Im neuen Podcast von Projekt Chaos mit CraftingLove und mir zu Gast diskutieren wir über Nolans neues Werk: Projekt Chaos #73: Oppenheimer (2023)

Am Anfang steht das Atom, am Ende eine neue Weltordnung. Formeln werden auf die Tafel gekritzelt, Tests durchgeführt und am Ende sind Hunderttausende Menschen tot. Das ist die beängstigende Macht, die sich kraft der positivistischen Wissenschaften angeeignet wurde.

Christopher Nolan wagt sich mit Oppenheimer in das Biopic-Genre und an eine der kontroversesten Figuren des letzten Jahrhunderts. Seine grandiosen Darsteller liefern ein Schauspielkino erster Güte. Doch darum geht es nicht. Sein Film ist eine Maschinerie. Trotz der nicht-linearen Erzählung entfaltet sich ein alternativloser Pfad im Takt eines Countdowns: Die anfängliche Faszination für die theoretische Physik ist schnell von der Leinwand verflogen und führt in direktem Wege von der Akademie zur Bombe. Wenn man sie selbst nicht baut, macht es jemand anders. Eine Kettenreaktion, in der sich jeder als Zahnrad begreift und instrumentell in einer vorbestimmten Bahn denkt, wenn es um das Ziel geht.

Dass Nolan keinen moralistischen Zeigefinger erhebt, mag man ihm anrechnen. Doch verliert er sich nicht vielleicht in seinem Gegenteil? Durchaus entsteht in den zergliederten Dialogspielen (die besser gelingen als in seinen vergangenen Filmen) ein differenziertes Bild zu Oppenheimers politischer Vorstellung und dem Selbstverständnis der Wissenschaftler, die nicht über einen Kamm zu scheren sind. Der Stil des Films entbehrt allerdings der perversen Unterseite der Sachlichkeit, mit der über hunderttausende Leben geurteilt wurde und als der paranoide Umschlag dann doch erfolgt, begnügt er sich mit ein paar groben Symboliken. Zuletzt scheint der Film endlich in die Konfrontation zu gehen, doch verschiebt sich sein Fokus mehr auf die Reputation seiner Hauptfigur und eine persönliche Rache wird ihm wichtiger als die wirklich großen Fragen. Das Unheil, das sich ereignet hat, wird auf einen letzten schockierten Blick in die Kamera reduziert, der als pflichtbewusste Geste mehr suggeriert als hier eingelöst wurde.