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Rasierhobel

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Der Merkur 34c wird heutzutage häufig als Referenzmodell für Rasierhobel angesehen.

Ein Rasierhobel ist ein Rasierapparat zur Nassrasur. Bei der Hobelrasur wird eine Rasierklinge verwendet, die nur ein wenig aus dem Hobel hervorragt, um größere Schnittverletzungen zu vermeiden. Deshalb wird der Rasierhobel in Abgrenzung zum Rasiermesser auch als Sicherheitsrasierer bezeichnet. Die Hobelrasur war die vorherrschende Rasurmethode in den großen Industriestaaten vom Ersten Weltkrieg bis in die 1970er Jahre. Anschließend wurde das Prinzip zum gegenwärtig gängigen Systemrasierer weiterentwickelt. In Europa und Nordamerika rasiert sich heute nur noch eine relativ kleine Anzahl von Verbrauchern mit Rasierhobeln. In Ländern wie Japan, Indien, Pakistan und Ägypten finden sich Rasierhobel dagegen noch im alltäglichen Gebrauch.

Geschichte

Der Henckels Rapide ist ein Beispiel für einen ursprünglichen Keilhobel.

Vor der Erfindung des Rasierhobels war die Messerrasur die am weitesten verbreitete Rasurmethode. Diese war mit relativ viel Aufwand verbunden, weshalb es viele Männer vorzogen, sich beim Barbier oder Herrenfriseur rasieren zu lassen. Erfinder arbeiteten deshalb frühzeitig an einer einfachen, sicheren und kostengünstigen Alternative. Die ersten Rasierhobel kamen 1874 in Großbritannien auf den Markt und wurden kurze Zeit später auch in anderen europäischen und nordamerikanischen Ländern verkauft.[1] Das Design orientierte sich dabei am Schreinerhobel. Zunächst wurden Keilklingen verwendet, die aus Bruchstücken von Messerklingen gewonnen wurden. Keilhobel wie Mulcuto, Henckels Rapide, Kampfe Star oder Wilkinson Empire mussten somit noch fast wie Rasiermesser gehandhabt und gepflegt werden und wurden bis in die 1940er Jahre hergestellt.

Gillettes Rasierapparat-Patent vom 15. Nov. 1904

1901 entwickelte King Camp Gillette zusammen mit William Nickerson den Rasierhobel mit einer dünnen, doppelseitigen Sicherheitsklinge aus Bandstahl.[2] Anders als Rasiermesser- oder Keilhobelklingen musste diese nicht mehr abgezogen und geschärft werden, sondern wurde nach ein paar Rasuren durch eine neue, kostengünstige Klinge ersetzt.[3][4] Beinahe zeitgleich brachte das Solinger ROMI-Werk unter seinem Eigentümer Robert Middeldorf ein sehr ähnliches System auf den deutschen Markt, das sich allerdings nicht durchsetzen konnte.[5] Bereits 1904 konnte die in Boston ansässige Gillette Company 90.000 Hobel und 10.000 Ersatzklingenpäckchen absetzen.[2] Durch die Einführung der austauschbaren Klinge wurde ein großer Markt für den Verkauf von Rasierklingen geschaffen. Andere Hersteller brachten deshalb bald Rasiergeräte auf den Markt, die dem Gillettestandard entsprachen.

Ein großer Absatzsprung gelang Gillette, als seine Firma 1917 kurz vor dem Eintritt der Vereinigten Staaten in den Ersten Weltkrieg einen Vertrag mit der Armee abschließen konnte, der festschrieb, jeden Soldaten standardmäßig mit einen Gilletterasierer auszurüsten. Zu diesem Zeitpunkt war bereits die Bedeutung der Gasmaske für die Kampfhandlungen im Schützengraben erkennbar. Dieser Umstand erforderte eine tägliche Rasur der Soldaten, die bis dahin eher unüblich war.[6] Somit gelangten 3,5 Millionen Hobel unter die männliche Bevölkerung, wodurch sich die tägliche Hobelrasur in den Vereinigten Staaten etablierte.

Nach Ende des Zweiten Weltkriegs bekam der Rasierhobel zunehmend Konkurrenz durch die Erfindung des Trockenrasierers. In den 1950er Jahren konnte der Komfort der Hobelrasur jedoch nochmals verbessert werden, nachdem Wilkinson Sword erstmals Klingen aus rostfreiem Stahl auf den Markt gebracht hatte. Das Londoner Traditionsunternehmen konnte dadurch große Marktanteile gewinnen.[7] Know-How und Maschinen wurden hierfür von der Firma Rudi Osberghaus aus Solingen bereitgestellt,[8] an der sich die deutsche Wilkinson Sword GmbH schließlich direkt beteiligte.[5]

Ein Schick/ Eversharp Injector mit Klingenmagazin (oben).

Bereits frühzeitig versuchte eine Vielzahl von Herstellern, sich vom Gillettestandard abzuheben und ihre eigenen Klingen- und Hobelvarianten durchzusetzen. Die beiden erfolgreichsten Systeme dieser Art sind der Single-Edge- und der Injectorhobel. Autostrop brachte um 1908 einseitige Klingen ("single edge") auf den Markt und wurde dabei vor allem von Herstellern wie Star, GEM und Ever-Ready unterstützt, also von Firmen, die in Amerika mit Keilklingenapparaten großgeworden waren und später zur ASR (American Safety Razor Company) fusionierten. 1921 erfand Jacob Schick, ein pensionierter amerikanischer Offizier, den sogenannten Magazine Repeating Razor.[8] Bei diesem Rasierapparat, der auch als Interjectorhobel bezeichnet wird, erleichtert sich der Klingenaustausch, indem man eine neue Klinge berührungslos aus einem Klingenmagazin in den Hobelkopf schiebt und dabei die alte Klinge herauslöst. Interjectorklingen haben ebenfalls nur eine scharfe Seite und sind nicht mit normalen Rasierklingen austauschbar. 1928 verkaufte Schick diesen Geschäftsbereich an Eversharp, Inc., da er nach der Erfindung des Trockenrasierers davon überzeugt war, dass dies das Ende von Rasierhobel- und Klinge bedeuten würde.[9] Eversharp gab der neuen Tochterfirma den etablierten Namen Schick Safety Razor Company, welche 1933 mit Wilkinson Sword fusionierte und seitdem deren amerikanischen und australischen Geschäftsbereich darstellt.[10]

Die endgültige Ablösung des Rasierhobels als Massenprodukt erfolgte in den 1970er Jahren, als die großen Hersteller wie Gillette und Wilkinson dazu übergingen, Systemrasierer zu produzieren, in die nur noch ihre eigenen Klingensysteme passen. Dies führte zu einer großen Ausdünnung des Marktes für Rasiergeräte. Um die Anzahl der Klingen pro Rasiersystem ist mittlerweile ein Wettlauf zwischen den großen Herstellern entbrannt.[11]

Design und Variationen

Zwei Butterflyhobel: Der Schick Krona (links) und der Gillette Aristocrat (rechts, geöffnet).

Das ursprüngliche Gillettedesign besteht aus einem Rasierkopf und einem, verglichen mit einem Systemrasierer, relativ kurzen Griff. Die in den Hobelkopf eingespannte Klinge ragt dabei ca. 1 mm auf jeder Seite in den sogenannten Klingenspalt, der sich zwischen Ober- und Unterkante des Hobelkopfs erstreckt. Der Gillettehobel von 1904 ("Old Type") besteht aus drei Teilen (Griff, Kopfoberteil und Kopfunterteil) und man spannt die Klinge in den Hobelkopf, indem man diesen mit Hilfe des Griffes verschraubt.[6]

Drei verschiedene Hobelköpfe: Merkur 34c, Ibsen Torsion, Gillette Butterfly (geschlossen).

Daneben gibt es eine Vielzahl von Variationen, die sich zumeist durch Abwandlungen an Schließmechanismus, Hobelkopf, Grifflänge und Griffform, sowie bei der Materialzusammensetzung unterscheiden. Manche Hersteller gingen bald dazu über, Zweiteiler zu produzieren, bei denen das Unterteil des Hobelkopfes fest mit dem Griff verbunden ist. Bei diesem Prinzip wird die Klinge durch einen Drehmechanismus am Griff eingespannt. An diesem Design orientieren sich die in Europa und Nordamerika weitverbreiteten Hobel der Marke Merkur aus Solingen. In den 1930er Jahren machte sich Gillette daran, seine Hobelköpfe mit einer TTO-Mechanik ("Twist To Open") auszurüsten. Bei dieser einteiligen Variante, für die sich im Volksmund schnell der Name "Butterfly" durchsetzte, umschließen zwei verstellbare Flügel die Klinge an ihrer Oberseite.[6] Butterflyhobel sind auf dem nordamerikanischen Heimatmarkt von Gillette weit verbreitet und werden von erfahrenen Hobelrasierern als besonders sanft beschrieben. Nach dem Zweiten Weltkrieg verwendeten Hersteller auch zunehmend Kunststoffe zur Hobelherstellung, wie etwa beim Wilkinson Classic, der weiterhin erhältlich ist.

Drei weitere Hobelköpfe: Mulcuto Schrägschnitt, Gibbs Adjustable (Regable), Gillette Zahnkamm.

Im Laufe der Zeit haben Hobelhersteller versucht, die Effektivität ihrer Rasierapparate durch Änderungen am Hobelkopf zu steigern. Die gängigsten Variationen können mit den Begriffen Schrägschnitt, Torsion, Zahnkamm und verstellbar beschrieben werden. Bei Schrägschnitthobeln ist der Kopf im Vergleich zum Griff etwas abgeschrägt, mit dem Zweck, das Barthaar mehr zu schneiden als zu hobeln. Ein ähnliches Prinzip stellt der Torsionskopf dar, bei dem die Abschrägung der Klinge dadurch erreicht wird, dass sie in sich verdreht wird. Eine weitere Variation stellt der Hobel mit Zahnkamm dar, bei dem die Unterkante des Hobelkopfes gezahnt ist. Dies erlaubt Nutzern mit starkem Bartwuchs eine Erleichterung bei der Rasur. Schließlich gibt es verstellbare Hobel, bei denen sich der Klingenspalt und somit die Aggressivität des Hobels individuell an die eigenen Bedürfnisse anpassen lässt.

Der Verbraucher hat durch die Kombination von Hobel- und Klingenvariation eine Vielzahl von Individualisierungsmöglichkeiten. Er kann somit die Hobelrasur an seine individuellen Bedürfnisse anpassen, wie es mit einem Rasiersystem nur schwer möglich ist.

Eine Mischform aus Rasiermesser und -hobel stellt die Shavette dar. Shavetten sind geformt wie ein Rasiermesser, sie benötigen aber Wechselklingen wie ein Rasierhobel.

Verbreitung

Eine Auswahl asiatischer Rasierhobel im Niedrigpreissegment.

Anfangs konnte sich das Konzept vor allem in den westlichen Industriestaaten durchsetzen. Der große Erfolg von Gillette konsolidierte dabei zunächst den amerikanischen Markt, indem die Konkurrenz häufig nur vor die Wahl gestellt wurde, sich entweder von dem Bostoner Unternehmen oder seinem größten Konkurrenten, der American Safety Razor Company (ASR) übernehmen zu lassen. In der Folgezeit drängte Gillette auch zunehmend auf den europäischen Markt, wobei sich hier ein reger Wettbewerb mit den einheimischen Firmen entwickelte. So gab es in Großbritannien neben Wilkinson Sword noch eine ganze Reihe von Herstellern wie Rolls Razor, Wardonia, Darwin, Myatt, Souplex, Durham Duplex, Eclipse und Ronson. Auch in Frankreich gab es bald Hobel- und Klingenhersteller wie Gibbs, Le Coque, Leresche und Apollo (Frankreich).

In Deutschland machte sich zunächst eine Vielzahl von Kleinherstellern daran, den Bedarf an Rasierhobeln durch Gillettekopien oder einfache und ungemarkte Hobel zu decken. Nach dem Ersten Weltkrieg stieg die Berliner Roth Büchner GmbH mit ihrer Marke Rotbart zum größten deutschen Hersteller auf und wurde 1926 von Gillette übernommen. Daneben bedienten vor allem Firmen aus der Klingen- und Messerstadt Solingen den deutschen Markt, wie etwa Merkur, Apollo (Deutschland), Golf, Fasan und Mulcuto.[5] Unter diesen kam es zu einer großen Anzahl von Kooperationen, Lizenzfertigungen und gegenseitigen Zulieferungen. In den 1960er und 1970er Jahren liefen Trocken- und Systemrasierer dem Hobel endgültig den Rang ab, wodurch die Branche in eine existenzbedrohende Krise geriet.[12] Mittlerweile ist mit Merkur nur noch ein einziger deutscher Hobelhersteller übriggeblieben, unter anderem auch deshalb, weil die Firma 1996 von der DOVO-Gruppe übernommen wurde. Seitdem gibt es Merkur nur noch als Marke.

Drei gegenwärtig erhältliche Rasierhobel: Weishi (China), Parker (Indien) und Feather (Japan).

In bestimmten Ländern und Regionen konnte sich die Hobelrasur dagegen bis heute im Alltag behaupten. Produzenten wie Treet aus Pakistan, Lord aus Ägypten sowie Kai, Shogun und Feather aus Japan stellen weiterhin Hobel und Klingen in großen Mengen her. Osteuropäische Firmen wie Rapira, Astra und Sputnik aus Russland und Wizamet aus Polen decken weitgehend den Bedarf in ihren Heimatmärkten. Auch westliche Konzerne wie Gillette, Wilkinson Sword und die American Safety Razor Company beliefern diese Märkte weiterhin aus eigener Produktion oder durch Lizenzfertigungen. In den letzten Jahren kamen sogar wieder neue Hersteller wie Weishi aus China und Parker (Jagdish) aus Indien hinzu.

Auch in Großbritannien und Deutschland gab es zuletzt wieder neue Produzenten von Rasierartikeln, die Rasierhobel im Programm haben. Beispiele hierfür sind Edwin Jagger aus Sheffield und die nach der Wiedervereinigung reprivatisierte Hans-Jürgen Müller GmbH aus Stützengrün im Erzgebirge, die durch die Marke Mühle (ehemals Mühle-Pinsel) bekannt ist. Beide Hersteller sind im oberen Preissegment angesiedelt und verwendeten bis vor kurzem Merkur-Hobelköpfe.

Hobelhersteller decken und deckten somit ein großes Preisspektrum ab. Qualität und Preis hängen dabei weitgehend von Fertigungsqualität und dem verwendeten Material ab. Während Kunststoffhobel zumeist für wenige Euro erhältlich sind, können sich die Aufwendungen für einen Hobel im Luxuxpreissegment auf über 100 Euro belaufen. Die Mehrzahl von heute noch erhältlichen Hobel aus verchromtem Metall bewegt sich jedoch in einem Preissegment von 20 bis 40 Euro. Die Vielfalt unterschiedlicher Varianten macht den Rasierhobel auch zu einem beliebten Sammlerstück.

Anwendung

Anwender der Hobelrasur bereiten ihren Rasierschaum im Normalfall auf traditionelle Weise vor, d. h. unter Verwendung von Rasierseife oder Rasiercreme und einem Rasierpinsel. Diese Kombination wird von Anwendern als schonender als die Verwendung von Dosenschaum und Systemrasierer beschrieben.[13] Demnach können Probleme wie Rasurbrand und eingewachsene Haare durch eine Verwendung von Rasierhobel und traditionellem Schaum reduziert werden.[13] Da der Rasierkopf anders als bei modernen Systemrasierern unbeweglich ist, muss der Rasurwinkel beim Rasierhobel individuell gefunden werden.

Einzelnachweise

  1. Frank Gnegel. 1995. Bart ab: zur Geschichte der Selbstrasur. Köln: DuMont, S. 42.
  2. a b Heinrich Beck Institut King Champ Gillette, abgerufen am 22. Juli 2009.
  3. Karen Sewell: Patent for Safety Razor Issued November 15, 1904. United States Patent and Trademark Office, abgerufen am 6. April 2009.
  4. U.S. Patent Nr. 775,134
  5. a b c Ewald Helmut Beermann. 1993. Solingen, ein Streifzug durch fünf Jahrhunderte Messer und Klingen. Solingen, Martor.
  6. a b c J. Duwe: Kleine Bildergeschichte über die Entwicklung des Gillette Safety Razors. Mr. Razor, abgerufen am 10. April 2009.
  7. The Blade Battle. Time magazine, 29. Januar 1965, abgerufen am 20. April 2009.
  8. a b Shaving History: The Schick Story. Schick, abgerufen am 3. Mai 2009.
  9. Allen Appelby: The Schick Injector Razor: History, Development, and Identification Guide. safetyrazors.net, abgerufen am 3. Mai 2009.
  10. Solingen produziert eine Milliarde Rasierklingen. Wilkinson Sword GmbH, abgerufen am 3. Mai 2009.
  11. William C. Symonds: Gillette's Five-Blade Wonder. BusinessWeek, 15. September 2005, abgerufen am 18. Mai 2009.
  12. Der Kampf um den Bart. Die Zeit, 11. März 1966, abgerufen am 3. Mai 2009.
  13. a b Erik Kormann: Nassrasur. Aromatisches Blog, abgerufen am 6. April 2009.