Dichlorvos ist ein 1951 eingeführtes Insektizid aus der Gruppe der Phosphorsäureester. Dichlorvos ist eine viskose, farblose bis gelb-braune Flüssigkeit. Sie hat einen aromatischen Geruch und ist brennbar.

Strukturformel
Struktur von Dichlorvos
Allgemeines
Freiname Dichlorvos[1]
Andere Namen
  • Dichlorphos
  • Dichlorfos
  • Chlorvinphos
  • Vinylphos
  • 2,2-Dichlorvinyl-dimethyl-phosphat
  • DDVP
Summenformel C4H7Cl2O4P
Kurzbeschreibung

farblose Flüssigkeit[2] mit aromatischem Geruch[3]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 62-73-7
EG-Nummer 200-547-7
ECHA-InfoCard 100.000.498
PubChem 3039
DrugBank DB11397
Wikidata Q420622
Arzneistoffangaben
ATC-Code
Eigenschaften
Molare Masse 220,98 g·mol−1
Aggregatzustand

flüssig

Dichte

1,43 g·cm−3 (20 °C)[3]

Schmelzpunkt

< −60 °C[3]

Siedepunkt

140 °C (13 hPa)[3]

Dampfdruck

2,1 Pa (25 °C)[3]

Löslichkeit

wenig in Wasser (10 g·l−1 bei 20 °C)[3]

Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung aus Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP),[4] ggf. erweitert[3]
Gefahrensymbol Gefahrensymbol

Gefahr

H- und P-Sätze H: 300+310+330​‐​317​‐​400
P: 260​‐​280​‐​284​‐​301+310+330​‐​302+352+310​‐​304+340+310[3]
MAK
  • DFG: 0,11 ml·m−3 oder 1 mg·m−3[3]
  • Schweiz: 0,1 ml·m−3 bzw. 1 mg·m−3[5]
Toxikologische Daten
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Herstellung

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Dichlorvos kann sowohl durch Dehydrochlorierung von Trichlorfon als auch durch die Umsetzung von Trimethylphosphit und Chloral hergestellt werden. Die Weltjahresproduktion betrug 1984 etwa 4220 t. Davon wurden etwa 300 t in Westeuropa hergestellt.[10]

Verwendung

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Als Kontakt- und Fraßgift wird Dichlorvos gegen Schädlinge im Hygienebereich und in der Landwirtschaft eingesetzt. In Deutschland waren bis Ende 2006 noch mehrere Dichlorvos-Präparate für den Vorratsschutz zugelassen. Im November 2006 wurde die EU-Richtlinie 2006/92/EG veröffentlicht, nach der Dichlorvos-Rückstände in Lebensmitteln nur noch in sehr geringem Verhältnis nachweisbar sein dürfen.[11] Zur Umsetzung dieser Richtlinie wurden in Deutschland und Österreich im Laufe des Jahres 2007 die Zulassungen aller dichlorvoshaltigen Pflanzenschutzmittel (Mittel zum Vorratsschutz gelten zulassungsrechtlich als Pflanzenschutzmittel) widerrufen.[12] In der Schweiz konnte Dichlorvos in Gewächshauskulturen gegen Läuse, Raupen, Spinnmilben, Weiße Fliege und Thripse eingesetzt werden, heute (2016) ist auch in der Schweiz kein Dichlorvos-haltiges Pflanzenschutzmittel mehr zugelassen.[13] Einige der für den Vorratsschutz zugelassenen Sprays und Kaltvernebelungsmittel enthielten Pyrethrine als zusätzliche Wirkstoffe.

Gemäß europäischer Gesetzgebung (Richtlinie 98/8/EG über das Inverkehrbringen von Biozid-Produkten)[14] und mit Beschluss vom 10. Mai 2012[15] liegt ein Entscheid vor, den Wirkstoff Dichlorvos nicht in die entsprechende Liste (Anhang I/IA der Richtlinie 98/8/EG) für Biozidprodukte (Produktart 18) aufzunehmen. Die Abgabe von Biozidprodukten, die den Wirkstoff Dichlorvos enthalten, ist somit in der EU (die Schweiz hat diese Bestimmung übernommen) für Insektizide ab 1. November 2012 nicht mehr erlaubt.

Das Europäische Arzneibuch legt als Grenzwert für Dichlorvos-Rückstände in pflanzlichen Drogen 1 mg·kg−1 fest.[16]

Biologische Bedeutung

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Für wirbellose Tiere, Fische, Vögel und Bienen ist Dichlorvos äußerst giftig. Dichlorvos zeigte bei Tests mit Mikroorganismen eine mutagene Wirkung. Bei Säugern trat diese – vermutlich wegen des raschen Abbaus im Organismus – nicht auf. Bei Langzeitfütterungsstudien mit extrem hohen Dosierungen wurde an Mäusen und Ratten eine kanzerogene Wirkung nachgewiesen. Daraufhin wurde die Einstufung der IARC von grundsätzlich fehlendes kanzerogenes Potential auf möglicherweise kanzerogenes Potential geändert.[3][17]

Die Tendenz zur Bioakkumulation ist sehr gering, da der Ester in Wasser, rascher in alkalischem Milieu, hydrolysiert. Dichlorvos wird auch von Mikroorganismen in Wasser und im Boden schnell abgebaut. Beim Abbau von Dichlorvos und anderen Organophosphaten entsteht Dimethylphosphat (DMP), was über eine Untersuchung des Urin zur Abschätzung der Belastung des Menschen verwendet werden kann.[18]

Sicherheitshinweise

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Dichlorvos wirkt, wie alle Phosphorsäureester, hemmend auf das Enzym Cholinesterase und stört dadurch die Funktion von Nervenzellen. Die Substanz kann nicht nur über den Magen-Darm-Trakt, sondern auch durch Einatmen oder über die Haut aufgenommen werden. Gefahr besteht vor allem direkt beim Umgang mit Dichlorvos und aufgrund des hohen Dampfdrucks in einer Aufnahme über die Atemwege. Die mit Nahrung und Trinkwasser aufgenommenen Mengen sind gering. Die WHO nimmt als erlaubte Tagesdosis für die duldbare tägliche Aufnahmemenge 4 µg/kg/d an.[10]

Bei verschiedenen Studien mit Tieren wie Mäusen, Ratten und Hunden zeigte Dichlorvos Symptome wie Schläfrigkeit, Durchfall, Erbrechen (Hund),[19] erhöhten Tränenfluss und Muskelzittern (Maus, Ratte),[20] Atemnot (Ratte)[21] und Funktionsstörungen der Speicheldrüse (Ratte).[20]

Einzelnachweise

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  1. INN Recommended List 13, World Health Organisation (WHO), 9. Oktober 1973.
  2. Eintrag zu Dichlorvos. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 7. Februar 2014.
  3. a b c d e f g h i j k Eintrag zu Dichlorvos in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 10. Januar 2017. (JavaScript erforderlich)
  4. Eintrag zu Dichlorvos im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 1. Februar 2016. Hersteller bzw. Inverkehrbringer können die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung erweitern.
  5. Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva): Grenzwerte – Aktuelle MAK- und BAT-Werte (Suche nach 62-73-7 bzw. Dichlorvos), abgerufen am 2. November 2015.
  6. Agrochemicals Handbook, with updates, Hartley, D., and H. Kidd, eds., Nottingham, Royal Soc of Chemistry, 1983-86, Vol. A141, S. 1984.
  7. Osaka Shiritsu Daigaku Igaku Zasshi. Journal of the Osaka City Medical Center. Vol. 15, S. 553, 1966.
  8. Japan Pesticide Information. Vol. (13), S. 36, 1972.
  9. Dichlorvos (DDVP, Vapona) – Chemical Profile 3/88.
  10. a b Rainer Koch: Umweltchemikalien, 3. Auflage (1995), VCH, Weinheim, ISBN 3-527-30061-9.
  11. EU: Richtlinie 2006/92/EG zur Änderung der … Richtlinien …hinsichtlich der Rückstandshöchstgehalte für Captan, Dichlorvos, Ethion und Folpet (PDF) Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften - L 311/31 – 10. November 2006.
  12. Bundesamt für Ernährungssicherheit: Liste der beendeten Zulassungen der letzten 12 Monate, sortiert nach dem Zulassungsende (Memento vom 14. Juli 2006 im Internet Archive; CSV). abgerufen am 17. Februar 2008.
  13. Generaldirektion Gesundheit und Lebensmittelsicherheit der Europäischen Kommission: Eintrag zu Dichlorvos in der EU-Pestiziddatenbank; Eintrag in den nationalen Pflanzenschutzmittelverzeichnissen der Schweiz, Österreichs und Deutschlands, abgerufen am 3. März 2016.
  14. EU: Richtlinie 98/8/EG vom 16. Februar 1998 über das Inverkehrbringen von Biozid-Produkten (PDF) Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften - L 123/1 – 24. April 1998.
  15. EU: Beschluss vom 10. Mai 2012 über die Nichtaufnahme von Dichlorvos in Anhang I der Richtlinie 98/8/EG über das Inverkehrbringen von Biozid-Produkten (PDF) Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften - L 125/53 – 12. Mai 2012.
  16. Europäisches Arzneibuch 10.0. Deutscher Apotheker Verlag, 2020, ISBN 978-3-7692-7515-5, S. 432.
  17. T. S. S. Dikshith, P. V. Diwan: Industrial Guide to Chemical and Drug Safety. Wiley-IEEE, 2003, ISBN 978-0-471-23698-6.
  18. LGL Bayern: Forschungsprojekt: Untersuchung eines Lebensmittelwarenkorbs auf Pflanzenschutzmittel und deren Metabolite des menschlichen Stoffwechsels, 22. August 2014.
  19. Australian Veterinary Journal. Vol. 49, S. 113, 1973.
  20. a b Gigiena i Sanitariya. HYSAAV. Vol. 33(12), S. 35, 1968.
  21. Acta Pharmacologica et Toxicologica, Supplementun. Vol. 49(5), S. 67, 1981.