Elias - Das kleine Rettungsboot (2017)
Eine Filmkritik von
Kleines Boot in der großen Stadt
So ein kleiner norwegischer Hafen ist natürlich ein feines Zuhause und Elias ist wohl ganz gerne dort Rettungsboot. Da kennen ihn alle, da ist er zuhause. Dann ist aber einmal wirklich schlechtes Wetter und gegen alle Ratschläge bricht Elias aus der „Behaglichen Bucht“ auf, ein größeres Schiff aus seiner Not zu befreien – und es gelingt ihm trotz aller Widrigkeiten. Aus solchen Taten werden Heldengeschichten geschrieben, und Küstenfähre Christina lädt ihn nicht nur zu einer Ehrenfeier nach Großhafen ein, sondern macht ihm dort auch noch ein Angebot: Ob er sich vorstellen könnte, zukünftig Rettungsboot im Großstadt-Hafen zu sein, wo mehr Arbeit, aber auch mehr Abenteuer auf ihn warten?
Mit etwas schlechtem Gewissen gegenüber seinen Freunden in der kleinen Stadt lässt Elias sich überreden – und ein sehr nettes Schiff namens Stella spielt für diese Entscheidung durchaus auch eine Rolle. In der großen Stadt geht es aber rauer zu als in der Provinz. Elias legt sich nicht nur mit ein paar kleinen frechen Schiffen an, sondern enttäuscht auch „ihre tiefschwimmende Hoheit“ Christina schließlich so sehr, dass er seinen Job wieder verliert. Aber dann kommt ein Moment, in dem er sich doch bewähren muss.
Im norwegischen Animationshaus Qvisten macht man nicht nur Stop-Motion-Filme wie Louis & Luca – Das große Käserennen, sondern schmeißt auch mal den Computer an, um Bilder in Bewegung zu setzen – mit durchaus gemischten Resultaten, zuletzt dem sehr krachlauten, aber erfreulich eigenwilligen Zwei Freunde und ihr Dachs. Auch Elias – Das kleine Rettungsboot hinterlässt bestenfalls gemischte Gefühle – aber womöglich ist das auch der externe Blick des deutschen Kritikers, der die seit 2005 in Norwegen laufende Fernsehserie oder das 1999 erschienene Kinderbuch nicht kennt, auf denen der Film basiert.
Es ist eine Welt der vermenschlichten Fahrzeuge, wie man sie auch (und, das muss gleich gesagt werden, wesentlich besser) aus Filmen wie Cars oder Planes kennt – Pixar hat es ja zur eigenen Kunstform erhoben, unbelebte Objekte zu Personen hochzuanimieren. Und leider merkt man Elias an, dass die Regisseure William Ashurst und Simen Alsvik sich sehr schlicht an den Erzählmustern und Figurenkonstellationen amerikanischer Produktionen orientiert haben – oder negativer formuliert: Sie haben sehr gut bekannte Konstrukte wiedergekäut.
Die Charaktere sind (das kennt man aus den Pixar-Produktionen auch) natürlich immer brav an Form und Funktion der Boote und Schiffe angelegt – kleine Schlepper und Fischerboote sind eher bodenständig, große Tanker und Containerschiffe indifferent gegenüber ihrer Umwelt; Rennboote sind entweder cool-abgehoben oder schick-schmeichelnd. Die kleinen Boote mit Außenbordmotor hingegen bilden die örtliche Jugendclique, die sich zu Pseudohiphop als Rowdys gerieren und kleine Kunststücke üben, als wären sie Skateboarder, nur halt mit Wasser und ohne Beine. Zwei Vögel schließlich spielen die albernen Komiker am Rande und bewerfen sich gegenseitig (oder auch mal die Schiffe) mit streng riechenden Fischen.
Leider ist auch die Animation sehr hölzern und unaufregend. Gewiss, das Wasser wellt sich ganz schön und die Nordlichter leuchten allerliebst und überzeugend am Himmel. Aber Mimik und emotionale Spannbreite aller Figuren sind doch sehr begrenzt und stereotyp, und die räumliche Tiefe scheint auch über dem Meer nicht sonderlich weit zu reichen. Von wenigen Ausnahmemomenten abgesehen hat man das Gefühl, als höre das Wasser da plötzlich an einer Wand mitten im Meer auf, ganz wie der See in Die Truman-Show, als Truman Burbank mit seinem kleinen Boot auf einmal gegen die Studiowand stößt.
Natürlich richtet sich der Film sehr offensichtlich an ein sehr junges Publikum. Die Spannungsbögen sind kurz und verständlich gehalten, die Handlung schreitet eher ruhig voran, es gibt nur gelegentlich sehr kurze Sequenzen, in denen es wirklich dramatisch und womöglich angsteinflößend wird – das ist alles nicht schlecht und nichts, was gegen den Film spräche. Auch für kleinste Zuschauer muss es aber deswegen weder so charakterlich eindimensional zugehen wie in Elias – Das kleine Rettungsboot noch muss die Handlung den so üblichen Handlungsverläufen folgen, die man schon tausendmal gesehen hat oder im Falle der kleinen Kinder noch tausendmal sehen können wird. Großstadt-Bashing und Provinz-Gutfinding inklusive, das ist ja nun wahrlich nicht originell, sondern eher strunzreaktionär.
Da hilft es leider nur wenig, dass man Tobias „Checker Tobi“ Krell als deutsche Stimme des titelgebenden Bootes gewinnen konnte; vielleicht könnte Tobi aber bei Gelegenheit mal nachfragen und abchecken, für wen denn eigentlich die Häuser sind, die hinter den Hafenanlagen stets zu sehen sind, für wen die Schiffe bitteschön frischen Fisch transportieren und und … tausend Fragen, die sich mir jedenfalls bei fast jeder anthropomorphisierten Technikwelt förmlich aufdrängen und die nie, nie beantwortet werden.
Elias - Das kleine Rettungsboot (2017)
Als das kleine Rettungsboot Elias bei einem Sturm einem Kutter in Seenot zu Hilfe eilt, beschert ihm diese heldenhafte Tat einen Job im Großhafen. Nur muss Elias dafür all seine Freunde zurücklassen. Aber die neue Arbeit ist anstrengend, Elias verschläft oft und wird deshalb bald schon wieder nach hause geschickt. Dort aber sind nun die alten Freunde beleidigt. Und als Elias Schmuggler verfolgt, merkt er, wie sehr ihm seine Freunde von früher fehlen.
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