Kantonsrat (Appenzell Ausserrhoden)
Der Kantonsrat Appenzell Ausserrhoden ist das Parlament des Kantons Appenzell Ausserrhoden. Er tagt im Kantonsratssaal im Regierungsgebäude in Herisau[2] und ist die gesetzgebende und oberste aufsichtführende Behörde des Kantons. Seine 65 Mitglieder werden, verteilt auf 20 Wahlkreise, im Majorzverfahren, mit Ausnahme des Wahlkreises Herisau, wo das Proporzverfahren angewendet wird, für vier Jahre gewählt. Der Kantonsrat erlässt alle grundlegenden und wichtigen Bestimmungen in Form von Gesetzen. Er tagt in der Regel siebenmal pro Jahr.
Aufgaben
BearbeitenGrundsätzliche Vorgaben zum Kantonsrat finden sich in der Ausserrhoder Kantonsverfassung[3] in den Artikeln 71 ff.
Die 65 Mitglieder des Kantonsrats werden für eine Dauer von vier Jahren gewählt. Der Rat übt unter Vorbehalt der Volksrechte die oberste Gewalt aus. Er beschliesst Gesetze und führt Aufsicht über die staatlichen Organe des Kantons, also Regierungsrat, Gerichte und sonstige Behörden. Soweit es nicht in die Zuständigkeit des Regierungsrats fällt, genehmigt oder kündigt der Kantonsrat internationale und interkantonale Verträge.
Der Kantonsrat berät die Sach-, Finanz- und Investitionsplanung sowie weitere grundlegende Planungen des Regierungsrates. Er befindet über neue einmalige Ausgaben für den gleichen Gegenstand im Betrag von 1–5 Prozent einer Steuereinheit sowie über neue wiederkehrende Ausgaben im Betrag von 0,5–1 Prozent einer Steuereinheit.[4]
Das Büro des Kantonsrates besteht zunächst aus dem Präsidenten und zwei Vizepräsidenten; sie werden jeweils im Juni in einer konstituierenden Sitzung für die Dauer von einem Jahr gewählt. Eine sofortige Wiederwahl ist nicht zulässig.[5] Zudem ist der Ratsschreiber Mitglied des Ratsbüros, welches die Geschäftsleitung des Kantonsrates bildet.
Dem erweiterten Büro gehören die Mitglieder des Büros, die Fraktionspräsidenten sowie ein durch die parteiunabhängigen Kantonsräte bestimmtes Mitglied an.
Kommissionen
BearbeitenDer Kantonsrat Appenzell Ausserrhoden verfügt über folgende ständige Kommissionen:
- Geschäftsprüfungskommission (GPK)
- Kommission Finanzen (KF)
- Kommission Bildung und Kultur (KBK)
- Kommission Gesundheit und Soziales (KGS)
- Kommission Bau und Volkswirtschaft (KBV)
- Kommission Inneres und Sicherheit (KIS)
Der Kantonsrat wählt jeweils zu Beginn des Amtsjahres die Mitglieder sowie die Präsidenten der ständigen Kommissionen.[6]
Parteien
BearbeitenDa die Kantonsräte in 19 von 20 Wahlkreisen im Majorzverfahren gewählt werden, spielt die Parteienstärke nur eine untergeordnete Rolle. Die Sitzverteilungen des Rates seit 2003 sahen wie folgt aus:
Partei | 2003 | 2007 | 2011 | 2015 | 2019 | 2023 | Sitzverteilung 2023 | Wähleranteil in Prozent[7] | |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
FDP.Die Liberalen (FDP) | 31 | 26 | 24 | 24 | 24 | 22 | |||
Sozialdemokratische Partei der Schweiz (SP) | 5 | 4 | 5 | 6 | 9 | 10 | |||
Schweizerische Volkspartei (SVP) | 11 | 8 | 10 | 12 | 7 | 7 | |||
Die Mitte | 2 | 3 | 3 | 5 | 3 | 3 | |||
Evangelische Volkspartei (EVP) | 2 | 1 | 1 | 2 | 2 | ||||
Grünliberale Partei (GLP) | 2 | ||||||||
Parteiunabhängig | 16 | 22 | 22 | 18 | 20 | 19 |
Durch das Majorzverfahren in den meisten Wahlkreisen kommt dazu, dass viele parteilose Politiker in den Kantonsrat gewählt werden können. Diese können sich jedoch einer Fraktion anschliessen oder selbst eine gründen. Die Kantonsrätinnen und Kantonsräte der Mitte, GLP und EVP haben sich nach der Wahl für eine gemeinsame Kantonsratsfraktion entschieden. Ausschlaggebend war unter anderem die grosse inhaltliche Nähe.[8] Drei weitere, als unabhängig gewählte Kantonsräte und Kantonsrätinnen schlossen sich zudem der SP Fraktion an, eine weitere Parteiunabhängige der Fraktion der Mitte / GLP / EVP.
Die Fraktionsstärken sehen derzeit wie folgt aus:[9][10]
Fraktion | Sitze | Veränderung zu 2023 | Fraktionen 2023 |
---|---|---|---|
FDP | 21 Sitze | - 1 | |
PU | 15 Sitze | ||
SP | 13 Sitze | ||
SVP | 8 Sitze | + 1 | |
Mitte / GLP / EVP | 8 Sitze |
Mitglieder
BearbeitenWählbarkeit
BearbeitenArtikel 63 der Kantonsverfassung schreibt vor, dass Mitglieder des Regierungsrats und der Justiz nicht Mitglieder des Kantonsrats sein können. Auch Angehörige der kantonalen Verwaltung, die dem Regierungsrat oder einem seiner Mitglieder direkt unterstellt sind, können nicht im Kantonsrat Einsitz nehmen.[11]
Anzahl und Verteilung auf die Wahlkreise
BearbeitenGemäss Art. 71, Abs. 4 der Kantonsverfassung sind die Gemeinden die Wahlkreise.[12] Dabei ist die Einwohnerzahl massgebend für die Anzahl Sitze, wobei jede Gemeinde mindestens einen Vertreter stellt. Die 65 Volksvertreter sind wie folgt verteilt.
Wappen | Gemeindename | Einwohner[13] 31. Dezember 2023 |
Sitze |
---|---|---|---|
Bühler | 1954 | 2 | |
Gais | 3147 | 4 | |
Grub | 971 | 1 | |
Heiden | 4316 | 5 | |
Herisau | 15'893 | 18 | |
Hundwil | 944 | 1 | |
Lutzenberg | 1332 | 2 | |
Rehetobel | 1773 | 2 | |
Reute | 700 | 1 | |
Schönengrund | 556 | 1 | |
Schwellbrunn | 1557 | 2 | |
Speicher | 4453 | 5 | |
Stein | 1498 | 2 | |
Teufen | 6514 | 7 | |
Trogen | 1862 | 2 | |
Urnäsch | 2346 | 3 | |
Wald | 909 | 1 | |
Waldstatt | 1874 | 2 | |
Walzenhausen | 2029 | 2 | |
Wolfhalden | 1867 | 2 |
Vergütung
BearbeitenDie Kantonsrats- und Kommissionssitzungen werden mit 150 Franken für einen halben bzw. 300 Franken für einen ganzen Tag vergütet.
Darüber hinaus gelten folgende jährliche Zulagen:[14]
Fraktionen
Bearbeiten- je 5'000 Franken
Büro
Bearbeiten- Kantonsratspräsident 8'000 Franken
- 1. Vizepräsident 1'000 Franken
Geschäftsprüfungskommission
Bearbeiten- Präsident 6'000 Franken
- Mitglieder 3'000 Franken
Übrige ständige Kommissionen
Bearbeiten- Präsident 1'000 Franken
Weblinks
Bearbeiten- Website des Kantonsrates Appenzell Ausserrhoden
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Amt für Immobilien AR: Kantonsratssaal in Herisau. Kanton AR, abgerufen am 5. Mai 2023.
- ↑ Internetauftritt des Kantons Appenzell Ausserrhoden
- ↑ Verfassung des Kantons Ausserrhoden
- ↑ Art 76 der Ausserrhoder Kantonsverfassung
- ↑ Kantonsratspräsidium - Appenzell Ausserrhoden. Abgerufen am 2. Januar 2022.
- ↑ Kommissionen - Appenzell Ausserrhoden. Abgerufen am 2. Januar 2022.
- ↑ Bundesamt für Statistik: Kantonale Parlamentswahlen: Parteistärken mit Zuteilung der Mischlisten auf die Parteien. In: Bundesamt für Statistik. 18. April 2023, abgerufen am 5. Mai 2023.
- ↑ Appenzeller Zeitung: Mitte/EVP/GLP mit gemeinsamer Kantonsratsfraktion. In: Appenzeller Zeitung. Appenzeller Zeitung, 5. Mai 2023, abgerufen am 5. Mai 2023.
- ↑ Fraktionen - Appenzell Ausserrhoden. Abgerufen am 28. Juni 2024.
- ↑ Kanton AR: Gesamterneuerungswahlen Kantonsrat 2023. In: Wahlen und Abstimmungen 2023. Kanton AR, 16. April 2023, abgerufen am 5. Mai 2023.
- ↑ Art. 63 der Ausserrhoder Kantonsverfassung
- ↑ Art. 71 der Ausserrhoder Kantonsverfassung
- ↑ Ständige Wohnbevölkerung nach Staatsangehörigkeitskategorie, Geschlecht und Gemeinde, definitive Jahresergebnisse, 2023. Bei späteren Gemeindefusionen Einwohnerzahlen aufgrund Stand 2024 zusammengefasst. Abruf am 22. August 2024
- ↑ Geschäftsordnung des Kantonsrates (bGS 141.2)