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Weihnacht (Lavant)

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Rudolf Lavant
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Titel: Weihnacht.
Untertitel:
aus: Das Lämplein
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1879
Verlag: Leipzig: Genossenschafts-Buchdruckerei (Deutschland)
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scan
Kurzbeschreibung:
Das Lämplein, Nr. 51, Seite 1
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Weihnacht.

Weithin verschneit das schweigende Gefild,
Doch in den Häusern Nadelduft und Kerzen,
Und eine Regung seltsam weich und mild
In längst verhärteten und kalten Herzen!

5
Wie von des Lenzes sanftem, lauem Hauch

Zermürbt, zerthaut des Eises starre Rinde
So wird der Mann, der rauhe Kämpfer, auch
Mit seinen Kindern wiederum zum Kinde.

Mehr als die Palme ist das Fichtenreis

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In deutschen Landen der Versöhnung Zeichen;

Kein Groll so tief, daß nicht unmerklich leis
Er vor der Weihnachtsstimmung müsse weichen,
Und der vordem dem Herzen lange Zeit
Begründet schien für unser ganzes Leben,

15
Nun steht er da in nied’rer Häßlichkeit

Und schön und leicht erscheint uns das Vergeben.

Du sprichst zu Allen, höchstes Fest im Jahr,
Dein Wort ist Liebe und Dein Blick Vertrauen.
Du bindest wieder, was zerrissen war,

20
Und das Zerstörte suchst Du aufzubauen.

Wohin der Wind den Deutschen wehen mag
In Nord und Süd, in fremder Völker Mitte,
Er feiert traulich seinen Weihnachtstag,
Der Heimath schönste, seelenvollste Sitte.

25
Sie wird vielleicht, in Duft und Glanz gehüllt,

Zu einer Sitte aller Völker werden,
Wann aber wird der Engelruf erfüllt,
Der da verheißen: „Friede sei auf Erden!“?
Wann kommt der Tag, an dem die Zwietracht wich,

30
Zurück zur Höhle die Dämonen schleichen,

Wann kommt der Tag, an dem geschwisterlich
Die Hand zum Bund sich die Nationen reichen?

Noch schaltet frei und zügellos der Haß
Und Eifersucht ist Herr, wo Menschen wohnen,

35
Noch greift der Starke, vor Begierde blaß,

Nach seines Bruders, seines Nachbars Kronen;
Noch ist uns Feind, was and’re Zunge spricht,
Ein bunter Grenzpfahl setzt der Liebe Schranken,
Noch stehen wir auf jener Höhe nicht,

40
Die einen Kampf nur kennt ― den der Gedanken.


Wann seh’n wir ein, daß ein Phantom uns narrt,
Wenn Groll wir gegen Brudervölker hegen?
Wann wird Europa, das in Waffen starrt,
Reif zum Entschluß, die Rüstung abzulegen?

45
Du schöner Tag, der Blumen tauscht für Stahl,

Wir dürften wohl Dich Völkerweihnacht nennen,
Doch eh’ Du anbrichst, wird noch manches Mal
Im deutschen Haus der grüne Christbaum brennen.
                                                                                          R.L.