Der Tag des Gerichts
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Der Tag des Gerichts.
Die grauen Nebelschwaden sind verflogen,
Roth flammt’s im Osten und der Tag erwacht,
Und schweigend hat und düster hat vollzogen
Der Aufmarsch sich für die Entscheidungsschlacht.
Aufzuckt zuweilen heller Waffenschein
Und wie ein leises Klirren der Gewehre
Läuft’s fort und fort durch festgeschloss‘ne Reih’n.
Gewißheit ward das unbestimmte Ahnen:
Und freudig rauschend blähen schon die Fahnen
Der alten trotz’gen Bataillone sich.
Beklemmend fast war der Erwartung Stille,
Doch sie gebar den männlichen Entschluß;
Daß es ein Tag des Sieges werden muß. ―
Ein Tag des Siegs, wie keinen wir gesehen,
Ein Tag des Unheils für der Dränger Schwarm,
Ein Erntetag, um den die Kinder flehen,
Ein Tag des Zorns, an dem es blitzt und wettert,
Ein Freudentag des ringenden Geschlechts,
Ein Rachetag, der Alles niederschmettert
Ein Ehrentag der Wahrheit und des Rechts.
Auf den sie drüben all ihr Hoffen bau’n?
Sie suchen ihn zum Kämpfen zu entflammen
Durch alten Haß und neues tiefes Grau’n.
Unfähig ist der männlichen Gedanken,
‚s ist ihnen schwül und ihre Kniee wanken
Und kalter Angstschweiß perlt auf ihrer Stirn.
Dem Kampf voraus ging ein gemeiner Schacher ―
Man hat sich nur mit Vorbehalt getraut;
Der über’s Ohr gelegentlich uns haut.
Und dieser Troß, er wagt’s, mit uns zu ringen
Vom Fuß der Alpen bis zum Dünensand!
Er will auf’s Knie das Volk der Arbeit zwingen,
Es kann sie nur an alte Prügel mahnen
Das schwere Wetter, das von ferne grollt;
Sie sind besiegt, bevor sie ihre Fahnen,
Des Wuchers Fahnen, prahlend noch entrollt;
Die raschen Griffs des Volkes Faust zerbricht;
Mit solchem Troß besiegen Bismarcks Affen
Der Arbeit stolze Bataillone nicht!
Wir sind die Kraft, die Wahrheit und das Leben,
Ihr aber seid in unsre Hand gegeben,
Weil ihr die Lüge und die Fäulnis seid.
Jagd nur heran, ihr sturmgepeitschten Wellen!
Ihr werdet hilflos an dem schwarzen Fels
Am Unheilstag von Jena des Kartells!
R. Lavant.