Auf handwerklicher Ebene: Oppenheimer geht drei Stunden? Na, wenn das mal nicht langweilig wird! Wird es nicht. Aber zugegeben, Regisseur Christopher Nolan zieht auch alle Register. Frosch-, Vogelperspektive, Detailsicht, Totale, Zooms, Schwenks, Fahrten – es gibt keine Kameraperspektive, die nicht genutzt wird. Zudem gibt es nicht eine Szene, die nicht vom fantastischen Soundtrack untermalt wird und natürlich spielen auch alle Schauspieler hervorragend. Obendrauf wechselt Oppenheimer zweimal seinen Ton und wird von einem Drama zum Heistthriller zum Gerichtskrimi. Kurz gesagt: Spannender kann man alte weiße Männer, die in Räumen reden, nicht inszenieren.

Auf philosophischer Ebene: Wie war die Welt vor der Atombombe eigentlich? Wie sorglos haben die Menschen gelebt? Wir werden es nie erfahren, weil wir alle mittlerweile nur noch ein Leben MIT Atombombe kennen. Und wie respekt- und gnadenlos waren alle Beteiligten des Manhatten-Projekts? Die Kombination aus absolutem Vertrauen in die eigenen mathematischen Fähigkeiten und der nihilistischen Gleichgültigkeit im schlimmsten Fall die Menschheit zu vernichten (man wusste ja nicht, was passiert, wenn man die Bombe zündet) erschreckt. Die Erkenntnis, dass alle trotz allem weiterentwickelten, hat mich tief getroffen. Wie verbohrt, wie egoistisch muss man sein, sämtliche Bedenken zu ignorieren, nur, um seine Theorie, seine Idee zu beweisen? Andererseits muss man zugeben, dass ohne solches Denken, die Menschheit wohl nicht da wäre, wo sie heute steht.

Auch die USA kommen mal wieder nicht gut weg. Die Skrupellosigkeit, mit der die Bombe am Ende an einem Land eingesetzt wurde, das quasi schon am Boden lag, nur um ein Statement zu setzen, macht äußerst nachdenklich. Und wie im Anschluss mit den Beteiligten des Manhattan-Projekts umgegangen wurde... Respektlos. Natürlich zeigt der Film nicht die eine, ganze Wahrheit. Trotzdem werde ich wohl noch lange über Oppenheimer nachdenken und mich über die historischen Ereignisse informieren.

Für mich ist Oppenheimer Christopher Nolans bestes Werk und der Beweis, dass Hollywood auch Abseits von buntem Spektakelkino noch außergewöhnliche Filme machen kann.