Wesentlichen von der Aktuatorbewe-
gung vorgegeben [Ste04]. Auf Grund dieses Betätigungsprinzips können Nadelteil-
hübe und nahezu beliebige direkt geführte Bewegungen der Düsennadel dargestellt
3 Versuchsaufbau 43
werden. Dies eröffnet die Möglichkeit, sehr gezielt die Einspritzrate über die Nadel-
bewegung zu steuern.
Justiereinrichtung
Einspritzdüse
durch die Kipphebelbetätigung der Ventile nur ein begrenzter Einbauraum zur Verfü-
gung steht, wird die Kraftstoffzuführung analog zum Serieneinsatz durch eine seitli-
che Lanzenanbohrung umgesetzt. Dies hat weiterhin den Vorteil, dass die Kraftstoff-
leitung durch den Injektor sehr kurz und damit verlustarm gehalten werden kann. Das
Aktuatorgehäuse wird zur zusätzlichen Aufnahme des Kühlmantels schlanker gestal-
tet. So wird eine Konditionierung der Temperatur des Injektorgehäuses ermöglicht,
um die Wärmedehnung und damit das differente Verhalten während eines Motorbe-
triebs unter unterschiedlichen Randbedingungen einzudämmen. Der Nadelhub in
Kombination mit der geforderten Dynamik kann durch den Einsatz eines neuen pie-
zokeramischen Werkstoffes mit geringerer elektrischer Kapazität, höherer Steifigkeit
und größerer Längendehnung erreicht werden. Bild 3-2 zeigt in der Schnittdarstel-
lung das eingesetzte Einspritzventil und dessen wesentliche Eigenschaften.
Druckmodulationseinheit
Zur ergänzenden Modulation des Einspritzdruckes kommt das bereits in [Ste04] be-
schriebene und erprobte System mit Piezo-Proportionalventilen zum Einsatz. Der
schematische hydraulische Aufbau der Einheit wird in Bild 3-3 gezeigt.
Injektor p
Nadelhub
T
Injektor
Piezo-Prop.Ventil II Nadelhub
Piezo-Prop.Ventil I
Prop.-Ventil I
Mischkammer Nadelhub
Prop.-Ventil II
Filter
Einspritzdruck
Rail ND Rail HD Zeit
p
p
M Merkmale:
CR-Pumpen getrennt wählbare Druckstufen (20 -180 MPa)
Druckregelventil Piezoaktorik erlaubt flexibles Ventilschalten
M
motordrehzahlunabhängige Druckerzeugung
Vorförderpumpe Druckregelventil
Tank
Für die geänderten Anforderungen muss die Einheit jedoch angepasst werden. Die
wesentlichen Punkte sind:
ausgeführt werden. Durch den Einsatz einer speziell angefertigten Düsennadel wur-
de die Druckstufe und der Sitzdurchmesser dahingehend verändert, dass mit der be-
grenzten Schließkraft der Piezokeramik das Ventil gegen Drücke bis 185 MPa sicher
schließen kann. Um einen maximalen Durchfluss durch die Ventile zu erreichen,
werden die Spritzlöcher entfernt und durch ein zentrales Loch mit 3 mm Durchmes-
ser ersetzt.
200 200
175 150
Leitungsdruck [MPa]
Nadelhub [µm]
150 100
125 50
Drossel a < Drossel d
nadelsitzgedrosselt
nadelsitzgedrosselt druckmoduliert
druckmoduliert
Einspritzrate [mg/ms] / Druck [MPa] / Nadelhub [µm]
200
150
100
Nadelhub
50 exp. Einspritzrate
sim. Einspritzrate
exp. Leitungsdruck
sim. Leitungsdruck
0
0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 0,0
Zeit [ms] 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5
krail
Niederdruc
Hochdruck-
filter
Piezo-Injektor
PPV I
Hochdruckrail
PPV II
Zulauf-
drossel mit
Misch-
Temperatur- Minirail
kammer Druck- sensor
sensor
Das verifizierte Modell wird zur Vorausberechnung und Optimierung des realen Ein-
spritzsystems genutzt. Wesentliche Ansätze bestehen in der Verbesserung des er-
reichbaren Druckgradienten und der Verminderung von Leitungsdruckverlusten mit-
tels geometrischer Verbesserungen des Systems. So konnte durch die Rechnung im
Bereich zwischen den Proportionalventilen und dem Injektor durch Konstruktion einer
optimierten Mischkammer der Druckgradient signifikant gesteigert werden. Die Stel-
len maximaler Druckverluste können in der Modellbildung leichter lokalisiert und ver-
mieden werden. Das Gesamtpaket aus experimentellen und simulativen Optimie-
rungsmaßnahmen resultiert in dem in Bild 3-7 dargestellten Einspritzsystem, das in
dieser Form bei den Untersuchungen zum Einsatz kommt.
Einspritzdüse
Für die Untersuchungen kommt eine 8-Loch-Sacklochdüse mit einem Kegelwinkel
von 126° und einem Spritzlochdurchmesser von 0,202 mm zur Anwendung, die für
einen koaxialen Einbau vorgesehen ist. Auf Grund gleicher Spritzlochgeometrien bie-
tet diese Bauform eine gute Strahlsymmetrie. Bei stationärer Durchströmung ohne
Düsennadel mit 10 MPa über den Zeitraum von 60 Sekunden wird der Kennwert von
1750 cm3 Kraftstoffvolumen bestimmt. Die hydraulischen und geometrischen Eigen-
schaften der verwendeten Einspritzdüse sind in Tabelle 3-1 zusammengefasst.
Düsenart Sacklochdüse
Hydraulischer Durchfluss [Qhydr] 1750 cm3/min
Spritzlochanzahl [n] 8
Spritzlochdurchmesser [dLo] 0,202 mm
ges. Spritzlochbohrungsquerschnitt [ALo] 0,25638 mm2
Kegelwinkel [ψ] 126°
Nadelspitzenwinkel [α] 95°
Nadelsitzwinkel [χ] 60°
HE-Verrundungsgrad [-] 7%
Der berechnete Wert lässt sich durch das in Bild 3-9 gezeigte messtechnisch erfass-
te Kennfeld nicht stützen. Es wird für eine Variation von Leitungsdrücken zwischen
60 MPa und 180 MPa schrittweise die Aktuatorspannung erhöht. Die resultierenden
maximalen Einspritzraten werden dann über dem jeweiligen Nadelhub aufgetragen.
Um einen Einfluss des transienten Nadelhubes auf die maximale Einspritzrate aus-
schließen zu können, wurde ein ausreichend langes Einspritzereignis von 2 ms
zugrunde gelegt. Die bei geringen Nadelhüben degressive Steigung nimmt ab einem
Nadelhub von ca. 170 µm einen stationären Wert ein. Dieses Verhalten signalisiert,
dass nicht mehr die Nadelsitzdrosselung die Einspritzrate dominiert sondern der
Spritzlochquerschnitt. Die Rechnung unterschätzt in diesem Fall also den Realwert.
Nach [Har87] wurde die in Kapitel 2 beschriebene Näherungsformel für den über den
Nadelhub variierenden wirksamen Durchflussquerschnitt unter Annahme geometri-
scher Vereinfachungen für Nadelventile in hydraulischen Systemen bestimmt. Für
den Fall der eingesetzten Düsenform scheint die vereinfachende Annahme der Win-
kelgleichheit des Nadelsitzwinkels an der Nadel und im Düsenkörper eine erheblich
größere Abweichung hervorzurufen als bei [Bus01] und [Ste04]. Für die Diskussion
3 Versuchsaufbau 50
der hydraulischen Ergebnisse wird als Maßgabe der messtechnisch ermittelte Wert
von 170 µm verwendet.
0,4
Strömungsquerschnitt [mm2]
Strömungsquerschnitt am Nadelsitz
Gesamtströmungsquerschnitt der Spritzlöcher
0,3
ASi
0,2
ASl
ASi<ASl ASi>ASl
0,1
engster Querschnitt engster Querschnitt
am Nadelsitz im Spritzloch
0,0
0,00 0,05 0,10 0,15 0,20
Nadelhub [mm]
Die Notwendigkeit eines sicheren Schließens der Düsennadel bei hohen Einspritz-
drücken bedingt einen unvermeidlichen Verlust an nutzbarem Nadelhub in Form von
Dehnungsverlusten bei geringen Einspritzdrücken. Das in Bild 3-9 dargestellte Kenn-
feld zeigt diesen Effekt in Form von sinkenden gemessenen Nadelhüben bei identi-
scher Spannungsbeaufschlagung des Aktuators und sinkenden Einspritzdrücken. Im
angegebenen Druckspektrum beträgt die Injektordehnung ca. 40 µm.
120
95% 100%
Aktuatorspannung
0 2 ms
80 60%
60 55%
∆lInjektor
40 50%
20 prozentuale Spannungsbeaufschlagung
des Piezo-Aktuators
60MPa
600bar 90MPa
900bar 120MPa
1200bar 150MPa
1500bar 180MPa
1800bar
0
40 60 80 100 120 140 160 180 200 220
Nadelhub [µm]
Einspritzspezifische Messgrößen
Der Nadelhubverlauf des Einspritzventils und beider Proportionalventile wird über
einen am ITV entwickelten Miniatursensor nach dem Hall-Prinzip aufgenommen, der
an der Schnittstelle zwischen der Düsennadel und dem Betätigungsstößel platziert
ist. Dies ermöglicht eine hochaufgelöste quantitative Messung der Nadelbewegung
sehr ortsnah zur Hubbewegung, d.h. Fehlereinflüsse durch Materialdehnungen wer-
den weitgehend vermieden.
3 Versuchsaufbau 51
Insbesondere bei der Untersuchung der druckmodulierten Einspritzung ist die zeitlich
hoch aufgelöste Kenntnis der Kraftstoffdrücke an verschiedenen Stellen des Ein-
spritzsystems von entscheidender Bedeutung. Dies sind die Speicherdrücke am
Hochdruck- und Niederdruckrail sowie der Leitungsdruck in der Mischkammer im
direkten Zulauf zum Injektor. Mittels eines speziellen Adapters und eines Miniatur-
Thermoelementes wird weiterhin die Kraftstofftemperatur im Hochdruckteil vor Ein-
tritt in den Injektor bestimmt. Die Raildrücke sind Überwachungs- und Steuergrößen
zum Einstellen der vorzuhaltenden Druckniveaus sowie dynamische Messgrößen,
um die über den Einspritzverlauf auftretenden Druckschwankungen zu detektieren
und zu bewerten. Der Leitungsdruck im Zulauf des Injektors stellt die entscheidende
einspritzhydraulische Messgröße dar, da er im Zusammenspiel mit dem Nadelhub
den an den Düsenlöchern anliegenden Einspritzdruck und somit den Einspritzverlauf
bestimmt. Die Raildrücke und der Leitungsdruck werden durch Sensoren, deren
Messprinzip auf Dehnungsmessstreifen basiert, detektiert. Ergänzt wird die Messket-
te des Systemdruckes durch eine Messung im Düsensackloch, die im nachfolgenden
Kapitel eingehender beschrieben wird.
IAV GmbH verwendet, das für diese Anwendung speziell modifiziert wurde. Da in
den vorliegenden Untersuchungen entgegen der bei industriellen Anwendungen übli-
chen Niedervoltsysteme mit einem Hochvolt-Aktuator (1000–0 V) gearbeitet wird,
generiert das FI2RE die Steuerspannung für die am ITV eingesetzten Piezo-
Endstufen. Die maximal darstellbare Auflösung jedes Einspritzereignisses beträgt
1 µs. Einspritzbeginn und Schaltzeitpunkte können auf 1°KW genau festgelegt wer-
den. Die Spannungsverläufe werden in der Bediensoftware durch Kennlinien vorge-
geben, die für jeden Kanal individuell gestaltet werden können. Jeder Ansteuervor-
gang setzt sich aus einer Start- und einer Stop-Kurve zusammen, deren Übergang
durch die aktuelle Öffnungsdauer bestimmt ist [KFM01] [PKS04].
1200 12
Ansteuerspannung [V]
800 8
Strom [A]
400 4
Spannung U
Strom I
0 0
0 50 100 150 200 250 300
Zeit [µs]
Ein häufig auftretender Effekt bei Piezo-Aktuatoren ist die longitudinale Eigenschwin-
gung. Diese kann durch mechanische Stöße oder elektrische Impulse angeregt wer-
den. Umgangen werden kann dieser störende Einfluss durch eine sog. ruckfreie An-
steuerung, d.h. der zeitliche Spannungsverlauf wird so gestaltet, dass der maximal
zulässige Strom nicht überschritten wird [PKS04]. Wie in Bild 3-10 dargestellt folgt
der Strom einem sinusförmigen Verlauf, der im Maximum die zulässige verstärkersei-
tige Grenze von 12 A nicht überschreitet. Es ergibt sich ein harmonischer Anstieg
des Spannungsverlaufes. Die maximale Öffnungsgeschwindigkeit ist im Wesentli-
chen bestimmt durch die Kapazität der Piezokeramik.
Ein Problem der Direktbetätigung der Düsennadel durch einen Piezoaktuator besteht
in der unterschiedlichen Wärmedehnung des Piezoquarzes und des Injektorgehäu-
ses aus Edelstahl. Bereits kleine Differenzen resultieren in einem veränderten abso-
luten Nadelhub. Das FI2RE bietet die Option als Eingangsgröße eine Temperatur
einzusetzen und diese mit einer Funktion zu verknüpfen, um die Aktuatorspannung
den veränderten Einflüssen anzupassen. Analog zu dem durch die Erwärmung grö-
ßeren Aktuatorstellweg erfolgt eine Verschiebung des Offsets der beaufschlagten
Steuerspannung, so dass die Amplitude der Nadelöffnung in dem gewählten Tempe-
raturspektrum konstant bleibt. Als Eingangsgröße für diese Temperaturkompensation
wird die Temperatur an der Einspritzdüse gewählt. Die brennraumnahe Sensorpositi-
3 Versuchsaufbau 53
on stellt sich als ein besonders guter Indikator des Temperatureinflusses dar. Neben
dem Wärmeeintrag aus dem Brennraum kommt es hier zu Temperaturerhöhung
durch starke Drosselprozesse. Dieser Bereich kann auf Grund räumlicher Restriktio-
nen nicht von dem adaptierten Kühlmantel umschlossen werden. Die Kompensation
kann allerdings nur durch eine höhere Spannungsbeaufschlagung im Verlauf der Er-
wärmung erreicht werden, die dann nicht mehr für den absoluten Nadelhub zur Ver-
fügung steht. Als Kompromiss wird ein Temperaturfenster gewählt, in dem das Ein-
spritzsystem sicher und reproduzierbar bei ausreichendem Nadelhub betrieben wer-
den kann.
Für die Messung wird das Proportionalventil über das Steuergerät auf den Wert des
gewünschten Kompressionsenddrucks eingestellt. Wird nun in das Rohr eingespritzt,
baut sich zunächst der vorgegebene Gegendruck in der Rohrschleife auf. Bei Über-
schreiten der Druckbegrenzung wird der Kraftstoff freigegeben, so dass sich nach je-
der Einspritzung stets der gleiche Gegendruck einstellt. Für den Zeitraum der Ein-
spritzung baut sich in der Rohrleitung ein Überdruck auf, dessen Amplitude durch die
Drossel und die Länge bzw. den Innendurchmesser der Rohrstrecke bestimmt wird.
Der zeitliche Verlauf dieser Druckerhöhung entspricht der Einspritzrate. Sie wird mit
einem Druckaufnehmer detektiert und einem Messdatenerfassungssystem zugeführt.
Die Druckwelle läuft durch die Rohrschleife und wird durch die Wandreibung und ein
Filterpaket gedämpft. Am Ende der Rohrschleife erfolgt eine Reflektion an dem dort
befindlichen einstellbaren Drosselventil. Die Kalibrierung des Drucksignals auf die
Einspritzrate gelingt über eine gravimetrische Messung der eingespritzten Absolut-
menge. Die Durchschnittsmenge entspricht der durchschnittlichen Fläche der Druck-
integrale einer aufgezeichneten Folge von Einspritzungen. Eine statistische Betrach-
tung der Einzeleinspritzungen kann anhand der Unterschiede im Druckverlauf (Ra-
tenstreuung) sowie der Einzelflächeninhalte (Hub-zu-Hub-Streuung) durchgeführt
werden. Es besteht eine Proportionalität zwischen dem Integralwert des Druckes und
3 Versuchsaufbau 54
Steuergerät
Druck-
Drossel speicher
Temperatursensor ein-
stellbar
fest
Manometer
Berstscheibe
Düse Adapter
Rohrschleife
Proportionalventil
Drucksensor
Überlauf
3.3 Düsensacklochdruckmessung
Zur umfassenden hydraulischen Beurteilung der beiden hier untersuchten Mecha-
nismen zur Einspritzratenbegrenzung ist die Kenntnis des Einspritzdruckverlaufes di-
rekt im Düsensackloch wünschenswert. Die Messstelle des Leitungsdruckes kurz vor
Eintritt in den Injektor kann diese Aussage nur bedingt ersetzen. Wie im Folgenden
näher beschrieben, erweisen sich Rechenansätze an dieser Stelle als sehr kompli-
ziert oder zu ungenau. Eine Druckmessung direkt im Düsensackloch im motorischen
Betrieb erweist sich auf Grund der sehr kleinen Dimensionen mangels passender
Sensorik und entsprechenden Zugangsmöglichkeiten als nicht umsetzbar. Daher
wird eine motorexterne Messeinrichtung umgesetzt, die unter vergleichbaren Rand-
bedingungen eine Aussage über die Druckverhältnisse zulässt. Nachfolgend wird
neben den theoretischen Rechenansätzen, der Aufbau und die Funktion der einge-
setzten Messeinrichtung näher erläutert.
sich mit der Schallgeschwindigkeit a fort, die Wellenlaufzeit berechnet sich als Quo-
tient der Länge und der Schallgeschwindigkeit. Daraus folgt z.B. für die vorlaufende
Druckwelle der Leitung pvL, dass diese um die Laufzeit t phasenverschoben im Dü-
sensackloch eintritt, dort reflektiert wird und schließlich nach einer weiteren Laufzeit t
als rücklaufende Welle wieder an der Messstelle eintrifft. Aus der Kontinuitätsglei-
chung kann der momentane Druck an einer beliebigen Stelle t berechnet werden. Die
ausführliche Herleitung mit den zugrunde liegenden Vereinfachungen und Annahmen
der Gl. 3-1 ist bei [Mel63] und [WAn69] abgelegt.
dpSl ( ϕ )
dϕ
=
E ( p ,T )
6 ⋅ n ⋅ VSl
[
⋅ A ⋅ (2 ⋅ pvSl ( ϕ ) − pSl ( ϕ ) + p0 ) − B − Q (pSl , pZyl , ρ ( p ,T ), Aeff )] Gl. 3-1
AL dh ( ϕ )
mit: A = ;B = N ⋅ 6 ⋅ n ⋅ AN
ρ ( p ,T ) ⋅ a( p ,T ) dϕ
Der dargestellte Ansatz verwendet für die Dichte, die Schallgeschwindigkeit und den
Kompressibilitätsmodul von Diesel konstante Werte. In dem Ansatz von [Mel63] wur-
den ρ, a und E mit Hilfe von Diagrammen über lineare Beziehungen als Funktionen
der Temperatur und des momentanen Druckes angenähert. Durch die Notwendigkeit
auf Tabellenwerke zurückgreifen zu müssen und einen sehr hohen Rechenaufwand,
erscheint dieser Ansatz als Abschätzung nicht sinnvoll.
Ein weiterer und durch geringere Komplexität zielführenderer Ansatz ist über die
Zwei-Drossel-Gleichung möglich. Diesem Ansatz liegt eine 1D-Theorie mit einer
Gleichung von zwei Drosselstellen und die Verwendung des Durchflusskoeffizienten
µ zugrunde. Unter Einsatz von Kontinuitäts- und Bernoulli-Gleichung kann ein Ansatz
formuliert werden, der unter Berücksichtigung von Carnot-Stoßverlusten im Fluid auf
den Düsensacklochdruck schließt. Für die weitere Berechnung werden einige verein-
fachende Annahmen getroffen. Die Geschwindigkeit des Brennstoffs ist im Bereich
der Leitung annähernd Null, da sie im Gegensatz zur Brennstoffgeschwindigkeit im
Sackloch und den Spritzlöchern deutlich geringer ist. Die Austrittsgeschwindigkeit
des Brennstoffs in den Brennraum und die Geschwindigkeit im Düsenloch können als
identisch angenommen werden. Des Weiteren werden Störeinflüsse wie Reibung
und Konvektion durch die Verengung der Leitungsquerschnitte um einen entspre-
chenden Faktor ausgeglichen, so dass weiterhin reibungsfrei gerechnet werden
kann. Die für die Rechnung mittels Gleichung 3-2 erforderlichen Durchflusskoeffizien-
ten, Drücke und Flächen lassen sich teils durch Berechnung bzw. Messungen und
teils durch realistische Abschätzungen, basierend auf vorherigen Versuchen, gewin-
nen. Der Koeffizient µSi für den Bereich des Nadelsitzes ergibt sich in Abhängigkeit
des Nadelhubes. Bei vollständig geöffneter Nadel kann annähernd µSi ≈ 1 angenom-
men werden. Bei einem Nadelhub hN zwischen 0 und 0,005 mm berechnet sich der
Durchflusskoeffizient nach [RMa94] aus µSi ≈ 195hN.
3 Versuchsaufbau 56
µ ⋅ A
2
p
Si Si
+ Zyl
µ
Lo Lo⋅ pL
= pL
A
pSl 2 Gl. 3-2
µ Si ⋅ ASi
1+µ ⋅ ALo
Lo
Für den Durchflusskoeffizienten des Düsenlochs folgt aus der Näherung von
[OKK91] der Wert µLo ≈ 0,5→0,6 für Standard Einspritzdüsen. Die Fläche des Ein-
spritzlochs ALo lässt sich aus den Kenndaten der verwendeten Einspritzdüse ent-
nehmen. Die Fläche des Nadelsitzes ASi muss in Abhängigkeit des Nadelhubs be-
rechnet werden, was bereits detailliert im Zusammenhang des Umschlagpunktes der
hydraulischen Drosselstellen erörtert wurde. Die Drücke pZyl und pL können aus den
Versuchsdaten entnommen werden. Die Berechnung des Düsensackloches über den
„Zwei-Drossel-Ansatz“ gilt als gute Näherung des gewünschten Drucks. Durch die
vereinfachenden Annahmen können die transiente Phase der Düsenöffnung und dy-
namische hydraulische Vorgänge wie Fluidschwingungen und damit verbundene
Drucküberhöhungen nur sehr unzulänglich beschrieben werden. Es bleibt letztlich al-
so nur die messtechnische Erfassung der einspritzrelevanten Messgröße Sackloch-
druck.
zusätzliches Einspritzdüse
Schadvolumen (m. Ø0,4mm zentraler Bohrung)
Miniaturdrucksensor
Sensorschlitten
Tellerfeder
Sensormutter
Kraftstoffablauf
Schadvolumen wird auf diesem Weg gering gehalten. Interaktionen zwischen Ein-
spritzstrahlen und den begrenzenden Bauteilen werden weitgehend ausgeschlossen.
Zur Detektion des Druckes kommt ein piezoresistiver Miniaturdrucksensor der Fa.
Kistler vom Typ 4067A3000 zum Einsatz. Kommt es nun zur Einspritzung, gelangt
ein Teil der Kraftstoffmasse über den Schusskanal zum Drucksensor und wird dort
zeitaufgelöst aufgenommen.
langsame
langsame Rampe
Rampe (nadelsitzgedrosselt)
(nadelsitzgedrosselt) Boot
Boot (nadelsitzgedrosselt)
(nadelsitzgedrosselt)
Druck [MPa] / Einspritzrate [mg/ms] / Nadelhub [µm]
200
150
100
50
Einspritzrate Sacklochdruck
Leitungsdruck Leitungsdruck (Sacklochdruckmessung)
Nadelhub Nadelhub (Sacklochdruckmessung)
0
0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 0,0
Zeit [ms] 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5
In Bild 3-13 links ist exemplarisch ein nadelsitzgedrosselter Einspritzvorgang mit ei-
ner langsamen Rampenform dargestellt. Obwohl bei den Versuchen zur Messung
des Düsensacklochdruckes eine durch das zusätzliche Spritzloch modifizierte Ein-
spritzdüse zum Einsatz kommt, zeigen die gestrichelten Verläufe für den Nadelhub
und den Leitungsdruck nahezu identische Verläufe. Es lässt sich also eine gute Ver-
gleichbarkeit der Messreihen feststellen, die eine Übertragung der Messwerte ermög-
licht. Die sehr langsame Nadelöffnung im vorliegenden Fall resultiert in einem nur
sehr geringen Druckabfall nach Nadelöffnung. Allerdings zeigen auch Versuche mit
stärkerem Schwingverhalten eine sehr gute Übereinstimmung. Des Weiteren zeigt
der Mechanismus einer nadelgesteuerten Ratenbegrenzung in Kombination mit dem
Düsensacklochdruck im Vergleich zu einer durch Druckmodulation generierten Ein-
spritzung einen interessanten Effekt. Steigt der Druck im Düsensackloch in der ers-
ten Phase noch analog zur Einspritzrate, kommt es bei Freigabe eines bestimmten
Strömungsquerschnittes zu einem sehr steilen Druckanstieg. Auf der rechten Bild-
hälfte wird der Sacklochdruckverlauf einer nadelsitzgedrosselten Boot-Einspritzung
gezeigt. Die Nadel wird hier über einen quasistationären Zeitraum von 1 ms auf ei-
nem Teilhub von 70 µm gehalten und erst anschließend der vollen Querschnitt frei-
gegeben. Es dominiert also in der ersten Phase sehr stark die Drosselung am Nadel-
sitz. Dies wird auch anhand des Düsensacklochdruckes sehr deutlich. Es ist im frü-
hen Abschnitt des Einspritzzeitfensters eine starke Fluidschwingung erkennbar, was
auf einen starken Kavitationseinfluss oder Nadeltaumeln hindeutet.
3 Versuchsaufbau 58
10
0
0 50 100 150 200
Kraftstoffmassenstrom [mg/ms]
3.4 Forschungseinzylindermotor
Unter Verwendung aufwändiger Experimentaleinspritzsysteme zur Brennverfahrens-
entwicklung kommen in der Regel Forschungseinzylindermotoren zum Einsatz, um
die Kosten in Grenzen zu halten und eine Beherrschbarkeit der komplexen Systeme
zu gewährleisten. Im vorliegenden Fall gilt es, eine neue Motorbaureihe für Marine –
und Nonroad-Anwendungen möglichst realistisch abzubilden. Das Aggregat besitzt
auf Grund der gestiegenen Anforderungen an die Zylinderleistung ein Zylinderhubvo-
lumen von 2,23 l und erstmalig ein Common Rail Einspritzsystem [KBW04]. Um die
Ergebnisse und Potentiale der hier beschriebenen Untersuchungen auf die Vollmo-
tordaten übertragen zu können, erfolgt die Umrüstung des Einzylindermotors in mög-
lichst hoher Übereinstimmung zum Serienaggregat. Im Folgenden werden die we-
sentlichen konstruktiven Änderungen und unvermeidlichen Abweichungen beschrie-
ben.
Als Basis steht ein Zylinderkurbelgehäuse einer älteren Motorbaureihe zur Verfü-
gung. Auf Grund der stark steigenden Belastungen wird die Bauteilfestigkeit durch
vier vertikal durch das Gehäuse verlaufende Zuganker verstärkt. Diese bauliche Ver-
änderung erhöht die Festigkeit des Gehäuses in vertikaler Richtung und verhindert
ein Reißen der Seitenwände unter erhöhter Belastung. Des Weiteren dient eine Ver-
stärkung der Hauptlagerkörbe zur Aufnahme der Rollenlager für die Kurbelwelle
3 Versuchsaufbau 59
durch aufgeschraubte und verspannte Masken der Aufnahme der vergrößerten radia-
len Kräfte. Durch den Einsatz eines speziell angefertigten Zwischengehäuses kann
eine serienmäßige Laufbuchse aufgenommen werden. Die Anschlussmaße des Zwi-
schengehäuses lassen die Verwendung eines drallfreien Serienzylinderkopfes zu, so
dass der Gasaustausch in Kombination mit einer eigens angefertigten Nockenwelle
mit angepassten Ventilerhebungskurven sehr realistisch wiedergegeben werden
kann. Der Vierventil-Zylinderkopf wird zur koaxialen Aufnahme des ITV Piezo-
Einspritzventils durch Materialabnahme angepasst. Die Ventilbetätigung erfolgt über
längenangepasste Stößelstangen und Rollenstößel. Auf der messtechnischen Seite
werden Sensoren für Zylinderkopf- und Auslassventilstegtemperatur sowie eine Zy-
linderdruckindizierung vorgesehen.
Die Medien Kühlwasser und Öl werden mittels externer Einheiten voll konditioniert.
Die zugeführte Ladeluft wird durch einen Schraubenkompressor und einen parallel
geschalteten Kolbenverdichter auf Arbeitsdruck gebracht. Nach der Entfeuchtung
des Mediums durch einen Kondenstrockner gelangt die Luft durch ein Filterpaket mit
Aktivkohleeinsatz, das Ölfreiheit gewährleistet. Vor Motoreintritt wird die Ladeluft auf
die vorgegebene Betriebstemperatur erhitzt und in ein Kompensationsvolumen gelei-
tet, das die Oszillationen in der Gasströmung, bedingt durch den Einzylinder-Betrieb,
vermindert. Ungewollter Gasaustausch durch pulsierende Strömungen kann so fast
vollständig unterbunden werden. In diesem Beruhigungsbehälter werden der Lade-
druck und die -temperatur bestimmt. Des Weiteren wird an dieser Stelle mit einem
kapazitiven Sensor (HTS300) der Fa. Klink Feuchtemesstechnik die relative Luft-
feuchte ermittelt. Die Luftmasse wird mit einem thermischen Strömungssensor der
Fa. Höntzsch im schwingungsberuhigten Zulauf des Kompensationsvolumens ge-
messen. Das Messprinzip beruht auf dem Wärmetransport von einem elektrisch er-
wärmten Körper in das umgebende Medium, abhängig von der Relativgeschwindig-
keit zwischen beiden.
Das Indiziersystem ADAPT-CAS der Fa. FEV ist modular aufgebaut und besteht im
Wesentlichen aus einem herkömmlichen PC, einem Controller-Modul und einer Da-
tenerfassungseinheit. Die maximale Datenerfassung kann mit bis zu 12 Bit bei 1 MHz
oder 14 Bit bei 800 kHz erfolgen, so dass auch bei höchsten Drehzahlen eine Auflö-
sung von 0,1°KW erreicht wird. Neben dem Zylinderdrucksignal werden auch schnel-
le Messgrößen wie Leitungsdruck oder Nadelhub über das Indiziersystem erfasst.
3 Versuchsaufbau 61
Als Sensor wird ein gekühlter Piezoquarz der Fa. Kistler vom Typ 6061B verwendet,
der in Kombination mit einem Ladungsverstärker ein kurbelwinkeldiskretes druckpro-
portionales Spannungssignal liefert [WOl01]. Der Blow-by Volumenstrom wird mit
einem Messgerät der Fa. AVL vom Typ 442 gemessen. Die Strömung wir durch ein
Blendenmessrohr geleitet, in dessen Mitte sich eine Querschnittsverengung befindet,
die eine durchflussabhängige Druckdifferenz erzeugt. Diese wird von einem Sensor
erfasst und in einer automatisierten Auswerteroutine verarbeitet und dem Datener-
fassungssystem zugeführt [AVL03].
Die Abgaskomponenten CO, CO2, O2, THC und NOx werden mit dem Analysesys-
tem Mexa 7100D der Fa. Horiba gemessen. Es wird eine aufgeheizte Entnahme- und
Messstrecke verwendet, um mengenmäßig undefinierte Abgasbestandteile, die sich
im Kondensat des Abgases sammeln, zu vermeiden. Die kontinuierliche Emissions-
messung erfolgt „feucht“, d.h. ohne vorherige Trocknung der Abgasprobe [Hor96]
[Koz03]. Um eine Vergleichbarkeit der Ergebnisse bei unterschiedlichen Umge-
bungsbedingungen gewährleisten zu können, wird eine Feuchte- und Temperaturkor-
rekturrechnung für die NOx-Werte durchgeführt. Unter Kenntnis der Größen für
Kraftstoffmassenstrom (mK /dt), trockener Luftmassenstrom (mL,tr /dt), absoluter Luft-
feuchte (ρW) und der Ladelufttemperatur (TL) wird die unter Gl. 3-3 angeführte empiri-
sche Rechnung zur Korrektur für NOx durchgeführt. Die Formel geht auf die
DIN ISO 8178 zurück. Die gesamte angewandte Umrechnung der Emissionskompo-
nenten inklusive einer umfassenden Nomenklatur ist detailliert in [DIN96] beschrie-
ben. Die NOx-Korrektur soll an dieser Stelle nur als Beispiel fungieren.
1
mit: K NOx =
0 ,309 ⋅ m &K − 0 ,209 ⋅ m &K
1+ + 0 ,0266 ⋅ (ρW − 10 ,71) + + 0 ,00954 ⋅ (TL − 298 )
m & L ,tr m& L ,tr
Der Rußgehalt wird mit einem AVL Smokemeter 415S bestimmt. Das Messprinzip
besteht darin, dass ein sauberes Filterpapier von einer definierten Abgasmenge
durchströmt wird und dabei die im Gas enthaltenen Rußpartikel im Filter zurückblei-
ben. Die so verursachte Schwärzung des Filterpapiers wird anschließend optisch
ausgewertet und als Filter-Schwärzungs-Zahl FSN (Filter Smoke Number), die ein
Maß für die im Abgas enthaltene Partikelmasse darstellt, ausgegeben. Der gesamte
Messvorgang vom Spülen über Probenentnahme und Filtertransport bis zur eigentli-
chen Bestimmung der Rußmenge wird dabei vollautomatisiert gesteuert und über-
wacht [AVL02] [Koz03]. Das Opacimeter 439 der Fa. AVL misst die Abgastrübung
(Opazität) von verunreinigter Luft, im speziellen von Dieselabgasen. Eine Messkam-
mer mit definierter Messlänge und nicht reflektierender Oberfläche wird homogen
von Abgas durchströmt. Die Lichtabschwächung zwischen einer Lichtquelle und ei-
nem Empfänger wird gemessen und daraus die Trübung des Abgases berechnet.
3 Versuchsaufbau 62
Grundlage für diese Berechnung ist das Beer-Lambert-Gesetz. Breitet sich elektro-
magnetische Strahlung - also auch sichtbares Licht - in einem Medium aus, so wird
sie längs ihres Weges in ihrer Intensität abgeschwächt. Im vorliegenden Fall vollzieht
sich die Lichtabschwächung in einem mit Rußpartikeln beladenen Abgas, dessen
Abschwächung in Prozent angegeben wird [AVL98].
Die Ermittlung des Kraftstoff-/Luftverhältnisses erfolgt über drei Wege. Auf der
messtechnischen Seite wird eine Breitbandlambdasonde vom Typ LSU 4 der Fa.
Bosch verwendet. Es handelt sich hierbei um eine planare Zweizellen-Grenzstrom-
Sonde, die aus der Kombination einer Nernst-Konzentrationszelle (Sensorzelle) mit
einer Sauerstoffionen transportierenden Pumpzelle besteht, die nicht nur im stöchio-
metrischen, sondern auch im mageren und fetten Bereich messen kann, so dass sie
sich für den Einsatz an Dieselmotoren eignet [Bos02]. Zur Auswertung und der Steu-
erung der Sondenheizung wird das Bauteil mit dem Messgerät Lambda Meter LA 4
der Fa. ETAS betrieben. So kann online der aktuelle Lambda-Wert abgerufen wer-
den. Zusätzlich wird diese Kenngröße auf zwei rechnerischen Wegen bestimmt. Auf
der einen Seite erfolgt die in Gl. 3-4 dargestellte klassische Berechnung über den
Mindestluftbedarf unter Verwendung der Massenströme von Luft und Brennstoff.
m&L
λLmin = Gl. 3-4
Lmin ⋅ m
&K
Eine weitere Möglichkeit der Ermittlung des Kraftstoff-/Luftverhältnisses stellt die Be-
rechnung aus den Emissionskomponenten dar. Dieser Zusammenhang ist ebenfalls
in der DIN 8178-1 abgelegt und in Gl. 3-5 dargestellt. Wesentlicher Bestandteil dieser
Berechnung ist die Kenntnis des Kohlenstoff-/Wasserstoffverhältnisses im Kraftstoff
(υH/C) sowie die im Experiment ermittelten und umgerechneten Volumenkonzentrati-
onen von CO (cCO,tr) und HC (cHC,tr). Etwas aufwändiger zu bestimmen ist das Ver-
hältnis von Abgas zu den kohlenstoffhaltigen Komponenten (υE/C), da hier die Be-
stimmung einiger weiterer Größen vorausgeht. Die vollständige Korrekturrechnung
mit den einzelnen Operationsschritten ist in [DIN96] beschrieben.
guten Vergleichswert dar, mit dem auch die Plausibilität der experimentellen Werte
verifiziert werden kann. Bild 3-16 gibt einen schematischen Gesamtüberblick des
Prüfstandsaufbaus, der Positionierungen der Messtechnik und der prinzipiellen Bau-
teilanordnung in den Konditionierstrecken.
E
M
Einspritz-
Einspritz- p(s)
T system
system T p(l)
M ND
BB Indizier-
Indizier- und
und
Injektorkühlung
Injektorkühlung
p(l) M
M T
HD
T p(s)
Ausgleichs- p(s) p(s)
Abgas-
Abgas- volumen
T
pfad
pfad λ FEZ-
T Motor
p(l) Gleichstrom-
n maschine
Me
T p(l) Ra
T T T
Wasser- Öl- Ausgleichs-
Wasser- Öl- T
p(l) volumen
kreislauf
kreislauf kreislauf
kreislauf M
V& Luft-
Luft-
Trocken- pfad
pfad
sumpf-
M tank
M
Kondens-
trockner
Rückkühlanlage M
Symbole Messgrößen
Wärmetauscher BB Blow-by p(l) Druck (langsam)
Heizung E Emission (NOx, CO, p(s) Druck (schnell)
HC, O2, CO2, FSN) Ra Luftfeuchte
einstellbares Drosselventil &
m Kraftstoffmassenstrom T Temperatur
Pumpe Me effektives Moment V& Luftvolumenstrom
Kompressor n Drehzahl λ Kraftstoff/-Luftverhältnis
tropfen in der Gasphase bilden sich auf der Tropfenrückseite druckinduzierte Instabi-
litäten aus. Dieser Mechanismus wirkt hauptsächlich in unmittelbarer Nähe der Dü-
senöffnung und ist besonders wichtig für die Zerstäubung großer Ligamente [Str00]
[Bau03].
Für die Simulation der dieselmotorischen Verbrennung wird ein Ersatzbrennstoff der
Form n-Tetradekan (C14H30) verwendet [Pag03]. Zur Simulation der Zündung wird
das Shell-Modell nach Halstead eingesetzt, dass auf acht Reaktionsgleichungen be-
ruht und an den Selbstzündprozess des Dieselmotors angepasst ist [HKQ77]. Der
Grundgedanke des verwendeten Mixing-Timescale-Verbrennungsmodells ist die
Verwendung von laminaren und turbulenten Zeitskalen für die vorgemischte
Verbrennung und Diffusionsverbrennung [PKH98]. Die implementierten Modelle zur
Simulation der Schadstoffbildung sind der erweiterte Zeldovich-Mechanismus für die
Stickoxidbildung und das Modell nach Hiroyasu für die Rußbildung sowie für die
Rußoxidation nach Nagel und Strickland Constable [HKA83] [NSC62] [HUH96]. Die
Modellierung des Wandwärmeübergangs erfolgt mittels eines Temperaturprofils nach
Reitz [HaR97].
17,5
15,0
Zylinderdruck [MPa]
12,5
10,0
7,5
exp. Rechteck
5,0
sim. Rechteck
exp. Boot (DM)
2,5 sim. Boot
0,0
-10 0 10 20 30 40 50
°KW
Bild 3-17 zeigt einen Vergleich von gerechneten und gemessenen Zylinderdruckver-
läufen einer Rechteck- und einer druckmodulierten Boot-Einspritzrate. Die Ergebnis-
se zeigen trotz unveränderter Rechenparameter eine sehr gute Übereinstimmung.
Die Simulation kann die Art der Ratenbegrenzung nicht differenzieren. Daher werden
die Simulationsdaten in der Ergebnisdiskussion nur zum Vergleich der Einspritzraten-
formen herangezogen. Die durch Druckmodulation erzeugten Einspritzverläufe las-
sen sich auf Grund der geringeren Einflüsse durch Kavitation besser wiedergeben.
Um die 8-Loch-Düse zu modellieren, wird die Symmetrie genutzt und das in Bild 3-15
dargestellte 45°Netz mit insgesamt 64211 Zellen und 64392 Knoten generiert
[LSM04] [SLM04].
4 Ergebnisse der experimentellen Untersuchungen 66
2,4
Mittel- Wichtung
C1_5 Prüf-
Drehzahl druck
stufe [%]
pme
effektiver Mitteldruck [MPa]
Abhängig von der Motorleistung sind Abgas-Grenzwerte festgelegt worden, die die
Individualitäten der Motoren berücksichtigen. So gelten für die in Baumaschinen ein-
gesetzten und als Nonroad-Motoren bezeichneten Industriemotoren von 450-560 kW
die in Bild 4-2 angegebenen Grenzwerte. Hier dargestellt sind die strengeren Richtli-
nien der EPA aus den USA. Eine ähnlich aufgebaute Grenzwerttabelle besteht auch
für die Zulassung in Europa durch die EU. In den USA sind neben den zur Zeit gel-
tenden Limits der ersten und zweiten Stufe die zukünftig einzuhaltenden Werte der
dritten Stufe bereits festgelegt, die abhängig von der Motorleistung zu unterschiedli-
4 Ergebnisse der experimentellen Untersuchungen 67
chen Terminen Gültigkeit erlangen. Für 2012 existiert bereits der ebenfalls darge-
stellte Vorschlag der EPA, der sowohl NOx und HC als auch die Partikelemission
drastisch reduziert und damit erhebliche Anforderungen an die Motorenindustrie stellt
[Mol02] [MTU03]. Die Restriktionen sind nur unter Aufbietung sämtlicher zur Verfü-
gung stehender technischer Mittel einzuhalten. Einen wesentlichen Bestandteil stellt
hier die innermotorische Verringerung der Rohemissionen durch die gezielte For-
mung des Einspritzverlaufes dar.
12 NOx+HC Partikel CO
(g/kWh) (g/kWh) (g/kWh)
Emissionskomponenten [g/kWh]
Relevant für die Messung der gasförmigen Emission und der Partikelemission ist
ebenfalls die Norm EN ISO 8178-1. Sie legt die Mess- und Auswertungsverfahren für
die Messungen unter stationären Bedingungen auf dem Prüfstand fest. Die Norm
dient dazu, einen leistungsbezogenen Emissionswert jeder Schadstoffkomponente
im Abgas zu ermitteln. Generelle Anforderung der Norm ist, dass alle Volumina und
Volumenströme auf 273 K (0°C) und 101,3 kPa bezogen werden müssen. Des Wei-
teren muss die absolute Temperatur und die Feuchte der Ansaugluft ermittelt werden
und in die Rechnungen derart einfließen, dass die errechneten Emissionswerte sich
auf einen Standard beziehen und dadurch reproduzierbar und vergleichbar sind. Die
folgenden Messdaten sind analog zu der beschriebenen Norm korrigiert und alle
Messmittel und Konditioniereinheiten innerhalb der vorgeschriebenen Genauigkeits-
klassen.
Für eine erste grobe Potentialabschätzung und zur Einschränkung des Messaufwan-
des wird im ersten Arbeitschritt die Form der zielführenden Einspritzraten bestimmt.
Als Betriebspunkt wird hier ein besonders rußkritischer Bereich im Kennfeld bei
1300 1/min und hoher Last gewählt. Analog zu Bild 4-3 werden verschiedene Ein-
spritzverläufe auf dem Wege der Druckmodulation und der Nadelsitzdrosselung ge-
neriert. Um im Vorfeld ein möglichst breites Spektrum abdecken zu können, werden
zwei Rampenformen unterschiedlicher Steigung und ein Boot-Verlauf untersucht.
4 Ergebnisse der experimentellen Untersuchungen 68
Rampe
Rampe Boot
Boot
Nadelhub
Leitungsdruck
Einspritzrate
druckmoduliert
druckmoduliert nadelsitzgedrosselt
nadelsitzgedrosselt druckmoduliert
druckmoduliert nadelsitzgedrosselt
nadelsitzgedrosselt
Auf Grund der mangelnden maximalen Liefermenge des zur Verfügung stehenden
Schraubenkompressors zur externen Aufladung kann das Luftverhältnis in den Be-
triebspunkten C1_1 bis C1_3 nicht konstant gehalten werden. Um den Einfluss des
„fetteren“ Gemisches bei den „späteren“ Ansteuerzeiten auf die Schadstoffbildung,
insbesondere die Rußbildung, mit in die Betrachtung einzubeziehen, wird ein Trade-
off über das globale Luftverhältnis durchgeführt. Ausgehend von dem in Tabelle 4-1
dargestellten Referenzpunkt wird der Ladedruck und der Abgasgegendruck in 10 kPa
Schritten bei konstantem Ansteuerbeginn und Kraftstoffmasse zurückgenommen, um
das Spülgefälle konstant zu halten und dadurch das Luftverhältnis gesenkt.
Ladelufttemperatur TL [°C] 50 50 50 50
Über die Absenkung des Ladedruckes gelangt weniger Luftmasse in den Zylinder.
Damit sinkt ebenfalls der erreichte Zylinderspitzendruck bei einer Zunahme der Ab-
gastemperatur. Es wird mehr Wärme an die Brennraumwände abgegeben, d.h. der
Mitteldruck nimmt bei konstanter Kraftstoffmasse ab, was in einer Wirkungsgradver-
schlechterung resultiert. Dies zeigt sich auch in einem steigenden spezifischen Kraft-
stoffverbrauch. Der Brennverlauf zeigt eine moderate Verlängerung des Zündverzu-
ges mit abnehmendem Ladedruck, verbunden mit einem steigenden Premixed-Anteil
und sinkendem Diffusionsteil der Verbrennung. Da der Kraftstoff mit gleicher Umsatz-
rate verbrennt, beeinflusst dies die Flammentemperatur bzw. die Temperatur hinter
der Flammenfront kaum. Die Stickoxidemissionen bleiben trotz veränderter Luftmas-
se durch Kompensation der Effekte auf annähernd gleichem Niveau. In Bild 4-4 ist
der Tradeoff über das Kraftstoff-/Luftverhältnis bei einem konstanten NOx-Wert von
4,5 g/kWh dargestellt. Es wird deutlich, dass sich die Rußemission dabei signifikant
verändert. Die Schwärzungszahl steigt um 0,4 Einheiten bei einer Absenkung des
Luftverhältnisses um 0,15. Das geringere Sauerstoffangebot verschlechtert die Ruß-
oxidation. Bei der Diskussion der folgenden Vergleiche unterschiedlicher Einspritzra-
tenformen wird der Einfluss des veränderten Kraftstoff-/Luftverhältnisses kritisch mit
betrachtet und bewertet.
4 Ergebnisse der experimentellen Untersuchungen 70
Betriebspunkt
Betriebspunkt C1_1
C1_1 (Rechteck-Einspritzung):
(Rechteck-Einspritzung):
2100 11//min
2100 min
;; NOx=4,5
NOx=4,5 g/kWh;
g/kWh; p
p me
me
=1,44
=1,44 -- 1,50
1,50 MPa;
MPa; p
p =213 – 274 kPa; p Abg=193
L=213 – 274 kPa; pAbg
L =193 –– 248
248 kPa;
kPa; m
mKK=181mg/ASP
=181mg/ASP
700 2,5 250 15
Abgastemperatur
Zylinderspitzendruck [MPa]
Zylinderspitzendruck
Abgastemperatur [°C]
Schwärzungszahl [-]
Schwärzungszahl
In den hydraulischen Vorversuchen lassen sich mit der hochflexiblen und präzisen
Piezoaktorik die resultierenden Druckgradienten sehr feinfühlig einstellen. Durch die
freie Wahl des Ansteuerzeitpunktes und des zeitlichen Verlaufes der Ansteuerung
4 Ergebnisse der experimentellen Untersuchungen 71
Standardabweichung [%]
150 15
dpLeitung
≈ 180 MPa
dt ms
Nadelhub [µm]
100 10
Einspritzrate
Leitungsdruck
50 Nadelhub 5
Standardabweichung
0 0
0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2 1,4 1,6
Zeit [ms]
Bild 4-6 illustriert die experimentelle Generierung einer identischen Einspritzrate auf
den zwei Wegen der Nadelsitzdrosselung und der Druckmodulation. Aufgezeigt wer-
den jeweils der Leitungsdruck, der Düsensacklochdruck, der Nadelhub des Einspritz-
ventils und die resultierende Einspritzrate. Die durch Nadelsitzdrosselung dominierte
Einspritzphase ist mit einer grauen Schattierung unterlegt. Je größer der Nadelhub,
desto geringer ist der Einfluss der Drosseleffekte am Nadelsitz, was durch die Ab-
schwächung der Intensität der Einfärbung dokumentiert wird. Links dargestellt ist der
über den Nadelhub begrenzte Einspritzverlauf. Abgesehen von einem leichten
Druckabfall nach Nadelöffnung auf Grund der plötzlichen Expansion des vorgehalte-
nen Kraftstoffvolumens, ist der Leitungsdruck hier konstant. Bei dem rechts gezeig-
ten druckmodulierten Fall, steigt der Einspritzdruck im Einspritzzeitfenster von dem
4 Ergebnisse der experimentellen Untersuchungen 72
eingestellten Anfangsdruck von 60 MPa auf ca. 150 MPa an und erzeugt so das glei-
che Ratenprofil. Dies entspricht einem Druckgradienten von ca. 100 MPa/ms.
nadelsitzgedrosselt
nadelsitzgedrosselt druckmoduliert
druckmoduliert
Einspritzrate [mg/ms] / Druck [MPa] / Nadelhub [µm]
200
150
100
Einspritzrate
Leitungsdruck Einspritzrate "schnelle Rampe"
50 Nadelhub Kraftstoffmasse = 132mg/ASP = const.
Nadelhub mot. Ansteuerdauer = 1990µs
Leitungsdruck mot.
= Einfluss der Nadelsitzdrosselung
Sacklochdruck
0
0,0 0,5 1,0 1,5 Zeit
2,0[ms]
0,0 0,5 1,0 1,5 2,0
Anhand von Bild 4-6 links lässt sich der Vorteil einer direkten Nadelführung durch ei-
nen Piezoaktuator erkennen. Zur Einstellung einer maximalen Überdeckung der Ein-
spritzratenform wird die Nadel gezielt hochdynamisch positioniert, so dass sogar das
Schwingverhalten in der durch die Druckmodulation vorgegebenen Einspritzrate sehr
gut abgebildet werden kann. Es wird ebenso die sehr gute Systemantwort auf gering-
fügige Änderungen im zeitlichen Verlauf der Ansteuerspannung deutlich. Die durch-
gezogenen Linien entstammen der hydraulischen Vermessung am Einspritzverlaufs-
indikator. Die gestrichelten Graphen sind mit einer schnellen Datenerfassung wäh-
rend des motorischen Betriebes erfasst worden. Es lässt sich sowohl im Nadelhub
als auch im Leitungsdruck eine gute Übereinstimmung der Messdaten erkennen. Es
wird deutlich, dass der Einfluss der Temperaturdehnung sehr gut durch die integrier-
te Kühlung im Einspritzventil und die elektrische Kompensation ausgeglichen werden
kann. Selbst das hydraulische Schwingverhalten des Kraftstoffes wird in Art und
Amplitude sehr gut wiedergegeben.
Es ist zu beobachten, dass der Anstieg des Düsensacklochdruckes bei der druckmo-
dulierten Einspritzung trotz identischer Einspritzrate etwas steiler ausfällt. Des Weite-
ren steigt der gemessene Druck im Sackloch bei der nadelsitzgedrosselten Einsprit-
zung kontinuierlich an, während bei der druckmodulierten ein kurzer Einbruch zu ver-
zeichnen ist. Dieses Verhalten lässt sich auch für andere Einspritzmengen und Ram-
pensteigungen reproduzierbar darstellen. Es handelt sich hier um eine phasenver-
setzt auftretende Druckschwingung, die durch das schnelle Öffnen des Einspritzven-
tils in das System indiziert wird. Erst bei sehr langsamen Drucksteigerungen (s. Bild
4-7) ist dieser Effekt nicht mehr zu beobachten.
4 Ergebnisse der experimentellen Untersuchungen 73
Bild 4-7 zeigt die hydraulische Umsetzung einer langsamen Rampenform. Sehr gut
zu erkennen ist hier das durch eine geführte Nadelbewegung erzeugte Rampenprofil,
da sich die Nadel fast über den gesamten Einspritzzeitraum im Nadelsitzdrosselbe-
reich befindet (grau unterlegter Bereich). Im Gegensatz dazu wird die Nadel bei der
druckmodulierten Einspritzung schnellstmöglich geöffnet (kurze Nadelsitzdrossel-
phase). Der Druck in der Einspritzleitung wird von ca. 20 MPa mit einem Druckgra-
dienten von 70 MPa/ms auf ca. 150 MPa angehoben.
nadelsitzgedrosselt
nadelsitzgedrosselt druckmoduliert
druckmoduliert
Einspritzrate [mg/ms] / Druck [MPa] / Nadelhub [µm]
200
150
Einspritzrate "langsame Rampe"
Einspritzrate Kraftstoffmasse = 132mg/ASP
Leitungsdruck Ansteuerdauer = 2720µs
100 Nadelhub
Sacklochdruck
50
Ein interessanter Effekt lässt sich bei der Betrachtung des Düsensacklochdruckes
beobachten. Trotz nahezu identischer Einspritzrate erfolgt bei der Druckmodulation
nach Nadelöffnung ein Überschwinger auf ca. 50 MPa und anschließend ein kontinu-
ierlicher Druckaufbau über das Einspritzzeitfenster. Bei der Nachbildung dieser resul-
tierenden Einspritzrate mittels Nadelsitzdrosselung ist es erforderlich in der frühen
Einspritzphase einen Teilhub bei ca. 50 µm einzustellen, um den Durchfluss zu be-
grenzen. Der Druck im Sackloch verharrt für einen entsprechenden Zeitraum auf ca.
25 MPa und steigt erst später kontinuierlich an. Es kann also auch auf dem Weg ei-
ner Druckmessung im Sackloch und unter Einsatz eines Experimentaleinspritzsys-
tems nachgewiesen werden, dass die Einspritzrate nicht allein vom Druck und den
geometrischen Daten der Düse abhängt, sondern auch das Turbulenzniveau und
Kavitationserscheinungen eine große Rolle spielen. Eine definierte Aussage über die
Ausbildung der Strömungsprofile kann jedoch nur mittels optischer Untersuchungen
an transparenten Düsen getroffen werden [Bus01]. Verschiedene in Kapitel 2 be-
schriebene optische Versuche zum Strahlaufbruchverhalten weisen ebenfalls ein dif-
ferentes Verhalten auf. Untersuchungen von [Ste04] zeigten, dass identische Ein-
spritzraten, die druckmoduliert und nadelsitzgedrosselt erzeugt wurden, signifikante
Unterschiede im Eindringverhalten aufweisen. Bei nadelsitzgesteuerten Einspritzun-
gen wurde ein größerer Strahlkegelwinkel im Düsennahbereich beobachtet. Es ist zu
4 Ergebnisse der experimentellen Untersuchungen 74
erwarten, dass sich im motorischen Betrieb eine deutliche Auswirkung auf die Schad-
stoffbildung beobachten lässt. Die Einspritzrate kann nicht als alleiniges Maß zur
Beurteilung der zeitlichen Kraftstoffeinbringung herangezogen werden.
100 25
80 20
Standardabweichung [%]
Einspritzrate [mg/ms]
60 15
40 10
Kraftstoffmasse
Kraftstoffmasse == 181
181 mg/ASP
mg/ASP == const.
const.
20 5
0 0
0,0 0,5 1,0 Zeit [ms] 1,5 2,0 2,5 3,0
Bei den druckmodulierten Einspritzungen wurde ein Raildruck von 170 MPa im
Hochdruckteil gewählt. Eine weitere Anhebung wäre wünschenswert, konnte jedoch
im motorischen Betrieb nicht sicher dargestellt werden. Daraus resultiert abhängig
vom umgesetzten Druckgradienten eine Steigerung der Ansteuerdauer. Bei der lang-
4 Ergebnisse der experimentellen Untersuchungen 75
samen Rampenform beginnt die Einspritzung mit dem minimalen Systemdruck von
ca. 20 MPa und wird über einen relativ langen Zeitraum von ca. 2 ms auf das Maxi-
malniveau gesteigert. Zu berücksichtigen ist, dass mit der Öffnung des Proportional-
ventils das vorgehaltene komprimierte Kraftstoffvolumen in die Mischkammer ent-
spannt wird und dadurch an der Messstelle vor dem Einspritzventil ein Maximaldruck
von nur 155 MPa erreicht wird. Bedingt durch das schnelle Öffnen des Einspritzven-
tils gilt dieses Phänomen natürlich auch für jede andere Art der Einspritzung. Nach
Beginn des Einspritzvorgangs muss durch die Radialkolbenpumpen ausreichend
Kraftstoffvolumen nachgefördert werden. So ist auch bei einer Rechteckeinspritzung
im Düsensackloch und vor dem Einspritzventil ein Druckeinbruch im Vergleich zum
Ausgangsniveau von bis zu 20 MPa festzustellen.
Bei der schnellen Rampenform wird ein Ausgangsdruckniveau von 60 MPa gewählt.
Nach Öffnung des Einspritzventils wird der Druck innerhalb kurzer Zeit auf den Ma-
ximalwert gesteigert. Ähnlich erfolgt die Einstellung der Boot-Form. Der Anfangs-
druck wird im Einspritzzeitfenster für ca. 1 ms gehalten und dann sehr schnell auf
das Endniveau gesteigert. Es ergibt sich dadurch die stiefelähnliche Einspritzraten-
form, die der Namensgebung zugrunde liegt. Die resultierenden Ratenformen wer-
den anschließend über eine gezielte direkte Nadelsteuerung nachgebildet (durchge-
zogene Linien). Es gelingt unter Ausnutzung der Flexibilität des Experimentalein-
spritzsystems, die druckmoduliert generierten Einspritzverläufe (gestrichelte Linien)
unter Berücksichtigung der Ratengradienten, des Maximalwertes und der Einspritz-
dauer sehr gut wiederzugeben. Die Einhaltung der maximalen Einspritzrate resultiert
bei allen drei Einspritzverlaufsformen in einem Raildruck von 160 MPa. Die exempla-
risch gezeigte Generierung der Einspritzraten ist auf alle dargestellten Betriebspunk-
te zu übertragen. Lediglich die Ansteuerdauer des Einspritzventils wird zur Einhal-
tung der nötigen Kraftstoffmasse angepasst.
In Bild 4-9 sind die Ergebnisse von hydraulischen Voruntersuchungen bezüglich des
gezielten kombinierten Einsatzes einer Nacheinspritzung dargestellt. Auf der linken
Seite wird eine Variation des Abstandes des Haupt- und Nacheinspritzereignisses
bei konstanter Ansteuerdauer der Nacheinspritzung gezeigt. Es wird deutlich, dass
erst ab einer Differenz von 3°KW bei einer simulierten Drehzahl von 2100 1/min eine
deutliche Trennung der Einspritzrate erreicht wird. Bei enger angelagerten Einspritz-
4 Ergebnisse der experimentellen Untersuchungen 76
vorgängen wird die Nadel nicht vollständig geschlossen, was in einer Verlängerung
der Haupteinspritzung resultiert. Weiterhin wird die starke Druckabhängigkeit kurzer
Einspritzereignisse deutlich. Es ist eine Korrespondenz zwischen dem auf Grund der
Nadelöffnungs- und –schließvorgänge schwankenden Leitungsdruck und der einge-
brachten Kraftstoffmasse zu erkennen. Bei einem Abstand von 9°KW trifft der Zeit-
punkt der Nacheinspritzung beispielsweise ein Druckminimum, was sich in einer
deutlich verringerten Einspritzrate äußert. Es kann also trotz gleicher Ansteuerdauer
und verlagertem Öffnungsbeginn nicht von Mengenkonstanz ausgegangen werden,
was im Optimierungsprozess eine sorgsame Abstimmung der Ansteuerzeiten zur
Einhaltung einer vorgegebenen Kraftstoffmasse bedingt. Der Literatur ist zu entneh-
men, dass eine Nacheinspritzung unter möglichst hohem Druck wünschenswert ist.
Dementsprechend ist die Wahl des Zeitpunktes sorgsam mit dem Schwingungsver-
halten des Kraftstoffes in der Einspritzleitung abzustimmen.
Abstandsvariation
Abstandsvariation NE
NE Mengenvariation
Mengenvariation NE
NE
180
Leitungsdruck
Einspritzrate [mg/ms] / Druck [MPa]
150
60
30
0
2,4 2,8 3,2 3,6 Zeit
4,0[ms]
2,4 2,8 3,2 3,6 4,0
Auf der rechten Seite von Bild 4-9 wird unter konstant gehaltenem Zeitpunkt der An-
steuerung die Länge der Bestromung in Abständen von 20 µs verlängert. Es wird die
sehr gute Reproduzierbarkeit auf Grund der hohen Positioniergenauigkeit des Ein-
spritzventils deutlich. Die Änderungen in der Kraftstoffmasse der Nacheinspritzung
sind in Prozent der Haupteinspritzmenge angegeben und variieren in der gewählten
Ansteuerung zwischen 3 und 20%. Dies entspricht dem Spektrum der in der Literatur
angeführten zielführenden Mengenaufteilungen. Auf Grund der sehr kurzen Ansteu-
erdauer wird die Nadel nicht vollständig geöffnet, so dass während des gesamten
Vorganges die Drosselung am Nadelsitz dominiert.
Als idealer Abstand zwischen Haupt- und Nacheinspritzung erweisen sich ca. 0,5 ms
oder 7°KW bei 2100 1/min. Bei der Positionierung der Nacheinspritzung kann so in
beiden dargestellten Fällen ein Maximum im Leitungsdruck ausgenutzt werden. Auf
Grund der kurzen Ansteuerdauer und der durch Nadelsitzdrosselung dominierten
Einspritzung wird im Düsensackloch nicht das Druckniveau der Haupeinspritzung er-
reicht. Bei der Rechteckform werden lediglich 50 MPa erzielt, während bei der
druckmodulierten Einspritzrate auf Grund des höheren Leitungsdruckniveaus 90 MPa
anliegen. Es wird deutlich, dass mit einer gesteigerten Nadelgeschwindigkeit hier
weitere Vorteile erzielt werden könnten. Zwischen 7 und 12% der Haupteinspritz-
masse für die Nacheinspritzung erweisen sich je nach Einspritzratenform als zielfüh-
rend. Die motorischen Auswirkungen auf Verbrauch und Emission werden im nach-
folgenden Kapitel diskutiert.
Rechteck
Rechteck m.
m. NE
NE druckmodulierte
druckmodulierte schnelle
schnelle Rampe
Rampe m.
m. NE
NE
Einspritzrate [mg/ms] / Druck [MPa] / Nadelhub [µm]
200
150
100
50 Einspritzrate
Leitungsdruck Kraftstoffmasse
Kraftstoffmasse ==
Nadelhub 132
132 mg/ASP
mg/ASP == const.
const.
Sacklochdruck
0
0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 Zeit
0,0[ms] 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5
Eingrenzung von Messfehlern wird jeder Messpunkt dreimal unter stationären Bedin-
gungen eingestellt und die Emissions-, Verbrauchs sowie Überwachungsdaten er-
fasst. Die im Folgenden dargestellten Messgrößen stellen also ebenfalls Mittelwerte
dar. Bei der Betrachtung der Ruß- und NOx-Emission wird als Zyklusziel ein grau
hinterlegtes Fenster definiert. Die Grenzwerte einer Schwärzungszahl kleiner 0,5 und
einem spezifischen Stickoxidwert von 4,0 g/kWh sind an die Abgasgesetzgebung der
EPA-Nonroad Vorschrift (40 CFR 89) für 2006 angelehnt. In den Tradeoffs ist der
früheste Ansteuerbeginn durch einen Kreis und der späteste durch ein Quadrat ge-
kennzeichnet. Die diskreten Punkte haben einen Abstand von 2°KW.
2,0
Rechteck
langsame Rampe (ND)
schnelle Rampe (ND)
1,5
Boot (ND)
Schwärzungszahl [-]
0,5
0,0
3 4 5 6 7 8 9 10
spez. NOx feuchtekorrigiert [g/kWh]
Bild 4-12 zeigt in einem vertikalen Schnitt durch den Brennraum kurbelwinkelaufge-
löst die räumliche Temperatur- und Stickoxidverteilung. Gegenübergestellt werden
auf der linken Bildhälfte der Referenz-Rechteck-Verlauf und auf rechten Seite eine
Boot-Form bei einem Betriebspunkt gleicher Verbrennungsschwerpunktlage. Da mit
KIVA 3V die von Kavitationseffekten geprägte nadelsitzgedrosselte Einspritzung
nicht sehr gut abgebildet werden kann, werden in der Simulation ausschließlich
4 Ergebnisse der experimentellen Untersuchungen 79
1300 1700
900 1300
900 1700 2100
2100 2500 0 1e-8
1e-8 3e-4 4e-4
4e-4 5e-4 1300 1700
900 1300
900 1700 2100
2100 2500 00 1e-8
1e-8 3e-4 4e-4
4e-4 5e-4
0°KW(OT)
0°KW(OT)
20°KW
20°KW
40°KW
40°KW
Rechteck
Rechteck Boot
Boot
Bild 4-12: Numerische Simulation (KIVA 3V) der räumlich und zeitlich aufgelösten Tempera-
tur und Stickoxidverteilung bei Boot- und Rechteck-Einspritzung [LSM04]
4 Ergebnisse der experimentellen Untersuchungen 80
0 5.5
5,5 11
11 16.5
16,5 22
22 0 1e-8
1e-4 3e-4 3e-4
2e-4 4e-4 4e-4
5e-4 0 5.5
5,5 11
11 16.5
16,5 22
22 00 1e-4
1e-8 2e-4
3e-4 3e-4 4e-4
4e-4 5e-4
0°KW(OT)
0°KW(OT)
20°KW
20°KW
40°KW
40°KW
Rechteck
Rechteck Boot
Boot
Bild 4-13: Numerische Simulation (KIVA 3V) der räumlich und zeitlich aufgelösten Sauerstoff
und Rußverteilung bei Boot- und Rechteck-Einspritzung [LSM04]
Der sehr komplexe Ruß-Bildungsmechanismus gilt bis heute als nicht vollständig
verstanden und ist daher auch schlecht modellierbar. Es lassen sich mit den in Kapi-
tel 3.6 gezeigten vereinfachten Modellen jedoch gut Tendenzen aufzeigen. In Bild
4-13 wird neben der Rußverteilung die stark relevante Sauerstoffkonzentration auf-
gezeigt. Anhand dieser Darstellung wird das differente Eindringverhalten des Kraft-
stoffstrahles deutlich. Auf Grund der anfangs deutlich höheren Einspritzrate bei der
Rechteck-Einspritzung dringt der Kraftstoffstrahl weiter in den Brennraum ein (grüne
sauerstoffarme Bereiche). Bei der Boot-Einspritzung sind über den gesamten darge-
stellten Zeitraum stärker ausgeprägte „fette“ Zonen zu erkennen. Besonders in der
frühen Verbrennungsphase bis 20°KW nach OT wird daraus resultierend eine stark
erhöhte Rußbildung für die Boot-Einspritzform deutlich. Bei einer ähnlichen Oxidati-
4 Ergebnisse der experimentellen Untersuchungen 81
onsrate der verglichenen Einspritzverläufe, verbleibt auf Grund des höheren Aus-
gangsniveaus eine größere Menge Ruß, die dann ausgestoßen wird. Als Ort der
stärksten Rußentstehung zeigt sich der äußere Kolbenmuldenbereich, der durch die
Zonen des geringsten Kraftstoff-/ Luftverhältnisses geprägt ist.
Eine sehr starke Begrenzung der Einspritzrate in der frühen Einspritzphase (langsa-
me Rampe und Boot) erscheint auf Grund der Emissionswerte in Bild 4-11 als nicht
sinnvoll. Auf Grund des relativ hohen Druckniveaus des Referenzverlaufes kann die
Ansteuerdauer der unterschiedlichen Ratenformen nicht konstant gehalten werden.
Die Verbrennung dauert daher insbesondere beim Boot-Verlauf länger und wird in
Richtung „spät“ verschleppt, was in einem Rußanstieg resultiert. Durch eine gezielte
Variation des Niveaus und der Länge der Druckstufen wird durchaus ein Potential für
diese Ratenform gesehen. Bei Veränderung dieser Parameter reagiert das Emissi-
onsverhalten sehr sensibel und verlangt nach sorgsamer Abstimmung [Mey04]. Aus
zeitlichen Gründen war eine detailliertere Betrachtung nicht möglich. Wesentlicher
Augenmerk wird auf Grund der guten Ergebnisse der Voruntersuchungen in den fol-
genden motorischen Ergebnissen auf die schnellen Rampenformen gelegt. Gutes
Potential lässt weiterhin die Ratenbegrenzung durch Druckmodulation in einer lang-
samen Rampenform erwarten. In der ausgiebigen Diskussion der beschriebenen
emissionsrelevanten Kennfeldpunkte kommen aus vorgenannten Gründen aus-
schließlich Rampenformen zum Einsatz.
1,00 240
0,75 230
0,50 220
0,25 210
0,00 200
600 700 800 900 1000 1100
600 700 800 900 1000 1100
NOx feucht [ppm]
Bild 4-14: Betriebspunkt C1_5 – Schwärzungszahl und spez. Kraftstoffverbrauch über NOx
Im Betriebspunkt C1_5 gibt das Aggregat sein maximales Drehmoment ab. Wie be-
reits oben erwähnt, wurde auf Grund des ohnehin niedrigen Kraftstoff-/ Luftverhält-
nisses dieses mittels konstanter Brennstoffmenge und gleiche Aufladebedingungen
4 Ergebnisse der experimentellen Untersuchungen 82
auf einem Niveau gehalten. Der effektive Mitteldruck und damit der Wirkungsgrad
sinkt mit Verschiebung des Ansteuerbeginns in Richtung „spät“. Aus diesem Grund
werden für diesen Betriebspunkt die Emissionsdaten nicht korrigiert und auf die Leis-
tung bezogen dargestellt. Die unkorrigierte Rohemission in ppm zeigt an dieser Stelle
die interessanten Trends deutlicher. Im Folgenden werden diese unabhängig von der
gewählten Einspritzrate oder Ratenerzeugung diskutiert. Die nähere Betrachtung der
Einspritzverlaufsformung wird anhand der Betriebspunkte bei Nenndrehzahl erläutert.
In Bild 4-14 ist der spezifische Kraftstoffverbrauch und die Schwärzungszahl über der
NOx-Rohemission dargestellt. Ausgehend vom vorgegebenen Spitzendruck wird der
Einspritzbeginn in Schritten von 2°KW in Richtung „spät“ verstellt. Die so entstehen-
den Tradeoffs zeigen einen von der Einspritzrate unabhängigen generellen Trend.
Entgegen der klassischen Vorstellung der Literatur sinken mit der Spätverstellung
neben der NOx-Emission auch die Schwärzungszahlen. Erst bei sehr weit nach hin-
ten verlagerter Verbrennung erfolgt ein Anstieg der Ruß-Werte. Da dieses Phäno-
men nur bei Drehzahl von 1300 1/min auftritt, ist davon auszugehen, dass es sich um
Effekte handelt, die auf dem zeitlichen Verlauf von Druck und Temperatur oder der
Kolbenposition bzw. der –geschwindigkeit beruhen.
Betriebspunkt
Betriebspunkt C1_5: 1300 11//min
C1_5: 1300 ; λ=1,3; m =231 mg/ASP; p =236 kPa; p Abg=239
min; λ=1,3; mKK=231 mg/ASP; pLL=236 kPa; pAbg =239 kPa;
kPa; ppme =1,72-1,98 MPa
me=1,72-1,98 MPa
15,0 1200
-8°KW
Zylinderdruck [MPa]
-6°KW
12,5 -4°KW 1000
-2°KW
0°KW
10,0 800
2°KW
6°KW
7,5 geschleppt 600
Brennverlauf [J/°KW]
5,0 400
2,5 200
0,0 0
-20 0 20 40 60
°KW
Bild 4-15: Betriebspunkt C1_5 – Zylinderdruck- und Brennverlauf bei Variation des
Einspritzbeginns
Bild 4-15 zeigt den Zylinderdruck- und Brennverlauf der druckmodulierten schnellen
Rampeneinspritzrate bei gleicher eingebrachter Kraftstoffmasse unter dem Einfluss
einer Variation des Ansteuerbeginns. Erwartungsgemäß sinkt mit der Spätverstellung
der erreichte Spitzendruck. Diese Signalverläufe liefern also ebenfalls keinen weite-
ren Anhaltspunkt, der das beobachtete Emissionsverhalten erklären kann. Der „Vor-
mischpeak“ im Brennverlauf ist mit zunehmender Verlegung nach „spät“ deutlich
stärker ausgeprägt. Es wird in eine Brennraumatmosphäre eingespritzt, die durch
niedrigere Prozesstemperaturen und geringere Ladungsdichte gekennzeichnet ist.
Dies führt zu einer Verlängerung des Zündverzuges, bei dem mehr Kraftstoff in der
Premixed-Phase aufbereitet wird, der dann schlagartig verbrennt.
emission. Die Schwärzung ließe sich durch eine Anhebung des Systemdruckes über
die gewählten 140 MPa noch deutlich reduzieren. Damit würde jedoch auch eine wei-
tere Anhebung der NOx-Emission einhergehen.
Betriebspunkt C1_1: 2100 1/min; pme=1,5 MPa; pL=274 kPa; frühester Einspritzbeginn
pAbg=248 kPa; λ=2,02-1,59; mK=181-226 mg/ASP spätester Einspritzbeginn
4 280
Rechteck = Zyklusziel
2 240
BP
BP „A“
„A“
BP
BP „A“
„A“
1 BP
BP „B“
„B“ 220
BP
BP „B“
„B“
0 200
2,0 2,5 3,0 3,5 4,0 4,5 5,0
2,0 2,5 3,0 3,5 4,0 4,5 5,0
spez. NOx feuchtekorrigiert [g/kWh]
Bild 4-16: Betriebspunkt C1_1 – Schwärzungszahl und spez. Kraftstoffverbrauch über NOx
Im ersten Schritt soll die Art der Ratenbegrenzung, d.h. Nadelsitzdrosselung und
Druckmodulation, miteinander verglichen werden. Im zweiten Abschnitt liegt das Au-
genmerk auf der Form der Einspritzrate. In Bild 4-16 sind für alle untersuchten Ra-
tenformen im Betriebspunkt C1_1 die Schwärzung und der spezifische Kraftstoff-
verbrauch über den feuchtekorrigierten NOx-Werten aufgetragen. Die nadelsitzge-
drosselte Ratenbegrenzung erzeugt eine erhöhte Schwärzung. Der bereits in Kapitel
2 beschriebene Erklärungsansatz einer durch Kavitation düsennah geförderten Ge-
mischaufbereitung und Entflammung lässt sich auch durch die vorliegenden Unter-
suchungen stützen. Anhand der Temperaturmessstelle an der Trennstelle zwischen
Einspritzdüse und Injektor lässt sich besonders bei den langsamen nadelsitzgedros-
selten Einspritzverläufen ein sehr starker Temperaturanstieg feststellen. Dies ist ne-
ben der Wärmeentwicklung auf Grund von starken Drosseleffekten am Düsennadel-
sitz auf einen brennraumseitigen Wärmeeintrag in das Einspritzventil durch die dü-
sennahe Verbrennung zurückführen. Der folgende flüssige Einspritzstrahl der Haupt-
einspritzmasse durchdringt auf Grund des drallfreien Verfahrens nun die bereits
brennenden Bereiche und sorgt für eine lokal fette und stark rußende Verbrennung.
5
Zylinderdruck [MPa]
0,5
0,4
0,3
0,2
0,1
0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 1 2
Zylindervolumen [dm3]
Betriebspunkt
Betriebspunkt C1_1: 2100 11//min
C1_1: 2100 ; p me=1,5
min; pme =1,5 MPa;
MPa; ppLL=274
=274 kPa;
kPa; ppAbg =248 kPa; Ansteuerbeginn=-3°KW
Abg =248 kPa; Ansteuerbeginn=-3°KW
Rechteck „A“ - p =1,77 MPa;
mi=1,77 MPa; pmr
Rechteck „A“ - pmi p =0,268 MPa; λ=1,95; b =239,8 gg/ kWh;; bbi=203,5
mr=0,268 MPa; λ=1,95; bee =239,8 /kWh
gg
/ kWh
i=203,5 /kWh
schnelle
schnelle Rampe
Rampe (ND)
(ND) „B“
„B“ -- ppmi=1,74 MPa; p mr=0,244
mi=1,74 MPa; pmr MPa; λ=2,10;
=0,244 MPa; =220,2 gg//kWh
λ=2,10; bbee=220,2 ; b =189,4 gg/ kWh
kWh; bi i=189,4 /kWh
Bild 4-17: Betriebspunkt C1_1 - Analyse des Zylinderdruckes einer Rechteck und schneller
Rampen (ND) Einspritzung bei konstanter NOx-Emission in logarithmischer Darstellung
Es fällt auf, dass entgegen den Erwartungen mit den geformten Einspritzraten eben-
falls eine Einsparung im effektiven spezifischen Kraftstoffverbrauch von bis zu 20%
erreicht werden. Auf Grund dieses unplausibel hohen Wertes, wird die Güte der
Messsignale kritisch überprüft. Gegenübergestellt werden die in Bild 4-16 mit „A“
(Rechteck) und „B“ (nadelsitzgedrosselte schnelle Rampe) gekennzeichneten Be-
triebspunkte konstanter NOx-Emission (4,3 g/kWh). In Bild 4-17 sind die zugehörigen
Signalverläufe von Zylinderdruck über Zylindervolumen in einer doppeltlogarithmi-
schen Darstellung aufgeführt, um die Unterschiede in der relativ niedrigen Dimension
der Ladungswechselschleife aufzuzeigen. Um den Fehlereinfluss des leicht driften-
den Drucksignals zu eliminieren, wurden die Verläufe druckkorrigiert. Es wird deut-
lich, dass so ein hohes Maß an Übereinstimmung im Signal des Ladungswechsels
erzeugt werden kann. Dies lässt zu, dass aus dem indizierten Mitteldruck der Hoch-
druckschleife auf den indizierten Kraftstoffverbrauch zurückgerechnet werden kann.
Auch in dieser Betrachtungsweise ist ein Vorteil für die rampenförmige Einspritzrate
zu beobachten. Dieser fällt jedoch deutlich geringer aus und ist im vorliegenden Fall
mit etwa 5% zu beziffern.
Auf Grund der vorgenannten Erkenntnisse werden im weiteren Verlauf der Diskussi-
on die Werte für den indizierten Kraftstoffverbrauch herangezogen. Die Abweichung
ist auf zufällige Fehler in der Kraftstoffverbrauchsmessung zurückzuführen. Da das
gesamte Hydrauliksystem aus einer Vielzahl von Schläuchen und Leitungen besteht,
ist der Einfluss von Parametern wie Temperatur und Druck nur schwer einzugrenzen.
4 Ergebnisse der experimentellen Untersuchungen 86
Betriebspunkt C1_1: 2100 1/ min; pme=1,5 MPa; pL=274 kPa; frühester Einspritzbeginn effektiv
pAbg=248 kPa; λ=2,02-1,59; mK=181-226 mg/ASP spätester Einspritzbeginn induziert
300 14
Rechteck
280 langsame Rampe (ND) 12
spez. Kraftstoffverbrauch [g/kWh]
Zündverzug [°KW]
schnelle Rampe (DM)
240 8
220 6
200 4
180 2
160 0
2,0 2,5 3,0 3,5 4,0 4,5 2,0
5,0 2,5 3,0 3,5 4,0 4,5 5,0
spez. NOx feuchtekorrigiert [g/kWh]
Bild 4-18: Betriebspunkt C1_1 – Vergleich der effektiven und indizierten Kraftstoff-
verbräuche über NOx; Vergleich der Zündverzugszeiten verschiedener Einspritzratenformen
Auf der rechten Seite von Bild 4-18 ist eine Gegenüberstellung der Zündverzugszei-
ten zu finden. Definiert sind diese als Zeitraum zwischen Ansteuerbeginn und Brenn-
beginn. Es zeigt sich ein deutlicher Trend von einem kurzen Zündverzug für den
Rechteckverlauf bis zum längsten Intervall für die druckmodulierte Rampenform.
Vorerst überrascht diese Tendenz, da mittels der Formung die eingebrachte Kraft-
stoffmasse während der Zündverzugszeit limitiert wird. Das Diagramm lässt jedoch
keine Aussage über die Menge Kraftstoff zu, die aufbereitet wird. Zusammenfassend
kann also gesagt werden, dass unter gleichen Rahmenbedingungen die Zündver-
zugszeit mit einer geformten Einspritzrate verlängert wird, die Intensität der Durch-
brenngeschwindigkeit jedoch abnimmt (s. Bild 4-19). Die nadelsitzgedrosselten Ra-
tenformen besitzen auf Grund der verbesserten Gemischaufbereitung in der frühen
Einspritzphase durchgängig kürzere Zündverzugszeiten.
BP
BP C1_1: 2100 11//min
C1_1: 2100 ; p =13,6 MPa; p me=1,5
min; pZZ=13,6 MPa; pme =1,5 MPa;
MPa; ppLL=274
=274 kPa;
kPa; ppAbg =248 kPa; λ=2,02; m =181 mg/ASP
Abg=248 kPa; λ=2,02; mKK=181 mg/ASP
15,0 550
geschleppt
Zylinderdruck [MPa]
Rechteck
12,5 schnelle Rampe (ND) 450
schnelle Rampe (DM)
10,0 350
7,5 250
Brennverlauf [J/°KW]
5,0 150
2,5 50
0,0 -50
-20 0 20 40 60
°KW
Bild 4-19: Betriebspunkt C1_1 – Zylinderdruck- und Brennverlauf bei konstantem effektiven
Mitteldruck und gleichem Zünddruck
In Bild 4-20 werden die wesentlichen Ergebnisse aus Bild 4-16 zusammengefasst.
Als Referenz und damit zu 100% wird der Standard-Rechteck Einspritzverlauf ge-
setzt. Die Grafik gibt davon ausgehend die prozentuale Abweichung der Emissions-
werte und des spezifischen indizierten Kraftstoffverbrauches wieder. Als Vergleichs-
punkte werden jeweils ein konstanter Spitzendruck bei 13,6 MPa, ein konstanter
Verbrennungsschwerpunkt bei 30°KW und eine konstante NOx-Emission bei
3,5 g/kWh gewählt. Unter Betrachtung der angewandten Fahrweise im Nennleis-
tungspunkt ist bei einem einheitlichen Spitzendruck ebenfalls die eingebrachte Kraft-
stoffmasse, der Ladedruck und der Abgasgegendruck konstant. Daraus resultiert ein
identisches Kraftstoff-/ Luftverhältnis, so dass die eingangs erwähnte Lambda-
Korrektur der Rußwerte an dieser Stelle keine Anwendung findet. Weiterhin ist die
Drehzahl und der effektive Mitteldruck und damit auch die abgegebene Leistung
gleich, so dass die auf die Leistung bezogenen Verbrauchswerte ebenso identisch
4 Ergebnisse der experimentellen Untersuchungen 88
sind und die Emissionswerte direkt miteinander verglichen werden können. Erwar-
tungsgemäß können mit 31 bzw. 32% die größten Vorteile bezüglich NOx mit den
langsamen Rampenformen erzielt werden. Durch die starke Limitierung der Einspritz-
rate in der frühen Einspritzphase kann die Verbrennung verlangsamt und damit die
maximalen Prozesstemperaturen reduziert werden. Vor allem bei der nadelsitzge-
drosselten Einspritzung wird dies, wie bereits beschrieben, mit um 95% (0,99) ge-
stiegenen Schwärzungszahlen erkauft. Die Unvollständigkeit der Verbrennung wird
weiterhin durch die um 185% (0,843 g/kWh) erhöhte CO-Emission dokumentiert. Ei-
ne simultane Verbesserung aller betrachteten Messwerte kann dagegen mit den
schnellen Rampenformen erreicht werden. Neben den NOx-Vorteilen von 4 bzw.
14% (0,185 bzw. 0,724 g/kWh) wird der Schwarzrauch drastisch um 59 bzw. 64%
(0,61 bzw. 0,67) gesenkt. Einen wesentlichen Aspekt stellt hier der im Vergleich zur
Referenz deutlich erhöhte Kraftstoffdruck und die damit verbesserte Rußoxidation
dar. Einen höheren Homogenisierungsgrad dokumentiert die ebenfalls deutlich ge-
sunkene CO-Emission.
Betriebspunkt C1_1:
NOx-Emission CO-Emission
2100 1/min; pme=1,5 MPa;
pL=274 kPa; pAbg=248 kPa Schwärzungszahl spez. Kraftstoffverbrauch
100 konstanter
konstanter Spitzendruck
Spitzendruck (13,6
(13,6 MPa)
MPa)
75
%
4%
95
%
18
50
31
9%
8%
4%
1%
%
25
52
-5
-5
-6
0 -6
-25
%
-4
4%
-50
1%
-1
Differenz zur Referenz (Rechteck) [%]
-75
-3
-3
-100
100 konstanter
konstanter Verbrennungsschwerpunkt
Verbrennungsschwerpunkt (30°KW)
(30°KW)
%
58
75
4 %
%
11
37
50
%
14
25
3%
0
-25
%
%
%
%
%
%
6%
6%
-5
-3
2%
-4
1
-50
-9
-8
-1
-1
-1
3%
-2
2%
-75
-3
-4
-100
100 konstante
konstante NOx-Emission
NOx-Emission (3,5
(3,5 g/kWh)
g/kWh)
75
50
3%
7%
6%
7%
25
3
-5
-6
-6
-5
0
-25
%
%
%
%
7%
-3
-5
8%
-6
0%
-9
-50
-1
-1
-2
-75
-100
langsame
langsame schnelle
schnelle langsame
langsame schnelle
schnelle
Rampe
Rampe (ND)
(ND) Rampe
Rampe (ND)
(ND) Rampe
Rampe (DM)
(DM) Rampe
Rampe (DM)
(DM)
Bild 4-20: Betriebspunkt C1_1 – prozentuale Differenz der Emissionswerte und bi zur
Referenz bei konstantem Spitzendruck, Verbrennungsschwerpunkt und NOx-Emission
4 Ergebnisse der experimentellen Untersuchungen 89
Laut [GKK04] ist die Lage des Verbrennungsschwerpunktes der maßgebliche Faktor
für den Kraftstoffverbrauch und die Emission. Diese These kann mit den Daten der
vorliegenden Untersuchungen nur teilweise gestützt werden. Die Differenzen fallen in
dieser Betrachtungsweise zwar geringer aus, geben die bereits beschriebenen Ten-
denzen jedoch ebenso wieder. Die langsame nadelsitzgedrosselte Einspritzung zeigt
auch hier eine lokal fette und unvollständige Verbrennung, die in einer starken Ruß-
und CO-Emission resultiert. Für alle betrachteten Einspritzverläufe ist eine moderate
Kraftstoffersparnis zu erkennen. Die insgesamt besten Ergebnisse können mit den
schnellen Rampenformen erzielt werden. Zu beachten ist jedoch, dass durch die be-
schriebene Fahrweise des Motors das Kraftstoff-/Luftverhältnis nicht konstant ist
(Spreizung: 1,78-1,94). In Bild 4-20 ist dieser Faktor für die Ruß-Werte bereits in die
Betrachtung mit einbezogen worden. So ergibt sich für die schnellen Rampenformen
ein Potential von 8 bzw. 33% (0,13 bzw. 0,54) für den Schwarzrauch, 16 bzw. 9%
(0,43 bzw. 0,33 g/kWh) für die NOx-Emission und 3 bzw. 5% (3,13 bzw. 4,53 g/kWh)
für den spezifischen Kraftstoffverbrauch.
Betriebspunkt C1_2: 2100 1/min; pme=1,06 MPa; pL=216 kPa; frühester Einspritzbeginn
pAbg=205 kPa; λ =2,12-1,68; mK=132-171 mg/ASP spätester Einspritzbeginn
5 245
= Zyklusziel
2 200
1 185
0 170
2 3 4 5 6 2 3 4 5 6
spez. NOx feuchtekorrigiert [g/kWh]
Bild 4-21: Betriebspunkt C1_2 – Schwärzungszahl und spez. Kraftstoffverbrauch über NOx
Der Vergleich der Werte konstanten Spitzendruckes bei 10,6 MPa in Bild 4-22 stützt
diese Beobachtung erneut. Für die langsamen Rampenformen wird ein sehr starker
Anstieg der Ruß- und CO-Emission von bis zu 320% dargestellt. Die schnellen Ram-
penformen weisen dagegen wiederum eine simultane Reduktion aller betrachteten
Werte auf. Die Schwärzung kann um moderate 11 bzw. 14% (0,06 bzw. 0,08) ver-
mindert werden. Die Stickoxidemission bleibt in diesem Fall bei der nadelsitzgedros-
selten Einspritzung nahezu konstant. Bei der Druckmodulation kann an dieser Stelle
ein Vorteil von 23% (1,36 g/kWh) erzielt werden.
4 Ergebnisse der experimentellen Untersuchungen 91
Betriebspunkt C1_2:
NOx-Emission CO-Emission
2100 1/min; pme=1,06 MPa;
pL=216 kPa; pAbg=205 kPa Schwärzungszahl spez. Kraftstoffverbrauch
100 konstanter
konstanter Spitzen-
Spitzen-
75
%
%
druck
druck (10,6
(10,6 MPa)
MPa)
0
8
27
32
50 26
Differenz zur Referenz (Rechteck) [%]
%
25
1
2%
32
0
-25
%
4%
-4
-50
3%
1%
2%
-1
1%
-1
-2
2%
-2
-75
-4
-4
-100
100 konstante
konstante NOx-
NOx-
75 Emission
Emission (3,5
(3,5 g/kWh)
g/kWh)
%
%
37
50
35
7%
4%
25
%
-2
-5
-7
0
-25
%
%
-1
-5
-6
-50
0%
4%
4%
5%
-3
-75
-3
-3
-3
-100
langsame
langsame schnelle
schnelle langsame
langsame schnelle
schnelle
Rampe
Rampe (ND)
(ND) Rampe
Rampe (ND)
(ND) Rampe
Rampe (DM)
(DM) Rampe
Rampe (DM)
(DM)
Bild 4-22: Betriebspunkt C1_2 – prozentuale Differenz der Emissionswerte und des spez.
Kraftstoffverbrauches zur Referenz bei konstantem Spitzendruck und NOx-Emission
In Bild 4-23 ist das Verbrennungsgeräusch über der NOx-Emission dargestellt, das
aus dem Standardübertragungsmaß berechnet wurde. Die Werte gelten durch den
stark vereinfachten Rechenansatz eher als Trend und sind nicht als absolute Größen
zu betrachten. Dennoch ist eine deutliche Tendenz des Einflusses der Ratenform auf
das Geräusch zu beobachten. Je größer die eingebrachte Kraftstoffmasse während
der Zündverzugszeit, desto höher das Verbrennungsgeräusch. Daraus resultiert,
dass die größte akustische Belastung mittels eines Rechteck-Verlaufes erzeugt wird
und die kleinsten Werte bei den langsamen Rampenformen zu beobachten sind.
Trotz gleicher Einspritzratenform und damit gleicher zeitlicher Kraftstoffeinbringung
liegen die nadelsitzgedrosselt erzeugten Einspritzverläufe tendenziell über den durch
Druckmodulation generierten Ergebnissen. Erklärt werden kann dieser Effekt erneut
4 Ergebnisse der experimentellen Untersuchungen 92
Betriebspunkt C1_2: 2100 1/min; pme=1,06 MPa; pL=216 kPa; frühester Einspritzbeginn
pAbg=205 kPa; λ=2,12-1,68; mK=132-171 mg/ASP spätester Einspritzbeginn
92
90
Verbrennungsgeräusch dB(A)
88
86
84
Rechteck
82 langsame Rampe (ND)
schnelle Rampe (ND)
80 langsame Rampe (DM)
schnelle Rampe (DM)
78
2 3 4 5 6 7
spez. NOx feuchtekorrigiert
1,0 210
0,5 185
0,0 160
2 3 4 5 62 3 4 5 6
spez. NOx feuchtekorrigiert [g/kWh]
Bild 4-24: Betriebspunkt C1_3 – Schwärzungszahl und spez. Kraftstoffverbrauch über NOx
Der bereits beobachtete Trend, dass mit sinkenden Lasten die Bedeutung der Ein-
spritzratenformung sinkt, wird durch den 50%-Laspunkt bei Nenndrehzahl weiter bes-
tätigt. Auf Grund der kurzen Ansteuerdauern ist die Formung des Einspritzverlaufes
4 Ergebnisse der experimentellen Untersuchungen 93
100 konstanter
konstanter Spitzen-
Spitzen-
75 druck
druck (8,3
(8,3 MPa)
%
%
MPa)
1%
5
25
10
33
50
Differenz zur Referenz (Rechteck) [%]
25
6%
4%
2%
0%
0
-25
%
3%
-6
-50
-1
7%
0%
%
-75
5
-3
-4
-4
-100
konstante
konstante NOx-
%
100 NOx-
4
22
75
Emission
Emission (3,5
(3,5 g/kWh)
g/kWh)
6%
%
50
10
%
50
94
6%
25
2%
0
-25
%
%
0%
8%
-5
-50
17
-1
-1
9%
2%
-75
-3
-4
-100
langsame
langsame schnelle
schnelle langsame
langsame schnelle
schnelle
Rampe
Rampe (ND)
(ND) Rampe
Rampe (ND)
(ND) Rampe
Rampe (DM)
(DM) Rampe
Rampe (DM)
(DM)
Bild 4-25: Betriebspunkt C1_3 – prozentuale Differenz der Emissionswerte und des spez.
Kraftstoffverbrauches zur Referenz bei konstantem Spitzendruck und NOx-Emission
Bei Betrachtung der Messpunkte konstanten Spitzendruckes (8,3 MPa) in Bild 4-25
wird der Effekt der lokal fetten und unvollständigen Verbrennung der nadelsitzge-
drosselten langsamen Rampenform besonders deutlich. Es sind Steigerungen in der
Ruß-Emission von 331% (1,39) und im CO-Verhalten von 259% (0,617 g/kWh) zu
verzeichnen. Die nadelsitzgedrosselte schnelle Rampenform verhält sich im Ver-
gleich zur Referenz nahezu neutral. Wird diese Einspritzrate jedoch durch Druckmo-
dulation erzeugt, sind Verbesserungen von 45% (0,19) für Ruß und 40% für CO
(0,096 g/kWh) bei leicht erhöhter NOx-Emission zu erzielen. Unter Fixierung der
NOx-Emission bei 3,5 g/kWh ist dieser Trend ebenfalls zu beobachten.
4 Ergebnisse der experimentellen Untersuchungen 94
Betriebspunkt C1_2 m. NE: 2100 1 /min; pme=1,06 MPa; pL=216 kPa; frühester Einspritzbeginn
pAbg=205 kPa; λ=2,12-1,66; mK=132-171 mg/ASP spätester Einspritzbeginn
3,0 260
Rechteck = Zyklusziel
1,5 215
1,0 200
0,5 185
0,0 170
3 4 5 6 3 4 5 6
spez. NOx feuchtekorrigiert [g/kWh]
Zum tieferen Verständnis der Emissionsdaten ist in Bild 4-27 die Druckverlaufsanaly-
se für Messpunkte konstanten Spitzendruckes dargestellt. Ausgewählt wurden zur
besseren Vergleichbarkeit der Referenzverlauf und die druckmodulierte schnelle
Rampenform mit und ohne Nacheinspritzung. Wie bereits beschrieben, zeichnen sich
die Rampeneinspritzformen durch einen harmonischeren Druckverlauf aus. Diese
Charakteristik bleibt auch bei dem kombinierten Einsatz einer zusätzlichen angela-
gerten Nacheinspritzung erhalten. Der maximale Zylinderdruck wird jedoch etwas
später erreicht. Die Ansteuerdauer der Haupteinspritzung wurde zwecks konstantem
Mitteldruck reduziert. Die späte Umsetzung in der Nachverbrennung führt zu einer
höheren Abgas- bzw. Brennraumtemperatur. Im Brennverlauf wird dies durch ein frü-
heres Absinken der Umsatzrate deutlich. Die Nachverbrennung ist im Brennverlauf
durch einen Peak sichtbar. Die Umsatzrate nimmt hier zu und sinkt dann wieder beim
4 Ergebnisse der experimentellen Untersuchungen 95
BP
BP C1_2: 2100 11//min
C1_2: 2100 ; p me=1,06
min; pme =1,06 MPa;
MPa; ppZZ=10,6
=10,6 MPa,
MPa, ppLL=216
=216 kPa;
kPa; ppAbg =205 kPa; λ=2,12; m =132 mg/ASP
Abg=205 kPa; λ=2,12; mKK=132 mg/ASP
12,5 450
geschleppt
Rechteck
Zylinderdruck [MPa]
7,5 250
Brennverlauf [J/°KW]
5,0 150
2,5 50
0,0 -50
-20 0 20 40 60
KW
Werden, wie in Bild 4-28 dargestellt, alle mit Nacheinspritzung kombinierten Raten-
formen bei konstantem Zünddruck miteinander verglichen, wird der deutliche Trend
zur Rußreduktion noch klarer. Zu beachten ist, dass sich die gezeigten Werte auf die
Referenzmessung beziehen. D.h. die Optimierungspotentiale sind nicht allein der
Nacheinspritzung zuzuordnen sondern als Gesamtmaßnahme zu sehen. Im Be-
triebspunkt C1_2 kann der Schwarzrauch auf diesem Wege mittels einer druckmodu-
lierten schnellen Rampenform mit Nacheinspritzung bis zu 89% (0,5) bei nahezu
konstanten NOx- und Verbrauchswerten reduziert werden. Der Rußbildungsprozess
und die Rußoxidation laufen in der Flamme ab und sind durch den lokalen Sauer-
stofftransport geprägt. Während es kaum Möglichkeiten gibt, die Rußbildung zu ver-
ringern, ist eine Beschleunigung der Rußoxidation durch Temperatur- und Turbu-
lenzerhöhung möglich. Durch die intermittierende Einspritzung können Ladungsbe-
reiche mit hohem Sauerstoffgehalt in eine intensivere Vermischung mit den brennen-
den Gebieten mit Sauerstoffmangel gebracht werden. Allerdings scheint die unmit-
telbar an die Haupteinspritzung folgende Nacheinspritzung eine nur anfachende Wir-
4 Ergebnisse der experimentellen Untersuchungen 96
kung auf die Verbrennung zu Brennende zu haben. Wegen der Expansion sind die
Temperaturen bereits soweit gesunken, dass mit der Nacheinspritzung keine nen-
nenswerte Stickoxidbildung stattfindet, da diese zu diesem Zeitpunkt weitgehend ab-
geschlossen ist [LiP01].
Betriebspunkt C1_2 mit Nacheinspritzung: 2100 1/min; pme=1,06 MPa; pL=216 kPa; pAbg=205 kPa
NOx-Emission CO-Emission Schwärzungszahl spez. Kraftstoffverbrauch
100
75
%
konstanter
konstanter Spitzen- konstante
konstante NOx-
44
50 Spitzen- NOx-
%
druck
druck (10,6
(10,6 MPa) Emission
Emission (5,1
(5,1 g/kWh)
21
MPa) g/kWh)
%
3%
25
-2
0
-25
5%
-1
5%
4%
-50 9%
0,
4%
8%
-1
-1
4%
2%
5%
-1
9%
0%
8%
-2
7%
-2
-75
-3
-3
-3
-8
-4
-6
-4
-100
schnelle
schnelle schnelle
schnelle schnelle
schnelle schnelle
schnelle
Rechteck
Rechteck Rechteck
Rechteck
Rampe
Rampe (ND)
(ND) Rampe
Rampe (DM)
(DM) Rampe
Rampe (ND)
(ND) Rampe
Rampe (DM)
(DM)
Bild 4-28: Betriebspunkt C1_2 m. NE – prozentuale Differenz der Emissionswerte und des
spez. Kraftstoffverbrauches zur Referenz bei konstantem Spitzendruck und NOx-Emission
Mit den gezeigten Einstellungen kann das definierte Zyklusziel sehr deutlich unter-
schritten werden. Diese Zielgröße kann durch den kombinierten Einsatz einer Nach-
einspritzung jedoch auch mit einem Rechteck oder nadelsitzgedrosselten Verlauf ge-
troffen werden. Unter Einbeziehung einer konstanten NOx-Emission von 5,1 g/kWh
ist ebenfalls ein großer Vorteil sichtbar. Bei annährend konstanten Werten für den
spezifischen Kraftstoffverbrauch werden die Rußwerte zwischen 28 und 68% (0,2
und 0,46) reduziert. Zu beachten ist dabei, dass die Werte bereits korrigiert sind.
Hydraulische Ergebnisse
Erzeugung eines maximalen Druckgradienten von 180 MPa/ms.
4 Ergebnisse der experimentellen Untersuchungen 97
Motorische Ergebnisse
Einspritzverlaufsformung besitzt bei dem eingesetzten drallfreien Nutzfahrzeug-
Aggregat ein deutliches Potential zur simultanen Reduktion von Ruß und NOx.
Boot-Einspritzform zeigt bei NOx-Absenkung starken Anstieg der Schwärzung.
3d-CFD Simulation zeigt stärkste NOx-Bildung an der „heißen“ Kolbenmulden-
kante.
Die grundsätzlichen Tendenzen und Potentiale sind in unterschiedlicher Aus-
prägung für alle Betriebspunkte gleich.
Die Zündverzugszeit wird durch Einspritzratenformung tendenziell verlängert.
Die Durchbrenngeschwindigkeit nimmt auf Grund der geringeren Menge aufbe-
reiteten Kraftstoffes ab.
Der Einfluss der Einspritzratenform sinkt mit abnehmender Last.
Nadelsitzgedrosselte Einspritzereignisse führen tendenziell zu stärkerer Rußbil-
dung.
Die Einspritzratenbegrenzung in der frühen Verbrennungsphase resultiert in ei-
nem deutlich harmonischeren Zylinderdruckverlauf.
Der Anteil der Vormischverbrennung und damit der maximale Druckgradient
lassen sich deutlich absenken. Daraus resultiert das Potential einer zusätzli-
chen Absenkung des Verbrennungsgeräusches.
Das stärkste Potential besitzt eine druckmodulierte schnelle Rampenform. Im
Nennleistungspunkt konnte eine simultane Reduzierung von Ruß (57%) und
4 Ergebnisse der experimentellen Untersuchungen 98
5 Zusammenfassung
Die Erfüllung zukünftiger Abgasnormen stellt eine große Herausforderung an moder-
ne Nutzfahrzeug-Motoren. Neben Abgasnachbehandlungssystemen spielt die inner-
motorische Reduzierung der Rohemissionen eine wichtige Rolle. Im Teillastbereich
wird zur Verminderung der NOx-Emission häufig Abgasrückführung eingesetzt. Spe-
ziell im Bereich kommerziell genutzter Motoren werden jedoch überwiegend hohe
Lastbereiche gefordert. Neben der Brennraumform und dem Aufladesystem gewinnt
das Einspritzsystem eine immer stärkere Bedeutung. Der zeitliche Verlauf der Kraft-
stoffeinbringung in den Brennraum spielt eine wesentliche Rolle für die Entstehung
von Abgasemissionen beim Dieselmotor. Mit Erhöhung des Einspritzdruckes bis auf
200 MPa sinkt die Bedeutung von luftgeführten Ladungsbewegungen, da sich die
Gemischbildungsenergie vermehrt zu Lasten der Einspritzung verlagert.
Die Schwierigkeit bei der Auswahl einspritzhydraulischer Komponenten ist in der De-
finition des für den jeweiligen Betriebspunkt zielführenden Einspritzverlaufes zu se-
hen. Daher ist es unerlässlich, ein flexibles Einspritzsystem zu Forschungszwecken
einzusetzen. Neben der Option einer hochdynamischen und weitestgehend frei pa-
rametrierbaren Betätigung der Düsennadel hat es sich in der Vergangenheit als ziel-
führend erwiesen, den Einspritzdruck im Injektionszeitfenster zu variieren. Am Institut
für Technische Verbrennung der Universität Hannover steht zu diesem Zweck ein
druckmoduliertes, piezoaktuiertes Experimental-Speichereinspritzsystem zur Verfü-
gung. Im Rahmen der hier beschriebenen Untersuchungen wurde ein Forschungs-
einzylinderaggregat derart optimiert, dass eine aktuelle Motorbaureihe brennverfah-
renseitig abgebildet werden kann. Weiterhin wurde das bestehende Einspritzsystem
an geforderte Rahmenbedingungen bezüglich darzustellender Lastpunkte und moto-
rischer Haltbarkeit angepasst. Zu diesem Zweck wurde neben den experimentellen
Systemoptimierungen auch das Hydrauliksimulationsprogramm AMESim eingesetzt.
Die Leistungsfähigkeit des Druckmodulationssystems konnte dahingehend gesteigert
werden, dass maximale Druckgradienten von bis zu 180 MPa/ms darstellbar sind.
6 Ausblick
Mit Abschluss der Untersuchungen konnte grundsätzlich das Potential zur simulta-
nen Reduktion von Ruß und NOx aufgezeigt werden. Im Verlauf folgender Arbeiten
gilt es, diese Daten mittels Vergleichsmessungen zu verifizieren. Ein Schwachpunkt
der Untersuchungen liegt in der gewählten Fahrweise des Motors. Da das vorhande-
ne externe Aufladeaggregat keine ausreichende Liefermenge bietet, war es nicht
möglich, bei Spätverstellung des Einspritzzeitpunktes und konstantem Mitteldruck
auch das Kraftstoff-/Luftverhältnis auf gleichem Niveau zu halten.
Insbesondere bei hohen Lastpunkten ist eine Interaktion des Kraftstoffdampfes mit
der Kolbenmuldenwand nicht zu vermeiden. Um die Gemischbildung möglichst voll-
ständig auf die Seite des Einspritzsystems zu verlagern und keine überlagerten Ef-
fekte zu betrachten, wäre die Wahl einer Muldengeometrie in Kombination mit einem
Strahlkegelwinkel sinnvoll, die Strahl-/Wand Interaktionen weitgehend vermeiden.
Zum tieferen Verständnis der untersuchten Effekte wäre die motorische Anwendung
der Zweifarbenmethode zur kurbelwinkeldiskreten Detektion der Rußbildung sinnvoll.
Auf diesem Wege kann nicht nur das Endergebnis beurteilt werden, sondern gege-
benenfalls auch in der Bildungs- und Oxidationsrate. Optische Untersuchungen unter
Darstellung realer motorischer Randbedingungen wären bei der Interpretation der
hydraulischen und motorischen Ergebnisse ebenfalls hilfreich. Bei einer separierten
Betrachtung der Flüssig- und Dampfphase des Strahls können motorische Effekte
gezielt zugeordnet und gezielter angewendet werden.
7 Literaturverzeichnis 103
7 Literaturverzeichnis
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Darstellung des Versuchsträgers
ND-PPV
HD-PPV
Piezo-Injektor
Mischkammer
Lebenslauf
Geburtsort: Nienburg/Weser
Familienstand: ledig
08/1983 – 07/1985
Orientierungsstufe Erichshagen
08/1985 – 07/1989
Realschule Langendamm „Im Wohlde“
09/1989 – 05/1992
Albert-Schweitzer Gymnasium Nienburg/Weser
Promotion: 11/2004
Promotionsvortrag und mündliche Prüfung