Matthias Glaubrecht
Joachim Matthias Glaubrecht (* 8. Oktober 1962 in Hamburg) ist ein deutscher Evolutionsbiologe, Biosystematiker, Wissenschaftshistoriker[1] und Buchautor. Er war von 2014 bis 2021 Direktor des Centrums für Naturkunde in Hamburg.[2] Seit Juni 2021 ist er Wissenschaftlicher Projektleiter Evolutioneum des Leibniz-Instituts zur Analyse des Biodiversitätswandels.[3]
Leben und Wirken
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Glaubrecht studierte Biologie an der Universität Hamburg, wo er 1990 sein Diplom erlangte und 1994 promoviert wurde. Von 1994 bis 1995 arbeitete er dort als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Gastwissenschaftler am Zoologischen Institut. Zwischenzeitlich (1996–1997) war Glaubrecht zudem als Visiting Research Fellow zu Gast am Australian Museum in Sydney.[4] Von 1997 bis 2014 war er Mitarbeiter des Naturkundemuseums Berlin und dort Kurator der Mollusken-Sammlung. Zwischen 2006 und 2009 war Glaubrecht Leiter der Forschungsabteilung des Museums und Mitglied der Leitung des Museums. Im Jahr 2011 habilitierte er sich an der Humboldt-Universität Berlin. Im Jahr 2014 wurde Matthias Glaubrecht zum Direktor des Centrums für Naturkunde in Hamburg (seit 2021 Museum der Natur) ernannt[2], wo er auch an der Konzeption von diversen Ausstellungen mitwirkte[5]. Seit 2014 ist er zudem Professor für Biodiversität der Tiere an der Universität Hamburg. Er forscht über evolutionäre Systematik, historische Biogeographie, Morphologie und Wissenschaftsgeschichte der Biologie.
Glaubrecht war als Wissenschaftspublizist unter anderem bereits für Zeitungen und Zeitschriften wie die Zeit,[6] Die Welt und die Frankfurter Allgemeine Zeitung tätig.[7][8][9] Er schreibt außerdem für Magazine wie Geo, P.M. und Spektrum der Wissenschaft, tritt als Experte in Rundfunk und Fernsehen auf, zum Beispiel in Sendungen wie NDR Info (NDR) oder „Terra X“ (ZDF), und hat mehrere populärwissenschaftliche Bücher zu den Themen Artensterben, Biodiversität und Wissenschaftsgeschichte verfasst.[10] Darüber hinaus hält er regelmäßig öffentliche Vorträge.
In seinem Buch Das Ende der Evolution befasst er sich ausführlich mit dem Artenschwund seit dem Aussterben der Dinosaurier.[11] Mit der aktuellen Zerstörung der Lebensgrundlage vieler großer Säugetiere und dem globalen Vogel- und Insektensterben wird auch die Existenz der Menschen gefährdet. Glaubrecht warnt: „Wir verlieren wahrscheinlich vor allen Dingen uns selber, einen Großteil der Menschheit. Es wird das Ende der Evolution sein mit den Tieren und Pflanzen und die belebte Welt, wie wir sie kennen.“[12]
Nach der Zusammenlegung des Museum Koenig in Bonn und des Centrum für Naturkunde Hamburg im Leibnitz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels im Jahr 2021 wurde Glaubrecht zum Wissenschaftlichen Projektleiter für den Bau eines neuen Naturkundemuseums in Hamburg, dem Evolutioneum, ernannt.[13]
Preise und Auszeichnungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- 2023 Sigmund-Freud-Preis für wissenschaftliche Prosa
- 2020 Salus-Medienpreis: „Otto-Greither-Sonderpreis“ für das Sachbuch „Das Ende der Evolution. Der Mensch und die Vernichtung der Arten“
- 2006 Bscher Media Award der Freunde und Förderer der Humboldt-Universität
- 1996 Werner und Inge Grüter-Preis für Wissenschaftsvermittlung
Tätigkeit in Gremien
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Kuratorium der Deutschen Wildtier-Stiftung (seit 2020)
- Beirat der Stiftung Hagenbeck (seit 2019)
- Wissenschaftlicher Beirat der Stiftung Deutsches Optisches Museum (seit 2018)
- Mitglied des Fachkollegiums für Zoologie der Deutschen Forschungsgemeinschaft (2008–2011)
Herausgebertätigkeit
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Founding Editor-in-Chief von Evolutionary Systematics (2014–2023)
- Editor-in-Chief von Zoosystematics and Evolution (2007–2018)
- Editor-in-Chief von Organisms, Diversity & Evolution (2003–2006)
- Mitglied des Editorial Boards von Species, Phylogeny and Evolution (seit 2007)
- Mitglied des Editorial Boards von Malacologia (seit 2005)
Veröffentlichungen (Auswahl)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Dichter, Naturkundler, Welterforscher. Adelbert von Chamisso und die Suche nach der Nordostpassage. Galiani, Berlin 2023, ISBN 978-3-86971-224-6.
- Die Rache des Pangolin. Wild gewordene Pandemien und der Schutz der Artenvielfalt. Ullstein, Berlin 2022, ISBN 978-3-550-20141-7.
- Adelbert von Chamisso: Die Tagebücher der Weltreise 1815–1818: Edition der handschriftlichen Bücher aus dem Nachlass. Hrsg. von Matthias Glaubrecht u. a. V&R Unipress, Göttingen, 2019, ISBN 978-3-8470-1096-8.[14]
- Das Ende der Evolution. Der Mensch und die Vernichtung der Arten. Bertelsmann, München 2019, ISBN 978-3-570-10241-1.[12]
- Abenteuer am Amazonas und am Rio Negro. Alfred Russel Wallace. Galiani, Berlin 2014, ISBN 978-3-86971-085-3.
- Am Ende des Archipels. Alfred Russel Wallace. Verlag Galiani, Berlin 2013, ISBN 978-3-86971-070-9.
- mit Harald Schneider (Hrsg.): Evolution in action: case studies in adaptive radiation, speciation and the origin of biodiversity. Springer, Berlin, Heidelberg 2010, ISBN 978-3-642-12424-2.
- Es ist, als ob man einen Mord gesteht. Ein Tag im Leben des Charles Darwin. Ein biografisches Porträt. Herder, Freiburg, Basel, Wien 2009, ISBN 978-3-451-29874-5.
- Seitensprünge der Evolution. Machos und andere Mysterien der Biologie. Hirzel, Stuttgart 2005, ISBN 3-7776-1378-9.
- Die ganze Welt ist eine Insel. Beobachtungen eines Evolutionsbiologen. Hirzel, Stuttgart, Leipzig 2002, ISBN 3-7776-1116-6.
- Der lange Atem der Schöpfung. Rasch und Röhring, Hamburg 1995, ISBN 3-89136-547-0.
- Essayistisches Nachwort
- Adelbert von Chamisso: Reise um die Welt: mit 150 Lithographien von Ludwig Choris. AB – Die Andere Bibliothek, Berlin 2012, ISBN 978-3-8477-0010-4.
Videointerviews und -vorträge (Auswahl)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- „Matthias Glaubrecht: Das Ende der Evolution. Der Mensch und die Vernichtung der Arten“, Symposium „Vom Wert der Natur“, Katholische Akademie Freiburg, 2024
- „Der Mensch und das stille Sterben der Arten“, Abendvortrag Hanse Wissenschaftskolleg HWK, 2024
- „Vom Ende der Evolution – was der Verlust der Artenvielfalt für uns Menschen bedeutet“, Sauriersaal der Humboldt-Universität zu Berlin, 2023
- „Feierabendtalk mit Prof. Dr. Matthias Glaubrecht“, Jutta Paulus (Mitglied europäisches Parlament), 2022
- „phoenix persönlich: Prof. Matthias Glaubrecht zu Gast bei Michael Krons“, Phoenix, 2021
- „Well worth examining: Vom Anfang und Ende der Arten auf Archipelen“, Tagung „Inseln – zwischen Isolation und Autarkie“, Einsteinforum, 2021
- „Prof. Matthias Glaubrecht im Interview zum Thema Biodiversität“, Wohllebens Waldakademie, 2021
- „Das Ende vom Ende der Artenvielfalt. Eine Rückschau auf das Jahr 2062“, Tage der Utopie, 2021
- „Prof. Matthias Glaubrecht (Evolutionsbiologe) dokumentiert das Artensterben“, „Leute“, SWR, 2020
- „Projekt Zukunft“, DW Deutsch, 2009
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Literatur von und über Matthias Glaubrecht im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Literatur von Matthias Glaubrecht bei Perlentaucher
- Matthias Glaubrecht bei IMDb
- Matthias Glaubrecht am Leibnitz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels
- Matthias Glaubrecht an der Universität Hamburg
- "Das Artensterben zu ignorieren ist der vielleicht größte Fehler der Menschheit" - [GEO]
- Evolutionsbiologe über die Zukunft der Erde - Das Ende der Welt ist näher, als gedacht
- Matthias Glaubrecht: "Das Ende der Evolution" - Die Folgen des Artensterbens
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Kiepenheuer & Witsch Verlag: Matthias Glaubrecht. Abgerufen am 28. April 2024.
- ↑ a b Neues Naturkundemuseum in Hamburg: Präsidium der Universität Hamburg beschließt Gründung eines Centrums für Naturkunde. In: wissenschaftliche-sammlungen.de. 22. Oktober 2014, abgerufen am 16. Mai 2023.
- ↑ Auf dem Weg zum Evolutioneum. leibnitz-lib-de, abgerufen am 28. April 2024.
- ↑ Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels: Prof. Dr. Matthias Glaubrecht. In: Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels. 18. Oktober 2023, abgerufen am 10. September 2024.
- ↑ Glaubrecht, Matthias. Abgerufen am 28. April 2024.
- ↑ Matthias Glaubrecht. In: Zeit Online. Abgerufen am 16. Mai 2023.
- ↑ Matthias Glaubrecht. In: Perlentaucher. Abgerufen am 16. Mai 2023.
- ↑ Evolutionsbiologie at the University of Konstanz: Glaubrecht. Archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 6. Januar 2013; abgerufen am 15. Mai 2023 (englisch).
- ↑ Leibnitz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels: Abteilung für Biodiversität: Publikationen. Abgerufen am 28. April 2024.
- ↑ Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels: Abteilung für Biodiversität: Publikationen. Abgerufen am 28. April 2024.
- ↑ SWR1 Leute nach Datum. In: swr.de. Archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 16. Juni 2020; abgerufen am 15. Mai 2020. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ a b Dieter Kassel: Evolutionsbiologe über die Zukunft der Erde – Das Ende der Welt ist näher, als gedacht: Matthias Glaubrecht im Gespräch. (mp3-Audio; 8,5 MB; 9:18 Minuten) In: Deutschlandfunk-Kultur-Sendung „Studio 9“. 2. Dezember 2019, abgerufen am 16. Mai 2023 (html).
- ↑ Stiftung Naturkunde Hamburg: Neues Naturkundemuseum: Meilensteine. In: Stiftung Naturkunde Hamburg. Stiftung Naturkunde Hamburg, abgerufen am 28. April 2024.
- ↑ Joachim Scholl: Matthias Glaubrecht – Erforschung der Nordostpassage: Der reisende Dichter Adelbert von Chamisso. (mp3-Audio; 14,7 MB; 16:09 Minuten) In: Deutschlandradio-Kultur-Sendung „Lesart“. 16. Mai 2023, abgerufen am 16. Mai 2023.
Personendaten | |
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NAME | Glaubrecht, Matthias |
ALTERNATIVNAMEN | Glaubrecht, Joachim Matthias (vollständiger Name) |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Biologe und Autor |
GEBURTSDATUM | 8. Oktober 1962 |
GEBURTSORT | Hamburg |