Vorlesung Elektrotechnik ET1a
Vorlesung Elektrotechnik ET1a
Erstellt von
WS 2017
Vorlesung_ET1a_Langversion Seite 1
Elektrotechnik 1, Teil1 Alfred Mair
Vorwort
Dieses Skriptum dient als Unterlage für die Vorlesung "Elektrotechnik 1 (ET1a)".
Das Ziel dieser Unterlagen ist es, den Studierenden die Möglichkeit zu geben, sich auf
die Vorlesung vorzubereiten, bzw. nachträglich sich mit den Themenstellungen
auseinanderzusetzen.
Es wird daher dringend empfohlen sich die für den jeweiligen Vorlesungsblock geplanten
Inhalte vorher durchzuarbeiten und sich bei Unklarheiten Fragen zu notieren.
Zur vertiefenden Beschäftigung mit der Materie wird das folgende Lehrbuch nahegelegt.
Dem Verlag sei an dieser Stelle ausdrücklich gedankt, dass Inhalte und Bildmaterial
auszugsweise aus dem Buch für das Skriptum verwendet werden durfte.
Dieses Skriptum ist ausschließlich für die Verwendung an der FH-Wels für Studenten des
Studienganges MEWI vorgesehen und daher passwortgeschützt.
Zum besseren Verständnis des Stoffes sind direkt in der Vorlesung Rechenübungen
integriert.
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Elektrotechnik 1, Teil1 Alfred Mair
Inhaltsverzeichnis
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Elektrotechnik 1, Teil1 Alfred Mair
Die Geschichte der Elektrizität begann nicht erst im 18. oder gar 19. Jahrhundert, sondern schon vor
sehr langer Zeit.
Die technische Nutzung der ELEKTRIZITÄT im heutigen Sinn begann aber erst mit WERNER von
SIEMENS; der die erste „selbst erregte Dynamomaschine“ im Jahr 1867 baute und damit das
Zeitalter der Energietechnik einleitete.
Dieser geschichtliche Abriss soll zeigen, wie früh bereits die Theorie der Elektrotechnik bekannt war
und wie lange es dauerte, bis daraus technischer Nutzen gezogen werden konnte.
Andererseits soll damit gezeigt werden, wie rasch die technische Entwicklung der Elektrotechnik
seit 1945 fortgeschritten ist.
Darüber hinaus soll versucht werden, einen Zusammenhang zwischen den Namen der „Pioniere“ der
Elektrotechnik und bestimmten Einheiten, Begriffen usw. herzustellen.
Die GERMANEN fanden bereits in der BRONZEZEIT (3000 bis 1000 v. Chr.) an der Ostseeküste
gelbbraune Steine, die mit heller Flamme verbrannten, wenn sie ins Feuer geworfen wurden. Dieser
als BERNSTEIN bekannte Stein war allerdings erstarrtes Harz und fand bei den Germanen als
Schmuck Verwendung.
Über Handelswege kam Bernstein nach Griechenland und wurde dort als ELEKTRON bezeichnet.
Die Griechen entdeckten bereits, dass Bernstein in der Lage war, kleine Teilchen (Flaumfedern etc.)
anzuziehen, wenn er zuvor mit einem Wolltuch gerieben wurde.
Um 600 vor Christus entdeckte Thales von Milet bei Versuchen mit einem Bernsteinstab und
Reibung, dass Wollfasern angezogen wurden.
Im Jahr 1570 fand der englische Arzt WILLIAM GIBERT heraus, dass auch Siegellack gleiche
Eigenschaften wie geriebener Bernstein zeigt und verwendete als Erster für die dabei entstehende
Anziehungskraft die lateinische Bezeichnung „vis electrica“ – elektrische Kraft.
Das Zeitalter der „strömenden Elektrizität“ begann 1799, als der italienische Naturforscher GRAF
ALESSANDRO VOLTA die Erkenntnisse seines Landsmannes GALVANI zur so genannten
Volta´schen Säule weiterentwickelte.
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Elektrotechnik 1, Teil1 Alfred Mair
Der Italiener LUIGI GALVANI beobachtete 1790 an frisch sezierten Froschschenkeln, die an
Kupferdrähten an einem Eisengitter aufgehängt waren und zufällig (durch z.B. Windeinwirkung) mit
dem Eisengitter in Berührung kamen, das Auftreten von Zuckungen des Froschschenkels.
Er deutete diesen Versuch nur teilweise richtig, da er annahm, dass in frisch sezierten
Froschschenkeln elektrische Spannungen auftreten und bei Stromfluss Muskelkontraktionen
hervorrufen.
VOLTA entdeckte, dass ein elektrischer Strom in einem Stromkreis zustande kommt, wenn zwei
verschiedene Metalle (Eisen und Kupfer z.B.) über einen Elektrolyten (Flüssigkeit in den
Froschschenkeln) verbunden werden.
Er entdeckte aber auch, dass der Strom wesentlich stärker wurde, wenn man mehrere derartige
„Elemente“ hintereinander schaltete. Diese Erkenntnis führte zur Entwicklung der „Volta`schen
Säule“ (erste Batterie).
Im Jahre 1802 brachte der englische Chemiker und Physiker Sir HUMPHREY DAVY – Lehrer des
berühmten FARADAY – einen Platindraht mit Hilfe des elektrischen Stromes aus galvanischen
Elementen zum Glühen.
Der dänische Physiker HANS CHRISTIAN OERSTED entdeckte 1820, dass eine Magnetnadel in
der Umgebung eines stromdurchflossenen Leiters abgelenkt wird. Kurz darauf erkannte er, dass auch
ein feststehender Magnet auf einen drehbar aufgehängten Stromkreis eine Wirkung auszuüben in der
Lage ist. Er hatte mit seinen Versuchen den Elektromagnetismus entdeckt.
Im Jahre 1825 beobachtete der französische Mathematiker und Physiker Andre Marie AMPERE
die gleichen Erscheinungen wie OERSTED und fand auch den mathematischen Zusammenhang
zwischen Kraftwirkung eines stromdurchflossenen Leiters im Magnetfeld und der Kraftwirkung
zweier stromdurchflossener Leiter aufeinander (elektrodynamische Wirkung).
1827 klärte der deutsche Physiker GEORG SIMON OHM die Begriffe Strom, Spannung und
Widerstand und formulierte das „Ohmsche Gesetz“.
Der englische Physiker MICHAEL FARADAY suchte nach den tieferen Ursachen für die Wirkung
zwischen Strom und Magnetismus. Er definierte den Begriff des magnetischen Feldes – ein von
magnetischen Feldlinien durchsetzter Raum.
Er war es auch, der 1831 zwei Spulen auf einen Eisenkern wickelte und dabei entdeckte, dass beim
Ein- und Ausschalten des Stromes in der einen Spule, in der anderen jedes Mal eine Spannung
erzeugt wurde (elektromagnetische Induktion).
1847 erweiterte der deutsche Physiker Gustav Robert KIRCHHOFF die von OHM gemachten
Berechnungen auf verzweigte Stromkreise und formulierte die nach ihm benannten „Kirchhoffschen
Regeln“.
1867 baute, wie bereits erwähnt, der deutsche Elektrotechniker Werner von SIEMENS den ersten
selbst erregten Generator und begründete damit die Entwicklung der Starkstromtechnik – heute als
Elektrische Energietechnik bezeichnet.
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1873 erfolgte anlässlich der Wiener internationalen Ausstellung die erste elektrische
Kraftübertragung unter Verwendung eines Elektromotors.
Erfindungen, wie die des Mikrophons – 1876 durch den englischen Physiker HUGHES – oder die
der Kohlefadenlampe durch den Amerikaner Alva Thomas EDISON im Jahre 1879 (die erste
Kohlefadenlampe wurde allerdings vom Deutsch - Amerikaner Heinrich Goebel 1854 gebaut),
verhalfen der Elektrizität auch im öffentlichen Leben zum Durchbruch.
So baute EDISON 1882 in New York das erste Elektrizitätswerk mit 90 kW Gleichstrom – Leistung.
1883 fand die „Internationale elektrische Ausstellung“ in Wien statt. Sie bot Einblick in die
Erzeugung und Speicherung elektrischer Energie, sowie in die Informationsübertragung durch
Telegraphie und Telefonie. Darüber hinaus wurde auch die kurz zuvor entwickelte Glühlampe
gezeigt.
1888 gelang dem deutschen Physiker Heinrich HERTZ der experimentelle Nachweis der
Raumausbreitung elektromagnetischer Wellen. Das war der Beginn der drahtlosen
Nachrichtentechnik.
Ebenfalls im Jahre 1888 baute der AEG – Ingenieur Michael von DOLIVO – DOBROWOLSKI
den ersten brauchbaren Drehstrommotor.
Er war auch technischer Leiter der ersten großen Drehstrom – Energieübertragung von einem
Kraftwerk in Lauffen am Neckar zur Internationalen Elektrotechnischen Ausstellung nach Frankfurt
am Main (1891). Die Übertragungsspannung betrug 25 kV (Leiter gegen Leiter bzw. ca.15 kV Leiter
gegen Erde) bei einer Frequenz von 24 Hz.
Die übertragene Leistung von 132 kW wurde als Antriebsleistung für einen Elektromotor verwendet,
der die Pumpe eines künstlichen Wasserfalles anzutreiben hatte.
Dieser Versuch kann als die „Geburtsstunde“ der Elektrischen Energietechnik angesehen werden.
1897 baute der deutsche Physiker Friedrich BRAUN die erste Kathodenstrahlröhre und lieferte
damit die Grundlage für die modernen Elektronenstrahlröhren (Fernsehbildröhren, Elektronenstrahl-
Oszillographen und -Mikroskope).
Erst 1899 wurde die erste Metallfadenlampe vom Österreicher Auer von WELSBACH gebaut.
Bereits im Jahre 1900 wurde auf der Weltausstellung in Paris ein von Ferdinand PORSCHE in
Wien erbautes Elektroauto der Öffentlichkeit vorgestellt. Dieser „Ur-Porsche“ mit Frontantrieb
besaß in den Naben der beiden Vorderräder je einen 2 kW Elektromotor. Er erzielte bei 120 U/min
eine Dauergeschwindigkeit von etwa 37 km/h. Die in einem riesigen Kasten eingebauten Blei -
Akkumulatoren reichten für eine Fahrstrecke von 50 km.
1912 wurde im elektrischen Bahnbetrieb das Einphasen – Wechselstromsystem mit einer Spannung
von 15 kV und einer Frequenz von 16 2/3 Hz eingeführt.
Mit Beginn des 20. Jahrhunderts wurde das Tempo in der Entwicklung der Elektrotechnik immer
schneller. Es ist in diesem Rahmen auch nicht annähernd möglich, alle wichtigen Entwicklungen zu
erwähnen. Stellvertretend dafür sollen daher nur einige „Highlights“ angeführt werden.
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Elektrotechnik 1, Teil1 Alfred Mair
Einige der elektrischen Phänomene (später auch die magnetischen Phänomene) konnten bereits im
18. Jahrhundert durch Charles Augustin Coulomb durch den Begriff der „Ladung" genau
beschrieben und quantifiziert werden.
Der Zustand eines Körpers (d.h. die Wirkung auf andere Körper) sollte demnach durch einen
„Ladungszustand" beschrieben werden. Da man es bei der Kraftwirkung sowohl mit Anziehungs-
und Abstoßungskräften zu tun hat, kann der Ladungszustand sowohl positive als auch negative
Zahlenwerte annehmen.
➢ Wenn Sie einen Kamm an Ihrer Kleidung reiben, können Sie anschließend damit kleine
Papierschnipsel "ansaugen".
➢ An manchen Tagen kann man ein Knistern hören, wenn man seinen Pullover auszieht. Im
Dunkeln kann man sogar Funken erkennen.
➢ Wahrscheinlich haben Sie sich sogar schon einen Schlag "eingefangen", als Sie aus dem
Auto gestiegen sind und die Türe schließen wollten.
Solche Erscheinungen lassen sich auf elektrische Ladungen zurückführen, die durch Reibung
elektrischer Isolatoren entstehen kann. Dabei werden Elektronen weggenommen oder Elektronen
angehäuft. Es entsteht entweder ein Elektronenmangel (positive Ladung) oder ein
Elektronenüberschuss (negative Ladung). Zwischen solchen Ladungen treten Kräfte auf, die wir
beobachten können.
Die Ladung Q wird auch als Elektrizitätsmenge bezeichnet und besteht immer aus einer bestimmten
Anzahl von Elementarladungen.
Q n e
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1.2 Elektrizität und Aufbau der Materie
Erst im 19. Jahrhundert konnte nachgewiesen werden, dass die „Ladung" aus „Ladungsträgern"
besteht. Die Ladungsträger sind Grundbausteine der Atome. Es fanden sich 2 verschiedene Arten
von elektrischen Ladungsträgern (positive und negative Ladungsträger).
Die Atome sind im Normalfall (nicht ionisiert) elektrisch neutral, das bedeutet:
Das Modell des Wasserstoff-Atoms basiert auf der Vorstellung einer positiven Kernladung und einer
negativen Ladung des Elektrons. Das Elektron bewegt sich in einer bestimmten Entfernung auf einer
Kreis- oder Kugelbahn mit einer bestimmten Geschwindigkeit um den Kern. Ungleiche Ladungen
ziehen sich an. Das Kräfte-Gleichgewicht wird durch die Zentrifugalkraft wieder hergestellt.
In der modernen Physik wird die Elektronenbewegung sowohl als Teilchenbewegung (einfacher) als
auch als Welle angesehen. Bei der Wellentheorie wird mit Aufenthaltswahrscheinlichkeiten
gerechnet. Hier soll nur die Bewegung anhand von Teilchen diskutiert werden.
Anders sieht die Bindung der Ladung z.B. bei Aluminium aus. Aluminium hat im Kern 13 positive
Protonen und zusätzlich 14 neutrale Neutronen. Die innerste Elektronenschale ist mit zwei
Elektronen besetzt und die zweite mit acht. Damit Ladungsgleichgewicht herrscht, müssen auch die
3 restlichen Kernladungen mit negativ geladenen Elektronen kompensiert werden.
Diese negativen Ladungen befinden sich in der äußersten Schale relativ lose an den Kern
angebunden. Die Elektronen in den äußeren Bahnen werden Valenzelektronen genannt.
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1.3 Eigenschaften der Atome
Die äußere Schale bestimmt das (chemische, physikalische) Verhalten des Atoms. Diese Schale wird
häufig als „Valenzschale" bezeichnet. Gesättigte Schalen (d.h. maximal besetzte Schalen) zeigen die
geringste chemische Aktivität. Alle Edelgase besitzen gesättigte Valenzschalen.
Maximale Besetzung der Schalen:
Die Bindung der Elektronen der äußeren Schale an das Atom hängt ebenfalls von der Besetzung der
Valenzschale ab:
Die Molekül-Bindung beruht darauf, dass ein System (hier Molekül) möglichst ein Energie-
minimum hat. Gibt das Natrium-Atom ein Elektron an das Chlor-Atom ab, ist die äußere Schale des
Na-Atoms leer und die des Cl-Atoms voll. Dieses bewirkt die so genannte molekulare Anziehung.
Weil das Na-Atom ein Elektron abgegeben hat, ist es ladungsmäßig "eins" positiv. Das Cl-Atom hat
ein Elektron aufgenommen, darum ist es ladungsmäßig "eins" negativ. Positive und negative
Ladungen ziehen sich an, daher die molekulare Bindung.
Salz-Molekül NaCl
(Natrium und Chlor)
Ist die Hydrationsenergie ähnlich groß oder größer als die Gitterenergie, ist das Salz mäßig oder gut
löslich. In Lösungen sind die einzelnen Ionen von Wassermolekülen recht eng und intensiv
ummantelt und auch beweglich. Als Reaktion wird dies in der Chemie oft so dargestellt:
NaCl(s) Na+(aq) + Cl-(aq)
Das (s) weist auf einen Feststoff hin und (aq) markiert, dass das Ion hydratisiert vorliegt.
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1.4 Die elektrische Spannung U
W Nm Ws VAs
U [U] = V
Q C As As
Die Spannung wird immer von positivem Potenzial zu negativem Potenzial mit einem Pfeil
gekennzeichnet.
Die Spannung ist die Ursache für den Stromfluss in elektrischen Leitern. Sie 'treibt' die Elektronen
vom Minuspol zum Pluspol.
Spannungserzeugung beruht immer darauf, dass Ladungen getrennt werden. Dies kann auf
verschiedene Arten erreicht werden. Die wichtigsten Arten der Spannungserzeugung sind:
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1.5 Elektrisches Potenzial φ
In einer elektrischen Spannungsquelle werden positive und negative Ladungen voneinander getrennt,
Pluspol bzw. Minuspol entstehen.
Ausgehend von einem beliebigen Bezugspunkt (z.B. Minuspol) kann jedem Punkt zwischen Pluspol
und Minuspol ein bestimmtes Potenzial zugeordnet werden.
Das elektrische Potenzial entspricht dem relativen Energiezustand einer Ladung, vergleichbar mit
der Lageenergie einer Masse. (potenzielle Energie)
Beispiel 1 Beispiel 2
• φ=2V • φ=-2V
• φ=0V • φ=-4V
Die Berechnung der Kraftwirkung zwischen Ladungen oder Ladungsträgern beschreibt nicht
vollständig das Phänomen des elektrischen Stromes. Strom ist das zeitliche Abfließen von
Ladungsträgern durch ein Medium (z.B. Entladung der Wolken durch einen Blitz in der
Atmosphäre).
Verbindet man zwei unterschiedlich geladene Körper mit einem elektrischen Leiter, so fließen
Elektronen vom Körper mit Elektronenüberschuss zum Körper mit Elektronenmangel bis keine
Ladungsdifferenz mehr besteht.
Ein Strom I von 1 A fließt, wenn durch einen Leiter in einer Sekunde eine Ladung Q von 1C
verschoben wird. Daraus folgt:
Q
I
t [I] = [Q] / [t] = As / s = A
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1.6.1. Wirkungen des elektrischen
Stroms
• Wärmewirkung:
Diese tritt bei jeder Ladungsträgerbewegung im Körper
auf. Sie ist eine Sonderform der Lichtwirkung, für das
Auge unsichtbar.
• Magnetische Wirkung:
Sie wird von stromdurchflossenen Leitern immer
hervorgerufen, es erfolgt eine Kraftwirkung auf andere
bewegte Ladungen.
• Lichtwirkung:
Sie entsteht z.B. bei Leuchtstofflampen
(Gasentladungslampen, Glimmlampen), bei LED und
bei Glühlampen durch Nutzung der Wärmewirkung.
• Chemische Wirkung:
Es ist ein Elektrolyt notwendig; sie wird verwendet zur
Zerlegung von H und O, beim Laden von Akkus,
Galvanisieren usw.
• Physiologische Wirkung:
Ein Stromfluss durch den Körper bewirkt verschiedene
Symptome (Herzkammerflimmern, "Elektrolyse",
Beeinflussung des Nervensystems, Verbrennungen).
Ab 30-50 mA kann im Bereich des Brustkorbs eine Kontraktur, das heißt Anspannung der
Atemmuskulatur und des Zwerchfells auftreten, und damit ein Atemstillstand für die Dauer des
Stromflusses. Dieser kann auch erfolgen, wenn der Stromfluss das Atemzentrum im Hirnstamm in
Mitleidenschaft zieht.
Niederfrequenter Wechselstrom kann schon bei einer Stromstärke von 50 mA zum Tod durch
Kammerflimmern führen, da er bei der Frequenz von 50 Hz Wechselstrom 100 mal pro Sekunde die
Möglichkeit vorfindet, auf die empfindliche Phase des Herzmuskels einzuwirken. Die Verdopplung
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ergibt sich durch den Umstand, dass sowohl die positive als auch negative Halbwelle des
Wechselstromes biologisch wirkt.
Bei Unfällen mit Gleichstrom können demgegenüber noch Stromstärken von 300 mA überlebt
werden. Gleichspannung verursacht im Körper bei langer Einwirkzeit aufgrund von Elektrolyse
chemische Veränderungen.
Hochfrequenz ab etwa 100 kHz führt nur noch zu geringer, solche ab etwa 300 kHz führt zu keiner
Nervenreizung mehr, da die im Körper herrschende Ionenleitung den schnellen Polaritätswechseln
nicht zu folgen vermag. Die von der Spannung abhängigen thermischen Schädigungen können
dennoch auftreten und sind bei HF-Chirurgie erwünscht, um Blutungen zu stoppen.
Es gibt aber auch markante Ausnahmen: Ein Defibrillator wird eingesetzt um Leben zu erhalten,
dabei beträgt die Spannung bis zu 750 Volt und liegt zwischen 1 und 20 Millisekunden lang an. Die
Stromstärke erreicht bei einem angenommenen durchschnittlichen Körperwiderstand von 50 Ohm
etwa 15 Ampere.
In der Praxis handelt es sich bei den Gefahrenquellen meist um Spannungsquellen. Der elektrische
Strom ergibt sich dann aus dem Spannungswert und dem Körperwiderstand. Dennoch wird meist die
Höhe der elektrischen Spannung als Kriterium für die Klassifizierung der Gefährlichkeit benutzt, da
sich der Körperwiderstand in bestimmten bekannten Bereichen bewegt.
Der konkrete Wert des den Körper durchfließenden elektrischen Stromes ergibt sich aus dem
elektrischen Widerstand, den der menschliche bzw. tierische Körper bildet. Dieser ist nicht konstant
und von verschiedenen Parametern abhängig.
Als Richtwert kann man für den Körperwiderstand einen Bereich von 500 Ohm bis 3 kOhm
annehmen. Das gilt für einen Erwachsenen mit trockener Haut und einem Stromweg zum Beispiel
von der rechten Hand zum linken oder rechten Fuß. Bei feuchter (verschwitzter) Haut, bei
großflächiger Berührung, bei dünner Haut (beispielsweise bei Säuglingen) und bei kürzeren Wegen
ist dieser Wert deutlich geringer.
Einwirkdauer
Stromschläge führen zu Schäden, die von ihrer Dauer abhängen. So führen elektrostatische
Entladungen (Spannungen bis über 15 KV) trotz ihrer hohen Stromstärke von einigen Ampere in der
Regel nur zu Schreckreaktionen oder Folgeunfällen, da deren Entladungsdauer nur unterhalb einer
Mikrosekunde liegt. Beim Weidezaungerät (Impulse von einigen Kilovolt) nutzt man dies aus, um
Tiere fernzuhalten, ohne ihnen Schaden zuzufügen. In beiden Fällen kommt es bereits zu
Muskelkontraktionen, die jedoch noch nicht zu dramatischen unkoordinierten Bewegungen führen.
Schreckreaktionen können dabei jedoch zu Folgeunfällen führen.
Übersteigt die Einwirkdauer etwa 100 ms, sinkt die Grenzstromstärke zum Herzkammerflimmern
(Todesgefahr), die von 20 ms bis dahin knapp 500 mA beträgt, stark ab, bis sie ab etwa 1 s
Einwirkdauer etwa 40 mA beträgt. Dementsprechend lösen die zur Vermeidung von Stromschlägen
eingesetzten Fehlerstromschutzschalter bei einem Fehlerstrom von 30 mA innerhalb von 100 ms aus.
Bei größeren Fehlerströmen ist die Auslösezeit geringer und beträgt minimal etwa 20 ms - ein Wert,
der auch beim Berühren eines Netzspannung führenden Leiters durch eine mit der Erde verbundenen
Person noch Schutz bietet.
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Erst wenn die Spannungsfreiheit sichergestellt ist, kann unmittelbar mit der Versorgung der
Verletzten begonnen werden.
Im Gewerbe wie im Haushalt finden sich üblicherweise Anlagen mit Niederspannung bis maximal
1.000 Volt. Die Unterbrechung des Stromkreises kann hierbei durch Ausschalten, Ziehen des
Netzsteckers, Auslösen des Sicherungsautomaten oder Herausdrehen der Sicherung geschehen.
Was muss ich tun, wenn die Person vom Stromfluss getrennt ist?
Unfälle mit geringer Stromeinwirkung bleiben zumeist ohne Folgen. Kommt es jedoch zur
Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens, vor allem mit Symptomen seitens des Herzens, ist
Vorsicht geboten.
Körperliche Belastungen sollten nach dem Unfall vermieden werden. Der Verunfallte muss
unverzüglich einem Arzt zur weiteren Abklärung vorgestellt werden.
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➢ Isolatoren (= Nichtleiter)
➢ Metallen (= Elektronenleiter)
➢ Flüssigkeiten (= Ionenleiter)
➢ Gasen (= Elektronen- und Ionenleiter)
➢ Halbleitern (= Störstellenleiter)
➢ Supraleitenden Stoffen
Der Unterschied in der Leitfähigkeit dieser Stoffe liegt bei mehreren Zehnerpotenzen.
Feste Materialien haben oft einen kristallinen Aufbau, ihre Atome befinden sich z. B. an den
Eckpunkten eines Würfels. Der relativ große Abstand zwischen den Atomen, der so genannte
Gitterabstand, ist durch atomare Kräfte bedingt und kann durch Wärme beeinflusst werden. In
diesem Abstand bewegen sich die Valenzelektronen der Atome, die für die chemische Bindung mit
anderen Atomen maßgebend sind.
Jeder Stoff ändert mit der Temperatur seine physikalischen und elektrischen Eigenschaften.
2.1 Isolatoren
Isolatoren (= Nichtleiter) sind Werkstoffe, die nur ganz wenige freie Elektronen im Atomverband
haben. Unter dem Einfluss einer angelegten Spannung werden immer an irgendeiner Stelle des
Werkstoffes Elektronen freigesetzt. Es gibt deshalb keinen idealen Nichtleiter.
Voraussetzung für das Vorhandensein von „Leitfähigkeit" eines Stoffes ist die Existenz beweglicher
Ladungsträger. Da die Protonen durch Nuklearkräfte stark an den Kern gebunden sind, verbleiben
als mögliche Leiter Stoffe, die eine schwache Elektronenbindung an den Kern besitzen.
Leiter aus Metall haben einen kristallinen Aufbau, die Atomkerne sind fest an Gitterpunkte
gebunden. Kupfer ist das wichtigste Leitermaterial in der Elektrotechnik.
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K: 2 x 12 = 2
L: 2 x 22 = 8
M: 2 x 32 = 18
N: 2 x 42 = 32 möglich, aber nur 1 vorhanden
Die Bindungsenergie der Elektronen nimmt mit dem Abstand zum Kern hin ab. Ein Valenzelektron
kann so weit vom Atomkern weg sein, dass der Abstand zum benachbarten Kern gleich groß ist.
Die Anziehungskräfte heben sich dann auf, das Elektron kann sich frei bewegen. Es bleiben positiv
geladene Atomkerne zurück, so genannte IONEN.
Gold: 2 8 18 32 18 1
Silber: 2 8 18 18 1
Kupfer: 2 8 18 1
Bei Metallen wird mit einer Ladungsträgerdichte von N=10 23 1/cm3 gerechnet (je ein freies Elektron
pro Atom).
Beim Anlegen einer Spannung an die beiden Enden eines Kupferdrahtes werden alle freien
Elektronen durch das nun vorhandene elektrische Feld vom positiven Pol angezogen und vom
negativen Pol abgestoßen.
Die Bewegung dieser Elektronen durch den Atomverband ist durch ständige Beschleunigung und
Abbremsung gegeben (Elektronen stoßen untereinander und mit Atomkernen zusammen, von der
Temperatur abhängig).
Es stellt sich eine mittlere Elektronengeschwindigkeit von ca. 0,1 bis 10 mm/s ein. Der Stromfluss
selbst ist ein Impuls, der sich mit Lichtgeschwindigkeit fortpflanzt (ca. 300.000 km/s).
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3.2 Stromkreis und elektrischer Widerstand
Der elektrische Widerstand (Größensymbol R - Resistor) einer Leitung hängt vom Gitteraufbau der
Leitung ab. Je kleiner die freie Weglänge, desto größer der Widerstand der Leitung.
Die durch die Quelle aufgebaute Spannung (Energieunterschied) wird entlang des Widerstandes
wieder abgebaut, wenn man annimmt, dass der Leitungswiderstand gegenüber dem Bauteil
Widerstand vernachlässigbar klein ist.
Auf einer Seite des Widerstandes kommt es zu einem Ladungsrückstau. Hier bewegen sich die
Ladungen langsam mit der Geschwindigkeit v1. Nach dem Widerstand treffen die Ladungen nur
mehr auf einen geringen Leitungswiderstand und sind daher viel schneller (v2).
Die Stromstärke bleibt aber gleich, da in beiden Leitungsstücken die Anzahl der Ladungen pro
Zeitabschnitt gleich ist. Im einen Fall bewegen sich viele Ladungen langsamer, im anderen Fall
wenige Ladungen schneller.
Wird die an den Widerstand angelegte Spannung verdoppelt, so verdoppelt sich auch der Strom.
Dieser Proportionalitätsfaktor wird mit G bezeichnet und ist als elektrischer Leitwert bekannt.
U U
I G U I
R
U R I R
I
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Jeder elektrische Leiter im Stromkreis setzt dem Stromfluss einen Widerstand entgegen, der durch
die „Kraft" der elektrischen Spannung überwunden werden muss. Am elektrischen Leiter geht daher
Spannung „verloren" (Spannungsabfall). Die Stromstärke ist vor und nach dem Leiter gleich groß.
Diese „Behinderung" der Ladungsträger im Leiter ist eine Eigenschaft des Leiters und wird als
elektrischer Widerstand (Ohmscher Widerstand) bezeichnet.
3.3.1. Stromrichtung
3.3.2. Zählpfeilsysteme
Den Spannungspfeil kann man beim Verbraucher, zwischen
den Klemmen A, B oder auch am Generator einzeichnen;
denn zwischen der oberen und der unteren Zuleitung
herrscht überall die gleiche Spannung.
Vorzeichen der Leistung. Zu den Richtungspfeilen gehören immer auch positive Werte von
Stromstärke und Spannung. Die vom Verbraucher aufgenommene bzw. von den Ladungsträgern
abgegebene Leistung wird entsprechend der gleichen Lage der Richtungspfeile positiv gerechnet.
Im Generator treten die Richtungspfeile gegensinnig auf. Die positiven Ladungsträger bewegen sich
unter Energieaufnahme vom niedrigeren zum höheren Potential. Die vom Generator an die
Ladungsträger abgegebene Leistung wird entsprechend den entgegengesetzten Richtungspfeilen für
Stromstärke und Spannung negativ gerechnet.
Von den technischen Richtungspfeilen sind Bezugspfeile für Strom und Spannung zu unterscheiden.
Diese werden gebraucht, wenn die Potentialverteilung und die Lage der entsprechenden
Richtungspfeile in einem elektrischen Netzwerk unbekannt sind und erst berechnet werden müssen.
Mit anderen Worten: Sie dienen zur rechnerischen Vorzeichenfestlegung für zunächst unbekannte
Stromstärken bzw. Spannungen.
Verbraucherzählpfeilsystem Erzeugerzählpfeilsystem
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Man kann auch umgekehrt die Zuordnung so wählen, dass am Verbraucher die Bezugspfeile von
Strom und Spannung gegensinnig sind. Dann erhält die aufgenommene Leistung das negative
Vorzeichen, und am Generator ergibt sich bei gleichsinnigen Bezugspfeilen ein positiver Wert für die
abgegebene Leistung. Diese Zuordnung heißt das Erzeugerzählpfeilsystem (EZS). Man verwendet
es in der Regel, wenn z.B. wie in Kraftwerken vorwiegend Generatoren betrachtet werden.
3.3.3. Stromdichte J
Da nicht nur die Anzahl sondern auch die Geschwindigkeit der bewegten Ladungen für die
Leitererwärmung ausschlaggebend ist, wird eine Größe benötigt, die Auskunft über die
Ladungsträgergeschwindigkeit gibt.
I
J Einheitengleichung: [J] = [I] / [A] = A / mm2
A
Die Stromstärke durch kleinen und großen Querschnitt ist gleich. Somit müssen die e - im kleinen
Querschnitt viel schneller fließen als im großen Querschnitt. Die Folge ist mehr Reibung
(Zusammenstöße) und mehr Wärme.
Die Stromdichte ist ein Maß für die Ladungsträgergeschwindigkeit und damit
wichtig für die thermische Beanspruchung eines Leiters.
Die zulässige Stromdichte in einem Leiter richtet sich nach dem Leiterquerschnitt,
dem Werkstoff und nach der Abkühlungsmöglichkeit (Verlegeart).
In elektrischen Maschinen beträgt der Wert bei Kupferleitern etwa 2-6 A/mm2, in Heizgeräten bis zu
50 A/mm2.
Wird der Durchmesser eines Leiters verdoppelt, vervierfacht sich der Querschnitt (A=r²*π). Daher
könnte er bei gleicher Stromdichte den 4-fachen Strom führen.
Die für die Abkühlung maßgebliche Oberfläche (O=d*π*l) wird dabei aber nur doppelt so groß.
Deswegen muss die maximal zulässige Stromdichte bei größeren Querschnitten kleiner sein.
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Bei Verwendung der Leitfähigkeit anstelle des spezifischen Widerstandes erhält man für den
Leiterwiderstand folgende Formel:
Diese Gleichung wird in der Praxis bevorzugt verwendet, da sich die Zahlenwerte der Leitfähigkeit γ
für Kupfer und Aluminium gut merken lassen:
Elektro-Kupfer und Elektro-Aluminium weisen eine hohe Reinheit auf (über 99,5 %). Dennoch sind
die angegebenen Werte als Richtwerte zu betrachten, da den Leiterwerkstoffen Legierungszusätze
beigemengt werden, um z.B. die mechanische Festigkeit zu erhöhen. Weiters beeinflussen Zieh- und
Glühverfahren die Leitfähigkeit.
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4.2 Temperaturabhängigkeit des Widerstandes
4.2.1. Temperaturdifferenz ΔT
Temperatur kann absolut oder relativ angegeben werden. Die absolute Temperatur ist auf den
absoluten 0-Punkt bezogen (0 Kelvin).
Die relative Temperatur in °C wird bei Normalluftdruck auf den Schmelzpunkt von Eis bezogen
(0°C = 273,16K).
Praktisch alle reinen Metalle leiten im kalten Zustand besser, bei Erwärmung steigt deren
Widerstand. Die Widerstandsänderung hängt, abgesehen von der Temperaturdifferenz, vom
verwendeten Werkstoff ab und wird mit dem Temperaturkoeffizienten α ausgedrückt:
Der Temperaturkoeffizient ist keine konstante Größe sondern hängt selbst von der Temperatur ab.
Bei den meisten Metallen beträgt 20 etwa 0,004 K-1.
Werkstoffe, deren Widerstand mit steigender Temperatur kleiner wird, besitzen einen negativen
Temperaturkoeffizienten. Zu diesen Werkstoffen gehören die meisten Halbleiter, Kohle, bestimmte
Metalloxide sowie flüssige und gasförmige Leiter.
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4.2.3. Widerstände bei unterschiedlicher Temperatur
R R20
Durch Umformen kann man die Temperatur berechnen: 20°C
20 R20
Positiver Temperaturkoeffizient
Der Temperaturkoeffizient ist positiv, bei steigender Temperatur ist auch die Widerstandsänderung
positiv; der Widerstand wird größer.
Negativer Temperaturkoeffizient
Der Temperaturkoeffizient ist negativ, bei steigender Temperatur wird der Widerstand kleiner.
Für Temperaturen über 200°C verläuft die Widerstandsänderung nicht mehr linear, darüber wird der
quadratische Temperaturkoeffizient β berücksichtigt:
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Elektrotechnik 1, Teil1 Alfred Mair
Bei Erwärmung wird die Größe R als Warmwiderstand Rw und bei Abkühlung als Kaltwiderstand
Rk bezeichnet, sowie die Temperaturen als Warmtemperatur w und als Kalttemperatur k.
Bis jetzt wurde immer von einer Temperatur von 20°C ausgegangen. Bei anderen Temperaturen
müssen die Formeln für den Warm- bzw. Kaltwiderstand zusammengefasst werden, wobei Rw auf Rk
bezogen wird:
Dabei ist τ der Kehrwert des Temperaturkoeffizienten α20 für den Widerstand bei 0°C und wird als
Temperaturbeiwert bezeichnet. Er beträgt bei Kupfer τ = 235°C und Aluminium τ = 230°C.
Ist der Kalt- und der Warmwiderstand eines Leiters (oder Widerstands) bekannt, kann daraus die
Temperaturdifferenz ΔT ermittelt werden. Das ist vorteilhaft, wenn die Temperatur nicht direkt
gemessen werden kann (elektrische Maschinen).
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Elektrotechnik 1, Teil1 Alfred Mair
Mit dem Widerstand R wird neben dem Wert für den Ohmschen Widerstand auch das Bauelement
mit einem definierten Widerstandswert bezeichnet.
Die Belastbarkeit eines Widerstandes hängt davon ab, wie gut die Stromwärme an die Umgebung
abgegeben werden kann.
5.1 Festwiderstände
Festwiderstände haben einen vom Hersteller festgelegten Nennwert. Die Normreihen dieser
Nennwiderstände sind so aufgebaut, dass sie mit der zugehörigen Toleranz, z. B. ± 10% bei der
Reihe E12, die Widerstandsskala lückenlos abdecken. Die Zahl nach dem Kennbuchstaben E
bedeutet die Anzahl der Werte für eine Dekade. So bedeutet z.B. E6, dass innerhalb einer Dekade
(Bereich von 1bis 10) 6 Widerstandswerte vorhanden sind.
Zur Kennzeichnung wird der Widerstandswert aufgedruckt oder mit einem Farbcode versehen, der
aus 4 oder 5 Ringen besteht. Die ersten 2 (oder 3) geben den Widerstandswert an, der vorletzte dient
als Multiplikator und der letzte gibt die Toleranz an.
Die gefertigten Widerstandswerte sind in Reihen genormt, z.B. E12 (±10%) oder E24 (±5%).
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5.1.1. Schichtwiderstände
Schichtwiderstände bestehen aus kleinen zylindrischen Keramikkörpern, auf deren Oberfläche eine
dünne Schicht aus kristalliner Kohle, einem Edelmetall oder einem Metalloxid aufgebracht ist.
Der gewünschte Widerstandswert hängt von der Schichtdicke ab, zusätzlich werden mäanderförmige
Bahnen in die Schicht gefräst (bessere Anpassung und größere Widerstände).
Als Anschlüsse dienen Schellen, Kappen oder Drähte an beiden Enden, zum Schutz gegen äußere
Einflüsse werden die Bauelemente lackiert.
Die Belastbarkeit der Widerstände geht von ¼ Watt bis zu wenigen Watt.
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5.1.2. Drahtwiderstände
Für größere Leistungen werden Widerstände z. B. so hergestellt, dass man Drähte aus Widerstands-
material auf Wickelkörper aus Porzellan wickelt. Die Oberfläche kann zum Schutz vor
Beschädigung, Oxydation usw. lackiert oder glasiert werden.
Soll der Drahtwiderstand einstellbar sein, so bleibt die Oberfläche offen, damit über einen Schleifer
oder eine Schelle nur ein Teil der Drahtwicklung abgegriffen werden kann.
Veränderbare Widerstände werden als Schiebewiderstände und als Drehwiderstände hergestellt. Die
drei Anschlüsse bezeichnet man mit E (Eingang), S (Schleifkontakt) und A (Ausgang). Je nach
Einstellung des Schleifkontaktes ändert sich der abgegriffene Widerstandswert zwischen S und A
bzw. S und E.
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Elektrotechnik 1, Teil1 Alfred Mair
6. Gleichstromtechnik
Gleichstromkreise
Gleichstromkreise sind meist nur Teil eines elektrischen Gesamtsystems. Das Grundlagenwissen der
Gleichstromtechnik kommt in der Gleichspannungs-Versorgungstechnik zum Einsatz.
Für den Betrieb von elektronischen Baugruppen, von Gleichspannungsmotoren, zum Laden von
Akkumulatoren, in der Galvanotechnik (Gegenstände werden durch Elektrolyse mit dünnen
Metallschichten überzogen), in der Eloxaltechnik (Erhöhung der Korrosionsbeständigkeit) und in der
Elektromedizin werden Gleichspannungen benötigt.
Durch Einbau eines Spannungs- oder Stromreglers können entweder die Gleichspannung oder der
Gleichstrom in bestimmten Belastungsbereichen konstant gehalten werden. Ohne
Regelungseinrichtung ist die Gleichspannung stark von der Belastung abhängig.
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Elektrotechnik 1, Teil1 Alfred Mair
Die Aufgabe der Gleichstromtechnik besteht darin, das Systemverhalten, das durch die
Ladungsbewegung in eine Richtung bestimmt wird, beschreibbar und berechenbar zu machen und
Methoden, Verfahren und Werkzeuge dafür bereit zu stellen.
Neben grundlegenden Entwurfskonzepten der Gleichstromtechnik werden nachfolgend Verfahren und
Methoden gezeigt, mit denen die Berechenbarkeit nicht nur im Sinne der Mathematik effizient
gemeistert werden kann. Das Hauptaugenmerk liegt dabei bei der Analyse bestehender Systeme. Die
Dimensionierung von einzelnen Bauelementen (Synthese) wird in späterer Folge die wesentliche
Aufgabe sein.
Anhand des Analysewerkzeugs PSpice oder LTSpice wird beispielhaft gezeigt, wie die Untersuchung
bestehender dimensionierter Systeme erfolgt.
Gültigkeit der Methoden und Verfahren im speziellen Betriebsfall
Alle nachfolgend angeführten Methoden und Verfahren der Gleichstromtechnik gelten, solange nichts
anderes angeführt wird, im stationären Betrieb bei konstanter Betriebsspannungsversorgung. Die
Schaltungen können für diesen Fall auf rein ohmsche Widerstandsnetzwerke reduziert werden, was die
Vorhersagbarkeit und damit die Berechenbarkeit deutlich vereinfacht.
Diese Methoden und Verfahren haben jedoch über die Gleichstromtechnik hinaus immanente
Bedeutung; sie werden auch zur Lösung von Wechselstromaufgaben eingesetzt!
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Quellennetzwerk
Elektrische Schaltungen können mit einer Quelle oder mehrere Quellen betrieben werden. Mehrere
Quellen werden dann eingesetzt, wenn eine Quelle nicht ausreicht, um den gewünschten Betriebsfall
zu erreichen. Diese Situation kennt man bei der Batterieversorgung von mobilen Geräten. Um eine
gewünschte Betriebsspannung zu erreichen, werden meist mehrere Quellen seriell geschaltet. Zur
Erhöhung des Betriebsstromes werden Quellen parallel geschaltet.
Lastnetzwerk
Das Lastnetzwerk besteht aus der Zusammenschaltung von Bauteilen bzw. Betriebsmitteln. Die
Bauteile, die wir nachfolgend einsetzen sind ohmsche Widerstände, Spulen, Kondensatoren, Dioden,
Transistoren und Operationsverstärker. Die elektrischen Eigenschaften von Betriebsmitteln lassen sich
durch die Elemente ohmscher Widerstand R, Induktivität L und Kapazität C nachbilden.
Die Bauteile können sowohl einen linearen als auch einen nicht linearen Strom-
Spannungszusammenhang aufweisen.
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Netzwerkanalyse
Ziel: Strom-, Spannungs- und Leistungsverteilung in den einzelnen Zweigen.
Klemmenanalyse
Zwei Netzwerke sind durch Klemmen
verbunden.
Ziel ist die Beurteilung des
Klemmenverhaltens des jeweiligen
Netzwerkes.
Es soll beispielsweise untersucht
werden, wie sich eine Laständerung auf
die Klemmen-spannung auswirkt.
Ermittlung der Stromstärke oder eines Spannungsabfalls in einem Zweig eines Netzwerkes
Nicht immer ist die gesamte Strom- und Spannungsverteilung von Interesse. In vielen Fällen werden
nur die Werte einer Teilspannung oder eines Zweigstromes benötigt.
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6.2 Grundschaltungen von Widerständen
Die Verteilung unterliegt dem Grundgesetz der physikalischen Welt und dem Ladungs- und
Energieerhaltungssatz.
Der deutsche Physiker Gustav Robert Kirchhoff (1824 - 1887) hat die Gesetzmäßigkeit der Strom-
und Spannungsverteilung in eine für den Techniker praktikable Form gebracht (Kirchhoffsche
Regeln).
Wenn den Ladungen zusätzlich ein Weg (Parallelwiderstand) zum Ladungsausgleich eröffnet wird,
dann werden sie diesen Weg auch nutzen. Dort, wo der Widerstand am geringsten ist, sind mehr
Ladungen unterwegs, da sie ja nach dem niedrigsten Energieniveau mit dem geringsten Aufwand
streben.
Der Ladungsdruck bleibt für beide Widerstände gleich groß, wenn der Zuleitungswiderstand im
Gegensatz zu den Widerständen vernachlässigbar klein ist. Die Anzahl der Ladungen, die dem
Parallelzweig von der Quelle zugeführt werden, ist für jede bestimmte Zeitdauer immer gleich der
Summe der Anzahl der Ladungen der beiden Parallelzweige.
Dabei werden vereinbarungsgemäß jene Ströme, die zum Knoten hin fließen als positiv und
jene, die vom Knoten weg fließen als negativ gezählt.
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6.2.2. Das zweite Kirchhoffsche Gesetz (Maschenregel)
Werden zwei Widerstände hintereinander geschaltet (Serienschaltung), dann strömen durch beide
Widerstände gleich viele Ladungsträger pro Zeiteinheit, der Strom durch seriell geschaltete Bauteile
ist für jedes Bauteil gleich groß.
Wenn der Zuleitungswiderstand wieder vernachlässigt werden kann, dann baut sich die an der
Quelle aufgebaute Spannung Uq entlang der beiden Widerstände wieder ab.
In unten gezeigter Abbildung ist der Widerstand R1 größer als R2, daher werden die Ladungen bei R1
stärker abgebremst und geben dort mehr Energie ab als bei R 2. Der Spannungsabfall an R1 ist daher
größer als an R2.
Eine Masche ist ein geschlossener Stromkreis innerhalb eines Netzwerks und hat einen festgelegten
Umlaufsinn.
Maschenregel: Σ U = 0 oder Σ Uq = Σ UR
Alle Spannungen, die in Richtung des gewählten Umlaufsinns zeigen, werden positiv, alle
Spannungen, die in die Gegenrichtung zeigen, negativ gezählt.
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Der Umlaufsinn einer Masche wird einmal festgelegt und wird danach nicht mehr geändert.
ergibt sich
I2 = 6,86 A, I3 = 3,43 A und I = 10,29A
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6.2.3. Reihenschaltung elektrischer Widerstände
4 Gesetze:
1.) In einer Serienschaltung ist der Strom für alle Verbraucher gleich groß.
I = I1 = I2 = I3 = ….= In (Knotenregel)
3.) Das Ohmsche Gesetz gilt für alle Verbraucher. (Einsetzen in 2.):
I*R = I*R1 + I*R2 + I*R3 + … +I*Rn
I herausheben und dann kürzen!
R = R1 + R2 + R3 + … + Rn
Der Gesamtwiderstand (Ersatzwiderstand) ist die Summe der Einzelwiderstände.
Bei einer Reihenschaltung ist der Gesamtwiderstand immer größer als der größte
Einzelwiderstand.
Einzelspannung zu
Gesamtspannung.
Einzelspannung zu
Einzelspannung.
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6.2.4. Parallelschaltung elektrischer Widerstände
4 Gesetze:
2.) Es gilt die Knotenregel: Der Gesamtsstrom ist gleich der Summe der Teilströme.
I = I1 + I2 + I3 + ….+ In
3.) Das Ohmsche Gesetz gilt für alle Verbraucher (einsetzen in 2.):
U/R = U/R1 + U/R2 + U/R3 + … +U/Rn
G = G1 + G2 + G3 + … + Gn
Der Gesamtleitwert G einer Parallelschaltung ist die Summe der Einzelleitwerte.
Der Ersatzwiderstand Rges ist stets kleiner als der kleinste Einzelwiderstand einer Parallelschaltung.
Jeder weitere Parallelwiderstand verringert Rges!
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Stromteilerregeln:
Das Verhältnis der Ströme ist direkt proportional zum Verhältnis der entsprechenden Leitwerte und
indirekt proportional zum Verhältnis der Widerstände.
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6.3 Spannungs- und Stromquellen
Die Spannung einer elektrischen Energiequelle ist immer die Ursache für den elektrischen
Stromfluss, es gibt grundsätzliche 2 Arten.
6.3.1. Spannungsquellen
Unter einer idealen Spannungsquelle versteht man eine Energiequelle, deren Ausgangsspannung von
der Belastung unabhängig ist. In der Praxis: spannungsgeregelte Netzgeräte.
Bei einer idealen Spannungsquelle ist die Quellenspannung Uq immer gleich der Ausgangsspannung
Ua. Die reale Spannungsquelle hat einen zusätzlichen Innenwiderstand R i, an dem eine Spannung Ui
auftritt, wenn die Quelle einen Strom treibt. Bei Belastung reduziert sich die Ausgangsspannung U a
um den Spannungsabfall Ui am Innenwiderstand gegenüber der Quellenspannung Uq.
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6.3.2. Stromquellen
Unter einer idealen Stromquelle versteht man eine Energiequelle, die einen gleich bleibenden, von
der Belastung unabhängigen, Strom liefert.
In der Praxis: stromgeregelte Netzgeräte, Messwertumformer mit Stromausgang (4..20mA).
Stromquellen besitzen einen Quellenstrom Iq. Die ideale Stromquelle wird im Kurzschluss
dargestellt, da Iq nur in einem geschlossenen Stromkreis fließen kann.
Mit Ra fließt der Quellenstrom Ia weiter, es entsteht eine Ausgangsspannung Ua = Ra * Ia.
Bei einer realen Stromquelle geht wegen des parallelen Innenwiderstand R i ein Strom innerhalb der
Stromquelle „verloren“. I ist um Ii zu klein.
Damit der Quellenstrom Ia zum größten Teil über den Lastwiderstand fließt, soll
der Innenwiderstand Ri einer Stromquelle möglichst groß sein.
Der Kollektor eines Transistors und Fotozellen verhalten sich näherungsweise wie Stromquellen.
Bsp:
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6.4 Synthese – Dimensionierung
6.4.1 Vorwiderstand
In vielen Fällen ist es jedoch wirtschaftlicher eine Betriebsversorgung so auszulegen, dass damit alle
Bauteile betrieben werden können. Die Spannungsanpassung erfolgt durch den Vorwiderstand oder
durch den Spannungsteiler.
Der Vorwiderstand ist das einfachste Konzept der Strombegrenzung für ein Bauteil, wenn die
Betriebsspannung nicht direkt angeschlossen werden kann. Diese Schaltung entspricht einem
Spannungsteiler aus Vorwiderstand und Lastwiderstand.
Die Leitfähigkeit von Halbleiterbauelementen hängt stark von der Temperatur ab, daher verändert
sich deren Widerstand durch die Erwärmung, die durch den Betriebsstrom hervorgerufen wird. Eine
Änderung des Widerstandswertes kann dazu führen, dass das gewünschte Betriebsverhalten nicht
mehr auftritt.
Mit Hilfe eines Potentiometers (Spannungsteiler mit veränderbarem Widerstand) kann eine variable
Lastspannung realisiert werden.
Nachteil:
Im Vorwiderstand bzw. in den Widerständen eines Spannungsteilers entstehen Wärmeverluste.
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6.4.2 Dimensionierung Vorwiderstand
Bei einem Vorwiderstand kann die Dimensionierung mit der Spannungsteilerregel erfolgen.
Eine andere Möglichkeit besteht darin, Strom und Spannung am Widerstand zu bestimmen und
daraus mit dem ohmschen Gesetz den Vorwiderstand zu berechnen.
Ue Rv RL Ue Ue
--> Rv RL RL --> Rv RL 1
UL RL UL
UL
Ue
UL
6.4.3 Spannungsteilerschaltungen
Bei Anpassung der Versorgungsspannung an ein Bauteil gibt es zwei Anforderungen, die eine
Spannungsteilerschaltung besser erfüllen kann als ein Vorwiderstand.
a) Die Spannung für den Belastungswiderstand muss verstellbar sein.
b) Der Belastungswiderstand hat keinen festen Widerstandswert.
Als Spannungsteiler bezeichnet man eine Widerstandsschaltung, die es ermöglicht, von einer fixen
Spannung Uq eine Teilspannung Ua < Uq fest oder veränderbar abzugreifen.
Fließt kein Ausgangsstrom Ia, so ist der Spannungsteiler unbelastet. Ein Strom fließt nur über die
Widerstände R1 und R2. bzw. über das gesamte Potentiometer.
Ua Uq R2
--> Ua Uq … fester Spannungsteiler
R2 RE R1 R2
R2
Ua U20 Ua U *
R
U a ~ R2
Bei einem unbelasteten Potentiometer verläuft die Spannung linear mit der Änderung der
Schleiferstellung.
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6.4.5 Belasteter Spannungsteiler
Bei einem belasteten Spannungsteiler verringert sich durch die Parallelschaltung von R 2 und RL der
Gesamtwiderstand der Schaltung, der Gesamtstrom wird dadurch größer.
Als Folge daraus steigt der Spannungsabfall an R1 und dadurch wird die Ausgangsspannung Ua
kleiner als beim unbelasteten Spannungsteiler!
Mit der geeigneten Wahl der Widerstände R1 und R2 kann diese Spannungsänderung beeinflusst
werden
Ua
Ua
Ua Uq R2 RL
Rp RE R1 Rp
Rp RE R2 RL
R2 RL
Rp Ua Uq
Ua Uq R2 RL
R1 Rp R1
R2 RL
a) Der Querstrom Iq durch den Widerstand R2 wird mindestens 10x so groß gewählt
wie der entnommenen Laststrom:
d.h.: Iq ≥ 10*IL
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7.4 Messfehler
Der absolute Messfehler F ist definiert als der Differenz zwischen dem Messwert x M und dem
wahren Wert xW
F = ∆x = xM - xW
Der relative Messfehler f entspricht dem absoluten Fehler, bezogen auf den wahren Wert
x F x xW
f= .100% = .100% = M .100%
xW xW xW
7.5 Strommessung
Beim Messen elektrischer Größen fließt ein Strom durch das Messgerät, dessen Größe proportional
zur Anzeige am Messinstrument ist.
Elektrische Ströme werden mit einem Amperemeter gemessen. Dabei muss das Messgerät direkt in
den zu messenden Stromkreis (in Serie) eingebaut werden.
Der Innenwiderstand des idealen Amperemeters ist Ri = 0 und beeinflusst daher die zu messende
Schaltung nicht.
Reale Amperemeter haben einen Innenwiderstand Ri, dieser sollte möglichst klein sein (Ri < 1Ω).
Ersatzschaltung:
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Elektrotechnik 1, Teil1 Alfred Mair
Für die Strommessung mit einem realen Amperemeter ergibt sich somit folgende Schaltung;
Durch Einbau des Amperemeters wird aufgrund des Innenwiderstandes die Schaltung verändert.
7.6 Spannungsmessung
Elektrische Spannungen werden mit einem Voltmeter gemessen. Dabei muss das Messgerät parallel
zum zu messenden Zweig eingebaut werden.
Der Innenwiderstand des idealen Voltmeters ist Ri = ∞ und beeinflusst daher die zu messende
Schaltung nicht.
Reale Voltmeter haben einen Innenwiderstand Ri, dieser sollte möglichst groß sein (Ri >= 10 MΩ).
Ersatzschaltung:
Für die Spannungsmessung mit einem realen Voltmeter ergibt sich somit folgende Schaltung;
Durch Einbau des Voltmeters wird aufgrund des Innenwiderstandes die Schaltung verändert.
Vorlesung_ET1a_Langversion Seite 45
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7.7 Widerstandsmessung
7.7.1 Strom-Spannungs-Methode
Werden an einem Widerstand die Größen Strom und Spannung durch Messung ermittelt, so kann
mit dem ohmschen Gesetz der Widerstand ermittelt werden.
Dabei werden zwei Messschaltungen unterschieden, die stromrichtige und die spannungsrichtige
Messschaltung.
Bei der stromrichtigen Messschaltung zeigt das Amperemeter den wahren Strom an, das Voltmeter
zeigt einen zu hohen Spannungswert an.
Rm Rw R Ria R Ria
fR = . 100% = . 100% = . 100%
Rw R R
Der Messfehler ist immer positiv und wird nur für RiA << R hinreichend klein.
Bei der spannungsrichtigen Messschaltung zeigt das Voltmeter die wahre Spannung an, das
Amperemeter zeigt einen zu hohen Stromwert an.
R.Riv
R
Rm Rw Riv R Riv
. 100% = R Riv
R
fR = . 100% = . 100% = - . 100%
Rw R R Riv R Riv
Der Messfehler ist immer negativ und wird nur für RiV >> R hinreichend klein.
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Verfahren:
1. Berechnung des Ersatzwiderstandes durch schrittweise Reduktion.
2. Berechnung der Stromaufnahme des Ersatzwiderstandes (Klemmenanalyse) bei gegebener
Versorgungsspannung.
3. Schrittweise Berechnung der Teilströme und Teilspannungen (Netzwerkanalyse) in umgekehrter
Reihenfolge der Reduktionsschritte.
Reduktionsschritt: 1
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Reduktionsschritt: 2
I) U E 10V
IE 454,5mA I
R E 22
Pab PE U ab .I 10V .454,5mA 4,5W
Vom Reduktionsschritt: 2
I IE
U 1 I .R1 454,5.10 4,5V
P1 U 1 .I 4,5V .454,5mA 2,1W
U E1 I .R E1 454,5.12 5,5V
Zum Reduktionsschritt: 1
I 23 I E1 I E I
II , III , IV ) U xy U E1 U 2 U 3 5,5V
U 2 5,5V
I2 272,7mA
R 2 20
II) III) IV) P2 U 2 .I 2 5,5V .272,7 mA 1,5W
U 3 5,5V
I3 181,8mA
R3 30
P3 U 3 .I 3 5,5V .181,8mA 0,9mW
3
Kontrolle: Pab 4,5W Pk 2,1W 1,5W 0,9W ✓
k 1
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8.2 Die Überlagerungsmethode nach Helmholtz (bei mehreren Quellen)
Die Methode nach Helmholtz ist ein Verfahren zur Berechnung der Strom-, Spannungs- und
Leistungsverteilung in Netzwerken mit mehreren Quellen und stellt nur eine Alternative zur
Berechnung mittels kirchhoffscher Gleichungen dar.
Voraussetzung:
1. Lineares ohmsches Widerstandsnetzwerk mit mehr als einer Quelle.
2. Die Quellen sind voneinander unabhängig.
3. Die Quellenspannung bzw. der Quellenstrom sind lastunabhängig.
Methodenhintergrund:
Der Einfluss jeder einzelnen Quelle auf das Netzwerk wird ohne Berücksichtigung der anderen
Quellen untersucht. Nur eine Quelle verursacht eine Strom- und Spannungsverteilung im Netzwerk,
die anderen Quellen werden eliminiert.
Nachdem die Quellen untereinander nicht abhängig sind und die Widerstände linearen Strom-
Spannungszusammenhang aufweisen, können die einzelnen Zweigströme und Zweigspannungen,
verursacht von jeweils nur einer Quelle, addiert werden (Überlagerung, Superposition).
Vorgangsweise:
1. Ersetze alle Quellen bis auf eine durch ihren Innenwiderstand (Spannungsquelle: Kurzschluss,
Stromquelle: Leerstrecke).
2. Berechne die Strom- und Spannungsverteilung.
3. Führe die oberen zwei Schritte der Reihe nach für jede Quelle aus.
Ursprungsschaltung
Berechnungsziel:
Es soll mittels
Überlagerungsmethode der
Laststrom berechnet werden.
Die Quelle Iq2 wird durch
eine Leerstrecke ersetzt.
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8.3 Ersatzquellenverfahren
Das Klemmenverhalten eines Netzwerkes bei unterschiedlicher Belastung kann dann einfach
analysiert werden, wenn es durch eine Ersatzschaltung bestehend aus Quelle und Innenwiderstand
ersetzt wird. Die Nachbildung der Ursprungsschaltung wird durch drei Elemente erreicht: Quelle,
Innenwiderstand und Last. Der Aufwand für die Klemmenanalyse ist nun stark reduziert und daher
mathematisch einfach und auch grafisch möglich.
8.3.1 Ersatzspannungsquelle
Jede lineare Quelle kann als ideale Spannungsquelle mit einem Innenwiderstand R i dargestellt
werden (Spannungsquellen ESB).
Durch Quellenspannung Uq und Innenwiderstand Ri ist die Quelle vollständig bestimmt. Als dritte
Kenngröße kann der Kurzschlussstrom Ik berechnet werden:
Die Spannungsquelle ist vollständig bestimmt, wenn zwei der drei Kenngrößen bekannt sind.
Die zu bestimmenden Ersatzgrößen Uq und Ri werden durch den Vergleich des Netzwerks mit der
Ersatzschaltung für den Leerlauf-Fall berechnet.
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"Rezept":
1.) Leerlauf - Berechnung von Uq:
Gesuchter Netzwerkzweig wird abgeklemmt, Klemmen offen.
Für diesen Zustand muss die Spannung an den Klemmen berechnet werden (Klemmenspannung U q).
8.3.2 Ersatzstromquelle
Jede lineare Quelle kann auch als ideale Stromquelle mit einem Innenwiderstand R i dargestellt
werden (Stromquellen ESB).
Durch Quellenstrom Iq und Innenwiderstand Ri ist die Quelle vollständig bestimmt. Als dritte
Kenngröße kann die Leerlaufspannung UL berechnet werden:
Die Stromquelle ist vollständig bestimmt, wenn zwei der drei Kenngrößen bekannt sind.
Jedes lineare, verzweigte Netzwerk kann in ein Stromquellen- ESB umgewandelt werden.
Die zu bestimmenden Ersatzgrößen Iq und Ri werden durch den Vergleich des Netzwerks mit der
Ersatzschaltung für die Fälle Leerlauf und Kurzschluss berechnet.
"Rezept":
1.) Kurzschluss - Berechnung von Iq:
Gesuchter Netzwerkzweig wird abgeklemmt, die Klemmen der Schaltung werden kurzgeschlossen.
Für diesen Zustand muss der Strom an den Klemmen berechnet werden (Kurzschlussstrom Iq).
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8.3.3 Ersatzspannungsquelle ↔ Ersatzstromquelle
Der Widerstand Ri ist bei der Ersatzspannungsquelle seriell zur Spannungsquelle geschaltet. Bei der
Ersatzstromquelle muss er parallel zur Stromquelle liegen.
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8.4 Schrittweise Reduktion (bei mehreren Quellen)
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8.4.2 Reduktionsverfahren
Das eigentliche Analyseverfahren für die jeweilige Schaltung ist ident zu 8.1 wenn erst
einmal die Quellen zu einer Ersatzquelle reduziert wurden.
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Energieerhaltungssatz:
Arbeit ist ein Vorgang, bei dem Energie in eine andere Form umgewandelt wird.
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Mechanische Arbeit beim Heben eines Körpers:
W………Arbeit (engl. work) in Nm oder J (Joule)
G……….Gewicht (Gewichtskraft) eines Körpers in N
W = G*h =m*g*h m……….Masse eines Körper in kg
g………..Erdbeschleunigung (9,81 m/s2)
h………..Höhenunterschied (beim Hochheben einer Last G)
Eine Kiste, die hochgehoben wird bzw. ein Schifahrer, der bergwärts gezogen wird, haben durch die
in sie investierte Arbeit mechanische Energie gespeichert (Lageenergie oder potentielle Energie).
Diese Energie können beide wieder bei Rückkehr in den „Ausgangsort“ abgeben, die Kiste, wenn sie
zu Boden fällt, der Schifahrer, wenn er talwärts fährt.
Im vorangegangenen Abschnitt wurde die mechanische Arbeit W als Produkt aus Kraft mal Weg
definiert, wobei hier die Kraft durch das Gewicht des Körpers (Erdanziehungskraft) gegeben war.
Dies gilt aber auch, wenn die Kraftwirkung auf anderen physikalischen Effekten beruht.
F QE statt F m g
U U
E F Q
s s
W F s QU Q I t
W I t U
Zwischen 2 geladenen
[W ]=[I]*[t]*[U]=A*s*V=W s Platten besteht ein Potentialunterschied (Spannung) und ein elektrisches Feld.
Verschiebt man eine elektrische Probeladung Q zwischen diesen Platten, so wirkt auf die
Probeladung eine elektrische Gegenkraft und es wird elektrische Arbeit verrichtet.
Vorlesung_ET1a_Langversion Seite 57
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Die elektrische Arbeit kann auch aus der Definition der elektrischen Spannung (Ladungstrennung
durch Arbeitsaufwand) abgeleitet werden:
W………elektrische Arbeit in Wattsekunden (Ws oder Joule)
W = U*Q U……….Spannung in V
Q……….Ladung in C
Wird nun die Ladung Q durch das Produkt aus Strom I und Zeit t ersetzt, so ergibt sich die Formel
für die elektrische Arbeit zu
W………elektrische Arbeit in Wattsekunden (Ws oder Joule)
U……….Spannung in V
W = U*Q = U*I*t Q……….Ladung in C
I…………Strom in A
t………...Zeit in Sekunden (s)
Einheitengleichung für W: W U * I * t V * A * s W * s J
Die elektrische Arbeit hat die Einheit Wattsekunde bzw. in der Energietechnik Kilowattstunde.
Die Wattsekunde ist jene elektrische Arbeit, die umgesetzt wird, wenn infolge einer Spannung von
1V während einer Zeit von 1s ein Strom von 1A fließt.
9.3 Leistung
s W
Leistung beschreibt die Geschwindigkeit einer Energieumwandlung v --> P
t t
(Verrichtung von Arbeit pro Zeit).
Unter mechanischer Leistung versteht man die Verrichtung einer bestimmten Arbeit in einer
bestimmten Zeit. Die Leistung ist umso größer, je größer die Arbeit und je kürzer die dafür
aufgewendete Zeit ist. Hebt man z.B. einen Körper in der halben Zeit, so muss dafür die doppelte
Leistung aufgewendet werden.
Einheitengleichung für P: P W J Ws W
t s s
Vergleiche: Auch die Leistung eines Kraftfahrzeuges wird in Watt (kW) angeben
(1 PS = 0,736 kW)
Vorlesung_ET1a_Langversion Seite 58
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9.3.2 Elektrische Leistung
Bezieht man diese Arbeit auf die Zeitdauer des Stromflusses, so kann die am Verbraucher
umgesetzte elektrische Leistung mit der folgenden Formel errechnet werden.
Setzt man in die Formel für die Leistung das Ohmsche Gesetz ein, so ergeben sich folgende
Zusammenhänge:
P U *I I2 *R
P……….elektrische Leistung in W oder kW
U……….Spannung in V
I…………Strom in A
U2 R………..Ohmscher Widerstand in Ω
P U *I
R
In einem Ohmschen Widerstand wird die ihm zugeführte elektrische Energie mit P= U*I laufend in
Wärmeenergie umgewandelt.
Ist der Wert des Widerstandes temperaturunabhängig, so steigt die Leistung quadratisch mit der
Stromstärke I bzw. quadratisch mit der Spannung U an. Bei dreifachem Strom bzw. dreifacher
Spannung nimmt der Widerstand daher die neunfache Leistung auf.
Vorlesung_ET1a_Langversion Seite 59