Monster_Groupie’s review published on Letterboxd:
Die Mama aus dem All
"Sometimes, to survive, you must become more than you were programmed to be."
Wenn man heutzutage als Mid-20er Single den feierlichen Entschluss fasst, sich einen aktuellen Animations-Hit im Kinosessel zu geben, ist dies im Vergleich zum restlichen Programm zugegeben mit einigen Risiken verbunden. Zum einen kann man sich schonmal darauf einstellen, alleine losziehen zu müssen, da der Freundes- und Bekanntenkreis diese Art "Kinderfilme" in 80% der Fälle sowieso als Babykram abtut, während die verbliebenen 20% bereits beim Erblicken des Trailers geschockt den Blick abwenden, aus Angst zwischen ihren alltäglichen Massenabfertigungs-Sendungen womöglich so etwas wie Freude oder seichte Traurigkeit zu empfinden. Egal, alleine Kino macht mir in der Regel nichts aus, als erwachsener Kerl in einer deutschen Kleinstadt kann es bei der Wahl des als Kinderprogramm gebrandmarkten Mediums allerdings vorkommen, dass man sich wegen den bösen Blicken misstrauischer Helikoptermütter bereits beim betreten des Saals wie ein kinderschändender Pädophiler fühlt, was für weitere, unnötig-komplizierte Emotions Verkettungen sorgt.
Wurscht, hat man erst das dezente Naserümpfen der Kassiererin überlebt (hä, sicher das der nich' die Minions sehen will?), nimmt man ein bisschen verschwitzt auf seinem Sessel Platz und wartet auf den Beginn der Vorstellung... doch Halt! Da hat man mal wieder nicht auf die an Knirpse angepasste Disney-Trailer-Gehirnwäsche gedacht, die einen jetzt mit mindestens vier (oder mehr...) Prinzessinnen-Sequels die Iris von den gereizten Augen zuckert! Hinterher bekommt man es mit einer weiteren, deutschen ???-Realverfilmung zu tun, in denen Justus Jonas, Peter Shaw und Bob Andrews (ja, hab die Hörbücher auch gehört...) aussehen wie drei frisch-geduschte Brudis ohne Seele. Bereits dem erbrechen nahe folgt dann aber (ENDLICH!) die erlösende Schwarzblende (nach der dazwischen noch eingeschobenen Playmobil-Werbung versteht sich...) und die seelische Folter scheint sich ihrem Ende zu neigen.
Ihr fragt euch jetzt bestimmt (falls wer überhaupt soweit gelesen hat), war "The Wild Robot" die ganzen, auf sich geladenen Torturen wert? Hätte man sich die Blu Ray nicht einfach 2 Wochen später im Saturn für über 20€ kaufen oder sich für einen Monat ein Streaming-Abo holen können? Die Antwort lautet: Ja, ich würde es sogar wieder tun! Nach anfänglichen, Tik-Tok-Geschwindigkeit bedingten Startschwierigkeiten gelang es mir, ganz tief in die lebendige, durchdachte, von Genre-Spezi Chris Sanders geschaffene Insel von "The Wild Robot" einzutauchen, die mit altbekannten, sowie neu-erprobten Mitteln eine klassische Geschichte über die Höhen und Tiefen des Elternseins erzählt, dabei aber nie (bis selten) den Fehler macht, zu sehr im Kitsch-Morrast zu versinken! Habe wirklich an den merkwürdigsten Stellen angefangen aus unerklärlichen Gründen leicht loszuschluchzen... vermutlich, weil hier ausnahmsweise so ehrlich, offen, unbeschönigt und gekonnt mit dem Thema Tod umgegangen wird.
Ob ihr euch dafür jetzt in's Kino "quälen" müsst, bleibt natürlich jedem selbst überlassen, ich bin aber ehrlich gesagt ziemlich froh, es mir angetan zu haben und freu mich schon auf die nächste Krise! Aufgabe erfüllt, ich würde Roz's neu erlernte Hebammen Fähigkeiten defenitiv allen überforderten Müttern auf diesem kaputten Planeten weiterempfehlen!
"When you grow up without something you... end up spending a lot of Time thinking about it."