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Vom Katzenimpersonator zur Katze in ziemlich schriller Umgebung. Warum „Lino – Ein voll verkatertes Abenteuer“ eventuell auch beim Publikum für Katerstimmung sorgen wird.

Lino - Ein voll verkatertes Abenteuer (2017)

Eine Filmkritik von Rochus Wolff

Wie ein Indoorspielplatz - nur im Kino

Indoorspielplätze sind so etwas wie hochspezialisierte Großfolterkammern, in denen besuchende Eltern in großen Stückzahlen durch die Geräusche, Gerüche und Bedürfnisse des von ihnen selbst verschuldeten Nachwuchses (und dem der anderen anwesenden Eltern) in den Wahnsinn getrieben werden. Es sind geschlossene Räume voll mit Geräten in grellen Plastiktönen, die durch viel Schaumstoff abgesichert wurden; dreidimensionale Labyrinthe, an deren tontechnisch zentral gelegenen Orten Essen und Getränke gereicht werden, die mit viel Fett und Zucker nicht nur Geld, sondern auch Lebenszeit kosten, als wäre das Gebrüll rundherum, für das man auch noch Eintritt gezahlt hat, noch nicht genug.

In einer solchen Vorhölle beginnt Lino – Ein voll verkatertes Abenteuer, und es ist auch für Nicht-Eltern unmittelbar evident, warum der Titelheld kreuzunglücklich ist. Er steckt in einem großen Plüschkatzenkostüm, wird von den Kindern angeschrien und angesprungen; als wäre das nicht genug, nehmen auch alle Erwachsenen rundherum ihn als Witzfigur wahr. Er lebt allein in einer trostlosen Wohnung, verdient nicht genug Geld für die Miete, und nebenan wohnt der gleiche Typ, der ihn schon in der Schule immer herumgeschubst hat.

Lino (deutsche Synchronstimme: Fabian Heinrich) möchte endlich ein besseres Leben, das nicht nur aus Problemen besteht, aber Ausweg sieht er keinen; in völliger Verzweiflung besucht er schließlich einen seltsamen Typen, der sich als Möchtegern-Zauberer herausstellt. Don Leon (Armin Schlagwein) macht allerhand Brimborium und Gefasel, das keinen Sinn ergibt, aber weil er aus seinem „Zauberbuch“ versehentlich von der falschen Seite rezitiert, funktioniert der Abrakadabra dann doch – und Lino wird zu einem neuen Leben verwandelt, allerdings nicht so wie gewünscht. Denn nun steckt er nicht mehr im Kostüm einer großen Katze, er ist auf einmal diese Katze. Sprechend zwar und mannshoch, aber ganz und gar Katze.

Rafael Ribas‘ erster eigener Spielfilm ist auf den ersten Blick einer der viel zu üblichen Animationsfilme für Kinder, in denen viel geschrien wird, dauernd etwas mit viel Bewegung passieren muss und sich niemand so richtig dafür interessiert hat, ob die Handlung auch nur ein paar Gramm Sinn und Verstand mitbringt. Man muss es aber vielleicht noch etwas deutlicher zusammenfassen: Dieser brasilianische Kinderfilm ist wie ein Indoorspielplatz im Kino. Dauernd bewegt sich was, alles ist grellbunt leuchtend, immerzu ertönt von überall Gekreische ohne Sinn und Verstand. Und alles ist so lebendig wie Schaumstoff.

Lino – Ein voll verkatertes Abenteuer bringt auch keine originellen Spielgeräte mit: Die ganze Handlung ist zwar völlig arbiträr zusammengeklöppelt – zum Lösen des Zauberspruchs werden unter anderem das Ei eines Schnabeltiers und ein „blauer Saphir“ benötigt – aber nichts dabei ist irgendwie originell oder etwas, was man nicht schon tausendfach gesehen hätte. Die Figuren sind nur holzschnittartig charakterisiert, ihre Motive nie komplexer als wenige Dialogzeilen; da ist es wenig verwunderlich, dass das Happy End des Films in einer ganz und gar oberflächlichen, durch kaum etwas vorher Geschehenes motivierten Moral kulminiert.

Vielleicht könnte der Film auch mehr; die Animation ist zwar nicht herausragend, aber jedenfalls nicht nur schrecklich, doch das genügt eben nicht. Dem Drehbuch (und der deutschen Synchronisation) fällt einfach nichts Interessantes ein. Die ermittelnde Polizistin Janine (Anne Menden) ist Linos Schulhofschwarm (und ja, das läuft genau auf das hinaus, was Sie jetzt denken), ihre beiden Helfer heißen Hopfen und Malz (und ja, der offensichtliche Witz wird gemacht), beide sind auf ihre Art „lustig“: Der eine pupst, der andere ist primär begriffsstutzig. Man möchte dringend, dass der Film mehr aus seinen Möglichkeiten macht, aber nichts dergleichen geschieht.

Er erzählt eine Mensch-zu-Tier-Körpertauschgeschichte und weiß dann nichts (wirklich: nichts!) damit anzufangen außer ein paar – miau! – sehr müden Scherzen.

Er verbindet irgendwie eine an unsere erinnernde Welt mit magischen Ideen, aber entwickelt daraus keine einzige faszinierende Idee oder Filmszene.

Er kommt aus Brasilien und verlegt seine Handlung, offenbar im fokussierten Blick auf internationale Vermarktung erstarrt, dennoch in eine zugleich klar als US-amerikanisch erkennbare und gesichtslos wirkende, kulturell unspezifische Welt.

Er gibt sich einen schließlich einigermaßen divers wirkenden Cast (Lino adoptiert auf der Flucht eher versehentlich ein Schwarzes Kleinkind) und bringt dann in einer so überflüssigen wie schmerzhaft peinlichen Sequenz von wenigen Minuten so viele bekloppte, eindimensionale Vorurteile über native americans unter, wie nur reinzustecken sind.

Gegenüber Indoorspielplätzen hat Lino – Ein voll verkatertes Abenteuer immerhin den Vorteil, dass sich der Nachwuchs im Kino wahrscheinlich keine Verletzungen zufügen wird – wobei… da der Film die Kinder wohl kaum auf den Sitzen halten wird, könnte ihnen beim Klettern über die Stuhlreihen dann doch etwas zustoßen. Vielleicht einfach etwas Bewegung an der frischen Luft?

Lino - Ein voll verkatertes Abenteuer (2017)

Lino ist schon seit seiner Kindheit ein wahrer Pechvogel. Und auch als er mit einem selbstgebastelten Katzenkostüm endlich einen schlecht bezahlten Job als Animateur ergattert hat, wendet sich wieder alles gegen ihn: Die Kinder fallen über ihn her und seine Vermieterin setzt ihn auf die Straße. In seiner Verzweiflung und mit dem festen Vorsatz, dass sein Leben sich endlich ändern muss, sucht er Hilfe bei dem Magier Don León, der für alle Probleme Lösungen verspricht. Doch dessen Elixier verwandelt ihn stattdessen komplett in einen Kater! Weil sein Wohnungsnachbar Victor – der ihn schon seit Kindertagen schikaniert – vorher noch mit dem Katzenkostüm verkleidet heimlich nächtliche Einbrüche begangen hat, wird Lino nun auch noch von der Polizei verfolgt. Als sei das nicht schon Ärgernis genug, fällt ihm auf seiner Flucht ein kleines Waisenmädchen buchstäblich in die Arme, das sich in die große Kuschelkatze verliebt. Zusammen mit dem skurrilen Don León und einem Waisenmädchen im Schlepptau beginnt eine abenteuerliche Flucht, auf der viele Überraschungen auf das Trio warten.

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