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Unabhängige Fachschaftslisten Österreichs

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Unabhängigen Fachschaftslisten Österreichs (FLÖ)
Vorsitzender Michael Pinter
Gründung ca. 1981
Website https://fachschaftslisten.at/

Die Unabhängigen Fachschaftslisten Österreichs (FLÖ) sind ein Zusammenschluss von parteiunabhängigen Studierendenfraktionen an mehreren österreichischen Universitäten, die gemeinsam für die Bundesvertretung der Österreichischen Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft kandidieren.

In den 70er Jahren war die Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft an der TU Wien (HTU Wien) von der ÖVP-nahen Österreichischen Studenten Union (ÖSU) beherrscht, welche österreichweit die Vorgängerfraktion der heutigen AktionsGemeinschaft (AG) darstellt. Aus diesem für viele (parteiunabhängige) Studienrichtungsvertreterinnen und -vertreter unbefriedigenden Zustand heraus wurde die Idee für eine eigene Liste geboren, die Fachschaftsliste.

Schon beim ersten Antreten konnte die absolute Mehrheit der ÖSU an der TU Wien gebrochen werden, und zwei Jahre später war die ÖSU an der TU Wien ausgestorben. Nach den Wahlen im Jahre 1983 stellten die Fachschaften zum ersten Mal den Hauptausschussvorsitzenden an der HTU Wien. Nach weiteren vier Jahren (1987) stellte die Fachschaftsliste an allen fünf Fakultäten und am Hauptausschuss die Vorsitzende bzw. den Vorsitzenden.

Doch die Idee der Fachschaftslisten blieb nicht auf die HTU Wien beschränkt. Unmittelbar nach den ersten Anfängen in Wien entstand im Jahre 1983 eine Fachschaftsliste an der TU Graz. Heute gibt es Fachschaftslisten an folgenden Universitäten: TU Wien, TU Graz, Johannes-Kepler-Universität Linz, Universität Graz, Universität für Bodenkultur Wien, Universität Klagenfurt und Universität Wien. Aber auch die sechs Kunstuniversitäten haben diese Idee aufgegriffen und dem Fachschaftslistengedanken ähnliche Fraktionen ins Leben gerufen (z. B. Kunst und Politik, Adapo, UnARTige Liste).

Seit einigen Jahren stellen die Fachschaftslisten die Vorsitzenden der lokalen Hochschülerschaften an der TU Wien und an der TU Graz, sie stellten beziehungsweise stellen auch Vorsitzfunktionen an der Universität Linz, der Universität Graz, der Universität Klagenfurt und der Universität für Bodenkultur, sowie an mehreren Kunstuniversitäten.

2005 wurde durch einen neuen Wahlmodus, der unter der ÖVP-FPÖ Regierung beschlossen wurde, die Position der FLÖ bundesweit entscheidend gestärkt. Jedoch konnte sie an einzelnen Universitäten, beispielsweise ihrer Hochburg TU Wien, nur mehr knapp ihren Vorsprung halten.

2007 gingen die FLÖ erneut gestärkt aus den ÖH-Wahlen hervor und konnten von 11 auf 14 Mandate in der Bundesvertretung zulegen und an den Hochburgen den Vorsprung ausbauen. In einer Koalition mit den Grüne & Alternative StudentInnen (GRAS) und dem Verband Sozialistischer StudentInnen Österreichs (VSStÖ) stellten die FLÖ zum ersten Mal in ihrer Geschichte mit Hartwig Brandl den Vorsitzenden der ÖH.

Die Koalition der GRAS, VSStÖ und FLÖ platzte, nachdem die FLÖ dem VSStÖ vorwarf, zu sehr nach der Mutterpartei SPÖ zu agieren. Dieser Vorwurf wurde vom VSStÖ zurückgewiesen, sie warfen ihrerseits den FLÖ Machtrausch vor. Der bisherige ÖH-Vorsitzende, Hartwig Brandl (FLÖ) wurde daraufhin von GRAS, VSStÖ und AG als Vorsitzender abgewählt.

2009 konnten die FLÖ bei den ÖH-Wahlen erneut zulegen und wurden mit 16 Mandaten erstmals zweitstärkste Kraft der ÖH-Bundesvertretung. Dennoch waren die FLÖ nicht Teil der BV-Exekutive von 2009 bis 2011, die aus einer Koalition von GRAS, FEST und VSStÖ ohne absolute Mandatsmehrheit gebildet wurde.

2011 konnten die FLÖ, mit Martin Schott als Spitzenkandidat, den zweiten Platz bei den ÖH Wahlen verteidigen. Seit Juli 2011 sind die FLÖ wieder Teil der ÖH Exekutivkoalition (gemeinsam mit GRAS, VSStÖ und FEST) und stellten mit Martin Schott von Juli 2012 für ein Jahr auch den Vorsitzenden der ÖH Bundesvertretung.

Bei den darauffolgenden ÖH Wahlen 2013 konnte man den zweiten Platz halten und mit einem Zugewinn von zwei Mandaten sogar den Abstand zur Aktionsgemeinschaft verringern. Mit der Unabhängigen Fachschaftsliste MedUni Wien (UFMUW) und der Unabhängigen Fachschaftsliste Innsbruck (UNIKORN) gab es zwei neue Gruppen, die sich den FLÖ anschlossen. Die UFMUW erzielte einen Erdrutschsieg an der HochschülerInnenschaft an der Medizinischen Universität Wien und erreichte auf Anhieb 5 von 9 Mandaten. Auf Bundesebene wurde die Koalition mit GRAS, VSStÖ und FEST fortgeführt und Florian Kraushofer (FLÖ) zum Vorsitzenden gewählt.

Mit der Änderung des Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetz (HSG) im Jahr 2015 konnte die Bundesvertretung der ÖH erstmals wieder direkt gewählt werden. Gleichzeitig wurde das Studierendenparlament von 100 auf 55 Mandatare verkleinert.[1] Die Fachschaftsliste verlor daraufhin bei der Wahl 2015 4,5 Prozentpunkte und war nur noch mit 7 von 55 Mandaten im Studierendenparlament vertreten.

Entwicklung seit 2015

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Seit der HSG-Novelle im Jahr 2014, die 2015 erstmals Auswirkungen auf die ÖH-Wahl hatte, verzeichnete die Fachschaftsliste auf Bundesebene einen tendenziellen Rückgang ihrer Stimmenanteile. Zwar kam es in einzelnen Jahren zu kleineren Zugewinnen, insgesamt ging die Zahl der Mandate in der Bundesvertretung jedoch im Verlauf der letzten 10 Jahre zurück.

Zwischen 2015 und 2023 war die FLÖ wiederholt Teil von Koalitionen in der Bundesvertretung, zuletzt etwa als Koalitionspartnerin in der Legislaturperiode 2021–2023. Im Herbst 2020 kam es zum Bruch der damaligen Koalition in der Bundesvertretung, an der die FLÖ beteiligt war. Hintergrund waren Differenzen innerhalb des Vorsitzteams über die politische Haltung gegenüber der damaligen türkis-grünen Bundesregierung. Nachdem es zu keiner Einigung über eine gemeinsame Positionierung gekommen war, verließ die FLÖ die Koalition und wechselte in die Opposition. Der Vorfall führte zu einer öffentlichen Diskussion über parteipolitische Nähe innerhalb der ÖH und markierte einen Wendepunkt in der Positionierung der FLÖ auf Bundesebene. Bei der ÖH-Wahl 2023 verlor die Fachschaftsliste abermals an Stimmen und Mandaten und konnte keine ausreichende Mandatsbasis für eine Exekutivbeteiligung erzielen und verweilte damit in der Opposition.[2][3][4]

Auch bei der darauffolgenden ÖH-Wahl 2025 gelang es der FLÖ nicht, an frühere Wahlergebnisse anzuknüpfen. Die Fraktion trat mit einem inhaltlich breit aufgestellten Wahlprogramm und einer überregional zusammengesetzten Liste an, um gezielt verschiedene Gruppen von Studierenden anzusprechen.[5] Spitzenkandidatin war Pia Graves von der TU Wien, die zugleich auch Mitglied im Vorsitzteam ihrer lokalen Hochschulvertretung war.[6] Auf Bundeslistenplatz zwei kandidierte FH-Kufstein-Studentin Sandra Winkler, und fungierte zugleich als Pressesprecherin der Liste.[7][8] Die Wahlkampforganisation wurde maßgeblich von Paul Koo (TU Wien) als stv. Listensprecher koordiniert.[9] Die ersten fünf Listenplätze wurden bewusst mit Vertreter:innen verschiedener Hochschulstandorte besetzt, um die Breite des FLÖ-Netzwerks zu betonen.[10] Trotz dieser Bemühungen blieb die FLÖ erneut unter den Erwartungen.

Parteiunabhängigkeit

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Einigendes Merkmal der verschiedenen Uni-Gruppen der Fachschaftslisten ist ihre Parteiunabhängigkeit und die gemeinsamen Grundsätze. Nach der Wahl von Hartwig Brandl zum ÖH-Vorsitzenden und der Koalition der FLÖ mit GRAS und VSStÖ im Rahmen der ÖH-Wahlen 2007 warfen Mitglieder der ÖVP-nahen AktionsGemeinschaft und des Liberalen Studentenforums (LSF) den Fachschaftslisten vor, sie hätten damit diese Unabhängigkeit aufgegeben.

Wahlergebnisse bei der ÖH-Wahl seit 2001:[11][12]

Jahr Prozentpunkte Mandate
2001 5,43 %−1,11[13] 2/45
2003 6,69 %+1,26[14] 3/45
2005 13,4 %+6,7[15] 11/62
2007 14,7 %+1,3[15] 14/66
2009 18,8 %+4,1[16] 16/85
2011 16,4 %−2,2[16] 15/96
2013 17,2 %+0,8[17] 17/100
2015 12,7 %−4,5 [18] 7/55
2017 14,1 %+1,4[19] 8/55
2019 9,8 %−4,3[20] 5/55
2021 10,5 %+0,7[21] 6/55
2023 8,3 %−2,2[22] 4/55
2025 6,7 %−1,6[23] 4/55

Fachschaftslisten an den Hochschulen

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2023 sind die Unabhängigen Fachschaftslisten Österreichs (FLÖ) an 13 österreichischen Hochschulen vertreten.[24]

Wien
Technische Universität Wien Fachschaftsliste TU Wien – FL
Universität Wien Unabhängige Fachschaftsliste Uni Wien – FL
Fachhochschule Technikum Wien Unabhängige Studierendenvertretungsliste – USV
Veterinärmedizinische Universität Wien Aktionskomitee – AK
Universität für Bodenkultur Wien Unabhängige Fachschaftsliste BOKU – FL BOKU
Steiermark
Technische Universität Graz Fachschaftsliste TU Graz – FSL TU Graz
Universität Graz Fachschaftslisten Uni Graz – FLUG-FSL
Kunstuniversität Graz Delphin und Drache – D&D
Salzburg
Mozarteum Salzburg Liste Mozarteum
Kärnten
Fachhochschule Kärnten Fraktion Unabhängiger Studierender – FRUST
Universität Klagenfurt Plattform Unabhängiger Studierender – PLUS
Tirol
FH Kufstein Unabhängige Fachschaftsliste FH Kufstein – FSL FH Kufstein
Oberösterreich
Fachhochschule Gesundheitsberufe Oberösterreich FL FH Gesundheitsberufe – FL FHGOÖ

Einzelnachweise

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  1. Nationalrat: ÖH wieder direkt wählbar (PK0551/12.06.2014) | Parlament Österreich. Abgerufen am 17. Mai 2025.
  2. Die Last-Minute-Koalition. 23. Juni 2017, abgerufen am 18. Mai 2025.
  3. Adrijana Novakovic zur neuen ÖH-Vorsitzenden gewählt. Abgerufen am 18. Mai 2025 (österreichisches Deutsch).
  4. ÖH-Koalitionskrach zwischen Corona-Pandemie und UG-Novelle. 26. April 2021, abgerufen am 18. Mai 2025.
  5. ÖH-Wahlkampf bringt große Auswahl für die Studierenden. Abgerufen am 18. Mai 2025 (österreichisches Deutsch).
  6. Pia-Marie Graves | FLÖ - Unabhängige Fachschaftslisten Österreichs. Abgerufen am 18. Mai 2025.
  7. Kontakt & Presse | FLÖ - Unabhängige Fachschaftslisten Österreichs. Abgerufen am 18. Mai 2025.
  8. Sandra Winkler | FLÖ - Unabhängige Fachschaftslisten Österreichs. Abgerufen am 18. Mai 2025.
  9. Paul Koo | FLÖ - Unabhängige Fachschaftslisten Österreichs. Abgerufen am 18. Mai 2025.
  10. ÖH-Wahl 2025: FLÖ will ausfinanzierte, offene Hochschulen. 2. Mai 2025, abgerufen am 18. Mai 2025.
  11. Die ÖH: Ein historischer Überblick. 3. Mai 2013, abgerufen am 17. Mai 2025.
  12. Are: Geschichte der ÖH- ein kurzer Überblick. In: Progress Online. 28. April 2021, abgerufen am 17. Mai 2025 (österreichisches Deutsch).
  13. fm4v2.ORF.at / ÖH-Wahl 2001. Abgerufen am 17. Mai 2025.
  14. fm4v2.ORF.at / ÖH Wahl 2003 - Ergebnisse. Abgerufen am 17. Mai 2025.
  15. a b fm4v2.ORF.at / ÖH-Wahl 2007. Abgerufen am 17. Mai 2025.
  16. a b 27 05 2011 Um 15:10: ÖH-Wahlen bringen wieder keine klaren Mehrheiten. 27. Mai 2011, abgerufen am 17. Mai 2025.
  17. ÖH-Wahlen 2013: Die Ergebnisse - fm4.ORF.at. Abgerufen am 17. Mai 2025.
  18. ÖH-Wahlen 2015: Die Ergebnisse - fm4.ORF.at. Abgerufen am 17. Mai 2025.
  19. ÖH Wahl 2017 Ergebnisse. Abgerufen am 17. Mai 2025.
  20. ÖH Wahl 2019 Ergebnisse. Abgerufen am 17. Mai 2025.
  21. ÖH Wahl 2021 Ergebnisse. Abgerufen am 17. Mai 2025.
  22. ÖH Wahl 2023 Ergebnisse. Abgerufen am 17. Mai 2025.
  23. ÖH Wahl 2025 Ergebnisse. Abgerufen am 17. Mai 2025.
  24. Hochschulgruppen | FLÖ - Unabhängige Fachschaftslisten Österreichs. Abgerufen am 24. Juni 2023.