Wasserverfügbarkeit

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Die Wasserverfügbarkeit ergibt sich aus dem natürlich vorhandenen oder technisch gespeicherten Aufkommen von Wasser, der Bewirtschaftung und den Zugriffsmöglichkeiten seiner Nutzer. Es werden dabei Grund- und Oberflächenwasser sowie technische Wasserkreislaufsysteme betrachtet.[1] Die Verfügbarmachung und anschließende Bevorratung und Verteilung bezeichnet man als Wassermanagement.

Die Menge an Süßwasser, die einer Person pro Jahr zur Verfügung steht, kann rechnerisch ermittelt werden. Je nach Größe dieser Menge definieren sich untergeordnete Begriffe wie Wasserknappheit, Wassermangel und Wassernotstand, bis hin zur Wasserkrise.

Definition der Vereinten Nationen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der deutschsprachigen Zusammenfassung des Weltwasserberichts der Vereinten Nationen von 2019 wird definiert:[1]

„Verfügbarkeit von Wasser hängt davon ab, wie viel Wasser physisch verfügbar ist, wie es gespeichert, bewirtschaftet und verschiedenen Nutzern zugewiesen wird. Sie umfasst Fragen der Bewirtschaftung von Oberflächenwasser und Grundwasser sowie Fragen des Wasserrecyclings und der Wiederverwendung.“

UN Water, 2019; UNESCO-Kommissionen von Deutschland, Österreich, der Schweiz und Luxemburg

Süßwasserressourcen weltweit

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Entwicklung der Süßwasservorräte nach „World Scientists’ Warning to Humanity: A Second Notice“ 2017[2]

Weltweit haben etwa vier Milliarden Menschen bzw. die Hälfte der Weltbevölkerung mindestens einen Monat im Jahr nicht ausreichend Wasser zur Verfügung, sodass sie unter schwerer Wasserknappheit leiden. 1,8 bis 2,9 Milliarden Menschen leiden 4–6 Monate im Jahr unter schwerer Wasserknappheit, ca. 500 Millionen Menschen ganzjährig.[3]

Von den etwa 1,6 Milliarden Kubikkilometern Wasser, die sich auf dem Planeten Erde befinden, sind 35 Millionen Kubikkilometer Süßwasser (2,5 %). Nur etwa 213.000 Kubikkilometer davon sind relativ leicht für den Menschen zugänglich, vor allem in Seen, Flüssen und in den rund 45.000 weltweiten Großtalsperren. Der Rest liegt in Form von Gletschern, Schnee, Eis, Grundwasser, Grundeis, Dauerfrost, Bodenfeuchtigkeit und Sumpfwasser vor, ist also nicht leicht zugänglich. Zur Berechnung der Wasserverfügbarkeit legt die UNESCO die gesamte Süßwassermenge zugrunde, unabhängig von deren Zugänglichkeit.[4]

Die Wasserverfügbarkeit ist von weiteren Faktoren abhängig, wie Regen und anderen Niederschlägen, die zeitlich und regional ungleichmäßig fallen, und der Wasserqualität, die durch Umwelteinflüsse beeinflusst wird.

Berechnungen der ETH Zürich

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Wasserforschungsinstitut der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich berechnet auf diesen Grundlagen beispielhaft für 1990 die Wasserverfügbarkeit in der Schweiz mit 6520  pro Person und Jahr, in Algerien mit 770 m³ und in Saudi-Arabien mit 160 m³ Süßwasser, wobei sie Wassermengen unter 1700 m³ als Wasserknappheit, unter 1000 m³ als Wassermangel und unter 500 m³ als Wassernotstand bezeichnet.[5]

Berechnungen der UNESCO

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weiteren Aufschluss über die Wasserverfügbarkeit gibt der auf 2009 bezogene Vergleich der kontinentalen Anteile zur Weltbevölkerung gegenüber den Anteilen zur globalen Verfügbarkeit von Süßwasser, der 2003 von der UNESCO veröffentlicht wurde. Danach ergibt sich folgende Tabelle:[6]

Kontinent Anteil an der globalen Wasserverfügbarkeit [%] Weltbevölkerunganteil [%]
Asien 36 61
Südamerika 26 07
Nord- und Mittelamerika 16 08
Afrika 11 13
Europa 08 13
Australien und Ozeanien 05 <1

Diese Übersicht zeigt insbesondere die Belastung Asiens und Europas, bei denen der Anteil an der Weltbevölkerung deutlich über dem Anteil an der globalen Wasserverfügbarkeit liegt. Besonders dramatisch gestaltet sich allerdings auch die Situation in Afrika, da man hier nur über eine äußerst schlechte Trinkwasserinfrastruktur verfügt.

Im November 2009 gaben führende Agrarökonomen aus ganz Europa eine Erklärung ab, in der sie eine klare Fokussierung auf europäische Gemeingüter – insbesondere für den Klimaschutz, die Biodiversität und das Wassermanagement – forderten („A Common Agricultural Policy for European Public Goods“).[7]

Die EU reformiert ihre Gemeinsame Agrarpolitik – siehe Direktzahlungen und Greening: GAP-Leitlinien 2014–2020.

Prognose für 2025/2050

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die UNESCO prognostiziert aufgrund dieser Tabelle und der Tatsache einer bisherigen Versechsfachung des Wasserverbrauchs zwischen 1930 und 2002 durch eine Verdreifachung der Weltbevölkerung bei gleichzeitiger Verdoppelung des durchschnittlichen Wasserverbrauchs pro Kopf ein dramatisches Schwinden der Wasserverfügbarkeit bis 2025 und darüber hinaus. Begründet wird diese Prognose mit kontinuierlich steigendem Wasserverbrauch, verursacht sowohl durch globales ökonomisches Wachstum als auch durch die Verbreitung verbrauchsintensiver Lebensstile in sogenannten Drittländern. Da die steigende Entnahme aus Süßwasservorkommen zwangsläufig mit einer steigenden Einleitung von Abwässern einhergeht, gehen Schätzungen der UNESCO von einer globalen Abwasserproduktion von etwa 1.500 Kubikkilometern im Jahr 2050 und einer damit einhergehenden Abwasserbelastung von bis zu 12.000 Kubikkilometern weltweit aus, da angenommen wird, dass ein Liter Abwasser acht Liter Süßwasser verunreinigt.[4]

Lösungsansätze zur Bewältigung der prognostizierten Verringerung der Wasserverfügbarkeit bis 2025 hat Mark W. Rosegrant 2002 anhand dreier Modellszenarien aufgezeigt.[8] Im Business-as-usual-Szenario wird eine nur leichte Erhöhung der Investitionen in Wasser sparende Technologien bei einer vorsichtigen Verbesserung des Wassermanagements angenommen, das zu einem Krisenszenario führt und von einem nachhaltigen Szenario bezüglich weltweiter Bemühungen um eine wirkungsvollere Wassernutzung abgeschlossen wird. Weitere Ansätze sollte die erstmals vom 24. bis 25. November 2010 stattgefundene internationale Konferenz IWRM[9] in Karlsruhe liefern, die zum Ziel hatte, das global vorhandene Wissen zum Thema Wassermanagement zusammenzuführen.

  • Jenny Tröltzsch et al.: Auswirkungen des Klimawandels auf die Wasserverfügbarkeit: Anpassung an Trockenheit und Dürre in Deutschland. In: Wasserwirtschaft. (ISSN 0043-0978) Bd. 111, H. 11 (2021), S. 44–48.
  • Hans-Jürgen Leist: Wasserversorgung in Deutschland – Kritik und Lösungsansätze. oekom Verlag, München 2007, ISBN 978-3-86581-078-6.
  • Andreas Hoppe: Wasser im Nahen Osten – ein Kriegsgrund? In: Naturwissenschaftliche Rundschau 59(5), S. 241–247 (2006), ISSN 0028-1050.
  • Foreign Affairs Heft September/Oktober 2010: Hydraulic Pressures – into the age of Water Scarcity?

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. a b UN Water: Weltwasserbericht der Vereinten Nationen 2019. (Zusammenfassung des Berichts in deutscher Übersetzung), UNESCO World Water Assessment Programme, Colombella, Perugia 2019, S. 3 (PDF).
  2. William J. Ripple, Christopher Wolf, Thomas M. Newsome, Mauro Galetti, Mohammed Alamgir, Eileen Crist, Mahmoud I. Mahmoud, William F. Laurance und 15.364 Biowissenschaftler aus 184 Ländern: World Scientists’ Warning to Humanity: A Second Notice. In: BioScience. Band 67, Nr. 12, 2017, S. 1026–1028, doi:10.1093/biosci/bix125.
  3. Mesfin M. Mekonnen, Arjen Y. Hoekstra: Four billion people facing severe water scarcity. In: Science. 2016, doi:10.1126/sciadv.1500323.
  4. a b Anonym: Wasserverbrauch. Bundeszentrale für politische Bildung, Bericht vom 1. September 2017.
  5. Eawag, Wasserforschungs-Institut der ETH Zürich (Memento vom 27. Juni 2010 im Internet Archive)
  6. The United Nations World Water Development Report 1, 2003
  7. Deklaration „A Common Agricultural Policy for European Public Goods“ download. Reformthecap.eu, 18. November 2009, abgerufen am 6. Juni 2010 (englisch).
  8. Mark W. Rosegrant u. a.: World Water and Food to 2025: Dealing with Scarcity. Washington, D.C. 2002.
  9. IWRM Karlsruhe 2010 - Integrated Water Resources Management – 24.–25. November 2010 im Kongresszentrum Karlsruhe. Abgerufen am 8. September 2021., auf lifepr.de