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Peršmanhof

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Gedenktafel am Peršmanhof

Der Peršmanhof, gelegen in Bad Eisenkappel, war ein Partisanenstützpunkt im Zweiten Weltkrieg. Am 25. April 1945 verübten Teile des I. Bataillons des SS-Polizeiregiments 13 ein Massaker an elf Zivilisten. Heute beherbergt der Hof ein Museum zu Geschichte und Widerstand der Kärntner Slowenen während der Zeit des Nationalsozialismus.

Der Peršmanhof wurde 1941 ein wichtiger Stützpunkt für Kärntner Partisanen. Die Kärntner slowenische Familie Sadovnik bewirtschaftete den Hof. Ende April 1945 lagerten um die 150 Partisanen in Erwartung des nahen Endes des Zweiten Weltkrieges am abseits gelegenen Peršmanhof. Eine Einsatzgruppe der 4. Kompanie des I. Bataillons des SS-Polizeiregiment 13 von ca. 70 Mann stürmten nach einer privaten Anzeige (Viehdiebstahl) am 25. April 1945 den Peršmanhof. Die in/um das Anwesen lagernden Partisanen ergriffen die Flucht. Zivile Opfer des Angriffes wurden die Familien Sadovnik und Kogoj: Vier Erwachsene und sieben Kinder wurden ermordet. Vier Kinder überlebten, davon drei schwerverletzt. Das Wohnhaus sowie das Wirtschaftsgebäude wurden niedergebrannt.[1] Am nächsten Tag erstattete der Bewohner des Nachbarhofes Anzeige beim Gendarmerie-Postenkommando Eisenkappel - Massaker an Zivilisten waren nicht üblich, die Ordnungspolizei musste Verdächtige an die Sicherheitspolizei abliefern, damit sie von Gestapo/SD zur Erlangung weiterer Informationen über die Partisanen verhört werden konnten. Der "besondere Vorfall" wurde nach Bleiburg gemeldet, aber nicht mehr weiter verfolgt, da das NS-Systems zusammenbrach.[2] Es handelte sich um ein Endphaseverbrechen.

Das Kommando für die Vergeltung an den Zivilisten führte Leutnant Josef Reischl: 1911 in Isny/Allgäu geboren, Eintritt in die Polizei 1931, gehobener Polizei-Verwaltungsdienst; Reischl kam erst im Oktober 1944 zum in Kärnten stationierten I. Bataillon des SS-Polizeiregiment 13. Das I. Bataillon dieses 1942 aufgestellten Polizeiregiments entstand aus dem Pol.Res.Batl.6 mit Heimatstandort Berlin, gegen dieses Bataillon wurde in den 60er Jahren in Deutschland wegen Beteiligung an Kriegsverbrechen in Polen ermittelt.[3] Die am Einsatz Beteiligten schoben sich bei den Ermittlungen gegenseitig die Schuld zu; befragt und potentiell Schuldige waren weitere drei Deutsche, zwei Litauer und zwei Ungarn.[4] Nur der Jüngste, der ungarische „volksdeutsche“ Martin Sandor, damals 17 Jahre alt, wurde 1949 in Ungarn (sowjetische Zone) vor Gericht gestellt und 1950 verurteilt, 1956 kam er vorzeitig frei.

Im Frühjahr 1946 wurden Ermittlungen des österreichischen Volksgerichts wegen Verübung eines Kriegsverbrechens aufgenommen, überlebende Zeugen befragt, nach den 49 Angehörigen der 4. Kompanie gesucht. Da keine eindeutig Schuldigen festgestellt werden konnten, mussten die Ermittlungen 1949 eingestellt werden. Es kam zu keinen Anklagen, auch ein Wiederaufnahmeversuch 1960 blieb ergebnislos. Aber „bei engerer Auslegung des Kriegsverbrechergesetzes“[5] hätte es ausgereicht, „zumindest gegen die Beschuldigten Penz und Reischl Anklage zu erheben“.[6][7]

Gedenkstätte Peršmanhof

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Am 25. April 1965 fand eine erste Gedenkfeier am Peršmanhof statt, in deren Rahmen eine slowenischsprachige Gedenktafel am Ort des Geschehens installiert wurde. Ab Anfang der 1980er Jahre fanden Gedenkveranstaltungen jährlich statt.[8]

1982 richtete der Verband der Kärntner Partisanen in einem Teil des wiedererrichteten Wohnhauses ein Museum ein, das die Geschichte und den Widerstand der Kärntner Slowenen während des Nationalsozialismus thematisiert. Ein Jahr später wurde am Vorplatz des Hauses das Denkmal des antifaschistischen Widerstandes wiedererrichtet.[9]

Partisanendenkmal

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Partisanendenkmal am Peršmanhof
Sockel in St. Ruprecht / Völkermarkt

Das Denkmal wurde ursprünglich am Friedhof St. Ruprecht in Völkermarkt aufgestellt und am Nationalfeiertag 1947 (26. Oktober) enthüllt. Es stammt vom kroatisch-österreichischen Künstler Marjan Matijević (1907–1971). Auf einem Sockel befand sich eine Figurengruppe von zwei Männern und einer Frau. Die Frau und der eine Mann trugen je eine Maschinenpistole, der andere Mann eine Axt. Seine linke offene Hand forderte zum Mitgehen auf. Als eine der wenigen monumentalen Figurengruppen der unmittelbaren Nachkriegszeit in Österreich richtete sie sich gegen den Faschismus. Außerdem ist sie eine der wenigen, die im Stil des sozialistischen Realismus auf österreichischem Boden errichtet wurden. In der Nacht vom 9. auf den 10. September 1953 wurde das Partisanendenkmal von unbekannten Tätern gesprengt. Das Denkmal konnte wegen der politischen Verhältnisse in Kärnten nicht mehr an seinem ursprünglichen Ort aufgestellt werden.[10] Der Sockel blieb erhalten, auf ihm wurde 1961 statt der Figurengruppe eine Schale angebracht. Der Sockel auf dem Friedhof St. Ruprecht wurde 2016 neu gestaltet und steht seit 2020 unter Denkmalschutz (Listeneintrag).

Die Bronzeteile der gesprengten Figurengruppe wurden gelagert, 1983 zusammengeschweißt und auf einem neuen Sockel am 14. August 1983 auf dem Peršmanhof erneut enthüllt. Die ursprünglich zum Mitgehen auffordernde Figur hält nun eine Handgranate in der Hand. In einer künstlerischen Intervention von Nicole Six und Paul Petritsch wurde die Figurengruppe 2015 kurzzeitig an den ursprünglichen Aufstellungsort und wieder zurück gebracht. Damit verbinden sie gegenwärtigen und historischen Standort und thematisieren die vom Staat unterlassene Wiederaufstellung. Die heute getrennten Teile zeugen vom Umgang der jungen Republik mit ihrer Vergangenheit: Während die Schale das Denkmal in St. Ruprecht „neutralisiert“ hat, erinnern die Schweißspuren an der Rückseite der Figurengruppe am Peršmanhof bis heute an die an ihr verübte Gewalttat.[11] Die Figurengruppe steht seit 2020 ebenfalls unter Denkmalschutz (Listeneintrag).

In der vom ORF produzierten 874. Folge Unvergessen der Tatort-Reihe werden die damaligen Vorgänge auf dem Peršmanhof, die ergebnislosen Ermittlungen 1949 sowie die daraus folgende unterlassene Bestrafung der Täter thematisiert.[13] Dort wird das Massaker allerdings einer Einheit der Waffen-SS zu Lasten gelegt.

Commons: Peršmanhof – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Museum des antifaschistischen Widerstandes in Kärnten: Das Massaker an den Familien Sadovnik und Kogoj (Memento des Originals vom 9. September 2011 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.persman.at
  2. Claudia Kuretsidis-Haider, "Strafsache wegen Verbrechen an der Familie Sadovnik". Das Verfahren des Volksgerichts Klagenfurt und der Umgang der österreichischen Justiz mit den Ereignissen auf dem Peršmanhof, in: Lisa Rettl, Gudrun Blohberger (Hrsg.): Peršman, Wallstein-Verlag, Göttingen 2014, Seite 51
  3. Stefan Klemp, "Nicht ermittelt." Polizeibataillone und die Nachkriegsjustiz, Berlin, 2022, Seite 130f.
  4. Lisa Rettl, Die Ordnungspolizei und ihre "besonderen Aufgaben im Operationsgebiet". Das SS- und Polizeiregiment 13 und dessen Einsatz am Peršmanhof, in: Lisa Rettl, Gudrun Blohberger (Hrsg.): Peršman, Wallstein-Verlag, Göttingen 2014, Seite 146ff.
  5. Verfassungsgesetz vom 26. Juni 1945 über Kriegsverbrechen und anderer nationalsozialistischer Untaten (Kriegsverbrechergesetz), StGBl. 1945, Nr. 32
  6. Claudia Kuretsides-Haider, "Strafsache wegen Verbrechen an der Familie Sadovnik." Das Verfahren des Volksgerichts Klagenfurt und der Umgang der österreichischen Justiz mit den Ereignissen auf dem Peršmanhof, in: Lisa Rettl, Gudrun Blohberger (Hrsg.): Peršman, Wallstein Verlag 2014, Seite 85/86
  7. erinnern.at: Museum Peršmanhof
  8. Museum des antifaschistischen Widerstandes in Kärnten: Der Peršmanhof nach 1945 (Memento des Originals vom 9. September 2011 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.persman.at
  9. Der Peršmanhof. Abgerufen am 2. Februar 2025 (österreichisches Deutsch).
  10. Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes Gedenkfeier am Peršmanhof@1@2Vorlage:Toter Link/www.doew.at (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Mai 2019. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  11. Paul Mahringer: Das zweigeteilte Denkmal. In: Die Brücke. Kärntens Kulturzeitschrift. Oktober - November 2019, S. 11 (kulturchannel.at [PDF; abgerufen am 15. November 2020]).
  12. Ignorierte Mordgeschichte. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 13. Januar 2015, S. 6.
  13. Informationen zum Tatort "Unvergessen" auf den Seiten der ARD (Memento vom 16. August 2018 im Internet Archive)

Koordinaten: 46° 30′ 25″ N, 14° 41′ 45″ O