RE:Attila
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft | |||
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König der Hunnen | |||
Band II,2 (1896) S. 2241–2247 | |||
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Attila, König der Hunnen 434–453. Er war ein Sohn des Mundzuc (Jord. Get. 35, 180. 49, 257. Prisc. frg. 12, FHG IV 97) und bestieg nach dem Tode seines Oheims, des Königs Rua, gemeinsam mit seinem Bruder Bleda (Prisc. frg. 1. Marc. 442. Jord. a. O. Prosp. 444) im J. 434 den Thron (Chron. Gall. Theod. 11). Da die gallische Chronik Bleda als einzigen Herrscher bezeichnet und erst nach seinem Tode A. ihm folgen lässt, so dürfte jener wohl der ältere gewesen sein und eine Art von Obergewalt ausgeübt haben. Denn obgleich insofern eine Teilung eintrat, als jedem der Brüder bestimmte Völkerschaften untergeben [2242] waren (Prosp. 444. Jord. Get. 35, 181), wurde dadurch die Einheitlichkeit der Hunnenmacht doch nicht gefährdet, sondern in Krieg und Vertrag wirkten beide immer zusammen (Prisc. frg. 1. Marc. 442). Schon ihr Vorgänger Rua hatte die meisten Barbarenstämme des Donaugebietes unterjocht, und die beiden Brüder dehnten ihr Reich noch weiter aus (Jord. Get. 35, 180). Als ihre Unterthanen werden genannt Acatziren (Prisc. frg. 8 p. 82), Alpidzuren, Amilzuren, Itimaren, Tonosuren, Boisker, Sorosger (Prisc. frg. 1. Jord. Get. 24, 126), Ultzinzuren, Angisciren, Bittuguren, Bardoren (Jord. Get. 53, 272), Ostgothen, Gepiden, Rugier, Sueben, Alanen, Heruler (Jord. Get. 50, 261), Marcomannen, Quaden, Turcilingen (Paul. hist. Rom. XIV 2), Gelonen, Scyren, Bellonoten, Neuren, Bastarner, Toringer, Bructerer, Franken, Alamannen und Burgunder (Apoll. Sid. c. VII 321). Ihr Machtkreis reichte westlich bis an den Rhein, nördlich umfasste er noch die dänischen Inseln, und im Osten waren ihre Grenzen nur wenige Tagereisen vom Perserreiche entfernt, ja man schrieb A. sogar die Absicht zu, sich auch dieses zu unterwerfen (Prisc. p. 90). Im Süden scheint das weströmische Reich schon dem Rua Pannonien abgetreten zu haben (Prisc. frg. 7; vgl. Chron. Gall. Theod. 11), und von dem oströmischen beanspruchte später A., dass es fünf Tagemärsche südlich von der Donau alles Land als Grenzstrich wüst liegen lasse, worauf er freilich nicht bestand (Prisc. frg. 7. 14). Der Zusammenhang dieses weiten Gebietes war natürlich nur ein sehr loser, woher es auch nach dem Tode A.s schnell wieder auseinanderfiel. Zum Teil liess er die unterthänigen Völker durch seine Söhne beherrschen (Prisc. frg. 8 p. 82), zum Teil blieben sie unter ihren einheimischen Königen und leisteten den Hunnen nur Heeresfolge (Prisc. a. O. Jord. Get. 38, 199. 48, 246. 253. 50, 259). So hatte sein Reich nahezu den Charakter eines Völkerbundes, doch betrachtete er selbst alle die Unterworfenen als seine Sclaven (Prisc. frg. 8 p. 81. Jord. Get. 52, 268) und nahm die unbeschränkte Verfügung über Leib und Gut bei ihnen in Anspruch.
Das römische Reich zu erobern[WS 1], hatte er vielleicht die Macht, aber kaum die Absicht. Denn den complicierten Verwaltungsapparat desselben zu handhaben, hätte er nicht verstanden, und ohne diesen hätte er aus seiner Unterwerfung geringeren Nutzen gezogen, als ihm die Tribute der Kaiser gewährten. Denn in seinem eigenen Gebiet war jede Besteuerung unbekannt (Prisc. p. 86. 87); es bot ihm nur Krieger, diese aber im Überfluss; dagegen mussten die Römer seinen Schatz füllen. Wenn er ihre Provinzen überfiel, so hatte dies meist keinen anderen Zweck, als Beute zu machen. In den eroberten Städten betrachtete er alles als sein Eigentum. Wurde etwas von den goldenen und silbernen Kirchengeräten vor ihm geborgen, so galt ihm dies als Raub an seinem Schatze, und er forderte nicht nur die Auslieferung der betreffenden Gegenstände, sondern auch der Männer, welche sie ihm entzogen hatten, weil diese in seinen Augen eine exemplarische Strafe verdienten (Prisc. frg. 2. 8 p. 73. 84). In ihren Verträgen mit ihm mussten sich die Römer sogar verpflichten, ihre eigenen Landsleute, falls sie sich durch [2243] die Flucht aus seiner Gefangenschaft retteten, wieder auszuliefern oder ein bestimmtes Lösegeld für sie zu erlegen (Prisc. frg. 1. 5). Gehalt und Würde eines römischen Magister militum liess er sich gefallen (Prisc. frg. 8 p. 90); auch legte er Wert darauf, dass die Kaiser nur durch Männer vom höchsten Range mit ihm unterhandelten (Prisc. frg. 7. 8. 13. 14 p. 76. 78. 91. 97), wie überhaupt die Institutionen der civilisierten römischen Welt eines imponierenden Eindrucks auf den Barbaren nicht verfehlten. Dies hinderte ihn freilich nicht, die Kaiser und ihre Gesandten mit dem beleidigendsten Übermute zu behandeln (vgl. Prisc. frg. 8. 12 p. 79. 97), wobei er übrigens klug genug war, jedem der beiden Reichsteile gegenüber eine verschiedene Politik zu beobachten und so dafür zu sorgen, dass sie sich nicht gegen ihn vereinigten. Mit dem Westen, der unter der energischen Leitung des Aetius damals etwas zu Kräften gekommen war, hielt er Freundschaft, während er das oströmische Reich, das durch die Eunuchen des schwächlichen Theodosius II. geleitet wurde, in jeder Weise hudelte und ausbeutete. Dazu trug bei, dass die meisten der Völkerschaften, welche den Hunnen unterworfen waren, Constantinopel näher wohnten als Rom und in dem oströmischen Kaiser eine Stütze für die Abfallsgelüste, welche sich immer wieder bei ihnen regten, zu finden hofften. Schon Rua hatte daher das Ziel verfolgt, den östlichen Teil des Reiches möglichst zu demütigen und als höchst unsicheren Schutz für seine Bundesgenossen erscheinen zu lassen, und A. setzte diese Politik fort. Immer wieder wurde die Forderung gestellt, dass die hunnischen Unterthanen, welche zu den Römern geflohen oder in ihre Dienste getreten waren, ausgeliefert würden (Prisc. frg. 1. 2. 3. 5. 6. 7. 8), und geschah dies, so liess A. sie ans Kreuz schlagen. Dadurch wurde auch die Kriegsmacht des Ostreiches empfindlich geschwächt, da gerade die Länder jenseits der Donau vorher seine ausgiebigsten Werbebezirke gewesen waren.
Schon 434[WS 2] beim Regierungsantritt von Bleda und A. stand diese Frage zur Verhandlung. Die Römer gaben nach, liessen ihre Schützlinge ans Kreuz schlagen und den Tribut von 350 Pfund Gold (= 440 000 Mark), welchen sie jährlich an Rua gezahlt hatten, auf das Doppelte erhöhen (Prisc. frg. 1).
Im J. 441 überfielen die Hunnen bei einer Handelsmesse die anwesenden Oströmer und machten viele nieder. Auf die Beschwerde des Kaisers behaupteten sie wieder, dass Flüchtlinge aus ihrer Unterthanenschaft im Reiche Schutz gefunden hätten, und verlangten zugleich mit ihrer Auslieferung auch die des Bischofs von Margus, der den Schatz der Hunnenkönige beraubt haben sollte. Da die Römer alles leugneten, überschritt der Feind die Donau, verwüstete das Land und eroberte Viminacium (Prisc. frg. 2. 8 p. 86). Schon war die Rede davon, den Frieden durch Preisgabe des Bischofs zu erkaufen, als dieser es sicherer fand, selbst mit Bleda und A. in Verbindung zu treten und ihnen durch Verrat seine Stadt in die Hände zu spielen (Prisc. frg. 2). Ausserdem wurden auch Naissus und Singidunum von den Hunnen eingenommen (Marc. 441). Wieder begann man Unterhandlungen, doch fanden diesmal die [2244] Römer den Mut, die hunnischen Unterthanen, welche bei ihnen Dienste genommen hatten, nicht auszuliefern. So wurde der Kampf wieder aufgenommen. Die Hunnen eroberten Ratiaria (Prisc. frg. 3. 8 p. 93) und verheerten Illyricum und Thrakien (Marc. 442; derselbe Krieg fälschlich im Chron. Gall. Theod. 22 ins J. 445 gesetzt); doch brachte der römische Gesandte Senator, welcher mit Carpilio, dem Sohne des Aetius, gemeinsam zu den Hunnen geschickt wurde, endlich einen Frieden zu stande (Prisc. frg. 4. Cass. var. I 4, 11).
Im J. 445 wurde Bleda auf Anstiften seines Bruders ermordet, wodurch dieser die Alleinherrschaft gewann (Marc. 445. Prosp. 444. 451. Jord. Get. 35, 180. 181; Prosp. setzt dies ins J. 444, das Chron. Gall. Theod. 23 ins J. 446; das dazwischenliegende Jahr des Marcellinus ist wohl das richtige).
Im J. 447 brach der grösste Krieg aus, den A. gegen das Ostreich geführt hat. 70 Städte und Castelle sollen dabei zerstört worden sein. Der Magister militum Arnegisclus fiel in einer Schlacht am Utus. Die Hunnen drangen bis Thermopylae vor (Marc. Chron. Pasch. Chron. Gall. Theod. 24) und scheinen selbst an einen Übergang nach Asien gedacht zu haben, da die Entscheidungsschlacht gegen sie auf dem thrakischen Chersonnes geschlagen wurde (Prisc. frg. 5). Beim Frieden, der 448 zu stande kam (Marc.), erfolgten wieder die üblichen Auslieferungen und Zahlungen, welche diesmal auf eine Summe von 6000 Pfund Gold (= 5½ Millionen Mark) und einen Jahrestribut von 2100 Pfund (= 1 900 000 Mark) fixiert wurden (Prisc. a. O.). Jetzt erschien in Constantinopel eine hunnische Gesandtschaft nach der andern, meist unter dem Vorwande, dass noch nicht alle Flüchtlinge ausgeliefert seien; doch der Hauptzweck, welchen A. damit verfolgte, war, seine Günstlinge ohne eigene Kosten aus der Tasche des Kaisers reich zu machen. Denn jeder Sendling des übermächtigen Barbarenkönigs konnte grosse Geschenke erwarten, wenn er sich nur einigermassen trätabel erwies (Prisc. frg. 6. 8 p. 80. 94). Diese steten Schröpfungen verbunden mit dem ungeheuren Tribut drohten das Reich finanziell zu ruinieren, und da man mit Gewalt gegen A. nichts ausrichten konnte, ist es wohl verständlich, dass man zuletzt einen seiner Vertrauten zu einem Mordanschlage zu gewinnen suchte, was freilich verraten wurde und mit hohen Reugeldern bezahlt werden musste (Prisc. frg. 7–14). An einer der Gesandtschaften, welche in diesen Jahren immerfort hin- und hergingen, beteiligte sich auch der Geschichtschreiber Priscus und hat uns in der Schilderung seiner Reiseerlebnisse (frg. 8) ein höchst lebendiges Bild des Hunnenkönigs und seines Hofes und Reiches hinterlassen.
Aetius war als Jüngling bei den Hunnen Geisel gewesen und hatte mit deren Königen und Häuptlingen, vielleicht auch mit dem jugendlichen A. selbst, persönliche Verbindungen angeknüpft (Greg. Tur. II 8). Noch unter Rua hatte er dem Usurpator Johannes 425 hunnische Hülfsvölker zuführen und, als Valentinian III. den Sieg gewann, sie wieder zu friedlicher Heimkehr vermögen können (Greg. a. O. Prosp. 425. Chron. Gall. Theod. [2245] 2. Philost. XII 14 = Migne Gr. 65, 621). Als er 432 durch Bonifatius aus seiner Stellung verdrängt wurde, war er zu Rua geflohen und hatte mit den Truppen, welche dieser ihm darlieh, seine Wiedereinsetzung erzwungen (Prosp. 432. Chron. Gall. Theod. 10). Auch unter A. hatte er 436 gegen die Burgunder (Chron. Gall. Theod. 13. Prosp. 435), 437 und 439 gegen die Westgothen hunnische Hülfstruppen benutzt (Prosp. Jord. Get. 34, 176. 177. Apoll. Sid. c. VII 345). Zum Dank hatte er ihnen Pannonien durch Vertrag überlassen (Prisc. frg. 7) und seinen eigenen Sohn Carpilio als Geisel gestellt (Cassiod. var. I 4, 11. Prisc. frg. 8 p. 81). A. hatte sich von ihm schriftkundige Römer schicken lassen, um sie als Geheimsecretäre zu benutzen (Prisc. frg. 8 p. 84. 93), und ihn seinerseits durch Geschenke geehrt (Prisc. frg. 8. 11 p. 92. 96). Aber gegen Ende der vierziger Jahre trat eine Erkaltung ein, und A. begann auch das Westreich mit Auslieferungschikanen zu plagen und mit Kriegsdrohungen zu schrecken (Prisc. frg. 8 p. 84). Der Grund war vielleicht ein abergläubischer. Denn eben um diese Zeit war von einem hunnischen Hirten das vermeintliche Schwert des Kriegsgottes aufgefunden worden, durch dessen Besitz A. sich zum Herrn der Erde berufen glaubte (Prisc. frg. 8 p. 91. Jord. Get. 35, 183).
Valentinian III. hatte seine Schwester Grata Iusta Honoria zur Augusta ernannt (Dessau Inscr. 817. 818. Cohen VIII² 219), sie aber zugleich nach dem Muster der Schwestern des Theodosius II. zu einem nonnenhaften Leben in ewiger Jungfraunschaft bestimmt (Jord. Get. 42, 224). Da bei den Vicennalien des Kaisers 443 oder 444 in Ravenna mit ihrem Bildnis gemünzt wurde (Cohen 4), muss sie damals mit ihrem Bruder noch in gutem Einvernehmen gestanden haben. Bald darauf aber liess sie sich von ihrem Procurator Eugenius schwängern und wurde zur Besserung an den frommen Hof von Constantinopel verbannt (Marc. 434 unter falschem Jahr), doch einige Zeit nachher wieder nach Italien zurückgeschickt. Durch einen heimlichen Boten trug sie jetzt ihre Hand dem A. an und übersandte ihm zugleich als Zeichen der Verlobung einen Ring. Dieser erklärte sich bereit, sie in seinen zahlreichen Harem aufzunehmen, und forderte durch wiederholte Gesandtschaften, dass Aetius sie ihm zur Hochzeit ausliefere und ihr zugleich als väterliches Erbe die Hälfte des Westreiches übergebe (Marc. a. O. Prisc. frg. 15. 16. Chron. Gall. Marc. 1. Jord. a. O.). Natürlich wurde dies zurückgewiesen, umso mehr, als man Honoria, wahrscheinlich um sie der Werbung A.s zu entziehen, schon eiligst verheiratet hatte. Um dieselbe Zeit (450) war der weibische Theodosius II. gestorben und Marcian im oströmischen Reich an seine Stelle getreten. Da dieser jetzt durch die gemeinsame Gefahr der Unterstützung des Westens sicher sein konnte, verweigerte er A. den Tribut. Dieser schwankte, mit welchem der beiden Reichsteile er den Krieg beginnen sollte, entschied sich aber dafür, zuerst den stärkeren Gegner niederzuwerfen (Prisc. frg. 15).
Schon 448 war Eudoxius, ein Führer aufrührerischer Banden in Gallien, zu ihm geflohen (Chron. Gall. Theod. 25) und hatte seine Aufmerksamkeit auf jene westlichen Barbarenreiche [2246] gelenkt, welche den ihm unterworfenen an Nationalität und Sitten gleich, aber noch von ihm unabhängig waren. Auch suchte ihn Geiserich gegen den Westgothenkönig Theoderid aufzuhetzen, dessen Rache der Vandale aus persönlichen Gründen fürchten musste (Jord. Get. 36, 184. Prisc. frg. 15). Dazu kam ein Streit von zwei fränkischen Kronprätendenten, deren einer Aetius, der andere A. um Unterstützung bat und diesem versprechen konnte, dass seine Partei unter den Franken ihm Zuzug leisten werde (Prisc. frg. 16). Alles dies veranlasste den Hunnenkönig, seinen ersten Angriff nicht gegen Italien, sondern gegen Gallien zu richten. Da Römer und Westgothen vorher stets im Zwiste gelegen hatten, durfte er auch hoffen, dass die einen den Fall der anderen in unthätiger Schadenfreude mitansehen würden, und schrieb daher sowohl an den Kaiser als auch an Theoderid, dass er nicht gegen sie, sondern nur gegen ihre Feinde zu Felde zu ziehen gedenke (Jord. Get. 36, 185. 186. Prosp. 451). Dies hatte den Erfolg, dass die Gothen beschlossen, den Hunnen nicht entgegenzugehen, sondern innerhalb ihrer Grenzen zu warten, bis sie angegriffen würden (Apoll. Sid. c. VII 333). Das Heer, welches A. versammelte, wurde auf eine halbe Million geschätzt (Jord. Get. 35, 182). Er fiel damit 451 in das nördliche Gallien ein (Apoll. Sid. c. VII 328), wo er mit den Westgothen einstweilen noch nicht in Berührung kam und mit den Franken Fühlung gewann. Nachdem er viele Städte erobert (Prosp. 451) und Metz am Tage vor Ostern verbrannt und verwüstet hatte (Greg. Tur. II 6. Hydat. Valent. 28), wandte er sich gegen Orleans. Unterdessen war Aetius nach Gallien gekommen und hatte durch eine Gesandtschaft, welche der spätere Kaiser Avitus führte, die Westgothen bewogen, sich ihm anzuschliessen und mit seinem Heere nach Norden zu ziehen (Apoll. Sid a. O.). Es gelang ihm, Orleans nach harter Belagerung zu entsetzen und A. zum Rückzuge zu zwingen (Apoll. Sid. ep. VII 12, 3. VIII 15, 1. Jord. Get. 37, 194. Greg. Tur. II 7. Theiner St. Aignan ou le siège[WS 3] d’Orleans par Attila, Paris 1832). Auf den catalaunischen Feldern zwischen Troyes (Mommsen Chron. min. I 302. 663) und Metz (Hydat. a. O.) machten die Hunnen Halt, um auf dieser ausgedehnten Ebene, welche ihrer Reiterei die beste Gelegenheit zur Entfaltung bot, die Entscheidungsschlacht anzunehmen. Nach einem furchtbaren Gemetzel, bei dem nach einigen 165 000 Mann (Jord. Get. 41, 217), nach anderen gar 300 000 (Hydat. a. O.), darunter der Westgotenkönig selbst, fielen, wurde A. besiegt und musste sich glücklich schätzen, dass Aetius auf seine Verfolgung verzichtete und ihm die Rückkehr nach Pannonien offen liess (ausführliche Schilderung der Schlacht bei Jord. Get. a. O., vgl. Greg. Tur. II 7. Mommsen I 302. 481. 662. 663. II 26. 185. Procop. b. V. I 4. Cass. var. III 1, 1).
Im nächsten J. 452 fiel A. in Italien ein, eroberte nach hartem Kampf Aquileia, dann Concordia, Altinum, Patavium, Vicentia, Verona, Brixia, Bergamum, Mediolanium und Ticinum (Jord. Get. 42, 219ff. Paul. hist. Rom. XIV 11. Mommsen I 302. 662. 663. II 26. 84. 157). Aetius und der Kaiser sollen schon daran gedacht haben, [2247] nach Gallien zu fliehen (Prosp.), doch gaben Hülfsvölker, welche ihnen Marcian zusandte, ihnen den Mut zum Ausharren. Unterdessen waren im Lager A.s Hungersnot und Pest ausgebrochen, auch scheint er durch Aetius eine Schlappe erlitten zu haben (Hydat. Valent. 28). Noch soll er einen Zug nach Rom beabsichtigt haben, doch die abergläubische Furcht, wie es Alarich ergangen war, kurz nach der Einnahme der heiligen Stadt zu sterben, hielt ihn davon zurück (Jord. Get. 42, 222). Ihm war daher eine Gesandtschaft, welche unter Führung des römischen Bischofs Leo am Mincio in sein Lager kam, sehr willkommen, und gerne liess er sich durch sie bewegen, aus Italien abzuziehen (Prop. Jord. Get. 42, 223).
Nach Hause zurückgekehrt, forderte er 453 von Marcian den Tribut, welchen ihm früher Theodosius II. gezahlt hatte, und bedrohte auf die Weigerung das oströmische Reich mit einem neuen Kriege (Prisc. frg. 18. 19. Jord. Get. 43, 225). Doch während er diesen vorbereitete, starb er in seiner Hochzeitsnacht mit Ildico an einem Blutsturz (Jord. Get. 49, 254ff. Prosp. 453. Chron. Gall. Marc. 4. Hydat. Val. 29. Marc. 454). Unter den zahlreichen Söhnen A.s (Jord. Get. 50, 259) werden uns nur der älteste Ellac (Jord. Get. 50, 262), Dengisich (Prisc. frg. 36. 38. Jord. Get. 53, 272) und der jüngste Hernac, der Liebling des Vaters, an dessen Person eine Weissagung den Fortbestand des Hunnenreiches knüpfte (Prisc. frg. 8. 36 p. 93 107. Jord. Get. 50, 266), mit Namen genannt. A. Thierry König Attila und seine Zeit, übers. v. F. Burckhardt, Leipzig 1855. Haage Geschichte Attilas, Programm von Celle 1862. Wietersheim Geschichte der Völkerwanderung II² 217.