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Heute vor 15 Jahren – am 1. Dezember 2009 – war die Geburtsstunde des Vereins DataCite. Die Idee: DataCite wurde gegründet, um den Zugang zu und die Verfügbarkeit von Forschungsdaten zu verbessern. Wissenschaftliche Daten sollten nachvollziehbarer, sichtbarer und eindeutig zitierbar sein.
Ob das gelungen ist, welche Herausforderungen DataCite anfangs bewältigen musste und was die Zukunft für DataCite bringen könnte, erfahren Sie im Interview mit Britta Dreyer, Leitung Referat PID- und Metadatenservices an der TIB.
DataCite ist nun 15 Jahre alt – welche Bedeutung hatte die Organisation für die wissenschaftliche Community am Anfang und wo steht sie heute?
Nachdem 2004 in einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projekt der erste Digital Object Identifier, kurz DOI, für Forschungsdaten registriert wurde, war den Beteiligten klar, dass dies über die Landesgrenzen hinweg von internationaler Bedeutung ist. So wurde, initiiert von der TIB, der Verein DataCite – International Data Citation Initiative e. V. gegründet. Seine Gründung am 1. Dezember 2009 mit sieben ersten Mitgliedern aus sechs Ländern war der erste Schritt in Richtung Internationalisierung eines wegweisenden Projektes.
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Im nächsten Schritt folgte die aktive Beteiligung an EU-Projekten mit dem Fokus auf dem Einsatz von persistenten Identifikatoren für die Auffindbarkeit, Zugang und Nachnutzung von Forschungsressourcen auf europäischer Ebene. Diese Entwicklungen werden von den Use-Cases und Feedback der internationalen Forschungscommunity geleitet, die sich zum Beispiel in Initiativen wie die Research Data Alliance oder Force11 austauschen.
Dieser Communityansatz ist essenziell für den Erfolg von DataCite und sorgte außerdem für den stetigen Anstieg der Mitgliedszahlen und Ausweitung auf mehr Länder. Zum Beispiel wird mit dem Global-Access-Programm gezielt der Zugang zu zentralen Infrastrukturen in Regionen unterstützt, die bisher unterrepräsentiert waren. Heute gehören mehr als 1.500 Einrichtungen in 58 Ländern der DataCite-Community an.
Gemeinsam verfolgen sie Open-Science-Strategien, die weltweit zunehmend an Bedeutung gewinnen, wie zuletzt die „Barcelona Declaration on Open Research Information“ gezeigt hat. Hierbei spielen PIDs (Persistent Identifier) eine entscheidende Rolle und somit auch DataCite als zentraler Akteur im Aufbau nachhaltiger, globaler Forschungsinfrastrukturen wie etwa die Nationale Forschungsdaten Infrastruktur (NFDI). Die letzten 15 Jahre waren unglaublich spannend: Aus einem kleinen Verein mit einer visionären Idee ist eine globale Community entstanden, die auf allen Kontinenten vertreten ist und aktiv die Prinzipien von Open Science vorantreibt.
Was waren die größten Herausforderungen, denen sich DataCite seit seiner Gründung stellen musste?
Eine der größten Herausforderungen war sicherlich die Sicherstellung der finanziellen Nachhaltigkeit. Wie bei vielen Organisationen, die globale Infrastrukturen entwickeln und betreiben, ist die langfristige Finanzierung eine Voraussetzung, um die nötigen Ressourcen bereitzustellen. Sei es für die technische Infrastruktur, das Personal oder die Weiterentwicklung der Services. Ohne stabile finanzielle Grundlagen, wie fortlaufende Einnahmen und gezielte Projektfinanzierungen für innovative Entwicklungen, wäre vieles, was wir heute erreicht haben, nicht möglich gewesen.
Ein weiterer Punkt ist die Komplexität unseres Angebots. DataCite stellt einen „non-tangible Service“ bereit, also etwas, das nicht physisch greifbar ist, sondern im digitalen Raum der Wissenschaftskommunikation funktioniert. Es war und ist eine Herausforderung, den Mehrwert dieser Dienste – insbesondere von PIDs – sowohl technischen als auch nicht-technischen Zielgruppen klar zu vermitteln.
Ein verwandtes Thema ist der Umgang mit dem enormen Informationsüberfluss, der in der wissenschaftlichen Community herrscht. Wir mussten Wege finden, unsere Botschaften und Services effektiv zu kommunizieren, ohne dabei in der Vielzahl von anderen Initiativen und Angeboten unterzugehen.
Auch die globale Reichweite unserer Arbeit stellte uns vor Herausforderungen. DataCite hat Mitglieder und Nutzer:innen weltweit, oft mit sehr unterschiedlichen Anforderungen und Voraussetzungen. Dies erfordert flexible Lösungen, die einerseits global funktionieren, andererseits aber auch lokale Besonderheiten berücksichtigen.
Zuletzt möchte ich die Bedeutung von POSI (Principles of Open Scholarly Infrastructure) hervorheben. Als Organisation haben wir uns dazu verpflichtet, die Prinzipien offener und nachhaltiger Infrastrukturen zu leben. Diese Verpflichtung bringt auch Herausforderungen mit sich, da wir sicherstellen müssen, dass unsere Strukturen transparent, nachhaltig und für die Community nachvollziehbar sind – all das in einer dynamischen und oft herausfordernden Umgebung.
Rückblickend waren es genau diese Herausforderungen, die DataCite als Organisation stärker gemacht haben. Sie haben uns geholfen, zu priorisieren und DataCite zu einem vertrauenswürdigen Partner der globalen wissenschaftlichen Community zumachen.
„Was 2009 als kleiner Verein mit nur sieben Gründungsmitgliedern begann, ist heute ein globales Netzwerk, das weltweit von der akademischen Gemeinschaft getragen wird. DataCite ist ein etablierter und unverzichtbarer Baustein für die Umsetzung von Open-Science-Prinzipien und wir als TIB sind stolz, dass die Geschäftsstelle bei uns in Hannover angesiedelt ist.“
Dr. Irina Sens, stellvertretende Direktorin der TIB
Wie sieht die Zukunft von DataCite aus – welche Pläne gibt es für die nächsten Jahre?
Wir haben in den letzten 15 Jahren viel erreicht. Die DataCite-Community hat zusammen über 70 Millionen DOIs registriert und damit eine weltweit genutzte Forschungsinfrastruktur geschaffen, die auf offenen Metadaten und Persistent Identifiern (PIDs) basiert. Das ist ein großer Erfolg und zeigt, wie wichtig diese Infrastruktur für die globale Wissenschaft geworden ist.
Für die kommenden Jahre sehen wir jedoch weitere Herausforderungen und Chancen. Ein zentraler Fokus wird auf der Verbesserung der Metadatenqualität liegen. Metadaten sind der Schlüssel, um Forschungsdaten wirklich nutzbar zu machen, und wir wollen hier auf verschiedenen Ebenen ansetzen. Das bedeutet unter anderem, Prozesse zur Metadaten-Kuratierung stärker zu zentralisieren, um Ressourcenmangel und fragmentierte Insellösungen zu überwinden.
Unsere Vision ist ein community-basiertes Modell zur Metadatenanreicherung. Das bedeutet, dass die Community selbst – also unsere Mitglieder und Nutzer:innen – stärker in die Verbesserung und Erweiterung der Metadaten eingebunden wird. Dadurch schaffen wir nicht nur eine höhere Datenqualität, sondern fördern auch eine kollaborative Kultur, die den offenen Austausch von Wissen unterstützt.
Langfristig möchten wir die Rolle von DataCite weiter stärken, indem wir sowohl technologisch als auch strategisch Innovationen vorantreiben. Unser Ziel ist es, die Forschungsinfrastruktur so weiterzuentwickeln, dass sie den sich wandelnden Anforderungen der Wissenschaft gerecht wird und gleichzeitig nachhaltig und offen bleibt. Die nächsten Jahre werden spannend – und wir freuen uns darauf, gemeinsam mit der Community diesen Weg zu gestalten.
Über DataCite
Was die ISBN für Bücher ist, ist der Digital Object Identifier (DOI) für Forschungsdaten oder andere digitale Objekte wie digitale Publikationen, 3D-Modelle, Grafiken und Videos. Ein DOI ermöglicht es, auf diese Objekte nachhaltig und eindeutig zuzugreifen sowie wissenschaftliche Ergebnisse zuverlässig zu zitieren.
Die TIB, die British Library (BL), das Technical Information Centre of Denmark (DTU), die TU Delft Library, das National Research Council Canada (NRC-CNRC), die California Digital Library und die Purdue University sind die sieben Gründungsmitglieder der Non-Profit-Organisation DataCite, die am 1. Dezember 2009 gegründet wurde. Ihr Ziel: Sie wollten den Online-Zugang zu Forschungsdaten für Wissenschaftler:innen erleichtern und die Akzeptanz digitaler Objekte als eigenständige und zitierfähige wissenschaftliche Ergebnisse fördern, sodass, die zur Reputation von Forschenden beitragen.
15 Jahre nach der Gründung von DataCite sind DOIs etabliert und aus der Wissenschaft nicht mehr wegzudenken, auch wenn zu Beginn Überzeugungsarbeit bei Wissenschaftler:innen nötig war. Die Zahlen sprechen für sich: In den vergangenen 15 Jahren wurden allein über DataCite 77,6 Millionen DOIs für Forschungsdaten und andere digitale Objekte vergeben. Die 324 DataCite-Mitglieder kommen aus 58 Ländern und arbeiten bei der DOI-Registrierung mit 1.558 Datenzentren in der ganzen Welt zusammen. Die Geschäftsstelle von DataCite wird an der TIB in Hannover geführt.