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Geborgen in meiner kleinen Herde lasse ich meine Gedanken zum Schicksalsmonat Februar fließen..
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"Meine Eltern sind Flüchtlinge" - so lernte ich es als junge Schülerin in meinen Lebenslauf hinein in zu schreiben. Meine Eltern stammen aus Sachsen ("wo die schönen Mädchen wachsen") - aus Dresden (Mutti) und aus Leipzig (Vati). Mutti hatte die schreckliche Bomben-Nacht am 13. und 14. Februar in Dresden miterlebt und uns drei Töchtern eindrücklich von ihren Erlebnissen berichtet. Die Bilder haben sich eingeprägt..Überfüllte Keller, wenn nachts die Sirenen heulten. "Ich bin schwanger!" klagte weinend eine der Frauen. "Ich bin auch schwanger" antwortete Mutti. Vati, Theodor, war irgendwo im Krieg und schrieb an sie,Gertrud, manchmal einen Brief.
Bei der schweren Bombardierung Dresdens im Februar 1945 war Mutti insofern geschützt, als sie damals in einem Außenbezirk wohnte. Am Morgen nach der Bombardierung machte sie sich auf den Weg ins Stadtinnere, um im Briefkasten des Büros ihres Chefs nachzusehen, ob dort vielleicht ein Brief von Vati gekommen ist...
.. und ob sie vielleicht noch ein Glas eingemachtes Obst fände. ..
Da Dresden eine Lazartett-Stadt war, begegnete ihr in der Kälte ein Zug verkrüppelte Kriegsverletzte in Schlafanzügen, die mit Krücken versuchten, aus der Stadt zu kommen. Das Lazarett für Kriegsverletzte war zerbombt. Alle Häuser und Kirchen waren in Trümmern. Dreden war eine Kunststadt. Mutti war nun eine sogenannte "Trümmerfrau". Überall neben der Straße lagen verkohlte Leichen. Brennende Menschen waren in ihrer Not in das kochende Wasser der Stadtbrunnen gesprungen. Ich meine mich erinnern zu können, dass Mutti einen Brief von Vati fand und ein Glas eingewecktes gegessen hat.
Etwas später machte sie sich auf und ließ sich in den letzten Zug hinein zerren, der - völlig überfüllt- aus Dresden heraus fuhr. Sie floh vor der russischen Besatzungsmacht. Ihre Freundin Eva bevorzugte in Dresden zu bleiben. Sie hatte eine einjährigen Sohn Bernd und war Alleinerzieherin. Mutti fand Heimat in Viechtach im Bayerischen Wald, wo ihre Schwester Maria bereits lebte. Tante Maria war wegen einer Lungenkrankheit schon vor Jahren zur Genesung wegen der guten Waldluft hier her gezogen und hatte sich hier in den "Fährer Hans" verliebt und eine Familie gegründet.
An einen sonnendurchfluteten Sommermorgen - Mutti hängte gerade sehnsüchtig frisch gewaschene Baybwäsche für das erwartete Kindchen auf - kam Vati aus dem Krieg zurück. Welch eine frohe Überraschung! Er hatte sie gefunden. Am 2.November 1945 ist meine große Schwester Gelia in Viechtach geboren. Gestern, am m 17. Februar hatte Mutti Geburtstag. Sie wäre heuer 104 Jahre alt geworden. Zusammen mit meinen beiden Schwestern Gelia und Sylvia haben wir ein wenig gefeiert. Wir drei Töchter sind glückliche "Sachsen-Waldlerinnen"......
Meine Eltern waren Flüchtlinge. ...