Anton Ackermann
Anton Ackermann (eigentlich: Eugen Hanisch; * 25. Dezember 1905 in Thalheim/Erzgeb.; † 4. Mai 1973 in Ost-Berlin) war ein deutscher Politiker (KPD, SED) und Kandidat des Politbüros des ZK der SED.
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Weimarer Republik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ackermann, Sohn eines Strumpfwirkers, war nach dem Besuch der Volksschule Hilfsarbeiter und Strumpfwirker. Zugleich war er aktiv in der Freien Sozialistischen Jugend (FSJ) und von 1920 bis 1928 Funktionär des Kommunistischen Jugendverbandes Deutschlands (KJVD). 1926 trat er der KPD bei.
Von 1929 bis 1931 besuchte er die Internationale Lenin-Schule in Moskau, deren Aspirant er bis 1933 war. Danach war er bei der Deutschland-Abteilung der Kommunistischen Internationale tätig. Er war persönlicher Mitarbeiter von Fritz Heckert und Wilhelm Pieck. Dort lernte er Elli Schmidt kennen, mit der er zwei Kinder hatte und als deren Ehemann er bis zur Trennung 1949 galt.
Zeit des Nationalsozialismus
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nach der NS-Machtübernahme arbeitete Ackermann zwischen 1933 und 1935 illegal für die KPD in Berlin, u. a. als Sekretär bei John Schehr. 1935 emigrierte er nach Prag und lebte dort bis 1937. Auf der „Brüsseler Konferenz“ der KPD im Oktober 1935 wurde Ackermann ins Zentralkomitee der Partei und zum Kandidaten des Politbüros gewählt. Im Spanischen Bürgerkrieg war er 1937 Leiter einer Polit-Schule der Internationalen Brigaden in Benicàssim. Nach einem Aufenthalt in Paris ging er 1940 nach Moskau. Dort war er Redakteur der Zeitung Das freie Wort. 1941 arbeitete er unter deutschen Kriegsgefangenen und war Mitbegründer des Nationalkomitees Freies Deutschland (NKFD). 1941 bis 1945 leitete er den Sender „Freies Deutschland“. 1945 wurde ihm der Orden des Roten Sterns verliehen.
Sowjetische Besatzungszone
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Mai 1945 reiste Ackermann im Gefolge der 1. Ukrainischen Front gleichzeitig mit der Gruppe Ulbricht nach Deutschland. Er leitete eine Initiativgruppe der KPD, um die Partei in Sachsen neu zu gründen. Er verfasste in der Folgezeit mehrere programmatische Dokumente für die KPD und SED. So war er Autor des Entwurfs und Mitunterzeichner des Aufrufs der KPD vom 11. Juni 1945. In dem im Frühjahr 1946 erschienenen Aufsatz Gibt es einen besonderen deutschen Weg zum Sozialismus? vertrat er die These, dass der Sozialismus in Deutschland ohne eine vorausgehende „Diktatur des Proletariats“ aufgebaut werden könne. Ackermann spielte eine wichtige Rolle bei der Zwangsvereinigung von SPD und KPD zur Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands im Frühjahr 1946 und formulierte gemeinsam mit Sozialdemokraten die Grundsätze und Ziele der SED. Auf dem 15. Parteitag der KPD am 19./20. April 1946, der der Vereinigung unmittelbar vorausging, übernahm Ackermann die Aufgabe eines kritischen Rückblicks auf den „ideologischen Kampf“ der KPD seit 1933. Dabei erwähnte er einige fatale Fehleinschätzungen des Nationalsozialismus durch die Kommunisten.[1]
Auf dem Vereinigungsparteitag im April 1946 wurde Ackermann in Parteivorstand und Zentralsekretariat der SED gewählt, im gleichen Jahr wurde er Abgeordneter des Sächsischen Landtages. Nachdem sich Jugoslawien unter Führung von Josip Broz Tito 1948 von Stalin losgesagt hatte, musste Ackermann seine These vom „besonderen deutschen Weg zum Sozialismus“ widerrufen.
DDR
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]1949 wurde er Kandidat des Politbüros des Zentralkomitees der SED. Von 1950 bis 1954 war er Abgeordneter der Volkskammer und von 1949 bis 1953 im Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der DDR als Staatssekretär tätig sowie von 1951 bis 1952 gleichzeitig Leiter des als Institut für wirtschaftswissenschaftliche Forschung bezeichneten Auslandsnachrichtendienstes der DDR. Ab Frühjahr 1953 amtierte Ackermann als Nachfolger von Georg Dertinger kurzzeitig als Außenminister. Außerdem war Ackermann ebenfalls 1953 für kurze Zeit auch Direktor des Marx-Engels-Lenin-Stalin-Instituts. Weil er Wilhelm Zaisser unterstützte, wurde er bei dessen Sturz im September 1953 aller Ämter enthoben und 1954 aus dem Zentralkomitee der SED ausgeschlossen. 1956 wurde er rehabilitiert.
Von 1954 bis 1958 leitete Ackermann die Hauptverwaltung Film im Ministerium für Kultur, danach war er seit 1958 Abteilungsleiter und ab 1960 bis zu seiner Invalidisierung 1961 stellvertretender Vorsitzender für Kultur und Bildung in der Staatlichen Plankommission.
Am 4. Mai 1973 beging Anton Ackermann, der zuletzt schwer an Krebs erkrankt war, im Alter von 67 Jahren Suizid. Seine Urne wurde in der Ringmauer der „Gedenkstätte der Sozialisten“ auf dem Zentralfriedhof Berlin-Friedrichsfelde beigesetzt.
Ehrungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]1957 erhielt er den Vaterländischen Verdienstorden in Silber und 1965 in Gold. 1970 wurde ihm die Ehrenspange zum Vaterländischen Verdienstorden verliehen.
In seiner Geburtsstadt Thalheim erhielt 1979 die 10-klassige Polytechnische Oberschule den Namen Anton-Ackermann-Oberschule. Nach der deutschen Wiedervereinigung wurde sie wieder zur Oberschule Thalheim.
Am 8. Januar 1985 erschien eine Sonderbriefmarke mit seinem Porträt in der Serie Persönlichkeiten der deutschen Arbeiterbewegung.
1991 drehte Günter Jordan beim DEFA-Studio für Dokumentarfilme GmbH ein abendfüllendes filmisches Porträt über Ackermann mit dem Titel Die verlorene Zeit[2] auf Grundlage der geöffneten Archive der DDR. Erzählt wird die Rolle Ackermanns in der Geschichte der KPD und SED und die Geschichte eines Mannes, der der Partei widerspricht, sie doch nicht aufgeben kann und letztlich daran zerbricht.[3]
Veröffentlichungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Der Kampf der KPD und die junge Generation, Moskau 1936
- mit Walter Hähnel, Die junge Generation, Prag 1936
- An die lernende und suchende deutsche Jugend. Deutschlands Weg zum Wiederaufstieg und zur Einheit, Berlin 1946
- Fragen und Antworten, Berlin 1946
- Religion und Politik. Offene Worte eines Marxisten an alle Christen, Berlin 1946
- Wo steht und wohin geht die SPD, Berlin 1947
- Marxistische Kulturpolitik, Berlin 1948
- Arbeiterklasse und Kultur, Weimar 1948
- Über die Wiedergeburt des deutschen Imperialismus und den nationalen Charakter unseres Kampfes, Berlin 1951
- Hrsg. von Frank Schumann, Der deutsche Weg zum Sozialismus. Selbstzeugnisse und Dokumente eines Patrioten, Berlin 2005
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Hermann Weber, Andreas Herbst: Deutsche Kommunisten. Biographisches Handbuch 1918 bis 1945. Dietz, Berlin 2004, ISBN 3-320-02044-7, S. 53–54.
- Bernd-Rainer Barth, Helmut Müller-Enbergs: Ackermann, Anton. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Band 1. Ch. Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4.
- Jürgen Hofmann: Anton Ackermann und die Problematik der nationalen Wege zu Sozialismus. In: Lesarten marxistischer Theorie, Helle Panke e. V., Berlin 1996, S. 49–60.
- Frank Hoffmann: Parteisoldaten oder Netzwerker? SED-Kulturfunktionäre „nach Moskau“ – Vorüberlegungen zu Anton Ackermann und Hans Rodenberg. In: Silke Flegel, Christoph Garstka (Hrsg.): „Stalinkomplex“!? Deutsche Kulturkader im Moskauer Exil und in der DDR (= Schriften zur Europa- und Deutschlandforschung; 18). Peter Lang, Berlin 2021, ISBN 978-3-631-84997-2, S. 275–292.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Literatur von und über Anton Ackermann im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Nachlass Bundesarchiv NY 4109
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Bericht über die Verhandlungen des XV. Parteitages der Kommunistischen Partei Deutschlands, 19./20. April 1946 in Berlin. Berlin 1946, S. 106.
- ↑ DEFA-Stiftung Filmdatenbank: Die verlorene Zeit. In: Günter Jordan. DEFA-Stiftung, abgerufen am 17. Februar 2019 (deutsch).
- ↑ Ines Walk: Günter Jordan. In: DEFA-Stiftung DEFA Künstlerin. DEFA-Stiftung, Januar 2015, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 15. Februar 2019; abgerufen am 17. Februar 2019 (deutsch). Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
Personendaten | |
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NAME | Ackermann, Anton |
ALTERNATIVNAMEN | Hanisch, Eugen (wirklicher Name) |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Politiker (SED), MdV, SED-Funktionär und Kandidat des Politbüros des Zentralkomitees der SED |
GEBURTSDATUM | 25. Dezember 1905 |
GEBURTSORT | Thalheim/Erzgeb. |
STERBEDATUM | 4. Mai 1973 |
STERBEORT | Ost-Berlin |
- Außenminister (DDR)
- Abgeordneter der Volkskammer
- Landtagsabgeordneter (Sachsen 1946–1952)
- Absolvent der Internationalen Leninschule
- Interbrigadist
- Mitglied des Zentralkomitees der KPD
- Kandidat des Politbüros des Parteivorstandes der SED
- Kandidat des Politbüros des ZK der SED
- Person (Nationalkomitee Freies Deutschland)
- Träger des Vaterländischen Verdienstordens (Ehrenspange)
- Träger des Ordens des Roten Sterns
- Emigrant aus dem Deutschen Reich zur Zeit des Nationalsozialismus
- Deutscher Emigrant in der Tschechoslowakei
- Deutscher Emigrant in Frankreich
- Staatssekretär (DDR)
- Deutscher
- DDR-Bürger
- Geboren 1905
- Gestorben 1973
- Mann
- Deutscher Emigrant in der Sowjetunion