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eBook69 Seiten48 Minuten

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Über dieses E-Book

Cindy Klink ist seit ihrem dritten Lebensjahr hochgradig schwerhörig und bilingual aufgewachsen – mit Laut- und Gebärdensprache. Heute ist sie eine der bekanntesten YouTuberinnen mit ihrem Kanal Musik in Gebärdensprache. Hier erzählt sie ihre Geschichte.
"Ich kann nicht zeichnen, jedenfalls nicht mit Farben, weil ich einfach nicht begabt bin. Aber ich nehme die Musik und jede freie Minute meiner Freizeit und male Euch ein Bild mit Gefühlen und Händen."
SpracheDeutsch
HerausgeberHirnkost
Erscheinungsdatum23. Juli 2018
ISBN9783947380121
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    Buchvorschau

    Hören wird überbewertet - Cindy Klink

    sein.

    DER WEG ZUR SCHWERHÖRIGKEIT

    Am 18. Juni 1997 kam ich auf die Welt. Natürlich war das nichts Besonderes, aber für meine Familie war es tatsächlich ein Highlight. Denn ich war das erste Mädchen in der Familie, nachdem die Geschwister von meinem Vater bereits sieben Jungen auf die Welt brachten. Für meine Verwandtschaft war es ein Anlass, Tränen zu vergießen, ein Fest zu feiern und sich volllaufen zu lassen, während ich wahrscheinlich in der Wiege lag und schlief oder schrie und nach der Brust bettelte. Meinen Namen Cindy habe ich dem Model Cindy Crawford zu verdanken – wie herrlich! Aber ich bin dankbar, dass ich kein Junge geworden bin, denn sonst hieße ich Kevin. KEVIN!

    Direkt nach meiner Geburt war von meiner Hörbehinderung weit und breit keine Spur. Mit mir konnte man reden, lachen und Dinge ins Ohr flüstern, und womöglich habe ich auch alles verstanden. Aber dieses Glück hielt nur drei Jahre lang.

    Von einem Tag auf den anderen hörte ich immer schlechter und schlechter. Mein Verlust des Gehörs war so weit ausgeprägt, dass man es schnell bemerkte. Den Fernseher drehte ich auf volle Lautstärke, und trotzdem verstand ich nichts. Musik konnte ich nur noch wahrnehmen, wenn ich meine Ohren an die Boxen hielt. Sonst war da nur noch Stille. Für Euch klingt das vielleicht wohltuend, aber für mich als kleines Kind war es sehr beängstigend. Stellt Euch mal vor, von einem Tag auf den anderen hört Ihr nichts mehr.

    Am Ende stellten meine Eltern fest, dass ich eher auf die Gebärdensprache reagierte, als wenn sie mit mir sprachen. Beim ersten Mal dachten sie sich nichts dabei, aber als es öfter geschah, hatten sie eine Vermutung: Unsere Tochter ist wahrscheinlich hörgeschädigt.

    Nachdem ich etliche Termine bei meinem HNO-Arzt und Akustiker verbrachte, bekam ich am Ende meine ersten Hörgeräte, die ich wohlerzogen anzog. Die meisten Leute, die ich kenne, berichteten mir, dass sie als kleines Kind immer die Hörgeräte auszogen und durch die Gegend warfen, genau dasselbe kann ich von meinem schwerhörigen Bruder berichten. Bei mir war es jedenfalls das Gegenteil. Nachdem ich sie endlich hatte, mochte ich sie am liebsten gar nicht mehr ausziehen. Den Klang der Stimmen wieder zu hören, das Knacken des Bodens im Korridor, das Klackern der Absätze meiner Großmutter und das Knirschen des Laubes, wenn ich darüber ging, war großartig. Das Heulen des Windes, das Prasseln des Regens, das Rauschen des Fernsehers, wenn er wieder mal nicht funktionierte, und das Wichtigste: die Musik. Schon als kleines Kind war Musik mein treuer Begleiter.

    Als meine Eltern erfuhren, dass ich schwerhörig bin, haben sie sich gefreut. Das mag nur verständlich sein, wenn man selbst gehörlos ist, und das kann ich ihnen auch gar nicht übelnehmen. Aber nicht alle waren von diesem Umstand begeistert. Meine Großmutter hat Tränen vergossen, als sie es erfahren hat. Ihr eigener Sohn ertaubte aufgrund einer Hirnhautentzündung in einem Alter von drei Monaten. Meine Großmutter brachte meinem Vater das Sprechen bei, obwohl er seine eigene Stimme nicht hören konnte. Schließlich wollte sie nicht, dass er von den anderen ausgeschlossen wurde, nur weil er kein Sprachvermögen hatte und nichts hörte. Und weil sie Angst hatte, dass es mir genauso ergehen könnte, lehrte sie mich das Sprechen. Hatte ich an einem Tag mal aus Versehen „Schmekkerling statt „Schmetterling gesagt oder „Puppe statt „Suppe, forderte sie mich auf, es so oft zu wiederholen, bis ich es richtig ausgesprochen hatte. In diesem Alter war es für mich total ätzend, weil ich mir ziemlich dumm vorkam, doch heute kann ich nicht dankbarer sein. Ohne ihre Hilfe könnte ich heute nicht sprechen, und es ist ein sehr wichtiger Bestandteil der Kommunikation für mich geworden.

    Natürlich merken manche, dass ich einen Sprachfehler habe. Laute wie „s, „sch und „ch" hört man bei mir sehr schlecht. Ich lisple, aber all die Jahre konnte ich das selbst nicht wahrnehmen, bis ich Videos von mir aufnahm und mich selbst schlecht verstand. Ab da hinterfragte ich mein Sprachvermögen. Irgendwann fand ich den Mut und fragte nach, ob es stimmt.

    Als die Bestätigung kam, schämte ich mich. Es war einfach peinlich und ich war

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