Change Management (Schott)
Change Management (Schott)
Change Management (Schott)
36 Vgl. hierzu ausführlich den Beitrag „Warum Projektmanagement für jedes Un-
ternehmen ein kritischer Erfolgsfaktor ist“ in vorliegenden Band.
198 Eric Schott, Marco Wick
Hierbei ist noch einmal zu unterscheiden, dass sich die Identifikation des
Veränderungsbedarfs und die Organisation des Veränderungsprojekts von
anderen ausarbeiten lassen – dann muss jedoch das Topmanagement zu-
mindest die Ergebnisse regelmäßig überprüfen und sich aneignen.
Die Motivation der Veränderungsbeteiligten und die Kommunikation der
Veränderungen müssen persönlich durch das Topmanagement erfolgen.
Hier können andere Führungskräfte höchstens verstärken und multiplizie-
ren.
Die folgenden Dimensionen umreißen damit noch einmal die zentralen
Kernaufgaben, die das Topmanagement übernehmen und sicherstellen
muss, damit Change-Management-Projekte als strategische Projekte er-
folgreich sein können.
Identifikation
Die Identifikation des Veränderungsbedarfs umfasst folgende Aspekte:
x Auf welche externen Veränderungen soll reagiert werden (neue Anfor-
derungen der Kunden, neue Nutzung der bestehenden Kundenpotenzia-
le, neue bzw. auslaufende Märkte, neue Prozesse, neue Produkte, neue
Technologien, neue Verfahren, neue Dienstleistungen, neue Preisstruk-
turen usw.)?
x Welche internen Veränderungen sind darauf die passende Antwort (ver-
änderte Prozesse, veränderte Organisation, adäquate Mitarbeiterqualifi-
kationen, eine geänderte Unternehmenskultur usw.)?
x Welche Veränderungen sollen gleichzeitig abgedeckt werden?
x Wie wirken diese Veränderungen zusammen – wirken sie in die gleiche
Richtung?
Change Management 199
Auch wenn diese Punkte durch andere (z.B. Project Management Office)
vorbereitet werden können, so liegt die Identifikationsaufgabe beim Mana-
gement: Nur was als relevant identifiziert wurde, wird entschieden. In die-
sem Sinne gilt die sokratische Einstellung „richtiges Erkennen ist richtiges
Handeln“. Identifikation bedeutet dann auch, die eigene Rolle im Rahmen
des Change Managements sowohl zu erkennen als auch sich mit dieser
Rolle identifizieren zu können.
Organisation
Für Change-Management-Vorhaben ist die professionelle Organisation als
Projekt in besonderem Maße zielkritisch. Dies umfasst sowohl die vorbe-
reitende Organisation (von Projektplanung bis Kickoff) als auch die Orga-
nisation der laufenden Prozesse, insbesondere Projektmonitoring und Kri-
senmanagement.
Für viele Projekte bedeutet Organisation in der Praxis eigentlich Improvi-
sation. Improvisation heißt, auf Veränderungen und Störungen kurzfristig
und situativ-pragmatisch zu reagieren. Dies kann bei kleineren Vorhaben
eine sehr effiziente Vorgehensweise sein. Bei Change-Management-
Vorhaben sind jedoch die Auswirkungen auf die Beteiligten und die An-
zahl der Beteiligten selbst sehr groß. Die professionelle Organisation des
200 Eric Schott, Marco Wick
Rolle Aufgaben
Taskforce Team von Experten und Managern – verantwortlich für
die Implementierung der Veränderung.
Sollte aus einem Leiter, einigen Fachexperten und ei-
nigen Change Agents (auf Veränderungsprozesse
spezialisierte Berater) bestehen.
Taskforce Leader Verantwortlicher Leiter der Taskforce
Taskforce Change Eigentlich Verantwortliche für den Veränderungspro-
Agents zess (Managen des Kommunikationsprozesses, Um-
gang mit Widerstand, Tool Support des Prozesses,
Konflikt- und Krisenmanagement)
Taskforce Experts Besitzen Prozesskompetenz und gestalten die Verän-
derung der Geschäftsprozesse
Consultant Prozessbegleitender externer Berater, auch Coaching-
funktion für die Taskforce
Project Teams Gruppen zur Implementierung von Teilprojekten (Mit-
arbeiter aus dem Unternehmen und Mitglieder der
Taskforce)
Steering Board Entscheidungsgremium (Auftraggeber, Management-
Vertreter, Taskforce Leader)
Sponsor Mitglieder der obersten Management-Ebene, die politi-
sche Rückendeckung für das Projekt und Ressourcen-
verfügbarkeit sicherstellen
Champion Leistungs- und Entscheidungsträger, die als erstes
Veränderungen annehmen, neue Prozesse mit Erfolg
anwenden; haben Multiplikator- und Vorbildfunktion für
andere Mitarbeiter
2. Professionelle Ablauforganisation
Sicherstellen, dass die wichtigsten Projektmanagement-Prozesse auf-
gesetzt und auch wirklich umgesetzt werden.
Sicherstellen, dass Führungskräfte, Projektteam und Mitarbeiter das
Richtige tun – d.h. das Topmanagement kommt nicht umhin, sich
selbst auch mit den Ergebnissen der Fortschrittsverfolgung zu be-
schäftigen und selbst Reviews des aktuellen Projektstands vorzuneh-
men. Denn wenn das Topmanagement kein Interesse am Status des
Change-Management-Projekts hat – warum sollte sich dann jemand
anderes dafür interessieren?
Motivation
Die Rolle des Top-Managements besteht in der aktiven Führung, dem
permanenten Aufzeigen der einzuschlagenden Richtung und zugleich als
Motor bzw. als Energieträger der Veränderung zu wirken.
Versteht man Identifikation (des Veränderungsbedarfs) und Organisation
(des Veränderungsprojekts) als Ziel und Weg dorthin, dann meint Motiva-
tion die Energie, die nötig ist, um auf dem definierten Weg zum Ziel der
Veränderung zu gelangen. Ohne Motivation des Topmanagements fehlt die
Energie, das Ziel des Change-Management-Projekts zu erreichen.
Die Motivationsaufgabe des übergeordneten Managements umfasst unter
anderem:
x Sichern, dass die Beteiligten und Betroffenen sich weitestmöglich mit
dem Projektziel identifizieren (s.o., Identifikation): Gerade nachdem am
Anfang eines Change-Management-Projekts hohe Aufmerksamkeit auf
das Commitment der Beteiligten gelegt wird, geht im weiteren Verlauf
diese Aufmerksamkeit oft verloren. Das Topmanagement muss daher
sichern, dass die Motivation der Beteiligten i.w.S. nicht über die Zeit er-
lischt. Aufmerksamkeit und Identifikation ist eine knappe Ressource,
um die immer wieder die verschiedensten Projekte im Unternehmen
konkurrieren.
x Sicherstellen, dass das Projektteam das erforderliche Image und die vol-
le Rückendeckung des Managements erhält: Natürlich gibt es im Ver-
lauf von Change-Management-Vorhaben zwischen Topmanagement
und Projektteam unterschiedliche Auffassungen über Handlungsbedarfe
und Handlungsalternativen. Diese sollten aber im kleinsten Kreise aus-
getragen und entschieden werden. Nach außen muss ein einhelliges,
eindeutiges und einheitliches Bild vermittelt werden. Das gesamte Un-
ternehmen erkennt dann, dass das übergeordnete Management voll auf
dem (häufig schwierigen) Kurs des Change-Management-Teams ist.
202 Eric Schott, Marco Wick
Kommunikation
Motivation – als erforderliche Energie, um auf dem definierten Weg das
Ziel der Veränderung zu erreichen – muss gerichtet sein. Damit stellt sich
die Kommunikation als vierte Aufgabe des Topmanagements. Kommuni-
kation gibt der Motivation erst die erforderliche Richtung. Die Kommuni-
kation des Topmanagements führt das Unternehmen in Richtung der Ver-
änderung. Zu unterscheiden sind:
x Direkte Kommunikation der Ziele des Projekts und dessen Vorausset-
zungen, insbesondere bei den direkte Beteiligten und Betroffenen.
x Mittelbare Kommunikation der Ziele des Projekts und dessen Inhalte
(z.B. auf Gesamtunternehmensebene, d.h. das ganze Unternehmen in-
formieren und informiert halten).
x Projektmarketing.
Identifikation Erarbeiten und permanente Über- Vorgeben der Zielsetzung und des
prüfung der Zielsetzung und des Umfangs der geplanten
Umfangs der geplanten Verände- Veränderungen
rungen
Regelmäßige Überprüfung der
Umsetzung der Strategie in Pro- Veränderungsziele und der abge-
jektziele leiteten Strategie
Ereignisbezogenes, zeitnahes
Entscheiden
Kommunikation Aktives permanentes und in der Intensität konstantes Vermitteln der Ziele,
der Schwierigkeiten und der erreichten Fortschritte im Veränderungsprojekt
Allerdings ist es für viele Unternehmen ein weiter Weg bis zu diesem
Zielzustand. Der „Culture Shift to Project Management“ muss aktiv gestal-
tet werden, und zwar als Change-Management-Projekt. Demzufolge gelten
auch hier die vier Dimensionen des Change Managements:
1. Identifikation des Veränderungsbedarfs
2. Organisation des Veränderungsprojekts
3. Motivation der Veränderungsbeteiligten
4. Kommunikation der geplanten und erfolgten Veränderungen
Soweit die Überlegungen zur Gestaltung des Change Managements für die
nachhaltige Verankerung der Projektmanagement-Kultur. Die entspre-
chende Projektgestaltung lässt sich mutatis mutandis auch auf fast alle an-
deren Themen des vorliegenden Bandes beziehen, sofern die Einführung
des jeweiligen Instruments des strategischen Projektmanagements wie zum
Beispiel die Einführung eines projektorientierten Leistungs- und Prämien-
systems, eines Projektrisikomanagements, von Programm-Management-
Ansätzen usw. selbst als Projekt bzw. als Change Management-Projekt or-
ganisiert werden.
Change Management 211
4. Fazit
Kommunikationsplattform
stellt sinnvolle Erweiterung
dar
- Rechte und Aufbau müssen
konzeptioniert werden
Instrumente für die informelle Kommunikation
Betriebsbesuche - Management soll seinen In- - Auch: „Wandering
formationsstand hinsichtlich Around“
der Gefühle und Gedanken - Direkte, informelle Besuche
der Mitarbeiter verbessern an der ‚Front’
- Distanz zwischen Spitze - Mitarbeiter fragen, was in
und Basis verringern ihrem Bereich passiert und
- Kommunikationsdefizit welche Anliegen und Sor-
kompensieren gen sie haben
- Mitarbeiter in ihrer gewohn-
ten Umgebung ein heimi-
sches Gefühl geben
Informelle Ge- - Kommunizieren wichtiger - Gut am Rande von Bil-
sprächsrunden Botschaften dungsveranstaltungen
- ‚Temperaturfühler’ durchführbar
- Gelegenheit zum lockeren - Entspannten Rahmen
Meinungsaustausch schaffen
- Auf Präsentationen bzw.
‚Form vor Inhalt’ verzichten
- Statements der Mitarbeiter
zuerst und nicht der Vorge-
setzte
- Vorgesetzter muss nicht
immer eine druckreife Ant-
wort haben – Zeit zum
Nachdenken erbitten
- Erklären, was zu den Prob-
lemen unternommen wird
Telefon- - In Kontakt treten mit Mitar- - Auch: „Lobbying“
gespräche mit beitern, die nicht in die in- - Meinungsführer vor wichti-
Mitarbeitern terne Kommunikation ein- gen Entscheidungen anru-
gebunden sind (z.B. fen und mit ihnen diskutie-
Mitarbeiter im Außendienst) ren
- Zeichen des persönlichen - Management ruft einen
Interesses setzen ausgewählten Kreis von
Mitarbeitern persönlich,
ggfs. zu Hause an
- Nie an den Vorgesetzten
vorbei Aufträge erteilen
- ‚In das Unternehmen hinein
hören’, wichtige Botschaf-
ten verbreiten und Interesse
zeigen
Change Management 217
Intensitäts-Einflussfaktoren
Was verändert sich für die Mitarbeiter durch die Veränderungsinitiative?
Wer ist von der Veränderungsinitiative betroffen?
Wie viele Vorhaben mit gleichem Ziel wurden mit den nun Betroffenen
vorher durchgeführt?
Werden im Unternehmen in der Vergangenheit erbrachte Leistungen
immer wieder durch Äußerungen unterstrichen?
Stellen sich bei Veränderungsinitiativen die wichtigsten Führungskräfte
hinter die Maßnahme?
Arbeitet das Unternehmen mit Leitbildern oder Visionen, um den Mitar-
beitern den langfristigen Weg aufzuzeigen?
Wird eine Vision über viele Kanäle kommuniziert?
Wird die Vision häufig kommuniziert?
Existieren flexible Leistungsbewertungssysteme für die Mitarbeiter im
Unternehmen?
Stehen den Mitarbeitern Qualifikationsmöglichkeiten zur Auswahl?
Woran konnte man in den letzten Veränderungsinitiativen erkennen,
dass die durchgeführten Maßnahmen wirksam waren?
Gingen aus den letzten Veränderungsinitiativen neue Veränderungspro-
jekte hervor?
Angst-/Orientierungslosigkeits-Determinanten
Gibt es Promotoren für die Veränderungsinitiative?
Zweifeln Mitarbeiter und/ oder Führungskräfte die Wirksamkeit der Ver-
änderungsinitiative als Lösung für das Problem an (objektives Risiko)?
Sind Signale erkennbar, die vermuten lassen, dass Mitarbeiter persön-
lich nicht mit der Veränderung zurecht kommen werden (subjektives Ri-
siko)?
Gibt es Gegner der Veränderungsinitiative, die das öffentlich bekunden
und sowohl sachliche als auch persönliche Gründe anführen?
Arbeitet das Unternehmen mit Leitbildern oder Visionen, um den Mitar-
beitern den langfristigen Weg aufzuzeigen?
Wird eine Vision permanent über viele Kanäle kommuniziert?
Sind es die Mitarbeiter gewohnt, selbst den Weg zur Aufgabenerfüllung
zu definieren?
Change Management 219