André-Charles Boulle

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Medaillenschrank und Kommode von Boulle im Salon des Überflusses in Schloss Versailles
Ebenholzschreibtisch von Boulle in Schloss Vaux-le-Vicomte

André-Charles Boulle (* 11. November 1642 in Paris; † 29. Februar 1732 ebenda) war ein französischer Möbeltischler. André-Charles Boulle war Kind holländischer Emigranten. Der Vater Jean Bolt (französisiert: Jean Boule) zog 1610 aus dem deutschen Teil des Herzogtums Geldern nach Paris und arbeitete für die Witwe des deutschsprachigen Möbeltischlers Jean Senapre.

André-Charles Boulle gilt als der herausragende Handwerker und Künstler im Bereich der Marketerie des 17. Jahrhunderts in Frankreich. Er ist ein wichtiger Repräsentant der Stile Louis-quatorze und Régence. Boulle arbeitete bis zur vorübergehenden Schließung der königlichen Manufaktur im Jahre 1694 überwiegend für den französischen Hof. Seine Arbeiten beeinflussten die Kunsttischlerei in ganz Europa. Die durch André-Charles Boulle weiterentwickelte und nach ihm benannte Boullemarketerie unterscheidet sich von der herkömmlichen Marketerie im Hinblick auf die verwendeten Materialien.

Nach ihm ist die renommierte Möbelbauerschule École Boulle in der Rue du Faubourg Saint-Antoine in Paris benannt.

Schrank mit Papageien (an der Seite) von Boulle, Louvre, Paris

Zwischen 1662 und 1667 wurde das unter Henri de Navarre begonnene Programm zur Erneuerung und Zentralisierung des Handwerks und der Künste durch den späteren Finanzminister Contrôleur général des finances Jean-Baptiste Colbert fortgesetzt. Dies führte nach 1662 zur Gründung der Manufacture royale des Meubles de la Couronne (Königliche Manufaktur der Möbel der Krone). In den darin angeschlossenen königlichen Manufakturen wie u. a. der Manufacture royale des Gobelins, der Manufacture de la Savonnerie, der Manufacture royale des Glaces de Miroirs (königliche Spiegel-Manufaktur) und der Manufacture royale des Meubles wurden die zur repräsentativen Dekoration notwendigen Gewerke zusammengefasst. Durch die Zusammenarbeit mit den zeitgleich durch Colbert gegründeten Akademien schufen diese ikonografisch und materiell den barocken Repräsentationsstil Ludwig XIV.

In den ersten Jahrzehnten stand dabei die Dekoration der Appartements im Louvre und des Schlosses von Versailles im Vordergrund. Die Aufgaben der Manufaktur bestand in der Einrichtung und im Erhalt des königlichen Inventars der von den Bâtiments du Roi verwalteten königlichen Schlösser und Palais. Die Leitung der Bâtiments oblag ab 1664 dem surintendant et ordonnateur général des bâtiments, arts, tapisseries et manufactures de France, parallèlement contrôleur général des finances et secrétaire d’État à la Maison du Roi, Jean-Baptiste Colbert. Zu seinem künstlerischen Leiter wählte er den ersten Maler des Königs, Charles Le Brun, der zugleich der Direktor der Académie royale de peinture et de sculpture (Akademie für Malerei und Skulptur) in Paris war und Gründer der Académie de France à Rome. Die Konzentration von finanziellem und künstlerischem Einfluss trug wesentlich zur Herausbildung der homogenen Dekoration bei. Dieser wurde beispielhaft für die Entwicklung des europäischen Barockinterieur. Innerhalb des höfischen Zeremoniells nahm das Mobiliar als dekoratives, repräsentatives und funktionales Element eine wichtige Stellung ein.

Das in den Werkstätten gefertigte massive Silbermobiliar für das Große Appartement und die Spiegelgalerie in Versailles blieb im handwerklichen und künstlerischen sowie im Wert des verarbeiteten Materials und in der räumlichen Disposition beispiellos in der Geschichte des gesamten europäischen Möbelbaus. Die für die Spiegelgalerie als Dreiheit konzipierten Konsoltische als Basis für die darüber befindlichen in Silber gerahmten Spiegel und den beidseitig flankierenden silbernen Gueridons waren ein Meilenstein im Beleuchtungskonzept von Innenräumen. Das gesamte Silbermobiliar wurde jedoch im Pfälzer Erbfolgekrieg wegen Geldknappheit eingeschmolzen. Ihm folgten ab der letzten Dekade des 17. Jahrhunderts die zum Teil mit Grotesken-Motiven von Jean Bérain dekorieren Möbel in Boulle-Technik.

Neben André Charles Boulle gab es weitere Ebenisten, die Arbeiten in der Boulle-Technik ausführten. Zu den prominentesten Zeitgenossen gehören Alexandre-Jean Oppenordt und Bernard I Van Risamburgh.

Kabinettschrank mit Relief Ludwigs XIV. von Boulle, 1690–1710, Louvre, Paris

Über die Kindheit und die Ausbildung von André-Charles Boulle ist wenig bekannt. Überliefert ist die Ausbildung in der Werkstatt seines Vaters. Es wird vermutet, dass Boulle eine Ausbildung als Maler absolviert hat, da eine der ersten Rechnungen ouvrages de peinture auf diese Tätigkeit hin gestellt wurde.

Ab 1667 ist Boulle in der Pariser Zunft registriert. Er soll in seiner eigenen Werkstatt bis zu 40 Personen beschäftigt haben. Auf die Empfehlung von Jean-Baptiste Colbert, der ihn als « le plus habile ébéniste de Paris » beschrieb, übernahm André-Charles Boulle, nach dem Tode von Jean Macé van Blois im Jahre 1672 als ébéniste du Roi, die königliche Möbelwerkstatt im Louvre. Er erhielt im Louvre das Privileg, als Graveur und Ziseleur sowie als Vergolder unabhängig von den Zunftgesetzen eigene Marketerie- und Bronze-Arbeiten anzufertigen. Mit dem Titel ébéniste du Roi war ein jährliches Gehalt und eine Wohnung im Louvre verbunden. Diese Wohnung behielt Boulle bis zu seinem Tod im Alter von 89 Jahren. Bis zur vorübergehenden Schließung der königlichen Manufaktur 1694 war Boulle überwiegend mit der Ausstattung der königlichen Schlösser betraut. Einige seiner Stücke dienten ebenfalls als Geschenk an Botschafter alliierter Höfe.

Die Technik der Marketerie wurde am Anfang des 17. Jahrhunderts vor allem von italienischen, niederländischen und deutschen Kunsttischlern in Frankreich etabliert. Mit der Gründung der königlichen Manufakturen in Paris war die Berufung von ausgezeichneten Handwerkern verbunden. Prägend für Boulle waren neben seinem Vorgänger Jean Macé van Blois Arbeiten von Pierre Gole (auch Pierre Golle), Auburtin Gaudron und Dominique Cucci, die teilweise gemeinsam arbeiteten.

Schmuckfußböden

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Wie Pierre Gole war André-Charles Boulle an der Herstellung von Schmuckfußböden und Boiserie in Versailles beteiligt. Pierre Gole führte u. a. den Schmuckfußboden im Cabiné Doré in Versailles aus, während die Ausführung des Bodens im benachbarten Grand Cabinet Cabinet de Dauphin André-Charles Boulle zugeschrieben wird. Der überlieferte Entwurf des Cabinet Doré erinnert an einen geknüpften Teppich der Savonnerie. Ein Zeitgenosse von Boule mit vergleichbaren stilistischen Merkmalen war der Ebenist Alexandre-Jean Oppenordt. Er fertigte die Böden in der Petite Galerie. Für viele der Intarsienböden wie im Hôtel de Soubise oder im Spiegelkabinett des Schlosses Maisons-Laffitte sind Zuschreibungen bislang nicht möglich. Bei den Arbeiten von Boulle hat es sich aber wahrscheinlich um die aufwendigeren Intarsienböden gehandelt.

Die bedeutendsten Arbeiten entstanden zwischen 1680 und 1710. Zwischen 1682 und 1686 fertigte André-Charles Boulle für 94.000 livres neben den Intarsienböden und der Wandvertäfelungen auch die Konsoltische und Stühle für das Cabinet des Glaces im Château de Versailles für das neue Appartement von Ludwig von Frankreich, Le Grand Dauphin.

In dieser Zeit zählten zu seinen Kunden auch König Philipp V. von Spanien, Kurfürst Max Emanuel von Bayern und der Erzbischof von Köln.

Eine Anzahl seiner späteren Möbel tragen feuervergoldete Bronzen, die von Etienne Forestier gefertigt wurden.

Der Begriff der Boullemarketerie wird umgangssprachlich für die verwendete Technik wie auch als Stilbegriff gebraucht. André-Charles Boulle perfektionierte die Marketerie-Technik. Durch den Einsatz verbesserter Werkzeuge wurde eine schnellere und präzisere Fertigung möglich.

Während der Julimonarchie von Ludwig Philipp und insbesondere in der Regierungszeit von Napoleon III. entstanden eine Reihe hochwertiger Nachbildungen von Stücken, die André-Charles Boulle zugeschrieben wurden. Diese Arbeiten wurden auch als Buhl work bezeichnet. Da eine Zuschreibung vieler Originale bis heute nicht immer zweifelsfrei geklärt ist, handelte es sich bei einigen der Kopien nicht um Originale von Boulle, sondern seiner Zeitgenossen. Beispiele dafür sind die Kopien eines Schreibtisches, die von John Webb zwischen 1853 und 1857 für den 4th Marquess of Hertford hergestellt wurden. Das Original stammte nicht wie angenommen von Boulle, sondern von Bernard I. van Risamburgh, der dieses für den Kurfürsten Max Emanuel von Bayern fertigte.

Aufsätze
  • Jean Nérée Ronfort: André-Charles Boulle. Die Bronzearbeiten und seine Werkstatt im Louvre. In: Hans Ottomeyer u. a.: Vergoldete Bronzen. Die Bronzearbeiten des Spätbarock und Klassizismus. Klinkhardt & Biermann, München 1986, ISBN 3-7814-0217-7.
    • 2. Beiträge zur Geschichte und Technik der Bronzearbeiten, zu Künstlern und Werkstätten.
  • Jean Nérée Ronfort: André-Charles Boulle (1642–1732). Chronologie nouvelle de sa vie et de son œuvre. In: Dossier de l’Art, Nr. 124, November 2005, Editions Faton, Dijon.
  • Jean Nérée Ronfort: André-Charles Boulle. Commandes pour le Grand Dauphin à Versailles. In: Dossier de l’Art, Nr. 124, November 2005, Editions Faton, Dijon.
  • Jean Nérée Ronfort: André-Charles Boulle. Commandes pour la duchesse de Bourgogne à Versailles et au château de la Ménagerie. In: Dossier de l’Art, Nr. 124, November 2005, Editions Faton, Dijon.
Monographien
  • Yannick Chastang: Paintings in wood. French marquetry furniture. Wallace Collection, London 2002, ISBN 0-900785-66-7 (Katalog zur gleichnamigen Ausstellung).
  • Adolf Feulner: Kunstgeschichte des Möbels (= Propyläen-Kunstgeschichte; Sonderband 2). Propyläen-Verlag, Frankfurt/M. 1980.
  • Peter Hughes: The Wallace Collection: Catalogue of Furniture. Wallace Collection, London 2000, ISBN 0-900785-51-9.
  • Hiltrud Kier: Schmuckfußböden in Renaissance und Barock (= Kunstwissenschaftliche Studien; Bd. 49). Deutscher Kunstverlag, München 1976, ISBN 3-422-00679-6.
  • Fiske Kimball: The creation of the Rococo decorative style. Dover Publications, New York 1980, ISBN 0-486-23989-6.
  • Jean Nérée Ronfort: Boulle et Versailles. Nouvelles découvertes. Editions Faton, Dijon. ISSN 1161-3122, November 2005.
  • Peter Thornton: Seventeenth-century interior decoration in England, France and Holland. Yale University Press, New Haven, Conn 1990, ISBN 0-300-02193-3.
Commons: André-Charles Boulle – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Koller, Zürich 2014 FAZ vom 27. September 2014, Seite 13.