Abschatz, Hans Assmann Von - Gedichte
Abschatz, Hans Assmann Von - Gedichte
Gedichte
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Hans Aßmann von Abschatz
Gedichte
Hochgeneigter Leser
Wenn der vortreffliche/ nunmehro selige/ Verfertiger gegenwärtiger Poesien in
den Gedancken gestanden/Bücher/ absonderlich Verse zu schreiben/ wäre eine
Sache/ die Standes-Personen und Ritters-Leuten mehr nachtheilig als rühmlich
fiele/ so hätte die gelehrte Welt dieses/ was ihr itzt vor die Augen geleget
wird/nicht zu erwarten gehabt/ vielweniger würden dessen Freyherrliche
Nachkommen es Ihnen vor eine sonderbare Ehre geschätzet haben/ daß Ihres
seligsten Herren Vaters gesegnetes Gedächtniß/ wie auf vielfältige andere/ also
auch auf diese Art/ bey der späten Nachwelt fortgepflantzet würde. Sie haben
aber beyderseits die Sache besser verstanden/ und die Thorheit der
Widriggesinnten billich mit Ihrem allen in die Augen leuchtenden Exempel/
kräfftigst widerleget. Massen unser seligster Frey-Hr. von Abschatz fest
geglaubet/die wenigen Neben-Stunden/ da Ihm von seinen hochwichtigen zu
Ihrer Käyserl. Majestät Dienst und des Vaterlandes Heil zielenden
Verrichtungen/ etwas Athem zu schöpffen erlaubt gewesen/ könten nicht
besser/ als mit einer solchen Arbeit hingebracht werden/ die von seiner
ausbündigen Gelehrsamkeit und mit selbiger genau verknüpfften
Geschickligkeit/ ein gnugsames Zeugniß ablegen möchte. Und ist kein
Zweifel/ daß er selbst/ wenn es die Ihm fast angebohrne Bescheidenheit/
vermöge welcher die eigene Geburten allemahl von Ihm mit einem weit
schärffern Auge/ als frembde/ angesehen worden/ und sein frühzeitiges
Absterben zugelassen hätte/ mit solcher an das Tages-Licht getreten seyn
würde. Haben also die Freyherrlichen Erben mit Ausfertigung dieser Gedichte
nichts anders gethan/ als was dem Willen Ihres seligen Herrn Vaters gemäß
gewesen. Unser Schlesien hat sich billich glücklich zu schätzen/ daß es die
schon oben beniemte irrige Meynung/ mit diesem lobwürdigen Beyspiel/ von
neuem abweisen und zur Gnüge darthun kan/ daß mit Feder und Papier
umzugehen/ oder einen wohlgesezten Vers zu machen/keine Sache sey/ die
denen/ welchen/ wie man ietzt zu reden pflegt/ der Degen angebohren/ zum
Schimpff oder Nachtheil gereiche. Wahrhafftig/ wenn Potentaten/ die drey-
und vielfache Kronen getragen/ ihre Ergötzligkeit nicht selten in der Poesie
gehabt: Wenn in Purpur und mit Fürsten-Hütten prangende hohe Häubter/
wenn streitbare Feld-Herren und durchtriebene Staats-Männer die Hand zu
Wercke geleget/warum solten sich denn Standes-Personen und Edelleute
scheuen in so Majestätische und erlauchte Fußstapffen zu treten? Ich wil hier
nicht in die alten Zeiten zurücke gehen/ und die Könige aller Tichter/ den
heiligen David und seinen Nachfolger den weisesten Salomon aufführen. Ich
wil mich auch nicht mit den Provintzialische Troubadours, unter denen Käyser
Friedrich der Andere und verschiedene Neapolitanische und Sicilianische
Regenten oben an stehen/ auffhalten/ vielweniger mich auff den
Frantzösischen König Carl den Neundten beruffen/ welcher nicht allein den
Ronsard und andere Poeten hochgehalten/sondern auch selbst ein artiges
Gedichte von der Vogel-Beitze geschrieben/ sondern ich wil nur in das nechst
abgelauffene Jahr-Hundert einen Blick werffen/ und aus sehr vielen/ etliche
wenige/ die mir gleich in die Augen fallen/ vorstellen. Urbanus der Achte/
Alexander der Siebende/ und Clemens der Neundte konten sich bey den
unermäßlichen Sorgen/mit welchen die Päpstliche Würde begleitet
wird/dennoch so viel abmüßigen/ und die von Ihnen/ bey ruhigen Stunden/
auffgesetzte so Lateinische als Welsche Verse übersehen. Entblödeten sich
auch nicht selbige/ so wol unter verdecktem als eigenem Nahmen heraus zu
geben. Käyser Ferdinand der Dritte war ein herrlicher Welscher Poet/ und
itziger unüberwindlichster Käyser giebt/ wie in andern Künsten und
Wissenschafften/ also auch hierinnen dem Glorwürdigsten Herrn Vater gar
nichts nach. Carl der Neundte König in Schweden hat seine eigne
Lebens-Beschreibung Reimweise verfertiget. Johann Philipp der kluge
Churfürst von Mayntz verewigte sich durch eine Teutsche/ Poetische/ nicht
übel gerathene Ubersetzung der Davidischen Lob-Gesänge. Ein gleiches thaten
in Lateinischer Sprache/ Landgraff Moritz/ in Teutscher aber/ Landgraff
Ludwig von Hessen-Cassel und Darmstadt. Ertz-Hertzog Leopold Wilhelm
von Oesterreich/ Hertzog Augustus zu Braunschweig und dessen
Durchlauchtigste Herren Söhne/ Hertzog Wilhelm von Sachsen-Weimar/ der
Cardinal Richelieu, der Aeltere Fürst Montecuculi, Carl Freyherr von
Gyllenhielm, oben beniemten Carls des Neundten Schwedischen Königes
natürlicher Sohn/ und viel andere Fürsten/ Grafen und Herren/ sonderlich in
Spanien/ Welschland/ und Franckreich/ hielten die Poesie vor eine Ihrer
edelsten Zeit-Verkürtzungen. In unserm Vaterlande haben sich die von Bibran/
Logau/Schweinitz Gerstorff/ nebenst mehrern ihres gleichen/mit ihren Geist-
und Weltlichen Gedichten/ einen unsterblichen Nahmen gemacht. Nunmehr
gewinnet es fast das Ansehen/ als solte unser Preißwürdigster Freyherr von
Abschatz den Reihen schliessen/ weil/wie sich ietzt leider! die Zeiten
anlassen/man die überflüssigen Stunden/ lieber zu andern/ als gelehrten
Ergötzligkeiten anwenden will. Weßwegen der geneigte Leser seine Arbeit um
so viel höher schätzen/und wie einen theuren Balsam in Gold und Alabaster
verwahren mag. Ich habe nicht nöthig/ mich bey jeglichem dieser Poetischen
Wercke absonderlich zu verweile/ doch muß ich von dem getreuen Schäffer
mit Wahrheit dieses vermelden/ daß eine durch eben dergleichen Arbeit der
Welt gnugsam bekannt gewordene vornehme und hochverständige Person
mehr als einmal aufrichtig geurtheilet/ des Freyherrn von Abschatz Pastor
Fido wäre vor ein Meisterstück aller Ubersetzungen/ sonderlich in den Chören/
zu halten. Wie Er denn auch/ als er eine lange Zeit/ nur geschrieben/ in den
Händen vertrauter Freunde herum gegangen/ und nachmahls/ durch den
Abdruck etlicher weniger Copeyen/ nicht viel gemeiner worden/ von allen
Liebhabern der Ticht-Kunst solchen Beyfall bekommen/ daß man/ so gar aus
dem eusersten Norden/Nachfrage deswegen gehalten. Welches denn unsern
seligen Freyherrn dahin bewogen/ daß er ihn von neuem vor die Hand
genommen/ und in einen weit vollkommenern Stand gesetzet. In welchem er
sich auch itzt vor die Augen des geneigten Lesers stellen/und dessen
vernünfftiges Urtheil erwarten darff. Wer des Adimari Welsche Sonnette
gelesen/ wird sich über dem Nachdruck/ den Ihnen der seel. Frey-Hr. von
Abschatz in unsrer Muttersprache eingeflösset/billich verwundern. Was die
übrigen Poesien anbelanget/ so gestehet man gantz gern/ daß unser
Höchst-schätzbarer Freyherr von dem seeligen Lohenstein/mit dem Er
Lebenszeit gantz vertraulich umgegangen/den Tittel der Himel-Schlüssel
entlehnet/ sonst aber wird man wohl wenig oder gar nichts geborgtes in
selbigen antreffen. Der geneigte Leser bediene sich demnach dieser köstlichen
Früchte zu seinem Vergnügen. Solte Ihm aber unterweilen etwas noch herbe
oder unvollkommen vorkommen/ so beliebe Er zu erwegen/ daß sie gleichsam
von der Hand des Todes allzufrüh abgebrochen/ und also derjenigen
Liebligkeit beraubet worden/ die Sie von der lezten Ubersehung des Urhebers
erwarten können. Wohl- und rechtgesinnte Gemütter werden diese aus dem
Grabe des seligsten Frey-Herrn hervorschiessende Blumen/niemals durch ein
unzeitiges Splitterrichten/ in Dornen oder Nesseln verwandeln; Mißgünstige
aber mögen sich vorsehen/ daß sie/ wenn sie etwas derogleichen ins Werck
richten wolten/ sich nicht zu erst darein stechen oder verbrennen/ und als denn
von unpartheyischen ausgelacht werden dörfften.
Komm Mißgunst/ setze dich auff deinen Schlangen-Thron/
Bring alle Furien aus Platons Sitz zusammen/
Spey Nebel/ Rauch und Dampff und ungeheure Flammen
Mit Gall und Wermut aus. Verknüpffe Schimpff und Hohn.
Schütt' auff den Purpur-Rock der Musen Gifft und Geiffer/
Du richtest doch nichts aus mit deinem tollen Eyffer.
Bedränge den Parnaß/ und greiff den Lorber-Hayn
Des schönen Helicons mit den verwegnen Schaaren
Der frechen Thorheit an. Was Kunst und Witz bewahren/
Das wird vor dieser Wutt mehr als zu sicher seyn.
Und solter gleich den Schwarm ein kühner ( a) Faber führen/
Doch werden sie umsonst so Fäust' als Armen rühren.
Die Edle Pöesie / verlacht die Barbarey:
Was sich auff ihren Fall und Untergang verschworen/
Hat bey der klugen Welt längst den Credit verlohren;
Die Krafft des Himmels steht dem theuren Pindus bey.
An seinem starcken Wall und fest gebauten Thürmen
Muß sich Enceladus umsonst zu Tode stürmen.
Vornehmlich wenn der Stand und Adel Ihn beschüzt/
Wenn sich die Ritterschafft zu seinem Vortheil rüstet/
So wird ein Goliath/ wie hefftig er sich brüstet/
Im Augenblick gestürzt. Was von den Höhen blizt,
Das schreckt durch einen Schall der sonderbaren Lieder
Die ungeheure Brutt der groben Midas-Brüder.
Dergleichen stellt uns izt der Herr von Abschatz vor:
Der Abschatz / der den Preiß der Pierinnen mehret/
Der Abschatz / den man auch selbst in der Grufft verehret/
Weil ihn die Wissenschafft zu ihrem Trost erkohr.
Sein goldner Wappen-Schild beschirmt die Reih der Tichter
Vor allem Uberfall der schnöden Splitter-Richter.
Beglücktes Schlesien! verehre diesen Glantz/
Der dir izt wiederum von neuem auffgegangen;
Vor diesem kontestu mit einem Bibran prangen.
Manch Logau zierte Dich mit einem Lorber-Krantz.
Ein Schweinitz und noch mehr Hochedelste Poeten
Erhoben deinen Ruhm mit silbernen Trompeten.
Izt hat Dein Abschatz Dir was sonders beygelegt/
Der sich in alle Pracht Italiens gekleidet/
Dein Abschatz / welcher sich mit dieser Kost geweidet/
Die Rom und Grichenland auff seine Taffeln trägt.
Was Guarini singt und Adimari schreibet/
Hat die geschickte Hand den Teutschen ein verleibet.
Man spüret auch zugleich die reine Frömmigkeit/
Und die verbundne Treu/ die vor des Käysers Glücke
Viel heisse Wünsche thut. Die keuschen Liebes-Blicke
Sind hier von aller Glutt der Uppigkeit befreyt.
Mit kurtzem; was als nett und ungemein zu preisen
Das kan uns dieses Buch des Helden-Tichters weisen.
Nun Fürst der Künste komm/ und lege/ was dich ziert/
Den Lorber und das Spiel der wohlgestimmten Saiten
Mit gutem Willen hin. Es wird zu unsern Zeiten
Ein neues Regiment im Pindus auffgeführt.
Dein abgenüzter Schmuck und Zepter muß veralten:
Denn Abschatz soll das Reich der Poesie verwalten.
C. G
Anemons und Adonis Blumen
Viel von verliebtem Wesen schreiben stehet weder auff ernstere Dinge
sinnenden Gemüttern/ noch reifferen Jahren an; Der Ticht-Kunst aber gar
keine Feder aus den Flügeln des schon zum deutschen Bürger-Recht
zugelassenen und bekandten Cupido vergönnen/ ist so viel als ihr ein Theil
ihrer Schwing-Federn ausrupffen oder verschneiden. Zucker und Saltz haben
wohl gleiche Farbe/ doch gantz unterschiedenen Geschmack: Beyde wollen
mit gewisser maße gebraucht/und nicht Eines für das Andere vergriffen
werden. Die mit allzuvielem Venus-Saltz marinirten Speisen einiger Welschen
stehen der deutschen Mund-Art/ welche die Reinligkeit liebet/ und der
Schamhafftigkeit unsers Frauenzimmers/ welches bey zugelassener mehreren
Freyheit weniger auff Geheimnisse und Räthsel der Liebe nachzusinnen/ und
mit Gedancken zu wuchern Anlaß nimmt/ gar wenig an/ unerachtet es Opiz
und andere etwas fremden Zucker aus Virginien mit unter zu kosten
angewehnet haben. Diesen ist mit maße nachgefolget/ und allhier ein und
anderes Blatt mit dergleichen Zeuge gefüllet worden. Wer mit ausländischen
Poeten bekant/ wird gar leichte finden/ wo ihre/ oder eigene Gedancken und
Worte ausgedrücket seyn. Wie denn auch manchmahl nicht für sich/ sondern
für einen gutten Freund geschrieben worden; zum wenigsten wird sich zeigen/
daß man sich in eitlen und schlipffrigen Sachen nicht sinnreich zu erscheinen
gezwungen/ noch mit vielem Nachdenken den Kopff zerbrochen habe.
Die fremde Regung
Im Mittel aller Lust/ die Glück und Zeit mir geben/
Kan ich ohn Silvien nicht frölich leben;
Und wenn ich bey ihr bin/ so spielet um mein Hertz
Ein angenehmer Schmertz.
Mein Sinn fühlt sich gereizt von unbekandtem Triebe/
Ich such/ und treffe sie doch ohne Furcht nicht an.
Wofern ein Mensch iemahls unwissend lieben kan/
So glaub ich/ daß ich liebe.
Der unbekandte Liebhaber
Schau die Künheit fremder Hand/
Welche/ sonder dich zu kennen/
Macht durch diese Schrifft bekant
Ihrer treuen Seele Brennen/
Welche dich nicht kennen will
Und nur kennet allzuviel.
Fordre meinen Nahmen nicht
Biß ihn wird die Zeit entdecken/
Und der treuen Dienste Pflicht
Gleiche Flamm in dir erwecken/
Biß man mich auch ungenennt
Gleich wie deine Tugend kennt.
Mehr ich deiner Sclaven Zahl/
Du bist drum nicht mehr geplaget;
Wenn ein andrer seine Qual
Dir mit langen Worten klaget/
Sollen stumme Dienst allein
Meiner Liebe Zeugen seyn.
Mein allein/ oder laß es gar seyn?
Beliebe mich für andern zu erwehlen/
Mein Hertze giebt sich gantz zu eigen dir.
Doch wo du dir ein Fremdes wirst vermählen/
Nehm ich das Mein hinwieder auch zu mir.
Wie sehr mich ie Gelück und Himmel hasset/
Bleibt doch mein Hertz und meine Treue rein;
Wann aber dich ein fremdes Joch umfasset/
Soll mir dein Strick der Weg zur Freyheit seyn.
Die stumme Sprache
Wenn ich nicht reden darff/ nimm meine Seufftzer hin;
Sie werden dir in ihrer Sprache sagen:
Wenn Glück und Himmel hätten meinen Sinn/
Ich wolte dir mehr Opffer tragen.
Ach!
Du fragst/ was sagen will diß Ach!
Das ich bey deiner Ankunfft sprach?
Es sprach: Ach! seht die holden Wangen/
Seht die beliebte Fillis an;
Da kommt auff Rosen-voller Bahn
Mein Tod/ mein süsser Tod/ gegangen.
Wo gieng dieser hin?
Du hörest/ wie von mir manch stiller Seufftzer geht:
Ach Fillis/ frage nicht/ wohin die Reise steht.
Der Weg ist kurtz: dir steht zu rathen frey/
Ob er vielleicht an dich gerichtet sey.
Er läst sie rathen
Weiß Fillis nicht den Ursprung meiner Plagen?
Die Gegend hier wird mein Veräther seyn:
Diß Holtz/ die Bach/ die Aue wird dir sagen/
Wie ich bey Tag und Nacht pfleg auszuschreyn
Die Menge meiner Pein.
Den stummen Ort nehm ich zu meinem Zeugen/
Daß Liebe mir entzündet Brust und Geist.
Er weiß/ was ich sonst pflege zu verschweigen/
Den Feind/ der mich zu quälen sich befleisst:
Rath/ ob er Fillis heist!
Mein Leben ist/ wenn ich bey ihr kan leben/
Mein Tod/ wenn ich muß ihre Gegend fliehn.
Wilt du auff mein Verhalten Achtung geben/
So kanst du leicht daraus ein Urtheil ziehn/
Daß ich dein eigen bin.
Liebe für Liebe
Wozu will Silvia/ die Werthe/ mich verbinden?
Daß ich sie lieben soll? Ich geh es willig ein:
Sie soll mich ihren Diener finden.
Doch/ wo ihr Hertze will ohn Gegen-Liebe seyn/
Wozu will Silvia/ die Werthe/ mich verbinden?
An seine Augen
Ihr Augen/ höret auff Silvinden zu beschauen!
Mein Hertze/ welches sie kennt besser weder ihr/
Sagt mir/ daß eure Lust wird sein mein Ungelücke.
Es zwinget die Begier/
Halt eure Stralen auch zurücke/
Und höret auff Silvinden zu beschauen?
Ihr Augen/ eure Blicke
Gerathen in Verdacht:
Nehmt euch für Ungelücke/
Das eure Künheit macht/
Hinfort genau in Acht.
Man saget/ daß ihr spielt
Nach der Verliebten Art/
Wiewohl ichs nie gefühlet/
Und eurer Stralen Fahrt
Auff Rosen-Wangen paart.
Entdeckt nicht Unbekandten
Was ihr itzund allein
Solt meiner Amaranthen/
Durch dunckler Farben Schein
Ins Hertze schreiben ein.
Lasst sie von ferne wissen/
Was dieser treue Mund/
Im Fall sie zu beküssen
Ihm möchte seyn vergunt/
Ihr würde machen kund.
Bringt mir Bericht zurücke/
Was zu erwarten sey/
Und ob auch ihre Blicke
Sich/ sonder Heucheley/
Dem Hertzen nahen bey.
Ich will mit Willen tragen
Die auffgelegte Schuld/
Nicht über Unrecht klagen/
Wo Amaranthens Huld
Ist meiner Blicke Sold.
An ihre Augen
Ihr Augen/ die ich lieb und ehr/
Ihr meine Lust und süsse Pein/
Was netzet ihr die trüben Wangen/
Was sagt mir euer blasser Schein?
Habt ihr mein Hertze nicht empfangen?
Was fodert/ was verlangt ihr mehr?
Ihr Augen/ die ich lieb und ehr/
Ihr sehet meine Schmertzen an/
Und kennt die Menge meiner Plagen:
Wofern ich euch vergnügen kan/
Will ich mit Lust den Tod ertragen.
Was fodert/ was verlangt ihr mehr?
Betrüger/ die ich ehr/
Untreue/ die ich liebe/
Was stralet ihr so sehr
Ihr schlauen Hertzens-Diebe!
Wer siehet wie ihr spielt/ und bildet ihm nicht ein/
Ihr werdet voll Erbarmen seyn?
Die falsche Freundligkeit
Und eur verliebtes Blicken/
Zeigt Sonn und schöne Zeit/
Pflegt Blitz und Nacht zu schicken.
Wer siehet wie ihr spielt/ und kan ihm bilden ein/
Daß ihr so grausam sollet seyn?
Macht Augen/ daß euch nicht
Die Welt Cometen nennet!
Seyd das gepaarte Licht
Dem Tifis Opffer brennet/
Führt uns durch euren Glantz in sichern Hafen ein:
Man wird euch ewig danckbar seyn.
Die bitter-süsse Dulcinde
Kind/ deine Freundligkeit
Kan Freud und Lust erwecken/
Wo Trauren/ Sorg und Leyd
Im innern Hertzen stecken:
Man sieht auff deinen Wangen
Narciß' und Rose prangen.
Doch will ich was darvon
Mit süssem Zwange brechen/
So pfleget mich zum Lohn
Ein scharffer Dorn zu stechen.
Ich darff nicht frey bekennen
Wie Hertz und Seele brennen.
Wilt du mit gutem Recht
Dulcindens Nahmen führen/
Laß deinen treuen Knecht
Genad und Gunst verspüren.
Den Honig auff dem Munde
Verderbt die Gall im Grunde.
Liebe und Gegen-Liebe
Worzu dient so süsses Blicken/
Wenn du bist in nichts verliebt?
Ists/ daß unser Seufftzer-schicken
Cloris dir Vergnügen giebt?
Zwar offt heist das Hertze geben
Sich begeben seiner Ruh/
Doch wer immer frey will leben/
Bringt sein Leben übel zu.
Schönheit mit Verstand vermählet
Trifft offt schlechte Gleichheit an:
Manch getreues Hertz erwehlet
Was nicht Farbe halten kan:
Fremde Qual heist Achtung geben
Was für eine Wahl man thu;
Doch/ wer unverliebt will leben
Bringt sein Leben übel zu.
Liebe/ Cloris/ lieb in Zeiten/
Liebe was dich wieder liebt/
Was dir/ ohne Widerstreiten/
Sein getreues Hertze giebt.
Lieb' und Gegen-Liebe geben
Süsse Lust und stille Ruh/
Wer von Liebe frey will leben
Bringt sein Leben übel zu.
Bedörnte Rosen
Rosen blühn auff deinen Wangen/
Liljen führt die Stirne mit;
Aber den/ der nahe tritt/
Stechen Dornen/ Bienen/ Schlangen.
Die Kuß-Scheue
Du stellest dich so wilde
Wenn ich dich küssen will:
Wilt du dich nennen milde/
So weigre dich nicht viel.
Allmosen bald empfangen
Ist einstens noch so lieb/
Als was man muß erlangen
Durch langen Bittens Trieb.
Verziehestu zu geben/
Was du doch loß wilt seyn?
Ich wills mit Wucher heben
Und doppelt bringen ein.
Du würdest meiner spotten
Ließ ich dich gehn vorbey/
Und sagen/ daß zum Gutten
Ich viel zu furchtsam sey.
Drum Cloris laß dich küssen;
Und soltest du zum Schein
Dich widersetzen müssen:
Es muß geküsset seyn.
Der Liebe Gifft und Gegen-Gifft
Der klugen Aerzte Kunst weiß allem Ubel Rath/
Was fast zu finden ist in weiter Erde Schrancken:
Wie kommts/ daß sie kein Mittel hat
Für eine Noth/ daran fast alle Welt muß krancken?
Ein Hertze/ welches sich von Liebe wund betrifft/
Kan seine Hoffnung nicht auff ihre Kräuter gründen:
Die Lieb ist Gifft und Gegen-Gifft:
Man muß den Scorpion auff seinen Schaden binden.
An seine Augen
Ihr Augen/ deren Licht mit diesem Lichte spielt/
Das eure Stralen dunkel macht/
Gebt wohl auff eure Sachen acht/
Seht/ wie mein Feind bereits auff unser Unglück zielet.
Ich kan den Angelstern in mein Gemütte schlüssen
Der in gewünschten Hafen führt;
Ihr aber/ Augen/ ihr verliert
Das Licht/ ohn das ihr irrt in trüben Finsternissen.
Seht/ weil ihr sehen könt/ eh Nacht und Regen kommen/
Schöpfft kurtzen Trost vor lange Pein
Von diesen süssen Augen ein/
Eh euch Gelegenheit durchs Scheiden wird benommen.
Der Liebe verkehrtes Recht
Wie grausam sind/ o Liebe/ deine Rechte!
Ein leichter Sinn schmeckt tausendfache Lust/
Der Thränen Tranck/ der Seufftzer schwere Kost
Nährt und verzehrt die Hertzen treuer Knechte;
Wie grausam seyn/ o Liebe/ deine Rechte!
Könte man für Liebe sterben/ wär ich längstens kalt und todt/
Solte sie ein Feuer heissen/ wär ich längstens Asch und Koth:
Doch ist sie kein Tod zu nennen/ woher fühl ich solche Schmertzen?
Und ist sie kein brennend Feuer/ was kocht so in meinem Hertzen?
Nach aller meiner Pein/ nach aller meiner Noth/
Dadurch ich nur verbittert deine Sinnen/
Hab ich gelernt die Kunst dich zu gewinnen/
Fillis/ ich geh' in Tod.
Fillis/ thu ich zuviel/ wenn ich mich untersteh/
Daß ich dir recht gethan/ für aller Welt zu sagen:
Ein Augenblick kan mich und dich vertragen:
Ich geh in Tod: Ade!
Die schwartzen Augen
Wohin soll ich zu erst die Augen wenden/
Die mir zu einer Zeit zwey Sonnen blenden?
Wo soll ich erstlich hin/
Dieweil in meinem Sinn
Ich gantz entzücket bin/
Die Blicke senden?
Steht unter Steinen nicht der Demant oben?
Sein Feuer macht die dunckle Folge loben?
Der schwartzen Augen Zier
Wird billig auch von mir
Für allen andern hier
Mit Ruhm erhoben.
Laß Phöbus hohen Glantz den Himmel mahlen:
Mit tausend Sternen mag der Abend prahlen:
Der Augen lichte Nacht/
Mit welchen ihre Pracht
Amene kundbar macht/
Wirfft hellre Stralen.
Die Sonne kan allein den Leib beschwärtzen/
Bey Nachte scheinen nur die Himmels-Kertzen:
Durch dieser Augen Schein
Senckt sich dem Hertzen ein
Die angenehme Pein
Verliebter Schmertzen.
Kan nicht ihr Blick von Hertz zu Hertze steigen?
Sie sind des edlen Sinns getreue Zeugen:
Was nicht der kluge Mund/
Der manchen Geist verwundt/
Mit reden machet kund/
Entdeckt ihr Schweigen.
Wer kan sich an so schönen Feinden rächen?
Ich bleibe stets bemüht ihr Lob zu sprechen/
Ob mir gleich ihre Pracht
Hat manche Pein gemacht/
Biß mir zu gutter Nacht
Die Augen brechen.
Die blauen Augen
Will noch die schwartze Nacht den Tag bestreiten/
Und als ein irrend Licht bey duncklen Zeiten
Der übereitlen Welt/
Die/ was ihr wohlgefällt/
Für einen Abgott hält/
Den Sinn verleiten?
Des Monden Silber kan bey Nacht erquicken/
Und durch den Schatten bricht der Sterne Blicken.
Ein stoltzer Diamant
Der Dunckelheit verwandt
Muß manche Fürsten-Hand
Vor andern schmücken.
Doch/ kan der Mond den Glantz der Sonn erreichen?
Will sich der Sternen Licht dem Tage gleichen?
Und muß der Demant nicht
Wo des Carfunckels Licht
Durch Nacht und Schatten bricht/
Mit Scham entweichen?
Verliebte/ wollt ihr wohl die Schiffahrt enden/
Und an den sichern Port des Glückes länden.
Last blauer Augen Schein
Der Liebe Leitstern seyn/
So wird sich eure Pein
In Freude wenden.
Traut schwartzen Augen nicht und ihrem Blincken/
Wenn sie Sirenen gleich ins Netze wincken.
Sieht man in schwartzer Flutt
Voll Falsch und Wanckelmutt
Nicht offters Schiff und Gutt
Zu Grunde sincken?
Ein blaues Auge spielt mit sanfften Wellen:
Man sah aus blauer See die Venus quellen.
Was Wunder/ wenn noch izt
Cupido drinnen sizt/
Und goldne Pfeile spizt/
Die Welt zu fällen?
Welch kaltes Hertze will nicht Flammen fangen/
Wenn mitten in dem Schnee der Rosen-Wangen
Mit blauer Liebligkeit/
Daraus ihm selbst ein Kleid
Der Himmel zubereit/
Die Augen prangen!
Die weiße Fillis
Lasst die bunten Tulpen weisen
Ihrer hohen Farbe Zier/
Lasst die edle Rose preisen/
Zeig! Narciß und Nägeln für:
Liljen/ die bey Fillis stehn/
Sind für allen Blumen schön.
Zephyr mit verliebten Küssen
Spielt um ihren zarten Mund/
Lässt die stoltze Flora wissen/
Macht mit lindem Rauschen kund/
Liljen/ die bey Fillis stehn/
Sind für allen Blumen schön.
Milch und Schnee kan nicht erreichen
Ihrer reinen Weisse Pracht/
Die Narcissen sind ingleichen
Gegen ihrem Tage Nacht;
Liljen/ die bey Fillis stehn/
Sind für allen Blumen schön.
Amor selbst hat/ sie zu pflegen/
Mich zum Gärtner eingesezt.
Meine Thränen sind der Regen
Der sie nach und nach benezt/
Biß mir Fillis mit der Zeit
Sie zu brechen Gunst verleiht.
Die schwartz-braune Nigelline
Hylas mag nach seinem Sinn
Andre Farben köstlich schätzen/
Sich mit weiß und roth ergötzen;
Schwartz ist meine Schäfferin.
Schwartz vergnüget meine Seele/
Schwartz soll meine Farbe seyn/
Biß des schwartzen Grabes Höle
Schleust den todten Cörper ein.
Zwar der hellen Augen Licht/
Welche Pallas blau gewiesen/
Wird von Paris hoch gepriesen/
Aber hebt den Apffel nicht:
Der Zytheren süsses Blicken/
Die aus ihrer Augen Nacht
Kunte Sonnen-Strahlen schicken/
Hat den Preiß darvon gebracht.
Göldner Locken stoltze Pracht
Mag den leichten Nero fangen:
Bleibt das klügste Wild nicht hangen/
Wo die Schlinge schwartz gemacht?
Braunes Haar kan auch verdienen/
Gleich dem gelben/ Zahl und Lied:
Zeuge/ wer an Nigellinen
Ein recht würdig Beyspiel sieht.
Rühmt der rothen Schmincke Zier/
Last die weiße Cloris prangen
Mit dem Schnee der glatten Wangen;
Schwartz allein beliebet mir.
Noth muß von der Sonne bleichen/
Weiß nimmt ihre Brandmahl an;
Ists nicht schwartz/ der Treue Zeichen/
Das sich nimmer ändern kan.
Schwärzt der blaue Himmel nicht/
Wenn ist Phöbus seinen Wagen
Zu der Thetis lassen tragen/
Sein gebräuntes Angesicht.
Liebt man nicht den duncklen Schaten
Und der schwartzen Nächte Rast/
Wenn die heißen Glieder braten
Für des Tages Uberlast?
Wird nach schwartzer Kirschen Frucht
Nicht der höchste Baum bestiegen/
Andre/ die man siehet liegen/
Kaum mit fauler Hand gesucht?
Muß der Blumen Preiß nicht steigen/
Muß nicht Ros' und Tulipan/
Wenn sie sich zur Schwärtze neigen/
Höher seyn gesehen an.
Hylas mag nach seinem Sinn
Andrer Farben Zier erheben:
Will sich mir zu eigen geben
Meine schwartze Schäfferin/
So sag ich von Grund der Seele:
Schwartz soll meine Farbe seyn/
Biß des schwartzen Grabes-Höle
Schleust den todten Cörper ein.
Die Wett-streitende Doris
Das schöne Kleeblat der Göttinnen
Das um den Apffel führte Zanck/
Gedachte/ nächst der Schönheit/ Danck
Für meiner Doris zu gewinnen;
Doch Venus selber gab ihr nach
Eh noch jemand das Urtheil sprach.
Aglaja stund mit ihr im Streite
An wem der Vorzug solte seyn:
Der beyden Schwestern holder Schein
Zog erst viel Hertzen auff die Seite/
Doch ward mit Warheit ausgeführt/
Daß ihr der erste Stand gebührt.
Apollo ließ die Wolcken schwinden/
Braucht alle seine Glutt und Macht/
Wolt ihrer hellen Augen Pracht
Durch seine Stralen überwinden:
Was aber kunte gegen Zweyn
Der Glantz von einer Sonne seyn?
Man hörte sie die Wette singen
Mit einer stoltzen Nachtigall.
Wem hätte dieser süsse Schall
Nicht durch das Hertze sollen dringen?
Doch ihrer reinen Stimme Zier
Gieng tausend Nachtigallen für.
An dem gelinden Oder-Strande
Da sezten sie und Amor an/
Wer am gewißten schißen kan;
Ihr blieb der Sieg/ und ihm die Schande
Was sonst Cupidens Pfeil verlacht/
Das hat ihr Blicken wund gemacht.
Wenn sie denn alles kan besiegen/
Und nichts ist/ das ihr widerspricht/
Warum soll meine Freyheit nicht
Zu ihren edlen Füssen liegen?
Ich bin ihr willig unterthan/
Und bete meine Fässel an.
Die erst-auffgestandene Rosilis
Ich kam den andern Tag zur Rosilis gegangen/
Als sie zum Morgen noch unangeleget war.
Sie stellte die Auror in eignem Bilde dar/
Wenn sie der frühen Welt zeigt ihre Rosen-Wangen.
Die Augen/ welche fast der Schlaff noch hielt umfangen/
Verglichen sich der erst entwichnen Sternen-Schaar/
Ihr über Stirne/ Wang und Hals gestreutes Haar
Dem Netze/ welches uns die theuren Würme langen.
Der weißen Hände Schnee schien heller denn der Tag/
Der angebohrne Schmuck/ die lieblichen Geberden/
Beschämten was der Fleiß/ die kluge Kunst/ vermag.
Giebt Rosilis/ mein Licht/ zum Morgen solchen Schein/
Wie soll mein Hertze nicht zu lauter Flamme werden
Wenn sie wird angelegt in vollem Mittag seyn!
Der glückselige Blumen-Strauß
Amor selbst brach diese Blumen/ wo Aurora sammlet ein
Ihre Näglein/ ihre Rosen/ die bey frühem Tages-Schein
An dem blauen Himmel gläntzen/
Und ihr schönes Haubt bekräntzen.
Schöne Blumen/ Preiß der Gärten/ welche Florens Hand geziert/
Daß sie von so schönen Händen solten werden angerührt/
Wie beglückt seyd ihr für allen
Amaranthen zu gefallen?
Zwar eur Glantz wird müssen sterben in der Nimphe schönen Hand/
Aber tausend Hertzen wünschten ihnen derogleichen Stand/
Würden willig Geist und Leben
Ihr zum treuen Opffer geben.
War nicht diß ein schöner Garten/ der euch erst das Leben gab?
Werden nicht die schönsten Finger dieser Welt euch Bahr und Grab?
Wer will nicht/ wie ihr/ verderben/
Und so schönen Todes sterben!
Ich lege dir mein Haubt zu deinen Füssen:
Bestraffe mich/ ich will gedultig büssen/
Wofern dein Recht für schuldig kan erkennen
Den/ der da liebt/ was Liebens werth zu nennen.
Ach! straffet sich nicht selber mein Verbrechen?
Vergehn vor Lieb/ und nichts von Liebe sprechen
Ist Pein genung/ wo keine Schuld zu kennen/
Als daß man liebt/ was liebens werth zu nennen.
Nachdem/ Melinde/ dir mein Seufftzen kund gemacht
Ein Theil der herben Schmertzen/
Darein mich deine Zier und meine Liebe bracht/
Und du noch thränen siehst der Augen dunckle Kertzen/
So dencke/ daß noch mehr verborgen ist im Hertzen.
Die Seufftzer haben dir alleine kund gethan/
Wie Lieb und Furcht mich plagen:
Wilt du nicht für bekandt diß Zeugnis nehmen an/
Die Thränen werden dir in ihrer Sprache sagen/
Daß deine Grausamkeit mich wird zu Grabe tragen.
Sie seufftzen Beyde
Du pflegest dich gantz laut/ ich heimlich zu beklagen/
Die Seufftzer sind gemein bey dir und mir/ mein Kind:
Ich weiß/ daß meine nur auff dich gerichtet sind/
Von deinen weiß ich nichts zu sagen.
Ein Ander mag uns Neyd um unsre Seufftzer tragen:
Ich weiß/ daß meine nur auff dich gerichtet sind.
Wohin die deinen gehn/ mein allerliebstes Kind/
Da weiß ich nichts/ und will nichts sagen.
An ihre Augen
Ich bin kein Adler nicht/ der deiner Sonnen Blincken/
Der deiner Wangen Glantz kan schauen unverwandt.
Wann deiner Augen Glutt in meinen widerstralt/
Und ihrer Flammen Schein auff meine Wangen mahlt/
So müssen sie beschämt zur Erde niedersincken;
Doch aber will ich nicht der scheuen Eule gleichen/
Die vor des Tages Zier erwehlt die braune Nacht;
Ich eile nach dem Feur/ das mich zu Asche macht
Verdirbt die Mücke gleich durch selbst-gesuchten Brand/
Der edle Phönix wird doch eben so zur Leichen.
Auff ihren Nahmens-Tag
Auff Demant und Rubin/ auff Rosen und Narcissen/
Soll billig meine Hand ein Lied
Zu setzen heute seyn bemüht;
Nichts will in solcher Eil aus meiner Feder flüssen/
Nichts fället mir für Freuden bey/
Das Amaranthens würdig sey.
Nimm/ Nimphe/ gütig an das Opffer treuer Hände:
Wer wenig/ aber willig giebt/
Ist bey den Göttern auch beliebt.
Auff Jahre sonder Ziel/ auff Glücke sonder Ende
Ist zu Bezeugung seiner Pflicht
Silvanders treuer Wunsch gericht.
An diesem wilden Ort/ auff dieser rauhen Spitze/
Wo stille Lufft/ wo Sonn und Sommer Gäste seyn/
Wo ich für Frost halb todt bey lauher Asche sitze/
Begeh ich doch mit Lust des werthen Tages Schein.
Ein Lied/ ein schlechter Reim soll meine Nimphe binden:
Geschenke/ die ihr werth/ sind um kein Geld zu finden.
Verzeihe mir/ im Fall nicht gutte Reimen flüssen/
Ein grobes Holtz vertritt der zarten Feder Amt/
Der Schnee ist mein Papir/ doch zeuget mein Gewissen/
Daß dieser kurtze Wunsch aus reinem Hertzen stammt.
Des Himmels Gunst laß ihn im Winter auch bekleiben/
Und einen gutten Wind zu deiner Wohnung treiben!
Es müsse so viel Lust dein edles Hertz erfreuen/
Als mein Gemütte Schmertz und Trauren in sich hegt!
Es müsse so viel Glück und Wohlfart dich beschneyen/
Als dieser hohe Berg gefrorne Tropffen trägt.
Es kan dir nimmermehr so wohl und glücklich gehen/
Daß mein getreuer Wunsch dabey wird stille stehen.
Geh hin/ beglückter Ring/ die Finger zu umschlüssen/
Die edler als dein Gold/ und werther als dein Stein.
Könt ich auff eine Zeit an deiner Stelle seyn/
Wie solte dieser Tausch das Leben mir versüssen!
Du kanst/ ohn alle Scheu/ die zarten Glieder küssen/
Dir stralet Tag und Nacht der hellen Augen Schein.
Was sonst der schäle Neyd der Kleider birget ein/
Kanst du/ von ihrer Hand geführet/ frey begrüssen.
Ich gebe dich an die/ der ich ergeben bin/
Du bleibest stets um sie/ ich muß zurücke bleiben/
Darff/ wo du öffters bist/ nicht sicher dencken hin.
Wie sucht das Glücke so sein Spiel mit mir zu treiben!
Ich bringe dir zu weg und thue mehr für dich/
Als mir nicht selbsten wird erlaubt zu thun für mich.
Was rauscht und brummet deine Flutt
Du helle Bach/ im Mittel dieser Auen.
Du kanst das süsse Kind Climenen täglich schauen.
Was hat bey solchem edlen Gutt
Sich zu beschweren deine Flutt?
Was klaget sich dein zarter Mund/
Du Feder-Schaar/ in dieser grünen Hecken?
Besinge deine Brunst/ sie kommt dich zu entdecken.
Wo solche Zeugen sind vergunnt/
Was klaget sich dein zarter Mund?
Ihr Lüffte/ was beseufftzet ihr/
Die ihr den Ort im Sommer pflegt zu kühlen?
Ihr könt nach eurer Lust um ihre Wangen spielen.
Ach/ wär ich Wind und Lufft/ als ihr/
Wie wohl gerathen wäre mir!
Ich rede nicht wie vor so frey/
Mein Auge klebt der Erden an/
Und findet sich mit Furcht herbey/
Wo man dich/ Nimphe/ schauen kan;
Verbrochne Seufftzer und gestohlne Blicke
Sinds/ die ich dir/ mein Kind/ entgegen schicke.
Der strengen Auffsicht scharffe Wacht/
Die Neyd und Eyfer um uns stellt/
Nimmt ein iedweders Wort in acht
So uns von ungefähr entfällt/
Heist unsre Unschuld stets in Sorgen stehen/
Und zwischen Dorn und Eiß behutsam gehen.
Die schlimme Welt denckt/ Ich und Du
Müß ihr an Boßheit gleiche seyn/
Dringt sich mit schälem Aug herzu/
Greifft unsern keuschen Freuden ein/
Und wolte gern/ was sie nicht kan genüssen/
Auch andern ohne Schuld verboten wissen.
Zwar wehe thut der schwere Zwang/
Zu dem man uns verbinden will;
Jedoch wird solcher Uberdrang
Auch haben sein gestecktes Ziel.
Der Tugend reines Kleid kan nichts beflecken;
Die Zeit wird unser Recht der Welt entdecken.
Der beste Rath ist hier Gedult:
Bleib mir beständig/ wie du bist/
Ich lebe dir in stillem hold/
So brechen wir der Feinde List.
Wenn Redligkeit sich kan zun Sternen heben/
Muß der Verleumder Maul im Kothe kleben.
Die krancke Fillis
Ach Amor/ soll ich dir nicht klagen meine Noth!
Ich seh die Fillis hier in meinen Armen liegen;
Die matte Seele will dem siechen Leib' entfliegen;
Stirbt sie/ so ist dein Ruhm und meine Freude todt.
Ach/ schick ihr kühle Lufft mit deinen Flügeln zu/
Laß deine zarte Sehn ihr kranckes Haubt umschlüssen/
Gib deinen Köcher her zu legen unters Küssen/
Damit ihr Leib erhöht kan nehmen seine Ruh.
Verwechsle mit Betrug dem Tode seinen Pfeil/
Daß sie dein heilsam Gold empfind in ihrem Hertzen/
Wenn ihr sein rauher Stahl soll bringen Todes-Schmertzen/
So machest du (in ihr und mir) zwey Hertzen heil.
Du stiller Wald/ du rauhe Felsen-Klufft/
Du helle Bach/ ihr Quellen in den Häynen/
Last eure Schos seyn meiner Sorgen Grufft:
Ihr/ denen wissend ist mein Klagen und mein Weinen/
Sagt/ ob mir nicht/ wenn ich muß sperren meinen Mund/
Zu seufftzen ist vergunnt?
Ach/ Seufftzer geht/ doch sonder laut zu seyn/
Weist wie ich muß mein treues Hertze zwingen/
Blast ihrem Ohr in meinem Nahmen ein:
Darff ich dir/ süsse Frucht/ kein redend Opffer bringen/
Der heißre Widerhall schreyt Tag und Nacht für mich/
Ich liebe nichts/ als dich.
Die Flutten/ die du siehst von meinen Augen rinnen/
Lieb-werthe Rosilis/ sind nicht gemeine Thränen/
Wie deine Göttligkeit wohl irgend möchte wehnen!
Wo wolt ich solche Ström und Bäche fassen künnen?
Sie werden ausgebrennt vermittelst meiner Sinnen
Von Liljen deiner Schos/ von Rosen deiner Wangen/
Und müssen den Geruch von deiner Gunst erlangen/
Dem keine Specerey den Preiß wird abgewinnen.
Die Liebe giebt die Glutt/ der Ofen steht im Hertzen/
Der dicken Seufftzer Wind bläst mir das Feuer auff/
Der Augen Helm vergönnt dem Wasser freyen Lauff/
Und weil so hitzig ist die Flamme meiner Schmertzen/
So müssen in die Höh so viel der Dünste steigen/
Und durch der Augen Röhr ohn Ende sich verseygen.
Die lange Nacht
Ihr faulen Stunden ihr/ wie währet ihr so lange!
Der sonsten frühe Tag hält seinen Einzug auff/
Der Sternen muntre Schaar steht still in vollem Lauff/
Matuta lässet nach von ihrem schnellen Gange.
O Himmel/ der mit sich die Himmels-Lichter ziehet,
O Kreiß/ der sonst den Weg weist andern Kreißen an/
Was hat mein Unschuld doch zuwider dir gethan/
Daß man zur Plage mir dich also langsam siehet.
Minuten sind mir Tag/ und Stunden sind mir Jahre/
Der Zeit geschwinde Füß und Flügel sind von Bley.
Ich glaube daß die Nacht der Zimber kürtzer sey/
Und ich für meinem Tod ihr Ende nicht erfahre.
Penelope beschwert von vieler Freyer Menge/
Löst auff den Abend auff/ was sie den Tag gemacht:
Ich schwere/ Phöbus geht zurücke bey der Nacht/
Damit er seinen Weg und meine Pein verlänge.
Mein Bette/ glaub ich/ ist mit Disteln überstreuet/
Das weichste Küssen wird für mich ein harter Stein.
Mein Leib/ der weder Stroh noch Erde vor gescheuet/
Klagt sich in Federn noch/ will nimmer ruhig seyn/
Wirfft sich die gantze Nacht mit Seufftzen hin und wieder/
Kein Schlaff erquickt/ wie sonst/ die abgematten Glieder.
Es ist schon Mitternacht; die Augen stehen offen/
Haubt/ Leib und Hertze weiß von keiner Ruhe nicht.
Komm/ Phöbus/ komm herfür/ laß mich nicht länger ruffen/
Steck an dem Himmel auff dein angenehmes Licht.
Doch aber hoff ich auch umsonst auff dich/ o Sonne/
Wenn ich nicht sehen kan Lisillen meine Wonne.
Wenn ich beklagte Tag und Nacht
Die Menge meiner herben Schmertzen/
Wenn sie mit Blutt von meinem Hertzen
Gleich würden zu Papir gebracht/
So wird doch mehr als Schrifft und Mund
Die Flammen/ die mein Hertze brennen/
Dein Auge geben zu erkennen/
Das meine Seele hat verwundt.
Was kein Papir zu melden weiß
Und meine Zunge muß verschweigen/
Wird dir zur Gnüge können zeigen
Dein Bildins und des Spiegels Eiß.
Jedwedes Thier das wohnt auff dieser weiten Erde/
Es haß und fliehe denn/ gleich Eulen/ Licht und Sonne/
Lebt/ wie man sieht/ allein in Arbeit bey dem Tage:
Wenn aber sich das Haubt des Himmels krönt mit Sternen/
Geht diß dem Stalle zu/ und jenes nach dem Walde/
Ein jedes ruhet aus biß zu der Morgenröthe.
Ich/ wenn sich sehen läst der Glantz der Morgenröthe/
Die braune Finsternis zu jagen von der Erde/
Viel wilder denn ein Thier/ ein wildes Thier im Walde/
Begrüsse Traurens-voll mit Seufftzen Licht und Sonne/
Mit einer herben Bach von Thränen Mond und Sternen/
In höchster Ungedult nach kaum verwichnem Tage.
Wenn izt der Abendstern sagt ab dem hellen Tage/
Und unsre Dämmerung bringt andern Morgenröthe/
So schrey ich kläglich an die mir befeindten Sternen/
Die mich gemacht zum Spiel und Schauspiel aller Erde/
Beklage meine Noth bey Himmel/ Lufft und Sonne/
Daß ich mehr elend bin denn iedes Thier im Walde.
Kein grimmes Tiger-Thier/ kein frecher Lew im Walde
Gleicht der/ die mir geraubt die Freude meiner Tage/
Und dennoch sieht mich treu und ohne Falsch die Sonne/
Stets müde/ nimmer satt von Leid die Morgenröthe/
Zum Zeichen/ daß der Leib zwar ist von schwacher Erde/
Doch mein demantner Sinn sich gleicht dem Oel der Sternen.
Ach könt ich/ eh der Geist sich setzet bey den Sternen/
Eh sich mein Schatten findt im Elyseer-Walde/
Geschieden von der Last/ die werden soll zur Erde/
Genüssen ihrer Gunst! die Zeit von einem Tage
Bringt funffzig Wochen ein/ ein Blick der Morgenröthe/
Ein süsser Blick ist mir der Mittag heller Sonne.
Der lichten Augen Paar läst hinter sich die Sonne/
Der Sternen-Himmel prangt mit diesen Angel-Sternen/
Der Rosen-Wangen Zier beschämt die Morgenröthe/
Der süssen Stimme Schall die Nachtigall im Walde/
Wer schäzte nicht mit Ihr beseligt seine Tage!
Ach aber/ was verlangt der leichte Staub der Erde?
Mich decket in der Erd ein dünnes Brett vom Walde/
Eh mir so süssen Tag vergönnen Glück und Sternen/
Eh mir die Morgenröth erscheint von dieser Sonne.
Diesen tödtet Bley und Eisen/
Jenen müssen Schmertz und Weh
Zu dem kalten Grabe weisen;
Liebe macht daß ich vergeh!
Mancher muß sein Leben schlüssen
In dem Schos der grünen See/
Ich zu Galatheens Füssen:
Liebe macht daß ich vergeh!
Also klagte seine Schmertzen
Filidor im grünen Klee/
Sagend mit betrübtem Hertzen:
Liebe macht daß ich vergeh!
Es bewegten sich die Steine/
Doch nicht seine Galathe:
Echo ruffte durch die Häyne:
Liebe macht daß ich vergeh!
An ihre Perlen
Du glatte Muschel-Frucht was bildest du dir ein?
Wilt du vor ihre Zier noch neuer Zierat seyn?
Du must vor aller Welt ein Zeuge seyn von Ihr/
Wie weit ihr weißer Hals geht deinem Glantze für.
Adelindens zarte Hand
Pflückte Blumen durch diß Land/
An statt deren/ die sie brach/
Schossen neue Blüten nach.
Wo ihr zarter Fuß tratt hin/
Muste Klee und Schmirgel blühn/
Die Crystallne Bach hielt auff/
Sie zu sehen/ ihren Lauff/
Bott ihr helles Silber-klar
Ihr zu einem Spiegel dar:
Sagte/ zwar dein schönes Bild/
Wenn du Nimphe scheiden wilt/
Führt mein linder Strom mit sich/
Uber dir zu Ruhm laß ich
Alle Jahr die bunten Aun
Diesen Tag benetzet schaun.
Der bestohlne Cupido
Es fand auff einen Tag das schöne Schäffer-Kind/
Das meinen freyen Sinn mit tausend Fässeln bindt/
Der Venus zarten Sohn ins grüne Graß gestreckt
Mit Rosen/ Lilien und Nägeln überdeckt.
Er hatte Bogen/ Pfeil und Köcher weg gethan/
Hing seiner Ruhe nach; Schaut/ was Cordilla kan!
Sie schleicht sich unvermerckt mit leisen Schritten hin/
Nimmt Pfeil und Bogen weg/ verwundet meinen Sinn
Und tausend andre noch; doch soll mir solche Pein
Von ihrer schönen Hand gar lieb zu leiden seyn/
Wenn sie nur stille steht/ und nicht zu ihrer Flucht
Auch seines Flügelwercks sich zu bedienen sucht.
Jagt der Liebe
Indem du gehest nach durch Feld und Wald den Thieren/
Schau ich/ ob ich ein Wild der Venus fangen kan.
Du redest offt was stumm/ und ich was taub ist/ an/
Du läst die Grausamkeit/ ich kühne Freyheit spüren.
Du läst dich einen Hirsch durch Berg und Thäler führen/
Mich bringt ein schönes Wild auff unbekannte Bahn.
Du setzest Strick und Netz/ ich Wort und Reden dran/
Wir müssen beyderseits offt Müh und Zeit verlieren.
Wir fragen beyde nichts nach Regen oder Wind/
Und wie dich offtermahls die falsche Spur betriegt/
So werd' in eitler Furcht und Hoffnung ich gewiegt.
Nur diß ist noch/ in dem wir unterschieden sind:
Du hast der Mühe Lohn zuweilen schon empfangen/
Mir aber ist bißher kein Wild noch eingegangen.
Ich bringe wieder her und über mein Verhoffen
In diß betrübte Land der siechen Glieder Last/
Den Tod/ den ich gesucht/ hab ich nicht angetroffen/
Ich habe mir umsonst zum Sterben Mutt gefast;
Weil ich/ mein süsser Tod/ von dir entfernt gewesen/
So hab ich nicht gekönnt noch sterben noch genesen.
Das macht dein edles Bild/ in meine Brust gepräget/
Das ich in deine Hand zu lieffern schuldig bin.
Schau deinen Knecht/ der sich zu deinen Füssen leget:
Nimm diesen edlen Schatz samt meinem Hertzen hin.
Ich sterbe wohl vergnügt/ ich sterbe gnung beklaget/
Wenn nur dein Mund/ Ade du treue Seele/ saget.
Ich finde mich im Mittel meiner Schmertzen
Bey Amaranthen wieder ein/
Ein süsser Blick kan meinem kranken Hertzen
Vergelten die erlittne Pein.
Jedoch was soll für Hülffe meinen Schmertzen
Durch ihrer Augen Glantz geschehn:
Ich habe sie zu Schaden meinem Hertzen
Bereits nur allzuviel gesehn.
An ihre Augen
Ihr Augen/ die ihr mir so tieff ins Hertze scheint/
Erkläret euch/ wies sey gemeynt/
Was mir zu hoffen steht/ ob Sterben oder Leben?
Seyd ihr geneigt/ ich bin bereit mich zu ergeben/
Und auch bereit zu ehren euren Schein/
Wollt ihr mir gleich nicht günstig seyn.
Keine veracht/ Nach einer getracht
Climen ist hurtig und geschickt/
Mit Gold und Schnee kan Iris prangen/
Belisens Rede macht entzückt/
Amenens Zier hält viel gefangen/
Bey wem kan sich mit Blick und Lachen
Nicht angenehm die Fillis machen?
Ich stehe zu/ daß solcher Schein
Mir öffters in die Augen stralet;
Doch bleibt mein treues Hertze rein/
Darein ein ander Bild gemahlet/
Und dannenher kan ich erkennen/
Was mich für edle Flammen brennen.
Nicht hofft/ o Wunder unsrer Zeit!
Mein Hertze wider zu erheben/
Ein ander/ welcher noch befreyt/
Wird euch das Seine willig geben.
Ihr werd't aus meiner Treu erkennen/
Was mich vor edle Flammen brennen.
Amaranthens braune Wangen
Haben meinen Geist besiegt.
Könt ich ihre Gunst erlangen/
Ach wie wär ich so vergnügt!
Neue Glutt fühl ich im Hertzen;
Lieb ich nimmer ohne Schmertzen.
Tugend-voll ist ihr Beginnen/
Daß man nichts zu klagen weiß/
Als die allzuharten Sinnen/
Und das Hertze voller Eiß.
Lieben und nicht Lieb erwerben
Macht uns offt und nimmer sterben.
Reist sich gleich von ihrem Stricke
Mein gefangnes Hertze frey/
Bringt sie doch mit einem Blicke/
Solches auff das neu herbey.
Wer kan für der Augen Blitzen
Seiner Freyheit Recht beschützen?
Ich gedachte mir zu leben/
Ohn der Liebe Joch zu seyn:
Was ich ihr nicht wolte geben/
Hat sie selbst genommen ein:
Besser ist sich leicht entschlüssen
Als gezwungen lieben müssen.
Man mag streiten/ man mag klagen/
Mag ihr kräfftig widerstehn:
Niemand wird doch ihren Plagen
Zu bestimmter Zeit entgehn.
Wer sich ihrer will befreyen/
Fängt offt erst recht an von neuen.
Ich/ von kühner Lust getrieben/
Wolte wissen/ was die Zier
Schöner Augen kan verüben;
Izo büß ich nun dafür.
Wer weiß/ was er sich erkühnet/
Wenn er/ Nimphe/ dich bedienet?
Das abgelösete und unabgelösete Pfand
Nimphe/ von der zarten Hand
Wird mir wieder zugesandt/
Was ich mich/ durch Ungelücke
Weg zu geben/ schuldig fand.
Aber deiner Augen Blicke
Haben mir noch was entwandt/
Das nicht wieder kehrt zurücke/
Wie diß abgelöste Pfand.
Deine Tugend/ deine Zier
Nahm mein Hertz/ und schenckt es dir/
Ließ mich nichts dafür empfangen;
Seit es abgereist von hier
Hats ihm wunderlich gegangen:
Es muß brennen für und für/
Trägt doch aber kein Verlangen
Wiederum zu seyn bey mir.
Nun es bleibe wo es kan!
Findt es sein Vergnügen dran/
Ich will mich nicht widersetzen:
Schätz und Hertzen/ die der Wahn
Vor so köstlich pflegt zu schätzen/
Wollen seyn geleget an/
Wenn sie anders solln ergötzen/
Und auff Wucher ausgethan.
Die todten Farben
Weil mich die Liebe zwingt zu gehen in den Tod/
Soll dieser Todten-Brieff auch Tod und Liebe weisen
Der Veyeln-Farbe zeigt die harte Liebes-Noth/
Der Todten-Blätter/ daß ich muß zum Tode reisen.
Verträglich und gedultig
Ardenia/ mein Licht/ was wilt du weiter sagen?
Ich küsse mit Gedult die Nutte/ die mich schlägt/
Und bet in Demutt an den Feind/ der mich erlegt/
Verzehre mich in mir mit Leiden und nicht klagen.
Ein Hylas will alsbald das volle Jawort wissen/
Ich warte biß dein Mund es von sich selber spricht.
Ein Filadon verträgt sich mit Gesellschafft nicht/
Will/ was er noch nicht hat/ bereits allein genüssen.
Viel andre lieben dich; ich laß es frey geschehen:
Ein ieder sucht sein Glück/ und liebt was Liebens werth.
Du bist doch einem nur zu seiner Zeit beschert:
Man wird mich nie indeß zu dienen müde sehen.
Dein kluges Urtheil mag ohn allen Zwang erkennen/
Wer deiner Gegen-Gunst am besten würdig sey.
Doch suchet deine Wahl ein Hertze voller Treu/
So bin ich schon gewiß/ du wirst Silvandern nennen.
Soll gleich der Ausspruch nicht auff meine Seite fallen/
Ich werde dir darob nicht abhold können seyn.
Ich will die keusche Brunst ins Hertze schlüssen ein/
Und bleibe biß ins Grab dein Treuster unter allen.
Die schönen aber gefährlichen Früchte
Zwey Aepffel sind die Brüst/ Erdbeeren ihre Höhen:
Hier muß der Schnee verschwarzt/ erblast die Rose stehen.
Wie jene Frucht bald fault/ so müssen die vergehen:
Das Naschen bringt Gefahr: drum laß die Früchte stehen!
Der gute Traum
Mein Glücke lacht/
Melinde spielt mit angenehmen Blicken/
Ihr holder Mund giebt Worte/ die entzücken/
Ich küsse sie bey tunckler Mitternacht/
Mein Glücke lacht.
Mir traumt wohl nicht:
Ich seh ihr Bild um meine Ruhstatt spielen/
Hör ihre Sprach/ und misse nichts als Fühlen.
Ach Schade/ daß das Beste noch gebricht!
Mir traumt wohl nicht.
Es wird wohl seyn:
Die Hoffnung speist nicht stets mit leeren Schalen.
Erblickt man nur der Morgenröthe Stralen/
So folget auch der nahen Sonne Schein.
Es wird wohl seyn.
Ein einiges Blicken
Der funckelnden Augen/
Die mir aussaugen
Das Blutt vom Hertzen/
Macht mich die Kertzen
Des Himmels nicht achten.
Um Seufftzer zu schicken
Will ich mich bemühen
Noch Odem zu ziehen/
Sonst wolt ich mit Willen/
Mein Leiden zu stillen/
Noch heute verschmachten.
Ich leb ohne Ruh im Hertzen/
Von der Zeit/
Da zwey schöner Augen Kertzen
Mich versezt in Traurigkeit/
Von der Zeit
Leb ich stets in Schmertzen/
Fühle keine Ruh im Hertzen.
Keine Lust war mir zu nütze
Von der Zeit/
Da der kleine Venus-Schütze
Seel und Hertze mir bestreit/
Von der Zeit
Leb ich stets in Schmertzen/
Fühle keine Ruh im Hertzen.
Cartell auff ein Piquet-Spiel
Doris/ dir ist unvergessen/
Was du jüngster Zeit gethan/
Wie dein Mund sich hat vermessen/
Mich als Feind zu greiffen an:
Wie man vor bekandten Ohren
Mir Capoth und Martsch geschworen/
Wie man eyfrig war bedacht
Mir zu lieffern eine Schlacht.
Weil denn ohn Verlust der Ehren
Und nach Cavalieres-Pflicht/
Ich nicht schweigend kan verhören/
Was man mir zu Hohne spricht/
Weil wir/ sonder uns zu schlagen/
Nimmer können seyn vertragen/
So sey/ Doris/ nur bereit
Dich zu finden in den Streit.
Zwar/ indem ich bin geruffen/
Stünde mir das Wählen frey/
Doch/ damit du nicht darffst hoffen
Daß ich abzuschrecken sey/
Wie dein Mund mir wird beschreiben
Ort und Art/ so soll es bleiben/
Wenn dirs wird gelegen seyn/
So will ich mich finden ein.
Wisse/ daß ohn Ehr-erwerben
Ich nicht von dem Platze weich/
Liegen/ siegen/ leben/ sterben/
Soll mir alles gelten gleich/
Auch/ Cupiden ausgenommen/
Mag/ wer will/ vor Beystand kommen.
Solt ich gleich drob büssen ein/
Hertzen wird mein Rummel seyn.
Die bestraffte Näscherey
Wohl dem/ der nicht vonnöthen hat
Gesunde Kost zu nehmen ein/
Dem an der herben Pillen statt
Gelinde Zucker-Körner seyn/
Dem der beliebte Reben-Safft
Vor süssen Julep giebet Krafft.
Es schmeckte nächst Clorellens Mund
Aus ohngefähr geschöpffter Lust/
Was krancke Leute macht gesund.
Wie schlecht bekam ihr diese Kost.
Was andern Krafft und Stärcke bracht/
Das hatte sie bald schwach gemacht.
Doch geht es dir nicht so allein/
Clorelle/ meine süsse Zier:
Ich muß auch so gestraffet seyn/
Und leide gleiche Pein mit dir:
Dein Blick/ der andre laben kan/
Hat meinem Hertzen weh gethan.
Der süsse Vorschmack deiner Gunst
Erreget mir den kalten Brand;
Hier hilfft mir keines Arztes Kunst/
Mein Wohlseyn steht in deiner Hand/
Eh ich kan deinen Zucker-Mund
Beküssen/ werd ich nicht gesund.
Der unglückliche Spieler
Soll ich mich zu spielen wagen?
Hertzen wird mir abgeschlagen/
Amor kehret bey dir ein/
An des Klebern Buben Stelle/
Was ich auch für Urtheil fälle/
Muß das Spiel verlohren seyn.
Du wüster Ort/ an welchen mich verleiten
Climenens Grausamkeiten/
Hier ingeheim zu suchen Grab und Tod/
Dir klag ich meine Noth:
Mein Leiden ist zu groß es hier nicht auszubreiten/
Dein stummes Holtz wird mich darum nicht machen roth.
Mein Hertze lebt in Hoffen und in Sorgen/
Von dem zu jenem Morgen/
Ich suche Ruh/ und weiß nicht wo/ noch wie/
Sey linder weder sie/
Halt mich für ihrem Haß auff eine Zeit verborgen/
Sey Zeuge wo ich bin/ und doch verrath mich nie.
Du angenehmer Häyn voll stiller Einsamkeiten/
Wie süß und lieblich bist du mir!
Was mein betrübter Mund verschweigen muß bey Leuten/
Das bringt er ohne Scheu den stummen Bäumen für.
Ein andrer sey bemüht zu bergen seine Plagen/
Verschliesse schweigend seine Zeit;
Ich werde dir hinfort mit heller Stimme sagen/
Was meinen Geist versenckt in schweres Hertzeleid.
Die Kinder leichter Lufft/ so um die Bäume stecken/
Wenn ich beginn ein Trauer-Lied/
Verändern ihren Schall alsbald auff deinen Hecken/
Seyn zu beklagen mich durch gleichen Thon bemüht.
Der heisre Widerhall in deinen Wüsteneyen
Verdoppelt seinen Leid-Gesang/
Nicht/ daß er seine Lieb und Schmertzen will beschreyen/
Nur daß er meine Klag und Seufftzer mache lang.
Die Bäche welche sonst in ihrer Ordnung fliessen
Durch das begrünte Blumen-Feld/
Die sieht man von sich selbst die Wiesen übergiessen/
Als wären sie von mir mit Thränen auffgeschwellt.
Der Eichen fester Stamm/ die Last der harten Steine/
Bewegt durch meine Pein und Qual/
Zerreist in Stück und springt in Drümmer/ wenn ich weine/
Zum Zeichen/ daß sie mich beklagen allzumahl.
Drum/ angenehmer Wald/ du Trotz der rauhen Winde/
Wie süß und lieblich bist du mir!
Dieweil ich überall bey dir Erbarmen finde/
So leg ich iederzeit mein Seufftzen ab bey dir.
Reise hinter Neaples
Soll hier ein Helicon voll Lorbeer-Zweige prangen/
Wo nichts als dürre Stein und rauhe Felsen sind/
Wo den Cypressen-Baum der Dornstrauch hält umfangen/
Und Clio einen Krantz von Todten-Eppig bindt.
Wo statt der Sonne Nacht und Finsternis regieren/
Die viel-beschlangte Schaar der Musen Ort vertritt/
Den Wagen der Vernunfft ein Kind und Blinder führen/
Furcht/ Zweiffel/ Lieb und Haß in einem Hertzen wütt?
Die Erde Lybiens/ der Mohren heißes Land
Kocht von der Sonne nicht wie mein verbranntes Hertze:
Puzolens gelber Berg/ Vesevens todter Sand/
In dessen Abgrund brennt so manche Schwefel-Kertze
Ist Schnee und Eiß bey mir. Soll Aganippe fliessen
Wo sich Lovitus Flutt/ Avernus trüber See
Der todten Hoffnung Meer in Thränen-Bäch ergiessen/
Und scharffe Nesseln stehn für angenehmen Klee/
Um die das nasse Saltz mit seinen Wellen spielet?
Geht hin ihr Musen/ geht/ sucht andern Auffenthalt.
Hier sind die Quellen nicht/ wo seine Hitze kühlet
Ein Tichter angeflammt von himmlischer Gewalt.
Hier ist ein trocknes Bad/ darinn mein matter Geist
Verschwitzet seine Krafft; mein Saltz/ mein schlechtes Wissen/
Wird durch ein zweyfach Thor der Augen ausgeweist:
Was übrig sey/ könt ihr aus diesem Saffte schlüssen.
Seestrand bey Terracina
Hier/ wo die wilde Flutt mit stoltzen Wellen spielet/
Und Eurus seinen Grimm am nassen Ufer kühlet/
Wo Einsamkeit ist Wirth und Gast ein Wandersmann/
Der voller Furcht betritt die Schrecken-reiche Bahn/
Schneidt seine treue Faust in Stein
Den Nahmen meiner Liebsten ein.
Es darff den Demant nicht der Böcke Blutt umschlüssen/
Noch scharff-gesäurter Wein den harten Fels begiessen/
Kein zugespizter Stahl/ kein Hammer schwer von Last/
Kein Eisen Mulcibers wird in die Hand gefast/
Wo Amor einen Bau giebt an/
Der Neid und Zeit besitzen kan.
Getreuer Hertzen Blutt/ die Thränen reiner Seelen
Sind mächtig ieden Stein und Felsen auszuhölen.
Was dieser Eßig-Safft/ diß Scheide-Wasser nezt/
Wird durch Cupidens Pfeil/ als Meißel/ ausgeätzt:
Mit solchem schreibet meine Hand
Diß edle Zeichen an den Strand.
Du/ den der Reisen Lauff in diese Gegend führet/
Verehre solche Schrifft/ wie deiner Pflicht gebühret/
Und/ hast du anders was aus reinem Hertzen lieb/
So wünsche/ daß der Hand/ die diese Worte schrieb:
Lisille möge linder seyn
Als dieser rauhe Felsen-Stein.
Pruna manu pronâ pariter prunasque dedisti
Pflaumen hast du mit der Hand/ Flamen aber auch gegeben;
Diese dringen uns ins Hertz/ jene füllen unsern Mund.
Pflaumen hat der Baum gebracht/ Flam und Brand von Aug entstund/
Jene streifft der Reiff zwar ab/ diese Glutt wird ewig leben.
Rost von Rosen
Roselinde gab Silvandern eine Rose voller Scham/
Daß der zarten Rosen Farbe selbst auff ihre Wangen kam:
Er mit Seufftzen sprach dargegen: Ach/ könt ich das Glück erheben/
Daß die Rose/ die mir Rosen giebet/ mir sich wolte geben!
Als er in Gesellschafft/ aber die Unrechte/ küßte
Ich bin von Küßen satt: was hab ich nun davon?
Ein müder Uberdruß ist meiner Arbeit Lohn.
Der dürren Lippen Staub klebt noch an meinen Zähnen.
Ich hab aus Höffligkeit Margillens trocknen Mund berührt/
Corallen/ aber falsch/ und Rosen ohne Krafft gespürt.
Die Küsse sind ein Thau/ der ohne Gunst und Gegen-Gunst
Wird Meel-Thau oder Reiff. Wer küsset / wenn er küßt umsunst/
Dem wird der Safft darvon zu Wasser oder Thränen/
Ein einig Kuß von mir an rechten Ort gesezt/
Der hätte mich weit mehr als alle die ergözt.
Die Küsse
Cupido raubt einmahl den Bienen ihren Safft/
Und ward dabey verlezt. Er trug voll Zorn und Rache
Den angenehmen Raub auff meiner Fillis Mund/
Sprach: Daß die Welt niemahls vergesse dieser Sache/
So schmecke/ wer dich küßt/ des Honigs süsse Krafft/
Und werde/ gleich wie ich/ doch an dem Hertzen/ wund!
Mit was vor Süßigkeit/ o zarter Mund/
Beküß ich denn Rubinen-Grund!
Mit was vor Süßigkeit hör ich die Lippen sprechen/
Die voller Honig-Worte seyn!
Ach aber/ schöpff ich ein Vergnügen ein/
So muß ich unterdeß des andern mich entbrechen.
Dein Himmels-Geist belebt der Worte Fluß/
Der Seelen Seele deinen Kuß.
Wie soll ich mich der Wahl/ der schweren Wahl entbrechen?
Ach/ könte doch dein edler Mund/
Dem so viel Gunst der Himmel hat vergunnt/
Mit Reden küssen/ und mit Küssen sprechen!
Ein einig Kuß soll meiner Pein/
Soll meiner Treue Zahlung seyn?
Du weist ja/ daß der Kuß besiegelt das Versprechen
Der zugesagten Gunst/ daß Liebe durch diß Pfand
Ein stilles Jawort auff die Lippen drückt.
Bist du gesinnt dein Wort/ der Freundschafft Recht/ zu brechen?
Ein Kuß und tausend noch thun schlechten Widerstand:
Wo nicht? wie aus den treuen Augen blickt/
Was schadet dirs/ wenn mir zu gutt
Dein Mund noch mehr Versichrung thut?
Du versprichst/ Clorelle/ mir tausend Küsse nachzusenden:
Vielleicht werden sie zu theil unterwegens fremden Händen:
Gib mir sie entweder izt/ oder nach dem Wiederkommen/
So wird ihnen die Gefahr/ mir die stete Furcht benommen.
Als neulich Celadon
Bey Amaranthens Wangen
Getreuer Liebe Lohn
Durch manchen Kuß empfangen/
Zog die verliebte Seele
Aus ihres Leibes Höle.
Sie zog dem Munde zu
Der ihren Mund berührte/
Zur Wallstatt seiner Ruh
Sein treues Hertze führte/
Es in ihr Hertz versenckte
Und ihr zu eigen schenkte.
Ach/ sprach er/ voller Lust/
Seht die Rubinen-Schalen
Voll süsser Nectar-Kost/
Voll Artzney meiner Qualen!
Wer wolte vor die Freuden
Nicht willig Mangel leiden?
Ach/ wenn man giebt und nimmt/
Versagt und willig giebet/
Wenn uns entgegen kümmt
Das Mündgen/ das man liebet/
Und Hertz an Hertze drücket/
Wie wird der Geist entzücket!
Stärckt der Corallen Zier
Die Ohnmachts-vollen Hertzen/
Ich wehle mir dafür
Zum Labsal meiner Schmertzen
Die rothen Zucker-Klippen
Die Balsam-reichen Lippen.
Laßt Bienen auff den Klee
Nach süsser Nahrung fliegen!
Hier quillet eine See
Voll Anmutt und Vergnügen.
Drum laß ich mir vor allen
Den süssen Mund gefallen.
A-bschied/ ach du herbes Wort/
Welches meinen Sinn bestreitet/
Und an einen fremden Ort
Von Lisillens Schos mich leitet/
Wie verhaßt ist mir die Zung/
Auff der du geworden jung.
B-itter ist der Galle Safft/
Bitter was aus Wermut quillet/
Was der schwartzen Pillen Krafft
Myrrh und Aloe verhüllet;
Doch dein Scheiden bildt mir ein/
Jenes müsse Zucker seyn.
S-chwer ists/ wenn der müde Geist
Sein gewöhnlich Hauß muß meiden/
Wenn der Lebens-Faden reist/
Und die besten Freunde scheiden/
Scheiden von Lisillens Zier
Kommt mir gleich beschwerlich für.
C-inthius/ wenn er entzieht
Unsrer Welt die göldnen Blicke/
Lässet alles/ was man sieht
Hinter sich betrübt zurücke;
Seht/ wie so in Trauren steht
Wenn Lisillens Sonn entgeht.
H-enckers Hände können nicht
Uber wenig Tage quälen:
Wer Lisillens sich entbricht/
Kan der Pein kein Ende zählen:
Qual und Sorge frist ihn ab/
Leben ist sein täglich Grab.
I-st gleich in der Todten-Zunfft
Der erblaßte Cörper kommen/
Bleibt ihm doch die Wiederkunfft
Zu der Selen unbenommen;
Ob Lisille mehr sieht mich
Wissen Glück und Zeit/ nicht ich.
D-och das Beste/ Lisilis/
Wollen wir zusammen hoffen.
Wer weiß/ wo auff den Verdruß
Uns noch Glück und Heyl steht offen?
Gönne mir drauff einen Kuß
Eh ich dich verlassen muß.
Giebt das Verhängnis uns denn keine Zeit zu letzen?
Geht also schleunig fort der Reise fester Schluß/
Daß meinem Munde kaum verlaubt den lezten Kuß
In das Corallne Paar der Lippen einzuätzen?
O Wort/ wie Diamant und harter Stahl zu schätzen/
Das Hoffnung und Gedult allein erweichen muß!
Doch bringt das Scheiden izt dem Hertzen viel Verdruß/
So wird das Wiedersehn uns desto mehr ergötzen.
Indessen lebet wohl/ ihr treu-geliebten Sinnen!
Es müsse Glück und Zeit zu euren Diensten stehn/
Es muß euch zu der Hand Lufft/ Erd und Himmel gehn/
Biß wir uns wiederum mit Freud umfassen künnen.
Schliest eurem Hertzen ein/ wie ich/ ein Füncklein Liebe/
So bleibet unsre Glutt verwahrt für Zeit und Diebe.
Weicht von mir Freude/ Schertz und Lust/
Denn Celimen ist weggegangen.
Furcht/ Zweifel/ Trauren und Verlangen
Hält eure Stell in meiner Brust.
Geht hin/ zieht mit ihr auff und nieder/
Und kommet ohne sie nicht wieder.
Wie lange soll mich kräncken
Ein traurig Angedencken
Der vor-gepflognen Lust/
Nachdem ich müssen scheiden/
Mit Widerwillen meiden
Lisillens zarte Brust!
Die Liebe will mir sagen/
Sie soll im Hertzen tragen
Die Hoffnung mich zu sehn/
Das meine soll ingleichen
Nicht von der Meynung weichen/
Es werde bald geschehn.
Sie saget: Wenn dem Hertzen
Die überstandnen Schmertzen
Beliebt und süsse seyn/
So soll vielmehr die Freude/
Die ich voritzo meide/
Mit Lust mir kommen ein.
Schweig/ Feindin voller Tücke!
Wie sehr mir mein Gelücke
Vorhin gefallen wohl/
So sehr kränckt izt die Sinnen
Was sie nicht haben künnen
Und ich entbehren soll.
Kein Hoffen/ kein Ergötzen
Kan den Verlust ersetzen
Den ich gehabt an ihr:
Es wachsen meine Wunden/
Wenn mir die süssen Stunden
Im Hertzen kommen für.
Ich weiß/ was mir genommen/
Obs möchte wiederkommen
Weiß weder sie noch ich.
Die Mittel sind zu linde
Der Pein/ die ich empfinde/
Kein Arzt weiß Rath für mich.
Ach könt ich nur versencken
Mein taurigs Angedencken
Der vorgepflognen Lust!
Gedächt ich nicht ans Scheiden/
So wäre mir kein Leyden
Und keine Noth bewust.
Die Sieben Wochen
Sieben Wochen sind nun hin/
Seit ich/ Cloris/ von dir bin;
Sieben Monat/ sieben Jahre
Bin ich näher meiner Bahre/
Weil ich/ liebste Schäfferin/
Sieben Wochen von dir bin.
Schiffbruch leyd ich in dem Port/
Weil der Hoffnung Ancker fort/
Wenn gleich linde Westen spielen/
Muß ich Sturm und Nord-Wind fühlen/
Weil ich/ liebste Schäfferin/
Von dir abgesondert bin.
Wie muß Licht und Sonnenschein
Finsterniß und Schatten seyn/
Weil die hellen Angel-Sternen
Deiner Augen sich entfernen/
Und ich/ liebste Schäfferin/
Von dir abgesondert bin.
Aus dem Tage wird mir Nacht/
Aus der Nacht ein Tag gemacht/
Denn ich mich bey Nacht und Tage
Mit Verdruß und Wachen plage/
Seit ich/ liebste Schäfferin/
Von dir abgesondert bin.
Die betrübte Seele denckt/
Jede Stunde sey verlängt/
Phöbus lasse seinen Wagen
Später um die Erde tragen
Seit ich/ liebste Schäfferin/
Von dir abgesondert bin.
Da/ wo ich nicht finde dich/
Kan sonst nichts ergötzen mich/
Wo viel andre freudig schertzen/
Da vermehr ich meine Schmertzen/
Weil ich/ liebste Schäfferin/
Von dir abgesondert bin.
Mein Vergnügen/ meine Freud
Ist allein die Einsamkeit/
Da ich dir durch Amors Hände
Tausend Küß' und Seuffzer sende/
Die ich dir/ o Schäfferin/
Biß zum Grabe schuldig bin.
Die doppelten Sieben Wochen
Sieben Wochen sind nun hin/
Seit ich/ Cloris/ von dir bin/
Und noch einmahl sieben Wochen
Hat sich Sonn und Mond verkrochen/
Seit ich/ liebste Schäfferin/
Von dir abgeschieden bin.
Ich bin nimmer ähnlich mir/
Seit ich/ Cloris/ bin von dir:
Meine vormahls rothe Wangen
Hält des Todes Farb' umfangen/
Und der Lippen Glantz stirbt hin
Seit ich/ Cloris/ von dir bin.
Meiner tuncklen Augen Licht
Siehet seine Sonne nicht/
Ist in trüber Nächte Schaten
Bey dem Tage selbst gerathen/
Bringet sich mit Weinen hin/
Weil ich/ Cloris/ von dir bin.
Thränen sind die bittre Kost/
Klagen nähret meine Brust/
Ist bey der verhaßten Reise
Meiner krancken Sinnen Speise
Seit ich/ liebste Schäfferin/
Von dir abgesondert bin.
Wenn die frühe Sonn auffsteht
Und aus Thetis Armen geht/
Siehet sie mich meine Plagen
Der erwachten Erde klagen.
Weil ich/ liebste Schäfferin/
Von dir abgesondert bin.
Wenn Apollo sich verkricht/
Weichen meine Schmertzen nicht:
Auff den Dornen weicher Bette
Wach ich mit der Nacht die Wette/
Denck ohn Unterlaß dahin
Wo ich war und nimmer bin.
Sieben- und noch sieben mahl
Mehrt sich täglich meine Qual/
Welche/ wo ichs kan erleben/
Mir nicht eher Frist wird geben
Biß ich/ liebste Schäfferin/
Einsten wieder bey dir bin.
In dieser tunckel-braunen Nacht/
Wo Furcht und Schrecken um mich wacht/
Wo Leyd und Trauren mich umfangen/
Frag' ich Dianen/ wie vielmahl
Sie seit dem Anfang meiner Qual
Ihr gläntzend Silber ausgehangen.
Ich frage sie/ wie offt ihr Rad/
Celinde/ deine schöne Stadt
Seit meinem Schaden hat beschienen.
Wie offt der müden Augen Licht
Hat ihr erblaßtes Angesicht
Bißher zur Fackel müssen dienen.
Ich frage sie/ ob sie nicht weiß/
Wie offt der heissen Thränen Schweiß
Hat meine Wangen übergossen.
Ich frage sie/ wo ist die Zeit/
Da ich Celindens Höfligkeit
In süsser Gegenwart genossen.
Wo sind die schönen Stunden hin/
Da ihre Freundschafft meinen Sinn
Mit klugen Reden hat vergnüget/
Da wir/ doch sonder Feind zu seyn/
O süsse Quelle meiner Pein!
Mit Wort und Karten offt gekrieget.
Wie bin ich izt so übel auff/
Nun meiner Reise strenger Lauff
Von meinem Arzte mich vertrieben.
Der blosse Schatten findt sich hier/
Der Geist/ das beste Theil von mir
Ist unvermerckt zurücke blieben.
Izt fühl ich erst/ was Scheiden sey/
Mit was für Plag und Tiranney
Sich muß ein Hertz von Hertze trennen/
Wo wahre Freundschafft fasset Grund/
Und selbst die Seelen/ nicht der Mund
Allein/ von reinen Flammen brennen.
Ach Monden dupple deinen Gang/
Mach uns die Monat nicht so lang/
Biß das bestimmte Ziel erschienen/
Und mich geneigter Sternen Schluß/
Dem ich mich unterwerffen muß/
Celinden wieder läst bedienen.
Wie lange wilt du noch mit deinen Sternen prangen?
Wie lange soll mir noch der Mond verdrüßlich seyn?
Zeuch/ bitt ich/ braune Nacht den tuncklen Schatten ein:
Mich könt/ und wärestu ein Jahr/ nicht mehr verlangen.
Die/ welche meinen Geist vor langer Zeit gefangen/
Die/ welche mehr bezwingt/ um Hülff und Trost zu schreyn/
Als des Cupido Pfeil durch ihrer Augen Schein
Soll mir zu einem Kuß erlauben ihre Wangen.
Hat sie nicht gestern mir beym Scheiden zugesagt
Mit ihrer Marmol-Hand/ so bald es wieder tagt/
So soll ich meinen Wunsch von ihr erfüllet finden?
Doch/ was verlier ich Zeit? Du weist von Gnade nicht:
Nacht/ ich geh ungesäumt zu meiner Roselinden:
Ihr Auge machet dir zu Trotze Tag und Licht.
Die schwere Wahl
Wie Hercules im Zweifel stand/
Auff welchem Weg er solte treten/
Da Tugend auff der rechten Hand
Und Lust zur Lincken ihn gebeten/
So stehen auch izt meine Sinnen
In Furcht und Hoffnung mitten innen.
Doch sah er ihren Unterscheid/
Und konte nicht im Urtheil fehlen/
Ihm für die Bahn der Sinnligkeit
Den Pfad der Ehre zu erwehlen:
Wer aber lehret mich ergründen
Wo ich das beste Theil soll finden.
Ich sehe gleichen Stand für mir/
Und frische Blüthe gleicher Jugend/
Den Augen weist sich gleiche Zier/
Dem Hertzen gleiche Frucht der Tugend:
Wer hier den Unterscheid kan kennen/
Ist wohl ein Oedipus zu nennen.
Verblendet einer Sonne Licht/
Was soll von mehrern nicht geschehen?
Wenn man dort braune Nägeln bricht/
Läst sich der Liljen Schnee hier sehen/
Die beyderseits den Liebes-Bienen
Zu angenehmer Nahrung dienen.
Diß ist des Zweiflers ärgste Qual/
Wenn er ihm keinen Schluß kan fassen.
Ich muß dem Hertzen schon die Wahl
Nach seiner Neigung überlassen/
Und nachzufolgen mich bemühen
Wohin mich Glück und Sternen ziehen.
Vielleichte weist sich der Magnet/
Der meiner Seele Stahl gezogen/
(Wie mein getreues Hoffen steht/)
Auch desto eher mir gewogen.
Ich wag' es drauff: Verhängnis schicke
Zu meinem Fürsatz Heyl und Glücke!
Die stumme Sprache
Wie können doch in einem Hertzen
Die Lieb und Furcht Geferten seyn?
Wie kan sich Freude neben Schmertzen
Und Lust bey Unlust finden ein?
Wie kan sich plagen und vergnügen
An einen Ort zusammen fügen?
Wer liebet/ weiß hiervon zu sagen:
Er redet/ wenn er stille schweigt:
Man darff nicht von dem Munde fragen/
Was seiner Augen Feuer zeigt.
Ein stiller Seuffzer bricht für Worte
Durch fest-gesperrter Lippen Pforte.
Er suchet Silvien mit Freuden/
Und findet bey ihr seine Pein.
Wenn sich die Augen an ihr weyden/
So schmacht das Hertz in Flammen ein.
Von ihrer süssen Augen Blitze
Empfindt sein Hertze Frost und Hitze.
Man kan auff seinen Wangen lesen/
Was Amor ihm ins Hertze prägt.
Im fall er anders soll genesen/
Muß Silvia dadurch bewegt
Ihm küssend auff die Lippen schreiben/
Ich will Silvanders eigen bleiben.
Die schwere Reise
Des Monden tunckel-bleiches Licht
Weist sein ersterbend Angesicht
Auff des gestirnten Himmels Auen.
Ich sehe bey der braunen Nacht
Der muntern Sternen treue Wacht/
Als Zeugen/ meine Schmertzen schauen.
Du liegst/ mein Kind/ in stiller Ruh/
Schliest unbesorgt die Augen zu/
Und speisest dich mit süssen Träumen;
Ich muß/ wenn Mitternacht dahin/
Wie müd' an Leib und Geist ich bin/
Das harte Lager wieder räumen.
Ich muß/ wenn Regen/ Schnee und Wind/
Wenn Sturm und Frost ergrimmet sind/
In Felsen/ Berg und Wäldern reisen/
Mit Mangel auch im Uberfluß/
Mit Schweigen/ Seuffzen und Verdruß
Mein Kummervolles Hertze speisen.
Doch dieses gieng' als Zucker ein/
Könt ich/ mein Engel/ bey dir seyn
Und deiner Gegenwart genüssen/
Wenn deiner hellen Sonnen Licht
Dein Himmelscheinend Angesicht
Ein Leit-Stern wäre meinen Füssen.
Ich wolte lustig dahin gehn/
Wo Phöbus pfleget auffzustehn
Und wo er wieder geht zu Bette/
Wo kalter Länder lange Nacht
Den Tag von zweyen Stunden macht/
Wenn ich dich zur Gefertin hätte.
Ach aber! Ach! ich such umsunst
Bey Glück und Himmel solche Gunst/
Die mir allein die Hoffnung lassen/
Daß mir vielleicht die Zeit vergünnt/
Dich wieder einmahl/ liebstes Kind/
Mit frohen Armen zu umfassen.
Inmittelst soll Beständigkeit
In das Register grauer Zeit
Mit Stahl und Diamanten schreiben/
Daß dir/ Celinde/ süsses Kind/
Weil ihm die Augen offen sind/
Silvander wird gewogen bleiben.
Mein Vergnügen will verderben/
Meine Freude wird zur Pein/
Meine Hoffnung muß ersterben/
Doch will ich beständig seyn.
Alle Lust hab ich begeben/
Doch will mir kein Wechsel ein:
Muß ich unglückselig leben/
Will ich doch beständig seyn.
Die beflammte Sonnen-Kertze
Pflegt zu ändern ihren Schein/
Aber mein getreues Hertze
Kan nichts als beständig seyn.
Was wir sehn und dencken künnen
Sehet steten Wechsel ein;
Aber meine treue Sinnen
Können nie verändert seyn.
Solte gleich die Erde brechen
Und der Himmel sincken ein/
Würd ich doch mit Freuden sprechen
Daß ich will beständig seyn.
Ob mich Glück und Himmel hassen/
Bleibet doch die Seele rein;
Müst ich Geist und Leben lassen/
Will ich doch beständig seyn.
Wer will hinfort beständig bleiben/
Wenn alles voller Unbestand?
Wer will in sein Gedächtnis schreiben
Was andre zeichnen in den Sand?
Was macht ein Celadon auff Erden/
Wenn jeder will ein Hylas werden?
Was will man sich mit Treue plagen?
Cupidens Flügel sind bekandt/
Die Venus hat von ihrem Wagen
Vorlängst den alten Zug verbannt/
Für Schwan und Taube sieht man Raben
Und Sperling' um die Deichsel draben.
Ich kan ja die von Hertzen lieben/
Und jen' aus Pflicht und Höfligkeit/
Bey dieser mein Vergnügen üben/
Mit jener schliessen meine Zeit:
An Ort und Art/ Gestalt und Stunden
Ist unser Lieben nicht gebunden.
So pflegt manch leichter Sinn zu sagen/
Der sich mit Schaden lustig macht/
Verbotnen Raub darvon zu tragen
Mit tausend Lüsten lebt bedacht.
Wer sich der Treue will befleissen/
Muß alber oder einsam heissen.
Was aber fragt nach solchem Schmähen
Der Harnisch tugendvoller Brust.
Der Ausgang wird uns lassen sehen/
Auff wen noch wart die beste Lust.
Wenn Stein und Gicht die Glieder brechen
Wird sie an ihm der Nachbar rächen.
Was wilt du/ stiller Celadon/
Bey Leuten eitler Sinnen machen/
Wo Trug und List/ ein herber Lohn/
Auff treuer Unschuld Schaden wachen?
Der Kittel alter Redligkeit
Ist für die Mode-Welt ein viel zu schlechtes Kleid.
Wer anders sagt und anders denckt/
Bey Höll und Himmel sich verschweret/
Sein Hertze dar und hier verschenckt/
Und doch an keinem Ort gewehret/
Verstehet seine Sachen wohl/
Und weiß/ wie er sich recht bey Leuten halten soll.
Ich habe zwar vom Amadiß
Die meisten Theile durchstudiret/
Ich weiß/ was zu der Argenis
Für Wort' ihr Poliarchus führet/
Der Schäffereyen schönes Land
Und Zipriens Parnaß ist mir nicht unbekandt.
Papier und Feder schämt sich nicht/
Läst wohl ein eitles Wort entfliegen/
Hat eh ein Liedchen eingericht/
Der Leute Willen zu vergnügen;
Doch/ kömmts zum Reden/ so hats Noth/
Die Zunge wird mir schwer/ die Wangen werden roth.
Ich kan mich an die Heucheley
Und Hinterlist der Welt nicht binden/
Noch in die schnöde Sclaverey
Gezwungner Höfligkeiten finden.
Bin allzu sparsam stets verliebt/
Für Leute freyen Sinns zu stille/ zu betrübt.
Was meinen Augen nicht gefällt/
Drum kan ich mich nicht viel bemühen/
Und solt ich allen Haß der Welt
Mir drüber auff den Nacken ziehen.
Ich halt auff meiner Freyheit Recht/
Weil mich der Himmel nicht gezeuget einen Knecht.
Die Redligkeit/ mein bestes Gutt/
Kan ich niemahls von Sinne lassen/
Ich will mir einen frischen Mutt
Zu Trotze meinen Neidern fassen:
Laß Sturm und Wetter um mich seyn/
Ich hülle mich getrost in meine Tugend ein.
Wer nicht mein stilles Wesen liebt/
Kan meine Gegenwart nur meiden/
Ich werde mich gantz unbetrübt
Von seiner rohen Seite scheiden/
Beständigkeit und reine Treu
Ist mein gewisser Schmuck und beste Liverey.
Monde/ du Fürste der blinckenden Sternen/
Welcher mein Sehnen und Thränen beschaut/
Gläntzende Paphie/ der ich von fernen
Meine betrübte Gedancken vertraut/
Ziehe dein strahlendes Silber nur ein/
Schwärtze mit Wolcken den spielenden Schein.
Himmel/ für dem ich mein Leiden nicht häle/
Lüffte/ mit Seuffzen und Klagen erfüllt/
Erde/ bey der ich mit Weinen erzähle/
Wie mir in Stücke mein Hertze zuspillt/
Führet mein Aechzen in einsame Klufft/
Berget mein Lechzen in finsterer Grufft.
Zeugin der stündlich empfindenden Schmertzen/
Tunckele Finsternis/ traurige Nacht/
Welche mein thränendes Auge den Kertzen
Himmlischer Lichter zur Wette durchwacht/
Decke mit ewig-vergessener Ruh
Meine gehäuffte Bekümmernis zu.
Schweigende Qualen/ verborgenes Leiden/
Unter der Asche begrabene Glutt
Müssen die schmachtende Seele durchschneiden/
Kochen in Adern das siedende Blutt/
Bitterer Thränen verschlossene See
Kräncket mein Hertze mit Jammer und Weh.
Meine von Sorgen erblassete Wangen/
Meiner Corallen erstorbener Schein/
Meine Carfunckel mit Nebel umfangen
Werden Verräther der heimlichen Pein/
Aber der Lippen geschlossenes Thor
Darff doch mein Leiden nicht geben hervor.
Meine von Kummer verzehrende Jugend
Welche kein freudiges Hoffen ergözt/
Meine vom Unglück verfolgete Tugend
Aller Vergnügung und Freuden entsezt/
Müssen zum öfftern durch lachenden Mund
Bergen des Hertzens bluttweinenden Grund.
Himmel/ was soll ich noch endlich beginnen/
Wenn mir nicht einsten zu klagen erlaubt!
Meine von Schmertzen durchächtete Sinnen/
Mein von Betrübnis ermattetes Haubt
Dancken mit Freuden der Eitelkeit ab/
Wünschen zu kommen ins ruhige Grab.
Vergnüge sich/ wer will/ mit grosser Zahl!
Ein einig Hertz ist meiner Liebe Wahl.
Die Gütte/ nicht die Menge/ preist den Wein:
Was mir beliebt/ ist werth und ungemein.
Ich fürcht/ es ist zu hoch: Doch besser hochgestiegen/
Als unversucht zur Erde liegen.
Ein hochgethaner Fall weist doch ein kühnes Wagen.
Manch Vorsatz muß zurücke schlagen.
Das Glücke stöst dem/ der es sucht/ zu handen:
Wer ihm nicht traut/ wird ohne Ruhm zu Schanden.
Was dienet mir der blassen Sternen Krantz/
Wenn mich erleucht der hellen Sonne Glantz?
Der lichte Tag besieget iede Nacht/
Die Mond und Stern nur halb-erleuchtet macht.
Verblendt mein schwaches Auge gleich der ungewohnte Schein/
Soll mir doch eine Sonne mehr als tausend Sternen seyn.
Laß dir die süssen Schmertzen
Der Liebe bringen bey.
Dir steht von tausend Hertzen
Die Wahl zu nehmen frey:
Laß dir die süssen Schmertzen
Der Liebe bringen bey.
Weil noch die Jahre blühen
So hege Lieb und Glutt.
Die leichten Stunden fliehen/
Das Alter schwächt den Mutt:
Weil noch die Jahre blühen
So hege Lieb und Glutt.
Wiltu vor klug bestehen/
So brauche dich der Zeit.
Wie bald pflegt zu vergehen
Des Lentzens Fröligkeit!
Wiltu vor klug bestehen/
So brauche dich der Zeit.
Geniesse deiner Gaben/
Weil sie im Ruffe seyn:
Der Rosen Zier will haben/
Daß man sie sammlet ein:
Geniesse deiner Gaben/
Weil sie im Ruffe seyn.
Bey vielen Gunst verspühren
Ist nicht genung für dich:
Zitherens Rechte führen
Noch mehre Lust mit sich:
Bey vielen Gunst verspühren
Ist nicht genung für dich.
Das/ dem man Liebe träget/
Muß weisen gleiche Gunst:
Wer selbst nicht Flammen heget/
Hat nichts von fremder Brunst:
Das/ dem man Liebe träget/
Muß weisen gleiche Gunst.
Wilt du in Freuden leben/
So liebe/ was dich liebt:
Ein Hertz ums andre geben
Ists/ was Vergnügen giebt:
Wilt du in Freuden leben/
So liebe/ was dich liebt.
Gemütte/ welches mehr als Wind und See zu fliehen/
Und das mich geben lernt der Liebe gutte Nacht/
Nicht hoffe/ daß du mich/ nachdem ich frey gemacht
Wirst wieder an dich ziehen.
Thöricht muß der Schiffer seyn/
Der dem Schiffbruch ist entgangen/
Und an einem Felsen-Stein
Noch das zweyte mahl bleibt hangen.
Wer will auff glattes Eiß und deine Worte bauen?
Je mehr man schleust die Hand/ ie minder man dich hält/
Unglücklich/ wen der Schluß des Himmels hat bestellt/
Nach dir sich umzuschauen.
Du bist ihm zur Qual bestimmt/
Wie der Stein in Sisiffs Händen/
Der/ wenn er zur Spitze kümmt/
Wieder pfleget umzuwenden.
Dein Sinn/ der ohne Wahl und kurtze Stunden liebet/
Hat unter so viel Glutt erstecket meinen Brand/
Und mir darvor diß Eiß/ die Kälte/ zugewandt
Die meine Brust umgiebet.
Deine Fessel sind entzwey/
Deine Ketten sind gebrochen/
Hylas ist der Bande frey/
Und von Fillis loßgesprochen.
Izt soll ein Lorber-Krantz mein kühnes Haubt umgürten/
Und meiner Freyheit Ruhm erhöhn das gantze Rund.
Izt soll mein Palmen-Zweig der Erde machen kundt
Die Schwachheit deiner Myrthen.
Fama gräbt in Marmor ein
Mir zum stetem Sieges-Zeichen
Flammen/ die ein Hertz bestreichen/
Aber ausgeloschen seyn.
Ihr Nymphen/ deren blühende Wangen
Mit Rosen und Lilien prangen/
Geniesset in Zeiten/
Geniesset der munteren Glieder:
Verflossene Jahre die kommen nicht wieder.
Der dürre Staub/ geschrumpffene Wangen
Kan wenig Lust vom Lieben erlangen;
Muß ohne Geniessen
Verzehren die trockenen Glieder.
Verflossene Jahre die kommen nicht wieder.
Was zwingt die Liebe nicht? Cupidens List und Macht
Hat manchen Jupiter in seine Netze bracht.
Gradivens kühner Leib in Stahl geschlossen ein
Kan für den Waffen nicht der Venus sicher seyn.
Der Schönheit brennend Glantz verstärckt das helle Licht/
Im fall sein Gegen-Schein auff festen Stahl gericht/
Kein Hertze findet sich so eisenhart und kalt/
Sie bildet in ihm ab die liebliche Gestalt
Des Schönen Angesichts/ und heget/ wo nicht Brunst/
Doch eine stille Glutt und zugethane Gunst.
Des Menschen Eigenschafft/ des Menschen Sinn und Stand/
Die Ordnung der Natur bringt mit sich solchen Brand/
Den ein verliebter Geist in allen Adern fühlt/
Mit steter Gegenwart zu neuem Zunder kühlt.
Nicht lieben/ was man doch für Liebens würdig hält/
Ist eine Sache/ die zu schwer dem Willen fällt;
Dem Willen/ welcher diß zu haben ist bedacht/
Was ihm der Sinnen Schluß als liebbar vorgebracht.
Diß Lieben/ was sich uns als unser Bildniß zeigt/
Ja näher als ein Bild zu unsrer Gleichheit neigt/
Ist unsre von Natur verpflichte Schuldigkeit/
Die uns/ und was uns gleicht/ zu lieben selbst gebeut.
Zu dem noch die Gewalt des Gegenstandes kümmt/
Die durch verborgnen Zug uns unsre Freyheit nimmt/
Und mit dem Wercke selbst bezeugt vor iedermann:
Die Frauen-Liebe sey der Männer ihr Tyrann.
Hoffnung gleichet einem Wilde/
Das ein ieder fangen kan/
Sie ist allen Hertzen milde/
Wer sie will/ der trifft sie an/
Aehnlicht einem Schatten-Bilde/
Folget der Begierden Bahn.
Hoffnung gleichet einem Wilde/
Das ein ieder fangen kan.
Solche Freude quillt vom Hoffen/
Die bey allen kehret ein.
Keiner/ der nach ihr geruffen/
Höret ein betrübtes Nein/
Wer ihr Ohr und Hertz hält offen/
Kan allzeit vergnüget seyn.
Solche Freude quillt vom Hoffen/
Die bey allen kehret ein.
Was machstu noch bey mir/ vergebnes Hoffen?
Du hast getroffen
Verstählte Sinnen/
Die zu gewinnen
Kein ächzend Sehnen
Kein' heisse Thränen
Genung seyn künnen/
Die von den trüben Augen rinnen.
Ist denn nun kein Erbarmniß hier/
Was machst du noch bey mir?
Die Hoffnung/ welche sich kan nimmer ruhig wissen/
Die ists/ die unser Hertz in tausend Stücke theilt.
Die Wunden/ welche sonst Gedult und Zeit verheilt/
Hat eitles Hoffen mehr als erstlich auffgerissen.
Im fall nicht Tantalus im Wasser müste stehen/
Im fall die Aepffel ihm nicht reichten an den Mund/
Da ihm doch Speiß und Tranck zu brauchen nicht vergunt/
So würde seiner Qual ein grosser Theil entgehen.
Ihr/ die ihr Ruhe sucht in schwerer Angst und Leyden/
Wie sehr euch auch beschwert die aufferlegte Pein/
Im fall ihr mit der Zeit derselben loß wolt seyn/
So müsset ihr die Last der eitlen Hoffnung meiden.
Die Hoffnung/ fremdes Gutt und Ehre zu erlangen/
Schickt ein verwegnes Hertz auffs fichtne Wasser-Hauß/
Füllt die erzürnte See mit todten Leichen auß.
Die Hoffnung macht das Garn mit reichem Raube prangen.
Der Hoffnung pfleget sich Bellona zu bedienen/
Wenn sie das blancke Feld mit Menschen-Blutte nezt:
Im fall die Hoffnung ihr ein langes Ziel gesezt/
Soll unbeweget stehn der Bau der Himmel-Bühnen.
Soll Wind und Wetter sich zu ihren Willen schicken/
Da das Gesetze doch der Noth ein Eisen bricht.
Drum hoffe wahren Trost nur von der Hoffnung nicht:
Je mehr du diese nährst/ ie mehr die Last wird drücken.
Soll Celadon die stille Glutt
Denn sterbend unter einer Flutt
Von heissen Thränen sehn verglimmern?
Läst Celimene keinen Stral
Der Gütte nach so langer Qual
In sein getreues Hertze schimmern?
Es ist geraume Zeit dahin
Daß ich ihr Diener worden bin/
Mann will mich nicht vor Sclav erkennen,
Man sieht die helle Flamme nicht:
Wenn Feuer aus den Augen bricht/
Wie solte nicht das Hertze brennen!
Es brennet ja so viel es kan/
Und zündt sich stets von neuem an
Von der erzürnten Augen Blitzen.
Der müste ja ein Demant seyn/
Den der befunckten Lichter Schein
Nicht könt erweichen und durchhitzen.
Die Glutt/ die unser Hertz entsteckt/
Wenn sie gleich Zorn und Unmutt deckt/
Ist liebens werth und schön zu schätzen.
Ach/ wenn sie wolten freundlich seyn/
Wie könten sie die schwere Pein
Mit überhäuffter Freud ersetzen!
Zwar hoffet solche süsse Gunst
Von Celimenen nur umsunst
Ein Hertze/ das verdammt zu leyden.
Sie glaubets nicht/ sie achtets nicht/
Daß mich die heisse Sonne sticht/
Biß ich mich werd in Asche kleiden.
Nur eine Sonne brennt den Mohr/
Die dennoch offt den schwartzen Flor
Der Wolcken hengt für ihren Wagen:
Zwey Feuer sind zu viel! Wer kan
Zugleich/ wie ich bißher gethan/
Die Schönheit und den Haß vertragen!
Doch/ wo hier kein Erbarmen gilt/
So brenne ferner wie du wilt/
Dein Celadon wird diß nicht achten/
Er bleibet dir in stillem huld/
Und wird mit freudiger Gedult
Von Celimenens Augen schmachten.
Was vor ein Schmertzen ists/ verliebt zu leben/
Mit stetem Verdrüssen
In enge Ketten schliessen
Der Freyheit Schatz/
Den köstlichen Platz
Der Seel offt falschem Sinn zu Raube geben!
Was vor ein Schmertzen ists/ verliebt zu leben!
Man stirbet ohn sterben/
Muß offt um diß verderben/
Was ungemahlt/
Die Mühe nicht zahlt/
Die Seele falschem Sinn zum Raube geben.
Was vor ein Schmertzen ists/ verliebt zu leben!
Könte sich ein krancker Mutt
Seiner Bande machen loß/
Wenn das Hertz zu wehe thut/
So säß in des Glückes Schoß
Wer empfindt der Liebe Glutt.
Aber weil der Sternen Schluß
Selten wieder machet frey
Den mit Lieb' umstrickten Fuß/
Lebt in harter Sclaverey
Wer der Liebe dienen muß.
O wie glücklich/ wer nicht liebet/
Wer nicht fühlt in seinem Hertzen
Heisse Schmertzen
Von dem Triebe
Blinder Liebe/
Der die Welt sich untergiebet.
O wie glücklich/ wer nicht liebet!
Den kein falscher Blick betrübet/
Dem das Zürnen und Liebkosen
Zweyer Rosen
Ohne Sehnen
Ohne Trähnen
Weder Furcht noch Freude giebet.
O wie glücklich/ wer nicht liebet!
Wohlgegründete/ übereilte und getheilte Liebe
Wenn wahre Glutt
In treuem Hertzen brennet/
Den Grund der edlen Flamme kennet/
So taurt ihr ungefärbter Schein/
Biß daß wir Asche seyn/
Ohn allen Wanckelmutt;
Es muß ihr ieder Tag verneuten Zunder geben/
Und sie der Treue Ruhm biß zu den Sternen heben.
Wenn falsche Glutt
Die Augen übereilet/
So wird das Hertze leicht getheilet/
Der Sinnen unbegründter Schluß
Gebieret Uberdruß
Und leichten Wanckelmutt:
Doch aber steh ich an/ ob so vergänglich Brennen
Ein Feuer/ oder nur ein Irrlicht sey zu nennen.
Wenn gleiche Glutt
Aus Wang' und Auge blitzet/
Zu einer Zeit das Hertz erhitzet/
So schmertzet uns die schwere Wahl/
Und plagt mit tausend Qual
Den ungewissen Mutt.
Sagt/ Nympyen/ könt ihr denn auch so zertheilte Flammen/
Die ihr zugleich in uns erweckt/ schlecht hin verdammen?
Die Einsame und Verliebte
Betrübte Nacht/ in der mich Lieb' und Schrecken
Ohn Unterlaß von meiner Ruh erwecken/
Wenn kömmt einmahl die angenehme Nacht/
Die meiner Pein ein frölich Ende macht?
Du gehst dahin/ nicht aber mein Betrüben/
Der Morgen kömmt/ nicht aber mein Belieben:
Dein frischer Thau erquickt das dürre Land;
Wer kühlet mir den ungelöschten Brand?
Der Sterne Glantz erleuchtet deinen Schaten/
Und lehret dich der heissen Sonn entrathen;
Wer tröstet mich/ wenn dieses Auge weint/
Daß ihm kein Stern und keine Sonne scheint?
Philander ruht in süssen Schlaff gewieget/
Wenn Einsamkeit in meinen Armen lieget;
Die leichte Last der Federn ist zu schwer/
Ich wende mich vergebens hin und her.
Endimion kan mit Dianens Küssen
Den Uberdruß der langen Nacht versüssen:
Mein Hunger wächst durch fremden Uberfluß:
Ach hätt ich nur für tausend einen Kuß!
Der stille Brand verzehret mein Geblütte/
Mein Hertze raucht/ wie Bajens Schwefel-Hütte/
Die Geister sind bey mir umsonst bemüht/
An der man selbst nur dürren Schatten sieht.
Komm/ Sonne/ komm/ und bringe deinen Morgen/
Komm früher Tag/ du Trost verliebter Sorgen/
Und laß mich den/ den ich verlange/ sehn/
Sonst ists um mich für Abends noch geschehn.
Die Verliebte und Betrübte
Betrübte Nacht/ in der mich Furcht und Schrecken
Ohn Unterlaß von meiner Ruhe wecken/
Wenn kömmt ein mahl die lange Mitternacht/
Die meiner Pein ein endlich Ende macht?
Du gehst vorbey/ mein Leyden bleibt zu rücke/
Die Stunden fliehn/ doch nicht mein Ungelücke.
Dein kühler Thau erfrischt den trocknen Klee/
Mich überschwemmt der Thränen heisse See.
Es ruht die Welt in sanfften Schlaff gewieget/
Wenn meine Seel in tausend Aengsten lieget/
Ich werffe mich mit Seuffzen hin und her/
Das leichte Bett ist mir als Bley zu schwer.
Die stille Glutt durchkocht die dürre Seele/
Das Hertze brennt wie Etnens Schwefel-Höle/
Mein Wange zeigt der rothen Flamme Schein/
Wird aber bald voll bleicher Asche seyn.
Kein schwerer Traum darff mich bekümmert machen/
Ich habe Qual genung bey hellem Wachen.
Mein Leben ist ein Traum und Gauckel-Spil/
Damit mich Glück und Zeit bethören will.
Komm/ blasser Mond/ und leuchte mir zu Grabe/
Da ich forthin die beste Ruhstatt habe.
Erreich' ich gleich des jungen Tages Licht/
So überleb' ich doch die Sonne nicht.
Die junge Frau und der alte Mann
Die gantze Nacht sitzt mir der Floh in Ohren:
Mein Alter schnarcht/ wenn ich die Ruh verlohren.
Er kehret mir den kalten Rücken zu/
Wenn ich mit ihm am allerschönsten thu.
Der Hitze Macht kan Eiß und Steine zwingen/
Und keinen Safft aus diesem Felsen bringen.
Er fühlt vor mich zu wenig/ ich zu viel/
Die Karth entfällt ihm/ wenn ich spielen will.
Mein Mund/ gewohnt den Marmor zu entzünden/
Kan keine Glutt in seiner Asche finden.
Mein süsser Kuß/ mein Zug der linden Hand
Wird nur bey ihm vergebens angewandt.
Komm/ Liebe/ komm/ mir Aermsten Recht zu sprechen/
Komm meine Glutt/ wo nicht sein Eiß/ zu brechen/
Ich habe gnug bey seinem Schnee geschwizt/
Sein Eiß ist gnug bei meinem Brand erhizt.
Die gantze Nacht liegt mir mein Weib in Ohren/
Sie hat den Schlaff und ich die Ruh verlohren/
Sie schleust mich ein in Armen voller Glutt/
Verbrennt und kocht das ausgefrorne Blutt.
Ihr heisser Brand will See und Flutten haben/
Wenn andre kan ein Bächlein Necktar laben.
Welch Brunnquell kan so unergründlich seyn/
Der nicht von Sonn' und Dürre trocknet ein?
Mein Lebens-Oel ist meistentheils verglommen/
Nachdem ich bin zu frischem Feuer kommen;
Geb ich den Rest auff eine Zeit dahin/
Wer leuchtet ihr/ wenn ich erloschen bin?
Wer kan den Durst der Wassersucht bestillen/
Und die Begier erregter Lüste füllen?
Viel besser ist getheilter Uberfluß/
Als wenn man bald auff einmahl darben muß.
Man wärmt sich auch bey halberstorbnen Kohlen/
Kan Feuer aus der lauen Asche holen/
Ein später Herbst gewehrt die beste Frucht/
Die man umsonst im goldnen Lentzen sucht.
Aus Felsen muß das beste Wasser springen/
Wiewohl es nicht ohn Mühe zu erzwingen.
Der Eckel gällt die leicht-erworbne Lust/
Und Hunger würzt die lang' erwartte Kost.
Muß grünes Holtz mehr Rauch und Thränen schwitzen/
Ein dürrer Stock kan dennoch besser hitzen.
Die Gütte/ nicht die Menge/ preist den Wein/
Und Balsam flöst man nur mit Tropffen ein.
Drum/ Liebe/ komm mir Alten Recht zusprechen/
Komm ihre Glutt/ und nicht mein Eiß/ zu brechen/
Damit ihr Brand/ durch meinen Schnee gekühlt/
Mit sanffter Glutt und lindern Flammen spielt?
Der berechtigte Kuß
Wohnet nicht auff deinen Lippen/ meine Freude/ mein Vergnügen/
Meine Seele/ meine Wonne/ ja mein Leben/ meine Ruh?
Warum soll ich nicht das Meine/ wo ichs finde/ wieder kriegen?
Alle Recht und Richter sprechen jedem ja das Seine zu.
Schlaf/ angenehmes Kind der stillen Nacht/
Arzt der von Müdigkeit erstorbnen Geister/
Des Kummers Feind und Tod/ der Sorgen Meister/
Warum halt ich allein in meinem Bette/
(Das mir der Unruh Grab soll seyn) die Wette/
Mit tausend Sternen an dem Himmel Wacht
Wo ist dein süsses Thun/ die stille Ruh?
Wo sind die Träume/ die uns zu vergnügen
Bey brauner Nacht um unser Lager fliegen?
Du selber schläffst/ o Schlaf/ wie ich vermeyne:
Komm/ du des Todes Bild/ komm und erscheine/
Schleuß dieses müde Paar der Augen zu.
Nicht eine Allein
Soll mein Gesichte denn ein einig Leit-Stern binden?
Des Himmels rundter Kreiß hegt Lichter ohne Zahl:
Wie leicht verirret sich die ungewisse Wahl/
Stets in die Sonne sehn macht starres Aug-Erblinden;
Bey einem Anblick kan ich kein Vergnügen finden.
Nur eine allein
Könt ich der Sonnen Glantz in allen Augen finden/
So wär ich auch vergnügt mit manchem Sternen-Strahl/
Sie zeigten mir dein Bild als Spiegel allzumahl.
Weil aber Mond und Stern bey heller Sonn erblinden/
So will ich auch mein Hertz an die alleine binden.
Soll denn mein Auge nur an einem Auge kleben/
Viel tausend Lichter hegt des Himmels rundter Kreiß/
Daß man den Unterscheid dabey zu lernen weiß:
Stets einerley zu sehn/ kan kein Vergnügen geben.
Kein Monde gleichet sich dem hellen Sonnen-Lichte/
Für tausend Sternen hat ihr Glantz und Schein den Preiß.
Weil/ ausser Cloris/ ich nun keine Sonne weiß/
Verehr ich auch allein ihr schönes Angesichte.
Vergebene Hoffnung
Offters traumt dem/ der gebunden/
Daß er seine Freyheit hat:
Wenn der Morgen angegangen/
Ist der falsche Traum verschwunden/
Und die Hoffnung findt nicht statt.
Er bleibt an den Fesseln hangen/
Das geht ihm viel schwerer ein:
Besser ists ohn Hoffnung seyn!
Bettler sind offt reich an Schätzen/
Die der falsche Traum gewehrt;
Wenn der Tag ist angebrochen
So verschwindet ihr Ergötzen/
Und der Beutel bleibt geleert.
Brod für fremder Thüre suchen
Geht hernach viel schwerer ein:
Besser ists ohn Hoffnung seyn!
Flora saß auff ihrem Throne/
Bey ihr sah man die Napeen
Unter tausend Blumen stehen;
Loß und Glücke solten weisen/
Welch am meisten sey zu preisen:
Was geschach? Die weisse Bohne
Ward der Anemone.
Flora rieff mit hellem Thone:
Manche spürt man übel riechen/
Ob sie schön: die Veyeln kriechen/
Rosen stechen/ Liljen färben/
Nelcken welcken/ Tulpen sterben:
Drum für aller Blumen Crone
Gilt mir Anemone.
Nord-Wind/ wenn du mir zu Hohne
Mit verneutem Winter dräuest/
Schnee und Hagel um dich streuest/
Will ich zwar gedultig lassen
Manche weiche Blum' erblassen/
Aber diß beding' ich/ schone
Meiner Anemone.
Venus mit dem zarten Sohne
Kam in Garten Blumen brechen/
Hörte diese Worte sprechen/
Sagte/ daß Sylvanders Treue
Bald die schönste Blum erfreue?
Geh/ und krön' ihn/ Kind/ zu Lohne
Mit der Anemone.
Amor war bereit zur Frohne/
Flochte für den treuen Hirten
Anemon auff grüne Myrthen:
Dieser sang mit tausend Freuden:
Weil ich werde Lämmer weyden/
Wo ich treibe/ wo ich wohne/
Blüh' mir Anemone!
Himmelschlüssel oder Geistliche Gedichte
Es ist bey der itzigen sinnreichen und neugierigen Welt die Sprach- nicht
weniger als die Blumen-Kunst auff das Höchste gestiegen. Der seines
lobwürdigen Zweckes wegen hoch-preißbare Palmen-Orden hat die
vornehmsten Gewächse dieser und der neuen Welt untersuchet/ und in seinen
Garten versetzet. Was selbige vor Frucht getragen/ lieget an offenem Tage.
Man muß bekennen/ daß durch Anleitung seiner Mit-Glieder und Nachfolge
vieler andern es dahin kommen/daß alle Länder und alle Zungen unser
Teutschland bereichert haben. Die Kunst oder Bemühung hat sich/die Natur
selbsten zu übertreffen/ bearbeitet/ und was in fremdem Boden gewachsen/
dem Teutschen erblich machen wollen/ wiewohl mit ungleichem Fortkommen/
indem ein Theil darvon in der ersten Blüte ersticket ist/ ein Theil auff dem
fremden Stocke Geruch und Farbe verlohren/ das meiste dennoch wohl
geblühet und gefruchtet hat.
Allhier zeigen sich auch einige theils inntheils ausländische Gewächse von
unterschiedener Gattung/gleichwie in einem Garten nicht nur hohe Bäume und
prächtige Stauden/ sondern auch niedrige Violen und kriechende Demutt
angetroffen werden. Rüchen viele hiervon noch nach der ungereinigten Lufft
des ersten Frühlings/ so ist man ja gewohnet/ zu selbiger Zeit mit schlechten
Blumen für lieb zu nehmen/ und findet hernach die andern desto angenehmer.
Die Himmel-Schlüssel ( Primulæ Veris) stehen billich voran. Der Herr des
Himmels gebe/ daß wir alle den rechten Himmels-Schlüssel finden und
ergreiffen.
Ermunterung zur Andacht beym Erwachen
O' Seele/ werde wach vom Schlaffe deiner Sünden/
Der dich in eine Nacht ohn Ende stürtzen kan.
Nimm keinen falschen Schein zu deinem Führer an/
Und mühe dich das Licht der Ewigkeit zu finden.
Geh nicht den breiten Weg der weltgesinnten Blinden/
Die schnöder Ehre Blitz/ und falscher Freude Wahn
Vom Tugend-Steige führt auff glatter Wollust Bahn/
Den Liebe/ Lust und Schertz die Augen pflegt zu binden.
Erhebe dich im Geist bey das gestirnte Hauß/
Laß Schatten/ Nebel/ Nacht seyn unter deinen Füssen/
Und kläre deinen Sinn mit reiner Andacht aus.
So wird das Licht/ dem Licht und Sonne folgen müssen/
Mit Strahlen seiner Gnad erleuchten deine Sinnen/
Daß du durch finstres Thal wirst sicher wandeln künnen.
Morgen-Andacht
Der beglänzte Mond erbleichet
Von der nahen Sonne Pracht/
Aller Sternen Heer entweichet
Mit der hingelegten Nacht:
Auff mein Hertz/ und laß der Sünden
Finsterniß und Schlaff dahinden.
Den gewölbten Himmels-Bogen/
Den Saffirnen Wunder-Bau/
Hielt die dunckle Nacht umzogen/
Die geraume Sternen-Au
Hegte zu des Höchsten Ruhme
Manche Licht- und Feuer-Blume.
Ihre Zier muß nun erblassen/
Ihr entlehnter Glantz stirbt hin;
So muß auch der Mensch verlassen
Ehre/ Wollust und Gewinn:
Mühe dich das Licht zu finden/
Das zu keiner Zeit kan schwinden.
Muß die Welt die Sternen missen/
Und ohn alle Lichter stehn/
Eh sie kan die Sonne grüssen/
Also pflegt es uns zu gehn/
Daß wir durch des Todes Schatten
Erst zur Ewigkeit gerathen.
Folgt der schnöden Eitelkeiten
Wandelbarer Mond der Nacht/
Weist sich doch zur andern Seiten
Des verjüngten Tages Pracht;
Ach/ daß diese Morgen-Röthe
Deiner Sünden-Nacht ertödte!
Schau das Gold der Sonne gläntzen
Und am Himmel steigen auff/
Da es in gewissen Gräntzen
Muß vollführen seinen Lauff;
Laß die Menge solcher Wunder
Seyn der todten Andacht Zunder.
Sieh/ die Perlen-Thränen thauen/
Zu erquicken Laub und Graß/
Wo du deiner Wangen Auen
Machst in wahrer Busse naß/
Wird sich Gottes Gnad eräugen/
Himmel-Schlüssel bey dir zeugen.
Dencke/ wie ohn alles Weinen/
Ohne Nacht und Tunckelheit/
Wird die Lebens Sonne scheinen
In der frohen Ewigkeit/
Da du mit verklärtem Hertzen
Gleichen wirst den Himmels-Kertzen.
Auff! und schwinge dich bey Zeiten
Gleich den Vogeln Himmel an/
Eine Stelle zu bereiten/
Die dich ewig bergen kan:
Da du kanst in Ruhe stehen/
Wenn die Welt muß untergehen.
Ubersteig die Sternen-Bühne/
Suche dir ein heller Licht/
Wünsch/ ach/ daß der Tag erschiene/
Der die Welt in Stücke bricht/
Daß mein Licht/ mein Jesus käme/
Und mich ewig zu sich nehme!
Der erblaßte Monden ziehet
Sein geschwächtes Silber ein/
Und der Sternen Heer entfliehet
Vor der Sonne nahem Schein/
Auff/ mein Hertz/ und laß der Sünden
Trübe Nacht bey dir verschwinden.
Schau wie Lerch und Nachtigallen/
Die man früher hört als sieht/
Gott zu Ehren lassen schallen
Ein erfreutes Morgen-Lied/
Folge nach/ mein Hertz / und singe
Gott dem Schöpffer aller Dinge.
Herrscher über Tod und Leben/
Meister über Nacht und Tag/
Dir muß billich Ehre geben
Was nur Athem ziehen mag/
Und dich/ seine Pflicht zu weisen/
Mit den Morgen-Sternen preisen.
Himmels-Fürst und Erden-König/
Grosser Herr der Herrligkeit/
Meine Zung' ist viel zu wenig/
Daß sie deinen Ruhm ausbreit/
Aber laß dir doch das Lallen
Deines Kindes wohl gefallen.
Daß ich deiner Sonne Blincken
Und des hellen Tages Zier/
Daß ich deiner Sternen Wincken
Und diß gantze Welt-Refier
Deiner Wercke voll gesehen/
Ist durch deine Macht geschehen.
Daß ich mit gesundem Leibe
Frölich Athem schöpffen kan/
Und in meinem Stande treibe
Was mir ist befohlen an/
Daß ich Kleid und Nahrung habe/
Nenn ich billich deine Gabe.
Daß ich freudig im Gewissen/
Frey von Sünd/ und Höllen Noth/
Auff dein theures Blutvergiessen/
Geh durch Sorge/ Schmertz und Tod.
Daß ich ewig dich soll sehen/
Ist/ und wird/ durch dich geschehen.
Fahre fort mich so zu pflegen/
Halt mich unter deiner Hutt/
Kröne mich mit deinem Segen/
Gieb was hier und ewig gutt/
So soll dir mit Engel-Zungen
Werden Lob und Danck gesungen.
In Morgen-Andacht verändertes Abend-Lied
Nun ruhen alle Wälder.
Nun klingen alle Wälder/
Vieh/ Menschen/ Städt und Felder
Sind von dem Schlaff erwacht/
Mein Hertze/ laß dich hören/
Sey deinem GOTT zu Ehren
Auff einen Lob-Gesang bedacht.
Den schönen Himmel mahlen
Der Morgen-Röthe Strahlen
Mit neuen Farben aus:
Laß deiner schwartzen Sünden
Betrübte Nacht dahinden/
Und schmücke deiner Seelen-Hauß.
Der Mond ist abgegangen/
Man sieht von Osten prangen
Der Sonne göldnen Schein/
Mein JESUS/ meine Wonne/
Soll meines Hertzens Sonne/
Das Auge meiner Seele seyn.
Der Leib entsagt der Ruhe/
Ergreiffet Rock und Schuhe/
Der armen Blösse Kleid;
Umgürte deine Lenden/
Und nimm aus JESU Händen
Die Kleider der Gerechtigkeit.
Du siehest/ wie ein ieder
Die ausgeruhten Glieder
Zu ihrer Arbeit weist/
So will dir auch gebühren/
Mit Freuden auszuführen/
Was Christenthum und Pflicht dich heist.
Das Auge sey gewendet
Zu dem/ der Hülffe sendet/
Wenn Nacht und Noth bricht ein/
Beschaue seine Wercke/
Und laß sie Trieb und Stärcke
Zu neu-entflammter Andacht seyn.
Die Stimme sey erhoben/
Mit Danck und Preiß zu loben
Den Schutz vergangner Nacht/
Die Hand bereit zu heben/
Und Christlich auszugeben/
Was Fleiß und Segen eingebracht.
Der Höchste wird indessen
Das Seine nicht vergessen/
Und dir zur Seite stehn/
Daß du nach Noth ergötzet/
Durch keine Noth verletzet/
Ihm danckend wirst zur Ruhe gehn.
Abend-Lied
Die Sonne birgt nunmehr ihr angenehmes Licht/
Der Abend will die Welt der Arbeit überheben/
Es fordert meine Pflicht/
Dem Höchsten für den Schutz des Tages Danck zu geben.
Was mein Beruff erheischt/ ist wohl zu Ende bracht/
Leib und Vermögen sind noch frey von allem Schaden/
Ich kan mich mit der Nacht
Ohn Unglück und Beschwer der Sorgen-Last entladen.
Viel/ leyder/ klagen sich verlezt durch Feind und Glutt/
Und andre fühlen sich bekränckt durch alle Glieder/
Durch Gottes Engel-Hutt
Leg ich mich unversehrt zur sanfften Ruhe nieder.
Wie werd ich dir/ O Gott/ dafür nun danckbar seyn?
Mein schnödes Hertz ist voll von leeren Eitelkeiten:
Stell ichs zum Opffer ein/
So kan ich solches doch nicht nach Gebühr bereiten.
Mein Auge scheuet sich den Himmel anzusehn/
Der Abend-Röthe Glantz beschämet meine Wangen/
Was diesen Tag geschehn/
Hat Straffe nur verdient (nicht Segen) zu erlangen.
Doch denck ich an die Nacht/ da Jesus mich vertrat
Für deinem Richter-Stul in tuncklem Oelbergs-Schatten/
Was er da thät und bat/
Kömmt mir und aller Welt noch heilsamlich zu statten.
Die schwere Nacht verbirgt und decket meine Schuld/
Mein Heyland hat sie selbst gebüsset und begraben/
Erworben deine Huld/
Läst mich zu dir in Buß und Glauben Zutritt haben.
Drum klag ich mich zwar selbst mit Reue bey dir an/
Glaub aber auch durch dich Verzeihung zu erwerben/
Wenn meiner Hoffnung Kahn
Den starcken Ancker fast/ so kan ich nicht verderben.
Ich dancke für die Gnad entwichner Tages-Zeit/
Und kan ich diese Nacht derselben auch genüssen/
Werd ich aus Schuldigkeit/
Dir neuen Morgen-Danck zu bringen seyn beflissen.
Dieser Tag ist nun zum Ende/
Braunen Schattens tunckler Flor
Hüllt sich um des Himmels Wände/
Birgt der muntern Sternen-Chor/
Trübe Nacht und düstres Schrecken
Will den Kreiß der Erde decken.
Dunst und Thau umzieht die Felder/
Die man itzo ledig spürt/
Winde spielen durch die Wälder/
Deren Haubt sich zitternd rührt;
Thiere ruhen/ Menschen schweigen/
Biß die Sonn ihr Licht wird zeigen.
Schwartz und finster sind die Thaten/
Die ich diesen Tag gehegt/
Ich bin aus der Bahn gerathen/
Welche zu dem Himmel trägt/
Darum fühl ich auch im Hertzen
Reu und Furcht und bange Schmertzen.
Stechen heisser Sonnen Blicke/
Gottes Zorn sticht noch so sehr/
Traurt man/ wenn der Himmel dicke/
Wenn Gott wittert/ noch vielmehr/
Besser ists/ als im Gewissen
Seine Gunst/ den Tag vermissen.
Adam muß das Feuer fühlen/
Welches seine Blösse brennt/
Doch da sich der Tag will kühlen/
Wird das Hertzeleid gewendt/
Gottes Ruff/ sein Thau der Gütte/
Labt sein schmachtendes Gemütte.
Ruffe mich/ O Gott/ desgleichen/
Doch in Gnaden/ izt zu dir/
Muß ich schon für Furcht erbleichen/
Weil nichts guttes wohnt in mir/
Tilgt doch dieser mein Verbrechen
Der sich ließ die Schlange stechen.
Ob mich Grab und Hölle schrecket
Und die Todes-Nacht mir dräut/
Meine Fehler sind bedecket
Durch des reinen Lammes Kleid
Unter Nacht und Finsternissen
Kan ich Licht im Hertzen wissen.
Laß die Decke meiner Sünden/
Die mein Hertz umnebelt hat/
Mit der finstern Nacht verschwinden/
Segne meine Lagerstatt/
Daß ich mit verneuten Sinnen
Morgen kan dein Lob beginnen.
Geburts-Nacht
Eine lange Winter-Nacht
Hat mich an das Licht gebracht/
Jesu/ welchem Nacht und Licht
Zu gehorchen ist verpflicht/
Laß mir deinen Gnaden-Schein
Tag und Nacht für Augen seyn/
Wenn der finstren Wercke Dunst
Will vertuncklen deine Gunst;
Wenn die trübe Todes-Nacht
Mir die Augen finster macht/
Biß ich dich/ den hellen Tag/
Sonder Nächte schauen mag.
Bey hellem Monden-Licht ward mir das Licht gegeben/
Laß mich/ o höchstes Licht/ in deinem Lichte leben/
Laß mich diß wahre Licht zu keiner Zeit verlieren/
Wenn mich manch irrend Licht will auff die Seite führen;
Wenn mich der schnöde Glantz der eitlen Wollust blendet/
Wenn mir dein helles Licht des Creutzes Wolck entwendet/
Wenn Fleisch und Blutt/ wenn Welt und Hölle sich bemühen/
Den Leit-Stern deiner Gunst der Seele zu entziehen/
Laß deine Sonne mir im finstern Tode scheinen/
Und mich dein ewges Licht umgeben bey den Deinen.
Tauff-Bundes Erinnerung
Wer weiß das Element des Wasser zu entbehren?
Es träncket/ kocht und heilt: Wenn heisser Sonnen Glutt/
Der Arbeit Last und Schweiß den Gliedern wehe thut/
So muß uns Labung diß und neue Krafft gewehren/
Diß giebt der Speise Safft/ aus wie viel edlen Brunnen
Kömmt krancker Glieder Heyl mit Bad und Tranck gerunnen?
Diß nähret/ was uns nährt/ gewehrt auff unsre Tische/
Was ihm manch fremdes Volck vor Fleisch und Brod erwehlt/
Was selbst die Erde nicht in so viel Arten zehlt/
Zu unsrem Unterhalt und Uberfluß/ die Fische.
Doch wollen wir den Nutz des Wassers recht ergründen/
Wird sich aus Gottes Wort noch bessre Probe finden:
Naemans Aussatz ward in Jordans Flutt geheilet/
Ein heilsam Wasser war in Gottes Volck bekandt/
Zur Reinigung gesprengt von Hohen-Priesters Hand.
Von wem Betheßdens Teich am ersten ward ereilet/
Wenn ihn von oben her des Engels Hand berühret/
Der hat sich aller Plag' und Siechthums frey gespüret.
Des Höchsten Wasser-Kunst ist höher noch gestiegen/
Die Bilder zeigten uns im Schatten Wercke dar/
Was von des Herren Gunst für uns bereitet war/
Was in der Tauffe Brunn für Seelen-Schätze liegen/
Nun Christus/ Gottes Sohn/ das Wasser selbst geweyhet/
Und unsre Tauffe durch die seine benedeyet.
Wer weiß diß Sacrament des Wassers zu entbehren/
Des Wassers/ dem das Wort des Höchsten beygesellt/
Viel Wunder-Kräffte schenckt: Wir kommen auff die Welt
Ohnmächtig uns der Macht der Raub-Fisch zu erwehren/
Als Schleyen/ die im Koth der schnöden Erb-Schuld stecken/
Und die das Netze soll des Höllen-Fischers decken.
Uns wird durch dieses Bad verneute Krafft gegeben/
Und Wachsthum in dem Geist/ uns macht die Quelle rein/
Daß wir vom Sünden-Wust für Gott gesaubert seyn/
Und nicht in Dienstbarkeit der Hölle dörfften kleben;
Den Heil-Brunn gabst du mir/ O GOTT/ auch zu geniessen/
Laß drauß beständigs Heyl und Segen auff mich fliessen.
Vier Ströme sahe man in Edens Garten fliessen/
In Nord/ Süd/ Ost und West ihr Wasser theilen ein/
Kan wohl ein besser Quell und edler Spring-Brunn seyn/
Als den sich Zion sieht in alle Welt ergiessen.
Diß ist der Tauffe Flutt; der muß Amanens Bach/
Damascus Pharphar und der Jordan geben nach.
Der Erbschuld Aussatz wird durch dieses Bad geheilet/
Ein Bad das seinen Brunn allein im Himmel weiß/
Den Brunn der wieder fleust/ und führt ins Paradeiß/
Diß ward mir weyland auch zum Leben mitgetheilet/
Der Höchste lege mir desselben Nutzen bey/
Daß seine Gnad und Huld beständig um mich sey!
Der unglückselge Mensch kan kaum die Welt begrüssen/
Daß nicht ein Thränen-Fluß/ eh das noch schwache Licht
Den hellen Tag erkennt/ aus seinen Augen bricht/
Wird frey und lässet sich in neue Bande schlüssen.
Bringt seine Jahre zu gewiegt in Freud und Leyd/
In Unruh/ Sorg und Angst/ in Hoffnung/ Furcht und Streit/
Biß ihn der lange Schlaff der Ruhe läst genüssen/
Was aber klagen wir? wann wir die Welt begrüssen
So hat uns Jesus Hand ein Freybad zugericht/
Wäscht/ reiniget und stärckt der blöden Augen Licht/
Befreyet von dem Strick der Erb-Schuld das Gewissen/
Sein Blut ist unsre Milch/ sein Unschuld unser Kleid/
Die Wiege seine Schoß/ der Schlaff die Seligkeit.
Diß laß mich auch/ O GOTT/ allhier und dort geniessen.
Der alte Teutsche trug die Kinder an den Rhein/
Es solte dieses Bad der Unschuld Probe seyn.
Wir haben allesammt ein heilsam Bad von nöthen/
Wenn uns die Erb-Schuld nicht erröthen soll und tödten.
Allein/ es ist hierzu kein schlechtes Wasser gutt/
Der Rhein macht keinen rein/ die stärckste Wasser-Flutt
Wäscht keinen Flecken ab/ der an der Seele klebet/
Wenn aber Gottes Geist ob Jordans Strome schwebet/
Wenn er mit Wunder-Krafft den Teich Betheßda rührt/
Wenn der Erlöser uns zu einem Brunnen führt/
Durch Geist und Wort geweyht/ so ist ein Bach zu finden/
In dem man sauber wird von allem Koth der Sünden.
Die Quelle macht dich auch/ geliebte Seele/ rein/
Und wird dir Lebenslang der Unschuld Zeugniß seyn;
Sie bring' an Leib und Seel erwünschtes Wohlgedeyn/
Und führe dich zum Strom der ewgen Wollust ein.
Wir kommen auff die Welt befleckt/
Mit schnöder Erb-Seuch' angesteckt/
Und hegen des Verderbens Samen:
Doch ist zu unsrer Reinigkeit
Ein heilsam Wasser-Bad bereit:
Diß brauchen wir auff Gottes Nahmen.
Des Vatern Gnade zum Gewinst/
Des Sohnes blutiges Verdienst/
Des reinen Geistes Ob-uns-schweben/
(Gleichwie er sich der ersten Welt
Nach Mosis Zeugnis fürgestellt/)
Wird uns durch diesen Bund gegeben.
Vernunfft/ die thörichte/ steht an/
Wie Wasser so viel würcken kan/
Ich geb' ihr aber zum Bescheide:
Daß Gottes Wort und Krafft mit Flutt
Verknüpfft so grosse Wunder thut/
Der Glaube traut und sieht auff beyde.
Diß Wasser soll ein Denck-Mahl seyn/
Uns iederzeit zu halten rein/
Die Adams-Lüste zu ersäuffen/
Damit ein neuer Mensch entsteh/
Und in desselben Wegen geh/
Der sich am Jordan selbst ließ täuffen.
Diß Heyl-Bad hat mich auch genezt/
Und in des Höchsten Huld gesezt/
Gantz fest in seinen Bund geschlossen.
Gott Vater/ Sohn und Geist verleih/
Damit ich bleib/ und ewig sey
Gezählt zu deinen Reichs-Genossen.
Nahmens-Tag
Der vielgewünschte Tag/ Johann/ ist nun vorhanden/
Die Sonne tritt in Krebs/ nachdem ihr goldnes Rad
Den höchsten Himmels-Stand bereit erlanget hat/
Ein Kummer-reiches Jahr ist wieder überstanden/
Wir leben allerseits bedrängt in unsern Landen/
Bedrängter in uns selbst/ durch manches Thränen-Bad/
Durch über Seel- und Leib gehäuffte Frevel-That;
Erlöß uns/ grosser GOTT/ von dieses Todes Banden.
Vergieb die Schuld/ und gieb/ was unser Hertz erquicke;
Laß unser gantzes Land in vollem Segen stehn/
Damit der Feinde List den Krebs-Gang möge gehn/
Und unsre Waffen selbst dein starker Arm beglücke/
Laß deines Dieners Hauß dir unentfallen seyn/
Und führ uns/ wenn du wilt/ in Himmel selig ein.
Wie soll ich deinen Ruhm/ O Gott/ zur Gnüg erheben/
Das Leben/ die Vernunfft/ O Höchster/ schenckst du mir/
Verlangte Mittel hab ich einig auch von dir/
Durch die ich diesen Tag vergnüget kan erleben/
Was werd ich dir davor aus treuem Hertzen geben/
Das izt verhandne Fest hält meinen Augen hier
Die Eyd-verbundne Pflicht/ den Schluß der Tauffe für/
Und dort umschräncket mich des Fleisches Widerstreben.
Den Willen geb ich dir/ der so viel möglich/ gutt/
Herr/ der du alles kanst/ bezähme Fleisch und Blutt/
Vergieb die Schuld/ mit der ich Sünder bin beladen/
Gieb wahre Sünden-Reu/ gieb einen neuen Geist/
Der von der Erde sich und ihrem Kothe reist/
Und wohne ferner bey den Deinen in Genaden.
Jahr-Gedächtnisse
Ein Jahr/ O höchster Gott/ ist wieder bracht zu Ende/
Wiewohl nicht ohne Creutz und untermengte Pein/
Doch daß ich kan gesund und unverletzet seyn/
Ist ein Genaden-Werck/ O Schöpffer/ deiner Hände/
Darvor ich Himmel an der Lippen Opffer sende/
Und stelle mich bey dir mit neuem Bitten ein:
Gieb/ grosser Himmels-Fürst/ daß dieses Tages Schein/
Was nützet/ zu mir her/ was schadet/ von mir wende.
Vergieb die schwere Schuld/ vergiß der ernsten Rache/
Verleih/ im fall diß Jahr mein Leben schliessen soll/
Daß ich auff dein Verdienst/ O Jesu/ sterbe wohl.
Im fall mich deine Gnad in treuem Schutz erhält/
So leb ich wohl beglückt in der und jener Welt/
So schadet mir noch Tod/ noch Welt/ noch Höllen-Drache.
Tag und Nacht/ Kinder einer Mutter/Geschwister
widerwärtiger Sinnen
Aus dem Oedipo Athanassii Kircheri.
Die Flügel-schnelle Zeit/ die Fürstin aller Sachen/
Von welcher/ was nicht ist/ noch immer war entsteht/
Die alle Dinge groß und klein gewohnt zu machen/
Mit welcher/ was da ist/ und nicht stets war/ vergeht/
Zu deren Diensten sich die Erde muß verpachen/
Der unterworffen ist was niedrig/ was erhöht/
Sucht das geraume Ziel der ungemeßnen Grantzen
Durch ein getreues Paar der Erben fortzupflantzen.
Es führen diese Zwey noch bey der Mutter Leben
Den hohen Königs-Stab in freygewohnter Hand/
Stadthalter müssen sie in allen Ländern geben/
Wo dieser Königin Regierung ist bekandt/
Doch will sich mancher Streit bey solchem Paar erheben/
Wer billich haben soll den allerersten Stand/
Wem wohl der gröste Staat zu halten will gebühren/
Wer künfftig mit der Zeit soll Kron und Scepter führen?
Dem einen pflichten bey die meisten Reich-Gesetze/
Der ander gründet sich auff mancher Völcker Recht/
Der eine macht sich groß durch eingetragne Schätze/
Damit er auff den Fall kan werben manchen Knecht/
Durch Freyheit/ daß man sich in sanffter Ruh ergötze/
Wird von dem andern Theil des ersten Heer geschwächt/
Der eine suchet Gunst durch Mühsamkeit bey allen/
Der ander will der Welt durchs Widerspiel gefallen.
Dem einen ist das Haubt von denen Hofe-Räthen/
Die seine Mutter hält/ zu Diensten beygethan;
Die andern sechse sind zum Gegentheil getreten/
Weil sich ihr Kopff zu ihm am besten schicken kan/
Der eine lebet mehr zu Land/ als in den Städten/
Der ander sezt die Stadt dem Dorffe weit voran/
Der eine führt nicht viel/ doch guttes Volck zur Seiten/
Den andern aber pflegt die Menge zu begleiten.
Der eine lässet sich viel kluge Künste lehren/
Um Wissenschafften bleibt der ander unbemüht/
Der eine läst von sich viel Wort und Reden hören/
Wenn stille Träumerey des andern Kopff durchzieht/
Der eine pflegt allein die Sonne zu verehren/
Wenn jener nach dem Mond und tausend Sternen sieht/
Den einen können Schlaff und Liebe nicht bezwingen/
Dem andern müssen sie die gröste Freude bringen.
Der eine weiset gern dem Lichte seine Thaten/
Und machet sie/ so weit die Sonne geht/ bekandt/
Der ander läst sein Thun nicht sehen/ nur errathen/
Verdeckt/ so viel er kan/ die Wercke seiner Hand/
Bey einem muß sich weiß und roth zusammen gatten/
So scheint der Mohren Reich des andern Vaterland/
Der eine der verstärckt durch Arbeit seine Glieder/
Wenn sie der andre legt auff weiche Küssen nieder.
Durchgehe nach und nach die Rechnung aller Zeiten/
Kein mindergleiches Paar der Brüder findestu/
Kein Typhon kan so sehr mit dem Osiris streiten/
Kein Zoroaster sagt so schlecht denn Japhet zu/
Kein Lucius kan so von Aruns Sitten schreiten/
Der das noch junge Rom bewohnt in stiller Ruh/
Kein Avidäus ist so weit von Alexandern/
Als diese Printzen zwey sind einer von dem andern.
Was eher ist zur Welt der eine zwar gebohren/
Doch will der ander auch nicht minder Erbe seyn/
Den hat der West und Nord zu lieben auserkohren/
Und jener setzet sich in Morgen-Ländern ein/
Die Hoffnung zum Vertrag ist meistentheils verlohren/
Indem das Widerspiel beweist der Augenschein/
Dafern es nicht annoch durch Dräuen und durch Flehen/
Durch Bitten und Befehl der Mutter kan geschehen.
Derselben Spruch hat sie in solchen Bund vereydet/
So lange sie noch selbst bey grauem Alter lebt/
Das keiner beyderseits den mindsten Schaden leidet/
Daß ieder haben kan/ nach was sein Hertze strebt/
Das Zeit und Ziel die Macht der Herrschafft unterscheidet/
Und deren Vortheil gantz in Ungewißheit schwebt.
Sie herrschen eine Zeit/ doch nicht in einem Lande/
Doch nicht in gleicher Frist/ doch nicht in gleichem Stande.
Und diß/ so lange noch die Mutter selbst regieret/
Wie/ wenn sie wird verjagt von grauer Ewigkeit.
Wer ist es/ der hernach das stoltze Scepter führet/
Und auff dem Throne sizt der hingelegten Zeit?
Wer ist es/ den hernach der Königs-Krantz bezieret/
Den ein geheiligt Oel zum Ober-Herren weyht?
Nicht wohlgebrauchtes Gutt flieht vor den dritten Erben/
Ich halte Reich und Sitz wird mit der Zeit ersterben.
Die Ewigkeit/ nachdem sie unter sich gezwungen
Was zeitlich/ was der Zeit gehorsam muste seyn/
Nachdem sie selbst die Zeit/ und ihren Sitz verschlungen/
Nachdem zu Ende geht der Tag und Sonnenschein/
Nachdem sie brauner Nacht die Herrschafft abgedrungen/
Räumt ihnen anderweit gewisse Wohnung ein.
Es sollen Tag und Licht beym wahren Lichte wohnen/
Und stete Finsternis den finstern Wercken lohnen.
O selig dannenher/ ihr Licht- und Tages Kinder/
Die ihr bey Tage sucht das wahre Seelen-Licht/
O weh euch dannenher/ ihr schwartz-befleckten Sünder/
Ihr/ denen Tag am Tag'/ im Lichte Licht gebricht/
Die ihr in Sünden irrt/ gleichwie die stummen Rinder/
Und schnöder Finsternis zu Diensten seyd verpflicht/
Wenn jene stetes Licht und stete Lust geniessen/
So werdet ihr ohn End' im Schatten irren müssen.
Wir warten unterdeß auff dieses Licht mit Freuden/
Biß unser Lebens-Tacht wird ausgebrennet seyn/
Biß wir zu lezt erlöst von schwartz-gewölcktem Leyden/
Von trauer-trüber Noth/ von dunckel-grauer Pein/
In weisser Reinigkeit Schneefarbne Seid' uns kleiden/
Und in die lichte Burg der Sternen gehen ein/
Da alle Finsterniß vom Lichte wird verzehret/
Das über alle Zeit/ ohn allen Abend wehret.
Glück zu/ du helles Licht/ von keinem andern Lichte/
Es ehret dich mein Sinn mit ungefärbter Brunst;
Glück zu/ o Pol/ nach dem ich meine Segel richte/
Ohn welchen alle Müh der Ruder ist umsonst/
Laß sehen/ wie bißher/ dein gnädig Angesichte/
Verdunckle solches nicht durch trüben Zornes Dunst;
Du Sonne reiner Glutt/ laß deine Stralen scheinen/
So darff der Himmel nicht/ noch unser Hertze weinen.
Die Nacht tritt nunmehr ein/ die mich ans Licht gebracht/
Ein Jahr von meiner Zeit ist wiederum verschwunden/
Wie bald verflügen sich des Lebens kurtze Stunden/
Die uns doch manche Noth so lang und bitter macht!
Ich habe manchen Tag und manche Nacht gewacht/
Betrübniß/ Kummer/ Sorg' und Mühe gnug empfunden:
Die mich ohn Unterlaß zum Trauren angebunden/
Und dennoch zehl ich nun des Jahres lezte Nacht.
Des Höchsten Gunst hat mir verkürtzet solche Zeit/
Die auffgelegte Last auch selber helffen tragen/
Durch Zeichen seiner Huld versüsset alle Plagen/
Was aber hab ich ihm erzeigt vor Danckbarkeit?
Der enge Lebens-Rest ist viel zu kurtz darzu/
Was ich bißher versäumt/ gebührlich einzubringen.
Herr/ hilff mir bald dahin/ wo tausend Engel singen/
Damit ich meiner Pflicht ein volles Gnügen thu.
Indessen weil ich hier noch Stunden zählen soll/
So laß mich solche Zeit zu deinem Dienst anwenden;
Die Seele forder dann zu deinen sichern Händen/
Und laß den müden Leib im Grabe ruhen wohl.
Nun hab ich wiederum ein Jahr gelegt zurücke/
Creutz/ Kummer/ Sorg und Angst ist/ leyder/ mein Gewinn/
Doch wohl mir/ daß ich noch hindurch gedrungen bin/
Durch Nebel/ Wolck und Sturm des Höchsten Hülff erblicke.
Der Himmel ist vor mich auff allen Seiten dicke/
Doch meine Wohlfart muß bey trüben Tagen blühn.
Der Höchste läst mich vor am Wehmutts-Karne ziehn/
Damit ich mich dadurch zu bessern Zeiten schicke.
GOTT/ dessen Güte mich von Jugend auff ernährt/
Und unverhofftes Glück aus milder Hand beschert/
Wird ferner auch für mich vergnügte Nothdurfft schaffen.
Der Undanck ist zwar groß/ doch ist mir auch bekandt/
Das sein geneigter Schluß vor Weyrauch-schwacher Hand
Uns seinen Segen läst mit vollen Armen raffen.
Geistliche Lehns-Muttung
Herr/ der du zählest unsre Tage/
Den Tod und Leben Meister heist/
Von welchem ich zu Lehen trage
Die edlen Gütter/ Leib und Geist/
Schau dein getreuer Unterthan
Giebt sich in Demutt bey dir an.
Ich war der Lehn verlustig worden
Durch angeerbter Boßheit Schuld/
Ich mehrte der Verdammten Orden/
Der Tod war meiner Dienste Sold/
Mein stoltzes Schloß/ mein Ritter-Sitz
Der Höllen Schlamm und Schwefel-Pfütz.
Ach Gott/ wie kräfftig kanst du lieben!
Dein Sohn macht alles vor mich gutt/
Es wird in Holtz und Stein geschrieben/
Versiegelt durch sein theures Blutt/
Daß ich aus Gnaden und umsunst
Soll seyn ein Erbe deiner Gunst.
Ich soll dir Pflicht und Treue schweren/
Doch weil mein Alter dieses nicht
Mit eignem Munde kan gewähren/
Wird ein Gedenck-Brieff auffgericht.
Der Tauffe Zeugnis machet kund
Den zwischen uns getroffnen Bund.
Ich habe drauff bißher genossen
Die Gaben deiner milden Hand/
Die Minder-Jahre sind verflossen:
Ich baue zwar ein fremdes Land/
Doch dieses auch/ mein Gott/ ist dein/
Die Pflicht soll abgeleget seyn:
Nimm an diß Opffer meiner Hände/
Daß ich dein unverdienter Knecht
Zu deiner hohen Wohnung sende/
Sind die unnützen Dienste schlecht/
So weiß ich doch/ daß deine Gnad
O milder Herr/ kein Ende hat.
Verzeihe durch dein Blutt/ verzeihe/
Wo ich/ von Fleisch und Welt verführt/
Mißbrauche deiner Lieb und Treue/
Verübe/ was mir nicht gebührt/
Und wie nur/ leider! offt geschicht/
Stell in Vergessen meine Pflicht.
Bestärcke gnädig mein Verlangen/
Mein schwacher Wille steht dahin/
Ein neues Leben anzufangen/
Und wenn ich mein selbst eigen bin/
Nicht mir/ nicht schnöder Welt so wohl
Als dir zu dienen/ wie ich soll.
Laß mich die Wacht der Engel führen/
Wohin mich meine Reise trägt/
Im Vaterland und hier verspüren/
Wie Gottes Hand zu schützen pflegt/
Und unser aller Wohlgedeyn/
Die Meinigen samt mir erfreun.
Ich rühm und ehre deine Gütte
So lang' ein Athem lebt in mir/
Und wenn die Seel aus ihrer Hütte
Nach deinem Willen reist zu dir/
So soll mein Mund in Ewigkeit
Dein Lob zu singen seyn bereit.
Die schnellen Jahre gehn und wir mit ihnen hin/
Eh man sich richtet ein/ das Jahr wohl anzuwenden/
Geht uns das meiste Theil desselben aus den Händen/
Bleibt Reue/ Qual und Angst sein leidiger Gewinn/
Ein ieder hat genung sein Beyspiel anzuziehn.
Es hat mich Gottes Gunst ein Jahr nun lassen enden/
Das neue Schuld und Last gelegt auff meine Lenden/
Mein Leben will/ noch eh es Knospen trägt/ verblühn.
Fürst aller Zeit/ durch den ich diese Zeit erlebt/
Gieb/ daß die alte Zeit mir nie vor Augen schwebt
Samt ihrer alten Schuld/ regiere meine Sinnen/
Daß sie der schnöden Zeit sich recht gebrauchen künnen/
Und wenn ich schliessen soll nach deiner meine Zeit/
Versetze mich zu dir ins Reich der Ewigkeit.
Was ist des Menschen Zeit und Leben/ als ein Tag/
Der einer düstren Nacht bey nahe gleichen mag;
Der Morgen geht dahin/ eh des Verstandes Licht
Sich von der Finsternis der jungen Jahr entbricht.
Der kurtze Mittag schließt den zweifelhafften Schein
Der Ehren und des Glücks in enge Schrancken ein/
Ein früher Abend raubt unfehlbar Sonn und Licht/
Daß auch der Morgen offt und Mittag unterbricht/
Auff diesen Abend folgt des Grabes schwartze Nacht.
Wohl dem/ der so den Tag des Lebens zugebracht/
Daß er die stille Nacht in süsser Ruh verschließt/
Und frölich mit der Zeit den andern Morgen grüßt/
Der einen ewigs Licht und Leben hoffen heist/
Den andern in das Reich der steten Nacht verweist.
O Licht/ von welchem ich empfangen Schein und Licht/
Mein Morgen weiß ohn dich von keinem Lichte nicht/
Mein Mittag muß ohn dich seyn düstre Mitternacht/
Mein Abend wird ohn dich in Schrecken zugebracht/
Drauff folget eine Nacht/ die mir in Ewigkeit
Mit schwerer Finsternis und trüben Schatten dräut.
Der Morgen ist nunmehr durch deine Gunst vorbey/
Darinn kein Augenblick von finstren Wercken frey/
Dieselben laß/ verbannt vor deinem Angesicht/
In stete Finsterniß/ mich weiter schrecken nicht;
Den Mittag meiner Zeit und Jahre tret ich an/
Gieb/ daß ich von dir Licht und Sonne schöpffen kan/
Daß sich mein Auge lenckt nach deiner Lehre Pol/
Biß ich den eitlen Glantz der Welt gesegnen soll/
Und von der trüben Nacht des Todes unerschreckt/
Zur frohen Ewigkeit von dir werd aufferweckt.
Nach dreymahl überstandener Feuers-Gefahr
Ach Gott/ ein schweres Jahr ist wieder nun zum Ende/
Daß Hauß und Hoff noch steht/ daß Haab und Gutt noch währt/
Von keiner grimmen Macht des Feuers auffgezehrt/
Ist einig und allein das Wunder deiner Hände.
Wir sehn mit Zittern zu/ daß unsrer Andacht Flammen
In kalten Hertzen lau/ und fast erstorben seyn.
Wolt uns dein strenges Recht zur Straffe laden ein/
So wäre/ was man hat/ vorlängst geschmeltzt zusammen.
Wir hätten selbst an Leib und Seele brennen sollen/
Doch deine Gütt ohn End' ist grösser als die Schuld.
Du trägest noch diß Jahr nach Vaters-Art Geduld/
Und siehest/ ob wir uns auff Warnung bessern wollen.
Du läst der Flammen Glantz uns in die Augen scheinen/
Dadurch zu zünden an der Andacht todte Glutt/
Du weisest/ wie du uns kanst rauben Haab und Gutt/
Wie langer Jahre Schweiß ein Abend macht beweinen.
Du lehrest uns dadurch das Irrdische verachten/
Und von der Welt getrennt nach Himmels-Schätzen stehn/
Diß Vorbild zeiget uns/ wie alles soll vergehn/
Und der Verdammten Schaar in stetem Feuer schmachten.
Doch wenn der strenge Brand sich will zu weit erstrecken/
So schickest du das Heer der treuen Wächter aus/
Bewahrest unsern Hof/ versicherst unser Hauß/
Und läst uns um und um mit deinem Schutze decken.
Ein Regen voller Glutt/ getrieben von dem Winde/
Macht einen lichten Tag aus dunckel-trüber Nacht/
Es wird das Trockne doch von Hitze warm gemacht/
Man sieht mit Furchten zu/ wie bald es sich entzünde.
Durch Frevel frecher Hand wird uns zur Brunst gebettet/
Und unser eigen Hauß soll unser Holtz-Stoß seyn/
Du aber siehst/ o Herr/ mit Vaters-Augen drein/
Wir werden unverdient durch deine Gunst gerettet/
Der Wind verändert sich/ die Funcken müssen sterben/
Man wird zur rechten Zeit der stillen Glutt gewahr/
Dämpfft in der Kohle noch die blühende Gefahr/
So kan dein starcker Arm befreyen vom Verderben.
Herr/ laß uns dir darvor von Hertzen Danck erweisen/
Und auch diß neue Jahr in deinem Schutze seyn/
Wend alles Ubel ab/ führ allen Seegen ein/
Biß wir dich dermahleinst ohn Ende können preisen.
Ich trett am Leibe kranck/ bekräncket an den Sinnen/
Noch kräncker an der Seel ins neue Lebens-Jahr/
Mit Seuffzen denck ich noch/ was ich für diesem war/
Und was ich itzo bin/ werd ich mit Zittern innen/
Das schwache Lebens-Oel in Gliedern will verrinnen/
Der magre Leib schickt sich zur dürren Todten-Bahr;
Ist gleich noch nicht so bald des Lebens Ende dar/
So muß ich doch stets Fuß ins Sterbe-Land gewinnen.
Gott heile meine Seel und stärcke meinen Leib/
Laß unter Creutzes-Last/ bey Hauß- und Amtes-Sorgen/
Dein Wort und dessen Trost seyn meinen Zeit-Vertreib.
Wofern noch Kind und Land mein Leben nützen kan/
So friste diß/ und laß michs nützlich legen an/
Wo nicht/ so hole mich zu dir heut oder morgen.
Dieses Jahr ist auch vollbracht/
Das der Höchste meinem Leben
Hat aus Gnaden zugegeben/
Billich wird der Schluß gemacht
Uber Schaden und Gewinn
Und was ich noch schuldig bin.
Wohl dem/ welcher seine Zeit
Und von Gott gegünnten Segen
Weiß so klüglich anzulegen/
Daß er immer ist bereit/
Wenn sich das gesezte Ziel
Seiner Rechnung nähern will.
Seele/ nimm nun in Empfang/
Was vorm Jahr ward auffgehoben/
Und dir ferner zugeschoben/
Leben/ Nahrung/ Speiß und Tranck/
Zum Beruff erheischte Krafft/
Die dir Gottes Gunst verschafft.
Daß die Sonne dich beleucht/
Und der Monde dir geschienen/
Licht und Erde müssen dienen/
Thau und Regen dich befeucht/
Schaust du zwar als täglich an/
Doch hats Gottes Macht gethan.
Wie viel hat des Krieges Pest/
Raub und Sturm und Brand verheeret/
Stete Furcht und Angst verzehret!
Deine Hütte steht noch fest
Und du bringst in sichrer Ruh
Deine stillen Tage zu.
Daß der holden Engel-Schaar
Um dein Leib und Hauß geblieben/
Daß sie von dir abgetrieben
Feinde/ Schaden/ Tods-Gefahr/
Bringt dein froher Lob-Gesang
Billich deinem Schöpffer Danck.
Daß die Deinen unversehrt
In das neue Jahr getreten/
Und/ um was du offt gebeten/
Von dem Höchsten ist erhört/
Schreibst du schuldigst zum Gewinn
Nebst viel andrer Wohlthat hin.
Hielt dicht nicht dein treuer Hirt
In der Weyd' auff grüner Auen/
Wo der Lebens-Quell zu schauen?
War er nicht selbst Kost und Wirth/
Der dir einen Tisch beschickt/
Und die matte Seel erquickt?
Ob was Creutze dich umfieng/
Schmertz und Kummer ie besprungen/
Bist du doch hindurch gedrungen/
Dencke daß es Gott verhieng/
Und der Zug der Vater-Hand
Von der Welt dich abgewandt.
Aber ach! wie steht es nun/
Seele/ frag ich billich heute/
Auff der andern Rechnungs-Seite/
Um dein Dencken/ um dein Thun/
Wie hastu gewendet an/
Was dein Gott dir Gutts gethan?
Schlecht wirds um die Rechnung stehn/
Wo der scharffe Satzungs-Treiber/
Und des Hertzens Gegen-Schreiber
Mit dir für Gerichte gehn;
Treu und Glauben liegen kranck/
Bey zerrißner Wechsel-Banck.
Viel ist/ leider! angewand/
Wie ich allzu spät erfahre/
Auff verbotne Müntz und Wahre/
Glaß für Gold und blinden Sand/
Eitles Wesen/ leeren Schein
Hast du dir gesammlet ein.
Ob der kühnen Hoffnung Schiff
Eine Zeit mit vollem Winde
Durch die blau-Crystallnen Gründe
Nach den Glückes-Insuln lieff/
Blieb doch endlich Gutt und Mutt
In der ungetreuen Flutt.
Deine Schuldnerin/ die Welt/
Der du viel Credit gegeben/
Will izt selber Wechsel heben/
Die sie dir entgegen stellt;
Falscher Freunde bester Danck
Ist Verfolgung/ Neyd und Zanck.
Wo ist deiner Jugend-Schatz/
Und die Anmutt frischer Glieder?
Mißbrauch leget die darnieder/
Unmutt hält den leeren Platz/
Reue/Scham und todter Ruhm
Bleiben dir zum Eigenthum.
Hast du auff den Leib gebaut/
Dieser hat dich selbst versetzet/
Offt zum Schaden angehetzet/
Wenn du ihm zu viel getraut/
Was er nun nicht zahlen kan/
Kömmt auff dich zu gelten an.
Wie viel Gutt ist nicht einmahl
Angeschlagen/ nachgetragen/
Wie vergebens muß ich fragen
Nach der Seiten rechter Zahl?
Manche Lücke/ mancher Bruch/
Mancher Fleck verstellt dein Buch.
Falscher Regel kluge Kunst
Und was Welsche List ersonnen/
Oder schlaue Faust gesponnen/
Ist umsonst und leerer Dunst/
Gottes Augen sehn zu klar/
Denen alles offenbar.
Nun bemüh dich unverweilt
Einen Bürgen zu erlangen/
Eh dich nimmt der Tod gefangen/
Und der Rechts-Zwang übereilt:
Jesus kan für dich allein
Bürge/ Pfand und Zahlung seyn.
Anstands-Schreiben suchen die/
Derer Glaube will zerrinnen/
Frist zur Zahlung zu gewinnen;
Folge nach und thu wie sie:
Fünff beströmter Wunden Quell
Ist das beste Quinquennell.
Eisern macht ein Gnaden-Brieff:
Speer und Nägel/ die durchgraben
Händ und Füß und Seite haben/
Woraus Blutt und Wasser lieff/
Schreiben dir zur Seelen-Ruh
Sicheres Geleite zu.
Der erlebten Jahre Frist
Zählt sich sieben mahl mit sieben/
Aber was dir angeschrieben/
Was du Gotte schuldig bist
Steigt viel siebzig sieben mahl
Uber deiner Jahre Zahl.
Dencke sieben Worten nach/
Die in allem Kummer laben/
Zwey mahl sieben Trost-Buchstaben/
Die der Herr am Creutze sprach/
Sagt er nicht? Es ist vollbracht/
Deine Schuld ist gut gemacht.
Schauest du die Hand-Schrifft nicht/
Die durch Satzung dir zu wider/
Bey des edlen Heylands Glieder
An dem Creutz mit auffgericht.
Durch sein Purpur-Blutt gelescht/
Das dich rein von Sünden wäscht.
Nun die Schulden seyn gestillt/
Feind und Kläger müssen schweigen/
Weil du kanst die Müntze zeigen/
Die für Gottes Throne gilt/
Ewig kanst du nun bestehn/
Frey und loß und ledig gehn.
Will dich noch der bleiche Tod
Um die lezte Schuld besprechen/
Mit dem Leibe voll Gebrechen
Zahlst du ihn in lezter Noth/
Hebst nach kurtzer Zeiten Frist
Auff/ was nimmer sterblich ist.
Aber lerne klüger seyn/
Rechne täglich im Gewissen
Mit dir ab: Du kanst nicht wissen/
Wenn dein Herr sich findet ein;
Wenn die lezte Stunde schlägt/
Und den Handel niederlegt.
Vier Creutze sind vorbey/ das fünffte soll ich schliessen/
Ich muß nun abermahl auff Rechnung seyn befliessen/
Erweg ich den Verlust/ betracht ich den Gewinn/
So find sich/ daß ich viel/ und nichts gebessert bin.
Gott gab mir manche Gunst und Wohlthat zu genüssen/
Doch muß ich sonst dabey am Creutzes-Joche ziehn/
Beschwerden nehmen zu/ die beste Zeit geht hin/
Ich lebe wie zuvor/ bebürde mein Gewissen/
Der Bund mit Gott gemacht wird offtermahls zerrissen/
Ich hege/ was ich offt am meisten solte fliehn/
Lust/ Eyfer/ Ungedult und eiteles Bemühn;
Was kan hieraus als Furcht und Sorg' und Leyd entsprissen/
Darvon zu mancher Zeit mein Hertze ward gebissen.
Hilff Höchster/ daß ich dir ins künfftig besser dien/
Erweich ein Hertz aus Stein/ erneure Geist und Sinn/
Soll ich im fünfften Creutz mein Creutz und Leben schlüssen/
Laß deiner Gnaden Thau auff meine Seele flüssen.
Dein Leyden sey mein Trost/ dein Sterben mein Gewinn/
Gieb/ daß ich ewiglich dein Kind und bey dir bin.
Ein Jahr ist wieder um! Ich soll mit Danck erscheinen/
Für Gnade mancher Art/ die mir und auch den Meinen
Des Höchsten Hand erzeigt. Herr/ nimm das Opffer hin/
Was ich aus schwacher Krafft zu bringen fähig bin.
Wer bin ich/ Adams Sohn/ daß du an mich gedenckest/
Daß du mir deine Huld und Vaters-Liebe schenckest?
Ein leichter Erden-Kloß/ ein Schatten/ der verschwindt/
Und dennoch hältst du mich als dein geliebtes Kind.
Was find ich auff der Welt/ daß deinen Ruhm vermehre/
Dein ist der Preiß allein/ dein ist allein die Ehre.
Ich sag es frey heraus/ nichts guttes wohnt in mir/
Was ich izt dencke/ schreib und danck' ist selbst von dir.
Nun Herr entzünd in mir der Gegen-Liebe Flammen/
Laß reiner Andacht Brunst aus meinem Hertzen stammen/
Gieb/ daß ich dir diß Jahr getreu und dankbar sey/
Und setz uns was du wilt für Segen ferner bey.
Kömmt denn die Zeit heran die Erde zu gesegnen/
So laß uns deine Krafft in lezter Noth begegnen/
Gieb daß man willig folgt/ wenn nun die Stunde schlägt/
Und sich auff dein Verdienst getrost zur Ruhe legt.
Cometen-Gedancken/ An. 1664
O Flamme/ von dem Zorn des Höchsten angesteckt/
Zu welcher unsre Schuld hat Stroh und Holtz gegeben/
Du must vor aller Welt am hohen Himmel schweben/
Damit der schnöde Mensch/ vom Sünden-Schlaff erweckt/
Die Strahlen deiner Glutt in Marck und Bein empfinde/
Das Feuer heisser Buß in seiner Seel entzünde.
Es darff Tisifone der schwarzen Fackel nicht/
Die ein verblendter Heyd als schädlich wird erkennen:
Was für ein Feuer soll ins künfftig wieder brennen/
Bezeuget mehr als viel dein dunckel-rothes Licht/
Das so viel Strahlen nicht von seiner Ruthe spreitet/
So viel uns Ach und Weh die Nemesis bereitet.
Die Nemesis/ die sich nicht eh zu Frieden stellt/
Biß daß sich Blutt und Safft aus unsern Adern zehret/
Biß Krieg/ biß Brand und Pest/ Dorff/ Stadt und Land verheeret/
Biß Staub und Asch und Grauß bedecket alle Welt/
Biß dieser rundte Bau vom Feuer auffgefressen/
Und von dem Höchsten selbst Gerichte wird gesessen.
Was Rath ist hier zu thun? Ein Epicurer sagt:
Was scheuen wir die Glutt der ungewissen Flammen
Eh daß sie über Haubt und Hertze schlägt zusammen/
Wofern der Mensch dadurch zur Straffe wird betagt/
Soll er der kurtzen Frist in Ruh und Lust genüssen/
Wo nicht/ was will er sich in eitler Sorge wissen?
Diß aber heist das Oel dem Feuer setzen bey:
Hier muß ein Christen-Hertz auff andre Mittel dencken/
Des Höchsten strengen Zorn und Eyfer abzulencken/
Vor dem der feste Grund der Felsen reist entzwey/
Der über alle Zeit ohn alles Ende währet/
Und nicht wie dieser Stern sich mit der Zeit verzehret.
Die Busse muß allhier das beste Mittel seyn/
Das Gottes strengen Grimm in tieffen Abgrund sencket/
Und in gesaltzner Flutt der Thränen-See erträncket:
Der Rachen führet uns in sichern Hafen ein/
Wenn das geraume Schiff des Himmels und der Erden
Am grossen Tage wird des Feuers Beute werden.
Hier liegt dein armes Volck/ o viel erzürnter Gott!
In wahrer Reu und Leyd für deinem hohen Throne/
Wir bitten: strenger Herr und liebster Vater/ schone/
Verschon und wende weg die angedräute Noth:
Und soll ja unser Leib nach deinem Willen büssen/
So laß die Seele doch sich frey und sicher wissen.
Zeit-Gedancken
Seel ewig/ wer die Zeit in Acht nimmt in der Zeit/
Bereitet ihm die Bahn zur frohen Ewigkeit.
Zeit und Ewigkeit
Zur Stunde düstrer Mitternacht/
Wenn alles schläfft/ mein Auge wacht/
Erweg' ich/ wie die Zeit wegeilt/
Die unser kurtzes Leben theilt.
Ein Tag ist lang/ wenn Schmertz und Noth
Wird unser hartes Wochen-Brod:
Wie schwer die Angst und Arbeit sey/
Geht Woch und Tag doch bald fürbey.
In Monat theilet sich das Jahr/
Doch wird man unverhofft gewahr/
Wie dieser kömmt und jener weicht/
Biß Jahr und Leben mit verstreicht.
Trau/ Seele/ keiner Stunde nicht!
Du weist nicht/ wenn das Leben bricht/
Und nimmst doch durch die kurtze Zeit
Den Weg zur langen Ewigkeit.
Ein Tag hat sein geseztes Ziel/
Das ihm die Sonne gönnen will/
Wer aber mißt den langen Tag
Der keinen Abend finden mag?
Wir schreiben nach des Monden Lauff
Die Zahl der Jahres-Wochen auff;
Wer ist der uns zu rechnen weiß
Der Woch ohn Ende rundten Kreiß?
Jedweder Monat hat den Schluß/
Damit er sich verlieren muß:
Der Monat/ der nicht wechseln kan/
Fängt immerdar von neuem an.
Kein Jahr taurt über seine Frist/
Wenn sich der zwölffte Monden schlüst/
Wenn aber kömmt das Jahr zum Schluß/
Das alle Jahre schlüssen muß?
Es ist der Erden Weite kund/
Man find des Meeres tieffen Grund/
Wer weiß diß zu beschreiben/ rath/
Was weder Ziel noch Anfang hat.
In tieffster Berge finstrer Schoß
Giebt sich Crystall und Silber bloß:
Vernunfft forscht nicht mit Fürwitz aus
Der Ewigkeit veborgnes Hauß.
Trau/ Seele/ dieser Närrin nicht/
Wenn sie dir hier viel Zeit verspricht/
Der Weg ist kurtz durch diese Zeit/
Und führt zur langen Ewigkeit.
Advenit ecce! Novus divinus ritibus annus,
Quo lætum Christi grex Hosianna canit.
En! Ego mente tibi quanquam non corpore præsens
Devotum, mitis Rex, Hosianna cano.
Vivere tu nobis clemens hucusque dedisti,
Nos conservasti sub cruce, luce, tuâ.
Advenias, orbis Salvator, mentibus ægris,
Erige, lætifica, quos mala fata premunt.
Subvenias, mansvete Pater, languentibus ægris
Consolare, juva, quos mala facta premunt!
Advenias sævos belli sedare tumultus,
Tempora tu Princeps pacis amœna reduc!
Advenias rabidos Satanæ compescere fluctus;
Queis sacram satagit mergere naviculam!
Advenias placidô vitâ nos solvere somnô,
Vel Judex mundi protinus advenias!
Thomas-Tag
Dein Thomas sieht und gläubt: Hilff/ daß ich ohne Sehen
Dir willig gläuben mag. Es zeigt dein Nägel-Mahl/
Daß ich geschrieben bin in deiner Kinder Zahl/
Vermerckt in deiner Hand; es zeigt der Seiten-Stich/
Daß auch dein heilges Blutt vergossen sey für mich.
Du wirst den Hertzens-Wunsch/ o Heyland/ nicht verschmähen:
Vom Trauen hilf zum Schaun/ vom Glauben hilff zum Sehen.
Kürtzster Tag
Der kürtzste Tag ist hier: Erinnre dich dabey
O Mensch/ daß deine Frist auch täglich kürtzer sey!
Sonnen-Wende
Es naht sich deine Zeit/ als wie das Jahr/ zum Ende/
Halt mit bekehrtem Sinn die rechte Sonnen-Wende.
Die trüben Tage
Des Lebens Nebel ist ein kurtz bewölckter Tag/
An dem man wenig Licht und Sonne sehen mag.
Der eiteln Dinge Schnee blendt blöder Augen Licht/
Man traut auff glattes Eiß/ daß unterm Fusse bricht/
Mit Sturm und Frost vergeht der Winter dieser Zeit:
Der Christen Sommer ist in froher Ewigkeit.
Der Christ-Abend
Den Abend pflegt die Welt zum Loßen anzuwenden:
Mein Glücks- und Lebens-Loß beruht in Gottes Händen.
Christ-Nacht
Der dir um diese Zeit das Heyl vom Himmel bracht/
Der weyh und kläre dir die finstre Todes-Nacht!
Die zwölff und vier Nächte
Von vielen wird die heilge Zeit
Der Wunder-vollen Christus-Nacht
Mit Aberglauben/ Uppigkeit
Und schnödem Fürwitz zugebracht:
Seel Ewig/ laß dich nicht dergleichen Thorheit sahen:
Wir wollen uns im Geist zu Jesus Krippe nahen!
Zwölff Nächte hat die Welt erwehlt/
Die ihr Propheten sollen seyn/
Doch wie man noch die rechten zählt
Stimmt nicht die Meynung überein:
Ich will durch andre Nächt/ ich will von andern Sternen/
Was zu gewarten sey für dich/ o Seele/ lernen!
Ich seh auff keinen Peters-Stab/
Auff Mond und Himmels-Angel nicht/
Den besten Führer giebt mir ab
Des Jacobs-Sternes helles Licht:
Was in Sabäer Land den Weisen ist erschienen/
Kan mir nach Bethlehem zum sichern Leitstern dienen.
Offt bringt die Nacht gewünschte Ruh
Auff heisser Tage müde Last.
Offt bringt man sie mit Schrecken zu/
Und findet weder Ruh noch Rast.
Vier Theile zählt das Jahr: Ich will mein Angedencken
In Andacht auch auff vier ungleiche Nächte lencken.
Eh noch die erste Nacht entstand
In unbegränzter Ewigkeit/
War keine Finsternis bekandt/
Kein Schatten oder trübe Zeit:
Gott selber war das Licht/ drum hieß ers auch auff Erden/
Als noch der rohe Bau verdunckelt/ lichte werden.
Er sezte Tag und Nacht zwar aus/
Doch hatt auch die ihr eigen Licht/
Des Edens lichtes Sommer-Hauß
War schön und herrlich zugericht:
Der edle Mensch war selbst von aussen und von innen
(Als Gottes Ebenbild) voll Licht an Geist und Sinnen.
Wie zeitlich aber ward die Nacht/
Durch Lust von List und Neyd erweckt/
Auff ihn und seinen Stamm gebracht/
Die Welt mit Finsternis bedeckt.
In solcher Dunckelheit war allen Adams Erben/
Von Gottes Licht entfernt/ gedrohet zu verderben.
Die erste Sünden-Nacht war diß/
Darinn wir ewig solten seyn/
Doch gab Gott dieser Finsternis
Auch wieder einen Gnaden-Schein:
Er ließ uns einen Glantz von Weibes-Saamen blicken/
Den er zu seiner Zeit auff Erden wolte schicken.
Nach ausgesezter Jahre Lauff
Kam die erseuffzte Nacht herbey/
Es gieng der Stern aus Jacob auff/
Daß er der Heyden Führer sey:
Ein ungewohntes Licht vom Himmel fuhr hernieder/
Den Heyland sagten an die süssen Enge-Lieder.
Der zweygestammte Wunder-Held
Begrüßte diesen Erden-Kloß;
Der Völcker Trost/ das Licht der Welt
Lag in Marien reiner Schoß.
Stellt trübe Zähren ein/ und hemmt das düstre Weinen/
Hier sieht man in der Nacht die hellste Sonne scheinen.
Der Stall ist zwar gering und klein/
Es schimmert hier ein schwaches Licht/
Was kan der Sonne finster seyn/
Die durch die dicksten Wolcken bricht?
Mein Jesus/ wilt du nicht in meinem Hertzen liegen/
Wenn bange Finsterniß und Schrecken mich bekriegen?
Ich bringe dir nur grobes Heu/
Und ungerechter Wercke Stroh/
Bin aber doch in Reu und Treu
Dich bey mir zu bewirthen froh.
Ach kehre bey mir ein und laß mich dein genüssen/
So kan die Weyhnachts-Nacht mir Noth und Nacht versüssen.
Nun kömmt die grosse Nacht heran/
Das Lamm voll heiliger Geduld
Betritt die rauhe Leydens-Bahn/
Und giebt sich hin für unsre Schuld:
Es ringt mit Gottes Zorn/ und kämpfft mit Tod und Hölle/
Damit es jenen dämpff/ und die zu Bodem fälle.
Eh unser Heyland geht in Streit/
Hat er uns noch zu guter lezt
Ein herrlich Nacht-Mahl zubereit/
Zur Kost sich selber auffgesezt:
Ach Seele/ nimmst du die/ und woltest den nicht lieben/
Der dir biß in die Nacht des Todes treu geblieben.
Was sag ich: treu biß in den Tod/
Auch treu/ nachdem er wieder lebt/
Der deine Sünden/ deine Noth/
Büßt an sich selbst/ mit sich begräbt.
Der so viel Hohn und Spott in dieser Nacht erlitten/
Damit er dir das Reich der Ehren hat erstritten.
Pech/ Kohlen/ Tinte/ gleichen nicht
An Schwärtze dieser Trauer Nacht/
Die dunckler Leuchten blindes Licht
Mehr grausam noch und schrecklich macht:
Der Juden grimmer Zorn speyt Lästerung und Flammen/
Die Schlagen über dich/ mein Heyl und Licht zusammen.
Und dieses ist die trübe Nacht/
Die uns den Himmel wieder klärt/
Die deines Leydens Anfang macht/
Das uns die Seligkeit gewehrt:
Wir hätten ohne die in steten Finsternissen
Und glimmend blauer Glutt der Hölle sitzen müssen.
Die Deck ist nunmehr auffgehüllt/
Die uns und unsern Gott getrennt/
Die strenge Rach-Glutt ist gestillt
Die biß in tieffsten Abgrund brennt.
Mein schwaches Glaubens-Licht kan sich nunmehr erquicken.
An Gottes Vater-Aug' und hellen Sonnen-Blicken.
Izt ist noch eine Nacht für mir/
Dafür dem blöden Auge graut/
So offt es seine Grabes-Thür
Ihm mehr als halb-geöffnet schaut:
Es muß hier aller Glantz der Eitelkeit verblinden/
Und was man gerne sah auff Erden/ bleibt dahinden.
Ein enger Sarg ist mein Gemach/
Da läst mich alle Welt allein/
Und meine Wercke folgen nach/
Ach daß sie möchten besser seyn!
Die Farben erster Nacht seh ich an ihnen kleben/
Doch gläub ich/ Christus Blutt wird bessre Farbe geben.
Das süsse Nacht-Kind hat für mich
In dieser Nacht die Welt begrüßt/
Mein Heyland hat ja nicht für sich/
Er hat für meine Schuld gebüßt.
Er ist für mich geschlacht/ er ist für mich begraben/
Was soll ich denn für Furcht ihm nachzufolgen haben.
Geb ich der Erde gutte Nacht/
So reiß ich auff den Himmel zu!
Die Seele wird zu Gott gebracht/
Der Leib indeß zu stiller Ruh:
Drum finstre Todes-Nacht/ du solst mich nimmer schrecken/
Der/ der sich selbst erweckt/ wird mich zur Freude wecken.
Ad Amicum
Accipe Romanis quæ quondam habitata Colonis
Terra rudi calamô deproperata dedit.
Si peccasse metrô dices, peccamus ubique,
Tu veniam verbis, mens ubi recta, dabis.
Quid mirum Latti sapiant si carmina feces,
Dum dudum Latio Lingva Latina perit?
Vulgaris Lingvæ hic strepitus circumsonat aures,
Sola loquuturus barbara verba sono.
Quælibet at laudes & grates Lingva tenetur;
Sive cicada crepet, sive canorus olor.
Genethliacum Deo Incarnato in terris hospiti Nocte Natali in
monte Senonum inhospitali vena dextraque frigente affectu
calente, sacratum
D. 24. Decembris Anni 1666.
Parve puer, miseri sed mundi Magne Redemptor
Cœli rector, homo, frater, amice, DEUS.
Jam tua Christicolæ celebrant Natalia gentes,
Lætitiæque diem terra fidelis habet.
Templa tuas resonant laudes, tibi fervida vota
Atque pias grates credula turba parat.
Et me tantundem pietas jubet, accipe clemens
Quæ tibi devoto pectore thura fero.
Quantus Amor! Mundi dives structura creatur,
Et tantæ moli qui dominetur, homo.
Terra fit, e terra primorum biga parentum,
Quod modo pulvis erat, vivit imago DEI.
Sed dolor! hanc subitô seducens fœmina marem
Perdit, & ex malo pullulat omne malum.
Inde paterna trahit miserandos noxa nepotes,
Et pœnæ socios propria culpa facit.
Quantus amor! Satanæ sociæque negata cohorti
Humano generi vita salusque datur.
Non odisse potest inimicos atque rebelles,
Illos salvandi pectore cura sedet.
Quantus amor! summi soboles æquæva Parentis
Christus adoptivum quærit in orbe patrem.
Quantus amor! tenera de virgine nascitur infans,
Et matrem, mater quem colit ipsa, colit.
Pro vili stabulo mutantur cœlica tecta,
Et, quem non orbis, mansio parva capit.
Quæ non pro nobis infans incommoda sentit,
Natus in obscuro nudus inopsque loco!
Vix nati corpus lex antiquanda cruentat,
Tollendoque lubet subdere colla jugo.
Hostilem fugiens gladium, timor ipse tyranni,
Ægypti terras pauper & exul adit.
Quæ comitantur iter, fugitivum quæque sequuntur,
Pro nobis æquô tristia corde subit.
Quantus Amor meritos non perdere protinus hostes
Insuper at salvos reddere, quantus amor!
Quantus amor, minime meritis conferre salutem!
At dare quæsitam sangvine, quantus amor!
Hic sistit calamum mens nescia verba ligare,
Atque meum tanto pectus amore stupet.
Divinis emota calent præcordia flammis?
Atque pias fundo supplice mente preces.
O divine puer, Jesu mihi nate redemptor
Quod tibi pro tanto munus amore feram!
Me tibi me totum pretioso sangvine porto,
Quem te pro nobis fundere fecit amor
Da precor, ut tanti non obliviscar amoris,
Sed te perpetuo semper amore colam.
Donec ad æthereas scandam feliciter arces,
Cumque tuis sanctis te sine fine canam.
O Jesu kleines Kind/ doch ewig grosser Held/
Ein Fürst in deinem Reich/ und Gast auff deiner Welt/
Mensch/ Bruder/ Gott mein Freund/ du Trost und Licht der Heyden/
Izt kömmt der werthe Tag/ der dich zu uns gebracht/
Der Christen frohe Schaar begehet ihn mit Freuden/
Und bringt mit Andacht zu die Wunder-volle Nacht.
Man höret wie dein Lob in allen Kirchen klingt/
Von dem ein Engel selbst den frommen Hirten singt/
Jedwedes gläubigs Hertz will seinen Eyfer zeigen/
Wünscht/ betet/ lobt und danckt so viel es immer kan/
Wie solt ich denn allein mit stummen Munde schweigen/
Nimm gnädig auch von mir die Hand voll Weyrauch an.
Wie billich fing ich dich/ du süsses Wunder-Kind/
Durch dessen kräfftig Wort der Welt-Kreiß ward gegründt/
Die Finsterniß erleucht/ der Himmel ausgebreitet/
Das Wasser abgetheilt/ die Sternen angebrennt/
Die Erde mir zum Schloß und Garten zubereitet/
Mit Thieren ieder Art besezt ihr Element.
Du bauest nicht vor dich/ wie groß die Welt mag seyn/
So wäre sie dir doch zur Wohnung allzu klein/
Viel höher steigen noch die Wercke deiner Liebe;
Du schaffest/ daß sie solln der Erde Meister seyn/
Den Mann vom Erden-Kloß/ das Weib von seiner Riebe/
Du prägest in den Thon dein edles Bildniß ein.
Ach leider! dieser Thon nimmt fremde Zeichen an/
Der Schlangen List verführt das Weib/ und sie den Mann/
Der rein-geschaffne Mensch wird zum befleckten Sünder/
Durch einen Apffel-Biß verleurt er Gottes Reich:
Der bösen Eltern Schuld erbt auff die bösen Kinder/
Und gleiche Missethat macht ihre Straffe gleich.
O süsses Wunder-Kind/ wie kräfftig liebest du?
Du schleussest dennoch nicht dein Vater-Hertze zu.
Was kein gefallner Geist in Ewigkeit kan hoffen/
Ist uns durch dich erlangt/ ein ausgesöhnter Gott;
Der Himmel stehet uns durch deine Wohlthat offen/
Der Segen vor den Fluch/ das Leben vor den Tod.
Du/ deinem Vater gleich/ an Alter und Gewalt/
Verleugnest uns zu gutt die göttliche Gestalt/
Und läst dich Pflege-Sohn des armen Josephs nennen:
Du grosses Fürsten-Kind wirst an die Brust gelegt/
Der Mutter/ welche dich vor Vater muß erkennen/
Und dich als reine Magd auff keuschen Armen trägt.
Der König aller Welt giebt einem Bettler nach/
Die finstre Stallung ist sein königlich Gemach/
Die Krippe fasset den/ der alle Welt erfüllet/
Der/ dem der Himmel ist sein täglich Ehren-Kleid/
Wird durstig und entblöst in Windeln eingehüllet/
Lebt reich von allem Gutt in höchster Dürfftigkeit.
Der des Gesetzes Joch von unsern Schultern thut
Vergeust demselben nach sein königliches Blutt/
Nimmt die beschwerte Last auff seinen edlen Rücken/
Die unsre Zärtligkeit nicht länger tragen kan:
Vor dem sich Könige von fremden Landen bücken/
Den nimmt ein fremdes Land vor armen Fremdling an.
Der manchen Fürsten-Thron in Asch und Staub verkehrt/
Flieht bey der finstern Nacht vor seiner Feinde Schwerd/
Will einsam und verjagt in zarter Jugend reisen/
Erduldet ungescheut des Fliehens Ungemach/
Damit er uns den Weg zum Himmel möchte weisen/
Und wir durch Noth und Tod mit Freuden folgen nach.
O süsses Wunder-Kind/ wie kräfftig liebest du!
Du schleust den Feinden nicht dein liebreich Hertze zu/
Du wilt sie ewig auch an deiner Seite wissen/
Giebst ihnen/ was du selbst begiebst/ die Himmels-Ruh/
Versüssest ihren Tod durch Tod und Bluttvergiessen/
O süsses Wunder-Kind/ wie kräfftig liebest du?
Hier steht die Feder an/ der Sinnen Krafft verschwindt
Vor solcher Liebe Krafft/ mein Hertze wird entzündt
Von Flammen heisser Brunst/ ich küsse deine Wiegen/
Und lade dich zu mir in tieffster Demutt ein.
Ach möchte dieser Schatz in meinen Armen liegen/
Wie würd ich so entzückt und voller Freuden seyn!
O Jesu Gottes Sohn/ und reines Jungfern-Kind/
Das sich zu gutte mir in unser Armutt sindt/
Was soll und kan ich dir für deine Liebe schencken/
Nichts anders als mich selbst/ gewaschen durch dein Blutt.
Gieb/ daß ich möge stets an solche Liebe dencken/
Durch Würckung dieser Flamm entgehn der Höllen Glutt.
Gieb/ daß ich dermahleinst/ O Jesu Gottes Sohn/
An dieser Krippen statt verehre deinen Thron/
Den Stern/ der dich geweist/ zu deinen Füssen schaue/
Dich/ Gast de Welt/ begrüß in deinem Eigenthum/
Und ewig einverleibt der schönen Himmels-Aue/
Mit Engeln ohne Zahl besinge deinen Ruhm.
Uber die Worte:
Träuffelt ihr Himmel von oben
Himmel/ ob uns ausgespannt/
Träuffelt auff das dürre Land!
Laß auff Zions matte Stadt
Und die ausgebrennten Auen/
Die der Fluch gebraten hat/
Jacobs edlen Segen thauen!
Schütte/ blaues Wolcken-Hauß/
Deine reiche Tropffen aus/
Regne die Gerechtigkeit/
Die uns alle soll benetzen/
Durch ihr reines Unschulds-Kleid
Unsern Koth und Fleck ersetzen!
Reiß die Himmels-Fest entzwey/
Heyden-Trost/ und komm herbey/
Laß in Saba deinen Stern/
Auff den Bethlehmiter Häynen
Deiner Schaaren Glantz dem Kern
Gott-ergebner Schäffer scheinen.
Nun du kömmst/ Marien-Sohn/
Gott von Gott: Ich höre schon
Wie der Weynacht-Engel singt:
Alles Volck soll freudig werden/
Wie in hoher Lufft erklingt:
Gott die Ehre/ Fried auff Erden.
Mache dich zum Wette-Lauff/
Seele/ mit den Hirten auff/
Wo das grosse Wunder-Kind
Wird in harter Krippe funden/
Und bey solcher Wiege sind
Ochs und Esel angebunden.
Binde die Vernunfft hier an/
Welche nicht erreichen kan/
Wie der Erde Niedrigkeit
Und die hohen Himmels-Höhen
Ewig seyn/ und in der Zeit
Mensch und Gott beysammen stehen.
Gläube/ was Gott längst verhieß/
Und der Engel macht gewiß/
Gläube/ daß diß Freuden-Kind
Dir auch sey zum Heyl gebohren/
Und bey ihm das Leben findt
Was im Tode war verlohren.
Lege Tasch und Hirten-Stab
Deiner Eitelkeiten ab/
Hier ist deiner Seelen Hirt
Und der rechte Fürst des Lebens;
Wer auff andern Trifften irrt/
Sucht den Himmel nur vergebens.
Knihe mit erfreutem Sinn
Bey des Heylands Krippen hin/
Schaue den beliebten Mund/
Dessen freudigs Trost-Zusprechen
Deine Seele macht gesund/
Wenn dir Hertz und Augen brechen.
Schau der Augen helles Paar/
Welches eh die Sonne war/
Schau der Wangen zartes Blutt
Und die Hand/ die alles träget:
Steinern bistu/ wo dein Mutt
Nicht hierüber sich beweget.
Dancke dem/ der also bloß
Lieget in Marien Schoß/
Daß er deine Blösse deckt/
Der für dich will Mangel leyden/
Daß du/ von dem Tod erweckt/
Solt genüssen seiner Freuden.
Flamme/ Jesu/ meinen Geist
Der sich so erstorben weist/
Durch dein Liebes-Feuer an/
Daß ich solche Lieb' erkenne/
Und/ so viel die Schwachheit kan/
Gegen dir mit Danck entbrenne.
Edles Kind von Königs-Stamm/
Aber izt veracht gebohren/
Leu von Juda/ Jacobs Lamm/
Zu der Heyden Trost erkohren;
Billich wird mit Lieb entzündt
Wer dich in der Krippen findt/
O edles Kind!
Kleines Kind/ doch grosser Gott/
Welchen Mensch und Engel ehren/
Desses hohes Macht-Gebot
Erd und Himmel zitternd hören/
Liebe/ die dich überwind/
Macht daß man dich Mensch hier find/
O grosses Kind!
Armes Kind/ doch reicher Fürst/
Deine Mutter wird geschätzet
Wo du Ewig herrschen wirst:
Mangel hat dir zugesetzet/
Daß der volle Gnüge find/
Welcher deine Gunst gewinnt.
O reiches Kind!
Schwaches Kind/ doch starker Held/
Schlangen-Tretter/ Höllen-Zwinger/
Der des Starcken Macht gefällt/
Gifft des Todes/ Friedenbringer/
Du bists/ wo man Stärcke find/
Wenn der Menschen Krafft zerrint.
O starkes Kind.
Edles Kind/ mit mir vermählt/
Grosse Gott im Menschen-Orden/
Dessen Gutt mir zugezählt/
Dessen Krafft mein Labsal worden/
Gieb/ daß Geist und Seel entzünd
Deine Kripp und Himmel find.
O Gottes Kind!
Jahres-Schluß
Wirstu mit Gott versöhnt die lezte Stunde schlüssen/
So kanst du Freudenvoll das lange Neu-Jahr grüssen.
Jahr-Wechsel
Das alte Jahr ist um/ die neue Zeit tritt ein/
Laß meinen Geist in dir/ o Gott/ verneuet seyn.
Ein Jahr ist weggelegt: O blieb auch mit zu rücke
Des alten Jahres Schuld/ Furcht/ Sorg/ und Ungelücke!
An fremdem Orte schließ ich dieses alte Jahr/
Herr Jesu/ nimm mein auch zu Hause gnädig wahr/
Behütte/ was mir lieb/ für Schaden und Gefahr/
Und hohl mich/ wenn du wilt/ zu deiner Engel-Schaar!
Lichtmeß-Tag
Du must bey diesem Tag/ o Hertze/ nicht vergessen/
Daß dir vorlängst das Licht des Lebens abgemessen/
Miß deine Zeit so ab/ daß du im Lichte gehst/
Und/ wenn denn alles kömmt ans Licht/ für Gott bestehst.
Fastnacht
Mann füllt sich/ eh man fasten muß/
Biß auff den Eckel und Verdruß/
Und macht das Maaß der Sünden voll
Wenn man darüber trauen soll.
In vollem Sauß und Schwarm acht Tage närrisch seyn/
Heist sich zur Fasten-Zeit vernünfftig richten ein.
Seel-Ewig/ laß der Welt ihr Schwärmen/ Hüpffen/ Geigen/
Du solt in stillem Geist mit mir den Oel-Berg steigen.
Laß jen' auff Rosen gehn/ tritt die bedornte Bahn.
Sie eilen unterwerts/ wir klimmen Himmel an.
Was irrdisch ist gesinnt /gedenckt auff lauter Freuden/
Und dein Erlöser sagt von nichts als lauter Leyden.
Gieb jene willig auff/ und folge diesem nach/
Es führt kein ander Weg ins Himmels Lust-Gemach.
Wenn Füllerey und Tantz das blinde Volck erhitzen/
So schau du voller Blut den Lebens-Fürsten schwitzen.
(Des Höchsten Zorn-Kelch ist ihm voll geschencket ein/)
Was kan dir lieblicher als diese Tropffen seyn.
Es jauchzt der nasse Mund mit üppigem Gethöne;
Dein Heyland seuffzt/ damit er Gottes Grimm versöhne;
Man bringt die lange Nacht in schnöder Kurtzweil zu/
Dein Jesus hat für Angst und Feinden keine Ruh.
Es dient ein fremdes Kleid Gelächter zu erwecken/
Dein Jesus ließ sich auch mit fremden Lumpen decken/
Sein Unschuld und Verdienst sey deiner Blösse Kleid/
Und bringe dich geschmückt ins Reich der Ewigkeit!
Am Tage Christi Menschwerdung und Empfängniß
Jesu Salve!
Jauchze Palästins Gefilde/
Freu dich kleines Ephrata!
Was dir längst gezeigt im Bilde
Kömmt nun deinen Gräntzen nah.
Neues Wunder läst sich schauen
Auff den Nazarether Auen.
Eine Jungfrau ohne Flecken
Zeuget einen Wunder-Sohn/
(Klare Schrifften/ tunckle Decken
Haben längst gezeugt darvon:)
Gott mit uns und Heyl der Erden
Soll das Kind genennet werden.
Sünde bracht uns Tod und Sterben/
Böser Mutter herbe Zucht/
Sodoms Aepffel zum Verderben/
Argen Stammes bittre-Frucht:
Jesse Wurtzel will nun grünen
Und zum Lebens-Balsam dienen.
Unter trüben Finsternissen
Lag die Welt/ und seuffzet ihr:
Daß die Wolcken doch zerrissen/
Und die Sonne bräch herfür!
Schaut ihr nicht ihr goldnes Blincken
Schon der frischen Erde wincken?
Sey willkommen/ Licht der Heyden/
Auff der Hebroniter Feld!
Wilt du dich ins Fleisch verkleiden/
Gott von Art und Mensch ein Held?
Sohn Mariens/ Gast auff Erden/
Mein Gefert und Bruder werden?
Ach! wie kan ich dich umfassen!
Ach! wie mag ich dankbar seyn!
Deinen Himmel zu verlassen/
In die Welt zu treten ein/
Reich und Herrschafft/ Thron und Leben
Für den Feind in Raub zu geben!
Liebe/ du thust solche Wunder!
Liebe/ deren keine gleich!
Ach! daß solcher Liebe Zunder
Mein gefrornes Hertz erweich!
Ach! daß sie mich auch entzünde
Und zur Gegen-Brunst verbinde!
Veyeln/ Rosen last uns pflücken/
So viel ihr zu finden seyn/
Und dem liebsten Kinde schicken!
Last uns Palmen sammlen ein/
Und auff Salems frischen Höhen
Ihm damit entgegen gehen!
Eitle Blumen müssen bleichen
Gegen dieser Roß im Thal/
Was die Erde kan erreichen
Gleichet nicht des Himmels Saal.
Drum ich Hertz-Kraut/ Sonnenwende/
Jesu/ dir zum Opffer sende!
Auff ihr edlen Zioninnen/
Salems Töchter/ macht euch auff!
Auff! ermuntert Geist und Sinnen/
Last der Freude freyen Lauff/
Singt und spielt ein Lied zu Ruhme
Aller Jungfern Cron und Blume!
Unter allen Welt-Geschlechtern
Fällt das Loß auff Judä Reiß/
Und von tausend Davids-Töchtern/
Die das Land zu zählen weiß/
Hat Marien Gott erlesen/
Seines Sohnes zu genesen.
Eva hat den Tod gebohren
Durch verbotne Kost und Lust:
Diese hat Gott auserkohren/
Der kein fremder Trieb bewust/
Aller Welt durch ihr gebähren
Heyl und Leben zu Gewehren.
Macht die List der falschen Schlange/
Die uns bracht ums Paradiß/
Unsern ersten Eltern bange
Für den kühnen Apffel-Biß;
Den Zertreter dieser Schlangen
Hat Maria heut empfangen.
Aus der Höhe kömmt hernieder
Selbst der reine Wunder-Geist/
Uberschattet ihre Glieder/
Daß sie Jesus Mutter heist/
Gott hat sie zur Braut erwählet/
Und sich selbst mit ihr vermählet.
Reine Mutter/ keusch von Hertzen/
Voll von heisser Andachts-Glutt/
Die ohn Jungfrauschaffts Verschertzen
Bracht zur Welt das höchste Gutt/
Billich wird von allen Zungen
Deine Seligkeit besungen.
Idumäa komm mit Kräntzen
Binde tausend Blumen ein/
Veyeln von dem frühen Lentzen
Solln der Demutt Bildnis seyn/
Rosen/ Liljen/ die sich weisen/
Ihre Scham und Keuschheit preisen?
Augen-Trost/ der Heyden Wonne
Zeigt sich selbst auff ihrer Schoß/
Himmel-Schlüssel/ Thau der Sonne/
Gottes Gnade giebt sich bloß/
Ehren-Preiß und Liebes-Flammen
Schliessen diesen Krantz zusammen.
Paschologium Nocte Sacra
Anno 1667.
Æræ Christianæ Romæ formatum.
Ebria criminibus pigrum mens excute somnum!
Pervigil ipse Deus te vigilare jubet,
Pervigil expendas sacræ mysteria noctis,
Quod toto expendas pectore, semper erit.
Commendat pietas affectum prodere verbis,
Sermonis digni nescia vena vetat.
Tu Deus ingenium, tu cor largire loquenti
Et mentem calamo deficiente cape.
Tres Sol quadrifido menses signavit in orbe,
Implevitque suas tertia Luna vices,
Ex quo nocturno nascuntur in æthere luces
Et nova cœlesti sidera ab axe micant.
His ducibus pueri veneror præsepia Christi
Atque incarnatum lætor adesse Deum.
Sidera nunc toto fugiunt perterrita cœlo
Pro stellis pingves sulfure cerno faces.
His ducibus veneror patientis vulnera Christi
Illius & tristi lugeo corde necem.
Quid video? Nostro depressus crimine sudat
Æternâ poterat qui requiete frui.
Quid video? Sangvis divino stillat ab ore
Indignam tingit pretiosus humum.
Solamen capit Angelicum solaminis autor,
Et Domino servi redditur ore vigor.
Prostratus votis tentat placare Parentem,
Cui supplex flectit credula turba genu.
A justo patitur tristem genitore repulsam
Et quod non aliis vult fieri, ipse subit.
Somni tempus adest, & nox sacrata quieti,
Insomnem nostræ cura quietis habet.
Somni plena poli comitatur triga monarcham,
Est solus, solum quem colit omne solum.
Cœlum Luna facit dubium sub nubibus hærens,
Splendorem vultus cura dolorque tegunt.
Quam negat Authoris lucem reverentior æther,
Gens cœca à surdi luminis igne petit.
In Dominum furibunda cohors armatur inermem,
Quæ solo verbi fulmine tacta cadit.
Verus amor falsi signo monstratur amoris,
Indicium pacis classica sæva canit.
Brachia stringuntur vinclis queis nititur orbis,
Insontemque ligat noxia dextra manum.
Ad falsi rapitur Rex justus judicis ædes,
Examen rigidum vir sine labe subit.
Libertas verbi sonti concessa negatur,
Innocuum præceps percutit ira reum.
Cogitur injustum quater heu! mutare tribunal,
A quo justitiæ fons & origo fluit.
Quod non impietas facinus Judæa peregit,
Pagani debet sæva patrare manus.
En homo, quem verbis ludunt, quem verbera lædunt!
Os obscœnum hominis conspuit ora DEI.
Tangit dira manus faciem, digitique rigentes,
Quâ non in toto svavior orbe fuit.
Percutiunt dextræ vultum digitique profani,
Quo non in toto sanctior orbe fuit.
Cingit spina caput rutilis quod cingitur astris,
Sunt gemmæ sangvis, fit diadema cruor.
En lacerum lacero corpus circumdatur ostro
Vile cui cœli purpura tegmen erat.
Sceptrum canna levis dextra mentitur in illa,
Quæ vasto mundi præsidet imperio.
Scurriles sannæ, verum proferre coactæ,
Ex cultu Domini, sordida probra parant.
Sulcis corpus arant, liventi in tergore pingunt,
Instantis faciem flagra cruenta necis.
Saxea Caucasei mollescunt pectora Pontî,
Svetaque supplicium cernere deficiunt:
En homo! non hominis, sed imago cadaveris! inquit,
Agnoscis Regem, terra Judæa, tuum.
Carnisicum exhaustos quæ reddit pœna rigores
Extingvat virus, grex truculente, tuum.
Est lapis, est monstrum Libyæ de Tigribus ortum,
Qui non cum lacrumis ista videre velit.
Sustinet immotus spectaclum triste Judæus,
Cœlorum horrescunt atria, terra gemit.
Ille tamen pœnis alias superaddere pœnas
Adfixumque cruci cernere gaudet eum.
Innocuum esse manus profitetur tota Pilati
A se qui crimen vult removere suum.
Ipse moras noctit, populi sed territus ira
Servili punit supplicio Dominum.
Repit sub tanto depressus pondere ligni,
Et vix ad mortem langvida membra trahit.
Transfigunt artus clavi, comitata latronum
Stat cruce, cruxtua quam, quam mea culpa premit.
Deficiens felli mixto potatur aceto,
Ridetur, verbis luditur, & moritur.
Compatitur tellus morienti, commoritur Sol
Soli justitiæ, saxa revulsa fremunt,
Disruptæ cautes & hiulca sepulcra loquuntur
Fractas æterni carceris esse fores.
Excitus defunctorum grex sedibus exit
Abscondunt umbræ hoc noxque diurna scelus.
Infertur tumulo Israëlis vita salusque,
Et, quem non orbis, parvula tomba capit.
Horreo, devotâ cum talia pensito mente,
Dextra stupet, rigeo pectore, penna cadit.
Plangamus, quoniam proles dilecta Jehovæ
Absque suo patitur crimine supplicium.
Plangamus, quoniam proles dilecta Jehovæ
Pro nostro patitur crimine supplicium!
Non scelus omne facit scelerati dextra Judæi,
Non pagana manus persicit omne nefas.
Tu ludis, lædis, cædis, crucifigis Jesum,
Et tua non sontem crimina conficiunt,
Sint fontes oculi lacrumis sine fine fluentes,
Ut mortem hanc toto pectore flere queas,
Te lacrumis macera, lacera tua corda dolore,
Radices fœdi criminis ure, seca.
Sit cor contritum, præcordia mollia luctu,
Ut culpam hanc toto pectore flere queas,
Sed tamen & tristi sint gaudia mixta dolori,
His siquidem pœnis est tibi parta salus.
Adspice divinum sed mirabundus amorem
Sitque tibi calidi fomes amoris amor.
Divinæ commota agitent præcordia flammæ,
Ut Domino grates, & sine fine, ferant.
Sic tu cœlesti poteris gaudere salute,
Adspectuque DEI, sed sine fine, frui.
Du Sünden-truncknes Hertz/ begieb die faule Ruh/
Laß dir den matten Schlaf die Augen nicht verbinden/
Und bringe diese Nacht mit strengem Wachen zu/
Wie dein Erlöser ließ sich dir zum besten finden.
Erwege durchs Gebet zur Andacht wohl bereit/
Was dir in dieser Nacht zu Nutze sey geschehen/
Wer an dem Creutz/ um was/ und wem zu gutt er leyd/
So wird man eh den Tag am hellen Himmel sehen/
Als alles wird von dir genungsam seyn bedacht,
Mein Eyfer treibet mich/ diß danckbar zu erwegen/
In heisser Andachts-Brunst zu feyern diese Nacht/
Mein schecht Vermögen will die Feder niederlegen/
Und hemmt der Reime Lauff: Du ungeschaffnes Licht,
Erleuchte meinen Geist/ entzünde meine Sinnen/
Daß/ was ich schreibe/ dir zu Ehren sey gericht/
Und schau das Hertze/ wenn die Hand nicht mehr wird künnen.
Man sieht zum dritten mahl des Monden vollen Schein/
Bey dunckel-brauner Nacht am Himmels-Saale prangen/
Die Sonne findet sich ins vierdte Zeichen ein/
Zeit dem der Morgen-Stern aus Jacob auffgegangen/
Zeit dem der Weisen Schaar/ durch einen Stern geführt/
Den König aller Welt verehrt in Stall und Krippen/
Zeit dem ich lassen seyn durch Gottes Geist gerührt/
Den Mensch-gewordnen Gott das Lob-Spiel meiner Lippen.
Izt seh ich/ wie der Mond am Himmel sich verkreucht/
Der Sternen blasses Heer in Wolcken sich verstecket/
Der Fackeln schwartzes Pech die trübe Nacht erleucht/
Die solche Frevelthat mit ihrem Schatten decket.
Diß tunckel-bleiche Licht führt meine Augen hin/
Wo ich den Heyland seh für meine Sünde büssen/
Macht/ daß ich gantz in mir und ausser mir doch bin.
Daß Thränen ohne Zahl aus meinen Augen flüssen/
Daß sein und meine Noth mir durch die Seele dringt
O traurens-volle Nacht/ o Nacht/ voll Angst und Schrecken/
Die unser sündlich Hertz in Furcht und Zagen zwingt/
Und diß/ was steinern ist/ zur Andacht kan erwecken!
Was seh ich armer Mensch? Der Sünden schwere Last/
Den Menschen abgeborgt/ macht meinen Jesus schwitzen/
Der Himmel/ Erd und See mit seinen Händen fast/
Der ewig könt in Ruh auff seinem Throne sitzen;
Was seh ich armer Mensch? Das unbefleckte Blutt
Rinnt von den Wangen ab/ die voller Unschuld blühen
Man sieht den edlen Thau/ die heilge Purpur-Flutt
Die Erde/ welche nicht der Füsse werth/ durchziehen.
Der das Saphirne Feld/ das bund-beblümte Land/
Die blaulichet-grüne See geschaffen und bemahlet/
Mahlt seiner Schmertzen Bild izt in den gelben Sand/
Drauß seine Seelen-Angst und Liebe wiederstrahlet.
Die Brunnquell alles Trosts/ der edle Lebens-Fluß/
Durch Gottes Zorn erschöpfft/ schöpfft Trost von einem Engel/
Dem Herren/ welchem Tod und Leben dienen muß/
Ersetzet izt ein Knecht der todten Kräffte Mängel.
Der/ dem sonst alle Welt die Knie in Demutt beugt/
Der sich durch unsre Bitt und Thränen läst versöhnen/
Hat zu der Erden hin sein mattes Haubt geneigt/
Sucht seines Vaters Zorn vergebens abzulehnen/
Der bittre Creutzes-Kelch muß ausgetruncken seyn/
Es wäre Schlaffens-Zeit/ die Nacht ist eingetreten/
Nebst seinen Feinden wacht mein Jesus nur allein/
Und sorgt vor unsre Ruh mit Wachen/ Seuffzen/ Beten.
Des Himmels grosser Fürst/ dem aller Engel Schaar
Zu Dienste steht/ läst sich drey Jünger nur begleiten/
Bey denen lauter Schlaf und wenig Leben war/
Die ihn mit Todes-Angst alleine lassen streiten.
Ein trübes Wolcken-Dach verbirgt des Monden Licht/
Der hellen Augen Glantz benebeln Schmertz und Sorgen/
Der Himmels-Lichter Schein verräth den Schäffer nicht/
Drum muß das blinde Volck bey Pech und Schwefel borgen
Das ungewisse Licht/ der rechte Friedens-Fürst/
Der ohnbewaffnet war in Garten ausgegangen/
Wird von der Schaar/ die so nach seinem Blutte dürst/
Gesucht mit Dolch und Schwerd mit Spissen und mit Stangen/
Wiewohl sie auff ein Wort zur Erde sincken muß.
Das Friedens-Zeichen muß zur Krieges-Losung dienen/
Die wahre Liebe wird durch falschen Liebes-Kuß
Den Feinden Preiß gemacht. Sie dürffen sich erkühnen/
Den Arm/ der uns so viel zum besten hat gethan/
Auff dem der Welt-Kreiß ruht/ mit Stricken zu bewinden/
Die Sünden-schwartze Faust fast dessen Unschuld an/
Der uns ohn einge Schuld von Schulden will entbinden.
Der König aller Welt/ der zu der lezten Zeit
Wird durch gerechten Spruch der Menschen Wandel richten/
Muß vor den Richter-Stul verbannter Billigkeit/
Hört an/ was wider ihn die falschen Zeugen tichten/
Darff nicht/ wie dennoch steht dem Ubelthäter frey/
Dargegen einig Wort mit sichrem Munde führen/
Und wenn er frey bekennt/ was seines Amtes sey/
So muß ein harter Streich die zarten Backen rühren/
Damit ein stoltzer Knecht aus frechem Ubermutt
Des Herren Rede strafft. Der Mann gerechter Sinnen/
Dem keine Falschheit ie befleckt das reine Blutt/
Wird biß ins vierdte mahl der Richter Falschheit innen/
Und ist ein Gauckel-Spiel der Ungerechtigkeit.
Was nicht der Juden Grimm und Boßheit kan vollenden/
Was sie ihm nicht gethan vor Quaal und Hertzeleid/
Das überlassen sie der Heyden frechen Händen.
Ach sehet/ welch ein Mensch! durch Gifft gefüllten Mund
Verspeyt die Krieges-Schaar sein holdreich Angesichte/
Sie macht die linde Haut mit rauhen Nägeln wund/
Den Sanfftmutt vollen Sinn mit scharffem Hohn-Gedichte.
Ach sehet/ welch ein Mensch! das edle Fürsten-Haubt/
Um welches Sonn und Mond in vollem Scheine gläntzen/
Dem aller Sternen Heer zur Krone sind erlaubt/
Muß ein geschränckter Zweig von Dornen izt bekräntzen
Die Edelsteine sind das ausgezwängte Blutt/
Mit dem/ o Hertzeleid! der Könge König pranget/
O Häubter voller Wind? bedencket/ was ihr thut/
Wenn ihr nach theurem Gold und weichen Rosen langet/
Zu krönen euer Haubt/ den Sitz der Eitelkeit/
Seht unsers Haubtes Haubt führt andere Rubinen/
Ihn sticht der harte Dorn/ wenn euch zu Pracht und Freud
Das linde Wurm-Gespinst und zarte Blätter dienen.
Der Hertzog/ welchen nicht nach Würden kleiden kan
Der Sonnen strahlend Gold/ des Monden Silberstücke/
Legt ein zurissen Kleid voll Staub und Motten an/
Daß uns der seidne Rock der reinen Unschuld schmücke.
Den reichen Königs-Stab vertritt ein armes Rohr.
Der Buben Schaar/ die ihn zu martern ist beflissen/
Muß wider Willen auch die Warheit bringen vor/
Indem sie ihn zur Schmach als Herr und König grüssen.
Ach sehet/ welch ein Mensch dort angebunden steht!
Seht/ wie der heilge Leib mit Ruthen wird zerhauen/
Seht/ wie das milde Blutt aus allen Adern geht!
Man kan des Todes Bild auff seinem Rücken schauen/
Doch leucht die Liebe vor/ die ihn darzu gebracht.
Unselig bist du Mensch/ du Ursach dieser Plagen/
Doch selig/ wo du klug durch fremde Pein gemacht/
Nicht weiter Ruthen wirst auff deine Schultern tragen.
Wofern du nach Gebühr diß unbefleckte Blutt
Mit Thränen wäschest ab von deines Jesu Rücken/
Und in dein Hertze senckst so wird es dir zu gutt
In Tods- und Höllen-Angst die matte Seel erquicken.
Ach sehet/ welch ein Mensch! Es kan auch seine Pein
Der harte Richter selbst nicht unbewegt betrachten/
Er sagt: Seht/ welch ein Mensch! kein Mensch/ vielmehr ein Schein/
Siehstu/ o Juden-Land/ nun deinen König schmachten?
Die Besem brechen ab! die Riemen gehn entzwey/
Der Hencker Grausamkeit sieht man ihr Ziel erreichen/
Lästu nicht deinen Grimm nunmehr auch gehn vorbey?
Ach! möchte dieses Bild doch einen Stein erweichen/
Ob dem die Erde seuffzt/ der Himmel sich entsezt/
Der Juden hartes Hertz ist doch nicht zu bezwingen/
Und ob Pilatus gleich mit Wasser sich benezt/
Und dräuet alle Schuld allein auff sie zu bringen/
So ruhen sie doch nicht/ biß er ein Urtheil giebt/
Er soll nach eurem Wunsch als Ubelthäter sterben/
Wiewohl er nichts vorher des Todes werth verübt/
So muß der Lebens-Herr als wie ein Knecht verderben.
Es kan kaum vor sich selbst der abgematte Fuß
Die unbeholffne Last der schwachen Glieder tragen/
Der dennoch über diß sein Creutze schleppen muß.
Es werden Fuß und Hand mit Nägeln angeschlagen/
Die aller Welt hinfort des Himmels Schlüssel seyn/
Zwey Mörder werden ihm gestellet an die Seiten/
Der Herr/ dem auff ein Wort giebt Wasser/ Stein und Bein/
Der unsre Seelen kan zum Lebens-Brunnen leiten/
Klagt über schweren Durst/ sein honigsüsser Mund
Ist brennend vor Begier nach unserm Heyl und Leben/
Macht solche seine Noth mit lautem Ruffen kund/
Bald wird ihm bittre Gall und Eßig hingegeben/
Zu mehren seine Pein. Ach Sünder! tritt herbey/
Dem schnöde Trunckenheit so zu belieben pfleget/
Sieh wie dein Jesus hier vor Liebe truncken sey/
Und wie er solchen Durst nach deiner Seelen träget/
Schaustu ihn dürstende mit trocknen Augen an/
Und tränckst sein Hertze nicht mit heisser Busse Thränen/
So glaub ich nicht/ daß ie dein Auge weinen kan/
Und daß dein Hertze sich nach eignem Heyl kan sehnen.
Man spottet seiner Angst/ man lachet seiner Schmertzen/
Biß ihm der blasse Tod die matten Augen bricht.
Man bahnt noch einen Weg durch Spieß und Stahl zum Hertzen/
Das schon der schwere Tod des Creutzes hingericht/
Draus kommet eine Bach von Blutt und Flutt geronnen.
Die Erd' entsetzet sich/ der Himmel hüllt sich ein/
Die Sonne stirbet mit der ungeschaffnen Sonnen/
Des schwartzen Tages Nacht will eine Decke seyn
Der grossen Ubelthat/ die harten Felsen brechen/
Die Gräber springen auff/ die Todten gehn hervor/
Weil Simson ausgesezt der Schlangen Macht zu schwächen/
Auff seine Schultern hebt der Höllen festes Thor.
Das Leben Israels wird in die Grufft gesencket/
Ein enges Grab beschleust den Herren aller Welt/
Mein Hertz entsetzet sich/ wenns diesen Tod bedencket/
Die Hand verstarrt/ der Mund verstummt/ der Kiel entfällt.
Ach last uns Wang und Brust mit Thränen übergiessen/
Weil Gottes liebster Sohn stirbt und nicht schuldig ist.
Last Thränen ohne Maß aus unsern Augen fliessen/
Weil Gottes Liebster Sohn für unsre Schulden büst.
Nicht Jud und Heyde nur hilfft ihn ans Creutze schlagen/
Nicht Jud und Heyde nur bringt ihn in Noth und Spott/
Wir Sünder alle seyn der Ursprung seiner Plagen/
Und unsre Missethat verursacht seinen Tod;
Zerfleischet nicht die Haut/ die Geisseln sind zu linde/
Die Riemen sind zu schwach/ zu büssen solche That/
Zureist und reiniget die Hertzen von der Sünde/
Die Jesum ohne Schuld ans Creutz gehefftet hat.
Erweichet euren Geist/ zerknirschet eure Sinnen/
Fühlt wahre Seelen-Angst/ tragt ernste Reu und Leyd/
Ihr werdet dennoch nicht genung betrauren künnen/
Daß ihr gecreutzigt habt den Herrn der Herrligkeit.
Doch aber müst ihr nicht in solcher Angst verzagen/
Des Herren Jesu Tod soll euer Leben seyn/
Er hat des Vatern Zorn/ der Höllen Angst getragen/
Und führt euch frey davon in Himmel selig ein.
Schaut mit Verwunderung/ wie euch der Höchste liebet/
Und last euch solche Brunst zur Liebe treiben an/
Gebt eure Hertzen dem/ der euch das seine giebet/
Indem er/ als sich selbst/ nichts Edlers geben kan.
Last eure Andachts-Glutt durch seine Flamm entzünden/
Schwizt Thränen wenn das Blutt aus seinen Wunden fleust/
Und wenn eur Lebens-Oel will in dem Tode schwinden/
Befehlet/ wie er that/ dem Vater euren Geist.
Christi Leyden
Wer schonet einen Wurm? muß nicht ein ieder Stein/
Muß nicht ein ieder Fuß desselben Mörder seyn/
Indem er hin und her auff schwartzer Erde kreucht/
Und seinem Feinde sich durch blosse Flucht entzeucht.
So eben geht es dir/ o Jesu Gottes Sohn/
Dein himmelischer Sitz/ dein hoher Ehren-Thron
Ist itzund Erd und Staub. Des glatten Leibes Zier
Mit Narben angefüllt/ verwandelt sich bey dir
In heßliche Gestalt/ o überhäuffte Pein!
Es dringen sich ins Haubt die scharffen Dornen ein/
Es schneiden Haut und Fleisch die Riemen schwer von Bley/
Es schneiden Marck und Bein/ die Läster-Wort entzwey/
So die erboßte Schaar der Juden speyet aus.
Pilatus führet dich vors hohe Richter-Hauß/
Wo das gehäuffte Volck in langer Reihe steht/
Er weiset/ wie das Blutt aus allen Adern geht/
Wie durch das strenge Band die Glieder seyn umschränckt/
Und dein zufleischter Leib kaum an einander henckt.
Hier solt ein Diamant und Felsen-harter Stein/
Wie von der Hitze Schnee und Eyß zuschmoltzen seyn/
Und dein erwähltes Volck sieht hocherfreuet an/
Was Tag und Sonne nicht ohn Schrecken sehen kan/
Indem nun über dich der Eyfer-volle Sturm
Des blinden Volckes geht/ indem du als ein Wurm
Zutretten und zuknirscht in eignem Blutte schwimmst/
An Schmertzen immer zu- und ab an Kräfften nimmst.
Wächst mit den Plagen auch die heilige Geduld/
Die der ergrimmten Schaar vergiebet alle Schuld/
Und ohne Zucken sich zu tode martern läst.
O mehr als wohl gethan! denn also wird zur Pest
Dem Tode dieser Tod. Du süsser Jesu siegst/
Besiegt von Noth und Tod/ du starker Jesu kriegst
Gefangen deinen Feind/ der dich gefangen hält/
Und führest im Triumph Tod/ Teufel/ Hölle/ Welt.
Das Sieges-Mahl hastu dir selber auffgesteckt/
Als du das müde Paar der Armen ausgestreckt/
Genagelt an das Holtz. Laß unsre Ehre seyn/
O Jesu/ deine Schmach: Von Sünden wasch uns rein
Dein rosin-farbnes Blutt/ der theure edle Safft/
Von Wunden mach uns heil/ Herr/ deiner Wunden Krafft.
Die sieben Worte unsers Erlösers
Man nimmt die letzten Wort' in Acht/
Die unsre Freunde vorgebracht/
Wer wolte das nicht fassen
Was Jesus/ der uns selig macht/
Am Creutz hat hinterlassen.
Erst Jesus zu dem Vater spricht:
Räch an dem blinden Volcke nicht
Was sie an mir verüben/
So ist er/ biß das Leben bricht/
Der Feinde Freund geblieben.
Des Herren ander Wort erfreut
Den Schächer/ der mit Reu und Leid
Der Sünden war umgeben:
Ich sage dir/ du wirst noch heut
Im Himmel mit mir leben.
Der Herr stellt der bedrängten Schaar
Sein sorgend Vater-Hertze dar/
Läst ihnen Schutz und Segen/
Nimmt der betrübten Mutter wahr/
Heist ihr den Jünger pflegen.
Ihn dürstet nach der Menschen Heyl/
Ihn dürstet/ weil des Höchsten Pfeil
Der Glieder Safft verkreischet;
Ach dencke/ daß er auch ein Theil
Buß-Thränen von dir heischet!
Merck auff/ o Hertz/ und dencke nach/
Warum er zu dem Vater sprach:
Wie hast du mich verlassen.
So schwer ists/ was der Mensch verbrach/
Auff seine Schultern fassen!
Es ist vollbracht/ die Schrifft erfüllt/
Die Schuld bezahlt/ der Zorn gestillt/
Hört man den Heyland ruffen.
Diß Wort/ draus Trost und Leben quillt/
Hält uns den Himmel offen!
O Vater/ meinen matten Geist/
Der sich nunmehr vom Leibe reist/
Befehl ich deinen Händen!
Wer so versorgt das Leben schleust/
Kan seliglich vollenden.
Ach Worte voller Lebens-Safft!
Bin ich mit Sorg und Angst behafft/
Erschreckt mich Tod und Sünde/
So hilff/ daß ich derselben Krafft/
O Jesu/ stets empfinde.
Meine Liebe ist gecreutziget
Weine Zion du Betrübte/
Weil dein Heyland der Geliebte
Nun ans Creutzes Stamm verschmacht!
Stirbt der Schöpffer aller Dinge?
Reiß o Himmel! Felß zerspringe!
Sonn erschwartz/ und Tag sey Nacht!
An dem Creutz wird meine Liebe/
Einem Mörder oder Diebe
Gleich/ die Unschuld umgebracht.
Billich lieb ich den von Hertzen
Der in tausend Angst und Schmertzen
Meine Schuld hat gut gemacht.
Der am Creutz ist meine Liebe/
Daß er mich vom Tod erhübe/
Wird er hier mit Schmach erhöht/
Schau/ wie meine Sünden-Flecken
Abzuwaschen und zu decken/
Blutt aus seiner Seite geht.
Meine Liebe hängt am Creutze/
Ach! daß seine Noth mich reitze/
Nicht zu leben mit der Welt!
Hier will ich mich niederlassen/
Diesen Lebens-Baum umfassen
Wenn mich lezte Noth befällt!
Besuchung des heiligen Grabes
Kommt Sterbliche/ die ihr die Gräber scheuet/
Besucht mit mir/ was mich im Geist erfreuet/
Und könt ihr nicht nach Palestina gehn/
So bleibet hier in Andacht stille stehn.
Es prangt die Welt mit ausgeschmückten Zimmern/
Hier blinckt Crystall und dort muß Silber schimmern/
Der Herr der Welt/ den sie gestossen auß/
Entlehnet ihm ein schlechtes Todten-Hauß.
Der Lebens-Fürst/ durch den wir alle leben/
Läst sich verschmacht ins Grab zu ruhen heben:
Die Sonne/ die der Sonne gab den Schein/
Senckt sich erblaßt in finstern Winckel ein.
Weil Adam must aus Schuld vom Garten scheiden/
Fieng Christus auch im Garten an zu leyden.
Im Garten wird er nun zur Ruhe bracht/
Weil diese Schuld ist wieder gutt gemacht.
Im Garten blüht die edle Sarons-Blume/
Das Paradieß wird uns zum Eigenthume.
Den Saamen und die Zwiebel stecken wir/
Doch bricht heraus die schönste Blüth herfür.
Du stille Grufft/ in harten Felß gehauen/
Man wolte dir den Felß des Heyls vertrauen/
Gleichwie ihn nicht mag halten deine Klufft/
So öffnet er auch künfftig unsre Grufft.
Du dunckles Hauß/ in festen Stein gebauet/
Wer ist/ dem noch für solcher Wohnung grauet?
Es hat dich ja der Glantz der Herrligkeit/
Und unser Grab zugleich mit eingeweyht.
Es darff ihn nicht die Schaar der Wächter hütten/
Ich will für mich derselben Stell erbitten/
Ich will bey ihm mein Hertze schliessen ein/
So werd ich auch mit ihm erwecket seyn.
Gegen-Satz/ Wechselweise zu singen
Lasset uns nach Zion wallen/
Und die Schädel-Stätte sehn/
Wo dem Schönsten unter allen
So viel Ubels ist geschehn!
Last uns ihm ein Grab-Lied singen!
Nun sie ihn zur Ruhe bringen!
Der die Erde selbst ließ werden/
Der den Himmel ausgespannt/
Hat nichts Eignes auff der Erden/
Borgt ihm Josephs fremden Sand/
Wenn er aus der Grufft wird steigen
Ist der Himmel unser eigen.
An dem Creutze starb das Leben/
Ruht im Grabes Schatten aus/
Und die Sonn hat sich begeben
In das düstre Todten-Hauß/
Aber last das trübe Weinen/
Bald wird sie uns wieder scheinen.
Evens süsser Apffel-Bissen
Bringt die herbe Todes-Post/
Solche wieder zu versüssen
Hat viel Schweiß und Blutt gekost;
Gottes Gnad an statt Napellen
Wächst an den benetzten Stellen.
Last uns in den Garten eilen/
Wo die Myrrhen-Püschel stehn/
Unsre Seelen auszuheilen/
Zu den Balsam-Stauden gehn/
Hier kan man ohn Dornenstechen
Edle Lebens-Rosen brechen.
Du Durchbrecher harter Steine/
Den kein Marmor halten kan/
Ich will dir auch mein Gebeine
Zu verwahren trauen an!
Du/ das Haubt/ du lebest wieder/
Und erhebst auch deine Glieder.
Schatten mag die Erde decken/
Finsternis die Lufft umziehn/
Wenn mich Tod und Nacht erschrecken
Will ich in diß Lager fliehn.
Zu verschlaffen allen Jammer/
Wähl ich hier die Ruhe-Kammer.
Nun so sey gegrüßt/ o Höle/
Drauß des Lebens Echo klingt/
Drauß für meine matte Seele
Labsal in dem Tod entspringt!
Eh man mich ins Grab soll sencken
Will ich dein zum Trost gedencken.
Oster-Gedancken
Last uns mit den frommen Frauen/
Nun der frühe Tag anbricht/
Für erwachtem Sonnen-Licht
Zu des Herren Grabe schauen.
Last uns Salb' und Specerey/
Seinem Cörper bringen bey.
Seht Aurorens Röth auffsteigen/
Und der helle Morgen-Stern
Wird uns selbst den Weg zum Herrn
Durch den kühlen Thau anzeigen.
Aber ach! der schwere Stein
Kömmt mir unterwegens ein.
Kan ich mit dem Stein der Sünden/
Der mir auff dem Rücken liegt/
Tausend Centner überwiegt/
Mich zur heilgen Stätte finden?
Wo treff ich den Simson an
Der den Stein abweltzen kan?
Unverzagt! dir ist gerathen/
Der/ den du besuchen wilt/
Hat den Kummer schon gestillt:
Seine Treu kömmt dir zu statten/
Hebt den Stein für sich und dich/
Und nimmt deine Last auff sich.
Mag ihn Sünd und Tod nicht zwingen/
Hält ihn nicht der Höllen Klufft/
Kan er sich durch Stein und Grufft
Lebend in die Höhe schwingen/
So wird auch kein Sünden-Stein
Ihm bey dir zu mächtig seyn.
Schau/ das leere Grab ist offen/
Wo dein liebster Heyland lag/
Nun hast du den Oster-Tag
Froher Seligkeit zu hoffen/
Und durchs kühle Schlaff-Gemach
Folgst du ihm in Himmel nach.
Der frühe Morgen zeiget sich/
Auff/ meine Seel/ und finde dich
Zu Jesu Grab und Füssen wieder!
Hier legte man vons Creutzes Stamm
Am Freytag deinen Bräutigam
Zur stillen Todten-Ruhe nieder.
Was fürchtestu den schweren Stein
Der dir im Wege möchte seyn/
Des Herren blassen Mund zu küssen:
Er ist durch unbekandte Macht
Bereits von seiner Stätte bracht/
Und kan das Grab nicht mehr verschliessen.
Nun meine Seele/ du bist hier/
Doch fällt ein neuer Kummer für/
Wer weiß dich dessen zu entbinden?
Begieb dich in diß Todten-Hauß/
Such alle Winkel drinnen aus:
Dein Jesus ist hier nicht zu finden.
Er ward in Tücher eingehüllt/
Mit Myrrh und Aloe gefüllt/
Der gantze Cörper war umwunden.
Hier zeiget sich des Lagers Platz/
Wo aber ist der beste Schatz/
Der theure Heyland hin verschwunden?
Wer ist der mich berichten kan/
Wo man den Herren hingethan/
Den meine Seele sucht und liebet?
Find ich des Hertzens Trost und Licht/
Das Leben meiner Seele nicht/
So bin ich biß in Tod betrübet.
Was aber such ich den der lebt/
Wo man die todte Schaar begräbt?
Mein Jesus ist ja aufferstanden.
Was scheu ich nunmehr Tod und Grab/
Nachdem ich die Gewißheit hab/
Mein Aufferwecker ist verhanden!
Ich seh ihn schon von ferne stehn/
Und mir mit Trost entgegen gehn/
In angenommnem Gärtner-Kleide/
Damit ich fortan sicher weiß/
Daß mich vom frohen Paradeiß
Und ihm nicht Tod/ nicht Hölle scheide!
An den edlen Pfingst-Wind/ Gott den heiligen Geist
Komm/ linder West/ laß deinen Athem spüren/
Die Sulamith verlangt und seuffzt nach dir/
Ihr Garten will Geruch und Schmuck verlieren/
Drum finde dich mit Hold und Trost zu ihr.
Der strenge Nord bestürmet ihre Sinnen/
Das Hertze wird als ein gefrornes Eiß/
Die Hoffnung will nicht Blütt und Stock gewinnen/
Die Andacht starrt/ die keine Flamme weiß.
Ein dürrer Ost entzieht die welcken Kräffte/
Sein Blasen hemmt den frischen Perlen-Thau/
Der trockne Staub verzehret Marck und Säffte/
Manch Tugend-Blat erstirbt auff matter Au:
Offt muß sie auch den heissen Süd empfinden/
Wenn Creutzes-Brand in Blutt und Adern wallt/
Bey Mittags-Glutt will aller Schatten schwinden/
Und sie verliert Mutt/ Anmutt und Gestalt.
Komm/ linder West/ laß deinen Athem spüren/
Daß Sulamith die schwache wird ergözt/
Ihr Garten wird viel neue Früchte führen/
Wenn ihn durch dich ein Gnaden-Regen nezt.
Dein sanffter Hauch/ dein angenehmes Wehen
Besämet ihn mit Gott-beliebter Frucht/
Das wilde Land wird sich verbessert sehen/
Durch deinen Geist und Trieb anheimgesucht.
Komm/ linder West/ laß deinen Athem spielen/
Daß sich bey uns der Glaub' an Gott entzünd.
Komm/ reiner Geist/ laß deine Regung fühlen/
Daß sich die Brust von Liebe heiß befind.
O werther Gast/ zeuch ein mit deinem Worte/
Komm/ finde dich mit deinen Gaben ein/
Wir öffnen dir mit Lust des Hertzens Pforte/
Und Seel und Geist soll deine Wohnung seyn.
In duodecimam Octobris Anni 1696
Heu! quam clara dies atro carbone notatur,
Et quam sit sumo proxima flamma docet!
Flamma leves stipulas quasi ludens lambit & ambit,
Mox urit postes, nec cohibenda furit.
Parva metu primo volitat scintilla per'orbem,
Mox egressa solo culmina summa petit,
Mobilitate viget, viresque acquirit eundo,
Qua vento rapitur strata domusque rapit,
Undique firma ruunt subductis tecta columnis,
Ardendi finis pruna, favilla, cinis.
Quam nuper fœtis messem congessimus agris,
Ignis eheu! tristis dente rubente vorat.
Annua decollat miseri spes una coloni,
Qui nil quod comedat, quove tegatur, habet.
Quid nostris superest curis, nostroque labori?
Quod querula quærit tegmina voce, pecus.
Indictas nondum Accisas respublica sentit:
Accisæ nobis diminuuntur opes.
An sic continuo stimulatum crimine Numen,
In nos vindictæ commovet arma, faces?
An meliora licet sperare, & gratia Jovæ
Ad frugem fruges eripiendo trahit?
An nos injustos ferventis imagine flammæ,
Quæ sontes maneant flammea tela, monet.
An nos impense quærentes lucra caduca,
Quam sint terrarum lucra caduca docet?
An immorigeros talparum more morari,
In cœno, & cœlo vertere terga vetat?
Offensum mœsto placemus pectore Numen?
Exstingvat rutilas lacruma crebra faces!
Parce Deus meritos æternis urere flammis!
Radices fœdi criminis ure, seca?
Supplice placatum rogitemus pectore Numen,
Ut nocumenta rei sint documenta reis.
Da Deus, ut discam perituris posse carere,
Et duraturis posse studere doce?
Da, Deus, elatos humili contemnere fastus
Mente, tuasque probe discere posse vias.
Da, Deus, æternas ut possim evadere flammas,
Perpetuaque Poli, te Duce, Luce frui!
Thau-Wetter
Der Winter weicht/ der Schnee zuweicht/die Rinnen thränen/
Der hart-gefrorne Strom/ das Eiß/ beginnt zu gähnen:
Ach laß/ o harter Mensch/ auch die verstockten Sinnen
Mit weicher Busse Thränen rinnen!
Man spürt die warme Lufft der lauhen Mittags-Winde/
Sie rauschen in der Höh/ und streichen durch die Gründe.
Der Zorn des Höchsten raucht; ach laß ihn in dich dringen/
Und dein befelßtes Hertze zwingen!
Die Erde schwimmt voll Koth/ du voller Missethaten:
Ach saubere dich bald/ dieweil dir noch zu rathen!
Bereite Geist und Sinn/ auff daß du kanst im Lentzen
Für GOTT mit neuer Zierde gläntzen.
Jesu/ meiner Seelen Ruh/
Meine Wonn und Lust bist du!
Stöst mir Creutz und Unglück für/
So besprech ich mich mit dir:
Du/ mein Trost und bester Rath/
Der mich nie verlassen hat/
Laß der offnen Wunden Schoß
Seyn mein sichres Ehren-Schloß/
Dein Creutz meinen Wander-Stab/
Deinen Arm mein Sorgen-Grab/
Meine Freude deine Noth
Und mein Leben deinen Tod!
Uber die Worte der Schöpffung:
Im Anfang schuff Gott Himmel und Erden
O Anfang sonder Ort/ o Anfang sonder Ende/
Wo warestu/ eh Welt und Menschen fiengen an?
Eh man bereitet sah des blauen Himmels Wände/
Eh noch bewohnet war der Erde Kugel-Plan?
Ein Archimedes will den gantzen Bau verrücken/
Weiß aber ausser ihm zu finden keinen Stand:
Wo läst sich denn ein Raum vor deine Grösse blicken/
Eh sich die gantze Welt noch ungebildet fand?
Ich schwör es/ Fleiß und Witz kan deinen Sitz nicht finden/
Das unerschaffne Schloß der Sternen schloß dich nicht
In seine Mauren ein/ die du noch soltest gründen/
Die Erde trug dich nicht/ die noch unzugericht:
Und dennoch warestu/ o dreyvereintes Wesen/
O Schöpffer aller Welt/ Gott Vater/ Sohn und Geist/
Wie wir davon Bericht in deinem Worte lesen/
Und deiner Hände Werck uns dessen überweist.
Seh ich den Himmel an/ so muß ich dich erkennen/
Und glauben/ daß ein Gott sein Meister müsse seyn.
Wie könten Sonn und Mond aus eignen Kräfften brennen/
Wenn nicht ein hellers Licht entzündet ihren Schein.
Die Sternen löschten aus/ ihr Feuer müst erkalten/
Wenn sie der Höchste nicht zum Leuchten auserwählt.
Wie könte sich die Erd in freyer Lufft erhalten/
Dafern sie nicht die Hand des Schöpffers angepfählt?
Wer heisset Finsternis und Licht die Tag' entscheiden/
Das ungeheure Meer in seinen Gräntzen stehn?
Gewächse mancher Art die Felder überkleiden/
Die Lufft befiedert/ Land und See voll Thiere gehn?
Wer hat dem Menschen Geist und Odem eingegossen/
Die Sinnen in das Haubt/ die Sprach in Mund gelegt?
Von wem ist Fruchtbarkeit und Segen hergeflossen/
Daß die verallte Welt sich nimmer müde trägt?
Es muß doch etwas seyn/ von dem diß alles kommen/
Das alle dem sein Ziel und Ordnung hat bestimmt/
Das/ eh als alles diß/ den Anfang hat genommen/
Und welches folgbarlich von nichts den Anfang nimmt.
Was aber dieses sey/ und wo es sey zu wissen/
Ist keinem/ welcher noch die Erde baut/ erlaubt/
Wohl dem/ wer die Vernunfft legt zu des Glaubens Füssen/
Zwar wenig weiß/ doch viel nach Gottes Worte glaubt.
Ich glaube/ grosser Gott/ und ehre dich mit Schweigen/
Mein Suchen suchet ihm in deinem Worte Ruh/
Ich lasse mir den Weg zu dir darinnen zeigen/
Und frage nun nicht mehr/ wie vor/ wo warest du?
Verzeihe/ wo sich hier mein Vorwitz hat vergangen/
Und nachgeforscht von dir/ was unergründlich ist.
Du wohntest in dir selbst/ an keinem Ort gefangen/
Da/ wo du heute noch und immer wohnend bist.
Wo ewig um dich her die reinen Geister schweben/
Wo deinen Ruhm besingt der frohen Väter Schaar/
Wo ich nach dieser Zeit werd ohne Sterben leben/
Und ungefragt verstehn/ was hier zu dunkel war.
O Anfang sonder Ort/ der alles angefangen/
O Anfang/ welcher nichts von keinem Ende weiß/
Gieb/ daß ich dessen bald den Anfang mög erlangen/
So singet dir mein Mund ohn Ende Lob und Preiß.
Gott birgt sein helles Licht in Wolck und Schatten ein/
Des Menschen blödes Aug' erblindet für dem Schein
Der göttlichen Gericht und uns verborgnen Wege;
Drum wohl mir/ wenn ich mich zu seinen Füssen lege/
Und mehr nicht/ als vergönnt/ zu wissen bin bedacht/
Denn fühl ich seinen Strahl in tieffster Mitternacht.
Uber die Worte:
Ach Gott/ wie theuer ist deine Güte/ daß Menschen wohnen
unter dem Schatten deiner Flügel
Gott/ wie theur ist deine Gütte/
Daß der Menschen schwache Schaar/
Als in einer sichern Hütte/
Frey von Plagen und Gefahr/
Von betrübter Angst verschont
Unter deinen Flügeln wohnt.
Ach wie theur ist deine Gütte/
Die uns Geist und Athem schenckt/
Ziert an Gliedern und Gemütte/
Stets auff unser Wohlseyn denckt.
Die uns/ weil wir in der Welt/
Trägt/ verpflegt und unterhält.
Ach wie theur ist deine Gütte/
Die uns unermüdet liebt/
Die uns über unsre Bitte/
Leibs- und Seelen-Gütter giebt/
Die uns warnet/die uns führt/
Die man täglich neu verspürt.
Unter deinem Gnaden-Schirme
Leben wir in sichrer Ruh/
Wenn des rauhen Unglücks-Stürme
Noch so hefftig dringen zu/
Satans List/ der Feinde Macht
Schadt uns nicht bey deiner Wacht.
Wie ist deine Gütte theuer/
Wenn dein Blitz und Donner dräut/
Wenn ein unvermuttes Feuer
Tausend Funcken um sich streut/
Löschest du sie selber aus/
Und beschirmst uns Hoff und Hauß.
Grosser Gott/ in solche Gütte
Laß uns stets befohlen seyn/
Segne ferner und behütte
Was wir durch dich sammlen ein/
Segne uns an Leib und Geist/
Biß dich beydes ewig preist.
Zwey Stücke bitt ich Herr von dir/
Die wollestu nicht wegern mir/
Eh ich von hinnen scheide:
Behütte mich vor Uberfluß/
Doch gieb/ daß ich nicht darben muß/
Und schweres Armutt leyde.
Lebt ich ohn alle Sorg und Noth/
So möcht ich sagen: Wer ist Gott/
Vor dem ich mich soll schmiegen?
Und kehrte Mangel bey mir ein/
So möcht ich voller Kummer seyn/
Unrechtes Gutt zu kriegen.
Drum laß mich mein bescheiden Theil
Zur Leibes Noth/ zum Seelen-Heyl
Aus deiner Hand empfangen/
So rühm ich deine Güttigkeit/
Wenn ich nach wohlgeschloßner Zeit
In Himmel eingegangen.
Das beste Andencken
Was ist/ o Himmels-Fürst/ der Mensch/ die Hand voll Koth/
Daß du ihm unverdient so holde Liebe schenckest?
Was treibt dich/ grosser GOTT/
Daß du so väterlich an Adams Erben denckest?
Auff Erden ruht dein Fuß/ im Himmel ist dein Thron/
Du bist der Heilige/ der Starcke/ der Gerechte/
Der Mensch ist spröder Thon/
Befleckt/ ohnmächtig/ kranck/ ein sündliches Geschlechte.
Doch hältstu über ihm genädig Aug' und Hand/
Es wallet gegen ihm dein brennendes Gemütte/
Dein Sohn ist selbst das Pfand
Der ungefärbten Huld/ ein Zeuge deiner Gütte.
Wie aber denckt/ o Gott! der schnöde Mensch an dich/
Hier ist nur Undanck und Vergessenheit zu finden/
Erforsch ich selber mich/
So seh ich alle Spur der Danckbarkeit verschwinden.
Ich denck am meisten/ wie mirs zeitlich gehe wohl/
Und lasse hin und her zerstreute Sinnen wancken;
Was ich bedencken soll/
Drauff richt ich offtermahls nur flüchtige Gedancken.
Ich bin mir wenig Lieb' und Treu zu dir bewußt/
Drum muß mich schwartze Reu' und bange Furcht bekräncken/
Es kocht in meiner Brust
Gehäuffter Sünden Schuld/ betrübtes Angedencken.
Ich leider! bins/ der dich/ o Heyland/ band und schlug/
Der dein geängstes Haubt mit Sünden-Dornen rizte/
Dir Holtz zum Creutze trug/
Und selbst für Hand und Fuß die scharffen Nägel spizte.
Ach Herr/ gedencke nicht die Schulden junger Zeit/
Noch wie ich war bedacht das Sünden-Maaß zu füllen/
Denck in Barmhertzigkeit
An mich und deinen Sohn/ um deiner Gütte willen.
Denckst du in Gnaden mein/ so bin ich wohl bedacht/
Mein Frevel aber bleibt in Ewigkeit vergessen.
Nun Erde gutte Nacht!
Ich dencke nur an den/ des Liebe nicht zu messen.
Wohl dem/ der nicht im Rath der Ungerechten wandelt/
Der nicht der Sünder Weg/ der Spötter Stul berührt/
Der Gottes Wort mit Lust und reinem Hertzen handelt/
Und sein Gesetze Tag und Nacht im Munde führt.
Der grünet wie ein Baum gepflantzet an den Bächen/
Der seine Früchte bringt zu ausgesezter Zeit.
Kein rauher Wind noch Herbst kan seine Blätter schwächen/
Was er beginnt/ geräth/ und was er wünscht/ gedeyt.
So gehts den Leuten nicht/ die sich vor Gott nicht scheuen/
Der Grund/ auff dem sie stehn/ ist ungewisser Sand/
Sie lassen sich wie Spreu und Staub durch Wind verstreuen;
Was Gold und Eisen hieß/ wird Koth und Wachs erkandt/
Drum kan der Falschen Sinn nicht bleiben im Gerichte/
Noch/ wer gesündigt hat/ bey reiner Schaar bestehn;
Denn auff der Frommen Weg scheint Gottes Angesichte/
Wenn böser Leute Pfad mit Schanden muß vergehn.
Wie tobt der Heyden-Volck mit so vergebnem Schwätzen?
Die Könge wollen sich dem Herren widersetzen.
Der Landes-Fürsten Schluß/ der stoltzen Herren Rath
Geht wider Gott und den/ den er gesalbet hat.
Sie wollen seine Band' in tausend Stücke reissen/
Und seiner Herrschafft Seil von ihren Schultern schmeissen.
Doch der im Himmel wohnt/ lacht ihre Klugheit aus/
Ihr Eyfer stürmt umsonst sein unbesiegtes Hauß/
Er wird sie dermahleinst mit seinem Grimm erschrecken/
Durch seine Donner-Stimm aus ihrem Schlaffe wecken.
Mein König ist gesezt auff Zions heilgen Thron/
Da lebt und herrscht vor mir/ mein heut erzeugter Sohn/
Dem ich zum Erbe will die stoltzen Heyden geben/
Dem/ was auff Erden lebt/ soll unterthänig leben/
Der einen Königs-Stab von festem Eisen trägt/
Der ihren harten Sinn wie Töpffe niderschlägt.
So last euch weisen nun/ ihr Könge dieser Erden/
Ihr Richter lernt gerecht und eingezogen werden/
Dient ihm mit Furcht/ und freut euch zitternd seiner Macht/
Küßt ihn/ damit sein Zorn nicht über euch erwacht.
Damit er euch den Weg der Boßheit nicht verkürtze/
Und eh ihr Busse thut in euren Sünden stürtze/
Denn man wird seinen Zorn bald angebrennet schaun/
Doch alle denen wohl/ die seiner Gütte traun.
Ach Herr/ wie sind so viel der Feinde/ die mich hassen/
Die mir durch Macht und List zu schaden seyn bedacht.
Sie sagen unter sich: Er ist von Gott verlassen/
Wie bald wird seine Seel in unser Netze bracht.
Du aber bist der Schild/ der mich zu Ehren bringet/
Und mein verachtes Haubt hebt aus dem Staub empor/
Wenn vor des Herren Thron mein Angst-Geschrey erklinget/
So neiget er zu mir sein gnädig Vater-Ohr.
Ich lege mich getrost zur sanfften Ruhe nieder/
Und schlaff in Gottes Hutt von Feinden sicher aus.
Sind hundert tausend mir und noch vielmehr zu wider/
So legen sie sich doch vergebens um mein Hauß.
Auff/ HERR/ und hilff mir/ Gott/ du schlägest auff den Backen
Der Feinde stoltzes Heer/ zerschmetterst ihren Zahn/
Und drückest in den Koth die hochgesinnten Nacken/
Beym Herren trifft man Hülff' und reichen Segen an.
Erhöre mich/ wenn ich mit Seuffzen vor dich trete/
GOTT/ meiner rechten Sach ein Gott/
Der du mich tröst in Angst und Noth/
Sey mir genädig und erhöre mein Gebete.
Wie lange werdet ihr noch spotten meiner Ehren/
Ihr stoltzen Herren dieser Welt/
Die Eitelkeit gefangen hält/
Und die ihr euch so gern die Lügen last bethören.
Erkennet/ daß der Herr durch wunderliche Wege
Doch allemahl zum Besten führt/
Die er von reinem Hertzen spürt/
Der Herr erhört/ wenn ich ihn anzuruffen pflege.
Betrübet euren Geist der Bösen Wohlergehen/
Die offt den Rosen gleiche blühn/
So murret doch nicht wider ihn/
Und lernet seinem Creutz und Prüfung stille stehen.
Ermahnet bey der Nacht auff eurem Thränen-Bette
Das Hertze zur Geduld im Leid/
Befleißt euch der Gerechtigkeit/
Und glaubet/ daß der Herr/ die auff ihn traun/ errette.
Viel sagen/ solt uns der was Guttes können weisen/
Dem selbsten Hülff und Rath gebricht.
HERR/ wend auff uns dein Gnaden-Licht/
Daß wir und alle Welt dein' Hülffe müssen preisen.
Es mag die falsche Schaar viel Wein und Korn besitzen:
Mein Schatz und meine Lust bist du/
Ich lieg und schlaff' in stiller Ruh/
Weil mich der Höchste will vor allem Unfall schützen.
Wunsch aus dem 10. und 119. Psalm
Meine Seele liegt im Staube/ daß mein Hertz für Gram verschmacht/
Heb mein Haubt empor/ und stärcke mich durch deines Trostes Macht.
Ja du hörst/ HERR/ das Verlangen der betrübten Seelen an.
Mein Hertz weiß/ daß deine Gütte helffen will und helffen kan.
Diesen Trost Immanuel/ will ich fest zu Sinne fassen/
Zeit und Ort/ wenn/ wie es gutt/ deinem Willen überlassen.
Aus dem 20. Psalm
Es höre der Herr dein Klagen in Noth/
Es schütze dich Jacobs gewaltiger Gott/
Er sende dir Hülffe vom heiligen Thron
Und Labsal und Stärcke vom Berge Zion.
Er dencke genädig an dein Geschrey/
Dein Opffer der Lippen ihm angenehm sey.
Er gebe dir/ was dein Hertze begehrt/
Und mache dein Christliches Wünschen gewehrt/
Damit du nach selig vollendeter Zeit
Ihn lobest und rühmest in Ewigkeit.
Ich kan nicht lustig seyn/ mein traurig Hertze weinet/
Wenn mein verstellter Mund erfreut zu lachen scheinet/
Die Sprache zwinget sich/ das Hertze saget nein/
Es komme wie es will/ ich kan nicht lustig seyn.
Ich weiß nicht was mir fehlt; ich darff nicht Mangel leyden/
Des milden Himmels Gunst hat mir mein Theil bescheiden/
Obgleich kein Uberfluß im Kasten wird gezählt/
So reicht es immer zu/ ich weiß nicht was mir fehlt.
Mir mangelt freyer Mutt/ ich darff nicht Liebe klagen/
Kan keuscher Ehe Frucht auff beyden Armen tragen/
Die Ehrsucht plagt mich nicht/ die manchem wehe thut/
Nur das ist mein Beschwer/ mir mangelt freyer Mutt.
Der schwache Leib empfind wohl offt Beschwerligkeiten/
Und sieht ihm allgemach sein frühes Grab bereiten/
Trägt seinen Tod mit sich/ doch iedes Adams Kind
Fühlt unterweilen/ was der schwache Leib empfind.
Die krancke Seele drückt wohl auch ein schwer Geblütte/
Jedoch am meisten steckt der Mangel im Gemütte/
Durch Hoffnung naher Grufft wird offt der Geist erquickt/
Wenn matter Glieder Last die krancke Seele drückt.
Ich leide steten Zwang/ bin bey vergnügten Stunden
An stille Traurigkeit/ Verdruß und Angst gebunden/
Bin wachend voller Schlaff/ und bey Gesundheit kranck/
Bey Leben halber Tod/ ich leide steten Zwang.
Ich bin mir selber gram/ daß ich mich nicht kan zwingen
In ungezwungner Lust ein Stündchen hinzubringen/
Und mehre den Verdruß durch Ungedult und Scham/
Doch thu ich was ich will/ ich bin mir selber gram.
Wer lindert meine Qual? Last Gold und Silber fliessen/
Last mich der Perlen Staub/ Corallen-Blutt geniessen/
Bringt saure Quellen her/ und zieht den Geist aus Stahl/
Diß alles hilfft mich nicht: Wer lindert meine Qual?
Kein Arzt verschafft mir Rath/ glückselig ist im Leben
Wem Gott ein frölich Hertz und freyen Sinn gegeben;
Wofern der Höchste diß nicht mitgetheilet hat/
Ist alle Müh umsonst/ kein Arzt verschafft mir Rath.
Ach komm gewünschter Tod/ du Artzney vieler Klagen/
Du Anfang süsser Ruh/ du Ende schwerer Plagen/
Lust-Pforte/ Freuden-Schlaff/ Besieger aller Noth/
Ich sehne mich nach dir/ ach komm/ gewünschter Tod.
Willkommen liebes Grab/ du Wohn-Hauß vieler Brüder/
Der Müden Schlaff-Gemach/ du Ruhstatt sichrer Glieder/
Ich lege meine Noth mit Freuden bey dir ab/
Und sage wohlgemutt: Willkommen liebes Grab!
Ruhe der Seelen in Gott
Ach/ wo soll ich Ruhe finden
Für den Ohnmachts-vollen Geist?
Wenn der Sonnen Glantz verreist/
Und des Tages Kräffte schwinden/
Eil ich zwar dem Lager zu/
Doch wo findt das Hertze Ruh?
Nach der rauhen Stürme Bellen/
Welche manches Schiff bekriegt/
Unter Furcht und Angst gewiegt/
Eilt es bey gestillten Wellen
Auff den sichren Hafen zu/
Wo findt meine Seele Ruh?
Nimmt der lange Tag ein Ende/
So hört auch der Arbeit Lauff
Und das heisse Schwitzen auff/
Müde Rücken/ matte Hände
Werden frey von ihrer Last:
Wo findt meine Seele Rast?
Auff der Wolcken nasses Weinen
Zeiget sich der Sonnen Licht;
Wenn der kalte Winter bricht
Muß die Frühlings-Lust erscheinen/
Für mein trübes Hertz allein
Will nicht Licht/ nicht Sonne seyn.
Vogel nehmen unter Zweigen
Grüner Bäume sichern Stand/
Thiere streichen durch das Land/
Haben doch ihr Lager eigen/
Ruhen offt bey düstrer Nacht/
Wenn mein feuchtes Auge wacht.
Ob ich bey den eitlen Freuden
Irrdsche Ruhe suchen will/
Fehl ich doch das rechte Ziel.
Lust wird mir zu Last und Leyden/
Was ich mich zu zwingen thu:
Wo findt meine Seele Ruh?
Nehm ich Zuflucht zu den Höhen
Dieser ungetreuen Welt/
Manches Fall-Bret ist gestellt/
Wo man sicher denckt zu stehen/
Gunst verschwindt in einem Nu:
Wo findt meine Seele Ruh?
Herr des Himmels und der Erden/
Zeige mir die gutte Bahn/
Wo ich Ruhe finden kan/
Wo ich sicher für Beschwerden/
Frey für Creutzes-Bangigkeit
Schließ im Frieden meine Zeit.
Unter deine Gnaden-Flügel
Berg ich mich/ und ruhe wohl;
Wird das Hertz offt Traurens voll/
Laß ich ihm doch nicht den Zügel/
Bey dir findt die Seele Rast/
Welche du geschaffen hast.
Nun so last das Hertze puffen/
Last das Aug in Thränen stehn/
Und den Pulß mit Zittern gehn!
Mein Geist soll zum Herren ruffen/
Unter aller Angst und Noth
Ruhet meine Seel in GOTT.
Diß/ was Erde nicht kan geben/
Was die Welt umsonst verspricht/
Mangelt mir bey Gotte nicht/
Trost und Hülffe/ Ruh' und Leben/
Für das Volck/ das Gott vertraut/
Ist die Ruhstatt doch gebaut.
Gedenck/ o Mensch/ dich zu beschicken/
Wie bald ists nicht mit dir geschehn/
Wer heute seine Macht läst sehn/
Liegt leichtlich Morgen auff dem Rücken;
Ein Tag voll Sonn und heller Lufft
Schickt mehrmahls in die dunckle Grufft/
Was schien kein Ende zu gewinnen/
Und was man liebet und erhebt/
Verschwindet bald aus Hertz und Sinnen/
Wanns uns nicht mehr für Augen schwebt.
Indeß hält dein verstocktes Hertze
Der Sinnen Irrlicht so verblendt/
Daß es nicht fühlet/ sieht noch kennt/
Was ewig freu' und ewig schmertze.
Die träge Schlaff-Sucht wiegt dich ein/
Daß keiner heilgen Flamme Schein
Die todte Finsterniß durchdringet/
In Blindheits-voller Mattigkeit/
Die den erstorbnen Geist bespringet/
Verschläfft/ verderbst du deine Zeit.
Ach ändre/ bessre die Gedancken/
Besinne klüger/ was du thust/
Und zwinge deine freye Lust
Mit Ernst in ausgesteckte Schrancken/
Denck/ handle/ liebe so mit Fleiß/
Als ob der lezte Todes-Schweiß
Dich stündlich übereilen wolte/
Als ob dein lezter Augenblick
Einträt/ und nun entscheiden solte
Dein ewig Weh/ und ewig Glück!
Wer Sorge trägt für sein Gewissen/
Der schaut den Tod nicht anders an/
Als eine Freuden-volle Bahn
Zu wünschens-würdigem Genüssen.
Er kan das klappernde Gebein/
Der dürren Wangen bleichen Schein
Mit unverwandtem Mutt ertragen/
Denn jenes bildet ihm nur hier
Das Ende seiner Müh und Plagen/
Und die der Freyheit Eingang für.
Fleuch für der Schuld/ und thue Busse/
Wiltu genüssen ewger Ruh/
Damit du nicht in fauler Muße
Dem grossen Hauffen rennest zu.
Bereite dich ja ohn Verdruß:
Denn/ hast du heute nicht den Schluß/
Wird er dir morgen leichter fallen?
Hast du das Ziel in deiner Hand/
Daß dir bey deinem rohen Wallen
Der Morgen noch wird zugewand?
Was hilfft dich auch dein Längerleben/
Wenn keine Besserung dabey/
Als daß es mehrer Sünd ergeben/
Auch mehrer Straffe schuldig sey?
Wird mit der hohen Jahre Zahl
Nicht offtermahls zu Stein und Stahl
Der Schwamm so unsre Seel umgeben?
Das Hertze will dem Peche gleich
Nur länger an der Erde kleben/
Und sehnt sich nicht nach Gottes Reich.
Ach wolte Gott/ daß unsre Sinnen
Nur möchten in sich selbst entzückt
Zum gutten Recht und wohlgeschickt
Bißweilen einen Tag gewinnen!
So sehn wir/ daß der schwere Geist
Sich nur auffs Irrdische befleißt/
Prangt offt mit hinterlegten Jahren/
Doch fragt man/ wie sie zugebracht/
So läst der stumme Mund erfahren/
Daß man auff wenig Gutts gedacht.
Scheint dir der Tod voll Furcht und Schrecken/
So wisse/ daß dir mehr Gefahr
Und Scheu/ als ie zu fürchten war/
Dein längres Leben kan erwecken;
Wohl ist es um den Mann bestellt/
Der diesen stets in Augen hält/
Sich mit ihm umzugehn bereitet/
Der von sich selbst sich trennt und theilt/
Sich selbst noch eh als ihn bestreitet/
Der wird von ihm nicht übereilt.
Gewöhne dich/ dir selbst zu sagen/
Wenn einer izt sein Leben schliest:
Es wartt auff dich/ was du izt siehst/
Bald wird auch deine Stunde schlagen.
Wenn izt der frühe Tag erwacht/
So zweifel/ ob sich biß zur Nacht
Dein flüchtig Leben werd erstrecken/
Und schläffst du ein/ so dencke gern/
Ob dich auch wieder werd erwecken
Der angenehme Morgen-Stern.
Kömmt nun die lezte Lebens-Stunde/
So denckt man anders als vorhin/
Die alte Schuld kömmt uns zu Sinn/
Und brennet in verharschter Wunde;
Da wird uns bitter und vergällt/
Da Höllen-straffbar vorgestellt/
Was man anizt mit Frevel treibet/
Wie wünscht man offt in solchem Nun
(Und glücklich/ wenn der Wunsch bekleibet!)
Noch Zeit zu wahrem Busse thun.
Wohl dem/ der eh die Kräffte schwinden/
Der Eitelkeit und Sünd ablebt/
Sich so in Buß und Reu begräbt/
Daß ihn der Tod bereit muß finden!
HERR/ der du hast den Tod geschmeckt/
Daß er uns nicht zur Hölle schreckt/
Lehr mich der Erde täglich sterben:
Wenn ich denn schliesse meinen Lauff/
Laß mich im Tode nicht verderben/
Und nimm den lezten Seuffzer auff!
Buß-Gedancken/
Als er sich unterweges verirret
Mein Gang verirret sich/ doch noch vielmehr mein Leben/
Mein ungewisser Schluß wählt nicht den rechten Pfad/
Der wanckelhaffte Sinn erkiest nicht gutten Rath:
Das schwache Wollen folgt des Fleisches Widerstreben/
Ich fühle die Vernunfft mit meiner Regung streiten/
Ich weiß fast/ was ich thun und was ich meiden soll.
Doch jenes fällt mir schwer/ und diß gefällt mir wohl/
Des Geisters Krafft entsinckt/ der Fuß beginnt zu gleiten.
Das Aug' erlustigt sich an fremd-verbotner Wahre/
Das Ohre nimmt mit Lust die süsse Reitzung ein/
Das Hertze giebet nach/ berückt durch gutten Schein/
Die matte Tugend liegt erstorben auff der Bahre.
Wo aber will ich hin? Des dicken Waldes Schatten
Vermehrt der langen Nacht betrübte Dunckelheit.
Ich seh und höre nichts/ als wie die Eule schreyt/
Wie Kröt und Otter pfeifft/ wo bin ich hingerathen?
Der erst-gebahnte Weg will nach und nach verschwinden/
Ich halte voller Furcht auff unbetretner Bahn/
In Hecken und Morast die müden Zügel an/
Weiß weder vor mich hin/noch hinter mich zu finden/
Die Freude geht vorbey/ die Wollust ist verschwunden/
Gelegenheit entflieht/ die schnelle Zeit fließt hin/
Furcht und Betrübnis bleibt der leidige Gewinn
Von aller Fröligkeit/ die ich zuvor empfunden.
Was Rath ist/ blödes Hertz! kanst du nicht mehr zurücke?
So brich zur Seiten aus/ halt dich zur rechten Hand/
Vermeide falschen Grund und suche festes Land/
Der Pusch und Himmel ist nicht aller Orten dicke.
Die braune Nacht entweicht/ die Mehrerin der Sorgen/
Der Monde weiset mir sein erstgebornes Licht/
Ich lerne wiederum erkennen Weg und Pflicht/
Mein frohes Hertze grüßt den nunmehr nahen Morgen.
Mein Urtheil weckt nun auff die eingeschläfften Sinnen/
Der Geist erholet sich/ gestärcket durch den Geist/
Der das verirrte Volck zu rechtem Wege weist.
HERR/ richte meinen Fuß/ und fördre mein Beginnen.
Buß-Gedancken bey grosser Hitze
Wo soll ich fliehen hin/ daß ich im Schatten sitze?
Es brennt des Höchsten Zorn mit angeflammter Hitze
Den von Gerechtigkeit und Unschuld-blossen Geist/
Der Thränen aus dem Aug/ und Blutt vom Hertzen schweist.
Kein Kürbiß-Blat beschirmt mich nicht/
Wenn dieser Sonne Feuer sticht/
Kein dunckler Wald noch düstre Höle
Kühlt oder birgt die matte Seele.
Der Unschuld reines Kleid/ zu dem ich war erkohren/
Hab ich durch Evens Lust und Adams Biß verlohren/
Mein Wahnwitz reist mir selbst den Rock des Heiles ab/
Den mir der Tauffe Bund doch zu gebrauchen gab.
Die mit viel Schuld beschwärzte Schoß
Ist leider aller Zierde bloß/
Nichts hab ich mehr mit Furcht und Zagen/
Als nackte Dürfftigkeit zu klagen.
Wo soll ich fliehen hin? der Tag will kühle werden/
Die Gnaden-Sonne neigt sich weit von mir zur Erden/
Von fernen dräuet mir Zahnklappern finstrer Grufft/
Von Hinten schrecket mich das Stürmen schwartzer Lufft:
Wie sich ein Aespen-Laub bewegt/
Wenn Eurus Zweig an Zweige schlägt/
So sieht man unter solchem Wittern
Mein höchsterschrocknes Hertze zittern.
Wohin verberg ich mich für Gottes Angesichte?
Der tieffsten Berge Klufft ist seinen Augen lichte!
Sezt ich dem Rücken gleich Matutens Flügel an/
So weiß ich/ daß sein Blick mich doch ereilen kan.
Des abgelegnen Meeres Grund
Ist ihm durch alle Flutten kund/
Wolt ich mir in die Hölle betten/
So findt sich da auch kein Erretten.
Last Decken Babylons mit stoltzem Ruhme sticken/
Mich kan kein fremder Zeug bey eignem Mangel schmücken/
Ich poche nur umsonst auff Arbeit meiner Hand/
Und würcke nichts als Müh und Frevel zum Gewand.
Mit Adams welckem Feigen Blat
Bedeck ich meine Missethat/
Mein Thun gleicht leichten Spinnenweben/
Und kan mir keine Kleidung geben.
Weg mit geborgtem Schmuck und eigner Flecken Kleide/
Mein Jesus beut mir an die Rosin-rothe Seide/
Durch sein selbst eigen Blutt gefärbt ans Creutzes Stamm.
Ward nicht das erste Kleid/ (er ist das reine Lamm
Für mich von Anbeginn geschlacht:)
Durch Gott von Fellen selbst gemacht?
In sein Verdienst will ich mich kleiden/
Und so getrost von hinnen scheiden.
Uber die Worte:
Ich armer Mensch/ wer will mich erlösen von dem Leibe
dieses Todes
Wer macht mich armen Kloß der Erde
Vom Leibe dieses Todes frey?
Wenn kömmt die göldne Zeit herbey/
Daß ich erlöst und ruhig werde/
Daß Sünde/ Noth und Kümmernisse
Sich legen unter meine Füsse?
Wie matt ist meine krancke Seele/
Der Sünden-Aussatz greifft sie an/
Daß sie sich nicht erholen kan;
Ihr dräut die finstre Schlangen-Höle/
Die ewig heissen Schweiß erwecket/
Und dennoch nicht das Gifft ablecket.
Nichts wird an ihr gesund erfunden/
Voll Schmertzen ist der sieche Geist/
Der Thorheits-Wunden Eiter beist/
Die nicht gehefftet noch verbunden/
Von Füssen an biß zu der Scheitel
Ist sie bekränckt/ verderbt und eitel.
Will sie sich manchmal gleich gewinnen/
Aus Delilens verdammter Schoß
Mit Simsons-Kräfften machen loß/
Bald wird sie ihrer Schwachheit innen/
Giebt wieder nach und fällt zurücke
In neue Sünd- und Kummer-Stricke.
Das Wollen hat sie offt zu leben/
Wie Gottes Wort und Ordnung heist/
Wenn sie sich aber drauff befleist/
Will ihr Vermögen widerstreben/
Die ungewissen Tritte wancken/
Es bleibt am meisten bey Gedancken.
Wie kan nun des Gesetzes Dräuen/
Der eignen Thaten böser Grund/
Der allzu ungewisse Bund
Der Sinnen/ die sich selbst zerstreuen/
Nicht steten Kummer/ Streit und Schrecken
In meiner armen Seel erwecken?
Der Knecht des Todes und der Sünden/
Der Leib/ in dem die Seele wohnt/
Wird eben so wie sie belohnt/
Und hat mit Wehthat zu empfinden/
Wie Wollust schöne Früchte weiset/
Und doch nur Sodoms-Aepffel speiset.
Das Haubt/ das öffters hat gesonnen
Auff Ehre/ Lust und Gutt der Welt/
Verspürt/ wie sein Bedacht verfällt/
Die Kräffte nach und nach zerronnen/
Wie Dunst und Schwindel im Gehirne
Mit Schweiß und Schmertz erfüllt die Stirne.
Die Augen schienen als Carfunckel/
Izt mindert sich ihr Glantz und Schein/
Sie werden trüb und fallen ein/
Ihr Licht wird unvermercklich dunckel/
Den blaß- und abgezehrten Wangen
Ist Fleisch und Farbe meist entgangen.
Am Gaumen klebt die dürre Zunge/
Die man nach Labung lechzen schaut/
Vor Hitze reist der Lippen Haut/
Ein stilles Feuer dörrt die Lunge/
Der Magen will sich kaum bequemen/
Die weichen Speisen anzunehmen.
Es züchtigen mich meine Nieren/
Die trockne Leber zeigt sich schwach/
Der bange Miltz wird reg' und wach/
Bald läst sich sonst ein Zufall spüren/
Es sincken die entmarckten Glieder
Im besten Gehn entkräfftet nieder.
Ruht gleich der Geist/ schläfft das Gewissen/
Doch ist das Hertze nicht vergnügt/
Es wird Gemütt und Sinn bekriegt
Von Sorge/ Kummer und Verdrüssen/
So müssen wir mit stetem Quälen
Die kurtzen Lebens-Tage zählen.
Wer macht mich armen Kloß der Erde
Vom Leibe dieses Todes frey?
Wenn kömmt die göldne Zeit herbey/
Daß ich erlöst und ruhig werde?
Daß Sünde/ Noth und Kümmernisse
Sich legen unter meine Füsse.
O Jesu/ Trost und Heyl der Erde/
Befrey die Seele von der Schuld/
Dem siechen Leibe gieb Geduld/
Biß ich erlöst und ruhig werde/
Biß Sünde/ Noth und Kümmernisse
Gehn völlig unter meine Füsse.
Ihr/ die die harte Last der schweren Sünde drückt/
Die ihr mit Hertzens-Angst mühselig seyd beladen/
Kommt/ spricht der Herr/ kommt her zum Tische meiner Gnaden/
So werdet ihr mit Trost und Hülffe seyn erquickt/
Die Seele wird euch rein/ das Hertze leicht gemacht/
Das Brod/ das ich euch will zur süssen Speise schencken/
Ist mein selbst eigner Leib/ vor eure Schuld geschlacht/
Der Tranck/ damit ich will die matten Glieder träncken/
Ist mein selbst eignes Blutt/ am hohen Creutz-Altar
Vor eure Missethat geopffert und vergossen.
O Jesu/ was du sagst/ ist ohngezweifelt wahr/
Die Worte/ welche selbst aus deinem Munde flossen/
Sind ohne Widerstreit. Wie schwach ich immer bin/
Wie sehr sich die Vernunfft dir will entgegen setzen/
So will ich solche doch in keinen Zweifel ziehn/
Vor Wercke deiner Gnad und deiner Allmacht schätzen.
Ich fasse sie mit Lust von deinen Lippen auff/
Und lasse sie erfreut durch Marck und Seele dringen.
Ich eil/ O Herr/ zu dir/ doch hemmen meinen Lauff
Die Sünden/ welche mich zum öfftern Falle zwingen/
Die überhäuffte Schuld/ so mein Gewissen nagt/
Spricht/ daß ich deiner Gunst ohnwürdig sey zu achten/
Macht/ daß ich mich zu dir zu finden bin verzagt/
Und mein betrübter Geist von Aengsten will verschmachten.
Und dennoch wiltu/ Herr/ ich soll mich finden ein/
Auff deine Güttigkeit vertrösten mein Gewissen/
Und offtermahls ein Gast bey deiner Taffel seyn/
Im fall ich deiner Gnad und Gütter will genüssen/
Dein Göttlich Himmel-Brod soll meinen schwachen Geist
Mit höchster Süßigkeit zum ewgen Leben stärcken.
Ach Herr/ wer bin ich doch/ dem du so viel veheißt/
Wie hab ich diß verdient mit meinen schnöden Wercken!
Ihr/ die die harte Last der schweren Sünde drückt/
Die ihr mit Hertzens-Angst mühselig seyd beladen/
Kommt/ sagstu/ her zu mir/ zum Tische meiner Gnaden/
So werdet ihr mit Trost und Hülffe seyn erquickt/
Die Seele wird euch rein/ das Hertze leicht gemacht/
O süsse Liebes-Wort! O Worte voller Leben!
Ein armer Sünder wird an deine Taffel bracht/
Du wilt ihm selber dich zur edlen Speise geben.
Du hast es/ Herr/ gesagt: daran begnüget mir/
Ob dich die Engel gleich mit höchster Ehr-Furcht schauen/
Ob die Gerechten gleich mit Schrecken nahn zu dir/
So kan ich Sünder doch auff deine Worte trauen/
Und zu dir treten hin/ Herr/ nimm mich gnädig an/
Und weil ich nicht genung mit vorgenommner Reue
Die auffgeladne Schuld vor dir beweinen kan
Aus Sünden-voller Art/ mich dannenher mit Scheue
Vor dir befinden muß/ und deiner hohen Gunst/
O Gnadenreicher Herr/ nur leyder! ohnwerth nennen;
Erwecke du in mir der wahren Busse Brunst/
Und laß mein kaltes Hertz in wahrer Andacht brennen.
Reiß/ was noch weltlich ist/ von meinen Sinnen aus/
Und laß mich würdiglich zu deiner Taffel gehen/
Und wenn gereinigt ist der Seelen edles Hauß/
So laß es dir allein zur Wohnung offen stehen!
Jesu/ deine Taffel fliehn/
Ist die Lebens-Quelle meiden/
Solche nicht recht unterscheiden/
Ist sich ins Gerichte ziehn/
Ohn dich muß die Seele schmachten
Und vergehn/ ohn Recht betrachten.
Schau ich deine Hoheit an/
Und wie niedrig ich zu schätzen/
So umgiebt mich ein Entsetzen/
Das ich kaum begreiffen kan/
Mitten stehn die schwachen Sinnen
Unter Furcht und Hoffnung innen.
HERR erleuchte meinen Geist
Durch die Strahlen deiner Gnade/
Daß ich nicht auffs Hertze lade
Was mich ins Verderben reist/
Auch mich des nicht mag verzeihen/
Was zum Heyl mir soll gedeyen.
Nimmer werd' ich würdig seyn/
(Wenn du mich nicht selbst bereitest/
Furcht und böse Lust bestreitest/)
Dich zu mir zu nehmen ein;
Ich muß in des Todes Schatten
Dein ohn deine Hülff' entrathen.
Doch rufft mich dein Wort zu dir/
Du heist alle zu dir kommen/
Die mit Schuld sich übernommen/
Dieses sagst du auch zu mir.
Gleiche Schuld und gleiches Ruffen
Läst mich gleich Erbarmnis hoffen.
Schick mich aber selber zu/
Wie du mich bereit wilt haben/
Schencke mir die gutten Gaben/
Weil ich selbst nichts Guttes thu/
Reu und Glauben/ Krafft und Willen/
Dein Wort besser zu erfüllen.
Laß mich einen Spiegel seyn/
Der dein reines Bildnis fassen/
Und in sich mag würcken lassen
Deiner Sonne Gnaden-Schein/
Daß ich deine Glutt empfinde/
Mich zu neuer Lieb' entzünde.
Der 3. Psalm
Meine Seele danckt dem Herrn
Unter reiner Christen Kern/
Wo die Frommen sich berathen/
Groß sind unsers Gottes Thaten/
Wer sie recht erwegen kan
Findet eitel Lust daran.
Was er ordnet/ was er thut/
Das ist löblich/ das ist gutt/
Herrlich und von grosser Stärcke
Sind des Allerhöchsten Wercke/
Sein Recht und Gerechtigkeit
Bleiben über alle Zeit.
Er/ der Herr/ voll Gnad und Treu/
Des Erbarmen immer neu/
Hat uns/ seiner zu gedencken/
Manche Wohlthat wollen schencken/
Auch ein Denck-Mahl noch zu lezt
Seiner Wunder ausgesezt.
Ewig hält er seinen Bund/
Speist der Frommen Geist und Mund/
Giebt dem Volck/ das ihn will ehren/
Sein gewaltig Thun zu hören/
Schleust der fremden Heyden Hauß
Nicht von seiner Erbschafft aus.
Recht und Warheit übet Gott/
Drauff sich gründet sein Gebot/
Treu und redlich soll mans treiben/
Darum muß es ewig bleiben/
Wenn sich Erd und Himmel regt
Steht sein Wort gantz unbewegt.
Er erlöset seine Schaar/
Sein Versprechen bleibet wahr/
Ewig blüh der Frommen Saamen/
Hehr und herrlich ist sein Nahmen/
Billich wird sein Preiß erhöht
Weiter als die Sonne geht.
Furcht des Herren kan allein
Rechter Weißheit Anfang seyn.
Gott gehorchen/ Gott recht kennen
Muß man wahre Klugheit nennen/
Wer diß lernt mit allem Fleiß/
Dessen Lob kein Ende weiß.
Himmel/ der mit so viel Augen ob uns unermüdet wacht/
Als du hell-beglänzte Lichter steckest aus bey brauner Nacht/
Warum regnet auff die Bösen deines Segens Uberfluß/
Wenn die Unschuld dürren Mangel/ harte Sorge tragen muß.
Aber was will ich ergründen deinen unerschüpfften Sinn/
Der ich nichts als Staub der Erden/ nichts als Rauch und Schatten bin?
Kan nicht diß/ was Freude scheinet/ andern Plag und Ungedeyn/
Was vor Unglück wird gehalten/ unser Nutz und Bestes seyn?
Ich bemühe mich vergebens zu ergründen deinen Sinn/
Der ich nichts als Staub der Erden/ nichts als Rauch und Schatten bin.
Gott liebt/ drum straffet er: Wir würden/ uns gelassen/
Die Eitelkeit der Welt zu sehr ins Hertze fassen/
Und als ein wildes Roß/ wenn keine Straffe wär/
Ohn Zaum und Zügel irrn: Gott liebt/ drum straffet er.
Gott strafft/ drum liebet er: Damit wir uns erkennen/
Wie wir/ zur Straffe reiff/ in Glutt der Sünden brennen/
Kömmt seine Züchtigung; doch kömmt sie nie so schwer/
Als unsre Schuld verdient: Gott strafft/ drum liebet er.
Gott liebt/ drum straffet er: Auff daß wir zu ihm fliehen/
So muß uns seine Hand offt lind/ offt harte ziehen;
Bald lockt/ bald dringt er uns zur Buß und Wiederkehr/
Will uns doch nicht verderbt: Gott liebt/ drum straffet er.
Gott/ dessen Vater-Hand uns will in Wehmutt sencken/
Woll uns in Unmutt Mutt/ nach Regen Sonne schencken;
Er wende grösser Leyd/ und geb uns den Verstand/
Daß wir mit Lieb und Furcht ihm küssen Rutt und Hand.
Gott lebt: was trauren wir? Er lebet uns zum Besten;
Wie sehr uns Hertzeleid/ Furcht/ Sorg' und Sünde questen/
So lebet seine Gnad/ und öffnet uns die Thür
Aus Angst zu Freud und Ruh: Gott lebt; was trauren wir?
GOTT liebt: was trauren wir? Wir fühlen manche Plagen/
Es wird uns Hertz und Geist und Bein und Marck zerschlagen/
Aus Liebe/ nicht aus Haß; was schreiben wir ihm für!
Er hilfft uns/ wenn es gutt/ GOTT liebt: was trauren wir?
Eitelkeit
Ihr bejahrten Eich- und Tannen/ deren dick-umlaubtes Haubt
Diesem Bache Schatten giebet/ ihre Macht der Sonnen raubt/
Wie vergleicht sich euer Stand also wenig mit dem meinen!
Wie so wenig kan der Mensch eurem Wesen ähnlich scheinen!
Hundert Jahre sind verstrichen/ und ihr seyd noch frisch und gantz/
Eure Rind' und Blätter haben noch vollkommen ihren Glantz.
Ich/ bey Leben mehr als todt/ muß dem Rest der Jahre weichen/
Eh ich noch das halbe Theil eures Alters kan erreichen.
Euch muß nutzen/ mehr als schaden der beflammte Sonnen-Schein/
Was der kalte Winter raubet/ bringt der warme Sommer ein;
Ich erfriere/ wenn es kalt; ich verbrenne/ wenn es hitzet/
Weder Lentz noch Winter ists/ welcher mich vorm Tode schützet.
Ihr erhebet eure Wipffel fast biß an das Sternen-Dach/
Ihr umarmet Lufft und Wolcken/ gebet keinem Sturme nach;
Ich vor Blitz und Donner scheu/ muß das Haubt zur Erden biegen/
Deren offne Schoß für mich machet Raum und Platz zu liegen.
Sind nun mehr als wir die Bäume/ was erhebt sich unser Geist?
Was ist/ daß man in Gedanken über Mond und Sternen reist?
Last uns iede Stund und Tag/ ieden Morgen also leben/
Als wenn auff den Abend wir müsten Gutt und Blutt begeben.
Die Zeit läst ihre Flucht uns täg- und stündlich schauen
Und dennoch wollen wir auff ihre Länge bauen:
Ein Sclave fremder Gunst stirbt/ eh er ihm gelebt/
Ein Knecht der blinden Lieb/ ein Diener seiner Gütter/
Macht ihm sein Leben selbst durch Furcht und Hoffnung bitter.
Wer kühner Hitze voll/ nach fremden Blutte strebt/
Sucht offters vor der Zeit sein eignes zu verlieren/
Wer sich den schnöden Dunst der Ehre läst verführen/
Dient vor ein Gauckel-Spiel des Glückes und der Zeit.
Was trachtet ihr denn viel/ ihr Bürger dieser Erden/
Begünstigt/ reich/ geliebt/ gefürcht und hoch zu werden?
Wenn ihr doch Erd aus Erd und Staub und Asche seyd.
Vergleichung des Jahres und menschlichen Lebens
Der Winter ist hin/ die Blumen bezieren
Hügel/ Gründe!
Sanffte Winde
Durch bisamte Lüffte sind itzo zu spüren.
Mit Diamanten
Des nassen Zolls bemühn sich einzustellen
In vollem Lauff ans Meeres Kanten
Die flüchtige Kinder beständiger Quellen.
Fleucht der Winter mit schnellem Gefieder/
Er kömmt wieder.
Wenn neun Monate seyn verstrichen.
Ist der Mensch im Tode verblichen/
So wird er Staub/ der Geist als Schatten schwebet.
Er liegt im Grab/ als hätt' er nie gelebet.
Der Lentz ist hin/ man fühlet nicht spielen
Kühle Lüffte:
Heisse Düffte
Mit brennenden Dünsten beschweren im schwülen.
Der grünen Buchen
Vertrocknet Laub hängt an den matten Zweigen/
Die Sonne macht/ ihr Kühlung auszusuchen/
Durch feurige Strahlen die Bäche verseigen:
Entfleucht der Lentz mit schnellem Gefieder/
Er kommt wieder
Wenn neun Monate seyn verschlichen.
Ist der Mensch im Tode verblichen/
So wird er Staub/ der Geist als Schatten schwebet/
Er liegt im Grab/ als hätt er nie gelebet.
Der Sommer entweicht/ es kühlet die Blätter
Frisches Thauen:
Dürren Auen
Bringt wachsendes Grummet das feuchtende Wetter.
Man schauet hangend
Den krummen Baum voll schöner Frücht am Anger/
Mit Trauben/ gleich Schmaragd und Purpur prangen
Der Ulme Verliebten/ den Reben-Stock/ schwanger.
Entfleucht der Sommer mit schnellem Gefieder/
Er kommt wieder
Wenn neun Monate sind entwichen.
Ist der Mensch im Tode verblichen/
So wird er Staub/ der Geist als Schatten schwebet/
Er liegt im Grab/ als hätt' er nie gelebet.
Der Herbst verstreicht/ die Tage verdunckeln/
Dicke Nebel/
Schnee-Gewebel
Füllt Thäler/ muß Gipffel der Berge befunckeln.
Von Sturm und Winden
Hört man mit Furcht die Eich und Tanne brechen/
Wenn izt das Scheit die glimme Funcken zünden/
Bemüht sich der Pusch am Winter zu rächen.
Entweichet der Herbst mit schnellem Gefieder/
Er kömmt wieder
Wenn neun Monate seyn verstrichen.
Ist der Mensch im Tode verblichen/
So wird er Staub/ der Geist als Schatten schwebet/
Er liegt im Grab/ als hätt er nie gelebet.
Doch mögen die Monden der Flüchtigen Jahre
Gleich den Pfeilen
Von uns eilen/
Was schadet uns Alter und Winter und Bahre?
Gesezte Sinnen/
Die in der Zeit zum Wechsel sich bereiten/
Und Eitelkeit nicht lieb gewinnen/
Kan Sterben zu keinem entsetzen verleiten.
Läst die Seele die schmachtenden Glieder/
Sie kömmt wieder
Wenn die Tage der Ruhe verstrichen:
Ist der Mensch im Tode verblichen/
Er stehet auff/ sein Geist ist unverdorben/
Er lebt auffs neu/ als wär er nie gestorben.
Das junge Jahr bekrönt unlängst ein Blumen-Strauß/
Es legte seine Pracht im bunten Mayen aus;
Bald wieß es mehr erstärckt der Felder gelbes Haar/
Der Leib/ der von der Gunst des Himmels fruchtbar war/
Schickt/ an der Seuffzer statt/ aus seiner heissen Schoß
Die Dünste nach der Lufft/ draus Thau und Regen floß.
Bald kleidet sich sein Herbst mit braunen Früchten an/
Gab was uns sättigen/ gab was uns träncken kan.
Nun ist sein frostig Haubt voll Runtzeln und beschneyt:
So eilends ändert sich auch unser Stand und Zeit!
Der Jugend Blütte geht/ den Blumen gleich/ vorbey/
Der Mannschafft Sommer fühlt/ was Kummers Hitze sey/
Wenn sich der Jahre Herbst will schicken zum Genuß/
Erstarrt der Glieder Eiß/ und folgt des Lebens Schluß.
Marini
Der unglückselge Mensch kan kaum die Welt begrüssen/
Daß nicht ein Thränen-Fluß/ eh das noch schwache Licht
Den hellen Tag erkennt/ aus seinen Augen bricht:
Wird frey und lässet sich in neue Bande schlüssen.
Ist er der zarten Milch und ersten Speiß entrissen/
So fässelt seinen Mutt der Zucht gezwungne Pflicht/
Befreyet ihn die Zeit/ wie muß sein Hertze nicht
Sich lebend offt und tod von Glück und Liebe wissen!
Was hat er denn für Sorg' und Kummer auszustehn/
Was muß ihm nicht für Schmertz und Leid zu handen gehn/
Biß er gebückt und matt ergreifft den schwachen Stab.
Zulezt entflieht der Geist/ der Leib wird hingetragen/
So plötzlich/ daß ich muß mit tieffem Seuffzen sagen:
Wie nahe grentzen doch die Wieg' und unser Grab.
Eitelkeit der schnöden Welt/ die von aussen süsse schmeckt/
Unter Zeitvertreib und Lust Zeitverderb und Reue deckt!
Die leichte Stunde fliegt darvon/
Indem man hört der Glocke Thon.
Sterbliche/ was wolt ihr trauen
Auff vergönnten Freuden-Stand!
Des Gelückes Wunder-Bauen
Sincket vor der Zeit in Sand/
Eure Wollust gleicht den Träumen/
Welche mit der Nacht vergehn/
Gleicht den Wurtzel-losen Bäumen/
Die auff schwachem Fusse stehn.
Die Blätter siehet man izt grünen/ izt verderben/
Die Leute siehet man izt werden jung/ izt sterben.
Sinn-Bilder und Wahl-Sprüche
Die auffgehende Sonne mit abfallendem Thau:
Inter lacrumas oritur.
Der Thränen herbe Morgen-Frucht.
Ein Pferd mit auffgelegtem Cap-Zaum und Sprung-Riemen:
Lenta pati frena docetur.
Das harte Band der strengen Zucht.
Ein Habicht mit Fesseln und Schellen auff der Krücke:
Ardet & hæret.
Der eitlen Liebe tolle Sucht.
Eine Feuer-Lust-Kugel oder Raquete:
Micando necatur.
Der schnöden Ehre schnelle Flucht.
Ein Schiff im Sturme:
Hostes venti, cœlum, unda, procellæ.
Gehäufften Unglücks bittre Zucht.
Eine rothfalbe Erd-Mauß/ oder Erd-Schlieffel:
Effosso concolor Auro.
Die blaß-besorgte Gelder-Sucht.
Ein verdorrender Pfersing-Baum/ der noch etliche Blätter und Früchte hat:
Obrepit non intellecta senectus.
Der matten Kräffte frühe Flucht.
Jüden-Kirschen:
Fallaces hominum spes.
Ist unsers Lebens beste Frucht.
Eine Graß-meyhende Sense:
Rapit inclementia mortis.
Biß uns der Tod zum Grabe sucht.
Mit Thränen grüßt der Mensch das erste Tages-Licht/
Wie sich die Sonn im Thau aus Osten zu uns bricht.
Des Fohlen frechen Mutt bricht Capzaum und Gebiß/
Dem Knaben bringt die Zucht viel Nutzen und Verdrüß.
Mein scharffes Aug' erblickt von weiten Haaß und Taube/
Die lüsternde Begier schwingt sich nach ihrem Raube/
Wird offt daran gehemmt/ büst eigne Federn ein/
Drum muß der Liebe Lohn Stab/ Schell und Fessel seyn.
Mein Glantz verzehret mich/ mein Steigen wirfft mich nieder.
Je schneller ich mich heb/ ie eher fall ich wieder.
Wind/ Himmel/ Feind und Flutt bestürmen meinen Kahn/
Ist eine Noth vorbey/ die andre tritt heran.
Der Erde kleb ich an/ von der ich kommen bin/
Das Geld/ was sie mir gab/ geb ich ihr wieder hin.
Der Pfirsing-Baum verdorrt/ eh Eich' und Ceder blüht/
Der Menschen Krafft erliegt/ eh man sie fallen sieht.
Was gutter Hoffnung voll erfreuet die Gemütter/
Wird offters in der Hand und für dem Munde bitter.
Was noch in Blättern steht/ was Blüth und Saamen trägt/
Wird durch des Mäders Stahl an einen Ort gelegt.
Die Erd-Mauß: Fürbild des Geitzes:
Ich vergrabe/ was ich habe.
Palleam dum polleam.
Es gilt mir gleich/
Bin ich nur reich/
Ob roth ob bleich.
Zeit und Jahre/ Tag und Stunden gehen nach und nach dahin/
Daß man näher kömmt zum Sterben ist der beste Jahr-Gewinn.
Exilium tellus, carcer caro, patria cœlum.
Unser Noth-Stall ist der Leib/ unser Bann der Erden-Kreiß/
Droben ist das Vaterland/ daß uns zu vergnügen weiß.
Unser Leib ist wie ein Hauß/ dem man Stützen unterstellt/
Biß der schwache Grund entsinckt/ und es über Hauffen fällt.
Was nüzt des Wächters Fleiß/ was schüzt der Waffen Macht/
Der Mauren schwere Last/ der Wälle fester Grund/
Der Gräben tieffe Schooß/ der Stücke Donner-Mund/
Im fall nicht vor die Stadt des Herren Auge wacht.
Was stecket ihm der Mensch der Sorgen Ziel so weit/
Die gantze Welt ist ja voll leerer Eitelkeit.
Die beste Zeit vergeht den Menschen unter Händen/
Die Kranckheit findet sich/ das Alter schleicht sich ein/
Verdruß und Mühsamkeit muß ihr Ergötzen seyn/
Biß sie/ nach vieler Qual/ das kurtze Leben enden.
Wie eine Blume blüht/ so fliehet unser Leben/
Wir müssens/ ehe wir recht leben/ übergeben.
Gedancken über einen grossen Wind-Sturm und gesunckenen
Berg
Wo soll ich hin?
Der rauhe Sturm der ungeheuren Winde
Erregt das ungestüme Meer/
Rauscht über das bestürzte Feld/
Wirfft nieder/ was sich ihm entgegen stellt/
Und streut mit Zweigen hin und her:
Hier liegt die Eiche/ dort die Linde/
Hier kracht die Tanne/ dort die Buche/
Es knackt und reist das feste Dach/
Manch harter Stoß wiegt das Gemach/
Darinn ich feste Zuflucht suche:
Wo ist ein Ort/ an dem ich sicher bin?
Wo soll ich hin?
Wo soll ich hin?
Ich schaue selbst der Hügel Haubt zerrissen/
Der Boden sinckt wo Bäume stehn/
Es schält sich von der Mutter Schooß
Die Schaar der schweren Steine loß/
Man muß auff Ritz und Brüchen gehn.
Ein stiller Pfuhl entsteht für unsern Füssen/
Die Berge rauchen/ Thürne zittern.
Hier fliegen Steine durch die Lufft/
Dort spürt man eine neue Grufft/
Gebäue prasseln/ Häuser splittern:
Wo ist ein Ort/ an dem ich sicher bin?
Wo soll ich hin?
Bleib Seele feste stehn/
Sagt nicht der Herr/ dem Meer und Winde/
Dem Erd und Himmel dienstbar seyn:
Entwerffen sich der Berge Gründe/
Verfällt die hohe Spitz' ins Thal/
Und brechen stoltze Hügel ein/
Bedrohen dich die Flutten allzumahl/
Genung ists/ daß ich mich in Gnaden zu dir finde/
Last Erde beben/ Thürne falln und Winde streichen/
Es soll doch meine Gunst und Treu nicht von dir weichen.
Der längst mit dir geschloßne Friedens-Bund
Hat ewig unverrückten Grund.
Bleib Seele feste stehn.
Tauff- und Pathen-Wünsche
Jesu Christi Blutt allein/
Das am Creutze sich ergoß/
In den Brunn der Tauffe floß/
Macht von allen Sünden rein.
Wenn Wasser durch das Wort des Herren wird geweyht/
(Die beyden sind der Grund/) so wird ein Bad bereit/
Das unsre zarte Seel ererbter Schuld befreyt/
Uns unser Lebenslang zu Nutz und Trost gedeyht:
Diß/ Pathe/ bringe dir auch Heyl und Seligkeit.
Du grüssest diese Welt zu naher Oster-Zeit/
Des Herren Purpur-Schmuck wird deiner Blösse Flecken
Und angeerbte Schuld nach diesem Heyl-Bad decken/
Der Unschuld Christi Schnee wird dir ein Feyer-Kleid:
Dich möge durch die Welt ein steter Lentz begleiten/
Biß du den Sommer siehst der selgen Ewigkeiten.
Rühmt heisser Brunnen Nutz und saurer Quellen Krafft/
Wie sie verlohrne Stärck und neues Leben bringen/
Ich seh ein edler Bad in Christi Kirch entspringen/
Durch Geist und Wort geweyht: das hat die Eigenschafft/
Die angebohrne Schuld zu machen hell und rein.
Diß/ Pathe/ soll dir auch ein sicher Denckmahl geben/
Daß du in Gottes Huld wirst unverändert leben/
Und Wohlfarth/ Glück und Heyl dein Erbtheil werden seyn.
Du bist das zehnde Pfand von Gottes mildem Segen:
Ist dir mein treuer Wunsch was kräfftig beyzulegen/
So zehlet sich dein Glück und Heyl mit zehn mahl zehn/
Und wird dein Stamm an dir viel tausend Freude sehn.
Wusch dir das erste Bad den zarten Cörper rein/
So wird diß andre Bad/ durch Gottes Wort geweyht/
Mit Christi Blut besprengt/ der Seele dienlich seyn/
Und Zeugniß legen ab erworbner Seligkeit.
Des Menschen Hertze lebt im Blut/
Blutt hält uns kaum gezeugt umschlossen:
Des Menschen Seele kömmt zu gutt/
Das Blutt/ das Gott für uns vergossen.
In Christus Lieb- und Blutt-gefärbten Wunden
Wird unser Heyl und Seligkeit gefunden;
Der/ der sich selbsten fürgestellt
Den Weg/ die Warheit und das Leben/
Wird dich begleiten durch die Welt/
Und nach der Welt gen Himmel heben:
Diß/ Pathe/ tröste dich in gutt und bösen Stunden!
Des Leibes schnöden Koth pflegt Wasser abzubaden/
Vom Sünden-Kothe kan der Tauffe Flutt entladen;
Damit du/ Pathe/ mögst von Sünden sauber seyn/
Schleust dieser Quell-Brunn dich/ Gott gebe selig/ ein.
Uns hält zu dieser Zeit der Hitze Last beladen/
Dich Gottes schwerer Zorn und angeerbte Schuld!
Damit du kommen mögst in deines Schöpffers Huld/
Soll dich der Tauffe Brunn von Sünden sauber baden/
Und dir/ o Pathe/ seyn ein Pfand des Thaus der Gnaden.
Uns pflegt/ wenn wir zu erst das Tage-Licht erblicken/
Die Last ererbter Schuld und Gottes Zorn zu drücken.
Der heilgen Tauffe Bad macht uns davon befreyt/
Und hilfft/ o Pathe/ dir zu Heyl und Seligkeit.
Du begrüssest diese Welt in der Erb-Schuld schwartzem Kleide/
Da das ewig-reine Kind unsre Menschheit ziehet an.
Dein Erlöser/ der die Tage ward mit Purpur angethan/
Kleidet dich mit Bad und Blutt/ mit der Unschuld weisser Seide.
Tugend-Purpur/ Ehren-Sammt/ Glück und Alter soll dich zieren/
Biß du ewger Herrligkeit schönen Oster-Schmuck wirst führen.
Der Mehl-Thau fremder Schuld klebt allen Früchten an/
Nachdem der Eltern Mund den kühnen Biß gethan/
Doch/ der die Kelter von den Völckern tritt allein/
Der durch sein eignes Blutt bespritzet sein Gewand/
Macht sie durch Wein und Blutt/ durch Wort und Wasser rein/
Der/ Pathe/ reicht auch dir die milde Gnaden-Hand:
Dir ist vor Seel und Leib ein solches Bad bereit/
Daraus dir quellen wird Glück/ Heyl und Seligkeit!
Wenn Gottes strenger Zorn ob angeerbten Sünden
In heissem Grimm entbrandt/ erkühlen soll und schwinden/
So ist hierzu die edle Flutt/
Uns durch sein Wort/ geweyht im Bad der Tauffe gutt/
Diß/ Pathe/ wirst du auch zur Seligkeit empfinden!
Der Tauffe Flutt befreyet aller Flecken/
Womit uns pflegt die Erb-Schuld anzustecken/
Auff daß du auch erlangest solches Gutt/
Nezt/ Pathe/ dich der heilgen Tauffe Flutt.
Des Höchsten Gunst/ woraus der Brunn geflossen/
Macht dich dadurch zu seinem Reichs-Genossen/
Es raube dir kein Erden-Koth noch Dunst/
So lange du hier lebst/ des Höchsten Gunst.
Des Sohnes Gottes Blutt macht rein von allen Sünden/
Durch dieses kanst du recht der Reinen Nahmen finden/
Dich möge langes Glück und stetes Heyl umwinden.
Wohl/ Pathe/ dir/ denn dich befreyt das neue Jahr
Der alten Adams-Schuld/ die angeerbet war/
Du trittst den neuen Bund mit Gott im Tauff-Bad ein:
Die Gütte Gottes muß auch täglich neu dir seyn/
Mit neuem Segen dir/ den Deinen beyzustehn/
Biß du ins neue Land der Ewigkeit wirst gehn.
Mein Pathe/ freue dich: Denn deines Schöpffers Huld/
Die dich zur Welt gebracht/ befreyt dich izt der Schuld
Von Adam angeerbt in heilger Tauffe Flutt/
Schreibt dich in seine Hand durch Jesu Christi Blutt/
Darinn du wirst getrost im gantzen Leben stehn/
Und freudig durch die Welt ins Reich der Ehren gehn.
Der Tauffe Flutt
Und Christi Blutt
Macht wieder gutt
Was wir verderbt/
An uns geerbt/
Und selbst verkerbt.
Des Christenthumes Grund/
Der heilgen Tauffe Bund
Heilt uns und macht gesund
Was Erb-Schuld hat verwund/
Wie Christus selbst/ der Mund
Der Warheit/ machet kund:
Den/ Pathe/ trittst du an/
Damit dir solches auch zu statten kommen kan.
Mit dir tritt in das Hauß ein doppelt Segen ein/
Ein doppelt Bad macht dich an Leib und Seele rein/
Dich wäscht der Tauffe Flutt mit Christi Blutt verbunden/
Wer diese Quelle braucht/ hat Heyl und Leben funden.
Ich wünsche/ daß dein Glück allzeit verdoppelt sey/
Was hier und ewig gutt/ dir zehnfach falle bey!
Grosse Flutten bringen Schaden/
Drüber unser Land izt klagt/
Aber durch die Flutt der Gnaden
Wird dir/ Pathe/ zugesagt/
Weil dich Jesus Blutt genezt/
Was dir Leib und Seel ergözt.
Geht Gottes Huld vorher/ so folgen seine Gaben/
Ein Hold-benahmter Tag führt dich ins Leben ein/
Heut wird der Unschuld Schmuck dein Tauff-Geschencke seyn/
Von beyden kanst du so ein freudig Denck-Mahl haben.
Der Tag Beständigkeit legt dir den gutten Grund
Zu wahrem Christenthum/ schreibt dich in Lebens-Bund/
Wir nehmen diß für dich zur Vorbedeutung an/
Daß dir beständig Glück und Heyl nicht mangeln kan.
Denck in Beständigkeit an dieses Tages Nahmen/
So spricht der Himmel selbst zu meinem Wünschen Amen.
Mein Encklin/ auff die Welt kommst du befleckt mit Schuld/
Das Tauff-Bad reinigt dich und bringt dir Gottes Huld.
Mein Wunsch ist: Bleibe stets in dir geschlossen ein/
Gott lasse seine Ruh in deiner Seele seyn.
Wie viel euer seyn getaufft
Haben Christum angezogen/
Der euch durch sein Blutt erkaufft/
Bleibt euch ewig treu bewogen/
Seiner Unschuld reines Kleid
Schmücket euch zur Seligkeit.
Liebes Kind/ der schöne Rock
Wird dir auch anizt gegeben/
Frömmigkeit der beste Schmuck/
Putze dich im gantzen Leben/
Biß dich Christus wohlgeziert/
Seine Braut in Himmel führt.
Was Adam hat befleckt/ macht Christus hell und rein/
Diß/ Pathe/ soll dein Trost/ dein Heyl und Leben seyn.
Der Unschuld Christi Kleid/ mein Pathe/ legst du an/
Den Schmuck/ der dich für Gott und Menschen zieren kan/
Den keine Motte frist/ den keine Zeit verzehrt/
Der dir/ was zeitlich nütz und ewig gutt/ gewährt.
Dich kleide Glück und Heyl in langer Lebens-Zeit/
Dich kleide dieser Rock in selger Ewigkeit.
Du grüssest diese Welt zum Anfang rauher Zeit/
Der Unschuld Christi Schnee wird izt dein Winter-Kleid/
Dich müsse durch die Welt ein steter Lentz begleiten/
Biß du den Sommer siehst der künfftgen Ewigkeiten.
Gott/ der dich lieben Sohn den Eltern hat gegeben/
Gab seinen eignen Sohn für unser aller Leben
Aus holder Lieb und Gunst/ der ist auch dir geschenckt/
Wenn dein verneutes Hertz stets gläubig an ihn denckt.
Seelen-Ermunterung
Seel Ewig/ es ist Zeit von hinnen zu gedencken/
Was klebst du an der Welt vergällter Eitelkeit/
Ihr bester Zeitvertreib ist ein Verderb der Zeit/
Sie kan dir nichts/ als Reu und Gall/ auff Honig schencken.
Seel Ewig es ist Zeit von hinnen zu gedencken.
Seel Ewig/ es ist Zeit die Erde zu verachten!
Was nützet dir bey Gott der Erden-Götter Gunst?
Die Hoheit dieser Welt ist Schatten/ Rauch und Dunst:
Wie muß der edle Geist bey Dienst der Ehr-Sucht schmachten!
Seel Ewig/ es ist Zeit die Erde zu verachten!
Seel Ewig/ es ist Zeit/ was flüchtig ist/ zu fliehen/
Wie dein vergänglich Gutt/ so wächst der Sünden Zahl/
Dein eigner Uberfluß versalzt dir offt die Wahl
Mit Sorge/ für Verlust und Lust noch mehr zu ziehen/
Seel Ewig/ es ist Zeit/ was flüchtig ist/ zu fliehen.
Seel Ewig/ es ist Zeit von hinnen zu gedencken/
Gott mahnet dich hierzu durch manch Erinnern an/
Du siehest/ hörst und fühlst was dich bewegen kan/
Bey Zeiten Hertz und Fuß vom Eitlen abzulencken/
Seel Ewig/ es ist Zeit von hinnen zu gedencken.
Seel Ewig/ es ist Zeit von hinnen zu gedencken/
Die Jahre gehen hin/ die Kräffte lassen nach/
Wie bald wohl kömmt der Tag/ der dich ins Schlaff-Gemach
Der kühlen Erde (Gott gieb selig!) soll versencken/
Seel Ewig/ es ist Zeit an Himmel zu gedencken.
Sterben ist nicht Rosenbrechen
Satz
Die betrübte Zeit bricht an/
Da die matten Kräffte schwinden/
Und der Geist die enge Bahn
Zu der Himmels Ruh soll finden.
Laß die Welt von Großmutt sprechen:
Sterben ist nicht Rosenbrechen.
Bittre Wermutt/ saure Qual
Ist der herbe Todes-Saamen:
Solche Kosten allzumahl/
Die von Adams Stamme kamen.
Drum muß ich mit Seuffzen sprechen:
Sterben ist nicht Rosenbrechen.
Leib und Seele trennen sich/
Aller Safft entgeht dem Hertzen/
Sünd und Reue drücken mich/
Bey viel tausend Angst und Schmertzen
Muß ich nicht mit Zittern sprechen:
Sterben ist nicht Rosenbrechen.
Gegen-Satz
Die gewünschte Zeit bricht an/
Da die blassen Sorgen schwinden/
Und der müde Lebens-Kahn
Soll den sichern Hafen finden:
Laß das Fleisch die Dornen stechen/
Sterbend muß man Rosen brechen.
Eine Rose blüht im Thal/
Sarons Blum in eignem Nahmen/
Diese leben allzumahl
Die zu diesem Stocke kamen:
Wenn mein Mund vergist zu sprechen/
Will ich diese Rose brechen.
Jesus/ der mein ander Ich/
Der mein Alles/ lebt im Hertzen/
Sein Blutt labt und reinigt mich/
Wenn mich tausend Schulden schwärtzen/
Daß ich wohlgemutt kan sprechen:
Sterbend muß man Rosen brechen.
Nach-Satz
Edle Blütte Davids Reiß/
Das ich sah am Oelberg liegen/
Kühle mich im Todes-Schweiß/
Labe mich in lezten Zügen/
Ob des Todes Dörner stechen/
Laß mich Lebens-Rosen brechen!
Gedult und Hoffnung
Mein Mund ist zugethan/
Mein Hertz in Gott zu Gott sich neiget in der Stille/
Was ich nicht ändern kan/
Steht ja in Gottes Hand. Es läst sein weiser Wille
In seinem Rath kein Widersprechen ein:
Drum soll mein Auffenthalt Gedult und Hoffnung seyn.
Wer hemmt Noth und Gefahr/
Wer kan mit Macht entgehn dem grossen Allmachts-Grimme?
Das erste Menschen Paar/
Da nach dem ersten Fall des Höchsten Eyfer-Stimme
Den Fluch zwar sprach/ doch Segen sezte drauff/
Nahm jenes mit Gedult/ und diß mit Hoffnung auff.
So sollen alle wir
Uns/ wie es immer laufft/ in das Verhängnis schicken/
Und Gott nicht schreiben für/
Er kennet unsre Krafft/ und prüfet unsern Rücken.
Schwächt Unfall gleich Hertz/ Sinnen/ Bein und Marck/
Macht uns doch Stille-seyn/ Gedult und Hoffnung starck.
Mag Ungedult und Sturm
Auch einen blossen Winck des Höchsten widerfechten?
Ach Mensch! du Sünden-Wurm/
Wilstu dich unterstehn mit deinem Gott zu rechten?
Wirff Frevel weg/ erkenne deine Schuld/
Und schmücke deinen Lauff durch Hoffnung und Gedult.
Drückt Gott/ so bücke dich/
Tritt er/ so strecke dich zu seinen Gnaden-Füssen/
Such ihn/ verbirgt er sich/
Schlägt er/ laß nur nicht ab die Gnaden-Hand zu küssen.
Nimmt er/ giebs hin/ und wenn er dir nichts läst/
So halt den theuren Schatz Gedult und Hoffnung fest.
Lauff aus dem Bade nicht/
Will schon das Wasser schier biß an die Seele dringen/
Thränt gleich dein Angesicht/
Du must ja deinem Gott was abzuwischen bringen:
Diß freuet ihn/ er ist recht treu geneigt
Für die/ bey welchen sich Gedult und Hoffnung zeigt.
Wie wohl ist es gemeynt/
Wenn er durch Ungemach uns beuget das Gemütte!
Ob es zwar bitter scheint/
So schmeckt man doch darbey die holde Jesus-Gütte.
Sein Joch ist süß/ und seine Last ist leicht/
Wo nicht das edle Paar/ Gedult und Hoffnung weicht.
Bleibt meine Schwestern/ bleibt/
Ihr Glaubens-Töchter/ dort im Paradieß gebohren/
Nichts/ nichts von euch mich treibt/
Ich hab auff euren Bund mit reiner Treu geschworen.
Ein andrer seh/ wornach er eyfrig strebt/
Genung/ wenn nur in mir Gedult und Hoffnung lebt.
So lebt denn allezeit/
Es soll/ wolt ihr mich stets biß an mein Ende führen/
Gedult mein Sterbe-Kleid/
Die Hoffnung aber mich zu jenem Leben zieren.
Diß sey der Spruch/ der auff mein Grab sich fügt:
Hier ruht/ der mit Gedult und Hoffnung obgesiegt.
Uber die Worte Syrachs: