Natriumfluorid
Kristallstruktur | ||||||||||||||||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
_ Na+ _ F− | ||||||||||||||||||||||
Kristallsystem |
kubisch | |||||||||||||||||||||
Raumgruppe |
Fm3m (Nr. 225) | |||||||||||||||||||||
Koordinationszahlen |
Na[6], F[6] | |||||||||||||||||||||
Allgemeines | ||||||||||||||||||||||
Name | Natriumfluorid | |||||||||||||||||||||
Andere Namen | ||||||||||||||||||||||
Verhältnisformel | NaF | |||||||||||||||||||||
Kurzbeschreibung |
farb- und geruchloser Feststoff[2] mit salzigem Geschmack[3] | |||||||||||||||||||||
Externe Identifikatoren/Datenbanken | ||||||||||||||||||||||
| ||||||||||||||||||||||
Arzneistoffangaben | ||||||||||||||||||||||
ATC-Code | ||||||||||||||||||||||
Eigenschaften | ||||||||||||||||||||||
Molare Masse | 41,99 g·mol−1 | |||||||||||||||||||||
Aggregatzustand |
fest | |||||||||||||||||||||
Dichte |
2,78 g·cm−3[2] | |||||||||||||||||||||
Schmelzpunkt | ||||||||||||||||||||||
Siedepunkt |
1704 °C[2] | |||||||||||||||||||||
Löslichkeit | ||||||||||||||||||||||
Brechungsindex |
1,3252[6] | |||||||||||||||||||||
Sicherheitshinweise | ||||||||||||||||||||||
| ||||||||||||||||||||||
MAK |
1 mg·m−3[2] | |||||||||||||||||||||
Toxikologische Daten | ||||||||||||||||||||||
Thermodynamische Eigenschaften | ||||||||||||||||||||||
ΔHf0 |
−575 kJ/mol[9] | |||||||||||||||||||||
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa). Brechungsindex: Na-D-Linie, 20 °C |
Natriumfluorid (NaF) ist das Natriumsalz der Flusssäure (Fluorwasserstoffsäure). Es ist ein farb- und geruchsloser, salzig schmeckender, giftiger Feststoff, der kubische Kristalle bildet.
Vorkommen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Natriumfluorid kommt in der Natur nur in der Form des seltenen Minerals Villiaumit vor.
Gewinnung und Darstellung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Neutralisation von konzentrierter Fluorwasserstoffsäure mit Natronlauge[10][11]
Überschüssiger Fluorwasserstoff führt zur Bildung von Natriumhydrogenfluorid:
Umsetzung von Fluorwasserstoffsäure mit Natriumcarbonat:
Ausgehend vom Natriumsalz der Hexafluorokieselsäure kann Natriumfluorid durch thermische Zersetzung gewonnen werden.
Eigenschaften
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das farblose Natriumfluorid ist giftig und kristallisiert in der Natriumchlorid-Struktur und lässt sich zu Einkristallen „züchten“. Es ist durchlässig für Infrarot- und UV-Licht. In Wasser ist es bei allen Temperaturen nur mäßig löslich. Erwärmen steigert die Löslichkeit kaum. In Ethanol löst es sich nicht. In konzentrierter Schwefelsäure setzt es sich zu Natriumsulfat und Fluorwasserstoff um. Infolge teilweise stattfindender Hydrolyse reagiert die wässrige Lösung von Natriumfluorid leicht alkalisch.[12]
Natriumfluorid bildet mit Natriumchlorid, Natriumcarbonat und Calciumfluorid Schmelzen mit einem Eutektikum, mit Natriumsulfat Schmelzen mit zwei Eutektika. Flüssiges Natriumfluorid leitet den elektrischen Strom, wobei der Widerstand mit steigender Temperatur abnimmt.
Reaktionsverhalten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Natriumfluorid und Schwefelsäure reagieren zu Natriumsulfat und Fluorwasserstoff.
Die hohe Toxizität von NaF im Vergleich zu anderen Natriumhalogeniden (z. B. Natriumchlorid)[13] ist in der Wirkung des Fluoridanions als starke Lewis-Base begründet. Das Fluorid bindet an alle magnesiumhaltigen Enzyme[13] und blockiert sie somit.
Die Fluoridionen blockieren den Calcium- und Magnesiumstoffwechsel und hemmen wichtige Enzyme.[14] Dies führt zu akut bedrohlichen Stoffwechselstörungen, die unter multiplem Organversagen tödlich verlaufen können.
Biozide Wirkung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Natriumfluorid ist fungizid und insektizid wirksam.
In den USA und in Großbritannien wurde Natriumfluorid als wirksam gegen Kakerlaken und Federlinge befunden und ab den 1930er Jahren als Ersatz für Bleiarsenat eingesetzt.[13]
Etwa 1913 wurde die Verbindung von Dr. Wolman zusammen mit Dinitrophenol und Natriumdichromat als Holzschutzmittel Triolith[15] für Eisenbahnschwellen und Grubenhölzer auf den Markt gebracht.[16][17] Zusammen mit Arsen wurde der Markenname Thanalith genutzt.[18][19]
Heute wird es hauptsächlich als Holzschutzmittel gegen Termiten eingesetzt.[20]
Verwendung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Natriumfluorid wird zum Konservieren von Klebstoffen verwendet. Beim Löten von Aluminium dient es als Flussmittel,[21] in der Metallurgie als Schlackenzusatz für Metallschmelzen.
Weitere Anwendungen:
- Fluoridierung von Trinkwasser, Speisesalz, Zahnpasta[22] usw., Fluortabletten[23]
- Als Enzymgift bei der Blutentnahme in sogenannten Lactat-Plasma-Blutentnahmeröhrchen für Glucose- und Lactatbestimmung im Blut[24]
- Fluorierungsmittel in der Organischen Chemie
- Trübungs- und Flussmittel in der Glasherstellung
- Zur Reinigung anderer Fluoride durch Bindung von überschüssigem Fluorwasserstoff
- Einkristalle dienen in der Instrumentellen Analytik als Filter, Linsen und Prismen
- In der Photometrie als Maskierungsmittel für Eisenionen
- Reinigung von Uranhexafluorid bei der Wiederaufarbeitung
- Als Phosphataseinhibitor in der Molekularbiologie
- Mit dem Zyklotronprodukt Fluor-18 als Radiopharmakon für die Skelettszintigraphie mittels Positronen-Emissions-Tomographie (oder in den 1970er Jahren auch mittels rektilinearem Scanner und Ultra-Hochenergiekollimator).
Vorsichtsmaßnahmen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Natriumfluorid ist giftig. Das Einatmen von Stäuben ist zu vermeiden. Bei der Arbeit mit Natriumfluorid sind Handschuhe zu tragen. Als letal wird grundsätzlich eine Menge von 5–10 g für einen 70 kg schweren Menschen angesehen. Allerdings wurden Todesfälle bereits ab einer Dosis von 15 mg/kg beobachtet, was bei einem 70 kg schweren Menschen einer Menge an Natriumfluorid von 1,05 g entspricht.[25][26] Aus diesen Gründen wird bereits eine Menge von 5 mg/kg als kritische Schwelle angesehen, da bereits ab diesem Punkt ernste lebensbedrohliche Vergiftungserscheinungen auftreten können, die eine sofortige Notbehandlung erfordern.[22]
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Eintrag zu SODIUM FLUORIDE in der CosIng-Datenbank der EU-Kommission, abgerufen am 17. April 2020.
- ↑ a b c d e f g Eintrag zu Natriumfluorid in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 1. Februar 2016. (JavaScript erforderlich)
- ↑ Gerald J. Cox, Jessica W. Nathans: A Study of the Taste of Fluoridated Water. In: Journal (American Water Works Association). Band 44, Nr. 10, 1952, S. 940–942, JSTOR:41252813 (englisch).
- ↑ H. Kojima, S. G. Whiteway, C. R. Masson: Melting points of inorganic fluorides. In: Canadian Journal of Chemistry. 46 (18), 1968, S. 2968–2971, doi:10.1139/v68-494.
- ↑ Eintrag zu Natriumfluoride. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 25. Dezember 2014.
- ↑ David R. Lide (Hrsg.): CRC Handbook of Chemistry and Physics. 90. Auflage. (Internet-Version: 2010), CRC Press / Taylor and Francis, Boca Raton FL, Index of Refraction of Inorganic Crystals, S. 10-247.
- ↑ Eintrag zu Sodium fluoride im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 1. Februar 2016. Hersteller bzw. Inverkehrbringer können die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung erweitern.
- ↑ a b c B. Martel, K. Cassidy: Chemical Risk Analysis: A Practical Handbook. Butterworth–Heinemann, 2004, ISBN 1-903-99665-1, S. 363.
- ↑ A. F. Holleman, E. Wiberg, N. Wiberg: Lehrbuch der Anorganischen Chemie. 101. Auflage. Walter de Gruyter, Berlin 1995, ISBN 3-11-012641-9, S. 1170.
- ↑ G. Brauer (Hrsg.): Handbook of Preparative Inorganic Chemistry. 2. Auflage. Academic Press, 1963, S. 235–236 (englisch, sciencemadness.org [PDF; 18,6 MB] A. E. Müller. Chem. Ztg. 52, 5 (1928)).
- ↑ Jean Aigueperse, Paul Mollard, Didier Devilliers, Marius Chemla, Robert Faron, René Romano, Jean Pierre Cuer: Fluorine Compounds, Inorganic. In: Ullmann's Encyclopedia of Industrial Chemistry. Wiley-VCH, 2000, ISBN 3-527-30673-0, doi:10.1002/14356007.a11_307 (englisch).
- ↑ Natriumfluorid. In: Seilnacht. Abgerufen am 8. August 2024.
- ↑ a b c R. L. Metcalf: Fluorine-Containing Insecticides. In: Pharmacology of fluorides: Part 1. Springer, Berlin, Heidelberg 1966, ISBN 3-662-25198-1, S. 355–386, doi:10.1007/978-3-662-25198-0_7 (englisch).
- ↑ Anna Strunecka, Jiri Patocka, Russell L. Blaylock, Niloufer J. Chinoy: Fluoride Interactions: From Molecules to Disease. In: Current Signal Transduction Therapy. Band 2, Nr. 3, 2007, S. 190–213, doi:10.2174/157436207781745300 (englisch).
- ↑ B. A. Richardson: Wood Preservation. Routledge, 2002, ISBN 1-135-82860-1, S. 108 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- ↑ Organ für die Fortschritte des Eisenbahnwesens, 1929, Heft 23
- ↑ Cihat Taşçıoğlu, Kenji Umemura, Sukma S. Kusuma, Tsuyoshi Yoshimura: Potential utilization of sodium fluoride (NaF) as a biocide in particleboard production. In: Journal of Wood Science. Band 63, Nr. 6, Dezember 2017, S. 652–657, doi:10.1007/s10086-017-1654-z (englisch).
- ↑ Werbeplakat bei Antiquitäten Lothar Czambor
- ↑ Patent DE356132: Holzkonservierungsmittel. Veröffentlicht am 17. Juli 1922, Anmelder: Grubenholzimprägnierung GmbH.
- ↑ Chengyuan Pan, Chenzhi Wang: Sodium Fluoride for Protection of Wood Against Field Populations of Subterranean Termites. In: Journal of Economic Entomology. Band 108, Nr. 4, August 2015, S. 2121–2124, doi:10.1093/jee/tov175 (englisch).
- ↑ Flux for aluminum soldering, almit
- ↑ a b Opinion of the scientific committee on cosmetic products and non-food products intended for consumers concerning the safety of fluorine compounds in oral hygiene products for children under the age of 6 years, 2003 (PDF; 332 kB)
- ↑ Karl Joachim Münzenberg, Karlfried Karzel: Die Natriumfluorid-Therapie der Osteoporose. 2., überarb. Auflage. Fischer, Heidelberg 1983, ISBN 3-88463-029-6.
- ↑ Zusatzstoffe verschiedener Blutentnahmeröhrchen (englisch) ( vom 23. September 2015 im Internet Archive)
- ↑ H. C. Hodge, F. A. Smith: Fluorine Chemistry. Hrsg.: J. H. Simons. Band 4. Academic Press, 1965, ISBN 0-323-14245-1, S. 155 (englisch).
- ↑ zitiert W. Machle, E. W. Scott, J. F. Treon, F. F. Heyroth, K. V. Kitzmiller: The effect of the inhalation of hydrogen chloride. In: J Ind Hyg Toxicol. Band 24, 1942, S. 222–225 (englisch).