Sichere Kläranlagen

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Sichere Kläranlagen

Arbeitssicherheit und
Gesundheitsschutz müssen
bereits bei der Planung
einer neuen Kläranlage mit-
berücksichtigt werden.
So lassen sich kostspielige
und oft unbefriedigende
Nachrüstungen vermeiden.
1 Zu dieser Publikation 4 5 Sicherer Betrieb der Kläranlage 24

1.1 Die Publikation richtet sich an 4 5.1 Alleinarbeit 24


1.2 Weitere Informationen 4 5.2 Instandhaltung 25
5.3 Arbeiten in und an leeren Becken
oder in engen Räumen 26
2 Begriffe, Erläuterungen 5 5.4 Gesundheitsschutz 27

2.1 Grundsätzliche Pflichten des


Arbeitgebers 5 6 Publikationen und
2.2 Normalbetrieb 5 Bezugsquellen29
2.3 Sonderbetrieb / Instandhaltung 5
2.4 Häufigste Gefahren in Kläranlagen 5 6.1 Weitere Publikationen zum Thema 29
6.2 Bezugsquellen 29

3 Anforderungen an technische­‑
Anlagen, Maschinen und Arbeits‑
mittel6

3.1 Schutzziele 6
3.2 Sicherheitsnachweis bei der
Beschaffung / Konformitätserklärung 6
3.3 Maschinensicherheit 9

4 Anforderungen an bauliche
und andere Einrichtungen 14

4.1 Sichere Verkehrswege und Zugänge 14


4.2 Sicherer Umgang mit flexiblen
Grossverpackungen (Big Bag) 22
4.3 Schutz vor Ertrinken 23

Sichere Kläranlagen 4
1 Zu dieser Publikation

Wie sind Kläranlagen zu planen, zu bauen und ein‑ 1.2  Weitere Informationen
zurichten, damit Leben und Gesundheit der Mitarbei‑
tenden nicht gefährdet wird? Mit weiteren wichtigen Aspekten wie beispielsweise der
Explosions-, Vergiftungs- und Erstickungsgefahr befassen
In dieser Publikation finden Sie die massgebenden Schutz‑ sich folgende Suva-Publikationen:
ziele sowie konkrete Lösungsvorschläge zur Beseitigung • «Explosionsschutz – Grundsätze, Mindestvorschriften,
von Gefährdungen, die in Kläranlagen immer wieder zu Zonen», www.suva.ch/2153.d
Unfällen führen. • «Ist Ihre Biogasanlage sicher?», www.suva.ch/66055.d

Die Anlagen müssen sicher betrieben werden können, Für vertiefte Abklärungen verweisen wir in den einzelnen
sowohl bei Normalbetrieb als auch bei Sonderbetrieb, Kapiteln auf weiterführende Publikationen mit Angabe
d. h. bei Reinigungs- und Instandhaltungsarbeiten, bei des Links für den Download (PDF) oder für die Bestellung
der Störungsbehebung usw.  Die Erfahrung zeigt, dass es (wie oben unter www.suva.ch).
bei Arbeiten im Sonderbetrieb besonders häufig zu
Unfällen kommt.

1.1  Die Publikation richtet sich an:

• Betreiber von Kläranlagen


(Verbände, Gemeinden, Produktionsbetriebe)
• Betriebsleiter von Kläranlagen
• planende Ingenieure
• Durchführungsorgane des Plangenehmigungs- oder
Planbegutachtungsverfahrens

Die Anliegen der Arbeitssicherheit und des Gesundheits‑


schutzes müssen bereits bei der Planung einer neuen
Anlage oder einer Anlageerweiterung berücksichtigt
werden. So lassen sich kostspielige und unbefriedigende
Nachrüstungen vermeiden.

Die vorliegende Schrift beschränkt sich auf Gefährdungen


aus dem mechanischen, steuerungstechnischen und
baulichen Bereich, behandelt also das Thema nicht ab‑
schliessend.

5 Sichere Kläranlagen
2 Begriffe, Erläuterungen

Kläranlagen sind in allen Teilen so zu planen und


zu bauen, dass die Mitarbeitenden und Dritte in
der Anlage nicht gefährdet werden. Das gilt sowohl
für den Normal- wie für den Sonderbetrieb.
2.1  Grundsätzliche Pflichten des Arbeitgebers 2.4  Häufigste Gefahren in Kläranlagen

Im Unfallversicherungsgesetz Art. 82 Abs.1 wird der Bei Normalbetrieb oder im Sonderbetrieb in Kläranlagen
Arbeitgeber verpflichtet, zur Verhütung von Berufsunfällen ist üblicherweise mit folgenden Gefährdungen zu rechnen:
und Berufskrankheiten alle Massnahmen zu treffen, die • Absturz in offene Gruben, Kanäle, Klärbecken
nach der Erfahrung notwendig, nach dem Stand der • Absturz von Leitern oder Treppen
Technik anwendbar und den gegebenen Verhältnissen • Stolpern, Ausgleiten, Stürzen in der Ebene
angemessen sind. • Absturz von Lasten oder Gegenständen
• Automatischer Anlauf von Maschinen oder Anlagen‑
Der Arbeitgeber sorgt dafür: komponenten im Sonderbetrieb (Reinigung, Wartung,
• dass geeignete und sichere Arbeitsmittel eingesetzt Reparatur)
und diese Instand gehalten werden. • Elektrischer Strom
• dass die Mitarbeitenden ausgebildet bzw. instruiert sind • Ertrinken, Ersticken, schädigende Einwirkung von
und sich entsprechend verhalten. Gasen
• Feuer, Hitzeeinwirkung, Explosionen
• Kontakt mit gesundheitsgefährdenden Chemikalien,
2.2 Normalbetrieb Infektionen durch Mikroorganismen, Einnahme von
Brauchwasser
Normalbetrieb ist, wenn die Anlage ihren Einsatzauftrag • gehörgefährdender Lärm usw.
erfüllt, für den sie vorgesehen und gebaut ist. Eine auto‑
matische Anlage erfüllt ihren Auftrag weitgehend selbst‑ Tragen Sie beim Betreiben der Anlage diesen präsenten
ständig. Die Tätigkeiten des Menschen beschränken sich Gefahren Rechnung. Wir zeigen Ihnen, wie Sie mit
auf Prozessleitungs- und Überwachungsaufgaben. baulichen, technischen und organisatorischen Massnah‑
men die Arbeitssicherheit erhöhen.

2.3  Sonderbetrieb / Instandhaltung

Zum Sonderbetrieb gehören alle anderen Betriebsarten,


um den Normalbetrieb aufrechtzuerhalten. Dies sind:
• Montage der Anlage
• Inbetriebnahme der Anlage
• Inspektion (Messen, Prüfen, Erfassen)
• Instandsetzen (Reparatur, Austausch, Ausbessern)
• Wartung (Reinigung und Pflege)
• Beheben von Störungen
• Demontage oder Umbau von Anlageteilen

Sichere Kläranlagen 6
3 Anforderungen an techni-
sche Anlagen, Maschinen
und Arbeitsmittel
In den Betrieben dürfen nur Arbeitsmittel einge-
setzt werden, die bei ihrer bestimmungsgemässen
Verwendung und bei Beachtung der gebotenen
Sorgfalt die Sicherheit und die Gesundheit der
Arbeitnehmer nicht gefährden.
3.1 Schutzziele 3.2  Sicherheitsnachweis bei der
Beschaffung / Konformitätserklärung
Obenstehender Grundsatz steht in der Verordnung über
die Verhütung von Unfällen und Berufskrankheiten Wer in der Schweiz eine neue Maschine in Verkehr bringen
(Art. 24 VUV). Dieser gilt auch für Kläranlagen. Daraus will, muss die grundlegenden Sicherheits- und Gesund‑
lassen sich für technische Systeme folgende Schutzziele heitsschutzanforderungen der Maschinenrichtlinie
ableiten: 2006 / 42 / EG, Anhang I erfüllen.

Schutzziele für den Normalbetrieb Die Maschinenrichtlinie (MRL) verlangt vom Inverkehr‑
• Technische Systeme sind so zu gestalten, dass weder bringer eine Risikobeurteilung und eine Risikominderung
Mitarbeitende noch andere Personen in Gefahrenstellen der zu bauenden Maschine. Risikobeurteilung und Risiko‑
automatischer Abläufe treten oder greifen können. Es minderung müssen dokumentiert und die Dokumentation
gilt zu berücksichtigen, dass sich Personen nicht wie muss als Teil der technischen Unterlagen beim Inverkehr‑
vorgesehen verhalten. bringer verfügbar sein.
• Aus technischen Systemen darf nichts austreten, was
Mitarbeitende oder andere Personen schaden kann. Diese Anforderung gilt auch für Kläranlagen, wobei der
Auch bei einem Systemfehler nicht (wegfliegende Teile, Kläranlagenbetreiber / Auftraggeber in vielen Fällen zuerst
Strahlung, elektromagnetische Felder usw.). abklären muss, wer die Funktion des Inverkehrbringers
für den neu zu bauenden bzw. zu ändernden Teil der Klär‑
Schutzziele für den Sonderbetrieb anlage mit allen Verpflichtungen (gemäss MRL) überneh‑
Für Arbeiten im Sonderbetrieb wie Rüsten / Umrüsten, men wird, z. B.:
Einrichten / Einstellen, Teachen, Fehler suchen / beheben • Schweizer Hersteller, Importeur, General- oder Total‑
und Reinigen sowie bei der Instandhaltung müssen die unternehmer
Arbeitsmittel vorher in einen nicht gefährdenden Zustand • Kläranlagenbetreiber aufgrund von Direktimport der
versetzt werden. Maschine
• Kläranlagenbetreiber aufgrund von Eigenbau
Für den Sonderbetrieb hält Art. 43 VUV folgendes fest: (z. B. Projektierung in eigener Verantwortung oder mit
Mitarbeitende Unterstützung eines externen Planers)
• müssen die Arbeiten ausführen können, ohne Schaden
zu erleiden und, 3.2.1  Definition einer Anlage gemäss MRL Art. 2
• dürfen durch ein Fehlverhalten des Systems nicht Gemäss der Begriffsbestimmung von Maschinen
gefährdet werden. (MRL Artikel 2 Buchstabe a – vierter Aufzählungspunkt)
gelten Maschinen und unvollständige Maschinen, welche

7 Sichere Kläranlagen
so angeordnet und gesteuert werden, dass sie als Direktimport durch den Kläranlagenbetreiber
Gesamtheit funktionieren, um ein gemeinsames Ergebnis Bei einem Direktimport wird der Betreiber zum Inverkehr‑
zu erfüllen, als eine Maschine. Eine Gesamtheit von bringer. Er ist dafür verantwortlich, dass ein Nachweis der
Maschinen im Sinn der Maschinenrichtlinie 2006 / 42 / EG Sicherheit vorhanden ist, z. B.:
liegt vor, wenn alle folgenden Kriterien erfüllt sind: • eine Konformitätserklärung oder – für unvollständige
• Die einzelnen Einheiten werden zusammengebaut, um Maschinen – eine Einbauerklärung
eine gemeinsame Aufgabe ausführen zu können, bei‑ • eine Betriebsanleitung mit Angaben über Aufstellung,
spielsweise die Fertigung eines bestimmten Produkts. bestimmungsgemässe Verwendung, Restrisiken,
• Die einzelnen Einheiten sind funktional so miteinander Störungsbehebung und Instandhaltung oder eine
verbunden, dass der Betrieb jeder einzelnen Einheit Montageanleitung für unvollständige Maschinen
unmittelbar den Betrieb anderer Einheiten oder der An‑ Die Betriebsanleitung muss in der schweizerischen
lage als Ganzes beeinflusst, so dass eine Risiko‑ Amtssprache des Landesteils verfügbar sein, wo die
beurteilung für die gesamte Anlage erforderlich ist. Kläranlage liegt.
• Die einzelnen Einheiten verfügen über ein gemeinsames
Steuerungssystem (z. B. ein Leitsystem). Im Fall einer mangelhaften Lieferung (z. B. sicherheits‑
technische Mängel, fehlende Konformitätserklärung,
Zum Zwecke der Anwendung der MRL darf die Kläranlage fehlende Anleitungen) muss er selbst für die notwendigen
in verschiedene Abschnitte unterteilt werden, von denen Nachbesserungen sorgen.
jede eine getrennte Anordnung oder sogar eine unabhän‑
gige Maschine (beispielsweise eine mechanische Reini‑ Eigenbau (z. B. Projektierung in eigener Verantwortung
gung) sein kann. Sogar eine einzige Linie kann in einzelne oder mit Unterstützung eines ext. Planers)
Maschinen unterteilt werden, wenn der Betrieb der Lässt der Kläranlagenbetreiber Maschinen selber bauen
Maschine keine andere Maschine / unvollständige Maschine (Eigenbau) und in Betrieb nehmen, wird er faktisch zum
unmittelbar beeinflusst. Wenn jedoch Risiken durch die Hersteller. Er ist daher verpflichtet, die Voraussetzungen
Schnittstellen zu anderen Teilen der Anlage entstehen, für das Inverkehrbringen gemäss Art. 2 der Verordnung
müssen diese im Verfahren der Risikobeurteilung und über die Sicherheit von Maschinen (MaschV) zu erfüllen.
Risikominderung behandelt werden. Falls erforderlich
müssen die Installations-, Bedienungs- und Wartungsan‑ Vor der Inbetriebnahme der Maschine muss der Kläranla‑
leitungen angepasst werden. genbetreiber sicherstellen, dass die Maschine die grund‑
legenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforde‑
3.2.2  Aufgaben des Inverkehrbringers: rungen erfüllt, die in Anhang I der MRL aufgeführt sind.
Schweizer Inverkehrbringer (z. B. Schweizer Hersteller, Er muss insbesondere dafür sorgen, dass eine Risiko‑
Importeur, General- oder Totalunternehmer) beurteilung vorgenommen wird, um die für die Maschine
Der Inverkehrbringer muss dem Käufer (Kläranlagenbe‑ geltenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforde‑
treiber) einer neuen Maschine zusammen mit der Maschine rungen zu ermitteln. Die Maschine muss dann unter
folgende Dokumente aushändigen: Berücksichtigung der Ergebnisse der Risikobeurteilung
• eine Konformitätserklärung oder – für unvollständige konstruiert und gebaut werden (MRL Anhang I Allgemeine
Maschinen – eine Einbauerklärung Grundsätze Nummer 1). Die Risikobeurteilung und die
• eine Betriebsanleitung mit Angaben über Aufstellung, Massnahmen zur Risikominderung müssen dokumentiert
bestimmungsgemässe Verwendung, Restrisiken, sein (siehe MRL Anhang VII).
Störungsbehebung und Instandhaltung usw. oder eine
Montageanleitung für unvollständige Maschinen Bei Anlagen können die einzelnen bereits vorhandenen
Konformitätserklärungen im «Nachweis der Sicherheit»
Die Betriebsanleitung muss in der Amtssprache des Lan‑ berücksichtigt werden, so dass sich der Nachweis in erster
desteils verfügbar sein, wo die Kläranlage liegt. Linie auf die Schnittstellen zwischen den einzelnen
Anlagekomponenten beschränkt.

Sichere Kläranlagen 8
Was muss der Kläranlagebetreiber beim Eigenbau
berücksichtigen?
• Die Schutzmassnahmen an den Schnittstellen treffen
und dokumentieren. Die Massnahmen müssen die
grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutz‑
anforderungen von Anhang I MRL erfüllen (d. h. eine
Risikobeurteilung gemäss SN EN ISO 12100 durchführen).
• Die Betriebsanleitung zur Verfügung stellen (Inhalt
gemäss MRL Anhang I Nummer 1.7.4.2). Es reicht nicht,
bloss eine Sammlung von Einzelanleitungen zu besitzen.
Es braucht eine Betriebsanleitung für die Anlage als
Ganzes.
• Eine Konformitätserklärung ausstellen (Inhalt siehe
MRL Anhang II).
• Gewährleisten, dass die technischen Unterlagen
gemäss MRL Anhang VII während der vernünftigerweise
vorhersehbaren Gebrauchsdauer, mindestens jedoch
während 10 Jahren, verfügbar sind.
• Die Mitarbeitenden instruieren / ausbilden (Art. 6 VUV).

Maschinen und Anlagen, die vor dem 1.1.1997 beschafft


wurden, müssen mindestens die Anforderungen der
Artikel 25 - 32 und 34 Absatz 4 der Verordnung über die
Unfallverhütung erfüllen. Diese Anforderungen sind in der
EKAS-Richtlinie 6512 konkretisiert.

Weitere Informationen
• Informationsschrift «Arbeitsmittel. Sicherheit beginnt
beim Kauf», www.suva.ch/66084.d
• Abnahmecheckliste für Arbeitsmittel,
www.suva.ch/66084/2
• «Risiken beurteilen und mindern - Methode Suva für
Maschinen», www.suva.ch/66037.d
• Maschinenrichtlinie 2006  / 42 / EG sowie der dazu
gehörende Leitfaden für die Anwendung
• EKAS-Richtlinie «Arbeitsmittel», www.suva.ch/6512.d
• Informationsschrift «Gesamtheit von Maschinen –
Das Wichtigste in Kürze», www.suva.ch/CE17-1.d
• Informationsschrift «Vorgehen zum Erreichen der
CE-Konformität von Maschinen, unvollständigen
Maschinen und persönlichen Schutzausrüstungen
gegen Absturz», www.suva.ch\CE08-18.d

9 Sichere Kläranlagen
3.3 Maschinensicherheit Revisionsschalter (Wartungsschalter)

3.3.1 Sicherheitsabstände
Technische Einrichtungen und deren Schnittstellen VUV Art. 30 Abs. 1 hält fest:
dazwischen müssen so abgeschirmt, verkleidet oder um‑ «Arbeitsmittel und wenn nötig auch ihre Funktions‑
wehrt sein, dass niemand in die Gefahrenstellen von einheiten müssen mit Einrichtungen ausgerüstet sein,
bewegten Teilen greifen oder treten kann (Bild 1). Dabei mit denen sie von jeder Energiequelle abgetrennt
sind die jeweiligen Sicherheitsabstände nach SN EN ISO oder abgeschaltet werden können. Dabei müssen
13854 und SN EN ISO 13857 einzuhalten. Die techni‑ allenfalls noch vorhandene gefährliche Energien
schen Einrichtungen erfüllen ihre Schutzfunktion nur, abgebaut werden können. Die Einrichtungen müssen
wenn sie richtig bemessen sind und nur mit Werkzeug ent‑ sich gegen Wiedereinschalten sichern lassen, wenn
fernt werden können. sich daraus eine Gefährdung für Arbeitnehmer ergibt.»

Bleibt eine Restgefährdung bestehen, die sich mit


technischen Massnahmen nicht beseitigen lässt, muss Korrekte Sicherheitsabschaltungen sind für die Gewähr‑
eine Not-Halt-Einrichtung installiert werden. leistung der Sicherheit von entscheidender Bedeutung.
Am meisten Unfälle ereignen sich im Sonderbetrieb. Sie
Der Betreiber (Arbeitgeber) muss die Mitarbeitenden sind oft die Folge ungewollter, unerwarteter Bewegungen
über die Restgefährdungen informieren und sie zu den von Anlageteilen.
erforderlichen Schutzmassnahmen anleiten.
Mit dem Revisionsschalter können sich die Mitarbeitenden
Weitere Informationen für Instandhaltungs-, Revisions-, Reparatur- und ähnliche
• Broschüre «Sicherheitsabstände helfen Unfälle Arbeiten vor dem Eingreifen in die Anlage wirksam
vermeiden», www.suva.ch/66137.d schützen. Der Revisionsschalter unterbricht und trennt
die Energiezufuhr zu den Gefahr bringenden Aktoren und
3.3.2  Schalteinrichtungen in Maschinensteuerungen baut gespeicherte Energie ab.
Die Verantwortung für die Sicherheit von Maschinen trägt
grundsätzlich der Inverkehrbringer. Er muss die geltenden
gesetzlichen Vorschriften (europäische Richtlinien) be‑
achten und die Risiken beurteilen. Darauf gestützt wählt
er Lösungen, die dem Stand der europäischen Normen
entsprechen.
Andererseits muss auch der Betreiber in der Lage sein,
offensichtliche Mängel an seinen Maschinen zu erkennen
und zu beurteilen.

1 Die technische Einrichtung weist keine Gefährdungen mehr auf.


Alle bewegten Teile sind verkleidet.

Sichere Kläranlagen 10
Anforderungen an den Revisionsschalter Für den elektrischen Wartungsschalter stehen zwei
• Alle in einem System vorhandenen gefährlichen Energien verschiedene Ausführungsmöglichkeiten zur Verfügung:
(elektrische, pneumatische, hydraulische, gespeicherte
Energien) müssen mit einem einzigen Revisionsschalter Direkte Abschaltung
unwirksam gemacht werden. Die Abschaltung der elektrischen Energiezufuhr kann mit
• Die Anlage soll nach Möglichkeit vom Bedienungsort einem direkt allpolig wirkenden Revisionsschalter erfolgen.
des Revisionsschalters aus gut überblickbar sein.
• Der Revisionsschalter muss zwangsöffnende Kontakte Wenn der Bemessungsstrom nicht höher als 16 A ist, ist
aufweisen, wenn er die elektrische Energie unterbricht. anstelle eines Revisionsschalters auch eine Steckverbin‑
• Der Revisionsschalter muss so gestaltet sein, dass der dung möglich. Das Wiedereinstecken wird verhindert
Schaltzustand klar ersichtlich ist. Dies wird in der Regel durch abschliessbare Vorrichtungen.
dadurch erreicht, dass er zwei Schalterstellungen auf‑
weist: 0 (Aus) und I (Ein).
• Der Revisionsschalter muss so angeordnet sein, dass
ein schnelles und bequemes Betätigen möglich ist.
• Der Revisionsschalter muss leicht als solcher erkennbar
sein. Dies kann z. B. durch die Beschriftung «Revisions‑
schalter» und eine deutliche Bezeichnung (oder grafische
Darstellung) des von ihm ausgeschalteten Bereichs der
Anlage erreicht werden.
• Ein ungewolltes oder unbefugtes Wiedereinschalten der
Anlage muss verhindert werden. Es sind Schalter zu
verwenden, die sich in der Nullstellung (nicht aber in der
Einschaltstellung) mit individuellen Vorhängeschlössern 2 Revisionsschalter mit direkter 3 Revisionsschalter mit indirekter
Abschaltung. Abschaltung.
abschliessen lassen. Die Mitarbeitenden müssen
geeignete Vorhängeschlösser zur Verfügung haben.
• Hat der Sicherheitsschalter zusätzlich die Funktion eines Indirekte Abschaltung
Not-Halt-Schalters, ist der Griff rot und die Unterlage Die Abschaltung der Energiezufuhr kann auch indirekt
des Griffes gelb zu gestalten. (mittelbar) über ein Sicherheitsschütz erfolgen. Dabei
muss das Öffnen der Kontakte am Bedienungsort der
Die elektrischen Schalter müssen die Anforderungen der Schalteinrichtung erkennbar sein, z. B. mittels einer beim
SN EN 60204-1 «Elektrische Ausrüstung von Maschinen» Revisionsschalter angeordneten weissen Anzeigelampe.
und SN EN 62626-1 «Gekapselte Niederspannungsgeräte»
erfüllen. Detaillierte Information: Dokument CE93-9
«Der Revisionsschalter» / Factsheet «Schalteinrichtungen
in Maschinensteuerungen: Revisionsschalter» unter
www.suva.ch/33066/03.d.

11 Sichere Kläranlagen
Not-Halt-Geräte
Die Not-Halt-Funktion wendet aufkommende Gefährdungen
ab oder mindert bereits bestehende Gefährdungen.
Dies geschieht, indem sie gefährdende Bewegungen und
andere gefährdende Funktionen so schnell wie möglich
stillsetzt, ohne zusätzliche Gefährdungen zu erzeugen.
Weil es eine ergänzende Schutzmassnahme ist, kann sie
andere Schutzeinrichtungen (Schutzverdecke, Lichtgitter,
Revisionsschalter usw.) nicht ersetzen.

Stellteile für die Not-Halt-Funktion müssen schnell zu‑


gänglich sein. Sie sind wie folgt zu platzieren:
• in unmittelbarer Nähe jedes Arbeitsplatzes
• auf jedem Bedienpanel
• bei jeder Tippsteuerung 4 Not-Halt-Gerät (Drucktaster)

Das Not-Halt-Stellteil muss rot sein, der unmittelbare


Hintergrund um das Stellteil gelb.

Der Gebrauch von Not-Halt-Geräten mit Schutzkragen


(gegen unbeabsichtigtes Betätigen) sollte vermieden
werden.

Das Stellteil der Not-Halt-Funktion muss bei jedem


Betätigen einrasten. Das Gerät muss manuell entriegelt
werden. Es darf nicht zum Wiederanlauf der Maschine
führen, sondern den Wiederanlauf nur freigeben.

Detaillierte Information bietet das Factsheet


«Not-Halt-Geräte» unter www.suva.ch/33066/04.d.
5 Not-Halt-Gerät (Seilzugschalter)

Sichere Kläranlagen 12
Positionsschalter
Ein Positionsschalter setzt die Maschine still, wenn die
dazu gehörige trennende Schutzeinrichtung nicht
geschlossen ist. Die Positionsschalter werden auch
Endschalter oder Überwachungsschalter genannt.

Beim Öffnen des Schutzverdecks wird ein Stromkreis


unterbrochen und die Gefahr bringende Bewegung
dadurch gestoppt. Abhängig vom Risiko muss die Stellung
der Schutzeinrichtung mit 1 oder 2 Positionsschaltern
erfasst werden. Wenn nur ein einzelner Positionsschalter
notwendig ist, muss dieser zwangsläufig betätigt werden
und zwangsöffnende Kontakte aufweisen.

Der Positionsschalter muss so eingebaut sein, dass ein 6 Überwachungsschalter.


Manipulieren („Überbrücken“) verhindert wird.

Detaillierte Information bietet das Factsheet «Positions‑


schalter» unter www.suva.ch/33066/10.d.

Betriebsartenwahlschalter
Ist eine Anlage so konstruiert und gebaut, dass mehrere
Betriebsarten mit unterschiedlichen Schutzmassnahmen
möglich sind, so muss sie mit einem in jeder Stellung
abschliessbaren Betriebsartenwahlschalter ausgestattet
sein. Jede Stellung des Wahlschalters muss deutlich
erkennbar sein und darf nur einer Betriebsart entsprechen.

Beim Umschalten von einer Betriebsart auf eine andere


müssen alle vorher gespeicherten Befehle für gefährliche
Funktionen gelöscht werden.

Detaillierte Information bietet das Factsheet «Betriebs‑


artenwahlschalter» unter www.suva.ch/33066/15.d.
7 Betriebsartenwahlschalter.

13 Sichere Kläranlagen
Tippsteuerung 3.3.3  Schutz vor elektrischem Strom
Die Tippsteuerung bewirkt, dass ein Schaltbefehl nur so Viele Elektrounfälle werden durch Isolationsschäden
lange ansteht, wie der Tipp-Taster betätigt wird. Dadurch verursacht. Solche Schäden entstehen am häufigsten an
wird ein grosser Teil der Verantwortung auf die Bedien‑ transportablen Geräten sowie anderen Anschlusskabeln
person übertragen. Sie muss sich vergewissern, dass und Anschlusssteckern. Die Schäden werden verursacht
sich keine Personen in der Gefahrenzone befinden, bevor durch Feuchtigkeit, Nässe, Korrosion, Verschmutzung
sie die Bewegung in Gang setzt. Die Bewegung ist un‑ und mechanische Beschädigung.
verzüglich anzuhalten, sobald jemand die Gefahrenzone
betritt. Damit bei einem Fehler in der Tippsteuerung die Eine besondere Gefährdung besteht an diesen Orten:
gefährliche Bewegung stillgesetzt werden kann, muss • In feuchten Räumen (relative Luftfeuchtigkeit ca. 75 – 90%)
jede Tippsteuerung mit einer Not-Halt-Funktion ausge‑ • In nassen Räumen (relative Luftfeuchtigkeit > 90%)
rüstet sein. Dies kann ein Not-Halt-Gerät oder ein Revisi‑ • In korrosionsgefährdeten Räumen
onsschalter mit Not-Halt-Funktion sein. • In Räumen mit Bade- und Duscheinrichtungen
• In engen Räumen aus gut leitenden Werkstoffen,
Detaillierte Information bietet das Factsheet «Schalt‑ • In Metallbehältern, Tanks, Silos usw.
einrichtungen in Maschinensteuerungen. Tippsteuerung» • In Labors oder Versuchsräumen
unter www.suva.ch/33066/06.d. • Auf Baustellen
• Bei der Benutzung von transportablen elektrischen
Geräten im Freien (z. B. Rasenmäher, Handwerkzeuge)

Fehlerstromschutzschaltung (RCD / FI)
An Arbeitsplätzen mit besonderer Gefährdung durch
elektrischen Strom muss auf Grund von Feuchte und Nässe
für Steckdosen bis und mit 32 A Nennstromstärke die
Fehlerstromschutzschaltung – mit maximaler Nennauslö‑
sestromstärke von 30 mA – verwendet werden. Seit dem
1. Januar 2010 müssen bei Neuinstallationen sämtliche
freizugänglichen Steckdosen mit einem RCD geschützt
sein.

Detaillierte Informationen bietet die Niederspannungs-


Installations-Norm (NIN 2015) oder das Bulletin 9 / 2010
des ESTI.
8 Tippsteuerung mit Not-Halt-Taster

Sichere Kläranlagen 14
4 Anforderungen an bauliche
und andere Einrichtungen

Bauliche und andere Einrichtungen müssen so


gestaltet sein, dass sie keine Gefahr darstellen.
4.1  Sichere Verkehrswege und Zugänge 4.1.1  Gitterroste und Abdeckungen
Aussparungen am Boden mit einer Öffnung grösser als
20 mm sind mit einer mindestens 100 mm hohen Fussleiste
Art. 19 VUV: (Bordleiste) zu sichern. Aussparungen grösser als
«¹Verkehrswege, wie Werkstrassen, Rampenauffahr‑ 180 mm müssen mit einer unverrückbaren, trittfesten
ten, Gleise, Ein- und Ausgänge sowie Treppen, Abdeckung oder einem Geländer gesichert werden.
müssen im Innern von Gebäuden sowie auf dem • Roste und Abdeckungen müssen aus beständigen und
Betriebsgelände nach Zahl, Lage, Abmessungen und rutschfesten Materialien, z. B. Stahl oder Kunststoff,
Beschaffenheit so gestaltet und wenn nötig bezeich‑ gefertigt sein. Es dürfen keine Holzbohlen oder Schal‑
net sein, dass sie gefahrlos benützt werden können. tafeln verwendet werden (Bild 9 bis Bild 12).
²Gebäude- und Anlageteile, die nicht ebenerdig lie‑ • Die einzelnen Elemente sind so zu befestigen, dass sie
gen, müssen über Treppen oder Rampenauffahrten flach aufliegen und sich nicht unbeabsichtigt verschie‑
zugänglich sein. Für wenig begangene Gebäude- ben lassen (Bild 10).
oder Anlageteile oder bei geringen Höhenunter‑ • Muss ein Element, z. B. zu Reinigungszwecken, entfernt
schieden sind ortsfeste Leitern zulässig.» oder aufgeschwenkt werden, muss sichergestellt sein,
dass es nicht versehentlich abstürzen kann (Bild 11).
Jedes Element muss für sich alleine tragend aufliegen,
beim Entfernen benachbarter Elemente muss die Trag‑
Art. 27 VUV: fähigkeit gewährleistet bleiben.
«Arbeitsmittel müssen für den Normalbetrieb, den • Wird ein Gitterrost mit Fahrzeugen befahren, muss die
Sonderbetrieb (Art. 43) und die Instandhaltung höchstzulässige Belastung gut lesbar und in dauerhafter
gefahrlos zugänglich sein, oder es müssen die not‑ Schrift angegeben sein.
wendigen Schutzmassnahmen getroffen werden.
Dabei sind die Anforderungen an den Gesundheits‑ Weitere Informationen
schutz nach der Verordnung 3 vom 18. August 199344 • Checkliste «Verkehrswege für Personen»,
zum Arbeitsgesetz (ArGV 3), namentlich bezüglich www.suva.ch/67001.d
Ergonomie, zu erfüllen..» • Checkliste «Bodenöffnungen», www.suva.ch/67008.d
• Checkliste «Wandöffnungen», www.suva.ch/67082.d

Ungesicherte Absturzstellen mit einer Höhe von über


500 mm wie z. B. Absturzstellen an Klärbecken, offene
Gruben und Kanäle, Podeste und Laufstege oder Boden‑
öffnungen mit über 180 mm Breite sind mit fest ange‑
brachten Geländern, entsprechend hochgezogenen
Umfassungsmauern oder mit einer unverrückbaren, tritt‑
festen Abdeckung zu sichern.

15 Sichere Kläranlagen
9 Mit Gitterrosten abgedeckte Verbindungskanäle. Der Verkehrsweg ist 10 Jedes Element des Gitterrostes ist so befestigt, dass es sich nicht
frei. unbeabsichtigt verschieben lässt.

11 Seitliche Führung des Rostes. Sie verhindert, dass die Roste beim 12 Roste und Abdeckungen müssen aus beständigen Materialien, z.  B.
Verschieben in die Tiefe stürzen. Stahl oder Kunststoff, gefertigt sein.

Sichere Kläranlagen 16
4.1.2  Geländer und Umfassungsmauern
Bei der Planung von Geländern und hochgezogenen
Umfassungsmauern sind folgende Punkte zu beachten:
• Das Geländer bzw. die Umfassungsmauer muss eine
Mindesthöhe von 1100 mm aufweisen.
• Der Freiraum zwischen Handlauf und Knieleiste bzw. 
Knie- und Fussleiste darf 500 mm nicht überschreiten.
• Fussleisten sind – unabhängig von der Geländer‑
gestaltung – über allen Arbeitsplätzen und Verkehrs‑
wegen erforderlich und müssen mindestens 10 cm hoch
sein. Fehlen die Fussleisten, darf die Entfernung 14 Geländer entlang der Sturzkan‑ 15 Durch Absenken des Terrains
ten zur Sicherung offener Kanäle. übernimmt die vorhandene
zwischen Boden und unterer Knieleiste nicht mehr als
Beckenmauer die Funktion der
30 cm betragen (Bild 13). 110 cm hohen Absturzsicherung.
• Der Abstand zwischen den Pfosten ist vorzugsweise
auf 1500 mm begrenzt.
• Bei Unterbrechung des Handlaufs darf der Freiraum
zwischen zwei Geländersegmenten nicht kleiner als
5 cm und nicht grösser als 12 cm sein.
• Bei Leiterzugängen sind unterbrochene Geländer mit
selbstschliessenden Türen zu verbinden.
• Gespannte Ketten und Seile dürfen nur dort angebracht
werden, wo keine direkte Absturzgefahr besteht.

Auch im Sonderbetrieb muss verhindert werden, dass


Personen in Bodenöffnungen abstürzen. Deshalb:
Schächte und dergleichen in geöffnetem Zustand immer
mit mobilen Abschrankungen umwehren (Bild 18).

Weitere Informationen
• Merkblatt «Geländer», www.suva.ch/44006.d 16 Beckenmauer, auf die Höhe von mind. 110 cm über Terrain hochgezogen.

13 Masse für Geländer. Fussleisten sind, unabhängig von der Geländer‑ 17 Die Wechsel-Lade-Kippmulde 18 Mobile Abschrankungen zum
gestaltung, über Arbeitsplätzen und Verkehrswegen unbedingt erforderlich. (WELAKI) ist beidseitig bequem Sichern von Bodenöffnungen sind
Fehlen Fussleisten, darf die Entfernung zwischen Boden und unterer und gefahrlos zugänglich. Das immer vor dem Öffnen aufzustellen.
Knieleiste nicht mehr als 30 cm betragen. Ein- und Aushängen der Trossen
1) Pfosten, 2) Handlauf, 3) Knieleiste, 4) Fussleiste wird damit erleichtert.

17 Sichere Kläranlagen
4.1.3 Böden Stolperunfälle haben zum Teil schlimme Folgen. Eine
Verkehrswege müssen so gestaltet sein, dass das Stolpern sorgfältige Planung der Anlage, unter Berücksichtigung
und Ausrutschen möglichst verhindert wird. der vorgenannten Ursachen, kann wesentlich dazu
beitragen, die in der Praxis häufig vorkommenden Stolper‑
Ursachen für das Stolpern können sein: unfälle zu vermeiden.
• Unebenheiten im Bodenbelag
(Türschwellen, Abdeckungen usw.) Weitere Informationen
• hervorstehende Teile (Türstopp, Scharniere, Schieber‑ • Checkliste «Böden», www.suva.ch/67012.d
griffe, Anschlussstutzen usw.)
• kleine Öffnungen im Bodenbelag oder in Abdeckungen
• Nässe, Schnee oder Eis
• herumliegende Gegenstände wie Werkzeuge, Ersatz‑
teile, Schläuche, Kabel
• verstellte Verkehrswege, schlechte Lichtverhältnisse

19 und 20 Die nicht benutzte Aussparung im Gitterrost lässt sich mit 21 Versenkte Scharniere in Gehbereichen.
einer Klappe schliessen.

22 Eine gute Beleuchtung trägt dazu bei, dass notwendige Arbeiten, z. B. 23 Die Windsicherung dieser Türe bildet keine Stolperstelle, da sie an der
bei Störfällen, auch während der Nacht sicher ausgeführt werden können. Wand angeordnet ist.

Sichere Kläranlagen 18
4.1.4 Treppen Weitere Informationen
Das Risiko von Treppenstürzen lässt sich verhindern oder • Checkliste «Verkehrswege für Personen»,
zumindest reduzieren, wenn folgende Regeln eingehalten www.suva.ch/67001.d
werden:
• Treppen in einem Gebäude sollten alle dasselbe Stei‑
gungsverhältnis aufweisen. Eine Treppe gilt als bequem
begehbar, wenn bei einer Stufenhöhe von 17 cm die
Auftrittstiefe 29 cm beträgt.
• Nach Möglichkeit die Treppe geradlinig führen. Bei
Richtungsänderungen Zwischenpodeste vorsehen.
• Der Treppenbelag muss rutschhemmend sein, insbe‑
sondere im Freien und in nassen Zonen.
• Die seitlichen Sturzstellen der Treppe müssen mit einem
Geländer gesichert sein. Umwandete Treppen müssen
mit mindestens einem Handlauf versehen sein. Ab einer
Treppenbreite von 150 cm sind 2 Handläufe anzubringen.

24 Abmessungen bei Treppen

19 Sichere Kläranlagen
4.1.5  Ortsfeste Leitern
Ortsfeste Leitern sind nur erlaubt, wenn sie selten be‑
gangen werden müssen (ca. einmal monatlich). Wenn sie
häufigerer benutzt werden, dürfen diese nur eine geringe
Höhe aufweisen (höchstens 2 m). Ortsfeste Leitern dürfen
nur dort eingesetzt werden, wo kein Transport von sperri‑
gem und schwerem Material stattfindet.

Bei der Planung ortsfester Leitern ist Folgendes zu


berücksichtigen:
• Schachtleitern müssen in der Regel der Norm SN EN 25 und 26 Leiteraufstieg mit Rückenschutz und Zwischenpodest. Der
Leiterausstieg ist mit einer selbstschliessenden Geländertüre, die Dach‑
14396 entsprechen, Steigleitern zu maschinellen Anlagen
kante mit einem Geländer gesichert.
der Norm SN EN ISO 14122-4.
• Bei der Wahl der Leiter und ihrer Befestigungselemente
sind den Faktoren Korrosion, Alterung, elektrolytische
Ströme, Kontrollierbarkeit sowie einwirkende Medien
Rechnung zu tragen. In Abwasser- und Klärschlamm‑
bereichen sind Aluminium-Leitern, auch beschichtete,
in der Regel nicht beständig.
• Alle Elemente der Leiter, z. B. Sprossen, Holme, Ein-
und Ausstiege, sind so zu bemessen, dass die Leiter
ohne Gefährdung begangen werden kann. Ortsfeste
Leitern sind mit Ausstiegshilfen zu versehen (Bild 27).
• Leiterzugänge mit unterbrochenem Geländer sind mit
selbstschliessenden Türen zu verbinden (Bild 26).
• Leitern, die Höhenunterschiede von mehr als 3 m über‑
brücken, sind ab einer Höhe von 2 m mit einem
Rückenschutz zu versehen. In Abständen von mindes‑
tens 10 m sind Zwischenpodeste anzubringen (Bild 25).
• Anstelle eines Rückenschutzes ist bei geradlinigen
Leiteraufstiegen von mehr als 10 m Höhe die Benutzung 27 Einstieg in einen Schacht mit Hilfe einer Haltevorrichtung
(Höhe mindestens 1 m).
eines Steigschutzes zulässig.
• Bei der Wahl der Absturzsicherung ist darauf zu achten,
dass eine verletzte Person in nützlicher Frist gerettet
werden kann.

Ortsfeste Leitern gelten nicht als Arbeitsplatz. Müssen


regelmässig Arbeiten in der Höhe ausgeführt werden,
sind bequem erreichbare und gegen Absturz gesicherte
Arbeitspodeste vorzusehen.

Weitere Informationen
• Factsheet «Ortsfeste Leitern», www.suva.ch/33045.d
• Checkliste «Ortsfeste Leitern», www.suva.ch/67055.d

Sichere Kläranlagen 20
4.1.6  Temporärer Zugang zu Bedienelementen und Technische Anlagen
hoch gelegenen Anlagenteilen Bei der Instandhaltung von technischen Anlagen auf
Für die Bedienung sowie regelmässige Instandhaltungs‑ Flachdächern ist Folgendes zu berücksichtigen:
arbeiten in der Höhe müssen ortsfeste Arbeitsbühnen mit • Bei sämtlichen Arbeiten auf Dächern sind ab einer
Geländer und Zugangstreppen vorhanden sein. Bei Absturzhöhe von 3 m Massnahmen gegen Absturz zu
seltenem Gebrauch oder wenn keine ortsfesten Arbeits‑ treffen.
bühnen möglich sind, können mobile Arbeitsbühnen oder • Sichere Zugänge und Arbeitsplätze an den technischen
Rollgerüste eingesetzt werden. Anlagen müssen gewährleistet werden.
• Es wird empfohlen, beim Zugang zum Dach einen
Achtung: Hubarbeitsbühnen dürfen nur von dafür ausge‑ Anlageplan anzubringen, aus dem dauerhaft und klar
bildeten Personen bedient werden. ersichtlich ist, wie die Absturzsicherung auf dem
• Checkliste «Hubarbeitsbühnen Teil 1: Planung des Ein‑ Dach gewährleistet wird. Dieser Plan ist Bestandteil der
satzes. Gefahrenermittlung und Massnahmenplanung», Dokumentation zur Anlage.
www.suva.ch/67064/1.d • Personen, die mit Anseilschutz arbeiten, müssen
• Checkliste «Hubarbeitsbühnen Teil 2: Kontrolle am Ein‑ nachweislich mindestens 1 Tag im Verwenden der
satzort. Gefahrenermittlung und Massnahmenplanung», Persönlichen Schutzausrüstung gegen Absturz (PSAgA)
www.suva.ch/67064/2.d ausgebildet sein.
• Bei Dächern mit umlaufenden, normenkonformen
Tragbare Leitern dürfen nur verwendet werden, wenn es Geländern müssen vorzugsweise Zugänge über Treppen,
keine sicherere Möglichkeit gibt, die Arbeit auszuführen. Ausstiegsluken, Leitern mit Rückenschutzkorb oder
Es dürfen darauf nur Arbeiten ausgeführt werden, die eine Steigschutzeinrichtung (SN EN 353-1/2) erstellt werden.
geringe Kraftanstrengung erfordern.
• Merkblatt «Tragbare Leitern. Richtig umgehen mit Oblichter aus Kunststoff dürfen nur als «durchbruchsi‑
Anstell- und Bockleitern», www.suva.ch.44026.d cher» bezeichnet werden, wenn sie durch einen Kollektiv‑
• Checkliste «Tragbare Leitern. Gefahrenermittlung und schutz gesichert sind (Gittereinlage, Auffangnetz usw. ).
Massnahmenplanung», www.suva.ch/67028.d Zurzeit kann kein Hersteller für die Durchbruchsicherheit
seines Kunststoffs Langzeitgarantien abgeben. Entspre‑
4.1.7  Mindestausstattung von Flachdächern mit chend gelten für Lichtbänder und Lichtkuppeln aus
Einrichtungen zum Schutz gegen Absturz Kunststoff folgende Grundsätze:
Flachdächer in Kläranlagen werden immer öfters auch für • Sie müssen mit einem baulichen Kollektivschutz
die Installation von technischen Anlagen (z. B. Klimageräte, gesichert werden, z. B. mit einem Geländer oder einem
Photovoltaikanlagen, Solaranlagen) genutzt oder intensiv innen- oder aussenliegenden Gitter (Bild 28).
begrünt. Dies führt dazu, dass diese Dächer auch vermehrt • Für den Unterhalt der Oblichter ohne inneren Kollektiv‑
begangen werden müssen und höhere Anforderungen für schutz in geöffnetem Zustand sind bei einer Absturz‑
Zugänge, Verkehrswege und Arbeitsplätze von Dritten höhe von mehr als 3,0 m Anschlageinrichtungen
erfüllen müssen. Kollektive Schutzeinrichtungen (z. B. (Ankerpunkte) für den Anseilschutz anzubringen,
Geländer, Brüstungen, Gitter) haben dabei grundsätzlich mind. gem. SN EN 795.
Vorrang gegenüber dem Anseilschutz. • Werden die Oblichter montiert, saniert oder ausge‑
wechselt und muss hierfür die vorhandene Kollektiv‑
schutzeinrichtung mit entfernt werden, sind die
Öffnungen für die Zeit dieser Arbeiten lokal vollflächig
zu sichern (z. B. mit einem Auffangnetz oder Fanggerüst).

21 Sichere Kläranlagen
Weitere Informationen
• Merkblatt «Arbeiten auf Dächern. So bleiben Sie sicher
oben», www.suva.ch/44066.d
• Informationsschrift «Anschlageinrichtungen auf
Dächern wollen geplant sein», www.suva.ch/44096.d
• Informationsschrift «Sicher zu Energie vom Dach.
Montage und Instandhaltung von Solaranlagen»,
www.suva.ch/44095.d
• Factsheet «Durchbruchsichere und beschränkt durch‑
bruchsichere Dachflächen», www.suva.ch/33027.d
• Checkliste «Kleinarbeiten auf Dächern.
Gefahrenermittlung und Massnahmenplanung»,
www.suva.ch\67018.d
28 Ein Fachwerk verhindert das Durchbrechen der nicht tragfähigen
Oberlichtkonstruktion.
4.1.8 Fluchtwege
Es ist damit zu rechnen, dass jeder beliebige Ort einer
Kläranlagen fluchtartig verlassen werden muss, z. B.
infolge Brand, Explosion, Wassereinbruch usw.

Deshalb müssen sämtliche Fluchtwege die Bestimmun‑


gen von Verordnung 4 des Arbeitsgesetzes erfüllen. Im
Wesentlichen ist Folgendes zu beachten:
• Notausgänge und Fluchtwege sind gut sichtbar zu be‑
zeichnen (grün-weiss leuchtende Symbole, Bild 29 ).
• Notausgänge müssen sich in Fluchtrichtung öffnen
lassen und jederzeit benutzt werden können (Paniken‑
triegelung).
• Die Beleuchtung muss auch bei Stromausfall gewähr‑
leistet sein (Notbeleuchtung, die bei Stromausfall
automatisch wirksam wird). 29 Richtig bezeichneter Fluchtweg.
• Fluchtwege sind stets freizuhalten.

Weitere Informationen
• Checkliste «Fluchtwege. Gefahrenermittlung und
Massnahmenplanung», www.suva.ch/67157.d

Sichere Kläranlagen 22
4.2  Sicherer Umgang mit flexiblen
Grossverpackungen (Big Bag)

In Kläranlagen hat der Einsatz flexibler Grosspackmittel


(FIBC), sogenannte Big Bags, in den letzten Jahren
stark zugenommen. Immer öfter werden beispielsweise
Flockungshilfsmittel pulverförmig in Grosspackmittel
angeliefert und vor Ort aufbereitet. Die damit verbundenen
Gefahren und notwendigen Sicherheitsmassnahmen sind
jedoch nicht überall bekannt. Folgende Punkte sind zu
beachten:
• Die notwendigen Hilfsmittel für das Handling der Big
Bags müssen zur Verfügung stehen (z. B. Kran, Stapler
usw.)
• Big Bags müssen während des Entleerens mechanisch
abgestützt werden. Sie dürfen nicht über eine längere
Zeit an den Laschen mit einem Kran aufgehängt sein
(Bild 30).
Beim Umschlag brennbarer Schüttgüter müssen die
erforderlichen Erdungsmassnahmen getroffen werden,
um elektrostatische Entladungen zu verhindern.
• Der Zugang zum Wechseln des Big Bags muss sicher
sein.
• Der Zugang zu automatisch arbeitenden Austragssys‑
temen ist abzusichern. Diese müssen mit einem Revisi‑
onsschalter ausgerüstet sein.
• Bei Staubentwicklung ist ein wirksames Absaugsystem 30 Entleerstation mit mechanischer Abstützung.
zu installieren.
• Auf die Tragpflicht der Persönlichen Schutzausrüstungen
(PSA) muss mit entsprechenden Hinweisschildern
aufmerksam gemacht werden (z. B. Atemschutz,
Schutzbrille). Welche PSA im Umgang mit Stoffen
getragen werden muss, ist dem Sicherheitsdatenblatt
zu entnehmen.

Weitere Informationen
• Checkliste «Big Bags – Flexible Grosspackmittel (FIBC)»,
www.suva.ch/67128.d
• Checkliste «Anschlagmittel», www.suva.ch/67017.d
• Checkliste «Lastaufnahmemittel»,
www.suva.ch/67198.d
• Checkliste «Krane in Industrie und Gewerbe»,
www.suva.ch/67159.d

23 Sichere Kläranlagen
4.3  Schutz vor Ertrinken

Trotz baulicher Massnahmen, die verhindern sollen, dass


Personen hineinstürzen, ist damit zu rechnen, dass
jemand in ein Becken stürzen kann. An exponierten Stellen
muss daher geeignetes Rettungsmaterial bereitstehen.
Insbesondere empfiehlt es sich, unmittelbar bei Becken
mit bewegtem Wasser – wie beim Sandfang- und beim
Belüftungsbecken – Rettungsringe (nach SN EN 14144)
und Rettungsstangen zu platzieren. Sie müssen so ange‑
bracht werden, dass sie schnell greifbar sind.

Notausstiege: Jeder in sich geschlossene Beckenteil


muss mit einem fest eingebauten Notausstieg ausgerüstet 31 Rettungsring mit Wurfleine
sein. Dieser muss mindestens 1 m unter den niedrigsten
Betriebswasserstand hinabreichen.

Festhaltevorrichtung: In Becken mit rotierenden Wass‑


erwalzen und Wassertiefen von mehr als 1,35 m muss auf
den Seiten mit Abwärtsströmung auf der ganzen Länge
eine geeignete Festhaltvorrichtung zur Selbstrettung vor‑
handen sein.

Arbeiten an Becken ausserhalb der gesicherten


Bereiche
Das Ertrinken in gefüllten Becken muss auch dann ver‑
hindert werden, wenn Arbeiten ausnahmsweise ausser‑
halb der gesicherten Bereiche ausgeführt werden. Bei
Arbeiten auf oder unmittelbar an der Wasseroberfläche 32 Rettungsstange, vorzugsweise unsinkbar, mit 3/4-Haken
sind zwingend Rettungswesten zu tragen (Bild 33).

Die Alleinarbeit bei Arbeiten mit Schwimmweste ist nicht


erlaubt.

Weitere Informationen
• Checkliste «Bauarbeiten am, im oder über Wasser.
Gefahrenermittlung und Massnahmenplanung»,
www.suva.ch/67153.d

33 Sicherung durch Rettungswesten bei Arbeiten ausserhalb der Geländer


und bei gefüllten Becken.

Sichere Kläranlagen 24
5 Sicherer Betrieb der
Kläranlage

Der Arbeitgeber ist für die Arbeitssicherheit und


den Gesundheitsschutz in seinem Betrieb verant-
wortlich. Er ist verpflichtet, die nötigen Massnah-
men zur Verhütung von Berufsunfällen und Berufs-
krankheiten zu treffen.

5.1 Alleinarbeit Andere Arbeiten wie Rundgänge oder Arbeiten im


Sonderbetrieb mit geringer Gefährdung:
Wird eine gefährliche Arbeit von einem Arbeitnehmer Für diese Arbeiten werden heute z. B. Personen-Notsignal-
allein ausgeführt, so muss ihn der Arbeitgeber mit den Anlagen eingesetzt, die direkt im Hörer eines mobilen
notwendigen Schutzmassnahmen überwachen lassen. Telefons, im Funkgerät oder im Handy integriert sind. Sie
Damit wird gewährleistet, dass die allein arbeitende lösen automatisch Alarm aus, wenn sich der Träger eine
Person nach einem Unfall oder in einer kritischen Situation gewisse Zeit nicht mehr bewegt (Bild 34).
rechtzeitig Hilfe bekommt.
Die notwendigen Schutzmassnahmen werden aus der
Wahrscheinlichkeit eines Unfalles in Zusammenhang mit
dem Schadenausmass ermittelt. Die Art der Überwachung,
welche die jeweiligen Anforderungen erfüllt, kann
anschliessend aus der Beurteilungsmatrix entnommen
werden.

Alleinarbeit ist nicht zulässig, wenn die Arbeit zu


einer Verletzung führen kann, welche die sofortige
Hilfe einer zweiten Person nötig macht.

Auf Kläranlagen trifft dies insbesondere in folgenden


Fällen zu:
a) Arbeiten in Behältern, Silos, engen Räumen, Schächten, 34 Telefonhörer mit integrierter Personen-Notsignal-Anlage.
Eine geeignete Alarmorganisation muss aufgebaut sein.
Gruben und Kanälen: Eine ständige Überwachung
durch eine zweite Person ist vorgeschrieben.
b) Arbeiten an technischen Systemen im Sonderbetrieb, Weitere Informationen
z. B. Beheben von Störungen, Instandhaltungsarbeiten: • «Alleinarbeit kann gefährlich sein.»,
Solche Arbeiten dürfen nur in Sichtweite und Ruf‑ www.suva.ch/44094.d
verbindung zu anderen Personen ausgeführt werden. und Checkliste «Allein arbeitende Personen»
www.suva.ch/67023.d

25 Sichere Kläranlagen
5.2 Instandhaltung 5.2.1  Arbeiten an der laufenden Anlage
In Kläranlagen müssen erfahrungsgemäss regelmässig
Durch die systematisch geplante und durchgeführte Arbeiten bei laufender Anlage durchgeführt werden (Pro‑
Instandhaltung muss der sichere und funktional richtige beentnahmen, Reinigungsarbeiten, Bedienung von Hand‑
Zustand einer Anlage oder einer Maschine während der schiebern, Störungssuche oder –behebung, usw.). Diese
ganzen Einsatzdauer erhalten bleiben. Deshalb ist jeder Arbeiten sind bereits in der Planung der Anlage zu berück‑
Inverkehrbringer verpflichtet, seiner Lieferung alle not‑ sichtigen und dürfen nur vorgenommen werden, wenn:
wendigen Instandhaltungsanleitungen beizulegen. Falls • die regulären Schutzvorrichtungen (Geländer,
notwendig hat er in seinen Anweisungen auch die techni‑ Abdeckungen, usw.) montiert sind bzw. sich in deren
schen Hilfsmittel, die Spezialwerkzeuge oder die Persön‑ Schutzstellung befinden.
liche Schutzausrüstung (PSA), die an der Anlage benutzt (Beispiele: Probeentnahme mit geeigneten Hilfsmitteln
werden müssen, aufzuführen. oder Reinigungsarbeiten aus sicherem Standort).
• oder eine Sonderbetriebseinrichtung vorhanden ist bei
Trotz allen Vorbereitungsarbeiten kommt es bei Instand‑ demontierten Schutzvorrichtungen.
haltungsarbeiten immer wieder zu schweren oder gar
tödlichen Unfällen. Aus diesem Grund gelten bei allen Als Sonderbetriebseinrichtungen gelten beispielsweise
Arbeiten im Sonderbetrieb die acht lebenswichtigen Tipp-Steuerungen oder Dreistellungs-Zustimmtaster.
Regeln der Instandhaltung. Diese Regeln beinhalten unter Wichtige Bedingungen für den Einsatz von Sonderbe‑
anderem auch das konsequente Abschalten und Sichern triebseinrichtungen sind:
der Anlage vor jedem Eingriff. • Der Automatikbetrieb ist ausgeschaltet.
• Bei mehrachsigen Maschinen ist die Bewegung auf
Weitere Informationen eine Achse reduziert.
• «Instandhaltung planen und überwachen», • Energien bzw. Geschwindigkeiten sind reduziert.
www.suva.ch/66121.d • Benachbarte Gefahrenstellen sind abgeschirmt.
• «Instandhaltung von Maschinen und Anlagen.
Gefahrenermittlung und Massnahmenplanung», (Siehe Kp. 3.3.2 Schalteinrichtungen an Maschinen – Tippsteuerung)
www.suva.ch/67192.d
• «Acht lebenswichtige Regeln für die Instandhaltung»,
www.suva.ch/88813.d

35 Die Messsonden des Belüftungsbeckens können zum Beispiel mit


einer Kette zum Geländer am Beckenrand hochgezogen und so ohne
Gefährdung kontrolliert und gereinigt werden.

Sichere Kläranlagen 26
5.3  Arbeiten in und an leeren Becken oder in • Zur Beseitigung einer vorhandenen oder entstehenden
engen Räumen gefährlichen Atmosphäre muss ein geeigneter,
leistungsfähiger Ventilator zur Verfügung stehen
5.3.1  Arbeiten in und an leeren Becken (mobil oder fest installiert).
Das Abstürzen in leere Becken muss verhindert werden, • Während dem Aufenthalt sind geeignete Messgeräte
wenn Arbeiten ausnahmsweise ausserhalb der gesicherten bzw. Mehrstoffmessgeräte zur Bestimmung des Gehal‑
Bereiche ausgeführt werden. Bei leeren Becken ist je tes an Sauerstoff, brennbaren Gasen und Dämpfen,
nach Dauer der Arbeiten ein Seitenschutz oder ein Hilfs‑ Schwefelwasserstoff und Kohlenmonoxid zu tragen.
gerüst zu erstellen. Bei Arbeiten von geringem Umfang, • Den Mitarbeitern sind die folgenden Persönlichen
d. h. von weniger als 2 Personenmanntagen, darf mit Schutzausrüstungen (PSA) zur Verfügung zu stellen:
Anseilschutz gearbeitet werden. −− Isoliergeräte für die Selbstrettung während dem Auf‑
enthalt in Kanälen und zur ersten Versorgung von
5.3.2  Arbeiten in Pumpwerken, Regenbecken, Verunfallten mit einer Einsatzdauer von 15-30 Min.
Schächten und Kanälen −− Rettungsgurt oder Sicherheitskleid mit eingenähter
In Schächten, Gruben und Kanälen ist häufig eine gefähr‑ Nackenöse
liche Atmosphäre vorhanden. Dies führt zu Vergiftungs-, −− Geschlossene Arbeitskleidung, rutschfestes
Explosions- und Erstickungsgefahren für Personen, Schuhwerk, Handschuhe, Schutzhelm und –brille
welche diese Bereiche betreten oder sich darin aufhalten. −− Spritzwassergeschützte Hand- oder Helmlampe
• Die in Schächte, Gruben oder Kanäle eingestiegenen
Unter die Begriffe Schächte und Gruben fallen u. a. auch Personen müssen immer von aussen überwacht werden.
Pumpensümpfe, Brunnenschächte, verrohrte Bohrungen, Die überwachende Person leitet in kritischen Situationen
Sickerwasserschächte, Abwassersammler, Schieber‑ oder nach einem Unfall sofort Rettungsmassnahmen ein.
schächte, Regenbecken, Faulgruben, Abscheider und Bau‑
werke für die Klärschlammbehandlung. Unter den Begriff Weitere Informationen
Kanäle fallen u. a. auch Trink-, Brauch- und Abwasserka‑ • «Sicheres Einsteigen und Arbeiten in Schächten, Gruben
näle, Rauchgas- und Abluftanlagen und Rohrleitungen. und Kanälen», www.suva.ch/44062.d
• «Explosionsschutz - Grundsätze, Mindestvorschriften,
Charakteristisch für das Unfallgeschehen beim Einsteigen Zonen», www.suva.ch/2153.d
und Arbeiten in Schächten, Gruben und Kanälen ist, dass • «Richtlinien betreffend Arbeiten in Behältern und engen
die Unfallauswirkungen meist schwerwiegende Folgen Räumen, www.suva.ch/1416.d
haben (bis zum Todesfall).

Nur wenn die vorgeschriebenen Massnahmen getroffen


werden, ist gewährleistet, dass weder die einsteigende
Person noch deren Retter selbst zum Opfer werden.
• Für den sicheren Einstieg müssen geeignete Hilfsmittel
bzw. Einrichtungen zur Verfügung stehen:
−− Festinstallierte Einstiege, z. B. Treppen oder Leitern
−− Tragbare Leitern
−− Höhensicherungsgeräte mit Aufhänge-Vorrichtung
und Rettungskurbel, Suva-Merkblatt «Sicherheit
durch Anseilen», www.suva.ch/44002.d.

27 Sichere Kläranlagen
5.4 Gesundheitsschutz • Verschmutze Arbeitskleider nicht zu Hause waschen.
Reinigung entweder in der betriebseigenen Wasch‑
5.4.1  Mikrobiologische Gefahren maschine oder in einer Wäscherei vornehmen. Die
Bei Arbeiten in abwassertechnischen Anlagen muss betriebseigene Waschmaschine darf nur für diesen
immer mit einer Exposition gegenüber Mikroorganismen Zweck benutzt werden. Dem Wäscherei-Personal bitte
gerechnet werden. Diese können Infektionen, Sensibili‑ mitteilen, dass die Kleiderreinigung wie infektionsver‑
sierungen (Allergien) oder toxische Wirkungen hervorrufen. dächtige Wäsche zu behandeln ist.
Folgende Massnahmen können das Risiko verringern: • Für Transporte zu aussenliegenden Sonderbauwerken
• Bauliche und technische Massnahmen, welche die die möglichen Übertragungsketten von Krankheits‑
Aerosolbildung reduzieren. erregern auf Drittpersonen (z. B. Familienmitglieder)
• Reinigungsarbeiten wie das Entfernen von Ablagerungen unterbrechen. Bei Betriebs- oder Privatfahrzeugen
in Abwasserkanälen, Pumpensümpfen und Sammlern einen minimalen Schutz einsetzen, z. B. Einsatz von Ein‑
nicht von Hand, sondern mit Saugwagen oder Hilfsge‑ weg-Kunststoffsitz- und Kofferraumabdeckungen.
räten ausführen. Wenn Hochdruckreiniger eingesetzt • Bei Arbeiten in Kanalisationen und Kläranlagen besteht
werden, sind personenbezogene Schutzmassnahmen ein erhöhtes Hepatitis-A-Infektionsrisiko. Deshalb ist
(Schutzbrille, partikelfiltrierende Halbmaske des Typs für Mitarbeitende, die solche Arbeiten ausführen,
FFP3, geeignete Schutzkleidung) erforderlich. neben der Hepatitis-B-Impfung auch eine Hepatitis-A-
• Die persönliche Ausrüstung, Werkzeuge und Geräte Schutzimpfung empfohlen.
nach erfolgter Arbeit gründlich reinigen und allenfalls • Zapfstellen, die kein Trinkwasser abgeben, gut sichtbar
desinfizieren. kennzeichnen (Bild 36).
• Pausen-, Umkleide- und Waschbereiche räumlich tren‑
nen. Weitere Informationen
• In den Garderoben ein „Schwarz-Weiss-Bereich“ • «Verhütung blutübertragbarer Infektionen»
erstellen (d. h. separate Schrankabteile für Arbeits- und www.suva.ch/2869/31.d
Privatkleidung).
• Nicht Essen oder Trinken ausserhalb des Pausenraumes.
• Vor dem Essen, Trinken oder Rauchen Hände waschen.
• Dusch- und Waschgelegenheiten mit geeigneten Reini‑
gungs- und Desinfektionsmittel sowie hygienische Mit‑
tel zum Trocknen der Hände zur Verfügung stellen.
Armaturen ohne Handberührung bevorzugen.
• Den Mitarbeitenden geeignete Hautschutz- und Pflege‑
mittel zur Verfügung stellen. Die Kosten dafür muss der
Arbeitgeber tragen.
• Einrichtungen zum Trocknen durchnässter Schutz- und
Arbeitskleidung bis zur weiteren Benutzung.
• Einrichtungen zum Reinigen von verschmutztem
Schuhwerk (z. B. Fussmatten, Rost) und abwaschbarer
Schutzkleidung (z. B. Waschanlagen für Stiefel und
Schutzkleidung).

36 Kennzeichen für kein Trinkwasser

Sichere Kläranlagen 28
5.4.2  Umgang mit chemischen Stoffen 5.4.3 Lärm
Werden chemische Produkte unsachgemäss gelagert Arbeitsmittel müssen so gestaltet sein, dass die Gesundheit
oder verwendet, kann dies die Gesundheit schädigen, oder die Sicherheit nicht durch Lärm oder Vibrationen
z. B. Vergiftungen, Verätzungen, Brände und Explosionen. beeinträchtigt wird.
Mit technischen und organisatorischen Massnahmen
muss dafür gesorgt werden, dass die Mitarbeitenden Erreicht oder überschreitet der auf einen Arbeitstag von
bestmöglich geschützt sind. 8 Stunden berechnete energieäquivalente Dauerschall‑
• Umschlags-, Dosierungs- und Lagerorte für chemische druckpegel LEQ 85 dB(A), sind die notwendigen Mass‑
Stoffe (z. B. Fällungs- oder Flockungsmittel) müssen nahmen zu treffen (Bilder 37 und 38).
mit den notwendigen Warnzeichen (z. B. Warnung vor
ätzenden Stoffen) und Gebotszeichen versehen sein Auf Kläranlagen wird dieser Grenzwert in der Regel in der
(z. B. Augenschutz benutzen). Die PSA muss vor Ort Nähe von folgenden Arbeitsmitteln überschritten:
verfügbar sein. Eine Augendusche / Augenspülflasche • Schlammzentrifugen
muss vor Ort angebracht sein. • Kompressoren
• Die Sicherheitsdatenblätter der eingesetzten Chemikalien • Gasmotoren
müssen griffbereit sein.
• Die Mitarbeitenden müssen anhand der Sicherheitsda‑
tenblätter über den korrekten Umgang mit chemischen
Produkten instruiert sein.
• Die Notfallorganisation regelt z. B. Verhalten bei Havarien
oder Erste-Hilfe-Massnahmen.

Weitere Informationen
• Regel 8 aus den «Zehn lebenswichtigen Regeln für
Gewerbe und Industrie», www.suva.ch/88824.d
• Checkliste «Säuren und Laugen», www.suva.ch/67084.d
• EKAS Richtlinie «Säuren und Laugen»,
www.suva.ch/6501.d
• Broschüre «Gefährliche Stoffe. Was man darüber 37 Gebotszeichen zur Kennzeichnung von Räumen und Zonen mit
gehörgefährdendem Lärm (Suva-Bestellnummer 1729 / 5).
wissen muss», www.suva.ch/11030.d

38 Verschiedene Gehörschutzmittel

29 Sichere Kläranlagen
6 Publikationen und
Bezugsquellen

6.1  Weitere Publikationen zum Thema

PrSG Bundesgesetz über die Produktsicherheit, SR 930.11


Maschinenrichtlinie 2006 / 42 / EG
UVG, Bundesgesetz über die Unfallversicherung, SR 832.20
Druckgeräteverwendungsverordnung, SR 832.312.12
SN EN 12255-10 Kläranlagen, Sicherheitstechnische Baugrundsätze
SN EN ISO 13849-1 Sicherheit von Maschinen –
Sicherheitsbezogene Teile von Steuerungen – Teil 1: Allgemeine Gestaltungsleitsätze

6.2 Bezugsquellen

Suva- und EKAS-Publikationen:

Suva
Gesundheitsschutz
Postfach
6002 Luzern

Telefon 041 419 58 51


[email protected]
www.suva.ch

Publikationen mit SR-Nummern:


www.bundespublikationen.ch

Normen:
www.snv.ch

Sichere Kläranlagen 30
Das Modell Suva
Die vier Grundpfeiler

Die Suva ist mehr als eine Gewinne gibt die Suva in
Versicherung; sie vereint Form von tieferen Prämien an
Prävention, Versicherung die Versicherten zurück.
und Rehabilitation.

Die Suva wird von den Die Suva ist selbsttragend;


Sozialpartnern geführt. Die sie erhält keine öffentlichen
ausgewogene Zusammen- Gelder.
setzung im Suva-Rat aus
Arbeitgeber-, Arbeitnehmer-
und Bundesvertretern
ermöglicht breit abgestützte,
tragfähige Lösungen.

Suva
Gesundheitsschutz
Postfach, 6002 Luzern

Auskünfte
Tel. 041 419 58 51
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Bestellungen
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Titel
Sichere Kläranlagen

Gedruckt in der Schweiz


Abdruck – ausser für kommerzielle
Nutzung – mit Quellenangabe gestattet.
Erstausgabe: 1994
Überarbeitete Ausgabe: Juni 2020

Publikationsnummer
44050.d

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