Kompl Methoden Dez.2014 Final Web
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Kompl Methoden Dez.2014 Final Web
Komplementäre Behandlungsmethoden
bei Krebserkrankungen
www.komplementaermethoden.de
Impressum
Die Broschüre richtet sich in erster Linie an medizinische Laien und erhebt
keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Wie jede Wissenschaft ist die Medizin
ständigen Entwicklungen unterworfen. Forschung und klinische Erfahrung
erweitern Erkenntnisse, insbesondere was Behandlung und medikamentö-
se Therapie anbelangt. Soweit in dieser Darstellung eine Dosierung und
Verabreichung erwähnt wird, dürfen Leser darauf vertrauen, dass Autor
und Herausgeber große Sorgfalt darauf verwandt haben, dass diese Anga-
be dem Wissensstand bei Fertigstellung entspricht. Jeder Benutzer ist
jedoch angehalten, durch sorgfältige Prüfung der Beipackzettel der ver-
wendeten Präparate und gegebenenfalls Konsultation eines Spezialisten
festzustellen, ob die gegebene Empfehlung für Dosierungen oder die
Beachtung von Gegenanzeigen gegenüber der Angabe in dieser Broschüre
abweicht. Eine solche Prüfung ist besonders wichtig bei selten verwende-
ten Präparaten oder solchen, die neu auf den Markt gebracht worden sind.
Jede Dosierung und jede Verabreichung erfolgt auf eigene Gefahr des
Benutzers.
Evidenzgrade . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .90
Glossar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .92
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .95
Adressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .96
Die Krebsgesellschaft Nordrhein-Westfalen e.V.
Die Krebsgesellschaft NRW engagiert sich seit mehr als 60 Jahren für die
Verbesserung der Versorgung von krebskranken Menschen im Lande, sowohl
auf wissenschaftlicher und medizinischer Ebene, als auch direkt an der Basis
als Ansprechpartner für Menschen, die Information und Rat brauchen.
Vorwort
Menschen, die an Krebs erkranken, möchten alles tun, um ihre Hei-
lungschancen zu verbessern. Obwohl die überwiegende Mehrheit der
Betroffenen den bewährten Standardtherapien wie Operation, Chemo-
therapie oder Bestrahlung grundsätzlich vertraut, sind sie dennoch auf
der Suche nach ergänzenden Behandlungsmöglichkeiten. Vor allem die
oftmals stark belastenden Nebenwirkungen können zu einer skepti-
schen Bewertung der Standardtherapien führen.
FAZIT
Komplementärmedizinische Maßnahmen haben keinen eigenständigen
Einfluss auf rezidiv- oder metastasenfreie Zeiten bzw. Überlebenszeiten.
Sie können aber Nebenwirkungen der Standardtherapien reduzieren bzw.
verhindern und somit die Lebensqualität stabilisieren. Daraus folgert schließ-
lich, dass die Standardtherapien bzgl. Dosierung und Zeitintervall optimal
verabreicht werden können, was die Chancen auf Heilung verbessert.
TIPP
Die wirksamkeitsgeprüften komplementärmedizinischen Verfahren sind
in dieser Broschüre mit Quellenangaben kenntlich gemacht, die Sie in
einer Fußnote jeweils am Ende der Textseite finden. In den erwähnten
Veröffentlichungen können die Daten der klinischen Untersuchungen
eingesehen werden.
Wirksamkeitsgeprüfte komplementäre
Maßnahmen
Lebensstilbezogene Maßnahmen
Ernährungsoptimierung
ACHTUNG
Zu warnen ist allerdings vor sogenannten „Krebsdiäten“. Diese geben
vor, verlässlich gegen Krebs vorzubeugen oder gar heilend wirksam zu
sein. Für keine dieser Diäten wurde eine wissenschaftlich akzeptable
vorbeugende oder therapeutische Wirkung bewiesen. Viele dieser Diäten
beeinträchtigen wegen der teilweise stark eingeschränkten Lebensmittel-
empfehlungen vielmehr die Lebensqualität der Betroffenen und können
sogar Mangelerscheinungen hervorrufen.
Ein Laie kann in vielen Fällen nur schwer beurteilen, ob eine Ernährungsemp-
fehlung sinnvoll ist oder nicht. Seien Sie auf jeden Fall besonders kritisch, wenn
Ihnen eine Heilung der Erkrankung durch eine Ernährungsumstellung in Aus-
sicht gestellt wird. Die nachfolgende Fragenliste kann Ihnen bei der Entschei-
dung helfen, ob eine Diätempfehlung sinnvoll ist oder nicht. Wenn Sie Ihre
Ernährung umstellen möchten, ist es immer besser, Sie sprechen mit Ihrem
Arzt oder einer Ernährungsberaterin bzw. einem Ernährungsberater darüber.
Ist die empfohlene Diät sinnvoll? Wenn Sie bereits nur eine Frage mit Ja beant-
worten, sollten Sie sehr vorsichtig sein und von der Diät eher Abstand nehmen.
• Wird das tägliche Essen und Trinken für Sie zur unangenehmen Pflichtübung,
wenn Sie sich an die Empfehlungen halten?
Anti-Krebs-Ernährung
In jüngster Zeit wird dem Zuckerkonsum wieder eine Rolle bei der Entste-
hung und Verbreitung von Krebs angelastet. Experimentelle Laboruntersu-
chungen haben ergeben, dass vereinzelte Krebszellen das Enzym TKTL-1
(=Transketolase-1) enthalten, das die Fettverbrennung als Energieträger
abschaltet. Die entsprechenden Krebszellen sind abhängig von Glukose
(= Zucker) als Energielieferant. Daraus entstanden ist die sogenannte
„Anti-Krebs-Ernährung“ oder auch „TKTL-1 Ernährungstherapie“, die Blut-
zuckerwerte reduzieren und die Insulinfreisetzung hemmen soll. Zur Durch-
führung der „Anti-Krebs-Ernährung“ wurde vom „Erfinder“ ein spezielles
Nahrungspaket entwickelt, das u. a. Marmelade, Proteinnudeln, Protein-
brot und Wurst enthält. Die Kosten für dieses „Diätpaket“ sind beträchtlich.
Budwig Diät
Die Budwig Diät (auch Öl-Eiweiß-Kost) beruft sich auf die „Warburg Hypo-
these“ der Krebsentstehung aus dem Jahre 1930. Der Nobelpreisträger Otto
Warburg folgerte aus seinen Untersuchungen, dass Krebszellen ihre Energie
zum Wachstum aus der sauerstofffreien (anaeroben) Vergärung gewinnen und
dass sauerstoffhaltige (aerobe) Milieu das Krebszellwachstum hemmen könne.
Auch wenn diese Hypothese bislang nicht bewiesen werden konnte, ist sie die
Grundlage für etliche Krebsdiäten, u. a. die Budwig Diät. Dem Fettstoffwechsel
wurde von Johanna Budwig eine besondere Bedeutung im Prozess der Krebs-
entstehung angelastet, daher wird insbesondere der Verzehr von Leinsamen
und Leinölen sowie Quark empfohlen. Unbedingt vermieden werden sollte der
Verzehr von u. a. Fleisch, Fisch, Butter, Zucker und konservierten Lebensmitteln.
Die Budwig Diät gibt demnach schwer umsetzbare Ernährungsempfehlungen
mit massiven Einschränkungen vor, deren Grundlage unklar ist.
Gerson Diät
Gerson sieht die Ursache der Krebsentstehung in einem Ungleichgewicht
von Natrium und Kalium. Für ihn begünstigt zu viel Natrium die Krebsent-
stehung, da es zu Stoffwechselstörungen insbesondere im Fett- und Eiweiß-
stoffwechsel kommt. Ziel der Diät ist es, den Gehalt an Natrium, Chlorid
und Wasser im Organismus zu minimieren und den Kaliumgehalt zu
maximieren. Empfohlen werden deshalb z. B. frisch gepresste Obst- und
Gemüsesäfte, Vollkornprodukte, Kartoffeln, Haferflocken und salzloses
Roggenbrot. Zusätzlich sollen täglich zwei Gläser Kalbslebersaft getrunken
werden.
Heilfasten
Der Begriff „Heilfasten“ umfasst verschiedene Diätformen bzw. Kuren,
u. a. Buchinger Heilfasten, F. X. Mayr Kur, Schroth Kur, Breuß Kur/Diät sowie
Saft-, Früchte-, Molke- oder Tee-Fasten. Ziel des Heilfastens ist es, den Kör-
per durch Entschlackung zu regenerieren und „seelisch zu reinigen“. Heil-
fastenkuren können zu einer bewussteren Lebensführung und einer Ände-
rung der Ernährungsgewohnheiten beitragen.
ACHTUNG
In den Leitlinien der Ärztegesellschaft für Heilfasten & Ernährung e.V. sind
Krebserkrankungen als „Risikoindikation“ aufgeführt. Demnach sollten Krebs-
patientinnen und -patienten auf das nicht wirksamkeits- und unbedenklich-
keitsgeprüfte Heilfasten verzichten.
Ketogene Diät
Die sogenannte „Ketogene Diät“ ist eine zuckerreduzierte, aber eiweiß- und
fettreiche Ernährungsform, die u. a. Krebserkrankungen vorbeugen bzw.
therapieren soll.
TIPP
In NRW gibt es vielerorts Krebsnachsorgesportgruppen, die ein auf die Er-
krankung abgestimmtes Training anbieten. Krebsnachsorgesport kann vom
Arzt verschrieben werden, so dass die Krankenkasse die Kosten übernimmt.
Nähere Informationen zum Thema Sport und Bewegung finden Sie in der
Broschüre „Mit Leib und Seele leben“ Teil 2 der Krebsgesellschaft NRW.
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Psychoonkologische Maßnahmen
TIPP
Die Broschüren „Mit Leib und Seele leben” Teil 1 und 2 beschäftigen sich
ausführlich mit den zuvor genannten Themenbereichen. Sie erhalten die
Ratgeber bei der Krebsgesellschaft NRW. Hier können Sie auch Adressen
von Krebsberatungsstellen, Krebsnachsorgesportgruppen sowie von
Psychoonkologen und Selbsthilfegruppen erfragen.
22
23
Komplementäre Behandlungsmöglichkeiten
Enzymtherapie
Bromelain (aus Ananas) und Papain (aus Papaya) sind pflanzliche, Eiweiß spal-
tende (= proteolytische) Enzyme. Obgleich die Bestandteile und Basismecha-
nismen, welche die Wirksamkeit bestimmen, bislang nur teilweise erforscht
wurden, sind entzündungshemmende, abschwellende sowie gerinnungshem-
mende Aktivitäten experimentell und klinisch belegt.
Zu unterscheiden sind:
Monoenzyme: z. B. Bromelain (Bromelain-POS; Phlogenzym mono; Trauma-
nase u. a.)
(2) Leipner J et al.: Systemic enzyme therapy in oncology: Effect and mode of action. Drugs
99:769-780, 2000.
24
Bewertung und Empfehlung
Die komplementärmedizinische Gabe proteolytischer Enzymgemische zeigte
in Wirksamkeitsnachweis relevanten Studien mit Brustkrebs-, Darmkrebs- und
Plasmocytompatienten u.a. eine signifikant verbesserte Lebensqualität unter
Chemo-/Strahlentherapie durch Reduktion von Nebenwirkungen, wie
Schleimhautschäden mit dadurch bedingten Ernährungsproblemen, Übelkeit,
Erbrechen, Durchfall, Gewichtsverlust und Hautreaktionen.(3)
• während Chemo-/Strahlentherapien
Anwendung
Während einer Chemo- oder Strahlentherapie hat sich die Einmalgabe von
täglich (ca. 4.000 FIP-Einheiten = enzymatische Aktivität) bewährt. Jeweils
eine Stunde vor und nach der Einnahme von proteolytischen Enzymen
sollte keine Nahrungsaufnahme erfolgen.
Lektine
Lektine sind zuckerbindende Eiweiße, die insbesondere in Pflanzen, in
Mikroorganismen (z. B. Viren, Bakterien, Parasiten) aber auch im menschli-
chen Organismus vorkommen. Sie haben sich als wichtige Hilfsmittel für die
immunologische und biochemische Forschung im Bereich der Zellbiologie
erwiesen und klinisch als pflanzliche Heilmittel zur Stabilisierung von
Schleimhautfunktionen (z. B. Linsenlektin).
Anwendung
Sogenannte bilanzierte Gemische (z. B. Careimmun) decken bei Einnahme
der empfohlenen Dosierung den Tagesbedarf an lebensnotwendigen Vit-
aminen und Spurenelementen ab. Nebenwirkungen treten bei den emp-
fohlenen Dosierungen in der Regel nicht auf.
(8) Sesso HD, Buring JE, Christen WG, et al.: Vitamins E and C in the prevention of cardiovascular
disease in men: the Physicians’ Health Study II randomized controlled trial. JAMA 2008;300: 2123–33.
(9) Lippman SM, Klein EA, Goodman PJ et. al.: Effect of selenium and vitamin E on risk of pro-
state cancer and other cancers: the Selenium and Vitamin E Cancer Prevention Trial (SELECT).
JAMA 2009; 301: 39–51.
31
Selentherapie
(10) Hehr T et al.: Präklinische und klinische Relevanz der radioprotektiven Wirkung von Natri-
umselenit. Info Onkol. S2:25-29,1999.
(11) Roth T et al.: Cytotoxic profile of sodium selenite (Selenase) and sodium selenite in combi-
nation with clinically used chemotherapeutic agents in human tumor models. Info Onkol
2:30-39, 1999.
32
In klinischen Studien hat sich weiterhin gezeigt, dass u. a. Nebenwirkungen
der Chemo- und Strahlentherapien abnehmen, wenn Na-Selenit komple-
mentär verabreicht wird.(12,13,14) Dies geht einher mit einer verbesserten Le-
bensqualität. Auf dieser Basis kann die Standardbehandlung in optimaler
Dosierung und Zeitabfolge durchgeführt werden. Dies wiederum bedeutet
für Patienten eine optimale Heilungschance.
Grundlage für die komplementäre Gabe von Na-Selenit unter Chemo- und
Strahlentherapie ist die Erkenntnis, dass
(12) Mücke R et al.: Komplementärer Einsatz von Antioxidantien und Mikronährstoffen in der
Onkologie. Onkologe 19:136-143, 2013.
(13) Bruns F et al.: Selenium in the treatment of head and neck lymphedema. Med. Princ. Pract.
13:185-190, 2004.
(14) Mücke R et al.: Multicenter, phase 3 trial comparing selenium supplementation with observa-
tion in gynecologic radiation oncology. International Journal of Radiation Oncology * Biology
* Physics 78:828-835, 2010.
33
Unbedenklichkeit und Wirksamkeit der komplementären Gabe von
Na-Selenit während einer Chemo-/Strahlentherapie sind durch Studien
belegt (15,16,17) Selen (100 -150 Mikrogramm pro Tag) wird international
als „Chemopräventivum“, also als Krebs vorbeugendes Mittel empfohlen.
Anwendung
Die komplementärmedizinisch empfehlenswerte Selengabe während
Chemo-/Strahlentherapie beträgt 300 µg Na-Selenit pro Tag. Na-Selenit
ist für den Organismus direkt verfügbar und somit während der Chemo-/
Strahlentherapie organischen Selenpräparaten vorzuziehen.
(15) Mücke R et al.: Komplementärer Seleneinsatz in der Onkologie. Onkologe 16:181-186, 2010.
(16) Bruns F et al.: Selenium in the treatment of head and neck lymphedema. Med. Princ. Pract.
13:185-190, 2004.
(17) Mücke R et al.: Multicenter, phase 3 trial comparing selenium supplementation with
observation in gynecologic radiation oncology. International Journal of Radiation Onco-
logy * Biology * Physics 78:828-835, 2010.
(18) Krebs und Ernährung, Risiken und Prävention - wissenschaftliche Grundlagen und Ernäh-
rungsempfehlungen, Siegfried Knasmüller (Hrsg.), S. 206 -209, Thieme, Stuttgart 2014.
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Überdosierungen von Selen sind äußerst selten und treten nur bei nicht
vorschriftsmäßiger Anwendung auf. Anzeichen, die auf eine Überdosierung
hinweisen, sind u. a. knoblauchartiger Atemgeruch, Übelkeit, Durchfall und
Bauchschmerzen. Hier muss die Selengabe sofort abgesetzt werden!
ACHTUNG
Na-Selenit Präparate sollten nicht mit Vitamin-C-haltigen Präparaten,
Getränken oder Speisen eingenommen werden! Na-Selenit wird durch
Vitamin C in eine für den Organismus nicht verwertbare Form umgewan-
delt. Aus diesem Grunde sollte zwischen der Aufnahme von Na-Selenit
und Vitamin C mindestens eine Stunde Abstand eingehalten werden!
Hintergrundinformation SELECT-Studie
Es kommt immer wieder zu Irritationen bezüglich der sinnvollen Einnahme
von Selen. In diesem Zusammenhang erfolgt oft der Hinweis auf eine „in
Amerika durchgeführte Studie”. Dabei handelt es sich um die sogenannte
SELECT-Studie (Selenium and Vitamin E Cancer Prevention Trial).(19)
„Die SELECT-Studie liefert weder Hinweise auf eine Schädlichkeit des Spu-
renelements Selen noch belegen die Daten eine Ineffektivität im Rahmen
der Prävention des Prostatakarzinoms. Im Besonderen ist es aufgrund des
fundamental hohen basalen Selenstatus der US-Amerikaner unmöglich, aus
dieser Studie sinnvolle Schlussfolgerungen auf die Wirkung einer Selen-
supplementation in schlecht versorgten Individuen zu ziehen.“(20,21)
(19) Effect of Selenium and Vitamin E on Risk of Prostate Cancer and Other Cancers. The Selenium
and Vitamin E Cancer Prevention Trial (SELECT) JAMA. 2009; 301 (1):39-51. Publlished online
December 9, 2008; doi: 10.1001(jama.2008.864).
(20) Mücke R et al.: Der Onkologe 2:2010,181-186 (Organ der Deutschen Krebsgesellschaft).
(21) Dazu auch: Krebs und Ernährung, Risiken und Prävention - wissenschaftliche Grundlagen
und Ernährungsempfehlungen, Siegfried Knasmüller (Hrsg.), S. 206 -209, Thieme,
Stuttgart 2014.
35
Vitamin D-Therapie
Vitamin D wird bei Sonneneinstrahlung in der Haut gebildet oder über die
Nahrung aufgenommen und in Muskeln sowie Fettgewebe gespeichert. Be-
vor es seine Funktionen im menschlichen Organismus erfüllen kann, muss es
in der Leber oder in den Nieren in seine aktive Form (sogenanntes Calcitrol)
umgewandelt werden.
Der tägliche Bedarf ist altersabhängig und beträgt 5-10 Mikrogramm. Säug-
linge und Menschen über 60 Jahre haben den höchsten Bedarf (10 Mikro-
gramm pro Tag). Der Bedarf wird bei gesunden Menschen zu ca. 80% vom
Körper selbst durch Sonneneinstrahlung gedeckt.
36
Vitamin-D-Mangel kann außer unter bestimmten Therapien auch bei feh-
lendem Sonnenlicht, unausgewogener Ernährung sowie durch Hormonent-
zug (z. B. in den Wechseljahren) entstehen.
ACHTUNG
Eine längerfristige Einnahme von 800 IE Vitamin D pro Tag sollte ärztlich
angeordnet und überwacht werden!
(22) Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr, Vitamin D, Deutsche Gesellschaft für Ernährung (2012)
(23) Tang BM, Eslick GD, Nowson C, Smith C, Bensoussan A: Use of calcium or calcium with vitamin
D supplementation to prevent fractures and bone loss in people aged 50 years and older: a meta-
analysis. Lancet 370; 657- 666 (2007).
(24) Rastelli AL, Taylor ME, Gao F, Armamento-Villareal R, Jamalabadi-Majidi S, Napoli N, Ellis MJ:
Vitamin D and aromatase inhibitor-induced musculoskeletal symptoms (AIMSS): a phase II,
double-blind, placebo-controlled randomized trial. Breast Cancer Res. Treat. 129;107-116 (2011).
37
Vitamin E
Vitamin E ist ein fettlösliches Vitamin, das über die Nahrung (insbesondere
pflanzliche Öle) aufgenommen wird. Die Hauptwirkung von Vitamin E im
menschlichen Körper beruht auf dessen antioxidativer Eigenschaft, die
insbesondere Zellmembranen schützt. In experimentellen Untersuchungen,
die nicht direkt auf Menschen bzw. Patienten übertragen werden können,
konnte u. a. eine Hemmung des Wachstums und der Metastasierung von
Krebszellen nachgewiesen werden.
(25) Pace E et al.: Vitamine E neuroprotection for cisplatin Neuropathia. A randomized control-
led trial. Neurology 74:762-766, 2010.
(26) Argyriou AA et al.: Preventing paclitaxel-induces peripheral neuropathy. A phase II trial of
vitamine E supplementation. Journal of Pain and Symptom Management 32:237-244, 2006.
38
Bei der Auswahl von Kliniken und Therapeuten sollte daher immer neben
der Qualifikation der Therapeuten vor allem das jeweilige Leistungsspek-
trum dahingehend hinterfragt werden, ob es den Anforderungen an eine
wirksamkeitsgeprüfte Medizin genügt. Dies gilt insbesondere dann, wenn
die angebotenen Diagnostik- und Therapieansätze nicht über die gesetzli-
che oder private Krankenversicherung erstattet werden.
ACHTUNG
Verdächtig sind vor allem auch ungewöhnliche Zahlungsbedingungen,
wie die Vorauszahlung hoher Summen oder sofortige Barzahlung ohne
Ausstellung einer Rechnung. Derartige Forderungen sind höchst unseriös
und bedürfen teilweise sogar der rechtlichen Verfolgung. Gehen Sie da-
her auf solche Aufforderungen keinesfalls ein!
39
Besondere Vorsicht ist außerdem geboten bei:
ACHTUNG
Der Zeitverlust, der durch einen unangemessenen Behandlungsversuch
mit fragwürdigen Methoden (zugunsten eines gut erprobten, wissen-
schaftlich untermauerten Verfahrens) zu entstehen droht, kann die
Lebensqualität und Überlebenszeit erheblich beeinträchtigen.
Die Wirksamkeit der Akupunktur wird u.a. über die Freisetzung bestimmter
körpereigener Substanzen erklärt (z.B. schmerzlindernde ß-Endorphine).
Placeboeffekte tragen möglicherweise ebenfalls zur Wirksamkeit bei.
43
Bewertung und Empfehlung
Bisher ist der wissenschaftlich klinische Wirksamkeitsnachweis in Studien
für die Akupunktur noch nicht für die empfohlenen Anwendungsbereiche
erfolgt. Auch wenn eine große, bundesweit durchgeführte Anwendungs-
beobachtung zur Indikation „Schmerzen“ sowie erfahrungsheilkundliche
Berichte Vorteile für Patienten aufgezeigt haben, muss die Akupunktur in
wissenschaftlich angemessener Form noch auf Unbedenklichkeit und Wirk-
samkeit überprüft werden, ehe sie bei bestimmten Erkrankungen empfoh-
len werden kann.
ACHTUNG
Auch wenn seriös anmutende Therapiezentren Akupunkturbehandlungen
zur Minderung von Nebenwirkungen der Krebsstandardtherapien als indivi-
duelle Gesundheitsleistung anbieten, ist der wissenschaftliche Nachweis auf
Unbedenklichkeit und Wirksamkeit bislang für keine der Nebenwirkungen
(Übelkeit, Erbrechen, Schlaflosigkeit, Fatigue, Schmerzen, Angst, Unruhe,
depressive Verstimmung u.a.) erfolgt.
Der Saft, bzw. die Essenz aus der Pflanze Aloe vera babadensis soll das
Abwehrsystem stabilisieren und Krebs vorbeugen.
Die Bach-Blüten-Therapie ist ein von dem britischen Arzt Edward Bach be-
gründetes und nach ihm benanntes Verfahren. Laut Bachs zentraler These
beruht jede körperliche Krankheit auf einer seelischen Gleichgewichtsstö-
rung, deren Ursache er in einem Konflikt zwischen der unsterblichen Seele
und der Persönlichkeit sieht. Heilung kann nach Bach nur durch eine Har-
monisierung auf dieser geistig-seelischen Ebene bewirkt werden.
BioBran ist ein komplexer Zucker aus Reiskleie und wurde erstmals in Japan
hergestellt und verabreicht. In der Werbung wird BioBran als Wundermittel
bezeichnet, das in Amerika angeblich für großes Aufsehen sorgt. Die Verab-
reichung der Substanz soll Zellen des Immunsystems (u.a. Lymphozyten und
natürliche Killer-Zellen) aktivieren, zur Freisetzung von immunologischen
Botenstoffen führen sowie Krebs- und Hepatitis C-Patienten heilen.
Bioelektrische Krebstherapie
(Elektro-Chemo-Therapie, Galvanotherapie u.v.a.m.)
Die Werbung gibt vor, dass es sich bei der „Bioelektrischen Krebstherapie“
um eine schonende Therapie handelt, die ausschließlich im Tumor zellzer-
störende Effekte ausübt und gesundes Gewebe unbeeinflusst lässt. Diese
Aussagen sind bislang wissenschaftlich unbewiesen und als reine Werbestrate-
gie abzulehnen.
Bioresonanz
Coenzym Q10 wird in der Regel in ausreichender Menge vom Körper selbst
produziert bzw. durch die tägliche Nahrung aufgenommen. Es wird als Be-
standteil insbesondere von kosmetischen Cremes sowie auch als Nahrungs-
ergänzungsmittel zum Verkauf angeboten.
Colon-Hydro-Therapie
ACHTUNG
Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen
(IQWIK) warnt vor der Verletzung der Darmwand und Darmdurchbrüchen
durch Anwendung der Colon-Hydro-Therapie und weist auf die Gefahr
hin, dass die Balance der Bakterien im Darm gestört wird oder es zu
Störungen des Elektrolythaushalts und zu Infektionen kommen kann.
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Kurkuma/Curcumin
Dendritische Zellen
Dunkelfeldmikroskopie
Entgiftungstherapien basieren auf der Idee, dass Krebs durch Störungen des
Gesamtorganismus verursacht wird. Es wird ein sogenanntes „System der
Grundregulation“ angenommen (= Grund- bzw. Mesenchymsystem nach
Pischinger), dessen Störung durch sogenannte „Schädigungsfaktoren“ zu
Organstörungen, Verschlackungen sowie Mesenchymblockade führt.
ACHTUNG
Fiebertherapien sind als gesundheitsgefährdend abzulehnen und sollten
bei Krebserkrankungen auf keinen Fall angewendet werden.
ACHTUNG
Von der nicht hinreichend auf Aussagefähigkeit geprüften Analyse
„freier Radikale“ wird dringend abgeraten, zumal sie meist mit zweifel-
haften Empfehlungen zur Einnahme von nicht auf Qualität, Unbedenk-
lichkeit und Wirksamkeit geprüften Antioxidantien einhergeht.
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Grüner Tee
ACHTUNG
Achten Sie beim Kauf von grünem Tee darauf, dass er frei von gesund-
heitsgefährdenden Zusatzstoffen (Schwermetalle, Pestizide, Antibiotika)
ist. Er sollte den hiesigen Qualitätsstandards genügen und zertifiziert sein.
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Homöopathie
Die individuelle Auswahl und Dosierung der Präparate erfolgt aufgrund der
Beobachtung von Krankheitszeichen sowie vielfältiger patientenbezogener
Merkmale. Die Verdünnungen der Grundsubstanzen sind zuweilen so stark,
dass aufgrund physikalischer Gesetze kein Molekül an wirksamer Substanz
mehr enthalten sein kann.
ACHTUNG
Dringend sei davor gewarnt, homöopathische Therapiekonzepte als
kurativ (also heilend) zu betrachten und erprobte Standardtherapien
auszusetzen oder zu verzögern. Dies könnte lebensgefährlich sein!
Die Behandlung von Krankheiten durch Überwärmung des Körpers ist be-
reits seit Hippokrates (ca. 460-379 vor Christus) bekannt. Seit den 1920er
Jahren wird versucht, die besonders hitzeempfindlichen Tumorzellen durch
Überwärmung gezielt zu bekämpfen. Seit den 1960er Jahren wurden die
Hyperthermietechniken stetig verbessert, so z.B. durch Verwendung von
Kurzwellen, Mikrowellen und auch Infrarotstrahlen. Nach wie vor besteht
aber erheblicher Forschungsbedarf, um Qualität, Unbedenklichkeit und
Wirksamkeit der Hyperthermie zu belegen.
ACHTUNG
Vorsicht ist geboten bei wiederholt durchzuführenden Fiebertherapien
oder milden Ganzkörperhyperthermien. Die Kosten sind zumeist sehr
hoch und der therapeutische Nutzen äußerst fragwürdig. Fiebertherapien
können sogar gesundheitsschädlich sein.
Bei Experimenten mit der Hyperthermie bezüglich der Wirkung von Hitze
über 40° C wurden folgende Beobachtungen gemacht:
Interessenten sollten sich vor Therapiebeginn auf jeden Fall an eines der
mit dem Klinikum der Universität München vernetzen Hyperthermiezentren
wenden und dort eine zweite Meinung einholen.
Weitere Informationen:
Kompetenzzentrum Hyperthermie des Klinikums der Universität München
Telefon (089) 4400 - 74768 Internet: www.hyperthermie.org
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Immundiagnostik
Imusan
Laut Hersteller/Vertreiber ist Imusan ein biologisches Produkt aus den Ex-
trakten verschiedener Heilpflanzen, das die normale Immunfunktion unter-
stützen soll. Es enthält die gleichen Bestandteile wie das vom Markt ge-
nommene Heilmittel SPES, allerdings ohne den synthetischen Zusatz von
Alprozolam (= starkes Schlaf- und Betäubungsmittel).
Laut Hersteller ist Juice PLUS+ ein natürliches, aus Konzentraten verschiede-
ner, reif geernteter Früchte und Gemüsesorten gewonnenes, pflanzenstoff-
haltiges Nahrungsergänzungsmittel. Die in Juice PLUS+ vorhandenen Nähr-
stoffe (z.B. Vitamine, Spurenelemente, sekundäre Pflanzenstoffe, Antioxi-
dantien) sollen sich ideal ergänzen und dadurch einen Beitrag zur Ge-
sundheit leisten.
ACHTUNG
Die Sitftung Warentest weist in diesem Zusammenhang auf die mit über-
mäßiger Aufnahme von Vitaminen verbundenen Gefahren hin. Auf den
Juice PLUS+ Expertenseiten wird u.a. auf eine Untersuchung (27) hingewie-
sen, bei der nach Einnahme des Präparates relevant erhöhte ß-Carotin
Werte im Blut der Probanden gemessen wurden. Dies kann für Raucher
äußerst gefährlich sein, da die erhöhte Aufnahme von ß-Carotin in dieser
Personengruppe mit einem deutlich erhöhten Risiko für die Entstehung
von Lungenkrebs einhergeht.
Kombucha ist ein Getränk, das seit Jahrtausenden in Südostasien als tradi-
tionelles Heilmittel bekannt ist und das bei uns zuweilen zur Vorbeugung
und Behandlung von Krebserkrankungen beworben wird. Es wird durch die
Vergärung von Tee mithilfe des gleichnamigen Teepilzes (Kombucha), einer
Mischung verschiedener Hefen und Bakterien, erzeugt. Laut Werbung soll
Kombucha den Körper entgiften, den Stoffwechsel regulieren und insbe-
sondere zur Vorbeugung und Nachbehandlung von Krebserkrankungen
sinnvoll sein.
ACHTUNG
Bei selbst hergestelltem Kombucha besteht die Gefahr der Verunreinigung,
insbesondere mit Schimmelpilzgiften. Dies kann gesundheitsschädliche
Folgen insbesondere für Menschen mit einer Immunschwäche haben.
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Laetrile (Vitamin B 17, Amygdalin)
Das synthetisch hergestellte Heilmittel Laetrile ist chemisch verwandt mit Amyg-
dalin (auch Vitamin B 17 genannt), einem natürlichen Bestandteil aus den Ker-
nen von Aprikosen, Mandeln und anderen Früchten. Laut Fürsprecher wird Lae-
trile angewendet, um Krebserkrankungen zu therapieren, Rezidive zu verhin-
dern, eine Chemotherapie verträglicher zu machen und um Vitaminmangel
auszugleichen. Derzeit verfügbare klinische Daten ergeben keinen Rückschluss
auf eine Wirksamkeit von Laetrile zur Vorbeugung oder Therapie von Krebs.
ACHTUNG
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) weist
im Bulletin zur Arzneimittelsicherheit (3/2014) darauf hin, dass Amygda-
liln-haltige Arzneimittel als bedenklich einzustufen und in Deutschland
nicht zugelassen sind.
Misteltherapie
(28) Scheer R et al.: Die Mistel in der Tumortherapie 2, KVC Verlag Essen, 2009.
(29) Kiene GS et al.: Mistletoe in cancer. A systematic review on controlled clinical trials. Europ.
J. Med. Res. 8:109-119: 2003.
(30) Horneber, M et al.: Mistletoe therapy in oncology. Cochrane Database of Systematic Reviews
2, 2008.
66
Bewertung und Empfehlung
Klinische Untersuchungen und Studien zeigten Krebsart- und Krebsstadium ab-
hängig Reduktionen von Nebenwirkungen der Krebsstandardtherapie, damit
einhergehende Steigerung der Lebensqualität sowie Normalisierung von Ab-
wehrfunktionen unter standardisierter Misteltherapie. Alle Studien weisen al-
lerdings gravierende methodische Mängel auf, bedürfen der Bestätigung und
können insbesondere die Unbedenklichkeit und Wirksamkeit der Mistelthera-
pie bislang nicht belegen.
Anwendung
Mistelextrakte werden therapeutisch unter die Haut gespritzt. Die Therapie
sollte nur durch einen erfahrenen Arzt eingeleitet und kontrolliert werden.
ACHTUNG
Mangels kontrollierter klinischer Studien zur Unbedenklichkeit und Wirk-
samkeit bei Tumoren des blutbildenden Systems (z. B. Leukämien, Lym-
phome) sollten Mistelextrakte bei diesen Erkrankungen nicht oder allenfalls
im Rahmen von kontrollierten klinischen Studien verabreicht werden.
Als schwaches Oxidans soll es gesunde Zellen und nützliche Bakterien des
Körpers nicht oxidieren (d. h. nicht schädigen), wohl aber krankmachende
Zellen (z. B. Krebszellen) sowie Bakterien bzw. Viren (z. B. HI-Virus).
Bislang ist weder die biologische und pharmazeutische Qualität (u. a. Feh-
len von infektiösen Krankheitserregern sowie gesundheitsgefährdenden
Zusatzstoffen und Umweltgiften) sowie Unbedenklichkeit und Wirksamkeit
von Murdannia loriformis durch angemessenen Untersuchungen (Studien)
belegt, da alle vorliegenden Untersuchungen/Studien gravierende methodi-
sche Mängel aufweisen und somit für eine Bewertung nicht geeignet sind.
ACHTUNG
Grundsätzlich ist bei der Anwendung von Heilmitteln aus anderen Kultur-
kreisen zu bedenken: Menschen verschiedener Herkunft unterscheiden sich
z. T. erheblich in ihren vererbten Reaktionsweisen, z. B. im Hinblick auf
ihren Stoffwechsel (siehe Traditionelle Chinesische Medizin).
69
„Natürliche Killerzellen“
Von „Immunlaboratorien“ wird ein Test angeboten, der die Funktion der
„Natürlichen Killer-Zellen“ (= NK-Zellen) überprüfen soll. NK-Zellen sind
wichtige Zellen des angeborenen, unspezifischen Immunsystems und kön-
nen Fremdzellen abtöten, so auch Krebszellen. Eine eingeschränkte Funk-
tion der NK-Zellen kann, laut Anbieter des Testes, mit Immuntherapien be-
handelt werden. Dabei wird der Eindruck erweckt, dass es möglich sei, mit
dem Testergebnis eine für den Patienten maßgeschneiderte Immuntherapie
mit optimaler Wirksamkeit anzubieten.
Noni-Saft
Nosodentherapie
Beim Ölziehen (auch Ölkauen, Ölsaugen oder Ölkur) wird der Mund mit
Pflanzenöl gespült. Für etwa zehn Minuten (oder länger) soll ein Esslöffel
Sonnenblumen-, Sesam- oder Olivenöl im Mund und zwischen den Zähnen
bewegt werden. Da das Öl die Giftstoffe und gesundheitsschädlichen Bak-
terien des Mund-Rachenraumes enthält, soll es nach Abschluss des Ölzie-
hens ausgespuckt werden. Es handelt sich um ein „Ausleitendes Verfahren“
und stammt ursprünglich aus der Ayurveda-Medizin. Laut Fürsprecher kann
Ölziehen viele Krankheiten lindern oder heilen, u. a. Kopf- und Zahn-
schmerzen, Hauterkrankungen, Rheuma, Arthrose, Blasen- und Nierenlei-
den. Obgleich wissenschaftliche Belege für die Wirksamkeit fehlen, ist Öl-
ziehen in der Alternativmedizin weit verbreitet.
Bereits im Talmud (Schriftwerk, das die Regeln für die Umsetzung der he-
bräischen Bibel in Praxis und Alltag enthält) wird gegen Mundgeruch emp-
fohlen: tägliche Mundspülung mit einem Teelöffel Olivenöl. Das Öl ca. fünf
bis zehn Minuten im Mund halten und alle Bereiche umspülen. Die Ölsäure
im Olivenöl wirkt antioxidativ und bakterientötend, das Öl bildet einen
Schutzfilm auf der Schleimhaut. Verstärkt werden kann der Effekt durch Zu-
gabe von frisch gepresstem Zitronensaft.
Da es ansonsten keine Belege für die Wirksamkeit des Ölziehens gibt, kann
es allenfalls zur Reduktion von Mundgeruch empfohlen werden, nicht aber
zur Vorbeugung oder Therapie von Krebs oder anderen Erkrankungen.
73
Optischer Erythrozytentest (OET)
Der OET basiert auf einer Beobachtung aus den 1950er Jahren, dass Ery-
throzyten (= rote Blutkörperchen) von einem „Eiweißfilm“ umgeben sind,
der sich im Krankheitsfall verändert. Die Besonderheiten der Erythrozyten
und des Blutplasmas (= Blutflüssigkeit, in der u. a. die Erythrozyten trans-
portiert werden) können angeblich mittels einer speziellen Mikroskopier-
technik (Phasenkontrastmikroskopie) erkannt und bewertet werden.
Die Befürworter geben an, dass der OET Blut gesunder und kranker Men-
schen mit einer hohen Sicherheit unterscheiden kann. Dieser Test soll insbe-
sondere in der Lage sein, Krebserkrankungen frühzeitig zu erkennen. Fer-
ner soll der OET bei Patienten nach erfolgreicher Krebsbehandlung eine si-
chere Nachsorge ermöglichen.
Faktor AF2
Es handelt sich um ein aminosäurehaltiges Organextrakt/Peptidgemisch aus
Milz und Leber vom Schwein, ehemals von Schafembryonen/Lämmern. Fak-
tor AF2 soll Abwehr steigernde/Abwehr schützende Bestandteile enthalten.
Polyerga
Dieses Präparat setzt sich aus Peptiden der Milz vom Schwein zusammen.
Es wird damit geworben, dass Polyerga seit mehr als 40 Jahren in der Tu-
mortherapie eingesetzt wird und in zahlreichen kontrollierten Studien und
Anwendungsbeobachtungen seine Wirksamkeit nachgewiesen habe. Ein
Blick in wissenschaftliche Datenbanken (z.B. MedLine) widerspricht diesen
Aussagen, da keine fundierten Daten bzgl. klinischer Unbedenklichkeit und
Wirksamkeit veröffentlicht sind.
75
Bisher sind lediglich für den Faktor AF2 in der Literatur vier Studien zu
Brust-, Prostata- und Harnleiterkrebs belegt. Nur letztere genügt allerdings
wissenschaftlichen Ansprüchen. Diese Studie zum Urothelkarzinom ergab,
dass die komplementäre Gabe von Faktor AF2 keinen Einfluss auf die klini-
sche Ansprechrate der Chemotherapie hatte, wohl aber deren Hämatotoxi-
zität (= Therapie bedingte Reduktion von Zellen des Blutes) minderte. Diese
Daten bedürfen der Bestätigung in einer kontrollierten Studie, da aufgrund
der niedrigen Patientenzahlen in den Therapiegruppen lediglich ein viel
versprechender Trend erkennbar war. Dieser kann jedoch nicht als Beweis
gelten. Eine Therapieempfehlung kann daher bisher nicht gegeben wer-
den. Für die anderen Organpeptidpräparate liegen, entgegen mancher
Werbeaussagen, bislang keine wissenschaftlichen Studien vor.
Ozontherapie
ACHTUNG
Abgesehen von der nicht bewiesenen therapeutischen Wirksamkeit muss
wegen der zum Teil schweren Nebenwirkungen von einer Anwendung der
Ozontherapie bei Krebserkrankungen dringend abgeraten werden!
ProstaSol
ACHTUNG
Auch die Behauptung, dass nur wiederholte Kontrollen des Bedarfes durch
wiederholte RSA-Messungen und die den veränderten Messwerten ange-
passte Dosierung der Vitalstoffe den gewünschten Therapieerfolg sowie
den vorbeugenden Schutz garantieren können, ist eine irreführende und
unbewiesene Aussage!
78
Soja (phytoestrogenhaltige Extrakte/Nahrungsergänzungsmittel)
(31) Shu XO et al.: Soy food intake and breast cancer survival. JAMA 302:2437-2443,2009
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ACHTUNG
Das Bundesamt für Risikobewertung (BfR) hat in einer Stellungnahme
darauf hingewiesen, dass die behaupteten positiven Wirkungen von
phytoestrogenhaltigen Nahrungsergänzungsmitteln (u. a. Linderung von
Wechseljahrsbeschwerden) wissenschaftlich nicht gesichert sind!
(Bundesamt für Risikobewertung, Aktualisierte Stellungnahme
Nr. 039/2007 des BfR vom 3. April 2007)
Spirulina-Therapie
Die Stachelanone (auch Sauersack oder Graviola genannt) ist ein exotischer
Obstbaum, der ursprünglich aus Südamerika sowie aus der Karibik stammt.
Die Frucht der Stachelnone ist aus botanischer Sicht eine Beere, die mehrere
Kilogramm wiegen kann. Das gelblich-weiße, saure Fruchtfleisch wird in
den Ursprungsländern u. a. als Fruchtsaft, Marmelade oder Gemüse verar-
beitet und verzehrt.
Medizinisch bekannt ist die Stachelanone durch ihren Samen, der ein Ner-
vengift enthält, das zu degenerativen Nervenerkrankungen führt. Aktuelle
Laboruntersuchungen deuten auf wachstumshemmende Aktivitäten von
Stachelanone-Fruchtextrakt gegen Brust- und Bauchspeicheldrüsenkrebszel-
len hin. Diese Daten bedürfen der Bestätigung und sollten nach wie vor als
„experimentell“ betrachtet werden. Ferner sollte bedacht werden, dass La-
boruntersuchungen von pflanzlichen Heilmitteln bzw. Medikamenten nicht
direkt auf den Menschen übertragen werden können. Sie müssen unbe-
dingt in kontrollierten Untersuchungen/Studien auf ihre klinische Wirksam-
keit und Unbedenklichkeit geprüft werden, ehe sie Therapieempfehlung
werden.
81
Bewertung und Empfehlung
Im Gegensatz zur Werbung, dass die Frucht der Stachelanone „Krebszellen
bis zu 10.000 Mal effektiver abtötet als starke Chemotherapie-Medika-
mente, und das ohne Nebenwirkungen und ohne gesunde Zellen zu scha-
den“ muss aus wissenschaftlicher und patientenorientierter Sicht betont
werden, dass bislang keine Untersuchungsergebnisse vorliegen, die diese
Aussage bestätigen. Daher kann der Verzehr von Fruchtauszügen oder
Extrakten der Stachelanone zur Krebsvorbeugung oder Krebstherapie
nicht empfohlen werden.
Thymustherapie
• Thymuspeptide
• Thymuspeptidgemische
• Thymusgesamtextrakt
• Thymusfrischextrakt
ACHTUNG
Bei der Einnahme von Thymusfrischextrakten besteht die Gefahr von ernsthaf-
ten Infektionskrankheiten sowie von allergischen Reaktionen auf die (über-
wiegend unbekannten) Bestandteile des Präparates, bis hin zu Todesfällen.
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TKTL-1 Enzymaktivitätstest
Besondere Vorsicht ist bei der Einnahme von Arzneimitteln geboten, die
nicht durch deutsche Behörden zertifiziert wurden. Dies gilt insbesondere
für Kräutermischungen. Die Prüfungen von Arznei- bzw. Heilmitteln in der
Volksrepublik China auf Qualität, Unbedenklichkeit und Wirksamkeit ent-
sprechen nicht den Anforderungen in unserem Kulturkreis. Immer wieder
werden in den sogenannten pflanzlichen Arzneimitteln gesundheitsschädli-
che Belastungen mit Schwermetallen oder Pestiziden bzw. unkontrollierte
Beimischungen, beispielsweise von synthetischen Hormonen, Blutverdün-
85
nungsmitteln, Betäubungs- oder Schlafmitteln, entdeckt. Daher ist bei der
Anwendung von Kräuterzubereitungen oder Arzneimitteln der TCM immer
eine Testung nach unseren westlichen Standards angezeigt.
WICHTIG ZU WISSEN
Nicht selten kommen auf Patienten hohe Kosten für nicht auf Qualität,
Unbedenklichkeit und Wirksamkeit geprüfte Verfahren der TCM zu, die
zuweilen nicht einmal nach den Regeln der ärztlichen Kunst ausgeführt
werden. Ein Zusammenschluss von Ärztegesellschaften für Akupunktur
hat daher jetzt Qualitätsstandards für eine qualitativ hochwertige TMC-
Behandlung erarbeitet und vergibt ein Qualitätssiegel für Ärzte, welche
die Voraussetzungen erfüllen und sich nach diesen Leitlinien richten.
Ukrain ist ein Mischpräparat aus Schöllkraut und dem Zytostatikum Thio-
tepa. Laut Hersteller und Befürworter umfasst das Anwendungsgebiet für
Ukrain alle Krebsarten, mit Ausnahme jener des zentralen Nervensystems
bzw. des Gehirns. Vom Hersteller wird u.a. mit einer Studie geworben, in
der Betroffenen mit fortgeschrittenem Bauchspeicheldrüsenkrebs u.a.
Ukrain verabreicht wurde. Bei genauer Analyse dieser Angaben zeigten sich
jedoch schwerwiegende Mängel bzgl. Planung, Durchführung und Auswer-
tung der Studie, die keine wissenschaftlich fundierte Aussage bezüglich Un-
bedenklichkeit und Wirksamkeit des Arzneimittels zulässt.
ACHTUNG
Ukrain wird vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM)
als bedenkliches Arzneimittel eingestuft und darf in Deutschland weder als Arz-
neimittel in Verkehr gebracht noch bei Patienten angewendet werden.
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Vitalpilze
Der Vitamin C-Bedarf beträgt laut DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernäh-
rung) ca. 60 bis 100 mg pro Tag. Untersuchungen der amerikanischen Bun-
desbehörde FDA (= Food and Drug Administration) haben ergeben, dass
der Magen-Darm-Trakt des Menschen nicht mehr als ca. 400 mg aufnehmen
kann. Alles, was darüber hinaus eingenommen wird, wird direkt wieder
ausgeschieden. Der Sinn von Hochdosis-Vitamin-C-Gaben als Nahrungs-
ergänzungsmittel (Kapsel, Tablette, Tropfen, Brause) ist demnach nicht
erkennbar und abzulehnen.
ACHTUNG
Dringend gewarnt werden muss vor Hochdosisinfusionen-Vitamin C
während Chemo- und/oder Strahlentherapien. Da die Wirksamkeit von
Chemo- und Strahlentherapien auf oxidativen Effekten durch freie Radi-
kale beruht, kann eine Hochdosisgabe von Antioxidantien (z. B. Vitamin C)
die Wirksamkeit der Standardtherapien mindern bzw. aufheben!
90 Evidenzgrade
ACHTUNG
Wirkmechanismen, die lediglich in Laborexperimenten oder Tierversu-
chen gezeigt wurden, haben für die Anwendung beim Menschen nur
sehr eingeschränkte Aussagekraft und werden von der EBM daher in
keiner Nachweisstufe berücksichtigt.
Kein Unbedenklich-
keits- und Wirksam-
Einzelfalldarstellun- keitsnachweis.
Evidenzgrad IV
gen (= Kasuistiken)
Grundlage für neue
Therapieansätze.
Kein Unbedenklich-
keits- und Wirksam-
keitsnachweis.
Evidenzgrad V Expertenmeinung
Achtung:
Selbst ernannte
Experten gibt es
häufig!
92 Glossar
adjuvant: in der Medizin ergänzende/unterstützende Therapiemaßnahme.
Enzym: Eiweißkörper, die für den Stoffwechsel des Körpers entscheidend sind
Peptide: Eiweiße; sie erfüllen vielfältige Funktionen für die Zelle oder die-
nen dem Sauerstofftransport
zytotoxisch: Giftig für die Zelle, die hierdurch erheblichen Schaden nimmt
oder gar abstirbt. Viele Krebsmedikamente wirken zytotoxisch und ziehen
daher auch gesunde Zellen in Mitleidenschaft (sichtbar z.B. am Haarausfall).
Auch in der Behandlung nicht bösartiger Erkrankungen werden unter Um-
ständen zytotoxische Medikamente eingesetzt.
Mit den „grünen Ratgebern“ bietet die Krebsgesellschaft NRW eine Reihe
von Broschüren, die allgemein verständlich über verschiedene Krebsarten
und begleitende Themen informieren. Die Broschüren zu einzelnen Krank-
heitsbildern behandeln die Themen Früherkennung, Diagnosestellung
sowie aktuelle Therapie- und Nachsorgemöglichkeiten. Ergänzend dazu
gibt es eine Reihe von entitätsübergreifenden Ratgebern mit Texten zu
Bewegung und Sport, Ernährung oder zur Linderung von Nebenwirkungen.
Telefonische Bestellungen: 02 11 / 15 76 09 90
Downloads und Online-Bestellungen unter www.krebsgesellschaft-nrw.de
www.krebsgesellschaft-nrw.de
Hauptseite der Krebsgesellschaft NRW mit der Möglichkeit, Broschüren zu
Krebserkrankungen und begleitenden Themen zu bestellen und herunter
zu laden, Kontakte zu weiteren Ansprechpartnern.
www.krebs-check-nrw.de
Internetseite der Krebsgesellschaft NRW mit Informationen zur
Vorbeugung und Früherkennung von Krebserkrankungen. Erklärung
von Vorsorgemaßnahmen; inkl. persönlicher Vorsorgeplan.
www.komplementaermethoden.de
Internetseite der Krebsgesellschaft NRW in Zusammenarbeit mit dem
Institut zur wissenschaftlichen Evaluation naturheilkundlicher Verfahren
an der Universität zu Köln mit Informationen über naturheilkundliche
Maßnahmen, die eine Krebstherapie ergänzen können.
www.krebsberatungduesseldorf.de
Internetseite der Krebsberatung Düsseldorf mit Beratungsangeboten für
Betroffene und Angehörige aus der Region Düsseldorf.
Krebsberatung Düsseldorf
Fleher Straße 1, 40223 Düsseldorf (Bilk)
Tel. 0 211 / 15 76 09 - 980
[email protected]
Commerzbank
Deutsche Bank Düsseldorf
Düsseldorf
Konto 1 330 000
Konto 3 770 377
BLZ 300
BLZ 400
300 0024
700
Swift - BIC DEUTDEDBDUE
Deutsche Bank3007
IBAN DE86 Düsseldorf
0024 0377 0377 00
Konto 3 770 377
BLZ 300 700 24 Düsseldorf
Stadtsparkasse
Konto 101 514 88
Stadtsparkasse
BLZ 300 501 Düsseldorf
10
Konto
Swift101 514DUSSDEDDXXX
- BIC 88
BLZ 300 501 10
IBAN DE63 3005 0110 0010 1514 88