Irgendwann gab es bei den Grundsätzen, nach denen pädagogisch konzipierte Lehrfilme entstehen, den grundlegenden Ideensprung: Dass solche Filme ja auch unterhaltsam sein könnten, womöglich gar sollten. Als Ableitung dieser Idee gibt es seither eine Reihe von Filmchen, die auf Biegen und Brechen komisch sein wollen – wohlgemerkt nicht aus der Perspektive, dass ein komischer Film auch lehrreich sein könne, sondern dass es im Lehrfilm witzig zugehen müsse. Die Ergebnisse sind leider meist zum Steinerweichen schlecht.
Ein sehr gutes Beispiel dafür ist Das Geheimnis der Bäume (Homepage; nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Dokumentarfilm von Luc Jacquet), der zu seiner Premiere auf dem Filmfest München ob seiner Kürze von 33 Minuten im Kurzfilmprogramm gelandet ist. Er läuft eine gefühlte Ewigkeit seelischer Schmerzen und massiven Fremdschämens.
Es ist so grässlich, man weiß gar nicht recht, wo anfangen. Der Film erzählt von der Käferdame Dolores und ihrem Klassenkameraden Mike, als Glühwürmchen nur am Po, weniger im Kopf eine besondere Leuchte. Sie sollen vor ihrer Käferklasse ein Referat über Bäume halten und haben dazu zusammen mit einem dritten Insekt einen Film gedreht – was dann folgt, hält diese Perspektive eine Zeitlang durch, gibt sie aber in einigen Actionsequenzen einfach dran. Das muss man nicht schlimm finden, steht aber beispielhaft für die Schludrigkeit, mit der Das Geheimnis der Bäume gemacht ist; ich empfinde so etwas auch als Respektlosigkeit vor den kindlichen Zuschauer/innen, denen so etwas ja egal sei. (Die meinen merken so etwas sofort.)
Immerhin soviel muss man zugestehen: Was man in dem Film so über Bäume lernt, stimmt wohl, es ist aber zum einen banales Basiswissen, das die meisten Grundschüler_innen schon verinnerlicht haben sollten, zum anderen wird es weder bildästhetisch noch sprachlich interessant oder auch nur gekonnt transportiert. „Bäume können hundert Meter groß werden – einige sogar noch mehr“: aha, aber was denn nun? Und zur Frage, warum Laubbäume im Herbst ihre Blätter verlieren, lernen wir: „Das ist ein komplexer Vorgang, der im Innern der Bäume stattfindet.“ Belangloser kann man es auch mit viel schlechtem Willen nicht formulieren. (Das Thema „Herbst“ wurde übrigens eingeleitet mit den Worten: „Du frierst? Das ist ein gutes Stichwort!“ Doch, es ist so schlimm.)
Dass die Animation von Figuren und Welt nicht viel hergibt und offenbar billigst gemacht wurde – geschenkt. Man hätte aber zumindest versuchen können, solche „komplexen Vorgänge“ durch ein paar kluge Animationen zu erklären oder wenigstens etwas anschaulicher zu machen – davon aber nix, nada, Pustekuchen. Stattdessen werden ein paar nichtssagende Actionsequenzen eingefügt, deren Auftreten aber in keiner eindeutigen Beziehung zur gelegentlich aus keinen Gründen herumdengelnden Spannungsmusik steht. Meist hört man Fahrstuhl-Muzak, zwischen Klaviergeklimper und Synthesizergeschrumme changierend.
Es ist eine Qual. Und dann sagt irgendwann der Junge, der immer von nix ne Ahnung hat und nur Quatsch machen will, zu dem Mädchen, das alles erklären kann und besser weiß: „So wirst Du im Leben nie jemanden finden, der dich heiratet.“ Das ist dann wirklich so vollständig blöde, dass man sich sofort die alten FWU-Filmchen zurückwünscht, die die stark überschminkte Biolehrerin seinerzeit vom Super-8-Projektor abspielte. Die hatten, bei aller Kritik, wissenschaftlich ein paar Eier in der Hose und meistens weniger dumme Ratschläge, wie man sein Leben zu führen habe.
Das Geheimnis der Bäume, Deutschland 2014. Regie: Peter Popp, 33 Minuten. FSK 0, empfohlen ab 5 Jahren, läuft auf dem Filmfest München im Kinder-Kurzfilmprogramm.