Es glitzert, es strahlt, es blinkt und es leuchtet. Als Ella, von ihrer Stief-Familie herablassend Cinder-Ella genannt, sich um ihre eigene Achse dreht und sich das von ihrer Mutter geerbte Kleid langsam in ein hellblaues Ballkleid überirdischer Schönheit verwandelt, da fliegen die kleinen Lichter, strahlt und blitzt es; und am Ende sind nicht nur ihre Haare und das Kleid von kleinen blitzenden Kugeln – oder sind es Kristalle? – bedeckt, es glitzert auch die frei gebliebene Haut. Und vor allem glitzern natürlich die gläsernen Schuhe.
Über allem, was da zu sehen ist, liegt dieses Leuchten wie ein Gitter der visuellen Glückseligkeit, und es ist wahrlich kein Zufall, dass Disney zur Berlinale, auf der Cinderella hierzulande erstmals gezeigt wurde, eine kleine Ausstellung zeigte, zusammen mit dem bekanntesten Hersteller von Nippes aus geschliffenem Glas: Cinderella ist Swarovski für die Leinwand.
Und das beschreibt schon mein Problem recht genau: Kenneth Branaghs Neuverfilmung des Märchens vom Aschenputtel ist nämlich visuell so ansprechend, so liebreizend und fortwährend funkelnd, dass mir leider nach einer Weile die Augen schmerzten. Bevor das Geblitze und Geleuchte einsetzt, werden eine halbe Stunde lang nur angeblich komplexe Emotionen aufeinander gehäuft: Der Tod der Mutter und des Vaters, die Bösartigkeit der Stiefmutter (eiskalt von Cate Blanchett auf den Punkt gebracht – dort verharrt sie dann aber leider auch) – und dagegen die junge Frau, die ihrer Mutter am Totensessel versprochen hatte, stets „mutig und höflich“ zu sein, was, seien wir ehrlich, sich zwar irgendwie gut anhört, aber für die Widrigkeiten des Lebens nur unzureichend wappnet.
Aber wir sind ja hier im Märchen, und eines muss man dem Film lassen: Das ist episches Märchenkino fürs 21. Jahrhundert. Die Computerkunst bietet auf, was sie nur kann, Mäuse, die zu Pferden, Eidechsen, die zu Dienern werden, und eben Glitter überall. „Geh niemals ohne Glitter“, wie so’n Tussi-Spruch aus den späten 1990ern. Und ähnlich ist das Frauenbild natürlich: Die Männer tatkräftig, aber gutherzig (die Guten jedenfalls), die Frauen vor allem abwartend, sehnsüchtig und gutherzig (die Guten jedenfalls).
Aber okay, so ist das Märchen, und die sehr geschätzte Kollegin Beatrice Behn hat zurecht darauf hingewiesen, dass Ella (Lilly James) schon behutsam modernisiert wurde, hier weniger Prinzesschen und eher „Heldin der Arbeiterklasse“ ist, die im Haushalt alles machen muss und von Hand erledigt – die Tiere helfen nicht, sondern sind vor allem witzige Begleiter, und auch die gute Fee (Helena Bonham Carter, als positives Spiegelbild ihrer Herzkönigin) hilft vor allem mit Ausrüstung und etwas Ermutigung nach.
Aber Beatrices (und Joachims) Begeisterung für den Film kann ich nicht teilen – dafür sind die Gefühle zu dick und zu einseitig ausgetragen, dafür erstickt sich’s zu leicht in der dicken visuellen Wunderschicht, die den Film überzieht. Das knallt und blitzt, und wer das mag, dem (oder der) wird’s gleichwohl gefallen.
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Cinderella, USA 2015. Regie: Kenneth Branagh. 105 Minuten, FSK 0. Kinostart: 12. März 2015.
(Fotos: Disney)
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