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ADB:Stüchs

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Artikel „Stüchs“ von Karl Steiff in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 36 (1893), S. 714–716, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:St%C3%BCchs&oldid=- (Version vom 2. Dezember 2024, 03:05 Uhr UTC)
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Stüchs: Name eines Druckergeschlechts aus den letzten Jahrzehnten des 15. und den ersten des 16. Jahrhunderts. Auch die Namensformen Stuchs und Stöchs kommen vor und mit der ersteren werden diese Buchdrucker sogar gewöhnlich von den Bibliographen bezeichnet. Wir halten dies nicht für genau. Der bekannteste Vertreter der Familie nennt sich freilich in seinen Drucken gewöhnlich Stuchs, aber doch immer nur in lateinischem Zusammenhang; in deutschem gebraucht er die Form Stüchs und diese wird von dem zweiten Drucker fast ausschließlich angewandt. Sie dürfte also vorzuziehen sein. Geradezu falsch ist es ferner, wenn man dieser Druckerfamilie vielfach den Beinamen Sittich gibt. Der „Georgius Sittichs ex Sultzpach“ verdankt sein Dasein überhaupt nur einem Irrthum – in dem Göttinger Exemplar des von Hain 3857 aufgeführten Druckes, wo er vorkommen soll, heißt es eben auch Stuchs, nicht Sittichs –; der Joh. Sittich aber, der zu gleicher Zeit, wie Joh. Stüchs in Nürnberg, in Augsburg druckte, kann schon deshalb nicht mit letzterem eine und dieselbe Person sein. Wenden wir uns nun zu den einzelnen Druckern, so ist nicht nur der Zeit, sondern auch der Bedeutung nach der erste unter ihnen Georg St. [715] Er bezeichnet sich als von Sulzbach gebürtig, wobei an das bairische Städtchen Sulzbach (in der Oberpfalz) zu denken ist, da uns hier der Name St. auch sonst begegnet. Erwachsen kam er nach Nürnberg, wo er die Buchdruckerkunst erlernte. Ein akademisch gebildeter Drucker, wie es deren damals so viele gab, war er demnach nicht; dies wird auch durch seine Drucke bestätigt. Der früheste der letzteren – wir haben ihrer 59 feststellen können – fällt ins Jahr 1484, der späteste trägt die Zahl 1517. Mit ganz wenigen Ausnahmen gehören alle diese Drucke einem und demselben Gebiete, dem der kirchlichen Litteratur an. Nicht leicht hat ein Buchdrucker jener Zeit sich so sehr auf ein bestimmtes Feld der Thätigkeit beschränkt, nicht leicht aber auch innerhalb dieses Feldes so viel geleistet wie G. St. Eine ganze lange Reihe von kirchlichen Büchern für die verschiedensten Diöcesen ist aus seinen Pressen hervorgegangen. Da finden wir Breviere, Agenden, Diurnale, Nocturnale, Obsequiale u. dgl.; was aber unter G. Stüchs’ Drucken ganz besonders hervorragt durch treffliche Ausführung wie durch die Zahl, das sind seine Missale. Ein Meßbuch ist das erste, ein Meßbuch das letzte bekannte Erzeugniß seiner Presse. Wie kein anderer seiner Berufsgenossen hat er für die weitesten Gebiete diese großen und kostbaren Druckwerke geliefert; insbesondere hat er fast den ganzen Norden und Osten Deutschlands damit versorgt, bis nach Minden und ins Deutschordensland auf der einen und bis nach Krakau und Gran auf der andern Seite. Und zwar geschah es bald auf eigene Kosten, bald auf Bestellung der Bischöfe, bald in Veranlassung unternehmender Buchhändler, wie Rynmann’s in Augsburg, Haller’s in Krakau, Feger’s in Budapest u. a. Zum Druck des Krakauer Missale oder vielmehr einer der beiden von ihm hergestellten Auflagen, verlegte G. St. sogar einen Theil seiner Presse in die entfernte polnische Stadt; was es aber für eine Bewandtniß hat mit der Thatsache, daß er 1508 das Meßbuch von Camin „in Monte Nivis“ druckte, und welches Schneeberg damit gemeint ist, vermögen wir nicht zu entscheiden. (Um eine Oertlichkeit in Nürnberg, wie man vermuthen könnte, handelt es sich nicht.) Leider konnten wir auch über die persönlichen Verhältnisse des Mannes nichts näheres feststellen, da man inbetreff seiner in der Hauptsache noch auf seine Drucke angewiesen ist. – Genau dasselbe gilt auch von dem zweiten Vertreter der in Rede stehenden Druckerfamilie, Johannes St., der gleichfalls in Nürnberg thätig war. Hätten Panzer und Hain Recht, so würde der Beginn seiner Wirksamkeit gleichfalls noch ins 15. Jahrhundert fallen. Allein neben einigen undatirten und daher nicht beweisenden Drucken wird nur ein einziger datirter aus der eigentlichen Incunabelzeit, von 1499, angeführt (Hain 13879); dieser ist aber schlecht bezeugt und hat im Titel solch verdächtige Aehnlichkeit mit einem andern von 1509, daß hier offenbar ein Schreib- oder Druckfehler, statt 1509 vorliegt. Die Thätigkeit Joh. Stüchs’ beginnt dann überhaupt erst mit letzterem Jahr und es ist darum auch möglich, daß er ein Sohn von Georg St. ist. Umgekehrt ist nun aber auch das Schlußjahr seiner Thätigkeit über das vielfach hiefür angegebene Jahr, 1522, hinauszurücken. Denn es ist uns nach diesem Jahr, u. zw. bis 1531 einschließlich, noch eine ganze Anzahl von Drucken mit seinem Namen begegnet und es ist recht wohl möglich, daß mit der Zeit solche noch jüngeren Ursprungs zum Vorschein kommen. Die Richtung, in welcher dieser Meister thätig war, ist von derjenigen des G. St. so verschieden, daß vielleicht an eine Vereinbarung zwischen beiden zu denken ist. Den Bedürfnissen der Schule, des praktischen Lebens, des Volkes hat Joh. St. vor allem zu genügen gesucht. Darum findet man in seinem „Werk“, von dem wir bis jetzt 52 Drucke gezählt haben, Grammatiken und Wörterbücher, Rechenbücher und Prognostika, die Spiele von Joh. Folz und zum Schluß auch Flugschriften Luther’s und anderer Reformatoren. [716] Gar manches ist illustrirt, aber nicht in hervorragender Weise. So hat Joh. St. im Unterschied von Georg auch ein Druckerzeichen, das in schwarzem Feld ein weißes Kreuz und oben links bezw. rechts vom Stamm die Buchstaben H und S zeigt. Der am unteren Ende umgebogene Stamm ist von einem zweiten Querbalken geschnitten, von dem in rechtem Winkel eine Fortsetzung an den unteren Rand des Feldes geht. – Endlich ist noch, weil sicher ebenfalls zu diesem Druckergeschlecht gehörig, noch ein dritter Meister wenigstens zu erwähnen. Es ist der erst neuerdings entdeckte Lorenz St., der als Prototypograph von Halberstadt in den Jahren 1519 und 1520 dort zwei Meßbücher gedruckt hat. Es ist möglich, ja wahrscheinlich, daß auch er ein Sohn von Georg St. ist.

Vgl. die Drucke von Georg Stüchs bei Hain (s. Burger’s Register); Panzer, Annales typogr. VII, p. 441–458. XI, p. 469; Panzer, Annalen der deutschen Litteratur Nr. 608. 625; Brunet, Manuel du libraire, 5. éd., I. col. 1240. 1244; sowie Harrisse, Bibl. americana vetust. Additions p. 40 und namentlich Weale, Catalogus missalium (Register), wo auch die beiden Drucke von Lorenz Stüchs zu finden sind; diejenigen von Joh. Stüchs siehe bei Panzer, Annales VII, p. 449–463. 486. IX, p. 543–547. XI, p. 470; Panzer, Annalen Nr. 666. 768. 799. 835. 1249–51; Weller, Repert. bibliogr. u. Suppl. I (Register); Hirsch, Millenarius I, III, IV (Register) und Kuczynski’s Thesaurus libellorum etc. Nr. 1725. 2405. Vgl. dann noch Muther, Die deutsche Bücherillustration der Gothik I. 1884. S. 183 Nr. 1151–61 und Hase, Die Koberger 2. Aufl. 1885 (Register).