Alles zum Thema Abstand und Abstandvergehen:
» Sicherheitsabstand laut StVO
» Abstandsverstoß während der Probezeit
- Mobile Videoüberwachung
- Stationäre Videoüberwachung
- Optische Abstandsmessung ohne technische Messgeräte
- Problem der vorübergehenden Abstandsverkürzung
» Abstand und Abstandsvergehen
Sicherheitsabstand laut StVO
Der Sicherheitsabstand im Straßenverkehr ist in § 4 StVO geregelt. In dieser Norm wird der einzuhaltende Abstand für PKW jedoch nur abstrakt formuliert. Danach muss der Abstand zu einem vorausfahrenden Fahrzeug in der Regel so groß sein, dass es auch dann nicht zu einem Auffahrunfall kommt, wenn plötzlich gebremst werden muss.
Genauere Regelungen finden sich nur für Fahrzeuge mit Geschwindigkeitsbeschränkung und für Fahrzeugzüge, die länger als 7 m sind. Diese müssen in der Regel einen so großen Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug lassen, dass ein überholendes Fahrzeug einscheren kann.
Bußgeld bei Abstandsverstoß
Konkrete Regelungen zum Abstandsverstoß finden sich im Bußgeldkatalog, dort in der Anlage zu § 1 Abs. 1 unter der laufenden Nr. 12 ff. Die Höhe des Bußgeldes bei einem Abstandsverstoß richtet sich nach der gefahrenen Geschwindigkeit, während der erforderliche Abstand nicht eingehalten wurde. So beträgt das Bußgeld bei weniger als 80 km/h vergleichsweise geringe 25 EUR, wobei es bei einer hinzutretenden Gefährdung auf 30 EUR und bei einer Sachbeschädigung auf 35 EUR ansteigt.
Bei Abstandsverstößen, die mit einer Geschwindigkeit von mehr als 80 km/h zustande gekommen sind, richtet sich die Höhe des Bußgeldes nach dem Abstand im Verhältnis des Tachowertes. D.h. wer mehr 80 km/h fährt und dabei beispielsweise weniger als 3/10 des halben Tachowertes Abstand einhält, muss ein Bußgeld in Höhe von 160 EUR zahlen und erhält einen Punkt in Flensburg. Konkret bedeutet das z.B. dass dieses Bußgeld bezahlt werden muss, wenn bei einer Geschwindigkeit von 90 km/h ein Abstand von weniger als 13,5 m eingehalten wird.
Höher noch sind die Bußgelder bei einer Geschwindigkeit von mehr als 130 km/h. So ist das maximale Bußgeld von 400 EUR zu zahlen, wenn bei mehr als 130 km/h weniger als 1/10 des halben Tachowertes eingehalten wird. Zusätzlich zu dem Bußgeld werden außerdem 2 Punkte in Flensburg eingetragen und der Fahrer erhält ein 3-monatiges Fahrverbot.
Strafen bei Abstandsverstoß
Die Verletzung des erforderlichen Mindestabstandes kann neben bußgeldrechtlichen Konsequenzen auch strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. So kann ein Abstandsverstoß unter Umständen als grob verkehrswidriges und rücksichtsloses Handeln im Sinne des § 315c Abs. 1 Nr. 2 StGB gewertet werden. Dieser Straftatbestand bestraft die Gefährdung des Straßenverkehrs mit einer Geldstrafe oder sogar einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren.
Für eine Strafbarkeit nach § 315c Abs. 1 Nr. 2 StGB muss der Täter im Straßenverkehr grob verkehrswidrig und rücksichtslos falsch überholt oder sonst bei Überholvorgängen falsch gefahren sein und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von besonderem Wert gefährdet haben. Es handelt sich bei diesem Straftatbestand um einen sog. konkretes Gefährdungsdelikt, d.h. im vorgeworfenen Verhalten muss es zu einer konkreten Gefährdung gekommen sein. Denn für eine Strafbarkeit nach § 315c Abs. 1 Nr. 2 StGB ist eine rein abstrakte Gefährdung nicht ausreichend.
Abstandsverstoß während der Probezeit
Ein Abstandsverstoß während der Probezeit stellt für den Fahranfänger ein besonderes Ärgernis dar. Denn wenn der Fahranfänger den Mindestabstand nicht ordnungsgemäß einhält, riskiert neben den üblichen Folgen zudem auch noch eine Verlängerung der Probezeit.
Verkehrsverstöße während der Probezeit werden in sog. A- und B-Delikte eingeteilt. A-Delikte sind schwere Verkehrsverstöße und B-Delikte sind weniger schwere Verkehrsverstöße.
Bei Abstandsverstößen handelt es sich um einen schweren Verkehrsverstoß und damit um ein sog. A-Delikt, welches zu einer Probezeitverlängerung und einem verpflichtenden Aufbauseminar führt.
Abstandsmessung
Die optische Abstandsmessung im Straßenverkehr kann mittels verschiedener technischer Methoden durchgeführt werden. Am häufigsten erfolgt die Abstandsmessung durch mobile oder stationäre Videoüberwachung sowie durch Abstandsmessung ohne weitere Hilfsmittel durch den Polizeibeamten selbst.
Mobile Videoüberwachung
Die mobile Videoüberwachung ermöglicht heutzutage neben der Geschwindigkeitsmessung auch eine Abstandsmessung. Dabei wird ein Kamerasystem mit Videoanlage in einem Polizeifahrzeug eingebaut, welches dann mobil unabhängig von einem festen Standort Abstandsmessungen durchführen kann.
Die mobile Abstandsmessung stellt die Polizeibeamten jedoch vor eine besondere Herausforderung: Denn bei der mobilen Messung ist besonders darauf zu achten, dass der Abstand und der Winkel unverändert bleibt. Messungenauigkeiten gehen dabei stets zulasten der überwachenden Behörde.
In gerichtlichen Verfahren hat sich gezeigt, dass die mobile Videoüberwachung zusammen mit der Abstandsmessung ohne technische Hilfsmittel die meisten Messungenauigkeiten aufzeigt und sich daher eine Überprüfung der Messergebnisse und der Messmethoden durch den Betroffenen besonders lohnen kann.
Stationäre Videoüberwachung
Eine weitere Möglichkeit der Abstandskontrolle bietet die stationäre Videoüberwachung. Üblicherweise befinden sich Geräte zur Überprüfung des Abstands auf Autobahnbrücken. Bei der so durchgeführten Abstandskontrolle werden Fotos von einer Autobahnbrücke gemacht, während sich ein Fahrzeug auf einem zuvor markierten großräumigen Bereich auf der Autobahn befindet. Mithilfe der angefertigten Fotos lässt sich dann ermitteln, ob das jeweilige Fahrzeug den erforderlichen Abstand eingehalten hat.
Optische Abstandsmessung ohne technische Messgeräte
Oftmals wird der Abstand zu dem vorausfahrenden Fahrzeug auch durch Polizeibeamte mittels einer optischen Überprüfung ohne technische Messgeräte durchgeführt. Dabei müssen die kontrollierenden Polizeibeamten jedoch eine längere Fahrstrecke beobachten als dies bei Messung durch technische Hilfsmittel der Fall ist. So ist aber z.B. eine Überprüfung von einem Fahrtweg von 600 m in der Regel ausreichend.
Damit das Messergebnis des selbst "messenden" Polizeibeamten verwertbar ist, muss dieser jedoch über ausreichend Erfahrung in der Abstandsmessung verfügen. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass die optische Abstandsmessung ohne Hilfsmittel besonders fehleranfällig ist.
Problem der vorübergehenden Abstandsverkürzung
Problematisch bei der Abstandsmessung durch die Polizei sind sog. vorübergehende Abstandsverkürzungen. Gemeint ist damit eine von den Oberlandesgerichten definierten Voraussetzung eines Abstandsverstoßes. Nach dem Verständnis einiger Oberlandesgerichte liegt ein Abstandsverstoß nur dann vor, wenn der Mindestabstand "nicht nur ganz vorübergehend" unterschritten wurde. Entwickelt wurde diese Voraussetzung durch die Rechtsprechung deshalb, weil im Laufe des Verkehrsflusses ein Unterschreiten des Mindestabstands durch Einscheren von vorausfahrenden Fahrzeugen in den ordnungsgemäß eingehaltenen Mindestabstand auch bei vorausschauender Fahrweise nicht auszuschließen ist.
Da es sich aber auch bei der "vorübergehenden Abstandsverkürzung" um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt, für den es keine gesetzliche Regelung gibt, legen die Oberlandesgerichte diesen Rechtsbegriff unterschiedlich aus. So lassen einige Gerichte bereits ein unterschreiten des Mindestabstands auf einer Strecke von 150 m ausreichen, während andere Gerichte ein Unterschreiten des Mindestabstandes erst auf einer Strecke von 250 – 300 m für ausreichend halten.
Um das Tatbestandsmerkmal für sich Nutzen zu können, muss der Fahrer bei kurzer Abstandsverkürzung den Mindestabstand innerhalb von drei Sekunden wieder herstellen. Je nach Geschwindigkeit sind sogar einige Oberlandesgerichte der Ansicht, dass der Mindestabstand bereits innerhalb von unter 3 Sekunden wiederhergestellt werden muss. Begründet wird das Erfordernis dieser schnellen Reaktionszeit damit, dass derjenige, der die Geschwindigkeit seines Fahrzeugs erhöht, damit auch die von ihm geschaffene Betriebsgefahr erhöht. Daher muss er die von ihm geschaffene Gefahr auch jederzeit kontrollieren können.
Letztlich muss aber immer der konkrete Einzelfall betrachtet werden und der Fahrer muss immer einen der Verkehrssituation entsprechenden Mindestabstand einhalten. Denn auch wenn er nur vorübergehend den Abstand verkürzt hat, so wird ihn dies nicht entlasten, wenn er dadurch die Gefahr eines Unfalls im konkreten Fall deutlich erhöht hat.
Toleranzabzug
Bei der mobilen Abstandsmessung wird üblicherweise ein Toleranzwert von 5 Prozent abgezogen. Der Toleranzabzug erfolgt vorsorglich, da Messfehler nicht ausgeschlossen werden können.
Der höchste Toleranzabzug erfolgt bei der optischen Abstandsmessung ohne technische Hilfsmittel. Dort erfolgt wegen der hohen Messungenauigkeiten ein Toleranzabzug von mindestens 35 %.
Bei der Abstandskontrolle durch stationäre Videoüberwachung wird in der Regel ein Toleranzwert von drei Metern abgezogen.
Abstandsverstoß vermeiden
Eine Strafe wegen eines Abstandsverstoßes können Sie vermeiden, indem Sie den Mindestabstand jederzeit einhalten. Gesetzlich ist der Mindestabstand nicht definiert, jedoch lassen sich durch die im Bußgeldkatalog definierten Verstöße Rückschlüsse auf die erforderlichen Abstände schließen.
Bei einer Geschwindigkeit von über 80 km/h verrät ein Blick in den Bußgeldkatalog, welcher Mindestabstand erforderlich ist. Beispiele hierzu sind bereits oben unter 2. genannt. Bei einer Geschwindigkeit von unter 80 km/h liegt es im Ermessen des kontrollierenden Polizeibeamten, einen Abstandsverstoß zu definieren. Ausschlaggebend ist jedoch in der Regel der zu erwartende Bremsweg.
Mindestabstand
Zu dem einzuhaltenden Mindestabstand gehört neben dem zu erwartenden Bremsweg auch die sog. Schrecksekunde. Denn üblicherweise gelingt es einem Fahrer nicht ohne eine zeitliche Verzögerung auf ein Hindernis zu reagieren, sondern zwischen Wahrnehmung des Hindernisses und aktivem Bremsvorgang verstreicht in der Regel die sog. Schrecksekunde.
Daher ist es aus verkehrstechnischen Gesichtspunkten immer dringend erforderlich, neben dem Bremsweg auch die sog. Schrecksekunde bei der Ermittlung des Mindestabstandes zu ermitteln. Denn wenn man diese außer Acht lässt, riskiert man in Gefahrensituationen schnell einen Auffahrunfall.
Als unverbindliche Faustregel lässt sich für den ausreichenden Abstand anderorts die dreifache Fahrzeuglänge und Außerorts die Hälfte der Geschwindigkeit in Metern festhalten.
Abstand und Abstandsvergehen
Da es aktuell an einer gesetzlichen Regelung zur Definition von erforderlichen Mindestabständen mangelt, durch den Bußgeldkatalog aber faktisch eine Sanktionierung von Abstandsunterschreitungen gegeben ist, bleibt die Frage offen, welche Abstände konkret einzuhalten sind. Die Praxis zeigt jedoch, dass sich aufgrund der Komplexität des Verkehrsgeschehens keine festen Faustregeln festlegen lassen, sondern dass der Fahrer eines Fahrzeugs die Abstände immer konkret an den Einzelfall anpassen sollte. So minimiert er nicht nur das Risiko eines Bußgeldes oder einer Strafe, sondern reduziert im Ergebnis auch die Gefahr eines Unfalls.