Progressive Allianz
Progressive Allianz | |
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Gründung | 22. Mai 2013 in Leipzig |
Sitz | Berlin |
Motto | Freiheit, Gerechtigkeit, Solidarität (Freedom, Justice, Solidarity) |
Zweck | Netzwerk sozialdemokratischer, sozialistischer und progressiver Parteien und Gewerkschaften |
Vorsitz | Rotation unter Mitgliedsorganisationen bei der jährlichen internationalen Konferenz |
Website | progressive-alliance.info |
Die Progressive Allianz (englisch Progressive Alliance) ist ein internationales Netzwerk von 113 sozialdemokratischen, sozialistischen und progressiven Parteien aus der ganzen Welt. Sie wurde am 22. Mai 2013 auf Betreiben der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands und Sigmar Gabriels in Leipzig gegründet. Die Einrichtung der Allianz geht mit einem Rückzug europäischer sozialdemokratischer Parteien aus der Sozialistischen Internationale (SI) einher.
Hintergrund und Gründung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Sigmar Gabriel hatte im März 2011 die Sozialistische Internationale kritisiert, die sich erst nach den Revolutionen des Arabischen Frühlings in Tunesien und Ägypten und dem Sturz der Präsidenten Zine el-Abidine Ben Ali und Husni Mubarak von ihren autoritär herrschenden Mitgliedsparteien Konstitutionelle Demokratische Sammlung (RCD) beziehungsweise Nationaldemokratische Partei (NDP) getrennt hatte. Auch im Fall der Front Populaire Ivoirien (FPI) war der Ausschluss erst nach dem Ausbruch bürgerkriegsartiger Kämpfe in der Elfenbeinküste erfolgt. Er forderte den sofortigen Ausschluss weiterer solcher Parteien, die einst als nationale Befreiungsbewegungen entstanden und daher Mitglieder der SI geworden waren, sich inzwischen aber zu undemokratischen Herrschaftsparteien entwickelt hätten. Gabriel bemängelte, dass die Organisation in Formalien erstarrt sei und nicht mehr als „Stimme der Freiheit“ auftrete. Er mahnte gemeinsam mit der britischen Labour Party, der niederländischen Partij van de Arbeid und der schwedischen Sozialdemokratischen Arbeiterpartei eine grundlegende Reform der Organisation an und drohte andernfalls mit einem Rückzug der SPD und Neugründung eines alternativen Netzwerks.[1][2] Im Januar 2012 drohte Gabriel erneut, den Mitgliedsbeitrag der SPD, die mit einem jährlichen Betrag von 100.000 Pfund Sterling einer der Hauptzahler der Internationalen war, nicht auszuzahlen.[3]
Vom 14. bis 15. Dezember 2012 kam es auf Einladung des Partito Democratico zu einem ersten Treffen der künftigen Mitgliedsparteien der Progressiven Allianz in Rom. Bei dieser Gelegenheit wurde die Gründung der Progressiven Allianz im Mai 2013 in Leipzig verabredet.[4] Im Januar 2013 beschloss das Exekutivkomitee der britischen Labour Party, die Beteiligung der Partei in der SI auf den Beobachterstatus zurückzustufen. Sie führte zur Begründung „ethische Bedenken“ an.[5] Ein erneutes vorbereitendes Treffen von Vertretern der Gründungsparteien gab es am Rande der Ratsversammlung der SI im portugiesischen Cascais am 4. und 5. Februar 2013.[6] Die SPD reduzierte ihren Mitgliedsbeitrag nun endgültig auf den Mindestbeitrag von 5000 Pfund und ihren Status in der SI damit auf den eines Beobachters.[7] Die Sozialdemokratische Partei Österreichs (SPÖ) und die Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament (S&D) vollzogen diesen Schritt ebenfalls.[8]
Das konstituierende Treffen der Progressiven Allianz wurde auf den 22. Mai 2013 gelegt, den Tag vor den Feiern zum 150. Jahrestag der Gründung der SPD in Leipzig.[9][10] Die Allianz soll auch gemäßigt links orientierte Parteien einschließen, die keine explizit sozialistische Tradition teilen und/oder nicht in der SI vertreten waren, wie die Demokratische Partei der Vereinigten Staaten, den Indischen Nationalkongress, die brasilianische Partido dos Trabalhadores oder der italienische Partito Democratico.[8] Letzterer hat sich mit seinem Beitritt in die Sozialdemokratische Partei Europas inzwischen der sozialistisch-sozialdemokratischen Parteienfamilie angeschlossen, während die drei Parteien aus Brasilien, Indien und den USA an der auf Leipzig folgenden Konferenz, die im Februar 2014 in Tunis stattfand, nicht teilnahmen.[11] Bei der Konferenz im März 2017 in Berlin nahmen Parteienvertreter aus diesen drei Ländern jedoch wieder teil.[12]
Teilnehmer (an der Allianz)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Assoziierte Partner
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Weitere Mitgliedschaften der Progressiven Allianz in internationalen Institutionen und Organisationen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Europäisches Parlament: Progressive Allianz der Sozialdemokraten (S&D)
- Foundation for European Progressive Studies (FEPS): parteinahe Stiftung der Sozialdemokratischen Partei Europas
- Internationaler Gewerkschaftsbund (IGB)
- International Union of Socialist Youth (IUSY): Sozialistische Jugend-Internationale
- Socialist International Women (SIW): Sozialistische Internationale der Frauen
- Young European Socialists (YES): Europäische Jungsozialistinnen und Jungsozialisten
Kontroversen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Publizist Alan Posener schrieb Anfang Mai 2013 das Entstehen des neuen Netzwerks einem aufbrechenden Konflikt zwischen eher liberalen, westlichen Sozialdemokraten und den ehemaligen linken Befreiungsbewegungen in der Dritten Welt zu, die unter dem Deckmantel des Antiimperialismus nationalistische, undemokratische, anti-liberale und anti-emanzipatorische Tendenzen entwickelt haben. Die europäischen Linken hätten aus einer naiven Solidarität mit den früheren antikolonialen Bewegungen lange Zeit die Augen vor diesen Fehlentwicklungen verschlossen.[14]
Giorgos Papandreou, der Präsident der SI, sowie deren Generalsekretär Luis Ayala beklagten daraufhin in einem offenen Brief „Rufmord“ und „falsche Anschuldigungen“; es sei bedauerlich, „dass die Führung unserer deutschen Mitglieder die weltweite Bewegung progressiver Kräfte spalten will“[15][16].
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Steffen Hebestreit: Gabriel fordert Reformen: Internationale soll reinen Tisch machen. Frankfurter Rundschau, 3. März 2011, abgerufen am 31. Juli 2013.
- ↑ Sigmar Gabriel: Gastbeitrag: Keine Kumpanei mit Despoten. Frankfurter Rundschau, 3. März 2011, abgerufen am 31. Juli 2013.
- ↑ SPD will Sozialistischer Internationale den Geldhahn zudrehen und den Mitgliedsbeitrag nicht zahlen. Spiegel Online, 22. Januar 2012, abgerufen am 31. Juli 2013.
- ↑ Sozialdemokraten gründen neue Internationale. Neues Deutschland, 16. Dezember 2012, abgerufen am 31. Juli 2013.
- ↑ Report from Labour’s January executive. Left Futures, Februar 2013, abgerufen am 31. Juli 2013 (englisch).
- ↑ Socialist International Calls for Reforms in Zimbabwe. allafrica.com, 6. Februar 2013, abgerufen am 31. Juli 2013 (englisch, französisch).
- ↑ Andreas Niesmann: Wenn das der Willy wüsste. Focus Nr. 19/2013, 6. Mai 2013, abgerufen am 31. Juli 2013.
- ↑ a b Sozialistische Internationale soll entmachtet werden. Kurier, 17. Mai 2013, abgerufen am 31. Juli 2013.
- ↑ Thomas Vieregge: Das Ende der Sozialistischen Internationale. Die Presse, 21. Mai 2013, abgerufen am 31. Juli 2013.
- ↑ Veit Medick: Krach in Sozialistischer Internationalen: Papandreou wirft Gabriel Spaltung der Linken vor. Spiegel Online,, 22. Mai 2013, abgerufen am 31. Juli 2013.
- ↑ Progressive Alliance: Tunis Conference – Expected Participants. Abgerufen am 3. Juni 2014.
- ↑ Progressive Alliance: Shaping our future. 12-13 March 2017, Berlin, Germany. Abgerufen am 14. März 2017.
- ↑ Participants. Progressive Allianz, abgerufen am 10. Oktober 2024 (englisch).
- ↑ Alan Posener: Progressive Alliance. Erleben wir ein Ende des linken Antiimperialismus? Die Welt, 4. Mai 2013, abgerufen am 31. Juli 2013.
- ↑ Offener Brief an die Mitgliedsparteien der SI, 19. Mai 2013, auf der Seite der Sozialistischen Internationale
- ↑ Majid Sattar: „Progressive Alliance“ gegründet. faz.net, 22. Mai 2013, abgerufen am 31. Juli 2013.