Corona Simulation Deutschland 4

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Dcutschcr Bundestag — 17.

Wahlpcriodc -31- Drucksache 17/12051

Die Hochwassernachrichtendienste der Länder 7 werten die vorliegenden hydrologischen und

meteorologischen Daten aus, geben Hochwasserwarnungen heraus und erstellen

bedarfsgerechte Informationen (Lageberichte, Karten usw.). Abbildung 2 veranschaulicht das

Verfahren:

Wassersand, Abfluss, Niederuhlag, Eis

Hochwassermeldezentralen/-stellen
Dienststellen der Wassem•irtschaftsverwaltungcn der Länder
und der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes
- AuswMgn der Meunqm • Erstatten von Vorherea*n - We:tergabe von •

Örttichor HW-Nachrichtendienst Überörtlicher HW-Nachrichtendienst


- Woiterieiton von Hochwassemachnchten -
• Kanmunale Behörden
• Oberste Wasserbehörden
- Feuerwehren
- Medien (Rundfunk,
- Polizei
Femsehen)
- Straßenverwattung
- Presseagenturen
- Häfen
- Direkünformanon
• Betroffene
- Katastrophenschutz
- Schifffahrt

Abbildung 2: Schematische Darstellung des Hochwassermelde- und Warndienstes (Quelle: HAD, 2003).

Inwiefern können sich die Behörden auf das Ereignis vorbereiten?


Die Behörden können sich auf Grundlage der bestehenden Warn- und Alarmpläne auf das
Ereignis prinzipiell einstellen. Unsicherheiten im Vorhersageprozess führen jedoch vereinzelt zu
Fehlinterpretationen und -handlungen bei den Vorhersagediensten und Entscheidungsträgem.
Generell ist auch behördliches Handeln von entsprechenden Erfahrungen mit

Hochwasserereignissen abhängig.
7 Vgl. hierzu: Länderübergreifendes Hochwasserportal, eine gemeinsame Initiative der deutschen
Bundesländer http://www.hochwasserzentralen.de/
Drucksache 17/12051 -32 Dcutschcr Bundestag — 17. Wahlpcriodc

Kann sich die Bevölkerung auf das Ereignis einstellen?

Dem Szenario wird die Annahme zugrunde gelegt, dass die Information der Bevölkerung zeitnah,
adäquat und konsequent erfolgt. Besondere Hinweise und Handlungsanweisungen werden über
verschiedene Medien (Fernsehen, Rundfunk, Internet, Presse), bei Bedarf im Akutfall auch über
Durchsagen der Einsatzkräfte, kommuniziert. Auch die Anordnung von Evakuierungen wird, wo
notwendig, rechtzeitig mitgeteilt, wobei der überwiegende Teil der Bevölkerung erreicht wird.

Aufgrund der frühzeitigen Vorwarnung und kontinuierlichen Kommunikation der Vorhersagen kann
sich der größte Teil der Bevölkerung auf das Ereignis einstellen. Insbesondere in den flussnahen
Gebieten sind viele Anwohner durch persönliche Erfahrungen mit Hochwasser-ereignissen, in
Verbindung mit der lang anhaltenden, niederschlagsreichen Gesamtwetteriage, den Meldungen
über Schneeschmelze und den allgemeinen Wettervorhersagen und Hochwas-serwarnungen,
sensibilisiert. Dort, wo im Zuge der Prävention bereits im Vorfeld eine erfolgreiche
Risikokommunikation stattgefunden hat (Information über allgemeine Hochwassergefahren,
Handlungsempfehlungen, z. B. durch Anwohnerversammlungen oder behördliche Broschüren),
werden die Informationen schnell aufgenommen und richtig verarbeitet. Wo dies in den
vergangenen Jahren unterblieben ist, müssen Warnungen und Handlungsanweisungen mit
besonderem Nachdruck kommuniziert werden.

Insgesamt erreichen die behördlichen Warnungen allerdings nicht die gesamte Bevölkerung, so
dass nicht alle betroffenen Personen im Vorfeld gleichermaßen informiert und sensibilisiert sind.
Hierbei spielen auch soziokulturelle und demographische Aspekte eine wichtige Rolle (z. B.
Sprachkenntnisse, kultureller Hintergrund). Dabei gilt, dass die Sensibilisierung, die
Wahrnehmung der persönlichen Gefährdung und die eigene Vorbereitung auf die Bewältigung
eines möglichen Hochwasserereignisses mit zunehmender Wohnentfernung zu den Flussläufen
abnehmen.

2.6. Behördliche Maßnahmen

Die kommunalen Behörden in den betroffenen Gebieten treffen, aufbauend auf bestehenden
Plänen des Hochwasserrisikomanagements, Alarm- und Einsatzplänen und den Erfahrungen aus
der Vergangenheit, rechtzeitig Maßnahmen zur Vermeidung bzw. Reduzierung von
hochwasserbedingten Schäden an Menschen, Tieren, Umwelt und Sachwerten. Hierzu zählen auch
die Information der Bevölkerung zum vorsorgenden Hochwasserschutz und die Warnung bei einer
Gefährdung. Erste Maßnahmen umfassen u. a. das Schließen von Deichtoren, das Errichten von
mobilen Spundwänden und weitere Hochwasserschutzmaßnahmen (z. B. Stegebau, Sperrung von
Straßen, Vorbereitung von Sandsäcken).
Dcutschcr Bundestag — 17. Wahlpcriodc -33 Drucksache 17/12051

Mit steigenden Pegeln und zu erwartenden länger anhaltenden, hohen Wasserständen kommt der
Sicherung der Deiche eine besondere Bedeutung zu, was den verstärkten Einsatz der örtlichen
Feuerwehren, des Technischen Hilfswerks (T HW) und weiterer Kräfte (bspw. freiwillige Helfer)
notwendig macht. Krisen- und Führungsstäbe werden frühzeitig einberufen und übemehmen die
Leitung und Koordination aller Maßnahmen. In gefährdeten Gebieten (z. B. dort, wo kein baulicher
Hochwasserschutz besteht) werden Evakuierungsmaßnahmen angeordnet, deren Durchführung
der Polizei, der Feuerwehr und den Hilfsorganisationen obliegt. Sobald abzusehen ist, dass die
Sicherheit der Deiche und Dämme aufgrund von Unterspülungen, Durchweichungen und den
physikalischen Belastungen nicht mehr flächendeckend gewährleistet werden kann oder sobald
andere Umstände die Entscheidung rechtfertigen, wird in den betroffenen Gebieten
Katastrophenalarm ausgelöst. Verstärkt werden Einsatzkräfte und Material (insb. Sandsäcke) aus
nicht betroffenen Nachbargemeinden und -kreisen angefordert.

Aufgrund der sich schnell verschlechternden Lage werden die Evakuierungen im Verlauf des
Ereignisses ausgedehnt. Personen, die sich der Evakuierung entziehen wollen, die hilflos sind
oder die von den behördlichen Anordnungen nicht erreicht wurden, werden durch die Polizei in
Sicherheit gebracht. Wo in leicht- bzw. teilüberschwemmten Wohngebieten eine Eigenversorgung
nicht mehr möglich ist, wird die Versorgung der Betroffenen durch Hilfskräfte sichergestellt. Auf
dem Wege der Amtshilfe werden die Bundespolizei, weitere Kräfte des T HW und die Bundeswehr
zur Unterstützung in besonders stark betroffenen Gebieten angefordert. Hierbei werden auch
Lufttransportmittel eingesetzt, um Personal, Gerät und Hilfsgüter in Einsatzgebiete zu bringen bzw.
um Rettungsmaßnahmen zu unterstützen. Krisenstäbe auf Länderebene helfen bei der
Koordinierung der Einsätze. Das Gemeinsame Melde- und Lagezentrum (GMLZ) von Bund und
Ländern stellt Lagebilder zur Verfügung und vermittelt auf Anfrage der Länder
Engpassressourcen. Schon nach wenigen Tagen sind Einsatzkräfie aus dem gesamten
Bundesgebiet andauernd im Einsatz. Mit der zunehmenden Überflutung bestehender Deiche und
Dämme werden Schutz- und Sicherungsmaßnahmen im bislang nicht betroffenen Hinterland
notwendig. Des Weiteren wird ein Schwerpunkt auf die Schutz- und Sicherungsmaßnahmen von
Anlagen der Kritischen Infrastruktur in den betroffenen Gebieten gelegt. Um die deutschen
Einheiten zu entlasten und einen ausreichenden Nachschub an Material (speziell Sandsäcken) zu
gewährleisten, werden über bilaterale Hilfeleistungsabkommen und über das Monitoring and
Information Center (MIC), im Rahmen des EU-Gemeinschaftsverfahrens für den
Katastrophenschutz, Kräfte anderer (EU-)Staaten angefordert. Die Einbindung ausländischer Kräfte
auf lokaler Ebene geschieht, im Rahmen der bilateralen Abkommen, bereits frühzeitig.
Drucksache 17/12051 — 34 Dcutschcr Bundcstag — 17. Wahlpcriodc

3. Auswirkungen auf KRITISIVersorgung

Vorbemerkung:
Die nachstehend aufgeführten kritischen Infrastrukturen sind komplexe Systeme, von denen eine
Vielzahl von Versorgungsfunktionen abhängt. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die
Beeinträchtigung einzelner Infrastruktursektoren und -branchen auch Einfluss auf andere
Infrastrukturen und ihre Versorgungsleistungen haben wird. 8 Dieser Umstand kann in seiner
Komplexität hier nicht abgebildet werden. Da die Risikoanalyse aus der übergeordneten
Perspektive des Bundes erfolgt, werden die zu erwartenden Auswirkungen auf den Bereich
KRITISNersorgung nachfolgend in generalisierter, qualitativer Weise dargestellt. Auf wesentliche
Verflechtungen wird in den Erläuterungen zu den einzelnen Branchen eingegangen.

Grundannahme für das in diesem Szenario beschriebene Hochwasserereignis ist, dass die

Bevölkerung der besonders stark von der Überflutung betroffenen Gebiete, in denen auch von

einem Ausfall der Versorgung auszugehen ist, evakuiert wird. Folglich muss innerhalb dieser

Gebiete die Versorgung nicht zwingend aufrechterhalten werden.

Sektor ENERGIE

Branche Erläuterungen
Im unmittelbaren Überschwemmungsgebiet wird der Strom aus

Sicherheitsgründen abgestellt bzw. fällt er aufgrund von Störungen im lokalen

Verteilernetz aus.

Im Umfeld der überfluteten Bereiche fällt auf der Verteilnetzebene die

Stromversorgung aus; ein Weiterbetrieb der Übertragungsnetze ist weiterhin

möglich. Menschen, die nicht evakuiert werden, sind von zeitweiligen


X Elektrizität
Einschränkungen der Stromversorgung betroffen.

Flusswasserkraftwerke werden heruntergefahren und liefern somit keinen

Strom mehr. Kern-, Kohle-, Gas-, Erdöl- und Biomassekraftwerke befinden

sich häufig in der Nähe großer Flüsse, um die Versorgung mit Kühlwasser zu

erleichtern. Hier kommt es durch eindringendes Wasser vereinzelt zu

Beeinträchtigungen in der Stromerzeugung. Kraftwerke, die im Regelbetrieb

8 Mit Blick auf die Gefahr „Hochwasser" kann beispielsweise der Ausfall von IT-/TK-Systemen die Behebung
von Störungen in anderen Bereichen erschweren/verzögern und sich auch auf das Krisenmanagement der
Behörden auswirken. Beeinträchtigung von Transport- und Verkehrsinfrastrukturen können die
Erreichbarkeit weiterer Versorgungseinrichtungen für Personal und Zulieferer behindern und alternative
Lösungen erfordern.
9 Grundlage hierfür sind begründete Annahmen und Experteneinschätzungen. Für quantitative Aussagen
wären zusätzliche, tiefergehende Analysen notwendig, die auch die Komplexität der vielfältig miteinander
verflochtenen Infrastrukturen berücksichtigen müssten. Entsprechend detaillierte Hintergrundinformationen
liegen zuständigkeitsbedingt für viele Bereiche nicht auf Ebene des Bundes vor.
Dcutschcr Bundestag - 17. Wahlpcriodc -35 Drucksache 17/12051

über die Flüsse mit Brennstoffen versorgt werden, können häufig nicht in
ausreichendem Maße über Landwege versorgt werden. Da die Binnenschifffahrt
bei Hochwasser eingestellt werden muss, ist die Versorgung bspw. von
Kohlekraftwerken unterbrochen. Landseitige Versorgung und der Rückgriff auf
die kraftwerkseigenen Bunkerreserven können diese Unterbrechung nicht über
den vollen Zeitraum des Ereignisses kompensieren.

Zeichnen sich Stromengpässe im Verbundnetz ab, lassen sich diese durch


die Erhöhung der Einspeisung durch andere, nicht betroffene Kraftwerke und
über das europaweite Verbundnetz zu einem Teil abfangen. Zusätzlich
können durch die Netzbetreiber Regelungsmaßnahmen vorgenommen
werden, die sich stabilisierend auf das Gesamtnetz auswirken (bspw. könnte,
abwechselnd in den einzelnen Regionen, jeweils für einige Stunden der Strom
abgeschaltet werden). Vor diesem Hintergrund wird nicht mit lang
anhaltenden, großflächigen Stromausfällen gerechnet. 10

Auch Heizkraftwerke sind betroffen, so dass mit Ausfall von Fernwärmenetzen


zu rechnen ist.
Gaspipelines funktionieren weiterhin, lediglich im unmittelbar überfluteten
Gebiet werden die lokalen Verteilemetze aus Sicherheitsgründen abgeschaltet.
Örtlich kommt es zu Schäden an der Gasversorgung
(Beschädigung/Zerstörung von Netz, Verteilerstationen und Anschlüssen
durch Freispülung von Erdleitungen, Eindringen von Wasser über
X Gas
ungesicherte Hausanschlüsse, direkte Wassereinwirkung auf an Brücken
befestigte Leitungen etc.), die nach Rückgang des Hochwassers zum Teil
aufwendig behoben werden müssen. Menschen, die nicht evakuiert werden,
sind von zeitweiligen Einschränkungen der Gasversorgung betroffen.

Erdöl (-derivate-)-pipelines funktionieren weiterhin. Die über die

Binnenschifffahrt erfolgende Versorgung mit Erdöl(-derivaten) wird gestört.

X Mineralöl Gleiches gilt für die straßen- und schienengebundene Versorgung, da ufernahe

Verkehrswege überflutet sind. Da der Versorgung von Einsatzkräften und

Kraftwerken Priorität eingeräumt wird, kommt es an Tankstellen zu

10 Neben der Gefahr eines Stromausfalls durch den Ausfall von Infrastrukturkomponenten könnte durch ein
Hochwasser auch von einzelnen Infrastrukturen der Stromversorgung Gefahr für die Bevölkerung ausgehen.
Insbesondere die Gefährdung durch Kernkraftwerke im Hochwassergebiet wäre in diesem Zusammenhang
zu untersuchen. Dies ist im Rahmen des EU-Stresstests und der Sicherheitsüberprüfung der Reaktor-
Sicherheitskommission, die nach dem Zwischenfall in Fukushima durchgeführt wurden, geschehen. Hierbei
wurde ermittelt, dass sämtliche Kernkraftwerke in Deutschland Hochwassern von einem mindestens
10.000jährlichen Wiederkehrintetvall standhalten würden. Somit sind Störfälle bei einem 200jährlichen
Hochwasserereignis in Kernkraftwerken in Deutschland nicht zu befürchten (vgl. hierzu: EU Stresstest -
National Report of Germany, BMIJ 2011), Anlagenspezifische Sicherheitsüberprüfung (RSK-SÜ) deutscher
Kernkraftwerke unter Berücksichtigung der Ereignisse in Fukushima-l (Japan), Reaktor-
Sicherheitskommission 2011, kritisch hierzu: Stellungnahme zum „Stresstest" der
Reaktorsicherheitskommission vom 17.05.2011, Büro für Atomsicherheit 2011, Bewertung der
anlagenspezifischen Sicherheitsüberprüfung (RSK-SÜ) deutscher Kernkraftwerke durch die
Reaktorsicherheitskommission (RSK) vom 16. Mai 2011, Greenpeace 2011).
Drucksache 17/12051 -36 Dcutschcr Bundcstag — 17. Wahlpcriodc

Engpässen, jedoch nicht flächendeckend.


Sollten aufgrund des Ausfalles von wichtigen Raffinerien größere
Engpässe eintreten, besteht die Möglichkeit, aufgrund der besonderen
Ausnahmesituation auf die strategischen Reserven zurückzugreifen, was
die Versorgung wieder sicherstellen würde.

Sektor INFORMATION UND TELEKOMMUNIKATION


Branche
Erläuterungen
In den unmittelbar überfluteten Gebieten kann es durch lokalen Stromausfall
oder das unmittelbare Eindringen von Wasser in Infrastrukturkomponenten
Probleme mit dem drahtgebundenen Telefonnetz geben. In Gebieten, in denen
das drahtgebundene Telefonnetz noch funktioniert, die aber Über keine
Stronwersorgung nnehr verfügen, ist die telefonische Kommunikation ebenfalls
gestört (vielfach ISDN-Anschlüsse, Ladestationen für Schnurlos-Telefone,
VoIP usw.). Darüber hinaus fallen infolge von hochwasserbedingten, lokalen

X Telekommunikation Stromausfällen einige Basisstationen des Mobilfunknetzes aus. Durch die

Ausfälle besteht in einigen Bereichen der Überflutungsgebiete bzw. des

Stromausfalls keine Mobilfunkversorgung. Gleichzeitig ist mit einer starken

Inanspruchnahme der Mobilfunknetze in den betroffenen Gebieten zu rechnen.

Es ist davon auszugehen, dass die Telekommunikationsdienstleister keine


vitalen, nicht redundanten Einrichtungen im Überflutungsgebiet eingerichtet
haben, deren Ausfall sich auf das gesamte System auswirken könnte. Mithin

X Informationstechnik kommt es nur zu punktuellen Ausfällen.


Siehe Telekommunikation

Sektor TRANSPORT UND VERKEHR"


Branche

Erläuterungen
Von den internationalen und regionalen Flughäfen in Deutschland liegen
Frankfurt a.M. und Düsseldorf in Teilen im Überflutungsbereich. Der Flughafen
Bremen liegt komplett im Überflutungsbereich. Von den regionalen Flughäfen ist
X Luftfahrt
Karlsruhe/Baden-Baden betroffen. Vor diesem Hintergrund ist zwar mit
Einschränkungen, aus Bundessicht allerdings nicht mit gravierenden
Auswirkungen auf den Luftverkehr zu rechnen.
11 Es ist davon auszugehen, dass das im Szenario beschriebene Hochwasserereignis gravierende
Auswirkungen auf den gesamten Sektor „Transport und Verkehr" hat, insbesondere dort, wo
Binnenschifffahrt, Schienen- und Straßenverkehr zeitgleich ausfallen.
Dcutschcr Bundestag — 17. Wahlpcriodc -37 Drucksache 17/12051

Die Treibstoffversorgung von Flughäfen erfolgt weitestgehend über Pipelines,


mit gravierenden Einschränkungen des Luftverkehrs aufgrund von
Treibstoffknappheit ist nicht zu rechnen. Auswirkungen können sich jedoch
daraus ergeben, dass Menschen und/oder Frachtgüter die Flughäfen nicht
mehr oder nur noch unter erschwerten Bedingungen über landgestützte
Transportwege erreichen bzw. verlassen können.

Die Seeschifffahrt wird in dem Maße beeinträchtigt, in dem Güter nicht an


X Seeschifffahrt
Seehäfen geliefert bzw. von diesen abtransportiert werden können

Der kommerzielle Binnenschiffsverkehr wird auf allen betroffenen Flüssen

eingestellt. Schiffe werden an den Liegeplätzen und Häfen vertäut. Es ist

damit zu rechnen, dass Schäden an Hafenanlagen,

verkehrswasserwirtschafilichen Bauwerken und Schiffen entstehen. Somit

fallen einige Schiffe und Teile von Hafenanlagen auch noch nach dem

Hochwasser aus.

X Binnenschifffahrt Beeinträchtigungen der Verkehrsinfrastruktur im Hinterland wirken sich


mittelbar auch auf die Binnenschifffahrt aus. So können beispielsweise in

einigen großen Binnenhäfen Güter nicht mehr regulär abtransportiert werden.

Neben ihrer Bedeutung für die Energie- und die Ernährungswirtschaft ist die
Binnenschifffahrt auch für die Logistik und andere Bereiche von großer
Wichtigkeit, so dass hier mit erheblichen Auswirkungen zu rechnen ist.

Bahntrassen im Überflutungsbereich sind unpassierbar, da sie überflutet oder

durch Unterspülung bedroht sind. Dies führt zur Streichung einer Vielzahl von

Bahnverbindungen und stellt die Gesamtdisponierung vor immense

Herausforderungen, zumal auch ein Teil der Ausfälle in der Binnenschifffahrt

über die Schiene kompensiert werden muss. Generell ist die Disponierung von

Güterströmen über die Schiene konnplizierter als über die Straße.

X SchienenverkehrBesondere Bedeutung kommt der Rheinachse zu. Da der Schienenverkehr


entlang des Rheins ruht und eine Verlagerung auf Ausweichstrecken nicht
oder nur eingeschränkt möglich ist, ist der Nord-Süd-Transport von Gütem und
Personen nur noch über die Straße nnöglich.

Insbesondere der Ausfall von Umschlagsbahnhöfen des kombinierten (teils


trimodalen) Verkehrs führt zu erheblichen Auswirkungen auf die Bereiche
Logistik und Gütertransport.
Straßen im Überflutungsbereich sind, ebenso wie einige Untertunnelungen der
Flüsse, unpassierbar. Auch zahlreiche Bundesautobahnen, Land- und

X Straßenverkehr Kreisstraßen sind streckenweise beeinträchtigt. Auf Ausweichrouten ist mit


einem erheblichen zusätzlichen Verkehrsaufkomnnen zu rechnen, zumal diese
auch Teile der Ausfälle im Schienenverkehr (vgl. Problematik Rheinachse) und
Drucksache 17/12051 -38 Dcutschcr Bundcstag — 17. Wahlpcriodc

in der Binnenschifffahrt kompensieren müssen. Zusätzlich zur Zunahme des


allgemeinen Pkw- und Lkw-Verkehrs ergibt sich auch eine Zunahme des
Gefahrgut- und Schwedastverkehrs.
Logistikzentren (die sowohl als Depot für Lkw, als auch ganz konkret als
Umschlagsplätze von Gütern dienen) im Überflutungsbereich (z. B. an
Binnenhäfen) fallen aus. Lkw und Güter können auf Ausweichflächen
evakuiert werden. Die Probleme im Schiffs-, Straßen- und Schienenverkehr
wirken sich unmittelbar auf die Logistikunternehmen und den Transport von
Waren aus. Die Disponierung des Güterverkehrs über die Straße wird
X
Logistik
zunehmend erschwert, da die Nachfrage nach Lkw groß und die

Verzögerungen durch Staus beträchtlich sein dürften. Gleichzeitig ist jedoch

davon auszugehen, dass das Güteraufkommen durch den Ausfall von

Produktionsstätten und Betrieben im Überflutungsgebiet nicht den

gewöhnlichen Umfang erreicht. Die Auswirkungen der Verzögerungen und

Ausfälle sind dennoch in den verschiedensten Bereichen spürbar.

Sektor GESUNDHEIT

Branche Erläuterungen

In den Überflutungsgebieten, die auch einige Ballungsräume einschließen,

müssen Krankenhäuser, Arztpraxen, Altenheime usw. evakuiert werden bzw.

ihren Betrieb einstellen. Gleichzeitig müssen Personen, die bislang zu Hause

gepflegt oder betreut wurden, evakuiert werden. Krankenhäuser und Altenheime

in nicht betroffenen Gebieten können die zu evakuierenden Patienten und

Bewohner aufnehmen. Wo notwendig, können Patienten, deren stationärer

Aufenthalt verkürzt werden kann, entlassen werden, ebenso können nicht

lebensnotwendige Operationen verschoben werden. Fallen spezialisierte

Krankenhäuser oder Abteilungen von überregionaler Bedeutung


Medizinische

x Versorgung
aus (z. B. solche zur Behandlung von Schwerbrandverietzten), wird durch die

Verlegung von Material und Fachkräften versucht, annähemd gleichwertige

Ausweichmöglichkeiten in den nächstgelegenen, nicht betroffenen Gebieten

zu schaffen.
Eine zusätzliche Belastung des Gesundheitssystems durch Ausbrüche von

Seuchen ist nicht zu erwarten. Insbesondere das Auftreten von Seuchen

Arzneimitteln und

x Impfstoffe

aufgrund verwesender Tierkadaver ist nahezu ausgeschlossen, da nicht von


einer besonders hohen Anzahl von Kadavern ausgegangen wird, nur wenige

Erreger Oberhaupt in Betracht kommen, die Temperaturen niedrig sind und die

Menschen Abstand zu den Kadavern halten.

Im Überflutungsgebiet gelegene pharmazeutische Produktionsstätten müssen

ihren Betrieb einstellen. Sind hiervon auch solche Betriebe betroffen, die eine

Schlüsselfunktion bei der Produktion bestimmter Medikamente und/oder


Dcutschcr Bundestag - 17. Wahlperiode — 39 Drucksache 17/12051

Grundstufen hierzu einnehmen, ist eine ersatzweise Beschaffung über andere

Hersteller im In- und Ausland ggf. nicht möglich. Apotheken verfügen nur über

begrenzte Lagervorhaltungen, so dass auch hier in den betroffenen Regionen

mit vorübergehenden Versorgungsengpässen zu rechnen ist.

Vgl. Arzneimittel". Einige Labore in den überfluteten Gebieten müssen ihren


Dienst einstellen.
X Labore

Je nach Betätigungsfeld des Labors können hierdurch zusätzliche

Gefahren für die Bevölkerung und Umwelt entstehen.

Sektor WASSER
Branche
Erläuterungen

Die leitungsgebundene Trinkwasserversorgung ist aus folgenden Gründen in

den überfluteten Gebieten und z.T. auch darüber hinaus lokal beeinträchtigt und

muss mitunter sogar eingestellt werden 12.

- Der Eintrag von remobilisierten oder durch die Überflutung von Fabriken, Betrieben,

Werkstätten freigesetzten Schadstoffen, aber auch von

Krankheitserregem (z. B. aus Abwasserbeseitigungsanlagen) in

Wasserschutzgebiete führt zu Beeinträchtigungen der Rohwasserqualität.

Hierdurch werden Probleme im Aufbereitungsprozess verursacht. Dies ist


Öffentl. Wasser-
insbesondere für solche Wasserversorgungssysteme zu erwarten, die aus
x Oberflächenwasser gespeist werden. Versorgungsbereiche, die aus
versorgung
Grundwasser gespeist werden, sind hier weniger stark betroffen.

- Neben Ausfällen aufgrund wasserhygienischer Probleme fallen

Infrastrukturkomponenten der Trinkwasserversorgung aus (entweder durch

eindringendes Wasser, durch sekundäre Effekte wie Stromausfall oder Nichterreichbarkeit

oder physische Beschädigung von Teilen des Leitungsnetzes).

Dort, wo die leitungsgebundene Wasserversorgung ausfällt, kann ein Teil des

Wasserbedarfs (Trink-, Brauch-, Spülwasser) Über leitungsungebundene

Versorgung (z. B. durch THW) abgedeckt werden.

Überflutungen des Kanalsystems, welche ein Überlaufen der Rohre

verursachen, sowie der Ausfall bzw. die Überflutung von Kläranlagen lassen

Öffentl. Abwasser- größere Mengen von nicht behandeltem Abwasser in die Umgebung

entweichen. Menschen, die mit diesem Wasser in Kontakt komnnen, können


x
beseitigung erkranken.

l" Beim Elbe-IDonauhochwasser war die leitungsungebundene Ersatzversorgung an den Grenzen


ihrer Leistungsfähigkeit, vgl. Wricke 2003.
Drucksache 17/12051 — 40 Dcutschcr Bundcstag — 17. Wahlpcriodc

Durch die Beschädigung oder Verstopfung von Abwasserrohren kann die


Abwasserbeseitigung nicht überall aufrechterhalten werden. Wo die
Trinkwasserversorgung eingestellt werden muss, wird auch der
Abwassertransport beeinträchtigt. Insbesondere der Transport von Fäkalien aus
dem häuslichen Abwasser stellt bei Unterbrechung der Trinkwasserversorgung
ein ernstes Problem dar. Im Kanalnetz selbst kann, durch den großen Anteil von
Fremdwasser (kann die Hälfte des planmäßigen Abwasseranteils ausmachen),
ein Abwassertransport ggfs. noch gewährleistet werden

Der Ausfall einiger Pump- und Hebewerke (aufgrund von

Überlastung/Beschädigung oder Stromausfall) führt dazu, dass

abschnittsweise der Abtransport des Abwassers ausfällt.

Sektor ERNÄHRUNG

Branche Erläuterungen
Im Bereich der Lebensmittelproduktion besteht eine besonders starke
Abhängigkeit von der Verfügbarkeit von Verkehrs- und Kommunikations-
dienstleistungen. Produktionsstätten im Überflutungsgebiet müssen ihre Arbeit
einstellen. Hiervon sind auch einige große Mühlen betroffen. Damit kommt der
Logistik eine besondere Bedeutung zu. Da auch in der Emährungs- und
Futtermittelwirtschaft vielfach Just-in-time-Produktion angewendet wird, ist sie
in besonderem Maße auf ein funktionierendes Verkehrsnetz angewiesen.
Gerade der Transport von verderblichen Lebensmitteln zum Verkauf oder zur
Weiterverarbeitung, aber auch der Transport von länger haltbaren
Lebensmitteln ist punktgenau getaktet, wobei oft lange Strecken zurückgelegt

Ernährungs- werden müssen. Zeigt sich, dass die Unterbrechungen im Betriebsablauf zu


x wirtschaft groß werden, müssen ggf. Transportpriorisierungen vorgenommen werden.
Auf die Versorgung der Bevölkerung mit einzelnen Produkten hat das Ereignis
spürbare Auswirkungen.

30 % der Getreidevermahlungskapazität ist vom Hochwasser betroffen. 13


Ab der dritten Woche ist bundesweit mit Versorgungsengpässen bei Mehl und
damit auch bei Back- und Teigwaren zu rechnen. Besonders östlich der Elbe
werden die Probleme schnell größer und hier stehen ab der 5. Woche weniger
als 50% der üblichen Menge an Erzeugnissen aus Mehl zur Verfügung. Die

bundesweite Versorgung mit Lebensmitteln ist gleichwohl weitgehend

gesichert.
13 Saaten verarbeitende Betriebe wie Mühlen und Mischfutterbetrieben haben in der Regel Vorräte an
Rohstoffen mit Herkunft Europa von zwei- bis vier Wochen und bei Herkunft aus Übersee von vier bis acht
Wochen.

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