Bob Noorda

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Blick auf eine Bahnhofswand, vor der locker lässig der in Schlips und Kragen gekleidete Mittdreißiger Bob Noorda, ein schlanker Mann mit sorgfältig kurz frisiertem, dunklem Haupthaar und Oberlippenbart, lehnt. Die Wände sind mit rechteckigen, vertikal angeordneten, dunkelgrauen Terrazo-Platten mit etwas heller grau-rötlichen Einsprengseln getäfelt. Die Kennfarbe der Linie M1 wird an einem durchgehenden horizontalen Schmuckband über Kopfhöhe vertreten. Dieses Band trägt den Bahnhofsnamen SAN BABILA in weißen Großbuchstaben der stilbildenden serifenlosen Schriftart Helvetica. Im gleichen mittleren Rotton wie das Schmuckband sind auch feuerschutztechnische Einrichtungen gehalten. Diese sind, wie der Kasten eines Wandhydranten mit einer Rolle Feuerlöschschlauch, an dem Noorda sich mit dem Unterarm anlehnt, gut sichtbar an der Wand montiert.
Bob Noorda 1964 im Mailänder U-Bahnhof San Babila der roten Linie M1

Bob Noorda (* 15. Juli 1927 in Amsterdam; † 11. Januar 2010 in Mailand) war ein niederländischer Grafikdesigner und Hochschullehrer, der die italienische Staatsbürgerschaft angenommen hatte. Ab den 1960er Jahren war er einer der wichtigsten Treiber der Erneuerung der italienischen Grafik des 20. Jahrhunderts.[1][2][3][4][5]

Nach seinem Militärdienst während des Zweiten Weltkriegs auf Sumatra in Indonesien,[6] damals eine Kolonie der Niederlande, kehrte Bob Noorda Ende der 1940er Jahre nach Amsterdam zurück, um sein Studium am IvKNO (Instituut voor Kunstnijverheidsonderwijs, seit 1968 Gerrit Rietveld Academie) zu beenden, das er 1950 abschloss. Die funktionalistische Ausbildung, die er unter dem Einfluss der Bauhaus-Bewegung erhielt, war während seiner Designkarriere stets präsent. Noorda arbeitete freiberuflich in der niederländischen Hauptstadt, bis er 1954 beschloss, nach Mailand zu ziehen.

Dort machte sich Noorda Mitte der 1950er und Anfang der 1960er Jahre mit der Gestaltung der Werbekampagnen von Pirelli einen Namen und arbeitete mit La Rinascente (1963–1964) und Olivetti zusammen. Vor allem seine Erfahrungen bei Pirelli, wo er 1961 als Artdirector engagiert wurde,[7] waren sehr fruchtbar, da er mit namhaften Designern wie Walter Ballmer, Aldo Calabresi, Max Huber, Lora Lamm, Bruno Munari, Raymond Savignac, Albe Steiner, Antonio Boggeri und Pino Tovaglia in Kontakt kam. In diesen Jahren arbeitete er mit den Architekten Franco Albini und Franca Helg an der grafischen Gestaltung der Metro Mailand, die im November 1964 eröffnet wurde: Noorda wurde mit dem Entwurf der Signaletik in den Stationen des neuen Verkehrssystems beauftragt.[8][9][10] Für seine Arbeit wurde Noorda 1964 mit dem Compasso d’Oro ausgezeichnet, den er in der Folge noch dreimal erhielt, 1979, 1984, und schließlich 1994 für sein Lebenswerk.

Mit dem Mailänder Designer Massimo Vignelli gründete er 1965 die Grafikdesign-Agentur Unimark International; Noorda leitete das Mailänder Büro, während das Ehepaar Lella und Massimo Vignelli in die Vereinigten Staaten zog, um das New Yorker Büro zu übernehmen. Unimark war in fünf Ländern vertreten und bekannt dafür, einen modernistischen Designansatz für internationale Kunden wie American Airlines, IBM und Knoll International zu verfolgen.

Zusammen mit Vignelli erhielt er 1966 von der New York City Transit Authority den Auftrag, die visuelle Kommunikation für die New Yorker U-Bahn zu entwerfen.[1][11] Es folgte der gleiche Auftrag für die U-Bahn von São Paulo in Brasilien.[12] Anfang der 1970er Jahre endete seine Tätigkeit bei Unimark, das zeitweise dreizehn Büros in der ganzen Welt unterhielt. Bob Noorda setzte gemeinsam mit seiner Ehefrau Ornella Noorda[1] und weiteren Designern die Arbeit des Mailänder Studios fort, das erst im Jahr 2000 geschlossen wurde. Daneben widmete er sich auch der Lehrtätigkeit: In Venedig für die Schule für Industriedesign, in Urbino für das Istituto Superiore per le Industrie Artistiche (ISIA) und in Mailand für die Società Umanitaria und für das Polytechnikum, das ihm 2005 die Ehrendoktorwürde für Industriedesign verlieh.

Schlichtes weißes Logo auf mittelgrün gefülltem Hintergrund. Das Logo besteht aus einem stark stilisierten gleicharmigen Kreuz, dessen vier kurze Arme jeweils ohne Ecken und Kanten in große kugelartige Enden übergehen. Die gesamte, entfernt an eine stilisierte Darstellung eines Moleküls erinnernde Form ist ca. 15 Grad um ihren Mittelpunkt nach rechts gedreht.
Logo der Region Lombardei, 1975

Im Laufe seiner Karriere entwarf oder erneuerte er Dutzende von Marken und Logos, darunter die von Coop, Arnoldo Mondadori Editore, Messaggerie Italiane, Automobile Club d’Italia, Enel, Eni, AEM und Hera sowie das Wappen der Region Lombardei (letzteres in Zusammenarbeit mit Bruno Munari, Pino Tovaglia und Roberto Sambonet). Er arbeitete für Barilla, Cassina & Busnelli und entwarf die Corporate Identity von Unternehmen wie Agip, Banca Commerciale Italiana, Dreher, Chiari e Forti, Fusital, MaxMeyer (gehört zu PPG Industries), Richard-Ginori, Total, Ermenegildo Zegna, Mitsubishi, Rex und Zoppas Industries.[13][6] Er war auch im Verlagswesen tätig und arbeitete mit Feltrinelli, Vallecchi, Sansoni und dem Touring Club Italiano zusammen. Ihm wurden weltweit Ausstellungen gewidmet.

Grabstätte in Grabwand. Großformatige, dezent ornamentierte Steinplatte mit folgender Beschriftung: BOB NOORDA. DESIGNER. AMSTERDAM 15·7·1927 MILANO 11·1·2010.
Grabstätte Bob Noordas

Bob Noorda war mit der Produktdesignerin Ornella Vitali Noorda verheiratet, die an der Accademia di Belle Arti di Brera bei Marino Marini und Alik Cavaliere studiert und bereits im Alter von 18 Jahren eine Auszeichnung in Bildhauerkunst vom Präsidenten der Republik Antonio Segni verliehen bekommen hatte, und die später an der europäische Designschule Istituto Europeo di Design lehrte.[6][14] Das Ehepaar hatte zwei Kinder, die beide Architektur studierten:[6] Den Mitte der 2000er Jahre verstorbenen Fotografen Helbert Noorda, und Catharin Noorda, die mit ihrem Ehemann ein Architekturbüro führt.[1][15] Bob Noorda starb im Alter von 82 Jahren an den Folgen eines Sturzes. Er ist in der Krypta des Famedio des Cimitero Monumentale von Mailand bestattet.[1]

  • Pietro Gasperini: Ricerca e progettazione di un simbolo / Bob Noorda, Roberto Sambonet, Pino Tovaglia. Zanichelli, Bologna 1977.
  • Bob Noorda: Dialogo con Francesco Dondina, Una vita nel segno della grafica. Editrice San Raffaele, Mailand 2009, ISBN 978-88-86270-82-3.
  • Cinzia Ferrara, Francesco E. Guida con la collaborazione di Lorenzo Grazzani: On the road. Bob Noorda, il grafico del viaggio. Aiap, Mailand 2011, ISBN 978-88-902584-9-7.
  • Fiorella Bulegato: Noorda, Bob. In: Raffaele Romanelli (Hrsg.): Dizionario Biografico degli Italiani (DBI). Band 78: Natta–Nurra. Istituto della Enciclopedia Italiana, Rom 2013.
  • Noorda, Bob. In: Lessico del XXI Secolo, Rom 2013.
  • Bob Noorda, Massimo Vignelli: New York City Transit Authority Graphics Standards Manual. Nachdruck. Standards Manual, New York 2014, ISBN 978-0-69229924-1.
Commons: Bob Noorda – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. a b c d e Steven Heller: Bob Noorda Is Dead at 82; Designer Took Modernism Underground. In: The New York Times. 24. Januar 2010 (nytimes.com [abgerufen am 8. Dezember 2021]).
  2. Giorgio Fioravanti: Il dizionario del grafico. Zanichelli, Bologna 1993, ISBN 88-08-14116-0, S. 343 (italienisch).
  3. Edigeo (Hrsg.): Enciclopedia dell'arte Zanichelli. Zanichelli, Bologna 2004, ISBN 88-08-22390-6 (italienisch).
  4. Articolo su Bob Noorda. In: Abitare. Archiviert vom Original am 29. Oktober 2013; abgerufen am 20. Dezember 2021 (italienisch).
  5. Valentina Ciuffi: On the Road. Bob Noorda, il grafico del viaggio. In: Abitare. 15. März 2011, archiviert vom Original am 22. Februar 2014; abgerufen am 20. Dezember 2021 (italienisch).
  6. a b c d Giorgia Zuccari: A life of passion for design with Bob Noorda. In: The Dots magazine. 29. März 2013, archiviert vom Original am 3. Dezember 2022; abgerufen am 22. Januar 2024 (englisch, Gespräch während eines Besuchs bei Ornella Noorda).
  7. The Noorda Language: Style and Creativity in Pirelli. In: Fondazione Pirelli. 13. Juli 2022, archiviert vom Original am 27. November 2022; abgerufen am 22. Januar 2024 (englisch).
  8. Mario Piazza: Bob Noorda: grafica in primo piano. In: Abitare. 15. Januar 2010, archiviert vom Original am 26. Mai 2010; abgerufen am 20. Dezember 2021 (italienisch).
  9. Marco Chitti: Milan Part 2: Tram City to Metropolitana City. In: London Reconnections. 19. Januar 2021, abgerufen am 25. Januar 2021 (englisch).
  10. Long Branch Mike: Floors - The Next Dimension in Safety and Wayfinding. In: London Reconnections. 13. Juli 2023, archiviert vom Original am 17. Juli 2023; abgerufen am 22. Januar 2024 (englisch).
  11. Paul Shaw: The (Mostly) True Story of Helvetica and the New York City Subway. American Institute of Graphic Arts, 18. November 2008, archiviert vom Original am 10. Juni 2011; abgerufen am 5. Januar 2021.
  12. Daniele Baroni, Maurizio Vitta: Storia del Design Grafico. Longanesi, 2006, S. 244/246 (italienisch).
  13. Bob Noorda. In: Sitographics. Archiviert vom Original am 27. Juli 2021; abgerufen am 20. Dezember 2021 (italienisch).
  14. Archivio Ornella Noorda. In: laRinascente Archives. Archiviert vom Original am 20. September 2021; abgerufen am 22. Januar 2024 (englisch).
  15. AArchitetti Catharin Noorda e Mauro Schiavon. Archiviert vom Original am 22. Januar 2024; abgerufen am 22. Januar 2024 (italienisch, englisch).